1874 / 224 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Sep 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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General Dr. Baeyer sprach hierauf als Alters⸗Präsident im Namen der Versammlung dem Staats⸗Minister seinen Dank mit warmen Worten aus.

Nach Erledigung einiger allgemeinen Geschäfte ging man zur Berichterstattung der permanenten Kommission und des Central⸗ bureaus über.

Aus dem von dem Professor Dr. Bruhns in der ersten Sitzung der vierten allgemeinen Konferenz der europäischen Grad⸗ messung für die permanente Kommisston erstatteten Bericht ist bezuglich der Fortschritte der europäischen Gradmessung Folgendes hervorzuheben:

Von den Arbeiten in Skandinaypien liegen astronomische Be⸗ stimmungen, nämlich die der Längendifferenzen zwischen Stockholm und Helsingfors gedruckt vor. :

Von der dänischen Gradmessung ist 1872 ein sehr werthvoller 2. Band erschienen, welcher die Triangulation zwischen Refsnäs⸗Klö⸗ veshöi und Lyssabel⸗Falkebjerg bis zu Lüneburg Lauenburg, 6 werthe Beiträge über die Theorie der Winkelmessungen und deren Ausgleichung, über Instrumentfehler und endlich einen Bericht des Pr. Peters über die neue Berechnung der von Schumacher bei Braak gemessenen Basis enthält.

In Rußland sind die Feldarbeiten für die europäische Langen gradmessung auf dem 52. Parallel vollendet, und seit einem Jahre ist man mit der Berechnung beschäftigt; mehrere Längenbestimmungen iind publizirt, ebenso die von v. Sawitsch mit dem Reversionsp endel angestellten Beobachtungen. Mit Nivellements hat man begonnen.

In Deutschland hat Preuß en und zwar sowohl das geodã⸗ tische Institut unter der Leitung des Präsidenten Dr. Baeyer, als auch die Königliche Landestrian gulation eine Anzahl wichtiger Arbeiten ausgeführt. Mehrere verschiedene Publikationen von Baeyer, Bruhns,

eters, Albrecht und Reitz sind erschienen. Während das geodätische

stitut sich besonders mit Längen! und Breitenbestimmungen und Tokalabweichungen, sowie mit der Ergänzung von Dreiecksnetzen, der Ausführung von Nivellements, der Errichtung von Pegeln beschäftigt, hat die Königliche Landestriangulation die Messungen von Dreiecken J. Ordnung in Posen, Schlesien, Preußen, Schleswig ⸗Holstein aus⸗ geführt und die von den letztgenannten beiden Prosinzen in 2 Bänden publizirt. Die Braaker Basis ist von Neuem mit dem Besselschen Apparat gemessen und dabei eine Abweichung von Jaccs der Länge von dem von Peters in der dänischen Gradmessung gegebenen Resultat der Schumacherschen Messung gefunden worden.

Tängs der Ostsee und in Schleswig -Holstein ist von der Landes⸗ triangulation nivellirt. Neue Dreiecksmessungen, unter Anderem eine Basismessung bei Göttingen, sind in Aussicht.

Bayern hat sowohl die Triangulation als die astronomischen Bestimmungen, welche seit dem Jahre 1800 bis jetzt ausgeführt sind, publizirt und die bayerische Kommission hat das Werk an die ein⸗ zelnen Kommissare ö,

In Sachfen sind die astronomischen und nivellitischen Arbeiten fast ganz, die Triangulatien zum großen Theil fertig. Die im Jahre 1852 stattgefundene Messung der Großenhainer Basis wird nächstens publizirt.

In Württemberg sind die Mittel zu einer neuen Triangu— lation bewilligt, in Baden arbeitet das Centralbureau.

In allen deutschen Staaten sind die Nivellements sehr gefördert, in einigen ganz zu Ende geführt.

In Belg en hat man nach den vorliegenden Berichten die Dreiecksmefsungen fortgesetzt und außer Dreiecken 1. Ordnung auch solche 2. und 3. Ordnung gemessen. ;

In den Niederlanden find die astronomischen Arheiten durch den Tod des Direktors der Leydener Sternwarte, Dr. Kaiser, etwas verzögert, doch hofft man die Längenbestimmung zwischen Leyden und Greenwich zur Ausführung 3. bringen; an den geodätischen ist Stam⸗ kart thaͤtig, der ein Nivellement von der deutschen Grenze bis zum Pegel in Amsterdam ausführen wird.

Desterreich hat nicht nur die trigonometrischen Arbeiten gefördert, sondern auch großes Gewicht auf die astronomischen gelegt.

Ein großer Theil von Längenbestimmungen, darunter auch Wien Paris, sind ausgeführt. Mehrere Grundlinien (Josephstadt, Linz, Eger ꝛc sind gemessen, Dreiec sketten vervollständigt und Nivelle⸗ n, begonnen. Auch Pendelbeobachtungen hofft man anstellen zu önnen.

Von der schweizer Gradmessungskommission liegen mehrfache Publikationen vor. Der größte Theil der Arbeiten ist vollendet, und es stehen Berichte höchst interessanten Inhalts zu erwarten.

In Spanien hat der Generaldirektor des geographisch-stati⸗ stischen Instituts, General Ibanez, trotz der Schwierigkeit der Lage, in seinen Arbeiten wesentliche Fortschritte machen können.

Aus Frankreich ist von den ernannten Kommissaren die er— freuliche Mittheilung eingegangen, daß die früheren Gradmessungen revidirt werden und astronoOmische Bestimmungen in Aussicht gestellt sind. Die Ausführung einer Gradmessung in Algerien vermehrt mit ihrer Verbindung mit Europa die Breitengradmessungen nach Süden um eine Anzahl von Graden.

Italien hat thätig in verschiedenen Provinzen die Dreiecks⸗ messungen fortgesetzt, Grundlinien sind gemessen, telegraphische Längen⸗ bestimmungen zwischen Rom, Neapel und Palermo sowie andere astro⸗ nomische Bestimmungen ausgeführt.

In Rumänien ist der Anfang mit Errichtung von Pfeilern zu Beobachtungen gemacht.

