1874 / 227 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Sep 1874 18:00:01 GMT) scan diff

beinahe unumschränkter Herr des Rechtsstreits dem altländischen Anwalt sich überlegen dünken mag.

An dieser Stelle kommt es hauptsächlich auf die Frage an: ob der rheinisch⸗französische Prozeß mit oder ohne sachgemäße Ueberarbeitung, welche demselben bereits in verschiedenen Län⸗ dern zu Theil geworden ist, Grundlage des neuen deutschen Pro⸗ zesses zu werden geeignet ist? So viel muß man unbedenlli einräumen, daß, wie manche andere französische Institution, au der französische Prozeß in den letzten Jahrzehnten mittelbar eine anregende, heilsame Rückwirkung auf die Entwickelung des deut⸗ schen Verfahrens geübt hat. Dennoch aber wäre der Uebergang zu diesem Verfahren ein Schritt, der eine allgemeine Zustim⸗ mung, zumal seit der Bekräftigung des nationalen Bewußtseins in Folge der Gründung des Deutschen Reichs, schwer erlangen würde. Als oberstes Erforderniß einer Prozeßordnung darf hingestellt werden, daß sie praktisch brauchbar und zweckmäßig ist, daß sie den Rechtsstreit auf dem einfachsten, kürzesten, sicher⸗ sten Wege seiner Entscheidung zuführt. Allein daraus folgt noch nicht, daß ein Gesetzgeber ein Verfahren, selbst wenn es diesem obersten Erfordernisse durchweg entsprechen sollte, von einem fremden auf den heimischen Boden ohne Weiteres verpflanzen kann. Eine Nation, deren in bedeutenden Geschichtsepochen stärker hervortretendes Rechtsbewußtsein nicht blos das materielle Recht, sondern auch das Rechtsverfahren umfaßt, würde in einem fremden Verfahren sich nicht wieder⸗ erkennen. Dieses würde keine Wurzel schlagen und trotz seiner Zweckmäßigkeit, von Einzelnen geschätzt, Wenigen bekannt, kein Theil des Rechtslebens des Volkes werden. Die Einbürgerung des französischen Prozesses in dem rheinischen Gebiete kann schon wegen der besonderen Verhältnisse und der nach der Einverleibung der Provinz mitwirkenden politischen Ursachen nicht als Wider⸗ legung dieser Ansicht angesehen werden.

Allerdings ist das öffentliche und mündliche Verfahren, welches in Frankreich seit den ältesten Zeiten sich forterhalten hat, auch Grundfatz des ältern deutschen Prozesses gewesen und in Deutschland erst in späterer Zeit durch den aus Italien herüber⸗ gekommenen kanonisch⸗römischen Prozeß verdrängt worden. Allein andere Eigenheiten des französischen Prozesses entsprechen dem deutschen Rechtsbewußtsein um so weniger. Letzterem gehört vor Allem der durch die Geschichte des deutschen Prozesses hindurch⸗ gehende Zug an, die richterliche Machtvollkommenheit durch For⸗ men heilsam einzuschränken. Hierin dürfte die Quelle des sonder⸗ bar gestalteten altdeutschen Beweisverfahrens und wahr⸗ scheinlich auch der aus dem aaltdeutschen Prozesse in den gemeinen übernommenen Verhandlungsmaxime zu suchen sein. Im Gegensatze hierzu findet der französische Prozeß in der sogenannten Souveränetät der Ge⸗ richte den Ersatz für Normen des Verfahrens, welche allerdings die freie Bewegung hemmen, aber auch gegen Willkür und Uebereilung schützen können.

Die ganz überwiegende Bedeutung des Urkundenbeweises im französischen Civilverfahren ist für ein mündliches Verfahren von wesentlichster Bedeutung; allein die Einführung des Rechtsgrund⸗ satzes, worauf jene Bedeutung des Urkundenbeweises beruht, wurde der im deutschen Volke herrschenden Rechtsanschauung und Sitte nicht entsprechen.

Ebensowenig würde es thunlich sein, den sogenannten Pro⸗ zeßbetrieb der Parteien in derjenigen Konsequenz und Starrheit, welche das Prozeßverfahren Frankreichs beherrscht, ohne Verletzung des deutschen Rechtsbewußtseins zu einem gemeinen deutschen Rechte zu erheben.

Schließlich kommt in Betracht, daß das französische Prozeß⸗

gesetz, wie allgemein anerkannt wird, die mangelhafteste der Na⸗ poleonischen Rechtsschöpfungen ist. Dasselbe ist nur eine neue Ausgabe der Ordonnanz Ludwigs des Vierzehnten vom Jahre 1667, auf welche der übermächtige Einfluß der Korporation der Anwälte einen höchst nachtheiligen Einfluß geäußert hat. Während das Gesetz einerseits eine sehr freie Bewegung ge⸗ stattet, starrt es andererseits von Formen. Auch wird, ohne daß Widerspruch zu befürchten wäre, behauptet werden dürfen, daß das Prozeßverfahren in den deutschen Rheinprovinzen durch Einwirkung der deutschen Prozeßwissenschaft mehrfach eine nicht unerhebliche Umgestaltung erfahren hat. Wie groß übrigens das Reformbedürfniß in den Staaten ist, in welchen der Code de procedure civile herrscht, zeigen nicht allein die Reform⸗ schriften aus jenen Ländern, sondern auch die aus der neuesten Zeit stammenden Entwürfe von Civilprozeßordnungen, welche im Auftrage der französischen und belgischen Regierung bear⸗ beitet worden sind.

