1874 / 249 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Oct 1874 18:00:01 GMT) scan diff

werbung noch ohne feste amtliche Anstellung sind. Privatdozenten an Universttäten sind von der Bewerbung nicht ausgeschlossen.

§. 4. Mit der wissenschaftlichen Leitung der tiftung ist die znr gf Akademie der. Wissenschaften beauftragt. Die philosophisch⸗-historische Klasse der Akademie wählt eine ständige Kom⸗ mission, welche die Aufgaben aus dem Gebiete der Philologie be⸗ stimmt, die eingelieferten Arbeiten prüft und dem Verfasser derseni gen Arbeit, welche die meiste oder, falls keine anderen Arbeiten eingegan⸗ en sind, an sich die genügende Befähigung zeigt, das Stipendium der

tiftung als Preis zuerkennt. Die Klasse berichtet hierüber an die Akademie, nach deren Genehmigung und in deren Namen die Be⸗ kanntmachungen erfolgen.

§. 5. In jedem vierten Jahre macht die Akademie die Preis aufgabe in der auf den Anfang des Monats Juli fallenden öͤffent⸗ lichen Sitzung am Leibniztage und dann durch die Zeitungen bekannt.

Die Verkündigung der im Jahre 1874 zu stellenden Preisauf⸗ gabe erfolgt ausnahmsweise in einer der gewöhnlichen Sitzungen der Akademie und durch die Zeitungen vor dem Ablauf des Monats Oktober genannten Jahres. .

§. 6. Die Arbeiten der Bewerber sind bis zum 1. März des der Verkündigung der Preisaufgabe folgenden Jahres an die Akademie einzufenden. Sie sind mit einem Denkspruch zu versehen, und in einem versiegelten, mit demselben Spruche bezeichneten Umschlage ist der Name des Bewerbers anzugeben, und der Nachweis zu liefern, . die im §. 3 bestimmten Voraussetzungen bei dem Bewerber zu⸗ reffen.

5§. 7. In der öffentlichen Sitzung am nächsten Leibniztatze, zuerst am Leibniztage des Jahres 1875, ertheilt, die Akademie der als des Preises wuͤrdig befundenen Arbeit das Stipendium. Dasselbe besteht in dem Genusse der zur Zeit jährlich 44 betragenden Zinsen des Stiftungskapitals von Zehntausend Thalern auf die jedesmalige Dauer von vier Jahren.

Das Stipendium wird dem Stipendiaten in vier Jahresraten gewährt, von denen die erste am Leibniztage des Jahres der Verlei hung des Preises, die drei übrigen je am 1. Juli der nächstfolgenden Jahre zur Zahlung gelangen.

8. 8. Ertheilt die Akademie keiner der eingereichten Arbeiten den Preis, so stellt sie in derselben Sitzung eine neue Aufgabe oder wiederholt die ungelöste.

Diesenigen Zinsen des Stiftungskapitals, welche bis zum 1. Juli 1874 schon aufgekommen sind und künftig etwa in Ermangelung eines zum Genusse Berechtigten unverwendet bleiben werden, sind zur Er höhung des Kapitals bestimmt, um in geeigneten Fällen zur Erthei⸗ lung von Nebenpreisen zu dienen.

Berlin, den 30. Juli 1874.

Der Reichskanzler. Im Auftrage: (I. 8.) gez. Eck.

In der Sitzung des Ob er⸗Trib un als⸗Senats für Strafsachen vom 8. Oktober er. erkannte das Ober⸗Tribunal, daß ein „geistliches Amt“ im Sinne der Maigesetze nicht mit Seelsorger⸗Amt'“ gleichbedeutend ist. Vielmehr fällt unter diesen Begriff auch das Amt eines Hülfs⸗Geistlichen, welcher zwar nicht die Seelsorge auszuüben oder die eigentlich pfarramtlichen Funktionen wahrzunehmen, aber doch in der Kirche Messe zu lesen, oder an der Versehung des Gottesdienstes Theil zu nehmen hat. Das Gesetz vom 11. Mai 1873 hat zwar selbst, wie das Ober⸗Tribunal motivirend ausführt, eine Bestimmung des Begriffs „geistliches Amt“ nicht gegeben, in den Motiven jedoch zu jenem Gesetze wird für die Auslegung dieses Begriffs auf die Terminologie des Allgemeinen Landrechts Bezug ge⸗ nommen. Das Allgemeine Landrecht bezeichnet (im Theil II. Tit. 11 §. 59) als Geistliche „Diejenigen, welche bei einer christ⸗ lichen Kirchengemeinde zum Unterrichte in der Religion, zur Be⸗ sorgung des Gottesdienstes und zur Verwaltung der Sakramente bestellt sind. Auch läßt das Gesetz vom 11. Mai 1873 in sei⸗ nem ganzen Zusammenhange und seinem Zwecke keinen Zweifel darüber, daß dieses Gesetz den Begriff des geistlichen Amtes nicht auf die eigentliche Seelsorge⸗Aemter hat beschränken, sondern auf alle kirchlichen Aemter hat beziehen wollen, mit welchen überhaupt die Vornahme heiliger Handlungen verbunden ist, und welche nicht ausschließlich mit dem Kirchenregimente zu thun haben. Denn der §. 2 erklärt die Bestimmungen des 5§. 1 sogar für anwendbar auf die Anordnung einer Stellvertretung oder Hülfeleistung im Amte, also auf rein provisorische Stellungen, deren Inhaber ein Amt gar nicht bekleiden, und giebt in den Motiven als Grund die Rothwendigkeit an, die Umgehung des Gesetzes zu verhüten. Damit würde es völlig unvereinbar sein, wenn diejenigen Geistlichen, welche Hülfe oder Stellvertretung vermöge eines sie dazu ermächtigenden festen Amtes leisten, dem Gesetze nicht unterworfen sein sollten, sobald nicht die eigentliche Seelsorge mit diesem ihrem Amte verbunden ist.

Die fällige englische Post aus London, den 21., Abends, ist ausgeblieben.