Zu dem internationalen Post⸗Kongreß in Bern sind, wie von dort unter dem 22. d. M. gemeldet wird, fol⸗ gende Mitglieder neu angekommen; Hr. Blackfan Joseph. Direktor des auswärtigen Postdienstes der Vereinigten Staaten Amerikas, als Delegirter. Hr. Rambusch W. F., Spezial⸗Agent des Post⸗ Departements der Vereinigten Staaten, konsultirender Beamter, Hr. Piehal, Franz, Mmisterial⸗Rath im Handels⸗Departement, von Wien, 2. Delegirter. Das Präsidium begrüßte diese Herren und drückte speziell der Abordnung der Vereinigten Staaten im Namen des Kongresses die Genugthuung aus, die es empfinde, sie in Mitten des Kongresses zu erblicken. Der Präsident erinnerte daran, daß es die Vereinigten Staaten waren, welche im Jahre 1863 die Initiative zur Reform des Postwesens, welche der Kongreß heute weiterführt, ergriffen haben und die Gegenwart dieser Abordnung liefern ihm den Beweis, daß die Wer fe . der Wirksamkeit der Postunion sich über die ganze Welt erstrecken. Diese Begrüßung wurde durch Hrn. Blackfan dankend erwidert und die Versicherung abgegeben, daß sich seine Regierung mit den Hauptpunkten der Vertragskonvention völlig einverstanden erklären könne.

Die Arbeiten der Kommission haben eine Lösung der Tran⸗ sitfrage in genügender Weise vorbereitet, so daß die Frage der Taxfizirung in die Hand genommen werden kann. Es geschieht dies in folgender Weise: Die allgemeinen Taxen der Post⸗ union werden festgesetzt auf 25 Rappen für den einfachen Brief (15 Grammes) und 7 Rappen für die einfache Postsendung (50 Grammes) von Geschäftspapieren, Wagrenmustern, Zeitungen und andern Drucksachen. Immerhin bleibt es jeder Postverwal⸗ tung vorbehalten, als Ueber gangsmaßregel eine mehr oder weni⸗ ger hohe Taxe je nach Rücksicht auf finanzielle Konvenienzen zu erheben, insofern der Werth dieser Taxe nicht 30 Cents. (3 Pence 21H Silbergroschen) für den einfachen Brief und 10 Cents. für die einfache Postsendung für Geschäftspapiere, Waarenmuster, Zei⸗ tungen und andere Drucksachen übersteigt und nicht weniger als 20 Tents. für die Briefe und 5 Cents. für die Waarenmuster u. s. w. betrãgt.

. Die Frage der Erhebung einer Zuschlagsgebühr für weit⸗ gehende überfeeische Korrespondenzen wurde der Kommission zur

Begutachtung überwiesen. Der Kongreß adoptirte ferner das Prinzip, daß jede Postverwaltung die Taxen, die fie erhebt, für sich behalten soll. .

In seiner gestrigen Sitzung hat der internatio⸗ nale Postkongreß die Transfttaze folgendermaßen festge⸗ stellt: Für 1' Kilogramm Briefe auf 3 Franes, für 1 Kilogr. anderer Korrespondenzobjekte auf 25 Centimes. Beträgt die Transitlinie 750 Kilometer und mehr, so verdoppelt sich obige Taxe. Ferner genehmigte der Kongreß eine See⸗Transittaxe. Diefelbe kommt zur Anwendung, wenn die Transitlinie 300 See⸗ meilen übersteigt, soll aber für 1 Kilogramm Briefe 6 Franes 50 Centimes, für 1 Kilogramm anderer Korrespondenzobjekte 50 Etms. nicht überschreiten.

Der Kaiserlich Deutsche Gesandte v. Keu dell hat Berlin re, . um sich auf seinen Posten nach Rom zurück zu egeben.

Der Kaiserlich Deutsche General⸗Konsul zu Triest Frei⸗ herr von Lutteroth ist hier eingetroffen und im Hotel Mein⸗ hardt abgeniegen.

Der Königlich preußische Gesandte zu Hamburg von Rosenb erg ist hier eingetroffen und im Hosel Windsor ab⸗ gestiegen.

Dem Polizei-Präsidenten von Madai ist Seitens des Hülfscomités zu Meiningen das nachstehende, vom; 18. September d. J. datirte Schreiben zugegangen:

„Ew. Hochwohlgeberen haben wir aufs Neue für Eintausend Thaler und 5. Kolli Kleidungsstücke 2c. zu danken, über deren Ein⸗ gang Ew. Hochwohlgeboren inzwischen jedenfalls geschäftliche Quit⸗ tkungsnotiz von unferer Kasse und dem Bekleidungs- Comits erhalten haben. Es drängt uns jedoch, bei diesem geschäftlichen Vermerk nicht stehen zu bleihen, sondern aufs Neue im Namen unserer hart betroffenen Stadt Ew. Hochwohlgehoren auszusprechen, mit welch in- niger Dankbarkeit uns das hochherzige Vorgehen unserer Reichshaupt⸗ stadt erfüllt. Berlin bewährt in seiner neuen Stellung auf das Groß⸗ artigste feinen alten Ruf energischer Hülfsbereitschaft. Gott segne die edlen Geber! Mit u. s. w.“

Posen, 23. September. (W. T. B.) Die „Ostdeutsche Zeitung“ veröffentlicht ein an das hiesige Domkapitel gerichtetes Promemoria des Propstes Kubeczak in ions, in dem er die gegen ihn ausgesprochene Exkommunikation für null und nichtig erklärt, da dieselbe nur vom Papste oder dem kompeten⸗ ten Bischofe verhängt werden könne. Kuberzak protestirt deshalb gegen die Exkommunikation und erklärt, daß er gegen den De⸗ kan Rzezniewski auf dem gesetzlichen Wege vorgehen werde.

Cassel, 23. September. In Ausführung des Gesetzes vom 25. März 1869, betreffend die Erweiterung der Verwen⸗ dungszwecke der Einnahmen aus dem vormals kurhessischen Staatsschatze, ist die Unterhaltung und Leitung des Taub⸗ stummen-Isnstituts zu Homberg unter Ueberweisung aller Rechte des Staates an demfelben und den dazu gehörigen Ver⸗ mögensobjekten auf den genannten kommunalständischen Ver⸗ band des Regierungsbezirks Cassel übertragen worden. Die Minister des Innern und der geistlichen *. Angelegenheiten haben unterm 3. d. M. ein Reglement für die Verwaltung des k genehmigt, welches im Amtsblatt publi⸗ zirt wird.

Bayern. München, 22. September. Nach den getroffe⸗ nen Reisedispositionen wird die Kaiserin von Oesterreich auf der Rückkehr von Ventnor (auf der Insel Wight), welche am 1. Oktober erfolgt, in Possenhofen einen dreitägigen Aufent⸗ halt (vom 3. bis 6. n. Mts,) nehmen, um ihrer Königlichen Mutter einen Besuch abzustatten.