Einer besonderen Erwähnung verdient die hannoversche Prozeßordnung, weil sie dem sogenannten hannoverschen Ent⸗ wurfe aus dem Jahre 1866, der letzte aber wiederum einer grö⸗ ßeren Reihe von Gesetzgebungsarbeiten, insbesondere auch dem Entwurf einer Prozeßordnung für den Norddeutschen Bund zur Grundlage gedient hat. In der hannoverschen Prozeßordnung ist der Versuch gemacht worden, ein Verfahren herzustellen, wel⸗ ches auf den Grundlagen des gemeinen deutschen Prozesses das große freigestaltete Prozeßprinzip der Unmittelbarkeit der Ver⸗ handlung eines Rechtsstreits vor dem erkennenden Gerichte mit feinen Konsequenzen in sich aufnimmt. Fundamental in der hannoverschen Prozeßordnung ist, daß das Hauptverfahren in zwei Abschnitte zerfällt, von denen der erstere die Behauptungen der Parteien, der zweite den Beweis der bestrittenen Behaup⸗ tungen zum Gegenstande hat; daß diese beiden Abschnitte getrennt und gegeneinander abgeschlossen werden durch eine richterliche Ver⸗ fügung, in welcher nach Prüfung des von den Parteien vorge⸗ legten Prozeßstoffs diesen eröffnen wird, was und von wem zu beweisen sei; daß diese richterliche Verfügung im Sinne des deutschen Prozeßrechts ein Urtheil ist, unabänderlich für die In⸗ stanz, in welcher sie erlassen wurde. Sobald man diese Funda⸗ mental⸗Einrichtung aufgiebt, ist die hannoversche Prozeßordnung als Grundlage für ein neues Gesetzgebungswerk nicht weiter geeignet. Den sogenannten hannoverschen Entwurf und sämmt⸗ liche ihm folgende Prozeßordnungen oder Prozeßordnungs⸗ Entwürfe, welche die erwähnte Konstruktion des Verfahrens auf⸗ gegeben haben, trifft gemeinsam der Vorwurf, daß sie die große Bedeutung dieser Abweichung in materieller und systematischer Beziehung nicht genügend gewürdigt haben.

Landwirthschaft.

Berlin. Die dritte Versammlung des Deutschen Landwirthschaftsrathes soll am 19. Oktober d. J. und den folgenden Tagen hier abgehalten werden. Die Tagesordnung für die Versammlung enthält eine größere Anzahl zum Theil sehr wichtiger Fragen, so namentlich: in Betreff der berechtigten Anforderungen der Landwirthschaft an den Zelltarif, über die landwirthschaftlichen Fort⸗ bildungsschulen im Deutschen Reich, über die Eisenbahnen und zwar in Bezug auf die in Aussicht stehende Umgestaltung des heute gel⸗ tenden Tarifsystems und die damit in Verbindung stehende Frage der Differentialtarife, sowie in Bezug auf den Transport von Thieren. Weitere Berathungsgegenstände betreffen: Untersuchung des Hagel⸗ versicherungswesens in Deutschland, Wassergesetzgebung, die gegen dolosen i n,, zu ergreifenden Maßregeln, Bankgesetzgebung, Pferde⸗ zucht u. A. m.

Gewerbe und Handel.

Am 29. d. M. findet im Isabellensaale des Gürzenichs in Cöln die zweite diesjährige Generalversammlung des historischen Vereins für den Niederrhein statt.

London, 26. September. (W. T. B) Die, Delegirten der Berg- und Hüttenarbeiter von Stafferdshire und Wor« 1 zeigen sich geneigt, auf eine Lohnherabsetzung ein. zugehen.

28. September. W. T. B.) Die BVerhgndlun⸗ gen zwischen den Schiefersteinschneidern und deren Arbeit⸗ gebern, wobei die Ersteren an ihren Forderungen festhielten und ein Zusammentreten von Delegirten beider Theile verlangten, was die Arbeitgeber nicht zugestehen wollten, sind abgebrochen worden. Lord Penrhyn gab den Arbeitern den Rath, sich andere Arbeit zu suchen.

New⸗York, 26. September, (B. T. B.) Die Baum woll⸗ waaren Fabrikanten von Neu⸗England haben vorgeschlagen, daß die Produktion in den Fabriken um ein Dritttheil reduzirt werde.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Wien, 26. September. Die Generalversammlung der Aktionäre der Süd⸗Norddeutschen Verbindungshbahn (Reichenberg⸗Pardubitz) genehmigte in ihrer heutigen Sitzung den in bekannter Weise modifizirten Antrag auf Fusion dieser Bahn mit der Oesterreichischen Nordwestbahn nebst einem die Rechte der r , . näher präzisirenden Amendement Loweniks (Frank⸗ furt). Die Versammlung wählte hierauf Oppenheimer, Goldschmidt, Lehmann und Richter in den Verwallungsrath.

28. September. (W. T B.) Die hiesige „Böörsen⸗ Korrespondenz“ meldet aus guter Quelle, daß die deutsche Unionbank in Berlin und die Norddeutsche Bank in Hamburg dem Wiener Bank⸗ verein die Offerte gemacht haben, die Wien⸗Pothendorfer Titres zu übernehmen. Eine Vereinigung der beiden Offerten ist erstrebt, ist aber bisher noch nicht erzielt.

Trie st, . September. (W. T. B) „Der, Llovddampfer „Austria“ ist heute früh 53/4 Uhr mit der ostindisch⸗chinesischen Ueber la ndpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

Mit den Erdarbeiten auf der Strecke Arth⸗Goldau der Arther Rigibahn ift letzter Tage begonnen worden.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, den 29. September. Opernhaus. (181. Vor⸗ stellung.) Auf vielfaches Begehren: Flick und Flock. Komisches Zauber⸗Ballet in 3 Akten und 6 Bildern von P. Taglioni. Musik von Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Schauspielhaus. (186. Vorstellung) Die zärtlichen Ver⸗ wandten. Lustspiel in 3 Aufzügen von R. Benedix. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Mittwoch, den 30. September. Opernhaus. Zur Feier des Allerhöchsten Geburtstages Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin. (182. Vorstellung. Prolog von Auguste Kurs, ge— sprochen von Frl. Meyer. Iphigenia in Tauris. Große Oper in 4 Akten. Musik von Gluck. Tanz von Taglioni. Iphi⸗ genia: Fr. Mallinger. Diana: Frl. Lehmann. Drest: Hr. Betz. Pylades: Hr. Link. Thoas: Hr. Schmidt. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Schauspielhaus. Zur Feier des Allerhöchsten Geburtstages Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin. (187. Vorstellung.) Prolog von Auguste Kurs, gesprochen von Frl. Stollberg. Jubel⸗Ouvertüre von C. M. von Weber. Hierauf: Iphigenie auf Tauris. Schauspiel in 5 Abtheilungen von Goethe. An⸗ fang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Vorläufige Anzeige. Am Sonntag, den 4. Oktober e, wird Seitens des Central⸗Comités zur Unterstützung der Abge⸗ brannten Meiningens eine Matinée im Königlichen Opernhause veranstaltet werden.

Die erste Saunptverfammlung des Verbandes deutscher Architekten⸗ und Ingenieur-Vereine.