. Stadtverordneten versammlung lag gestern ein Antrag des Magistrats, die Einrichtung konfessions⸗ loser Schulen, zur Berathung vor. Der betreffenden Vor⸗ lage des Magistrats entnehmen wir Folgendes:

. Die „allgemeinen Bestimmungen des Königlich preußischen Mi⸗ nisters der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗Angelegenheiten vom 15. Oktober 1872, betreffend das Volksschul Präparanden, und Se mi⸗ narwesen,“ haben zwischen der Pflege des religiösen Gefühls und der Ausbildung des Verstandes ein so richtiges Verhältniß hergestellt, daß in unsern öffentlichen Volksschulen eine übermäßige Betonung des konfessionellen Clements nicht mehr zu besorgen ist. Dem Unterricht im Rechnen und in der Geometrie, sowie in den segenannten Realien (Geographie, Geschichte, Naturkunde) ist ein sehr hohes Ziel gesteckt; das Lesebuch, welches auf den Vorstellungskreis der Kinder und ihr sittliches Gefühl den wesentlichsten Einfluß ausübt, soll seine Stücke aus dem Schatze der deutschen Literatur entnehmen und sich von kirchlichen und politischen Tendenzen frei halten; endlich wird die Mittheilung, Besprechung und Einprägung geeigneter deutscher Ge⸗ dichte empfohlen. Werden diese Bestimmungen mit Einsicht aus⸗ geführt, so wird auch unsere Jugend in den Anschauungen und Ge⸗ danken erzogen werden, welche das Geistesleben unseres Volkes be⸗ herrschen. Es war die Aufgabe unserer Schulverwaltung, auf Grund jener allgemeinen Bestimmungen“ einen neuen Normal Lehrplan auf⸗ zustellen. Nach demselben wird seit Michgelis vorigen Jahres ver= fahren. Er bietet der Vereinigung von Kindern verschiedener Kon⸗ fesstonen umsoweniger Schwierigkeiten, als er auch die kirchengeschicht 6 Mittheilungen in die Religionsstunden verweist. Seine Ver⸗ vollkommnung und insbesondere seine schärfere Gliederung ist der Gegenstand weiterer Fürsorge. Während ich so an unsern Schulen ein frisches Leben entwickelt und die Kräfte der Lehrerschaft durch die neuen Aufgahen erheblich angespannt sind, andererseits aber ein neues Unterrichtsgesetz in Aussicht steht, scheint es nicht ge⸗ ö. mit weiteren prinzipiellen Aenderungen unserer bestehenden Schulen vorzugehen. Bei der Errichtung neuer Schulen dagegen müssen wir dahin streben, der wachsenden Belastung entgegen zu treten, welche für unseren Schuletat aus der fortgesetzten Scheidun der Schulen nach Konfessionen entspringen würde. Es kommt dargu an, mit Schulen, welche keinen speziellen Konfessions Charakter an sich tragen, vorzugehen und die Frage, ob dieselben den Anschauungen der Bevölkerung wirklich entsprechen, durch den Versuch zu ent cheiden. Ein solcher Versuch 14 in verschiedenen Gegenden der Stadt gleich⸗ zeitig begonnen und, weil mancherlei Vorurtheile zu besiegen sein wer⸗ nen, längere Zeit hindurch fortgesetzt werden. Es ist außerdem nothwendig, solche Schulen gerade dort zu errichten, wo ein dringendes

Schulbedürfniß vorliegt. Aus diesen Gründen beabsichtigen wir, die vier neuen Schulen, welche in der Wrangelstraße, Kleinen Andreas⸗ straße, Scharnhorststraße und der Pappel ⸗Allee nothwendig wer— den, dem Beschlusse der geehrten Versammlung vom 4. Januar 1872 gemãß einzurichten. Wir haben deshalb den folgenden Antrag an das Königliche Provinzial⸗Schulkollegium gexichtet:

Ven den jetzt bestehenden 77 Berliner Gemeindeschulen sind 71 , und 6 katholisch. Nach der letzten Volkszählung betrug die evangelische Bevölkerung 732,677 Seelen, die katholische 51,712, die jüdische 36,915, die dissidentische 2099. Dem Artikel 24 der Ver⸗ fassungs⸗Urkunde:; „bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen“ ist daher bei uns in hohem Maße Rechnung getragen. Wir hören auch jetzt nicht auf, für die konfessionellen Schulen zu sorgen; wir beabsichtigen, zum 1. Oktober 8 eine katholische Schule (die 37. Gemeindeschule) um zwei Klassen zu vermehren, die ganze Anstalt aber in einem erheblich besseren Miethslokale (Melchior⸗ straße 14) unterzubringen; eine andere katholische Schule (die 36. Gemeindeschule) erhält eine neue Klasse und ein eigenes Schulhaus (das der 8. Gemeindeschule, Linienstraße 162); von den evangelischen Schulen aber werden die 8., 50., 54, 56, 57. 69, 62. 63., 67, 68. und vielleicht auch die J4. zu demselben Zeitpunkt neue Schulhäuser beziehen und einen erheblichen Zuwachs an Klassen er⸗ halten. Auch für die folgenden Jahre sind Schulbauten vorgesehen. Schon vor längerer Zeit aber haben wir die Ueberzeugung gewonnen und ausgesprochen, daß eine fernere Trennung der Konfessionen in den hiesigen Volksschulen zu einer unerträglichen Be—⸗ lastung des Kommunalhaushalts führen, daß daher allmählich mit der Einrichtung hiesiger Volksschulen fuͤr Kinder verschie⸗ dener Konfessionen vorgegangen werden muß. Die katho⸗ lische und die jüdische Bevölkerung ist über das ganze Gebiet der Stadt zerstreut, bei getrennten Konfessionen müßten wir also be— ständig schwach besetzte katholische wie jüdische Schulen in den verschiedenen Stadtgegenden unterhalten, während die evangeli⸗ schen Kinder in den überfüllten Schulen desselben Stadttheils kaum ein Unterkommen finden würden. So hat nach der Frequenz⸗ liste vom 1. Mai d. J,. die katholische 40. Gemeindeschule (Schöne— berger Straße 26) in 3 Knabenklassen 124 Schüler und in 3 Mädchenklassen 111 Schülerinnen, sie läßt 155 disponible Plätze unbesetzi. In demselben Schulinspektionsbezirk liegt Wilhelm straße 117 die evangelische 27. Gemeindeschule, welche in 12 Klassen S831 Schülerinnen hat und ihre Fassungs kraft um 41 überschreitet. Analog hat in Moabit, die katholische 41. Gemeindeschule in 3 Knabenklassen 107 Schüler und in 2 Mädchenklassen 55 Schüle⸗ rinnen und läßt 60 Plätze leer; während die gleichfalls in Moabit gelegene evangelische 31. Gemeindeschule in 7 Knabenklassen 438 Schüler und in 8 Mädchenklassen 475 Schülerinnen zählt und die bisherige Waldau'sche Schule in 6 Knabenklassen 340 Schüler und in 8 Mädchenklassen 358 Schülerinnen. Keine der 6 katholischen Schulen hat es bisher zu 6 aufsteigenden Klassen gebracht, in der 36. Gemeinde⸗ schule ist sogar noch (bis zum 1. Oktober e] eine gemischte Knaben und Mädchenklasse. Dergleichen unfertige Schulen würden wir aber in noch größerer Zahl einrichten müssen, und insbesondere würden wir uns der Einrichtung jüdischer Schulen auf die Dauer nicht entziehen können, wenn, es uns nicht gelingt, solche Schulen in Berlin herzustellen und in dem Vertrauen der Bevölkerung zu befesti⸗ gen, welche evangelische, katholische und jüdische Kinder gleichzeitig unterrichten. Schulen dieser Art sind in Nr. 26 der Ministerial⸗ Verfügung vom 165. Oktober 1872 ausdrücklich vorgesehen. In ihnen würde der Religionsunterricht für jede der drei Kategorien besonders ertheilt werden, in die Religionsstunden der Evangelischen würde auch die Reformationsgeschichte fallen, wie dies schon jetzt geschieht, und ebenfo würde für den Gesang, soweit er gottesdienstlichen Zwecken dient, eine Trennung eintreten. Im Uebrigen würde in den Normal-⸗Lehrplan, der schon jetzt für die beiden christlichen Konfessionen gleichmäßig gilt, nichts geändert werden. Wir müßten uns vorbehalten, an diese Schulen Lehrer verschiedener Religionsbekenntnisse zu berufen, ohne uns an ein bestimmtes Zahlenverhältniß zu binden, außer dem, welches sich gus der Nothwendigkeit, für den Religionsunterricht ausreichende Lehrkräfte zu beschaffen, von selbst ergiebt. Endlich würden wir denjenigen Eltern, welche auf Unterbringung ihrer Kinder n evangelischen oder katholischen Schulen bestehen, hierzu Gelegenheit geben. Auf diese Weise würde auch der Schein einer Gewissensbedrückung vermieden werden. Unter solchen Voraussetzungen beabsichtigen wir auf den Vorschlag der Schuldeputation die denselben in ihrer Sitzung vom 24. Juni e, beschlofsen hat die vier neuen Gemeindeschulen, welche am 1. Oktober d. J. eröffnet werden müssen, nämlich die 79. in der Pappelallee, die 806. in der Wrangelstraße, die 81. in der Kleinen Andreasstraße, und die 19, in der Scharnhorststraße (die Nr. 10 ist abgetrennt von der Verbindung / 10, welche bisher den Namen der in der Hirtengasse belegenen Schule bildete), ohne be⸗ sonderen konfessienellen Charakter, als Gemeindeschulen für Kinder aller Religionsbekenntnisse einzurichten. Das Königliche Provinzial⸗ Schulkollegium ersuchen wir gehorsamst um geneigte Genehmigung dieses Planes. Derselbe kommt einem, von der Stadtverordneten Versammlung vor längerer Zeit ausgesprochenen und häufig wieder⸗ holten Wunsche entgegen und wird, wie wir hoffen, auch bei der Mehrheit der Bürgerschaft, welcher der Frieden zwischen den Kon: fesstonen am Herzen liegt, einen solchen Anklang finden, daß wir bei Ueberwindung der Schwierigkeiten, welche sich bei seiner Ausführung etwa ergeben sollten, auf den guten Willen der Betheiligten werden rechnen dürfen.

