1874 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Oct 1874 18:00:01 GMT) scan diff

mit blinden Scheiben nach dem Bodenraum zu unter dem großen Glasdache liegen. Kleine Nebenrãume für Kommissionszimmer ꝛc. sind noch in dieser Etage gewonnen worden, welche zeigen, wie sehr man bestrebt gewesen, Alles auszunutzen. Was die sonstigen Verbesserungen betrifft, die theils dekorativer, theils praktischer Art sind, so ist in erster Linie zu er⸗ wähnen, daß der Bundesrathssaal gründlich renovirt und mit Wasserheizung versehen wurde. Im Sitzungssaale sind die bisherigen Gipsornaniente durch solche aus Steinpappe er⸗ setzt; an Stelle der feuergefährlichen Füllöfen sind Kachelöfen aufgestellt, nur der große Saal in der zweiten Etage und die darunter liegenden Bibliothekräume haben Luftheizung erhalten.

Nachdem gestern Vormittag die Unterzeichnung des Post⸗Unionsvertrages erfolgt war, fand heute Nachmittag noch eine Schlußsitzung des internationalen Postkongresses in Bern statt, in welcher der schweizerische Bundesrath Borel die hohe Bedeutung des vollendeten Werkes hervorhob und allen Kongreßmitgliedern für ihre bei den Berathungen bewiesene Ausdauer dankte. Nach ihm nahmen noch der englische, der amerikanische und der spanische Delegirte, sowie der General⸗ Postdirektor Dr. Stephan zu kurzen Erwiderungen das Wort,.

. Die Erklärung des ee en Delegirten Besnier, welcher zufolge auch die demnächstige Beistimmung Frankreichs zu dem Unionsvertrag zu erwarten steht, lautet nach der N. Zürch. 3.“

„In der Sitzung vom 30. September drückte der Kongreß einstimmig auf eine Motion von Hrn. Vinchent den Wunsch aus, ich möchte bei meiner Regierung um neue Instruktionen einkommen, damit ich unter besonderen Vorbehalten die Ermäch⸗ tigung erhalte, den allgemeinen . mit unterzeichnen zu können. Diesem Wunsche bin ich nachgekommen, und es erklärt meine Regierung, daß sie, bei voller Würdigung der sympathi⸗ schen Motion des ehrenwerthen belgischen Delegirten und des hierauf erfolgten einstimmigen Wunsches des Kongresses, heute mit Rücksicht auf die Lage der Dinge trotzdem noch nicht im Falle sei, den Vertrag mit unterzeichnen zu können, da sie sich in die Nothwendigkeit versetzt sehe, den Vertrag und die durch die Resolutionen erhobenen Fragen der Nationalversammlung, welche der Souverän ist, zu unterbreiten. Indessen hat mich meine Regierung ermächtigt, Ihnen folgende Erklärung abzugeben:

„Die französische Regierung anerkennt gerne die liberalen Gefühle, welche den Kongreß bei den meisten der von ihm angestrebten Re⸗ formen beseelte. Es glaubt auch die Regierung, dieser Stimmung am besten dadurch Ausdruck gegeben zu haben, daß ste den vom Kongresse gefaßten Beschluß, den nächsten Kongreß in Paris zu versammeln, angenommen hat, und sie hofft, daß sie bald im Falle sein werde, sich den Mächten, welche ihre Zustimmung zum Vertrage gegeben haben, inniger anschließen zu können.“

Der 5§. 17 des Gesetzes vom 21. Mai 1861 bestimmt in Bezug auf das Strafverfahren wegen unterlassener An⸗ meldung zur Gebäudesteuer: „Die Untersuchung und Entscheidung steht dem Gerichte zu, wenn nicht Derjenige, wel⸗ cher der Verletzung beschuldigt wird, binnen einer von dem Landrathe, bez. von dem Gemeindevorstande zu bestimmenden Frist den ihm bekannt gemachten Strafbetrag freiwillig zahlt.“ In Beziehung auf diesen Paragraphen fällte der Ober⸗Tri⸗ bunals-⸗Senat für Strafsachen in seiner Sitzung vom 16. September er. die Entscheidung, daß das in der angeführten Bestimmung angeordnete Submissionsverfahren, welches dem gerichtlichen Verfahren voranzugehen hat, gegen die⸗ selbe Person zu richten sei, gegen welche sodann die gericht⸗ liche Verfolgung gerichtet wird und es nicht genügt wenn diese Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder des Vor⸗ standes einer Korporation die Anmeldung zur Gebäude steuer unterlassen daß die Submissionsverfügung an die Behörde, resp. Korporation erlassen worden. In der Stadt S. wurde im

Jahre 1864 eine städtische Gasanstalt erbaut, welche nach der Ansicht der Steuerbehörde der Grundsteuer unterliegt. Da die vorgefchriebene Anzeige nicht erfolgt war, so wurde im Jahre 1872 vom Königlichen Landrathsamte in S. die in der oben an⸗ geführten Bestimmung vorgeschriebene Submissions verfügung an den Maggistrat daselbst erlassen, worauf jedoch Zahlung nicht erfolgte und aus diesem Grunde die strafrechtliche Unter⸗ suchung gegen den Bürgermeister N. und die übrigen Mitglieder des Magistrats eingeleitet wurde. In erster Instanz wurde aus⸗ schließlich Bürgermeister N. und in zweiter Instanz zugleich mit ihm der Beigeordnete J. wegen Gebäudesteuer⸗Vergehens verurtheilt. Auf die von beiden Angeklagten eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde vernichtete jedoch das Ober⸗Tribungl das Erkenntniß der zweiten Instanz und erklärte das gerichtliche Strafverfahren zur Zeit für unstatthaft. „Die Submissions⸗ verfügung ist, wie das Ober⸗Tribunalserkenntniß ausführt, an den Magistrat zu S. als Vertreter der Stadtgemeinde erlassen und behändigt worden, die Strafverfolgung hingegen ist nicht gegen den Magistrat oder die Stadtgemeinde, sondern gegen ein⸗ zelne Mitglieder des Magistrats gerichtet worden. Es kann nicht anerkannt werden, daß hierdurch, wie der Appellationsrichter meint, dem Zwecke des §. 17 des Gesetzes vom 21. Mai 1861 genügt sei. Der Zweck der Bestimmung ist: die Möglichkeit der Abwen⸗ dung des Strafverfahrens durch die freie Unterwerfung des Beschul⸗ digten. Diese freie Unterwerfung auf Grund eigner Entschließung kann nicht herbeigeführt werden durch die an ein Magistratskollegium gerichtete Aufforderung, in welcher dieses Kollegium selbst oder die von ihm vertretene Gemeinde, nicht aber die einzelnen Mit⸗ glieder des Kollegiums als Beschuldigte erscheinen. . Die Nicht⸗ zahlung des geforderten Betrages durch den zur Zahlung aufgeforderten Magistrat konstatirt nur daß die Kommune die Zahlung verweigert, nicht daß dies Seitens der einzelnen Magistratsmitglieder geschieht, vielmehr kann der Fall eintreten, daß der Magistrat die Nichtzahlung gerade aus dem Grunde beschließt, weil er nicht die Stadtgemeinde, sondern einzelne Mitglieder seines Kol⸗ leglums für zahlungspflichtig erachtet.“