Wir geben nachstehend noch einen kurzen Auszug aus dem Re⸗ ferate, das der Baurath Hobrecht der Abtheilung für Ingenieure über „Reinigung und Entwässerung“ erstattete. Man müsse sich zunächst die Frage vorlegen, wie die einzelnen Städte beschaffen sind. Da be⸗ gegne man den allergrößten Verschiedenheiten, und wenn Referent die Frage dahin beantworte, daß nur durch die Kombination einer Wasser⸗

leitung mit einer Kanalisation cine zweckmäßige Reinigung und Ent⸗ wässerung überhaupt möglich sei, so scheiden sofort diejenigen Städte aus, die keine Wasserleitung haben, wie Mainz, Petsdam u. s. w. An solche Städte dürfe man überhaupt nicht die Anforderungen be⸗ üglich der Reinlichkeit stellen, welche die moderne Gesellschaft zu u n berechtigt sei. Massen verunreinigten Wassers, die mit orga—⸗ nischen, verfaulenden Substanzen geschwängert ind, kommen aus Gas- anstalten, Markthallen, Gerbereien und Schlachthäusern; Regenwasser,

auzwafser schwellen diese Effluvien derartig an, daß selbst in

tädten, welche der Wasserleitung entbehren, das, Bedürfniß nach Anlage von unterirdischen Leitungen hervortritt. Unter diesen Verhältnissen entstehen in diesen Städten bei der Reinigung die größten Schwierigkeiten. Eine Verladung der—⸗ selben wird dadurch erschwert, daß die Bestandtheile der Effluvien liquide sind, anderntheils sind sie aber auch zu syrupartig, um regel recht fortgeleitet zu werden; ste stagniren in den Kanälen und faulen, und es trete jener entsetzliche Zustand ein, den man überall da beoh⸗ achten könne, wo unterirdische Kanäle ohne Wasserleitung gebaut sind. Diefe alten Kanäle tragen die Schuld, daß die Kanalisation in Miß= kredit gekommen ist. Die Einführung der Hochdruck-Wasserleitung habe die ganze Sachlage mit einem Schlage geändert. Die alten Römer erkannten sehr wohl den Werth der Hochdruck⸗Wasserleitung, und es sei zu beklagen, daß mit dem Falle Roms auch diejenige Kul⸗ tur gewichen sei, welche sich in dem massenhaften Konsum von Wasser ausdrückt. Seit ungefähr 100 Jahren habe sich diese Kultur erst wieder belebt. Trotz des widerwilligen und trägen Verhaltens der Bevölkerung steigert sich fert und fort der Wasserkonsum, es ist dies die natürliche Folge der Wasserleitung. Heut zu Tage ist ein Ge— brauch von 100— 150 Liter Wasser pro Kopf und Tag Lie Reget. Der erhöhte Wasserkonsum verändere, die Substanz der Effluvien, dieselben wer en flüssig und leitungsfähig. Das ganze ABEC der Kanglisation liege in der Aufgabe, die korrespondirende Abführung des Wassers zu sein, welches in reinem Zustande durch die Wasserleitung in die Stadt geführt wird und durch den Gebrauch verunreinigt wird, Nur durch eine schiefe, vom Techniker fast albern zu nennende Fragestellung sei diese einfache Tharsache verwirrt und sei das Publikum beirrt worden. Jeder Architekt, der ein Schlachthaus, eine Kaserne, eine Brauerei baue, erkennt die Nothwendigkeit, die Effluvien unterirdisch abzuleiten, indem er für die veru nreinigten Wasser einen Ausweg nach irgend einem Wasserwege suche. Durch solche Methode werden aber die Wasserläufe verpestet, wie Berlin beweise, und eine schließz—= liche Ueberdeckung solcher Wasser laufe sei nur ein schlechtes Heilmittel. . Kanalisation sei also für die Effluvien eine unbedingte Nothwen⸗ igkeit. Stoffen? Dieselben enthalten jedoch nur einen ganz verschwindend kleinen Prozentsatz wirklich fester Substanzen, welche der ungeheuern Masse Spülwasser gegenüber gar nicht ins Gewicht fallen. Für die Dimenstonen, Gefälle und die Gesammtausführung einer Kanalisation sei es absolut gleichgültig, ob die Leitungsröhren die Exkremente mit aufnehmen sollen oder nicht. Alle jene Verhältnisse werden durch solche gleichzeitige Aufnahme der erkrementellen Stoffe in keiner Weise geändert. So lange man, wie bisher, mit irgend einer Ab⸗ fuhrmethode das gewünschte Ziel nicht erreicht habe, so lange empfehle es sich, die Frage, ob vom finanziellen und sanitären Standpunkte auch= die Exkremente in die Kanaͤle zu führen seien, entschieden zu

Eine andere Frage sei nur, wohin mit den excrementellen

bejahen. Es können jedoch nur auf dem Wege der Berieselung sämmt⸗ liche pon einer Stadt produzirten Dungstoffe in landwirthschaftliche Beziehung richtig verwendet werden. Die Versammlung entschied sich dafür, die ganze Frage, namentlich ihre technische Lösung, auf die Tagesordnung der nächsten, im Jahre 1876 zu München stattfindenden Versammlung zu setzen.