Der Königliche Finanz⸗Minister Berr ist gestern von Schliersee, wohin sich derselbe am 2. v. Mts. begeben hatte, hier⸗ her zurückgekehrt und hat heute die Leitung des Ministeriums wieder übernommen. Auch der Königliche Justiz⸗Minister Dr. v. Fäu stle hat gestern, von Bayerischzell eingetroffen, sein Porte⸗ feuille übernommen.

Zur Theilnahme an den Verhandlungen der 3. Ver⸗ sammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths, welche am 19. Sktober in Berlin beginnen, sind bayrischerseits bestimmt: die Herren Reichsrath v. Niethamer, Hugo v. Maffei, Freiherr v. Crailsheim (diefe von München), Dr. Löll von Würzburg, Minn⸗ roio von Regensburg und Pabst von Burgfall.

Sachsen. Dresden, 23. September. Der Prinz Georg ist gestern früh nach Schloß Weinburg gereist.

Der aus Anlaß der goldenen Vermählungs⸗Jubelfeier des hochseligen Königs Johann und der Königin⸗-Mutter am 10. November 1872 mit 43,000 Thlr. begründete und beim Ministerium des Königlichen Hauses verwaltete goldene Stipendien fond hat sich, wie das „Dr. J. mittheilt, seitdem noch verschiedener Zuflüsse, worunter insbesondere wieder⸗ holte namhafte Schenkungen einer edelgesinnten Dame, zu er- freuen gehabt, so daß das Stammkapital auf 45.200 Thlr. an⸗ gewachsen ist. Von den Zinsen dieses Fonds konnten bereits an 14 Studenten der Universität Leipzig Studienbeihülfen im Betrage von jährlich 200 Thlr. auf die Dauer von ein bis zu drei Jahren verliehen werden.

Baden. Karlsruhe, 22. September. Am 19. d. früh 7 Uhr haben 9 der Großherzog, die Großherzogin und der Erbgroßherzog nach Donaueschingen zum Besuch der dortigen Gewerbeaussiellung begeben. Nach Besichtigung der Aussiellung fuhren Ihre Königlichen Hoheiten, einer Einladung der dortigen Gemeinde folgend, nach Furtwangen und wurden daselbst in sehr festlicher und herzlicher Weise empfangen. Die hohen Herrschaften widmeten der Besichtigung der dortigen Ge⸗ werbehalle verbunden mit einer Kunstgewerbe⸗Schule eine längere Zeit, nahmen dann eine von der Gemeinde angebotene Erfrischung an und kehrten mit dem Abends 7 Uhr von Donau⸗ eschingen abgehenden Bahnzug nach Schloß Mainau zurück.

Am Sonntag hatten Ihre Königlichen Hoheiten eine größere Anzahl Personen zur Tafel geladen. Nachmittags empfingen Diefelben den Besuch des Kaiserlichen Prinzen Louis Napoleon, welcher von Arenenberg kam, um sich vor seiner Abreise nach England zu verabschieden. Abends traf der Prinz von Wasa zum Besuch auf Schloß Mainau ein.

Montag den 21. empfingen Ihre Königlichen Hoheiten den Besuch der Fürstin von Hohenzollern, des Erbprinzen und der Erbprinzessin von Hohenzollern mit deren Söhnen, welche gegen Mittag auf Schloß Mainau eintrafen und Abends nach Schloß Weinburg zurückkehrten.

22. September. Bis zum 21. d. M. Abends haben 114 Vereine das Erscheinen von 4389 Mitgliedern beim ersten badischen Krieger feste zugesagt und mindestens 20 weitere Vereine ihre , . in Aussicht gestellt, ohne die Zahl der erscheinenden Mitglieder anzumelden. Da sich unter den letzteren Vereinen der größte Theil der zu einem Gauverband vereinigten

Landorte des benachbarten Bezirks Bruchsal befindet, darf wohl heute schon mit Sicherheit auf das Zusammentreffen von mehr als 5000 alten Soldaten gerechnet werden.

Sessen. Darmstadt, 22. September. Das gestrige „Regierungsblatt“ zeigt an, daß die Großherzogliche Haupt⸗ Staatskasse, die Ober⸗Einnehmereien und die Rentaͤmter mit der Umwechslung der Münzen suͤddeutscher Währung gegen Reichs⸗ münzen oder gegen solche des Thalerfußes beauftragt worden sind, und daß diese Umwechslung bei den genannten Kassen vom 1. Oktober J. J. an stattfinden kann.

Mecklenburg. Schwerin, 23. September. Der Herzog Georg von Mecklenburg⸗Strelitz nebst Gemahlin, Großfuͤrstin Catharine von Rußland nebst Kindern, sind am 22. 4 r von Remplin nach Schloß Rumpenheim am Main abgereist.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Wilhelmsthal, 23. September. Der Großherzog hat soeben die Wartburg be⸗ zogen, nachdem er die Großherzogin und Prinzessinnen⸗ Töchter nach Eisenach begleitet hatte, von wo dieselben mit dem Zuge um 8 Uhr 50 Minuten nach Tirol abreisten. Die Ab⸗ wefenheit der Großherzogin und der Prinzessinnen wird voraus⸗ sichtlich einige Wochen dauern. Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin verabschiedeten sich zuvor und reisten über Weimar nach Neustadt, wo dieselben einen Aufenthalt von einigen Tagen zu nehmen gedenken.

Braunschweig. Braunschweig, 23. September. Gestern Mittag ist das Herzogliche Husaren⸗Regiment Nr. 17 wieder eingerückt.

Wie das „Braunschw. Tgbl.“ hört, wird Anfangs Ok⸗ tober das Reiter standbild des Herzogs Friedrich Wilhelm auf das in diesen Tagen vollendete Postament gestellt werden.

Lübeck, 21. September. Der Verein deutscher Lebens-Versicherungs⸗Gesellschaften tagt seit Montag in hiestger Stadt. Wie die „Lüb. Ztg.“ vernimmt, sind 15 deutsche Lebens⸗Versicherungs⸗Gesellschaften durch ihre Direktionen hierselbst vertreten. Den Hauptgegenstand der verschiedenen Vereins⸗Angelegenheiten bildete insbesondere die Verhandlung über Police⸗Bedingungen, über deren Fassung in allen Haupt⸗ punkten ein Einverständniß erzielt ist In den Verein neu auf⸗ genommen sind drei Mitglieder, nämlich die „Austria! in Wien, die „Allgemeine Versicherungs⸗-Gesellschaft“ in Berlin und die „Schlesische Lebens⸗Versicherungs⸗Gesellschaft in Breslau. Der Kongreß wird heute geschlossen.