Die Königliche Provinzial⸗Schulkommission hat in dem auf diesen Bericht ertheilten Bescheide noch eine nähere Prüfung des Bedürfnisses und der Zweckmäßigkeit der paritätifchen Einrich⸗ tung der vier Schulen unter Berücksichtigung der lokalen Ver⸗ hältnisse für nöthig erachtet und dem Magistrat anheim⸗ gegeben, die vier neuen Schulen zu eröffnen, über den Konfessionscharakter derselben aber einstweilen noch keine Entscheidung zu treffen. Der Magistrat theilt demgemäß der Stadtverordneten⸗Versammlung mit, daß er die qu. Schulen eröffnen werde, ohne über ihren Konfessionscharakter Entschei⸗ dung zu treffen, und daß er Kinder aller Religionsparteien in dieselben aufnehmen werde. Der Sachlage entsprechend, müsse er auch wünschen, daß für diese Schulen als Lokal⸗Schulinspektoren nicht, wie für die älteren Schulen, die Geistlichen der Parochie, sondern bewährte Schulmänner bestellt werden.

Die Versammlung beschloß nun gestern, dem Magistrat ihre Anerkennung auszusprechen und ihn zu ersuchen, auf dem be⸗ tretenen Wege weiter vorzugehen.

In derfelben Sitzung bewilligte die Versammlung zur Fort⸗ führung der Kanalisationsarbeiten, resp. zum Ankauf eines Rieselfeldes weilere 600,000 Thlr.

Der Kaiserlich Deutsche Botschafter Fürst zu Hohen⸗ lohe⸗Schillings fürst ist hier eingetroffen und hat im Hotel du Nord Wohnung genommen.

Der italienische Gesandte am hiesigen Hofe, Graf Launay, hat sich gestern mit seiner Gemahlin zu einem etwa vierwöchentlichen Aufenthalt nach Wiesbaden begeben und wird während seiner Abwesenheit von Berlin von dem italienischen Geschäftsträger Marquis Tost vertreten werden.

Der General⸗Major, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Inspecteur der Jäger und Schützen von Stieh le ist von Urlaub aus Schlesien zurückgekehrt.

Der General⸗Major und Commandeur der 4. Garde⸗ Infanterie⸗Brigade von Dannenberg ist in gleicher Eigen⸗ schaft zur 1. Garde⸗Infanterie⸗Brigade unter gleichzeitiger Ueber⸗ , der Geschäfte der Kommandantur von Potsdam persetzt worden.

Der Contre⸗Admiral und Direktor der Admiralität ent hat sich in dienstlichen Angelegenheiten nach England be⸗ geben.

Der Polizeipräsident v. Ma dai ist am Dienstag Abend von hier nach Kopenhagen abgereist.

Der General⸗Gouverneur der Ostseeprovinzen, Für st Bagration, ist gestern Abend aus Paris hier eingetroffen und m Hotel Royal abgestiegen.

Der Vize⸗Präsident von Baumbach bei dem Appellationsgericht in Cassel ist gestorben.

.S. M. Dampfkanonenboot Delphin“ ist am 21. Okto⸗ ber er. in Kiel außer Dienst gestellt.