Der Glanzpunkt der den Architekten gebotenen Vergnügungen war das im Krollschen Etablissement am Freitag Abend arrangirte Fest⸗ banket. Im Rittersgale war die von hohen Blattpflanzen umgebene Büste Sr. Majestät des Kaisers und Königs aufgestellt; außerdem erblickte man vier große Kartons, welche die Baustile der Antike, des Mittelalters, der Renaissance und der Neuzeit versinnbild⸗ lichten, sowie fünf kleinere Kartons, welche den Gehülfen des Bau— meisters, dem Maurer, Zimmermann, Steinmetz, Schlosser und Tischler galten. Die Zahl der Gäste, die im großen Saale und den Nebensälen ihren Platz fanden, belief sich auf ungefähr 1200, unter ihnen befanden sich der Minister De. Delbrück und der Polizei⸗Präsi⸗ dent v. Madai. Die Reihe der Toaste eröffnete der Baurath Hobrecht mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, der mit den Worten schloß: „Gott segne, Gott schütze Kaiser Wilhelm, er lebe boch! Laute, begeisterte Hochs erklangen in den prächtigen Räumen, die Musik in⸗ tonirte die Nationalhymne, welche die Gesellschaft, sich von den Plätzen erhebend, mit Gesang begleitete. Der Minister Pr. Delbrück weihte sein Glas den deutschen Fürsten und freien Städten, die sich durch Errichtung von polytechnischen Schulen ausgezeichnet; Bau Amtmann Schmidt aus Bayern gedachte der Träger der technischen Wissenschaft, Regierungs-Rath Strecker der Mitglieder und Gäste des Architekten⸗ Vereins,. Baurath Sonne aus Darmstadt sprach im Namen der Gäste dem Berliner Architekten Verein seinen Dank aus. Das DOrchester unter Direktor Engels eigner Leitung brachte eine reiche Auswahl der beliebtesten, zum heiteren Feste passenden Lieder, doch brachte auch der 86 selne Gabe dar. Es war für den Abend ein apartes Blatt: „Der Tuschnapf, Organ für Architekten und Ingenieur⸗ wesen, soweit die Wissenschaft dabei nicht in Betracht zu kommen hat“ erschienen, das eine Fulle höchst witzig geschriebener Artikel ent⸗ hielt. Der Glanzpunkt. des Abends bildeten die „Berliner Bau⸗ menschen“, ein Lokal- Architekturstück in 3 Akten und Ballet. Der Ver⸗ fasser des Stückes, Baumeister Hubert Stier, spielte auch die Haupt- rolle und erntete neben den übrigen Darstellern reichen Beifall. Erst nach Mitternacht ging das Fest dem Ende entgegen.

Wie das Programm besagte, fand als Schluß der Festlichkeiten am Sonnabend ein Ausflug nach Potsdam statt. Ein Extrazug führte in einer langen Reihe von Wagen die Gäste nach der Wild⸗ parkstation, wo das Frühstück eingenommen wurde, das in reicher Auswahl und Fülle auf den Tischen im Freien aufgebaut war. Unter Lestung des Hofgarten⸗ Direktors Jühlke besich⸗ tigte hierauf die Versammlung in verschiedenen Abtheilungen den Park und die Schlösser, welche letztere auf Anordnung der Aller höchsten und Höchsten Herrschaften sämmtlich geöffnet waren. Nach⸗ dem das Mittagsessen in verschiedenen Lokalen der Stadt eingenommen war, traf die Gesellschaft an der Brücke wieder zusammen, um auf drei Dampfern und diei Schleppkähnen, die sämmtlich reich mit Flaggen, Fahnen und Wimpeln geziert waren, die Havel hinauf nach dem Wannsee zu fahren. Im Schloßgarten zu Glinike saßen auf der Veranda die Prinzlichen Herrschaften und wurden mit lauten 8b und Tuͤcherschwenken von den Schiffen begrüßt; auf Anordnung

r. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl erschien unter

Leitung zweier berittener Jäger die ganze Koppel seiner Jagdhunde, ein Schauspiel, welches die allgemeinste Aufmerksamkeit erregte. Die herrliche, den meisten Festgenossen gänzlich unbekannte Gegend, der warme Herbstnachmittag, die breiten, regungslosen Wasser übten einen wahrhaft festlichen Eindruck auf die Gesellschaft aus, welche ihre ge⸗ hobene Stimmung im Singen vaterländischer Lieder kund gab. Ein

Extrgzug führte um 6 Uhr die Gäste nach Berlin zurück, die im Laufe des Abend und des folgenden Tages die Stadt wieder verlassen haben.

Der Bessemer Salondampfer. .

Vom Schiffsbauhofe der Earle'sche Shipbuilding⸗Com— pany in Hull lief am 24 ds. im Beisein von 20090 Menschen ein Schiff vom Stapel, das dazu bestimmt ist, das Unangenehme der kurzen. Seereise zwischen Dover und Calais zu mildern, d. h. die leidige Seekrankheit, die den Passagier— verkehr zwischen England und dem Kontinent noch immer auf ein Minimum beschränkt, zu verbannen. Die Unannehmlichkeiten dieser Reise haben oft Besprechung gefunden, und verschiedene Pläne sind für deren Beseitigung vorgeschlagen worden. Ein Tunnel unter dem Kanal, eine Brücke üher denselben und die Be⸗ förderung von Zügen auf großen Dampfern, in welchen die schwankenden Bewegungen vermieden werden sollten. wurden der Reihe nach diskutirt. Was den letzterwähnten Plan betrifft, so war die Schwierigkeit, Hafenräumlichkeiten zu beschaffen, der Haupt⸗ grund für dessen Aufgeben. Einen gewissen Ersatz dafür soll nun der nach der Erfindung des Hrn. Bessemer gebaute erwähnte Salon, dampfer bieten, dem, seinem Erfinder zu Ehren, der Name ,Bessemer“ beigelegt wurde. In wie weit der Dampfer dem Bedürfnisse, einer Meeresreise ohne Seekrankheit abhelfen mag, wird freilich die Erfah— rung lehren můssen. Die Konstruktion des Schiffes ist eine eigenthümliche Der hohe Salon in der Mitte giebt dem Fahrzeuge das Aussehen eines Thurmschiffes. Es hat eine Länge von 350 5 der Wasserlinie. Jedes Ende ist abgerundet und hat nahezu die Form einer Cigarre, und durch die Anbringung eines Steuerruders an jedem Ende wird ein