Die Sektion 168 Berlin der topographischen Karte des preußischen Staates in 1: 190,900; Kupfer⸗ stich mit illuminirten Kreisgrenzen und Gewässern, welche mit den bereits früher erschienenen Blättern Spandow, Potsdam und Köpenick eine zusammenhängende neue Karte über die Umgegend von Berlin, nach den in den Jahren 1867 bis 1874 ausgeführ⸗ ten Aufnahmen des Generalstabes bearbeitet, bildet, ist soeben erschienen. Die genannten vier Kartenblätter umfassen einen Fläͤchenraum von p. p. 68 Quadratmeilen. Die Sektion Berlin ist durch die Simon Schroppsche Hof⸗Landkartenhandlung in Ber⸗ lin zu beziehen. Auch die Sektionen der topographischen Karte vom preußischen Staate in 1: 100 000 Nr. 151 Oranien⸗ burg und i5? Neustadt⸗Eberswalde im südlichen Theile, sowie die Sektionen Nr. 200 Luckenwalde und 29 Baruth im nördlichen Theile sind auf Grund der neuen Aufnahme um⸗ gearbeitet worden und in dieser neuen Bearbeitung ebenfalls durch die Simon Schroppsche Hof⸗Landkartenhandlung zu be⸗

Der Königlich großbritannische Botschafter, Lord Odo Russell, ist mit feiner Familie hier wieder eingetroffen.

Der Kaiserlich türlische Botschafter Aristarchi Ben ist von seinem Urlaube zurückgekehrt und hat seine Funktionen wieder übernommen.

. Königlich sächsische Gesandte und Bundesbevoll⸗ mächtigte von No stitz⸗ Wallwitz ist am 8. d. M. von seinem Urlaube hier wieder eingetroffen.

Der General⸗Major und Commandeur der 1. Fuß⸗ Artillerie⸗Brigade Weigelt hat sich zur Besichtigung der Artillerie⸗ Depots und der Festungen im Bereiche der genannten Brigade auf Dienstreisen begeben.

Der bisherige Spezial⸗Kommissarius in Lippstadt, Re⸗ gierungs⸗Assessor Sterneberg, ist als Hülfsarbeiter in das Rolleglum der General⸗Kommission zu Münster eingetreten.

Potsdam, 9. Oktober. Der Ober ⸗Regierungs ˖ Rath Braun ist in das hiesige Regierungs⸗Kollegium eingeführt worden und hat seine Dlenstgeschäfte als Dirigent der Abthei⸗ lung für Kirchen⸗ und Schulwesen übernommen.

Cöln, 9. Oktober. W. T. B) Erzbischof Melchers ist heute Mittag 1 Uhr aus der Haft entlassen worden, nachdem er 6 Monate 9 Tage der ihm zuerkannten Gefängnißstrafe verbüßt hat, der Rest der gegen ihn erkannten Strafen aber theils durch den Erlös aus dem ihm abgepfändeten Mobiliar, theils durch die innebehaltenen Raten des für ihn fällig gewordenen Gehalts als getilgt zu betrachten ist. ö

Neuwied, 2. Oktober. Die Beschlüsse der XV. rhei⸗ ni schen Provinzial⸗Synode, betreffend die Stellung der rheinischen Provinzialtirche zu der bevorstehenden außer⸗ . General⸗Synode, lauten nach der „Köln. Ztg.“ wie folgt:

. I) Die Provinzial⸗Synode erkennt mit dankbarer Freude an, daß ihre oft vorgetragenen dringenden Wünsche hinsichtlich der Organisation der evangelischen Landeskirche nunmehr durch den Allerhöchsten Erlaß vom 19. September 1873 , betreffend die Einführung der Kirchengemeinden und Synodal-Ordnung für die sechs östlichen, sowie die Berufung einer außerordentlichen General ⸗Synode für die acht älteren Provinzen, ihrer Erfüllung entgegengeführt worden sind, und drückt noch besonders ihre hohe Befriedigung darüber aus, daß die genannten Ordnungen auf dem in der rheinisch⸗westfälischen Kirche altbewährten presbyterial⸗ synodalen Prinzip beruhen.

2) Indem sie in die Mitarbeit an der Reorganisation der Landes⸗ kirche durch Entsendung der ihr zugestandenen Anzahl von Deputirten freudig eintritt, bittet sie ein Hohes Kirchenregiment ehrerbietigst, in dem über die definitive Ordnung der General-⸗Synede vorzulegenden Entwurf das presbyterlal synodale Prinzip der Gleichberechtigung der Provinzial⸗Synoden zur Geltung kommen zu lassen, nur mit einer billigen Berücksichtigung der größeren Provinzialkirchen, wie sie der den größeren Gemeinden resp. Kreis⸗Synoden in den betreffenden Ordnun⸗ gen für die östlichen Provinzen gewährten Bevorzugung entspricht.

3) Die Provinzial-⸗Synode erwartet, daß durch die eingeleitete Reorganisation der Landeskirche die Selbständigkeit derselben gegen⸗ über dem Staate zu der innerhalb der verfassungsmäßigen Grenzen möglichen Ausprägung gelange.