Der heutigen Versammlung der Bürgersch aft lagen zehn Senatsanträge vor, von denen sich verschiedene auf die Um⸗ rechnung der zu den Ressorts verschiedener Behörden gehörigen Gebührentarife anläßlich der bevorstehenden Einführung der Reichsmarkrechnung bezogen, welche mit den kleinen der erforder⸗ lichen Abrundung vorgeschlagenen Modifikationen zustimmig er⸗ ledigt wurden. Der Senatsantrag auf Errichtung eines öffent⸗ lichen Schlachthauses wurde dagegen trotz der warmen Befür⸗ wortung Seitens der Senats⸗K'ommissarien nach kurzer Diskus⸗ sion abgelehnt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 22. September. Der Kaiser ist gestern Abends in Arad eingetroffen, am Bahnhofe von der Generalität, den Komitats⸗ und Stadtdeputationen und der Geistlichkeit erwartet. Se. Majestät fuhren, von stürmischen Eljenrufen begrüßt, in das Komitatshaus, wo nach einander die Deputationen des Arader und Temeser Komitates, des Csanader katholischen und des Lugoser griechischen Bisthums empfangen wurden. Um 7 Uhr fand die Hoftafel statt, gleichzeitig begann eine glänzende Illumination, sodann der Fackelzug mit 1000 Fackelträgern. Um 81 Uhr begab sich der Kaiser nach dem neuen . in welchem eine feierliche Eröffnungsvorstellung statt⸗ fand.

Heut Morgens 64 Uhr begab sich der Kaiser mittelst Wa⸗ gens nach Klein⸗Szt.Miklos, wo er mit den Erzherzogen und dem General Pulz die bereitgehaltenen Pferde bestieg. Auf den zu diesem Orte führenden Wege hatten sich Banderien aufgestellt die den Monarchen jubelnd begrüßten. Um 3 Uhr nach Arad zurückgekehrt, fand von 5 bis 5 Uhr Cerele statt.

Der gleichzeitig mit dem Istrianer Landtage am 19. August eröffnete Landtag von Görz⸗Gradiska hat am 19. September seine diesjährige Session geschlossen.

24. September. (W. T. B.) Die „Neue freie Presse erfährt betreffs der ungarischen Anleihe von gut unterrich⸗ teter Seite, daß die Form der in 6 resp. 5 Jahren rückzahlbaren Bonds beibehalten worden ist, und daß sich das aus Rothschild, Oesterreichische Kreditanstalt, Berliner Diskontobank und Wodianer bestehende Konsortium schon jetzt die Option auf diejenige kon⸗ solidirte Anleihe gesichert hat, welche wahrscheinlich dazu bestimmt ist, die Mittel zur Einlösung der bereits emittirten und der jetzt zur Emission gelangenden Bonds zu beschaffen.

Pest, 22. September. Das Amtsblatt bringt die Bestäti⸗ gung des von der Carlowitzer Wahlsynode gewählten Bischofs Zsipkopies von Karlstadt. Die Steuervorlagen werden

am 29. d. M. vor den Ministerrath gelangen, zugleich wird

Ghiczy mehrere Finanzvorlagen und den Budgetentwurf var⸗ legen. Der Ministerpräsident Bitto will in einigen Tagen seine Thätigkeit wieder aufnehmen.

24. September. Die ungarische Regierung hat den

Vertrag über Emission des zweiten 3. der Schatzan weisungs-Anleihe mit dem Rothschildschen Kon⸗ sortium abgeschlossen.

Schweiz. Bern, 22. September. Gestern versammelte

ch in Bern die Kommisston, welche das Konkurs⸗ und Be⸗ treibungsgesetz vorzuberathen hat. Der gestrige Tag war gem Aktenstudium gewidmet, die Berathungen begannen erst heute.

Belgien. Antwerpen, 24. September. (W. T. B.) Der hiesige Gemeinderath hat den mit dem Konsortium Errera, Oppenheim, Cassel und Baschwitz auf der Basis von 66 K /apro⸗ zentigen Annuitäten abgeschlossenen ertrag über eine An⸗ leihe von 60 Millionen genehmigt. Die Anleihe soll in 3pro⸗ zentigen Prämien⸗Obligationen emittirt werden.

Niederlande. Haag, 23. September. (W. T. B.) Der König hat heute in feierlicher Audienz den neuernannten spanischen Gesandten, Herzog von Tetuan, empfangen. Der paͤpftliche Nu&ntius am bayerischen Hofe, Monsignore Bianch i, ist heute von hier nach München abgereist. .

In dem bereits erwähnten Erläuterungsmemoire, welches dem an die Generalstaaten gelangten Budgetentwurfe für Niederländisch⸗Indien für das Dienstjahr 1875 beigefügt ist, macht der Kolonie⸗Minister folgende Mittheilungen bezüglich des finanziellen Aufwandes für dle atchinesische Unternehmung: für die Expedition gegen Atchin werden die noch zur Verfügung

siehenden Ueberschüfse der Dienste von 1867 bis 1871 (in den

Indien) nicht in Anspruch Dienst für 1873 liefert trotz einen Saldo von reichlich vier Erträge der Produkte.

genommen werden müssen. Der der Kosten der Expedition noch Millionen Gulden, infolge höherer

Ebenso verhält es sich mit dem Dienste

für 1574, da die Produlte einen Mehrertrag von mindestens 6 Millionen Gulden über die Voranschläge hinaus liefern werden,

ungefähr den Betrag der a

ußerordentlichen Kriegskosten. Der

General⸗ Gouverneur von Niederländisch⸗Indien erachtet keine

dritte Expedition für nöthig u werfung ganz Atchins nur a

nd betrachtet die vollständige Unter⸗ ls eine Frage der Zeit. Für die

Kosten der Besetzung von Atchin ist ein Betrag von I Mill.

Gulden angewiesen.

Großbritannien und tember. burgh kehren. . Frankreich. Paris, Journal offieiel⸗/

Irland. London, 22. Sep⸗

Der Herzog und die Herzogin von Edin⸗ haben Balmoral verlassen, um nach London zurückzu⸗

24. September. (W. T. B.) Das

veröffentlicht eine Verfügung der Regierung,

durch welche die Nach wahlen zur Nationalversammlung

in den Departements Alpes maritimes, 18. Oktober anberaumt werden. vorgestern Abend seine Reise nach Italien

Seine et Oise auf den Thiers hat angetreten.