Umdrehen im Hafen unnöthig. Die Verdecke an jedem Ende sind

niedrig, und da die Seiten des Schiffes abgerundet sind, wird es dem Wasser den wenigstmöglichen Widerstand leisten. Daher wird nicht allein Schnelligkeit, sondern Stätigkeit erzielt. Die Fortbewegung ge— schieht durch vier Schaufelräder, zwei an jeder Seite, deren jedes 27 n 10 Zoll im Durchmesser hat. Man berechnet, daß der Dampfer bei voller Fahrgeschwindigkeit 20 Meilen in der Stunde zurücklegen wird. Die Haupteigenthümlichkeit des Schiffes bildet der für Passagiere erster Klasse, bestimmte schwingende Salon, zu dem man mittelst zweier breiter Treppen gelangt. Der Salon ist, 70 Fuß lang, 35 Fuß breit, 26 Fuß hoch, und ruht auf vier stählernen Zapfen, die nicht allein als Stützen dienen, sondern das Wasser nach den hydraulischen Ma— schinen führen, durch welche der Salon stätig gehalten werden wird. Bei der Konstruktion dieses Salons sind die rollen den Bewegungen eines Schiffes, welche die Hauptursache der Seekrankheit bilden, ver⸗ mieden worden. Auch ist für gute Ventilation und den Komfort der Passagiere bestens gesorgt. Eine Treppe führt die Passagiere nach einem Verdeck, wo sie die frische Seeluft genießen können, während sie, wie im Salon, von jeder schwankenden Bewe— gung befreit bleiben. Ein ähnlicher Salon von 52 Fuß Länge ist für Paffagiere zweiter Klasse auf dem Unterverdeck angebracht. Den un leren Theil des Schiffes umgiebt eine Brustwehr, die etwa 8 Fu hoch, D4 Fuß lang und so breit wie das ganze Schiff ist, Au dieser Brustwehr befinden sich Pavillons für Privatgesellschaften, Rauchzimmer, Buffets u. s. w. Ueberhaupt ist das Schiff prächtiß möblirt und bietet dem Passagier jede nur denkbare Beguemlichkeit. Ende dieses Jahres wird es warscheinlich so weit fertig sein, um seine Probefahrt machen zu können.

Redaktion und Rendantur: Schwieger. Berlin: Verlag der Expedition (Kessel). Druc W. Elner— Drei Beilagen (eiaschließlich Börseg · und Handelsregister Beilage Nr. 179).

M 227.

Königreich Preußen.

Privileg ium wegen Emission von fünf Millionen fünfhundert Tausend Thalern 16,500, 000 Reichsmark Prioritäts⸗-Obligationen der Berlin Potsdam Magdeburger Eisenbahngesellschaft.

Vom 4. September 1874.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.

Nachdem die Berlin⸗Potsdam ⸗agdeburger Eisenbahngesellschaft darauf angetragen hats ihr behufs He n der Geldmittel zu ihrer vertrags mäßigen , n g an dem Unternehmen der Berliner Stadteisenbahn⸗Gesellschaft zum Bau einer Eisenbahn von der Sta— tion Schlachtensee nach den Charlottenburger Bahnhöfen der Stadt- eifenbahn und der Verbindungsbahn, ferner zur Deckung der für die Vollendung der ihr bereits konzessionirten Neubauten noch erforder⸗ sichen Kosten und endlich zu einer weiteren Vermehrung der Betriebs- mittel die Ausstellung auf den Inhaber lautender und mit Zins coupous versehener Obligationen im Betrage von Fünf Millionen fünfhundert Tausend Thalern (16600900 Reichsmark) zu gestatten, jo ertheilen Wir in Gemäßheit des Gesetzes vom 17. Juni 1533, betreffend die Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflich tung an jeden Inhaber enthalten, durch zegenwärkiges Privilegium Unsere landesherrliche Genehmigung zur Emission der gedachten Ob- ligationen unter den folgenden Bedingungen:

§. 1. Die in Höhe von 16500 000 Reichsmark (5, 509 000 Thlr.) zu emittirenden Obligationen, auf deren Rückseite ein Abdruck dieses Privilegiums beigefügt wird, werden nach dem beiliegenden Schema A. mit der Bezeichnung P

„Littr. F.“

in . von 3000, 1500 und 300 Reichsmark (10090, 500 und 100 Thalern) unter fortlaufenden Nummern und zwar in Appoints zu 3000 Mark unter Nr. bis 2000 zum Betrage von sechs Millionen Mark, in Appoints zu 1500 Mark unter Nr. 2001 bis 60900 zum Betrage von sechs Millionen Mark und in Appoints zu 300 Mark unter Nr. 6001 bis 210090 zum Betrage von vier und einer halben Million Mark ausgefertigt und mit der facsimilirten Unterschrift dreier Mitglieder des Direktoriums und des Rendanten der Gesell⸗ schaft versehen. ö

§. 2. Die Inhaber der zu emittirenden Obligationen sind au Höhe der darin verschriebenen Kapitalbeträge und der dafür na FJ. 3 zu zahlenden Zinsen Gläubiger der Berlin = Potsdam, Magde durger Eisenbahngesellschafst. Sie haben in dieser Eigenschaft vor den Inhabern der Stammaktien ein unbedingtes Vorzugsrecht, stehen aber den Inhabern der auf Grund des landesherrlichen Privi⸗ leglums vom 17. August 1845 (Gesetz Sammlung Seite 572) emit⸗ tirten mit Littr. A. und B. bezeichneten Obligationen der Berlin. Potsdam ⸗Magdeburger Eisenbahngesellschaft im unsprünglichen Be⸗ frage von 2,367,206 Thalern, den Inhabern der auf Grund des Privilegiumß vom 25. August 1862 (Gesetz⸗ Sammlung Seite 261) kreirten, mit „Littr. G. neue Emission? bezeichneten Obligationen der Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Eisenbahngesellschaft im ursprünglichen Betrage von 7000, 060 Thalern, ferner den Inhabern der auf Grund des landesherrlichen Privilegiums vom 27. März 1872 (Gesetz⸗Samm⸗ lung Seite 290) ausgegebenen mit „Littr. D. neue Emission“ bezeich- neten Obligationen der Berlin Potedam⸗Magdeburger Eisenbahn-⸗ Gesellschaft im Betrage von 10006, 000 Thglern, sowie endlich den Inhabern der auf Grund des landesherrlichen Privilegiums vom J5. Oktober 1873 (Gesetz Sammlung Seite 482, Amtsblatt der Kö⸗ niglichen Regierung zu Potsdam, Nr. 465, Seite 333 336) emittirten. mit „Lättr. B.“ bezeichneten Obligationen im Betrage von 2.000, 000 Thalern in der Priorität nach. .