4 Sie hofft, daß es unter Gottes Beistand gelingen werde, eine zum Heile der Kirche gereichende Grenzbestimmung zwischen der Kom⸗ petenz der General⸗Synode und derjenigen der Provinzial⸗Synoden zu treffen. Sie ist gern bereit, alle zur Herstellung einer kraftvollen Einheit der Landeskirche erforderlichen Opfer zu bringen, hält aber die Wahrung einer damit wohl verträglichen provinziellen Selbständigkeit, namentlich, in Bekenntniß, Kultus und Verfassung, für nothwendig.

5) Sie beschickt die au erordentliche General⸗Synode nicht unter Rechtsverwahrungen oder Bedingungen, jedoch in der bestimmten Voraussetzung, daß die in rechtlicher Geltung stehende rheinisch⸗ westfälische Kirchenordnung nicht einseitig von der General. Synode, sondern nur unter Zustimmung der Provinzial-Synode ahgeändert werden darf. Auch betrachtet sie es im Hinblick auf die Bestimmung des §. 65. 3 der Kirchengemeinde und Synodalordnung für die sechs östlichen Provinzen als selbstverständlich, daß das der rheinisch west⸗ fälischen Kirche in ihrer Kirchenordnung bereits zugestandene Recht, daß neue Katechismen, Religionslehrbücher und Gesangbücher ohne Zustimmung der Provinzial-⸗Synode nicht eingeführt werden dürfen, ihr auch bezüglich der Einführung neuer agendarischer No ̃ũmen, wie durch das hohe Kirchenregiment faktisch bereits zugestanden, auch recht⸗ lich zugesprochen wird.

6) Sie beschließt, eine Revision unserer Kirchenordnung mit be⸗ sonderer Rücksicht auf die für die östlichen Provinzen erlassenen Ord⸗ nungen und auf die demnächst zu erwartende definitive Ordnung einer General⸗Synode vorzunehmen, mit dieser Arbeit eine Kommission, be⸗ stehend aus dem Modergmen und drei anderen Mitgliedern, zu beauf⸗ tragen und nach eingeholtem Gutachten der Kreis⸗Synoden in nächster Provinzial⸗Synode darüber zu beschließen.

Bayern. München, 8. Oktober. Der zum Attachs bei der hiesigen Königlich preußischen Gesandtschaft berufene Graf Herbert v. Bismarck ist, wie die Allg. Ztg.“ meldet, gestern hier eingetroffen und hat seinen Posten bereits ange⸗ treten. Der württembergische Gesandte Frhr. v. Baur⸗ Breitenfeld ist von Wien hier angekommen.

Der protestantische Pfarrer Rodde hat sich heute nach Hohenschwangau begeben.

= Das Nürnberger Hülfs⸗Comité für die Abgebrannten in Meiningen hat weitere 3000 Fl. nach Meiningen abge⸗ sandt. Die von dort abgegangenen Gaben überschreiten bereits den Betrag von 7500 Fl.

Sachsen. Dres den, 9. Oktober. Der feierliche Schluß des Landtags wird durch den König morgen (Sonnabend) Mittags 1 Uhr in den Paradesälen des Königlichen Schlosses erfolgen. Nachmittags wird sodann im Königlichen Schlosse große Tafel stattfinden, zu welcher die Direktorien und sämmt⸗ liche Mitglieder der beiden Kammern geladen sind. Dem feier⸗ lichen Schlusse des Landtags wird morgen Vormittags ein Got⸗ . in der evangelischen Hofkirche vorausgehen, bei welchem Hr. Ober⸗Hofprediger Dr. Kohlschütter die Predigt hält.

In der Mittagssitzung der Zweiten Kam⸗ mer richtete vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. Dr. Biedermann die Frage an das Direktorium, ob demselben über den Termin des Landtagsschlusses etwas hekannt geworden sei, und deutete an, daß eine Verlänge⸗ rung des Landtags um einige Tage zur Erledigung der noch vorliegenden Petitionen und Beschwerden sehr wünschenswerth sein würde. Der den Vorsitz führende Vize⸗ präsident Streit erwiderte, daß dem Direktorium als solchem bis jetzt keine offizielle Nachricht über den Landtagsschluß zugegangen sei. Staats⸗Minister v. Nostitz⸗Wallwitz erklaͤrte, die Regierung halte es für wünschenswerth, daß der Landtag nicht länger, als unbedingt nöthig, dauere, und hoffe sich in dieser Beziehung mit den Wuͤnschen des Abg. Dr. Biedermann und des Landtags zu begegnen. Was die räckständigen Beschwerden und Petitionen anlange, so hätte er es seinerseits ,. auch für wün⸗

ziehen.

dieser Petitionen und Beschwerden nicht möglich sei, ohne den Landtag um 8 bis 14 Tage zu verlängern, so habe die Regie⸗ rung geglaubt, daß das Interesse, den Landtag möglichst abzu⸗ kürzen, doch ein größeres sei, und halte daher dafuͤr, daß der Landtag, sobald die Geschäfte es irgend erlaubten, geschlossen werden möchte. Er hoffe, daß dies schon morgen der Fall sein könne. In die Tagesordnung eingetreten, genehmigte die Kammer in der Schlußberathung den vom Präsidenten vorgelegten Entwurf einer Geschäftsordnung nach den wenig modifizirten Beschlüssen der Vorberathung und berieth sodann über Petitionen und Beschwerden. Hierauf gelangte ein eben eingegangenes Königliches Dekret zur Vorlesung, welches den Schluß des Landtags auf den 9. Okto⸗ ber 1874 und die feierliche Verabschiedung der Stände auf den 10. Oktober 1874 festsetzt. Schließlich erstattete die zweite Depu⸗ tation mündlichen Bericht über einige eingegangene Eisenbahn⸗ petitionen, welche, den Deputationsanträgen gemäß, theils als unzulässig verworfen, theils der Königlichen Staatsregierung zur Kenntnißnahme überwiefen wurden. Außerdem wurde auf An⸗ trag der Deputation und nach einigen befürwortenden Bemerkun⸗ gen der Abgeordneten Starke (Mittweida) und Querner die Staatsregierung zur Konzessionirung von zwei normalspurigen Sekundär⸗Eisenbahnen Wilkau⸗Kirchberg und Gaschwitz⸗Plagwitz⸗ Lindenau ermächtigt.

Heute Abend werden in beiden Kammern die Schlußfitzun⸗ gen stattfinden.