Bayern. München, 21. Oktober. Unter dem Vorsttz des Staats⸗Ministers von Pfretzschner fand vorgestern eine Staatsrathssitzung statt. Der Staats ⸗Minister des Innern von Pfeufer hat heut eine dienstliche Reise nach Franken angetreten. Während seiner Abwesenheit, die einige Tage dauert, versieht der Königliche Staatsrath von Schubert die Geschäfte des genannten Ministeriums.

Sachsen. Dresden, 20. Oktober. Der König wird am 24. d. M. vom Jagdschlosse Wermsdorf nach der Villa Strehlen zurückkehren. Die Königin hat sich heute Mittag nach Meißen begeben, um den Dom und die Albrechtsburg in Augenschein zu nehmen. Prinz Georg ist heute früh nach Sibyllenort abgereist.

Der Vorstand des sächsischen Gemeindetages hat eine Einladung zu der am Montag, den 2. November d. J., in Löbau stattfindenden Jahres versammlung erlassen. Die Tagesordnung ist für die diesjährige Versammlung folgende: 1) die Gemeindesteuerfrage, Referent Advokat Kirbach, Correfe⸗ rent Dr. Gensel; 2) die Frage über Bildung einer Gemeinde⸗ Pensionskasse, Referent Bürgermeister Ludwig⸗Wolf; 3) Antrag des Stadtraths zu Dahlen, die Beschaffung von Amtswohnungen für den Bürgermeister betr., Referent Advokat Hendel; 4) An⸗ 5 das Gemeinde⸗Feuerwehrwesen betr., Referent Stadtrath

ume.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 19. Oktober. (Fr. J) Nach mehrwöchigen Berathungen im hiesigen Landtag ist das neue Volksschulgesetz mit Fortbildungsschulen nach gegen⸗ seitigen Kompromissen zwischen der Regierung und Landes⸗ vertretung angenommen worden. Die hauptsächlichsten Differen⸗ zen betrafen die Zusammensetzung der Schulvorstände, nament⸗ lich die gesetzliche Mitgliedschaft der Geistlichen im Schulvorstande, die Ausnahmestellung der Stadt Coburg bezüglich ihres Schul⸗ wesens, das Wahlrecht der Gemeinden bei Anstellung von Lehrern und die Staatsaufsicht über die Schulen. Der Landtag erstrebte hierbei eine vollständige Trennung der Kirche von der Schule. Auf der gesetzlich ausgesprochenen Mitgliedschaft des Geistlichen im Schulvorstand beharrte jedoch die Regierung mit aller Entschiedenheit, wovon zugleich die Sanktion des Ge⸗ setzes abhängig gemacht wurde. Der Landtag willigte daher in das freie Wahlrecht fur die Geistlichen als Mitglied des Schul vorstandes, wogegen regierungsseitig eine Vereinfachung der Staatsaufsicht durch nur einen Schul⸗Inspektor, die Aufbesse⸗ rung der Lehrergehalte nach den Anträgen des Landtags zu⸗ gestanden und das Gesetz mit den sonstigen Abänderungen der Landtags⸗Kommission angenommen wurde. Dasselbe soll mit dem 1. Januar 1875 in Kraft treten.

Lübeck, 22. Oktober. Der Kronprinz und die Kron⸗ prinzessin von Dänemark, welche gestern Nachmittag mit der Prinzessin von Wales von Kopenhagen mit der engli⸗ schen Dampfyacht „Osborne“ hierher abreisen sollten, unterließen, wie ein Telegramm an das hiesige Königlich dänische Konsulat heute anzeigte, die Abfahrt wegen der stürmischen See und ist deren Ankunft vorläufig noch unbeslimmt. Die Herrschaften sollten in Travemünde landen und von dort mittelst hiesiger Equipagen hierher befördert werden.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 22. Oktober. Der dem Reichsrath vorliegende Entwurf des Finanzgesetz es für 1875 enthält folgende Positionen: Staatsausgaben: Aller⸗ höchster Hofstaat 4,550 000, Kabinetskanzlei Sr. Majestät 74,295, Reichsrath 1,ů 648,365, Reichsgericht 22,000, Ministerrath 620,542, Ministerlum des Innern 19.5652 869, Ministerium für Landesvertheidigung 8, 417.000, Ministerium für Kultus und Unterricht 17,268, 287, Ministerium der Finanzen 72,402,596, Handels⸗Ministerium 23. 544,244, Ackerbau⸗Ministerium II, 971, 640, Ministerium der Justiz 206153340, Oberster Rech⸗

nungshof 157, 000, Pensionsetat 12,522,445, Subventionen und

Dotationen 19,710,311, Staatsschuld 91,446,784, Verwaltung der Staatsschuld 791,687, Beitragsleistung zum Aufwande für die gemeinsamen Angelegenheiten 76,267, 146, Gesammtsumme des Erfordernisses 381,782,551 Fl. 5. W.

Davon 343,656,549 Fl. für ordentliche und 38,126,002 Fl. für außerordentliche Ausgaben.

Staatseinn ahmen: Ministerrath 430,225, Ministerium des Innern 1,131,677, Ministerium fur Landesvertheidigung 39,283, Ministerium für Kultus und Unterricht 4. 686,304, Ministerium der Finanzen 320,120,827, Handels⸗Ministerium 20, 285, 350, Ackerbau⸗Ministerium 11,039. 290, Ministerium der Justiz 370, 294, Pensionsetat 36, 194. Staatsschuld 9, 412,336, Verwaltung der Staatsschuld 345, 600, Einnahmen aus der Veräußerung vom Staatseigenthume 900 000, Zahlung der Donau⸗Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft 632.309), Gesammtsumme der Bedeckung 369,429, 694 Fl. 5. W. Davon 356, 084,721 Hl. ordentliche und 13,344,973 Fl. außerordentliche Ginnahmen.

Pest, 21. Oktober. Das Amtsblatt meldet die Ernennung Hieronymi's zum Staats⸗Sekretär im Kommunikations⸗ Ministerium und Julius Paulers, Sohn des Justiz⸗Ministers, zum Landesarchivar, ferner die Abdankung des Grafen Pälf fy vom Obergespansposten in Preßburg.

Agram, 21. Oktober. Der gestrige Fest ball fiel glänzend aus; denselben besuchten die hervorragendsten fremden Gäste, worunter Minister Pauler und Professor Gneist. Mit dem heutigen Frühzuge reisten die fremden Gäste unter den Hoch⸗ rufen des zahlreichen, am Bahnhofe versammelten Publikums ab.

Karkowitz, 19. Oktober. In der heutigen Sitzung des serbischen irchenkongresses wurde der Kongreß⸗ Statutenentwurf des Fünfzehner⸗Ausschusses nach kurzer Generaldebatte als Grundlage für die Spezialdebatte einstimmig angenommen.