Spanien. Madrid,

Pas de Calais und

23. September. (W. T. B.) Eine

Abtheilung von 300 Gensd armen und 200 Zollbeamten hat bei Zativa (Provinz Valencia) eine carlistische Truppe

von 2000 Mann, welche die die Telegraphenleitung nach

Eisenbahnbrücke von Albaida und Valencia zerstört hatten, in die

lucht geschlagen und zersprengt. ö ö 6. ö. Tafalla nach Pampelona bestimmter und

von einer Truppenabtheilung mitteln hat letztere Stadt u

eskortirter Transport von Lebens⸗ ngehindert erreicht.

Unter den Carlisten in Biscaya nimmt die Demo⸗ ralisation überhand; von Vielen wird Amnestie bei der Regie⸗

rung nachgesucht. ö Eine carlistische

Depesche aus Tolosa vom

22. September meldet, die Carlisten hätten die Kirche und das

Dorf von Biurrum mit de 80 Gefangene gemacht.

Türkei.

Scutari, 24. September.

m Bajonet genommen und dabei

(WV. T. B.) Die

Pforte hat das General⸗ Gouvernement von Albanien aufge—⸗ hoben und diese Provinz mit der Provinz Prisrend vereinigt. Die auswärtigen Mächte verwandeln deshalb ihre Konsulate in

Vize⸗Konsulate.

Dänemark. Prinz von

Kopen

hagen, 21. September. Der

Wales mit Gemahlin machten der ver⸗

wittweten Königin Caroline Amalie am Freitage einen Besuch auf Schloß „Sorgenfrei“ bei Lyngby. Der Groß⸗

fürst Alexis von

Rußland, welcher gestern Mittag am

Bord der russischen Fregatte „Swetlana“ auf der hiesigen Rhede ankam, stieg um 3 Ühr bei der Zollbude ans Land und wurde

daselbst vom Kronprinzen

empfangen, worauf er sofort, be⸗

gleitet vom Prinzen Eugen von Leuchtenberg, dem Adjutanten Baron Schilling und dem Ober-Schiffsarzt Br. Koudrine, nach

Bernstorff abfuhr; daselbst

war um 6 Uhr Königliche Tafel,

an welcher der Großfürst nebst Gefolge und der russische Ge⸗ sandte am hiesigen Hofe, Baron Mohrenheim, Theil nahmen.

Der neue

Kriegs⸗Minister,

General Steinmann,

ist am Sonnabend mit dem Vormittagszuge von Aarhuus nach

Kopenhagen abgereist, um

sein Ministerkum zu übernehmen.

Bei seiner Abreise hatte sich das Offiziercorps und der städtische Rath, sowie ein zahlreicher Kreis von Damen und Herren am

Bahnhofe eingefunden. Bürgermeister ein Hoch für von allen Anwesenden mit wurde.

Amerika. New⸗Jgor

Bei Abgang des Zuges brachte der

General Steinmann aus, welches lebhaftem Hurrahrufen erwidert

k, 23. September. (W. T. B.)

Die hiesige republikanische Konvention hat für den Posten ines Gouverneurs als Gegenkandidaten Thildens, der von der demokratischen Partei vorgeschlagen ist, den General Dix auf⸗ gestellt. Die zwischen den Weißen und Schwarzen be⸗

stehenden Mißhelligkeiten und

nungen setzen sich in Alaba dorthin geschickt worden.

dadurch hervorgerufenen Unord⸗ ma fort, es sind deshalb Truppen

Statistische Nachrichten.

Auf Grund eines Beschlusses des Bundesraths veröffentlicht das Kaiserliche fratistische Amt in dem jetzt hezausgegebenen 2. Hefte der

Vierteljahrshefte zur Statistik Verzeichniß der Verung! oweit solche im Laufe des Jah ehörden gelangt sind. Dieses dungssignal und Namen jedes

des Deutschen Reiches für 1874 ein ückungen deutscher Seeschiffe, res 1873 zur Kenntniß der betreffenden Verzeichniß enthält außer Unterschei⸗ einzelnen verunglückten Schiffs weitere

Angaben über Heimathshafen, Gattung, Ladungsfähigkeit, Erbauungs⸗

16 Hauptmaterial. Verbolzung, Beschlag,

Chronometerführung und

efatzung. Ueber die Zeit der Verunglückungen liegen ebenfalls gengue Angaben vor, mit Ausnahme der Falle, in denen Schiffe verschollen

sind; dasselbe gilt von dem Ort

e der Verunglückung. Außerdem wird

noch nachgewiesen: der Hauptgegenstand der Ladung, der letzte Ab

gangsort und der Bestimmungsort des Schiffes,

sowie die Versiche⸗

rung des Schiffs und der Ladung, soweit hierüber Angaben haben ge⸗

macht werden können. Wir gende Angaben von allgemeinere

Die Gesammtzahl der im ten deutschen Seeschiffe betrug

41,620 britischen Register Tons, ĩ Reg. Tons. Auf die einzelnen deutschen Küstenstaaten

diese Zahlen folgendermaßen:

J. Preußen, und zwar: 1I Prov. Preußen ,, . 3) chleswig⸗Holstein. 5 ume r⸗,

entnehmen aus dem Verzeichnisse fol m Interesse. ; .

Jahre 1873 als verunglückt angezeig⸗ Is7 mit einer Ladungsfähigkeit von darunter 13 Dampfschiffe von 7493 vertheilen sich

Zahl der

verun. Trag. Darunter Trag. glückten fähigkeit Dampf- fähigkeit Schiffe. Reg. Tons. schiffe. Reg. Tons.

11 4,366

36 6,777 41

35

967 416 377

II. Mecklenburg III. Oldenburg II. Lübeck.

N. Bremen. VI. Hamburg

Sa. I.

310 441 2086 14 6.690 2896

22 14 3

ö ü 2

II) ĩ 1 ö 1 5

Die Rhedereien, theiligt gewesen, waren: 8 Sch. 3550 R. T), ( Sch. 1506 R. T), Barth 537 R. T.), Heiligenhafen (4

ucberhemỹ̃ . welche an diesen Un Memel (2 Schiffe 54

TD öde J llen hauptsächlich be⸗

ch. iel 63 Sch. Sch. 4657 R. T), Flensburg (6 Sch.

556 R. T), Blankenese (3 Sch. 908 R. T), Altona (2 Sch. 1405 R. T). Papenburg (10 Sch. 1243 R. T.), Geestemünde (2 Sch. 338 R. T), Rostock (18 Sch. 54715 R. T), Wismar (4 Sch. 1156 R. Tj, Brake (7 Sch. 10999 R. T), Elsfleth (2 Sch. 443 R. T), Lübeck (6 Sch. 653 R. T), Bremen (9 Sch. 5908 R. T)), Hamburg (14 Sch. 6690 R. T). Der Zahl der Schiff! nach waren Rostock, Hamburg, Stettin ünd Papenburg an, den Unfällen am stärksten betheiligt, bezüglich der Ladungsfähigkeit der verunglückten Schiffe: Hamburg, Bremen, Rostock, Danzig und Stettin.