(W. T. B.) Das neue Steuergesetz ist zwischen beiden Kammern des Landtages heute nach den von der zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen vereinbart, worden. Ebenso haben beide Kammern ihre Zustimmung dazu ertheilt, daß die neue Bezirks ordnung trotz des von dem Grafen von Schönburg dagegen erhobenen Protestes von der Regierung in ö. Gräflich Schönburgischen Besitzungen eingeführt werde.

Bei der Königlich sächsischen Landes⸗Lotterie werden in Folge der mit dem 1. Januar nächsten Jahres in Gültigkeit tretenden Reichswährung mehrfache Aenderungen vor⸗ gehen. Nach dem diesfallsigen Plane bleibt die Anzahl der Loose von 100000 unverändert, ebenso das bisherige Verhält⸗ niß der Gewinne, nämlich die Hälfte. Hinsichtlich des Preises tritt eine Erhöhung ein; das ganze Loos kostet in hevorstehender 87. Landes⸗Lolterie durch alle fuͤnf Klassen 156 Mk. und sind auch dem entsprechend die Gewinne erhöht worden. Die Ge⸗ sammt⸗Bilanz beziffert sich in Einnahme und Ausgabe für die ganze Lotterie auf 14, 598, 000 Mk.

Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin k sind heute Mittag nach Weimar ab⸗ gereist.

Hessen. Darm stadt, 8. Oktober. Von Seiten des Großherzoglichen Ministeriums der Finanzen ist heute an die Stände des Großherzogthums und zunächst an die Zweite Kammer die Propofition gerichtet worden, „die Zustimmung dazu zu ertheilen, daß die Gehalte der diesseitigen Beamten und Bediensteten bei der Main⸗Neckar⸗Eisenbahn für das Jahr 1874 und eventuell für das Jahr 1875 nach denselben Normen auf⸗ gebessert werden, wie dies bei den sonstigen Gehalten im Civil⸗ dienst geschehen ist, also dergestalt, daß für alle Gehalte ein Sechstheil als Zulage bewilligt wird.“

g. Oktober. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat in ihrer heutigen Sitzung beschlossen, die Mittel zum Bau des neuen Hoftheaters nach dem früheren Plane nebst den für erforderlich erachteten Verbesserungen zu bewilligen, zugleich aber ausgesprochen, daß damit der Rechtsfrage wegen Bestreitung der Baukosten nicht vorgegriffen werden solle.

Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 8. Oktober. Die Landessynode ist durch die Berathung eines allgemeinen Berichtes über die Lage der Kirche, den der Großherzogliche Kirchenrath ihr erstattet hat, in den Stand gesetzt worden, Fra⸗ gen allgemeiner Art, über welche Vorlagen nicht in Aussicht standen, in den Kreis ihrer Berathungen zu ziehen. Namentlich gilt dies von der Stellung, welche den Geistlichen durch das neue Volksschulgesetz angewiesen wird. Dasselbe entzieht ihnen das bisher geüble Recht der Ortsschulaufsicht. In Folge dessen ward in der Synode die Frage an die Kirchenregierung gerichtet, ob nun auch die Pflicht zur Uebernahme der Ortsschulaufsicht hin⸗ fällig geworden sei, oder ob die Geistlichen dazu gezwungen wer⸗ den könnten. Die Antwort vom Regierungstische ging dahin, daß ein Beschluß hierüber nicht gefaßt worden sei, weil die Kir= chenregierung überzeugt sei, daß die Geistlichen sich nicht von einer Empfindlichkeit, sondern von der Erwägung ihrer Pflicht im Dienste der Kirche leiten lassen würden; kaͤmen Weigerungen vor, so würde dann darüber Beschluß zu fassen sein. Andere Anfragen Seitens einzelner Mitglieder der Synode und vollstän⸗ dig formulirte Anträge betrafen das Aufsichtsrecht der Kirche über den Religionsunterricht in der Volksschule und die Stellung der Geistlichen im Schul vorstande. In ersterer Beziehung ward vom Regierungstische die Zusicherung gegeben, daß der Kirche die bisherige Einwirkung auf den Religionsunterricht erhalten bleiben solle, da dieser die nächste Wahrnehmung dieser Inter⸗ essen zustehe, wenn auch die oberste einheitliche Aufsicht über die Schule allein dem Staate zustände. Die Stellung der Geist⸗ lichen im Schulvorstande werde bei der Ausführungs⸗ verordnung zum Volksschulgesetze nachdrücklich gewahrt werden. Andere Anträge bezogen sich auf die Errichtung von Diöcesansynoden, die gemeinsame Feier des Bußtags im Deutschen Reiche und die strengere Handhabung der auf die Sonntagsheiligung gerichteten Verordnungen. Ein Antrag auf Bestellung einer gemeinschaftlichen theologischen Prüfungskom⸗ mission in Jena brachte eine schon in früherer Zeit angeregte Frage auf die Tagesordnung, die Frage der Vereinigung der Kirche in den thüringischen Landen, die allerdings die Voraus⸗ setzung für die erfolgreiche Wirksamkeit einer solchen Kommission ift. Seitens der Vertreter der Kirchenregierung war dem An⸗ trage die ernsteste Erwägung zugesichert und die Möglich eit angedeutet, daß die Synoden, die jetzt wie in Weimar so auch in den anderen thüringischen Staaten in das Leben treten, eine solche Vereinignng am besten vermitteln würden.

Oldenburg. Oldenburg, 8. Oktober. Herzog Elim ar, Commandeur des 1. Hannoverschen Ulanen⸗Regiments Nr. 13, ist, wie man der „Wes. Ztg.“ schreibt, am Gelenkrheumatis mus erkrankt und wird zur Heilung eine längere Kur durchmachen. Gestern feierte der Stadtdirektor Wöbken sein 50 jähriges Dienstjubilãum. .

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 8. Oktober. Eine im gestrigen Regierungsblatte erschienene Verordnung be⸗ stimmt zur Ausführung des §. 28 der Gewerbe⸗Ordnung, daß bei Errichtung von durch Wind bewegten Triebwerken die

schenswerth gehalten, daß gewisse Dinge noch im Schooße der Rammer zur Sprache gelangt waren, allein da eine Erledigung

Entfernung von benachbarten fremden Grundstü cken mindestens 50 Meter, von Haupt⸗ und Kommunalstraßen mindestens 150

erden,

tungen der Reblaus.