§. 3. Die Obligationen werden mit vier und einem halben Pro— zent sährlich verzinst. Zur Erhebung dieser Zinsen werden den Obli⸗ gationen zunächst für sechs Jahre zwölf halbsährige, am 2. Januar und 1. Juli der betreffenden Jahre zahlbare Zinscoupons Nr. 1 bis 12 nebst Talons nach dem sub B. beigefügten Schema beigegeben. Beim Ablauf dieser und jeder folgenden sechsfährigen Periode werden nach vorgängiger öffentlicher Bekanntmachung neue Zinscoupons für anderweite sechs Jahre ausgereicht. (

Die Ausreichung erfolgt an den Präsentanten des Talons, durch dessen Rückgabe zugleich über den Empfang der neuen Serie Zins⸗ coupons nebst Talons quittirt wird, sofern nicht vorher dagegen von dem Inhaber der Obligationen beim Direktorium der Gesellschaft schrifflich Widerspruch erhoben worden ist. Im Falle eines solchen Widerspruchs erfolgt die Ausreichung einer neuen Serie Zinscoupons nebst Talon an den Inhaber der Obligation. k

5§. 4. Die Ansprüche auf Zinsvpergütung erlöschen und die Zins⸗ conpons werden ungültig und werthlos, wenn diese nicht binnen vier Fahren nach Ablauf des Jahres, in welchem sie fällig geworden, zur Zahlung präsentirt werden. .

§. 5. Die Verin sunß der Obligationen hört an dem Tage auf, an welchem ste zur Zurückzahlung fällig sind.

Wird diese in Empfang genommen, so müssen zugleich die gus- gereichten Jinscoupong, welche später als an jenem Tage verfallen, mit der fälligen Obligation eingereicht werden; geschieht dies nicht, so wird der . der fehlenden Zinscoupens von dem Kapitale ge⸗ kürzt und zur Einiösung dieser Coupons verwendet; ;

§. 5. Die Gesellschaft ist verpflichtet, zur allmählichen Amorti— sation der Sbligationen vom Jahre 1887 ab jährlich die Summe von 2,500 Thlrn. S2, 500 Reichsmark nebst den ersparten Zinsen der amortisirten Obligationen zu verwenden. ;

Der Gefellschaft bleibt jedoch das Recht vorbehalten, mit Geneh— migung Unseres Handels⸗-Ministers sowohl diesen Amortisationsfonds U verstärken und dadurch die Beendigung der allmählichen Amorti⸗ fein u beschleunigen, wie auch mit derselben Genehmigung alle im ß befindlichen Sbligationen auf einmal zu kündigen. Diese 5 Kündigung darf jedoch nicht vor dem Jahre 1880 ge—

ehen. . ; 333 . Nummern der jedes Jahr zu amortisirenden Obligationen werden durch das Loos bestimmt. Die Ausloosung muß spätestens J ersten Quartale des Jahres, worin die Zahlung zu leisten ist, er—⸗ olgen. —⸗ J ; Die Ausloosung geschieht Seitens des Direkteriumz mit Zu⸗ ziehung eines das Protokoll führenden Notars in einem 14 Tage zu⸗ vor einmal öffentlich bekannt gemachten Termine, zu welchem Jeder mann der Zutritt freisteht. . . .

Die Bekanntmachung der ausgeloosten Obligationen, sowie einer allgemeinen Kündigung der Obligationen erfolgt durch dreimalige Ein rückung in die , . Blätter (8. 11); die erste Einrückung muß mindestens drei Monate vor dem bestimmten Zahlungstermine statt

nden. —ᷣᷣ ö . Die Einlösung der ausgeloosten Obligationen ai ft am 1. Juli jeden Jahres, zuerst am J. Juli 1882. Die Einlösung der allgemein gekündigten Obligationen kann somohl am 2. Januar als am 1. Juli jeden Jahres stattfinden. Die Rückzahlung erfolgt in beiden Fällen nach dem Nennwerthe gegen Auslieferung der Obli⸗ gatlonen an deren Präsentanten. Die in Folge der Ausloosung ein⸗ elösten Obligationen werden unter Beobachtung der oben wegen der

usloosung vorgeschriebenen Form verbrannt, wogegen die Gesellschaft die in Folge der allgemeinen Kündigung ihrerseits oder der Rückfor= derung Seitens der Gläubiger (6. 9 eingelösten Obligationen wieder ausgeben darf. ;

diebe ö n, der . wird dem betreffenden Eisen˖ bahn Kᷣommiffariate alljährlich Nachweis geführt.

Beilage

S. J. Sollen angeblich verlorene oder vernichtete Obligatienen mortifizirt werden, so wird ein gerichtliches Aufgebot nach den allge= meinen gesetzlichen Bestimmungen erlassen.

Für dergestalt mortifizirte, sowie auch für zerrissene oder sonst unbrauchbar gewordene, an die Gesellschaft zurückgelieferte und gänzlich zu kassirende Obligatignen werden neue dergleichen ausgefertigt.

Zinécoupons und Talons können weder aufgeboten noch mortifizirt werden, jedoch sol demjenigen, welcher den Verlust von Zinscoupons vor Ablauf der Verjährungszeit (5. 4) bei dem Direktorium der Ge—= sellschaft anmeldet und den stattgehabten Besitz der Coupons durch Vorzeigung der betreffenden Obligatignen oder jonst in glaubhafter Weise nach dem hierüber allein entscheidenden Ermessen des Direk⸗ toriums wahrscheinlich macht, nach Ablauf der Verjährungszeit der Betrag der angemeldeten und bis dahin nicht realisirten Zintcoupons gegen Quittung ausgezahlt werden.

S. 8. Die Nummern der zur Zurückzahlung fälligen, nicht zur Einlssung vorgezeigten Obligationen werden während der nächsten drei Jahre nach dem Zahlungstermine rl einmal von dem Direkto⸗ rium der Gesellschaft, behufs der Empfangnahme der Zahlung, öffent- lich aufgerufen. Die Obligationen, welche nicht innerhalb zehn Jahren nach dem letzten öffentlichen Aufrufe zur Einlösung vorgezeigt werden, sind werthlos, und ist dies von dem Direktorium unter Angabe der werthlos gewordenen Nummern alsdann öffentlich zu erklären.

Die Gesellschaft hat wegen solcher Obligationen keinerlei Ver- pflichtungen mehr.

§. 8. Außer dem in §. 6 gedachten Falle sind die Inhaber der

Obligationen berechtigt, deren Nennwerth in folgenden Fällen von der

Gesellschaft zurückzufordern:

a. wenn fällige Zinscoupons, ungeachtet solche zur Einlösung prä- sentict worden, länger als drei Monate unberichtigt bleiben;

b. wenn der Transportbetrieb auf den zum Unternehmen der Berlin ⸗Potsdam ⸗Magdeburger Eisenbahngesellschaft gehörigen Eisen⸗ bahnen mit Dampfwagen oder mit and eren, dieselben ersetzenden Ma⸗ . durch Schuld der Gesellschaft länger als sechs Monate ganz aufhört;

E. wenn die im 5§. 6 der Gesellschaft zur Pflicht gemachte all⸗ ,, nn, und Einlösung der Obligationen nicht inne ge⸗ alten wird.