Was die Gattung und Ta kelung der verunglücken Schiffe betrifft, so befanden sich unter denselben 12 Dampfschiffe (! Rad⸗ dampfer und 12 Schraubendampfer) und 175 Segelschiffe. Von den letzteren waren 42 Dreimaster (6 Vollschiffe und Fregatten, 385 Barken und Schoonerbarken, J dreimastiger Schooner), 1096 Zweimaster G83 Schobner und Gaffelschooner, 48 Briggen, Schoonerbriggen und Schoonerkuffen, 17 Galeassen, Galioten und Schoonergalioten, 8 Schmaken und 2mastige Kuffen) und 27 Einmaster und Seeboote. Sie gesammte Tragfähigkeit der verunglüdten Schiffe ist oben bereits angegeben. Von den 187 Schiffen hatten 32 eine Tragfähig- keit von weniger als 50 Register Tons, 39 von 50 = 100 R. T., 41 von 109-200 R. T, 32 von 200 300 R. T, 16 von 300-409 R. T, 8 von o = 500 R. T., 7 von 500 - 660 R. T., 6 von 600 bis S650 R. T. und 6 eine solche von mehr als 800 R. T. Das Alter hat bei 4 der verunglückten Schiffe nicht angegeben werden können; von den übrigen 185 Schiffen waren 13 unter 2 Jahr alt, 12 von 3 —5 Jahr, 29 von 5 10 J., 39 von 10-15 J, 40 von 15— 20 J, 2 von 20-30 J., 18 von 30 = 40 J. 6 von 40—- 50 J. und 2 55 J. und darüber alt. Die Angabe der Zahl der Besatzung fehlt bei drei Schiffen; die verbleibenden 184 hatten eine Besatzung von 1582 Mann, während außerdem noch 194 nicht zur Bemannung gehörende Personen an Bord der betreffenden Schiffe vorhanden waren. Bei der Verunglückung von 56 Schiffen ist ein Verlust von 333 Men⸗ schen nachgewiesen worden, und treffen hiervon 323 auf die Besatzung und 16 auf andere Personen. Wag endlich den Ort, wo die Verunglückung des Schiffes stattgefunden, betrifft, so hat derselbe in 5 Fällen nicht angegeben werden können; von den übrigen 182 Un⸗ fallen entfallen auf die einzelnen Meere bez. Küsten: Nordsee 35, Ost⸗ see und Dänemark je 30, Atlantischen Ozean 13. Südamerika 11, England 10, Schweden 8, lch 6, Norwegen 5, Holland, Bra—⸗ silien und China je 4, Frankreich. Westindien und den Indischen Ozean je 3, Spanien, Schottländ, Neufundland, Ostindien und das Kap je 2, Rordamerika, Japan und Hinterindien je 1.

In Baedekers Verlag in Iser lohn erschien in 2 Bänden die Statistik des Regierungsbezirks Düsseld orf, heraus⸗ gegeben von Dr. O. v. Mülmann, weil. Regierungs Rath, mit Beiträgen des Königlichen Qber⸗Berghauptmanns a. D. Wirklichen Geheimen Raths Dr. 8 v. Dechen Exc, Geheimen Regierungs⸗ und Bauraths Strombau-⸗Direktors Nobiling, Friedensrichters a. * Fahne, Direktors Lose und Anderer. Fortgesetzt von Georg v. Hirsch⸗ feld, Reg ierungs⸗Assessor.

Nach den zum Zweck eines zu erlassenden Gesetzes, auch in Gera angestellten statistischen Ermittelungen über die Fabrikarbeite⸗ rinnen haf sich Folgendes ergeben: Die meisten Arbeiterinnen werden in den Weberei- und Appretur-Etablissements beschäftigt und zwar 163 ledige und 1 vrheirathete im Alter von tz bis 18 Jahren, 265 ledige und 40 verheirathete im Alter von 18 bis 25 Jahren und 55 ledige und 94 verheirathete über 25 Jahr alt, Die an Fabrikarbei⸗ terinnen nächst stärkste Branche bilden die mit Appretur verbundenen Färbereien, in denen beschäftigt sind: 36 ledige im Alter von 16—18 Fahren, 40 ledige und 16 verheirathete von 18— 27 Jahren und 16 sedige und 15 verheirathete von über 25 Jahren. In den übrigen in der Aufstellung angeführten Etablissements, wie z. B. den Kämmereien, Kammgarnspinnereien, Zwirnereien, Roßhaarspinnereien, Cigarren⸗ fabriken 2c. sind im Ganzen thätig: Im Alter von 16—18 Jahren 21 Idige, von 18 25 Jahren 26 ledige und 25 verheirathete und über 25 Jahr alt 26 ledige und 34 verheirathete. Gesammtsumme von 856 weiblichen Arbeiterinnen, worunter 209 ver⸗ heirathete.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus Rüdesheim, 15. d., wird geschrieben; Professor Jo⸗ hannes Schilling aus Dresden war einige Tage hier und hat den Platz für das Nationaldenkmal auf dem Niederwald durch den Bezirksgeometer Schneider dahier bestimmt abmessen lassen. Die Länge der Rückseite des Sockels nach dem Walde beträgt 28 Meter und ist durch eine Bretterwand und durch Fähnchen genau bezeichnet. a Baumann von hier ist beauftragt. diese Stelle von Bingen aus photographisch aufzunehmen. Sicherm Vernehmen nach sollen im nächsten Frühjahr, die Grundarbeiten in Angriff genommen werden. Es wird beabsichtigt, in nächster Zeit auch einen Aufruf an alle Sängervereine Deutschlands zu richten, zum Besten des Na⸗ tionaldenkmals auf dem Niederwalde Konzerte zu veranstalten, damit auch das deutsche Lied mitbaue an dem Symbole deutscher Eintracht und deutschen Ruhmes.“ 4. .