Reter und von sonstigen Fahr⸗ und Planwegen mindestens 100

ter in der Regel betragen muß. Dispensationen hiervon sann in bestimmten Fällen das Herzogliche Staats ⸗Ministerium resp. das Herzogliche Landrathsamt ertheilen.

Reuß. Greiz, 8. Oktober. Der Fürst und die Fürstin fnd heute von Bückeburg hierher zurückgekehrt.

An die Stelle des in den Königlich sächsischen Staats⸗ dienst wieder zurückgetretenen Regierungs- und Konsistorial⸗ Prãsidenten Meusel ist der Königlich preußische ne , .

aber zu Düsseldorf berufen worden und wird derselbe, dem Vernehmen nach, sein Amt alsbald antreten. ;

Gera, 8. Oltober. Der Erbprinz ist am 3. d. M. mit einem Hofmeister Dr. Kühn nach Leipzig abgereist, um dort am iolai⸗ Gymnastum die weitere Ausbildung zu empfangen. heinrich WöVlII., Erbprinz Reuß j. C., ist geboren am 10. No⸗ bember 1858 .

Lübeck, J. Oktober. In heutiger Sitzung des Bürger⸗ Ausschusses wurde demselben vom Senate der längst er⸗ wartete Antrag auf Korrektion des Trave⸗Fahrwassers vorgelegt. Nach demselben soll die stärkste Krümmung durch enen Durchstich abgeschnitten und dadurch eine Insel hergestellt auf welcher das Petroleumlager, der Theerhof, Schiffs⸗ werfte, Holz- und andere Läger Platz finden würden. Der Durchstich wäre der Schiffahrt vorbehalten, der die anderen Sei zen der Insel bildende jetzige Lauf der Trave würde zu Lade⸗ und Löschplätzen für Schiffe eingerichtet. Die Fahrt von Trave⸗ münde bis Lübeck wird durch einen solchen Durchstich allerdings nur um etwa fünfzehn Minuten abgekürzt; allein durch die Beseitigung der Krümmungen wird auch der Uebelstand wegfallen, daß die langen Dampfschiffe so leicht auf⸗ laufen, wie dies jetzt der Fall ist, und neben dem eigenen Zeitverlust auch noch das Fahrwasser sperren. Da die Insel in einiger Entfernung von der Stadt (bei Schwartau) liegt, wird die Verbindung durch eine von der Eutin-Lübecker Bahn abzweigende eventuell bis Travemünde zu verlängernde Zisenbahn hergestellt. Die Kosten werden auf etwa 2 Millionen R. Mark veranschlagt. Der Bürgerausschuß hat seine gutachtliche Erklätrung über diefen Antrag auf seine nächste Sitzung ausgesetzt, wird ihn aber ohne Zweifel unverändert der Buͤrgerschaft zur Annahme empfehlen. Dasselbe hat er schon heute mit dem Senats⸗Antrage auf Aufhebung der städtischen Aceise ge⸗ than (dieselbe soll, mit dem Beginn des nächsten Jahres weg⸗ fallen, dagegen einen aus seiner Mitte gestellten Antrag auf Wegfall des Zuschlages zur Braumalzsteuer aus finanziellen Fründen mit Stimmengleichheit abgelehnt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 8. Oktober. Der Kaiser und die Kaiserin sind heute Vormittags von Schönbrunn nach Gödölls abgereist.

Die K K. Eskadre unter der Flagge des Contre⸗ Admirals Baron Sterneck, bestehend aus dem Kasemattschiff Kaiser“, der Fregatte „Radetzky!, der Korvette „Dandolo“ und bem Schooner „Möve“, ist am 3. d. M., von Calamata kom⸗ mend, im Hafen von Lissa eingelaufen. . ;

Linz, 8. Oktober. Der Gesetzentwurf über die Abänderung der Paragraphe 12 und 14 der Landeswahlordnung erhielt im Landtage nicht die erforderliche Zweidrittel⸗Majorität; die Rechte stimmte dagegen. ;

Graz, 8. Oltober. Im Landtage begründete Sei del seinen Antrag, die Regierung aufzufordern, einen Gesetzentwurf zum Schutze der Weinproduktion einzubringen und die Kunst⸗ Weinfabrikation scharf zu überwachen. Baron Washington be⸗ gründete seinen Antrag auf Einleitung umfassender Vorkehrun⸗ gen zum Schutze der heimischen Weingärten gegen die Verhee⸗

In der gestrigen Abendfitzung des betreffend die Eintreibung

Trie st, 8. Oktober. Landtags wurde der Gesetzentwurf, h . von Verzugszinsen für Gemeindezuschläge, genehmigt und ein Memorandum an das Ministerium beschlossen, in welchem die baldige Vorlage eines Seegesetzbuch⸗Entwurfes urgirt und er⸗ sucht wird, internationale Vorkehrungen gegen Seeunglücke zu treffen. Sodann wurde die Debatte über §. 7 des Gesetzent⸗ wurfes, betreffend die theilmeise Abänderung des städtischen Sta⸗ tutes, fortgesetzt. Nach lebhafter Debatte, in welcher 6 Redner gegen und 3 für den Entwurf sprachen, wurde 5. J im Sinne des Entwurfes mit 30 gegen 12 Stimmen angenommen. Hier⸗ auf verließen die Abgeordneten des Territoriums den Saal.

Prag, 8. Oktober. Kaiser Ferdinand ist heute Nach⸗ mittag hier eingetroffen. K

Brünn, S8. Oktober. Kusy interpellirte im Landtage den Statthalter, ob ihm die in einzelnen Bezirken vorgekommene Beschlagnahme von zur Unterschrift kursirenden Petitionen an den Landtag bekannt sei, und was er zum Schutze des durch die Grundgesetze garantirten Petitionsrechtes zu veranlassen gedenke. Der 2 n. antwortete, die Konfiskation habe eine Druck⸗ schrift betroffen, durch welche der Landtag um Unterstützung einer politischen Aktion auf Grund der Anerkennung des durch das Königliche Reskript vom 12. September 1871 gewährleisteten Rechtes der böhmischen Krone gebeten wurde. Nachdem nach dem Preßgesetze die Vertheilung von Druckschriften außer den hierzu bestlnimten Lokalitäten verboten ist, waren die politischen Behörden zum Einschreiten verpflichtet. Die aus Bruͤnn stam⸗ menden konfiszirten Druckschriften wurden dem Staatsanwalt zur weiteren Amtshandlung übergeben. Nach entsprechender Aufklaͤrung wurde von vielen der mit Vertheilung und Samm⸗ lung der Ünterschriften betrauten Personen die Druclschrift frei⸗ willig im Amte deponirt und der Behörde für ihr Einschreiten mit dem Beifügen gedankt, es sei wünschenswerth, daß endlich dem agitatorischen Treisen Einzelner Einhalt gethan werde.