In den Fällen zu a. und b. kann das Kapital an demselben Tage, wo einer dieser Fälle eintritt, zurückgefordert werden, in dem Falle zu . ist g, eine dreimonatliche Kündigungsfrist zu beobachten.

Das Recht zur Zurückforderung dauert in dem Falle zu a. bis zur Bezahlung des betreffenden Zinscoupons, in dem Falle zu b, bis zur Wiederherstellung des unterbrochenen Transportbetriebes; das Recht der Kündigung in dem Falle zu C. dauert drei Monate vom Schlusse des Quartals ab, in welchem (efr. 5. 6) die Ausloosung spätestens hätte erfolgen sollen. Die Kündigung verliert indessen ihre rechtliche Wir- kung, wenn die Gesellschaft die nicht eingehaltene Amortisation nach⸗ holt und zu dem Ende laͤngstens drei Monate nach erfolgter Kündigung die Ausloosung und Einlösung der zu amortisirenden Prioritäts⸗Obli- gationen nachträglich bewirkt. .

. . . . Sicherung der Verzinsung und Tilgung der Schuld wird festgesetzt:

a. die vorgeschriebene Verzinsung und Tilgung der Obligationen geht der Zahlung der Zinsen und Dividenden an die Aktionäre vor.

b. Bis zur Tilgung der Obligationen darf die Gesellschaft keine zur Eisenbahn und zu den Bahnhöfen erforderlichen Grundstücke ver⸗ kaufen; dies bezieht sich jedoch nicht auf die außerhalb der Bahn und der Bahnhöfe befindlichen Grundftücke, auch nicht auf solche, welche innerhalb der Bahnhöfe etwa an den Staat oder an Gemeinden zur Errichtung von Post⸗, e n . Polizei. oder steuerlichen Ein richtungen, oder welche zu Packhöfen oder Waarenniederlagen abge⸗ treten werden möchten. Fuͤr den Fall, daß Unsere Gerichte einen Nachweis darüber erfordern sollten, ob ein Grundstück zur Eisenbahn oder zu den Bahnhöfen erforderlich sei oder nicht, genügt ein Attest des betreffenden Eisenbahn ⸗Kommissgriats. : .

C. Die Gesellschaft darf weder Prioritäts - Aktien oder Ohligationen

creiren, noch neue Darlehne aufnehmen, es sei denn, daß für die jetzt

zu k Obligationen das Vorzugsrecht ausdrücklich stipulirt werde.

d. Zur Sicherheit für das im 5§. 9 festgesetzte Rückforderungs⸗ recht ist den Inhabern der Obligationen der Berlin ⸗Potsdam-⸗Magde⸗ burger Eisendahngesellschaft das Gesellschaftsvermögen verpfändet. Die vorstehend unter b. erlassene Bestimmung soll sich jedoch auf die⸗ senigen Obligationen nicht beziehen, die, zur Räckzahlung fällig er⸗ erklart, nicht innerhalb sechs Monate nach Verfall zur Empfangnahme der Zahlung gehörig präsentirt werden. . ;

11. Alle in diesem Privilegium vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen müssen in den Deutschen Reichs⸗ und König⸗ lich Preußischen Staats ⸗Anzeiger, in eine zweite, in Berlin er scheinende und in die Magdeburger Zeitung eingerückt werden.

Sollte eines dieser Blätter eingehen, so genügt die Bekanntmachung in den beiden anderen bis zur anderweitigen, mit Genehmigung Unseres Handels⸗Ministers zu treffenden Bestimmung.

§. 12. Auf die Zahlung der Qbligationen, wie auch der Zins⸗ coupons, kann kein Arrest bei der Gesellschaft angelegt werden.

Zu Urkund dessen haben Wir das gegenwärtige Privilegium Allerhöchsteigenhändig vollzogen und unter Unserem Königlichen In⸗ siegel ausferligen laffen, ohne jedoch dadurch den Inhabern der Obli⸗ gationen in Ansehung ihrer Befriedigung eine Gewährleistung von Seiten des Staates zu geben oder Rechten Dritter zu präjudiziren.

Die gegenwärtige Urkunde ist durch das Amtsblatt der Regierung zu Potsdam auf Kosten der Gesellschaft zu veröffentlichen und von der erfolgten Veröffentlichung eine Anzeige in die Gesetz- Sammlung aufzunehmen. .

Gegeben Berlin, den 4. September 1874.

(L. 8.) Wilhelm. Camphausen. Dr. Achenbach.

464 Schema A. Prioritãts · Obligation

er Berlin. Potsdam. Mag he hur gt Eisenbahngesellschaft 1. .

über Reichsmark

Der Rendant. (Faesimile.)

cseite) . (Hier folgt ein Abdruck des Privilegiums.)

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Montag, den 28. September

1874.

ter Zinscoupon zur 2 er Denn b rh m, . Eisenbahngesellschaft. 1 66

Mark Pfennige hat Inhaber dieses vom ah in Berlin aus unserer Gesellschaftskasse zu erheben.

. Dieser Zinscoupon wird ungültig und werthlos, wenn er nicht binnen vier Jahren nuch lieg f des Jahres, in welchem er fällig ewo rden, zur Zahlung präsentirt wird.

Berlin, den... ten 1 Das Direktorium der Berlin⸗Potsdam Magdeburger Eisenbahngesellschaft. Ausgefertigt:

Talon.

Inhaber empfängt gegen diesen Talon nach Maßgabe des 8. 3 des Privilegiums vom... . te 18.5... in Berlin bei unserer Gesellschaftskasse die „» te Serie der Zinscoupons zur Prioritäts Obligation der Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Eisen⸗ bahngesellschaft.

Berlin, den... ten Das Direktorium der Berlin ⸗Pots dam⸗Magdeburger Eisenbahngesellschaft. Ausgefertigt:

zwiges Anlehen der vormals freien Stadt Frank⸗ furt a. M. von Fl. 200,099, d. d. 2. Janugr 1844.