Schweiz. Bern, 20. Oktober. In seiner heutigen Sitzung hat der Rationalrath die Art. 79 bis und mit Art. 8i der neuen Militärorganisation, welche vom

Kriegsausrüstung,

Vaterland“

.. ; Vorunterricht handeln, in Berathung gezogen. Dieselben lauten nach dem Antrage der Kommisston wie folgt:

Art. J9. Die Kantone haben dafür zu sorgen, daß die männliche Jugend durch einen angemessenen Turnunterricht auf den Militärdienst Dorbereitet werde. Die Lehrer erhalten die zur Ertheilung dieses Unter richts nöthige Anleitunz in der Nekrutenschule. Der Bund wird die zur Vollziehung erforderlichen Weisungen an die Kantone erlassen.

Art. 80. Die aus der Schule entlassene Jugend ist bis zum Be⸗ ginn der Wehrpflicht zur Fortsetzung dieser Uebungen (1rt. 79) ver- halten, . jährlich während wenigstens 15 halben Tagen vorzu⸗

men sind. e. Art. 81. Die zur Vollziehung dieser Anordnungen nöthigen Vor schriften werden vom Bunde erlassen.

Eine Kommissionsminderheit beantragte Streichung dieser drei Artikel, blieb aber nach längerer Debatte mit nur 19 gegen 87 Stimmen in Minderheit. Außerdem genehmigte noch der Nationalrath die Bestimmungen, betreffend das Genie, welche, wie seiner Zeit mitgetheilt, auf eine spätere Berathung vertagt worden waren und sich von dem seitherigen Gesetz namentlich dadurch unterscheiden, daß in Zukunft der Bund Rekrutirung und Stellung der taktischen Einheiten allein übernehmen wird, während er seither diese Aufgabe mit den Kantonen theilte. Nach dem neuen Gesetz wird der Bund dieselbe in der Weise lösen, daß einer jeden der acht Divisionen des Bundesheeres ein Genie-Bataillon zugetheilt sein wird, welches aus einer Com⸗ pagnie Sappeure, einer Compagnie Pontonniere, einer Compagnie Pioniere und einer Parktraincompagnie besteht. Endlich ge⸗ nehmigte der Nationalrath noch die Bestimmungen, betreffend Bekleidung, Bewaffnung und Ausrüstung der Mannschaften, Kriegsmaterial, Munition, Inspektion und

Pferdestellung, sämmtlich unwesentlich verändert nach bundes⸗ Die Bekleidung und Ausrüstung der die Bewaffnung Sache

räthlichem Antrage. Mannschaften ist Sache der Kantone, des Bundes. . .

Der schweizer Bundesversammlung ist vom Bundesrath ein Programm vorgelegt worden, in welchem 34 Ge⸗ setze für nothwendig, resp, fur mehr oder minder dringlich er⸗ klärt werden. Der „Schweizer Grenzpost“ zufolge sind dieselben in folgende drei Kategorien getheilt:

J. 1) Gesetz über Volksabstimmung ꝛc. (bereits erlassen) Y be⸗ treffend das Bundesgericht (ebenfalls schon erlassen); 3) über Organi—= sation des Militärwesens (gegenwärtig in Berathung); 4 über Mili⸗ färpensionen (vom Nationgirathe beraten); 5) über Maß und Ge⸗ wicht; 6) für die Oberaufsicht über Wasser: und Forst polizei; ) das Banknotengefetz (liegt im Entwurf vor); 3) Gesetz über Steuern zu Kultuszwecken; 9) üter Civilstand und Ehe (liegt als Entwurf vor); 10) über das Stimmrecht der Schweizerbürger (im Nationalrathe schon berathen); 11) über bürgerliche und civilrechtliche Stellung ber Niedergelassenen und Aufenthalter; 12) über Erwerb und Verlust pes Bürgerrechts; 13) betreffend die Geldskalg; 14) betreffend die Kantone, welche unter Art. 1 der Uebergangs-Bestimmungen der Ver⸗

assung fallen. . saff 1 ai. 15) Organisation und Geschäftsführung des Bundes⸗

rathes; 16) Gesetz über Organisation der Militäradministration; 17) betreffend Militärsteuer; 18) über Enthebung von, der Wehrpflicht; 19) über Benutzung der Waffenplätze und Militär⸗ anstalten; 20 Gypcoprigtionsgesetz; 21) Arbeitergesetz (zur Vorlage an eine Expertenkommission fertig); 22) Gesetz, betref⸗ fend Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenten; 23) betreffend Frei⸗ zügigkeit der wissenschaftlichen Berufsartenz 24) betreffend Dauer und Kosten der Niederlassungsbewilligung; 25) Verpflegung und Beer⸗ digung armer schweizerischer Niedergelassener; 26) betreffend persön⸗ liche Handlungsfähigkeit; 28) Obligationsrecht mit Handels- und

s ö.

, 29) r. über Ausübung von Fischerei und Jagd; 30) zum Schutz der nützlichen Vögel; 31) über den Geschãftsbetr eb von Privat⸗Assecuranzunternehmungen; 32) got gf. 33) Gesetz über das Ucheberrecht an literarischen und künstlerischen Werken; 31) weitere Ausführungsgesetze, betreffend das Wehrwesen.

22. Oktober. (W. T. B. Die Bundesversammlung hat heute Roguin (Lausanne), Blumer (Glarus), Morel (St. Gallen), Anderwert (Frauenfeld), Pictet (Genf), Niggeler (Bern), Kopp (Luzern), Oligiati ( Poschiano), Blaesi (Solo⸗ thurn), zu Bundesrichtern gewählt. .

Vom Nationalrathe wurde heute die Berathung des Gesetzentwurfs über die Militärorgan isation fortgesetzt und beschlossen, am Polytechnikum in Zürich Lehrkurse für mil itã rwissen schaft liche Fächer zu Töff nen. .

Niederlande. Haag, 22. Oktober. (W. T. B) Das nf fil ein Schreiben des Ober⸗Befehls⸗ habers der zweiten Expedition nach Atchin, General van Swieten, in welchem derselbe konstatirt, daß der militärische Zweck der Expedition vollständig erreicht sei, da es gelungen sei, den Kraton zu nehmen, sich dort festzusetzen und so einen Stützpunkt zu gewinnen, von dem aus die weitere Unterwerfung des Landes bewerkstelligt werden könne. Es sei selbst eine dauernde Niederlassung gegründet ünd dadurch die Verbindung zur See gesichert, die Expedition sei daher durchaus nicht mißlungen. Die Unterwerfung der benachbarten kleineren Gebiete sei ein Beweis, daß der Widerstand des Sul⸗ tanats Atchin nicht länger fortgesetzt und der Krieg bald zu Ende geführt sein werde. Der Parteigeist dürfe die Erfolge der Expedition nicht verkleinern.