Lemberg, 8. Oktober. Die Regierung legte dem Land⸗ tage einen Gesetzentwurf vor über Ablssung und Regelung des Propinationsrechtes. Auf Antrag der Verwaltungs⸗Kommission ward die Reorganisation der Landesheilanstalten bis zur nächsten Session vertagt. ; .

Am 3. d. M. um 3 Uhr Nachmittags brach in dem Städtchen Gorliee eine Feuersbrunst aus. Gegen 300 Hãuser wurden ein Raub der Flammen, darunter die Bezirks⸗Haupt⸗ mannschaft, das Bezirksgericht sammt der Registratur und allen Akten, die Kirche, das Kathhaus, das Post= und Telegraphen⸗ gebäude. Gereitet wurden das Steueramt und dessen Kassen, die in einem gewölbten Raume untergebracht waren. Sechs Menschenleben gingen bei dem Brande zu Grunde. ö

Pest, 8. Oktober. Die „Pester Korrespondenz erklärt alle Gerüchte über Differenzen zwischen Mitgliedern des Ka⸗ binets für grundlos. Ueber die zahlreichen Vorlagen auf allen Gebieten, die gegenwärtig den Ministerrath passiren, seien

von Lausanne folgende Rede:

Schweiz. Bern, 5. Oltober. Die Eröffnung der auf heute einberufenen Bundes versammlung fand, wie üblich, Vormittags 10 Uhr statt. Da der Präsident des Na⸗ tionalrathes, Fehr⸗ Herzog, durch Krankheit von der Theilnahme an den Sitzungen abgehalten ist, nahm hier der Vize⸗Prãäsident, Ruchonnet von Lausanne, den Präfidentenstuhl ein. Der elbe eröffnete die Verhandlungen ohne Ansprache an die Versamm⸗ lung; im Ständerath dagegen hielt der Präsident Köchlin

„Meine Herren! Die schweizerische Bundes versammlung ist auf heute zusammenberufen werden und zwar, wie es in der betreffenden Einlakung heißt, hauptsächlich zur Behandlung der Militärorgani⸗ sation. Meine Herren! Die zweckmäßige und ausreichende Entwicke lung des vaterländischen Wehrwesens, die Ausstattung des Bundes mit den zu diesem Zwecke nöthigen Kompetenzen, das Ineinklang⸗ setzen . milüärischen Einrichtungen und Uebungen mit dem jetzigen Stande der Wissenschaft und dem Erfolge des großen hinter uns liegenden Kriegsjahres, die Organisatien einer einheitlichen Bundesarmee zur ertheidigung des natzo⸗ nalen Bobens das waren die ersten und berechtigtsten Postulate des revisionsfreundlichen Theiles des Schweizervolkes. Wenn Fie Neutralität der Schweiz ein für uns werthvolles Bollwerk bleiben soll, an welchem sich die Wogen der großen Völkerkämpfe brechen, und hinter welchem wir mit Weib und Kind vor den Schrecken des Krieges bewahrt bleiben, so gilt es jetzt dieses Bollwerk so auszu- rüsten und zu stärken, daß sowohl wir seibst, als die kriegführenden Nachbarn die Ueberzeugung erlangen, es sei dasselbe nicht ungestraft zu durchbrechen. Als im denkwürdigen Jahre 1870 die Schweiz durch ihren Gesandten in Berlin anfragen ließ, inwieweit sie auf die Achtung der Neutralität mit Sicherheit zählen könne, gab, wie in den Neu⸗ tralitätsakten später zu lesen stand, der jetzige Reichskanzler zur Ant⸗ wort: „Soweit ihr die Devise des schottischen Distelordens beachtet: Nemo me impuü ne lacessit.. Es ist deshalh ein gut geschultes schlachtfertiges, mit den besten Waffen ausgerüstetes Heer die beste Bürgschaft dafür, daß unserer Neutralität volle Achtung gezollt werde, ein besserer Bürge sogar, als papierene Konferenzbes lüffe. Die Bundesversammlung wird deshalb die nöthige Mühe nicht cheuen, um das wichtige Gesetz, wel⸗ ches zu besagtem Zwecke verhelfen und unsere Milizarmee. kriegstüch⸗ tiger machen soll, in Form und Inhalt mit allem Nöthigen auszu⸗ statten. Meine Herren! Das Traktandenverzeichniß zeigt aber noch eine Reihe von Gegenständen, die nicht alle so interessanter Natur sind und so allgemein die Aufmerksamkeit fesseln können, als die Mi⸗ litärorganisation. Gerade diejenigen Vorlagen. welche sich auf die Haftpflicht der Transportanstalten beziehen und in dieser Weise zu⸗ nächst zur Berathung kommen werden, behandeln eine etwas trockene Materie. Aber auch diesen Vorlagen, welche für die ökonemische Entwickelung des Landes von bedeutender Wichtigkeit sind, werden Sie Ihre dauernde Aufmerksamkeit nicht versagen. Wenn auch die roßen konstitutionellen Kämpfe der letzten Zeit mit ihren Auf⸗ und , vorüber und zum formellen Abschluß. gekommen sind, wenn auch die parlamentarische Wirksamkeit bei Berathung der zum materiellen Ausbau der Kenstitution nöthigen Gesetze sich wieder in ruhigeren Formen bewegt, so wärg es dennoch ein Trugschluß, zu glauben, daß die Thätigkeit der Räthe fortan als eine weniger wichtige und bedeutungsvolle, als eine weniger anstrengende betrachtet werden könne. Denn es handelt sich jetzt darum, die im Reyisions⸗ kampfe prinzipiell geborgenen Errungenschaften praktisch zu verwerthen und zur Geltung zu bringen. Es handelt sich darum, sorgsam einzu⸗ heimsen, was man dort gesäet hat. Meine Herren! Es handelt sich jetzt hauptsächlich auch darum, dem Stagte zu geben, was des Staates ist. Darum werden die Räthe mit nicht ermüdendem Eifer und mit Aufwendung aller ihnen zu Gebote stehenden Sachkenntniß nach dem Richtigen forschen und das, was sie als solches erkannt haben, zum Gesetze erheben, damit der neue Bund zur Wahrheit werde, Meine Herren! Eine Klippe werden Sie zu vermeiden haben. Man hört Fereits wieder Stimmen im Schweizerlande, welche bei der Gesetz⸗ gebung gewisse bei der Revislon aufgegebene und verloren Posten wieder zu erobern trachten. Das sind falsche Stimmen. Es wird sich im Gegentheil darum handeln, bei der Gesetzgebung diejenigen Schranken inne zu halten, welche wir bei der Revision des Bundesvertrages durch die , , zwischen den verschiedenen Anschauungen uns selbst gezogen haben, und ehrlich und redlich der⸗ malen von weiter gehenden Wünschen Umgang zu nehmen, die man wiffentlich preisgegeben hat. Die Zukunft möge Alles das reifen wenn es gut ist; jetzt aber handelt es sich für die Räthe um noch Höheres, nämlich darum durch loyales Vorgehen in der Gesetzgehung Fas etwa geschwundene Vertrauen unter den Bundes brüdern wieder neu zu ketten und so die Einheit der Nation, unser höchstes Gut, wieder herzustellen. Das walte Gott!“