Re Geschichte des Materialismus nebst Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart von Friedrich Albert Lange, Pro⸗ sessor in Marburg, liegt ietzt in zweiter verbesserter und vermehrter Auflage vor. (2 Bde. Verlag von. J. Baedeker in Iserlohn.) Der Verfaffer dieses sich wohlverdienker Anerkennung erfreuenden Werks hat versucht, auf geschichtlichem Wege eine genaue anschauliche Darftellung der über die Bedeutung der materialistischen Welt⸗ anschauung so weit auseinandergehenden Ansichten und Meinungen zu ermöglichen. Keine Definition vermag die immer wiederkehrenden Grundbegriffe der Materie, der Form, der Kraft, der Substanz ꝛc. so vellständig von jenen überlieferten Nebenvorstellungen zu befreien, welche immer neue Mißverständnisse erzeugen, als eine geschichtliche Entwickelunz des streitigen Gegenstandes. Der Ver⸗ faffer wollte aber jeinen Zweck vollständig erreichen und hat sich daher bemüht, den begrifflichen Inhalt der darzustellenden Systeme in be— ständigem Zusammenhang mit ihrer ganzen kulturgeschichtlichen Basis erfcheinen zu lassen. Diese Behandlungsweise bringt es mit sich, daß die allgemeinen Zeitverhältnisse der wichtigsten Epochen der Geschichte ein lebhaftes Kolorit erhalten. Während aber die geschichtliche Dar⸗ stellung als solche dem höheren Zweck des Werkes streng untergeordnet wurde, hat der Verfasser nirgendwo die durch den Gegenstand gefor⸗ derte logische Schärfe, sachliche Genauigkeit und philosophische Tiefe dein Streben nach Popularität der Darstellung zum Opfer gebracht; denn wenn er auch bemüht war, sein Werk einem weiteren Kreise zugänglich zu machen, so sind doch die wissenschaftlich gebildeten Männer aller Fächer und Berufeklassen das Publikum, an welches er sich vorzugsweise wendet. Der erste Theil enthält die Geschichte des Materialismus bis Auf Kant. Der zweite enthält:; J Die neuere Philosophie. II. Die Naturwissenschaften. III. Der Mensch und die Seele. I Die Stellung des Menschen zum Thierreich. 2) Gehirn und Seele. IJ Die Phystologie der Singegorgane und die Welt als Vorstellung. 4) Fsychologie und Moralstatistik. IV. Der ethische Materialismus und die Religion. JJ Die Volkswirthschaft und die moderne Gesell⸗ schaft. ) Das Christenthum und die Aufklärung. 3) Versuche einer Religionsbildung auf materialistischer Grundlage (Strauß 2c.) 3 Der Standpunkt des Ideals, Fur den, zweiten Theil hat der Verfasser sich vor Allem die Aufgabe gesteut, den Fortschritten der. Naturwissenschaften zu folgen und alle Fragen möglichst im Lichte des gegenwärtigen Standes Der Forschungen zu behandeln. In Folge dessen erscheint hier der Ab⸗ schnitt, die neueren Naturwissenichaften., in ganz veränderter Gestalt, zumal auch hier der reiche Stoff der Uebersichtlichkeit wegen in meh= dere kleinere Kapitel getbeilt werden mußte. Wir heben von denselben hervor: „Die Entstehung der Organismen“ mit einer bedeutend erweiterten und möglichst allseitigen Besprechung der durch Darwin angeregten Fragen: Gehirn und Seele! mit einem Versuch, auf Grund der neuesten Forschungen ein möglichst bestimmtes Bild davon zu geben, was wir von der Srganifsation des Gehirns für die Erklã rung der bewußten Handlungen des Menschen erwarten dürfen; ‚Die

Dies ergiebt eine

Sinne und die Welt als Vorstellung“ mit dem Nachweise, daß gerade die Konsequenz der mechanischen Weltanschauung und der naturwissen · schaftlichen Methode uns über den Materialismus hinausführt. Auch der vierte Abschnitt; „Der ethische Materialismus und die Religion hat bedeutende Zusätze erhalten. Hier, wie an anderen ge= eigneten Stellen, kommen hervorragende Zeiterscheinungen, wie das neueste Auftreten von D. Fr. Strauß, der moderne Pessimigmus nnd die ‚Philosophie des Unbewußten“ u. A., zur Sprache. Auch wind der Verfaffer dem mehrfach geäußerten Wunsche, neben der Kritik anderer Standpunkte seine eigene Ansicht noch deutlicher hervortreten zu lassen, gerecht.

Die deutsche Schillerstiftung hat dem Sohne Hoff⸗ manns von Fallersleben als Beisteuer zu dessen Ausbildung jährlich die Summe von 200 Thlr. auf 3 Jahre bewilligt.

Die Tylographen Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz hielten am 20. und 21. d. M. einen Kongreß in Coburg. ;

Den Bibelspruch: „Eher geht ein Kameel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in das Himmelreich“ hat man dadurch zu verbeffern geglaubt, daß man statt kamälos (Kameeh Ramiles (Schiffstau) zu lefen vorschlag. Professor Sepp aber theilt in seinen Orientbriefen an die „Allg. Zeitung“ mit, daß es doch heißen muß: Kameel und Nadelöhr. Nur bringt er zur Erläuterung bei, daß die Hausthüren in Syrien, Palästina wie im ganzen Orient heute noch gerade so niedrig sind, wie vor 2000 Jahren, und daß in die größeren Hausthore kleine Oeffnungen gemacht sind, durch die der Rensch nur gebückt, ein unbeladenes Kameel aber nur sehr schwer, auf den Knieen rutschend, hineingelangen kann. Diese Thürchen aber heißen wie vor 2000 Jahren bei den Arabern noch heutigen Tages „Nadelöhr“. Damit erklärt sich das von Jesus Christus gebrauchte Gleichniß auf die einfachste Weise. Eher geht ein (auch bepacktes) Kameel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher, der sonst nichts hat, als feinen Reichihum, in das Himmelreich. J

In einem der im Dezember 1873 bei Neuhausen in der Schweiz entdeckten alamanischen Gräber wurde auch eine kleine seltsame Silbermünze gefunden, worüber die neueste Nummer des Anzeigers fur schweizerische Alterthumskunde einen von kompetenter Seite herrühren⸗ den Bericht bringt, aus dem wir Folgendes hervorheben: „Die Münze ist eine rohe Nachahmung einer byzantinischen Kaisermünze. Solche Nachahmungen kursirten in großer Zahl unter den germanischen Völkern und wurden von ihnen gerne angenommen, da sie gewöhnlich aus feinem Silber bestanden. Der Kopf, den, die bei Neuhausen gefundene Münze auf ihrem Avers zeigt, dürfte derjenige des Kaifers Justinian J. sein, der ven 52 bis 563 über das oströmische Reich regierte und durch den Bau der Sophienkirche in Konstantinopel sowohl, als durch das Corpus juris berühmt geworden ist. Demnach ist der alamanische Begräbnißplatz am Rheinfall in die Mitte des 6. Jahrhunderts zu setzen, in eine Epoche, wo die Alamanen schon längst auch am linken, gegenüber liegenden Rheinufer festen Fuß ge⸗ faßt hatten. Wenn man sich nun die Frage vorlegt, wie diese Nach= bildurg einer byzantinischen Münze in unsere Gegend gekommen sein mag, so denkt man unwillkürlich an jene Züge, welche die Ala⸗ manen in den Jahren 552 und Höß nach Italien unternahmen, theils um die Ostgothen in ihrem Kampfe gegen die Römer zu unterstützen, theils um Raub und Beute aus dem lockenden Süden zu holen. Der größte Theil der Ausgezogenen fand in Italien den Tod, dig einen hurch das Schwert der Feinde, die andern durch eine furchtbare Seuche, doch mögen Manche wieder über die Alpen zurückgekemmen sein, und einer diefer Abenteurer liegt vielleicht hier bei Neuhausen bestattet. Indessen ist das natürlich nichts als eine Vermuthung.“ .