Großbritannien und Irland. London, 20. Oktober. Prinz Leopold begiebt sich am nächsten Freitag nach Oxford zurück, um seine Studien an der dortigen Universität wieder auf⸗ zunehmen.

Der schwedische Gesandte am Hofe vom St. James, Graf Hochschikd, ist mit seiner Gemahlin von Schweden nach London zurückgekehrt. .

Hr. William Robinson, einer der Hauptsekretäre im Ministerium für die Kolonien, ist an Stelle des Hrn. Pope Hennessy zum Gouverneur der Bahama⸗Inseln ernannt worden. Hr. Robinson war Kommissär für die britischen Kolonien bei der letzten Wiener Ausstellung.

Die Leichenbeschauer⸗ Untersuchung über die Entstehung der furchtbaren Pulver-Explosion im Regents ⸗Park⸗ Kanal hat ihren Abschluß gefunden mit einem Verdikt der Jury, welches erklärt, daß die Explosion dadurch verursacht wurde, daß der Dampf von Benzolin an Bord des Kahnes „Tilbury mit Feuer in Berührung kam. Das Verdikt fügt hinzu, daß die Kanal⸗ompagnie, deren Cigenthum der Kahn war, sich einer groben Nachlässigkeit schuldig gemacht habe, und daß die vorhandenen Gesetze bezüglich des Transports von Pulver und andern explosiven Körpern unzuträglich für die Zwecke der öffentlichen Sicherheit seien. .

22. Oktober. (W. T. B) Die Kaiserin Eugenie hat heute Mittag der Kaiserin von Rußland einen Besuch abgestattet. Diefelbe wurde Namens des Derzogs von Edin⸗ burgh vom Oberst Byng und dem Kapitän Haig am Bahnhofe empfangen und in einem Königlichen Wagen nach dem Bucking⸗ hampalaste geleitet.

Frankreich. Paris, 22. Oktober. (B. T. B.) Bei der Wahl der Vorsitzenden der Generaglräthe haben die Kon⸗ servativen nur 5 Präsidentensitze eingebüßt, dafür aber 13 andere gewonnen. Von sammtlichen 86 Präsidenten gehören 53 der konser⸗ vativen Partei an. Die konservativen Präsidenten haben bei den An⸗ sprachen, mit denen dieselben die Generalrath⸗Sitzungen eröffne⸗ ten, durchweg betont, daß die Generalräthe die ihnen obliegenden Gefchäfte erledigen und alle Politik bei Seite lassen möchten; nur einige der republikanischen Präsidenten berührten in ihren Eröffnungsreden das politische Gebiet.

Spanien. Madrid, 22. Oktober. (W. T. B.)) Die Car⸗

list en haben, nach hier eingegangenen Meldungen, die Provin⸗

zen Alicante und Murcia verlassen. Don Alphons von Bourbon, welcher einen neuen Versuch gemacht hat, über den Ebro vorzudringen, ist von den Regierungstruppen zurückgewie⸗ sen und wird lebhaft verfolgt.

Türkei. Konstantinopel, 22. Oktober. (W. T. B.) Der „Pforte“ ist die Meldung von einem 3Zusammen stoße zugegangen, der zwischen Türken und Christen am 19. d. in Podgorieza (in Albanien), an der Grenze von Monte⸗ negro, stattgefunden hat. Derfelbe wurde durch die Weigerung der christlichen Bevölkerung, sich der von der Regierung anbe⸗ fohlenen Entwaffnung zu fügen, herbeigeführt. Genauere Nach⸗ richten liegen noch nicht vor.

Ein Telegranim aus Zara, vom 22. Oktober, Nachmit⸗ tags, meldet: Nach hier eingegangenen amtlichen Meldungen sind am 19. d. in Folge der in Podgoricza vorgekommenen Tödtung eines Türken alle auf dem dortigen Markte anwesen⸗ den Montenegriner von den Türken niedergemacht worden. Am 20. 8. sollen in Podgorieza und in der Ebene von Zeta aber⸗ mals mehrere Montenegriner getödtet worden sein, Die Gesammt⸗ zahl der getödteten Montenegriner beträgt angeblich 17, außerdem sind noch einige türkische Unterthanen christlicher Konfession nieder⸗ gemacht worden, die faͤlschlich für Montenegriner gehalten wurden. Der Archimandrit des Klosters von Piperi fand dadurch, daß er sich in die Wohnung des türkischen Kai⸗ wakans flüchtete, seine Rettung; die in der Gegend von Pod⸗ goricza sich aufhaltenden Montenegriner flüchteten nach Monte⸗ negro. Von den in Montenegro sich aufhaltenden Türken wur⸗ den die Meisten auf ihren Wunsch zur Grenze geleitet, nur einige zogen es vor, in Montenegro zu bleiben. Es herrscht große Aufregung in Montenegro, indeß ist es bis jetzt zu keinen Repressalien gekommen. Auf beiden Seiten ist man mit Fest⸗ stellung des Thatbestandes beschäftigt.

Rumänien. Bukare st, 22. Oktober. (W. T. B.) Den Manövern der rumänischen Truppen, die vorgestern unter dem Befehle des Fürsten Karl an der Jalomnitza begonnen haben, wohnen auch türkische Offiziere bei. Der Schluß der Manzver findet in der Nähe von Bukarest statt. und sollen dabei zugleich Fahnen an die Truppen verliehen werden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Ok⸗ tober. General-Adjutant Fürst Dondukow⸗Korssakow, General-⸗Gouverneur von Kiew, Podolien und Wolhnnien, ist am 18. Abends auf der Nikolaibahn hier eingetroffen.

In dem Budget pro 1875, welches das Ministerium der Wegeyerbindungen demnächst dem Reichsrath zur Prüfung vorstellen wird, ist die Gesammtsumme aller Ausgaben dieses Resforts fürs nächste Jahr, wie die „Finanz- Revue“ meldet, auf 31499, 365 Rbl. veranschlagt worden. Diese Summe ist um 15300, 686 Rbl. geringer, als die fürs laufende Jahr ver⸗ anschlagte, übersteigt aber die des Jahres 1873 um 2,007,467 Rubel.