Im National-wie im Ständerath beschränkte man sich heute auf das Verlesen der Protokolle und die Vereidi⸗ gung neueingetretener Mitglieder.

7. Oktober. Der Nationalrath war heute zur Vornahme der Wahl eines neuen Präsidenten an Stelle des erkrankten Hrn. Fehr⸗Herzog von Aarau in hinreichen⸗ der Stärke vorhanden. Indessen waren von den 135 Mit⸗ gliedern auch heute erst 88 anwesend. Von diesen 88 ¶Mitglie⸗ dern gaben 76 ihre Stimmen dem seitherigen Vize⸗Präsidenten Ruchonnet von Lausanne, für welchen dann der ehemalige Bundesrath J. Stämpfli von Bern mit 51 Stimmen zum Vize⸗ Präsidenten gewählt wurde. Beide Wahlen nahmen nur einen Wahlgang in Anspruch. Im Uebrigen beschäftigte sich der Natio⸗ nalrath heute mit der bundesräthlichen Botschaft, betreffend Zollbegünstigungen von Eisenbahnmaterialien, während der Ständerath die Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend Haft⸗ barkeit der Eisenbahnen im Falle von Tödtungen und Ver⸗ letzungen, begann.

Gestern Nachmittag 4 Uhr hat im Bundespalais der Empfang des neuen französischen Gesandten stattge⸗ funden. Graf d Harcourt hatte zur Rechten den ersten Gesandtschafts⸗ Sekretär Labouladte, zur Linken Kommandant Frayermouth, seinen Nilitär⸗Attaché, und hinter sich noch drei andere Ges andschaftsbeamte, während der Bundesrath in corpore im Audienzzimmer vers ammelt war und Kanzler und Vize⸗Kanzler der Gesandtschaft bis zum Thore des Bundespalais entgegen gegangen waren. Graf d Harcourt hob bei Ueberreichung seines Beglaubigungsschreibens die mehrere Jahrhunderte alte Freundschaft beider Länder hervor, zu welcher die Ratur selbst die Grundlage gelegt habe, und Bundes⸗Praäͤsi⸗ dent Schenk versicherte, daß die Schweiz die Freundschaft Frank⸗ reichs im höchsten Grade zu schätzen wisse. Dieselbe befinde sich in der beneidenswerthen Lage, wie mit ihren anderen Nachbar⸗ ländern, so auch mit Frankreich nur in den Werken des Frie⸗ dens und in den Bestrebungen zu konkurriren, welche die all⸗ gemeine Wohlfahrt zum Ziele . Dieses glückliche Ver⸗ hältniß zu mehren und zu stärlen, werde auch in Zukunft ihr lebhaftes Bestreben sein. 3

Niederlande. Haag, 6. Oktober. Nach einem gestern dem Kolonien⸗Ministerium zugekommenen Telegramme des Ge⸗ neral⸗ Gouverneurs von Niederländis ch⸗Indien war diesem von dem Obersten Peel, dem Militär- und Civil⸗Befehlshaber in Atchin, nachstehende telegraphische Meldung vom 2. d. M. zu⸗ gekommen: „Am 28. September sind die Verschanzungen von Langkruk von den niederländischen Truppen genommen und be⸗ setzt worden, wobei blos zwei Soldaten leicht verwundet wur⸗ ben, während der Feind, welcher überfallen wurde, flüchtete. Der

In Rotterdam ist von der Handelsfirma Hotz u. Eo. ein „persischer Handels verein“ errichtet worden, welcher ausfchließlich zum Zwecke hat, von den Niederlanden aus nach Persien Handelsgeschäfte zu betreiben.

Belgien. Brüssel, 7. Oktober. Am zweiten Dienstag des November findet kraft der Verfassung, selbst ohne vorher⸗ gegangene Einberufung, der Wiederzusammentritt der Ramm ern statt. Ob der König dieses Jahr die Session er⸗ öffnen wird, ist noch unentschieden.

Großbritannien und Irland. London, 8. Oktober. Der Herzog von Sdinburgh legte gestern in Devonport unter entsprechender Feierlichkeit den Grundstein zu einem neuen Flügel des dortigen Asyls für Waisenmãdchen. Se. Königliche Hoheit wurde enthusiastisch begrüßt und nahm bei dieser Ge⸗ legenheit eine Glückwunsch⸗ und Willkommen⸗Adresse der Stadt entgegen. .

8 Aus Carlisle wird gemeldet, daß die Flüsse in der Umgegend genannter Stadt in Folge des jüngsten starken Regens sehr anschwollen und ihr Bett verließen. Sämmtliche niedrig gelegenen Theile von Carlisle sind überschwemmt, und auf jeder Seite der Brücke in der Stadt bilden die Gewässer einen zwei Meilen langen See. Beträchtlicher Schaden ist angerichtet

worden; auf einer Farm ertranken über 100 Schafe.