= Der bekannte Geologe Elie de Beaumont, Mitglied und seit 1853 beständiger Sekretär der Akademie der Wissenschaften, ist laut Telegramm aus Paris vom gestrigen Tage gestorben.

Die letzte britische Expedition für die Beobachtung des Vorüberganges der Venus ist nun auf dem Punkte, von England nach Aegypten abzugehen. Sie hat sich in eine von beträcht⸗ licherer Größe als anfangs beabsichtigt war, entwickelt. Die von Sir George Airy, dem Königl. Astronomen, organistrte Regierungs⸗Expedi⸗ tion wird ihr Hauptquartier in Kairo statt in Alexandria aufschlagen, da der Laͤngengrad dieser Stadt durch Austausch von Telegraphen⸗ signalen mit Greenwich gefunden werden soll, zu welchem Behufe eine Zweigstation für eine Zeitlang in Alexandria errichtet werden wird. Für die wirkliche Beobachtung des Vorüberganges sind Kairo, Theben und Suez ausersehen. Der photographische Zweig des Unternehmens wird wahrscheinlich in Theben sein. Privat⸗Expeditionen sind organistrt worden, die alle in Uebereinstimmung mit der englischen Regierungs⸗Expedition stehen. Die gesammten Telescope und Hütten aus Greenwich sind nun am Bord des Peninsular⸗ und Sriental⸗Dampfers „Hindostan“, der Southampton am J. nächsten Monats verlassen soll.

Landwirthschaft.

Aus Rheinhessen, 15. September, wird der „Darmst. Ztg.“ geschrieben: Die Weinberge sind in der ganzen Provinz geschlossen, nachdem in der letzten Zeit die mit Regen und zum Theil sehr warmen Tagen abwechselnde Witterung der Reife der Trauben ganz außer⸗ ordentlich gänstig war. Die Lese der Frühburgunder hat in einigen Lagen (Heidesheim, Gundersheim u. s. w.) schon begonnen, allgemein er⸗ folgt sie in den nächsten Tagen. Der rothe Most zeigte an der Mostwage 30 Grade und war an Geschmack und Geruch von ausgezeichneter Süße und reinem und feinem Bouguet. Es unterliegt schon hente keinem Zweifel mehr, daß auch der Weißherbst, der bei der be, ,. günstigen Witterung zum Nutzen der Qualität sehr hinausge choben werden dürfte, ein in Qualität und Quantität sehr erfreuliches Re⸗ sultat liefern wird: in letzterem rechnet man durchschnittlich auf einen Zweidrittel⸗Herbst, d. h. einen seit Jahrzehnten nicht eingetroffenen Ertrag.

Gewerbe und Handel.

Seit voriger Woche sind, wie die Königl. Direktion der Oberschlesischen Eisen bahn im Inseratentheil unserer gestrigen Rummer bekannt macht, ungültige Koupons zu den Sberschlesischen Stammaktien Lit. D. und zu den 45 pCt. Obligationen Lit. H. (Posen· Thorn Bromberger Bahn) in Umlauf gebracht worden. Die betreffenden Koupons, die einzeln nicht angegeben werden können, gehören folgenden Kategorien an und zwar: Koupoen Nr. 1I bis 5 der Stammaktien Lit. D. Nr. 1 - 42021, Koupon Nr. 1-7 Der Stamm⸗ aktien Lit. B. Rr. 42022 -84041 und endlich Koupon Nr. 133 der Obligationen Lit. H. (Appoints à 100 Thlr.) Nr. 39501 - 59500.

In der Generalversammlung der Eigenthümer der Bank von England am 17. d. M. wurde mitgetheilt, daß der Reinertrag des Instituts während des am 31. August beendeten Halbjahres sich auf F99,523 Lstr. belief. Nach Zahlung einer Dividende vou 5 pCt. wird sich der ‚Rest auf 3 004, 926 Lstr. beziffern. Im korrespondirenden Semester von i873 betrug die Dividende 51 pCt., worauf ein „Rest“ ven 3 027,388 Lstrl. verblieb. . ;

Die Firma Neill Brothers veröffentlicht die neueste Tabelle über die Baumwoll⸗Ernte des Jahres 1873 74 in den Ver⸗ einigten Staaten. Wir entnehmen dieser Zusammenstellung, daß in den Häfen am Meerbusen von Mexiko im Ganzen angekommen sind: 1,924,009 Ballen im Jahre 157374; 1B 930 00 B. 1872/73 und 1,463,000 B. 1871572. Am meisten trafen daselbst ein im Jahre 1870 71, nämlich 2,183, 009 B., und am wenigsten 1867 / 68, nämlich 1.0953, 000 B. In den atlantischen Häfen wurden empfangen 1880, 000, 1.721 000 und 1269000 B. in den Jahren 181374, 187273 und 1871/72 resp. Bas ungünstigste Jahr für diese er war 1865/66, da nur 659,000 B. daselbst einliefen, das gün tigste dagegen das gegenwärtige. Die gesammte in den Handel gekommene Ernte beläuft * auf 46412050 B. im Jahre 1873/14, auf 3,792 900 B. im vor- hergehenden und auf 2854 000 B. für das Jahr 1871 ß 72, während die Totalerträge der Baumwollpflanzungen für die drei letzten Jahre die folgenden ind: 4 71, 000, 3, 930 009 und 2975000 B. Exportirt wurden 1573/74 nach Großbritannien 1,868 099 B., nach Frankreich 371 060 B. nach anderen australischen . 602,099 B., Total 2.811 000 B. Konsumirt wurden in den Vereinigten Staaten selbst