Bei der am 22. August 2. . stattgehabten 25. Verloosung des Anlehens der vormals freien Stadt Frankfurt a. M. von Fl. 2, 000990. d. d. 2. Januar 1844, wurden nachverzeichnete Nummern zur Rück⸗ zahlung auf den 1. Dezember 1874 gezogen:

24 Obligationen zu Fl. 10009: Nr. 62 90 94 129 137 192 215 264 341 435 446 472 480 509 761 769 776 780 849 867 869 880 S582 u. 894. Fl. 24 000 133714 Thlr. 8 Sgr. 7 Pf.

24 Obligationen zu Fl. 500: Nr. 10094 1910 10921 1117 1153 1170 126 1340 1268 1275 1354 1492 1494 1503 1600 1638 1648 . . 1844 1891 1897 u. 1925. Fl. 12,000 6857 Thlr.

gr. 5.

24 Obligationen zu Fl. 300: Nr. 2023 2060 20981 2104 2161 2174 2185 2266 2274 23068 2319 2396 2508 2612 2634 2641 2790 . 9. g 2794 2868 2986 u. 2998. Fl. 7200 4114 Thlr.

Sgr. .

57 Obligationen zu Fl. 1900: Nr. 3021 3045 31091 3104 3212 3287 3339 3371 3381 3469 3608 3649 3671 3672 3673 3749 3852 3914 3930 3973 4041 4043 4044 4166 4210 4363 4364 4380 4456 4458 4475 4499 4817 4629 4648 4891 u. 4992. Fl. 3700 - 2114 Thlr. 8 Sgr. 7 Pf. ö

Im Ganzen 109 Obligationen über Fl. 46,990 26,8090 Thlr.

Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Be⸗ merken in Kenntniß gesetzt, daß sie die Kapitalbeträge, deren Verzin⸗ sung nur bis zum Rückzahlungstermine stattfindet, bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt g. M, bei der Königlichen Staatsschulden⸗ tilgungskasse in Berlin, bei jeder Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse! sowie bei den Königlichen Bezirks ⸗Hauptkassen in Hannover, Lũne⸗ burg und Osnabrück gegen Rückgabe der Obligationen und der dazu gehörigen nach dem J. Dezember 1874 fälligen Zinscoupons Ser. J. Nr. 2 8 nebst Talon erheben können. :

Der Geldbetrag der etwa fehlenden unentgeltlich abzuliefernden Zinschupons wird von dem zu zahlenden Nominalbetrage der Obliga⸗ tionen zurückbehalten. ; .

Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen nicht, bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., noch bei der Königlichen Regierungs- Hauptkaffe hier, sondern bei einer der andern Kassen be= wirkt werden, so sind die betreffenden Obligationen nebst Coupons und Talons durch diese Kasse vor der Auszahlung an den Unterzeich⸗ neten zur Prüfung einzusenden, weshalb diese Schuldverschreibungen einige Zeit vor dem Rückzahlunggtermine eingereicht werden können.

Restanten: Aus der 19. Verloosung:; Obligationen 3 J. 300 Nr. 2321, 3 FI. 100 Nr. 4645. Aus der 20. Verloosung; Obliga⸗ fionen n Fl. 380 Nr. 194, à Fl. 100 Nr. 3585 4284 u. 4594. Aus der 21. Verloofung: Obligationen à Fl. 509 Nr. 1745 u. 1898,

Fl. 500 Rr. Alis, * Fi. 100 Nr. 2123 320 u. 4142. Aus der 27 Verloofung: Obligatlonen à Fl. 1000 Nr. 778. Fl. 500 Nr. 1514, Fl. 355 Nr. 2197 2317 3426 u. 2606, Fl. 100 Nr. 3573 4143 u. 4545. Aus der 23. Verloosung: Obligationen à Fl. 10900 Nr. 679, à Fl. 500 Rr. 1413, 3 Fl. 160 Nr. 3684 3486 3684 3836 1667 4542 u. 4775. Aus der 24. Verloosung: Obligationen à 32 505 Nr. I0l5 u. 1283, à Fl. 300 Nr. 2M26 u. 2705, à Fl. 190 Nr. 3135 3251 3501 4235 4559 4660 u. 4829.

Wiesbaden, den 2. August 1874.

9 Der Regierungs⸗Präsident. v. .

42. *

Die Vereinigten Staaten von Columbäen.

Das Statistische National ⸗Amt der Vereinigten Staaten von Columbien zu Bogotäé hat auf Anregung der Pollziehenden Gewalt damit begonnen, authentische Nachrichten über die polilische Lage des Landes, ss wie über dessen wirthschaftliche Bewegung in englischer, französischer und deutscher Sprache zu publiziren.

Nach dem ersten dieser in Mongtsabschnitten einander folgenden Berichte im „Diario Oficial Nr. 3221 vom 27. Juli e,“ bestehen die Vereinigten Staaten von Columbien aus dem Gebiete; welches die fruͤhere Republik Reu - Granada bildete; aus dem mittleren Theile dez alten, von Bolivar befreiten und begründeten Columbien, zu dem Venezuela, Neu-⸗Granada und Ecuador gehörten. ;

hr Gebiet dehnt fich von der Panamqg, Landenge, einem der neun Staaten der Union, an der Atlantischen Küste bis . Goa sira · Halb- insel ug; nach Süden, an der Küste des Stillen Mezres, geht es bis zu 2 Ge 5e südlicher Breite und von diesen beiden Punkten aus bis zu der Üfern des großen Orinoco, welcher die Grenzen gegen Vene⸗ zuel a bildet, und bis 21 . welcher das Land vom

maiserreich Brasilien scheidet, ö . .

. 3 . . alt des Gebiets vom jetzigen Columbien auf 55, 0h Quadratmeilen berechnet, indem man dabei 60 geogr. phische Meilen bei den Breiten Graden auf den Meridian annahm und die Längen Grade nach den , . Parallelen gemäß der 36 nation. Tabelle von La Croix berechnete, wonach 330, 956 Quadrat · meilen nördlich, 124244 sudlich von Aeqhator liegen, z

Die allgemeine topographische Gestaltung des Landes ergiebt ich aus ben drei großen Gehirgeketten, in welche die Anden. Cordillere beim Eintritt in unser Gebiet sich trennt, dag sie in seiner Janzen Länge vom Süden zum Norden durchzieht. Jwischen die sn drei Ge. birgäketten liegen die drei hreiten, gh und 2 Thãler, durch welche die fi . Atrato, CGaucz und Mazbaleng laufen: alle drei für Dampfschiffe befahrhar.