Spanien. Madrid, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Regierungstruppen haben im Laufe des gestrigen Tages la Guardia besetzt, das von den Carlisten geräumt wor⸗ den war.

Türkei. Dem „Levant Herald“ zufolge ist die Regie⸗ rung im Begriffe, Schritte für die Unterstützung der Beyoͤlke⸗ rung in den von der Hungers noth heimgesuchten Bezirken Kleinasiens zu thun.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 8. Oktober. Die Schraubenfregatte ‚Sswetlana“, unter dem Kommando des Großfürsten Alezj Alexandrowitsch, ist am vergan⸗ genen Sonnabend nach einer ungewöhnlich schnellen und glück⸗ lichen Fahrt aus Kopenhagen, von wo dieselbe am vergangenen Mittwoch in See gegangen war, in Kronstadt eingetroffen. Gleich nach der Ankunft auf der Rhede begab sich Se. Kaiser⸗ liche Hoheit ans Land, um dem Dber⸗Hafen Kommandanten zu rapportiren. Später begab sich der Großfürst an Bord des Dampfers „Onega“ nach St. Petersburg.

Schweden und Norwegen. Sto ckholm, 6. Okltober. Der Prinz von Wales und der Kronprinz von ne⸗ mark besuchten der Bestimmung gemäß mit dem König gestern die Stadt Upsala, wo sie am Bahnhofe von den Stu⸗ denten mit ihren Fahnen empfangen wurden. Die Hohen Herrschaften fuhren direkt zur Domkirche, und nach kurzem Aufenthalt daselbst begaben sie sich nach Carolina redi- vira, wo die Studenten sich wieder eingefunden hat⸗ ten und das God save the Queen anstimmten. Der König und die Prinzen dejeunirten beim Erzbischof und fuhren dann nach Stockholm zurück, von wo die beiden Prinzen Abends 10 Uhr abreisten. Heute Nachmittag sind sie in Malmö angekommen und wurden am dortigen Bahnhof vom Landeshauptmann Adlercreutz, dem dänischen und. englischen Konsul, sowie von mehreren höheren Civil⸗ und Militärpersonen empfangen. Die Prinzen mit Gefolge begaben sich sofort an Bord der im Hafen liegenden Lustyacht des Prinzen von Wales, „Osborne“, mit welcher sie nach Kopenhagen absegelten.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Oktober. In dem Ent⸗ wurfe zu einem Finanzgesetze für das Finanzjahr 1875 bis 76 sind die Summen bereits in der neuen Kronenmünze aufgeführt. Die Einnahme für das neue Finanzjahr ist auf 45, 908, 657 Kronen, die Ausgabe zu 45.117, 151 Kronen kalkulirt.

In der heutigen Sitzung des Folkethings legten der Justiz⸗Minister und Kriegs⸗Minister verschiedene Gesetzentwürfe vor. Der Abgeordnete der Linken, Berg, brachte einen Privat⸗ gesetzentwurf, betreffend die Abschaffung der Tifel ꝛ6., ein. Ver⸗ schiedene neue Interpellationen der Linken an den Kultus⸗Minister und Justiz-Minister wurden angekündigt. ; .

3. Ottober. (W. T. B). Die Rücreise des Prinzen von Wales mittelst der Dampfyacht „Osborne“ ist auf Sonntag, den 11. d., festgesetzt. Dem Vernehmen nach be⸗ giebt sich der Prinz über Frankreich nach England zurück. Die Prinzessin von Wales und deren Kinder werden noch bis zum 21. d. am hiesigen Hofe verweilen.

Amerika. Washington, 8. Oktober. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach ist die gerichtliche Verfolgung der Mitglieder der Liga der Weißen in Lousiang angeordnet, und sollen dieselben vor die Zuchtpolizeigerichte gestellt werden. Ebenso soll auf Grund des in der letzten Session des Kon⸗ gresses votirten bezüglichen Gesetzes gegen die Mormonen mit der Anklage wegen Polygamie vorgegangen werden.

Asien. Nach einem Telegramm aus Hongkong wird der af, jungsten Orkan (Typhon) in der Nachbarschaft von Hongkong verursachte Verlust auf 1000000 Estr. ge⸗ schätzi. Die Meeresküste ist auf mehrere Meilen mit Wracks bestreut. .

Afrika. Kairo, 9. Oktober. (W. T. B.) Das Wasser des Nil stand, offizieller Meldung zufolge, gestern am Pegel um 4 Centimeter niedriger und ist auch an allen übrigen Strecken seines Laufes verhältnißmäßig gefallen. Weiterer Schaden durch Ueberschwemmung ist nicht zu besorgen.

Landtags⸗Angelegenheiten. Wie der D. Z.“ aus Cöln geschrieben wird, hat einer der Vertreter Cölns im Abgeordnetenhause, Regierungs⸗ Assessor a. D. Pauli aus Gesundheitorücksichten sein Mandat niedergelegt.

Gewerbe und Sandel.

Aus München wird herichtet, daß eins der bedeutendsten Getreidegeschäfte, das Haus Ernst Mayer, genöthigt war, seine Zahlungen ein zust ellen, und daß in Folge dessen auch das zu⸗ meist hierbei be ah Bankhaus G. C. Baur in Augs⸗

rg insolvent geworden ist. . . ö. ö 6 F. Oktober. (W. T. By In dem heute in Birmingham abgehaltenen Meeting der Geno ssenschaft der Fohlengrubenarbeiter wurde beschlossen, den strikenden Arheitern in den Kohlengruben von Wigan, die Annahme einer Lohnherab— setzung von 10 3 und die Wiederaufnahme der Arbeit anzu⸗ empfehlen Anderenfalls würde ihnen die Genossenschaft eine Uater⸗ flützung nicht zu Theil werden lassen können. In Wakefield haben die Grubenbesitzer 6000 Arbeiter, welche sich weigerten, auf die ihnen proponirte Lohnherabsetzung von 20 H einzugehen, entlassen. Weitere Entlaffungen stehen bevor. Die rledigung der

allerdings manchmal Meinungsverschiedenheiten aufgetaucht, die aber niemals persönlicher Natur waren.

Krankheitsstand bleibt stationãr.“

Differenzen durch ein Schiedsgericht ist beiderseits abgelehnt worden.