In Veranlassung der vom Chef eines Lehrbezirks an⸗ geregten Frage, welche Vergünstigungen den privaten Erziehern und Hauslehrern in Bezug auf die Ableistung der Wehr⸗ pflicht gewährt werden koͤnnen, hat, wie die „Liol, Gouv.⸗ Ztg.“ meldet, der Minister der Volksaufklärung im Einverneh⸗ men mit dem Kriegs-Minister es nicht für möglich befunden, diesen Personen in Bezug auf die Ableistung der Wehrpflicht Vergünstigungen in gleicher Grundlage mit den Personen zu gewähren, welche in den Regierungslehranstalten unterrichten, und zwar in Anbetracht dessen, daß erstens die Gewährung der⸗ artiger Vergünstigungen einen breiten Weg zur Entziehung von der allgemeinen Wehrpflicht öffnen würde, und zweitens in Er⸗ wägung der Schwierigkeit, eine Kontrole über diese Personen zu organisfren, um sich davon zu überzeugen, daß sie in der That ihre Pflichten erfüllen.

Mit Bezug auf die unter den Uralischen Kosaken stattgehabten Unord nungen, die bekanntlich die Einsetzung eines Kriegsgerichts zur Folge gehabt haben, bringt die russische „St. P. 3.“ eine umfangreiche Korrespondenz aus Uralsk vom 15. September. Diese Korrespondenz schildert sehr eingehend die frühere Verfassung der etwa 90 000 Personen umfassenden ura⸗ lischen Kosakenbevölkerung und die durch das Allerhöchste Regu⸗ lativ vom 9. März d. J. betreffs Neugestaltung der Verwaltung und der Militärdienstpflicht des uralischen Kosakenheeres hervor⸗ gerufenen Veränderungen. Hiernach wären die Neue⸗ rungen zugleich mit einer nicht unerheblichen wirthschaftlichen Mehrbhelastung verbunden. Dieser Umstand, und das geringe Verständniß für die Sache im Allgemeinen sind die Veranlassung zu den Unordnungen gewesen, die jedoch keine erhebliche Bedeu⸗ tung haben.

om Amu⸗Darja wird dem „Russ. Inv.“ unter dem 14. September geschrieben:

Die Zustände am linken Ufer des Amu, d. h. im eigentlichen

Chanat Chiwa sind sehr erregt, an Unordnungen ist kein Mangel. Der ö . Räthe haben in Betreff der Turkmenen noch zu feinem Entschluß kommen können, chon im vergangenen Jahre, während seiner Anwesenheit in Chiwa, stellte der General-Adjutant Kaufmann das dringende Verlangen an Muhamed⸗Rachim Chan, un⸗ mittelbar nach dem Abzug der russischen Truppen aus seinen Besitzungen etwa anderthalb Tausend Nuker aus der Zahl der Usbeken auszu⸗ wählen und diese an den bedeutendsten Punkten des Chanats zu ver⸗ theilen, um die Einwohner zu schützen und Raubanfällen und Plün-⸗ derungen Seitens der Turkmenen vorzubeugen. Erst jetzt hat sich der Chan entschlossen, diese Maßregel zur Ausführung zu bringen, indem er den Befehl erlassen hat, 1509 Nuker zu sammeln und in den Städten des Chanats zu vertheilen. Das Auftreten der Turkmenen sst nicht wenig kühn; am 4. September plünderte eine 13 Mann starke Bande derselben ein Boot zwischen Kungrad und Chodsheili. Am rechten, d. h. an unserem Ufer des Amu, herrscht vollkommene Ruhe und es ist unter der Bevölkerung nichts bemerkbar. Die Re⸗ arkitiongliften sind den Aeltesten übergehen worden, und die Abgaben . allmählich an einzugehen. Es ist dies der erste Versuch der Abgaben rhebung von der Berölkerung des im vergangenen Jahre be— setzten Amu · Darja · Gebiets. Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. Oktober, Die Cinweihung der östlichen Stammbahn wird, der Snãllpost/ zufolge, ungefaͤhr Mitte des nächsten Monats stattfinden. Der RKöntg wird aus diesem Anlaß Norrköping besuchen. Im De⸗

zember erwartet man die Eröffnung der gstadbahn; aber der Besuch des Königs bei dieser Gelegenheit in Lund und Malmö hat, wie die „Post och Inr. Tid.“ mittheilt, aus verschiedenen Gründen, darunter die vorgeschrittene Jahreszeit, vorläufig auf⸗ gegeben und bis zum Mai 1875 aufgeschoben werden müssen.

Ueber den Vorschlag des Universitätscomitès zu Ver⸗ änderungen der Universitätsstatuten theilt „Upsala⸗ posten Folgendes mit: .

Die freie Wahl des Rektors unter den Mitgliedern des akade— mischen Konsistoriums geschieht ohne Rücksicht auf die dem Betreffenden jm! Konsistorium anzewiesene Reihenfolge. Wiederwahl darf statt⸗ finden. Alle laufenden Geschäfte sollen vom Consistorium academicum majas einem Consistorium academicum minus, welches aus 5 im Gonsist., majus gewählten Mitgliedern nebst Rektor und Prorektor zusammen geseßt ist, überwiesen werden. Die philosophische Fakultät soll in zwei Sektionen eingetheilt werden, eine humanistische und eine naturwissenschaftliche, mit zwei Kandidaten⸗ und zwei Licentiaten- examen. Die Aufhebung des Präliminärexamens wird, vorge⸗ schlagen. Das theologisch = philosophische und das med eg - phi⸗ losophische Examen wird unverändert beibehalten. Hinsichtlich des juristisch philosophischen Examens wird einige Abänderung in Vorfchlag gebracht, u. A, daß aus Rücksicht auf die alten Gesetze die nordischen Sprachen ein Examensfach bilden sellen. In Betreff der juristischen Fakultät wird vorgeschlagen, daß das jetzige Hofgerichts⸗ examen wegfallen und das juristische Kandidatenexamen als Bedingung für die Julaffung zu Richterämtern und anderen juristischen Anstellun⸗ gen gelten soll. Ferner wird ein geringeres juristisches Examen, eine Art Kanzleiexamen mit größeren Forderungen im Civil⸗ und Prozeß⸗ recht vorgeschlagen. Dieses Examen nebst einem vor diesem absol⸗ virten phisosophischen Kandidatenexamen von humanistischer Richtung soll zu höheren Civilämtern berechtigen. Für die medizinische Fakul⸗ tät sind keine wesentlichen Veränderungen in Vorschlag gebracht worden.

Dänemark. Kopenhagen, 20. Oktober. Das Kron⸗ prinzliche Paar mit dessen ältestem Sohne wird morgen, der „Berl. Tid.“ zufolge, die Prinzessin von Wales und ihre Kinder nach Lübeck begleiten und von dort die beabsichtigte Reise nach dem Sch osse Muskau, wo die Hohen Reisenden dem Großvater der Kronprinzessin, Prinz Friedrich der Niederlande, einen Besuch abzustatten gedenken, fortsetzen. .

Der neue österreichische Gesandte am dänischen Hofe, Graf Kal nocky, ist n diesen Tagen in Kopenhagen an⸗ gekommen.

Amerika. New⸗Jor k, 22. Oktober. (W. T. B.) In Folge der zwischen Negern und Weißen in Louisiana stattfindenden Reibungen sind viele Weiße verhaftet worden. Die dies jãhrige Zucerernte in den Unionsstaaten soll nach den vorliegenden Erhebungen alle seit dem Jahre 1861 dagewesenen Ernten über⸗ treffen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das Stadttheater in Stettin beging am 21. den 25. Jahres⸗ tag seines Bestehens durch eine Festvorstellung.

Die kleine geistvolle Schrift von Professor Dr. Felir Eberty: ‚„Die Gestirne und die Weltgeschich te, Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit, ist in J. A. Kerns Verlag (Max Müllery zu Breslau soeben in dritter Auflage erschienen. Die erste Edition hatte vor Jahren bereits in einer anonymen englischen Uebertragung besonders jenseits des Kanales viele Anerkennung gefun⸗ den, so daß sie, nachdem das deutsche Original in Vergessenheit ge⸗ rathen war, aus dieser ins Deutsche zurückübersetzt wurde. Die jetzige dritte Auflage ist theilweise sachlich emendirt.

In Görlitz wurde am 15. d. Mts. das Denkmal Her⸗ mann Steudners enthüllt, welcher am 19. April 1863 als Mit glied der Heuglinschen Expeditien zur Erforschung Inner⸗Afrikas da⸗ selbst starb. U

Von der illustrirten Zeitschtift Die Buntze Welt“, her⸗ ausgegeben von Wilhelm Uhland (Verlag von Adolph Wolf in Dresden) ist Heft 1 des neuen (4) Jahrgangs (1875) soeben aus⸗ gegeben worden. Dasselbe bringt Erzählungen, belehrende Artikel, nützliche Winke z. nebst guten Holzschnitt Illustrationen. Der Preis be⸗ träht für das Heft (monatlich) Mark, in Wochen⸗Nummern pro Quartal 1 Mark 60 Pf.

Die soeben erschienenen Lieferungen 8 und 9 der Kultur- geschichte in ihrer natürlichen Entwiclung bis zur Ge⸗ genwart von Friedrich von Hellwald (Verlag von Lampart Go. in Augsburg) haben folgenden Inhalt: 8. Lieferung: Soziale Entwicklung des Mittelalters: Gesetzmäßigkeitz der mittelalterlichen Kul⸗ furentwicklung. Ackerbau und Landwirthichaft. Gewerbe, Städte, Bürgerthum und Zünfte. Handelsentwicklung. Materielle Kultur. Moralische und soziale Zustände. Die Juden und andere Aus ge⸗ floßene. Rechtsverhältnisse. Vom Mittelalter zur Neuzeit: Zeit⸗ alter der Scholaftik. Die Literatut des Mittelalters, Kunstent⸗ wicklung des Mittelalters. - 9. Lieferung; Vom Mittelalter zur Reuzeit: Erfindungen und Entdeckungen. Die Kulturvölker Amerikas. Die Europäer in Amerika. Folgen der Entdeckung Amerikas. Die Renaisfance. Die Reformation. Entwicklung der modernen Kultur: Folgen der Reformation. Die Gesellschaft Jesu, Politische Ent⸗ wicklung bis zur französischen Revolution. Gestaltung der sozialen Verhällnisse. Bewegung der geistigen Kultur. Die französische Re⸗ volution.

Wie der „Heidelb. Ztg.“ mitgetheilt wird, befand sich in letzter Woche Staats -Minister. Dr. Jolly in Heidelberg; um an Berathungen über die zukünftige Unterbringung der zur Universttãt gehörenden fand, i ch fe erlich n Institute Theil zu nehmen, für welche in Folge der zugestandenen. Beseitigung des seitherigen landwirthschaftlichen Gartens anderweitige Räume, eig werden müssen, die sich theils im Friedrichsbau, theils im iesen finden werden! Auch andere Universitäts angelegenheiten sollen gleichzeitig zur Sprache kommen.

Der Präsident der Gesellschaft der ärztlichen Sanitãtsbeamten in London, Dr. Letheby, hielt kürzlich einen Vortrag „Ueber die Ergründung des Gesundheitszustandes von Gemeinden und die verhältnißmäßige Salubrität der Städte.“ Der Redner ging davon aus, daß die gewöhnliche, Methode der Mortali⸗ tätsberechnung eine völlig falsche und irreführende sei. Zunãchst würde der Einfluß der Ein⸗ und Auswanderung nicht gebührend ins Auge 84. So lange vom Lande nach der Stadt ein Influx von ungen Erwachsenen stattfände, mehrt sich die Sterblichkeitsrate in den Landdistrikten, welche sie verlassen, und mindert sich selbige in den Städten, wo ste einwandern, weil diese dadurch der lebenkostenden Aufgabe der Großziehung überhoben werden. In London mehrte sich die Vevslkerung von 2,3622536 im Jahre 1861 auf 3, 254, 260 im Jahre 1871, also um 38 *. Von diesen kommen nur 25 * auf den Ueberschuß der Geburten über die Todesfälle, während 10 jenem Einflusse von frischem Leben zukommen, ganz abgesehen von der großen Menge, welche an die Stelle derer trat, die wegen Krank⸗ heit und anderer Ursachen die Stadt verließen und anderswo starben. Ba nun in London von 109 Kindern nur 60 das Alter von 20 Jah⸗ ren erreichen, o würde die Stadt jene 296,923 Individuen, welche ihr von auswärts als Erwachsene zukommen nur mit einem Aufwande von 494,B572 Geburten und 197.949 Todes fällen haben ergänzen können. Dicse fchwere Arbeit fällt aber somit den Landdistrikten zur Last. Es ist unschwer, nachzuweisen, daß die ae. der Londoner Bevölkerung aus Provinzeinwanderern besteht. on 1851-1861 be⸗ lief sich deren 66 Quantum auf 31,820 und übertrifft die Zahl der in London Aufgewachsenen (3. 356) um mehr denn die

Hälfte. Es kann sich also die Riesenstadt beständig regeneriren,