Staatsanwaltschaft vernichtet, indem er unter Anderem aus⸗ führte: „Wenn der 5. 11 Titel 14 der Forstordnung vom 3. Dezember 1775 das unberechtigte Weiden in der Königlichen Forst mit Strafe bedroht, so wird diese, dem öffentlichen Recht angehörende Straf⸗Androhung nicht dadurch unwirksam gemacht, daß der Königliche Fiskus als Kontrahent die civilrechtlichen Folgen der Uebertretung vertragsmäßig festgesetzt. Ob und welche civilrechtliche Folgen die vertragswidrige Nutzung des ge⸗ pachteten Grundstücks nach sich zieht, ist für die Frage, ob durch die Art der Nutzung ein Strafgesetz übertreten sei, ganz un⸗ erheblich.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrathe, Kabine lã Minister, von Flottwell, ist nach Detmold zurückgereist.
— Der Kaiserliche Gesandte in Lissabon, Graf Bran⸗ denburg, hat sich gestern Abend wieder auf das Familiengut Domanze bei Breslau begeben und gedenkt dort bis zur Be⸗ endigung seines Urlaubs zu verweilen.
— Der zuletzt im Auswärtigen Amt beschäftigt gewesene Legations⸗Sekretär, Graf von Berchem, ist an die Kaiser⸗ liche Gesandtschaft in Madrid versetzt worden und begiebt sich heute über München auf seinen neuen Posten.
— Der General⸗Major Knappe⸗ von Knappstaedt, Commandeur der 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, ist nach beendig⸗ tem Urlaub hierher zurückgekehrt.
— Der General⸗Major von Voß, Commandeur der 4. Infanterie⸗Brigade, hat sich in seine Garnison Colberg zurück⸗ begeben.
— Der General⸗Major Freiherr von Reitzenstein, Commandeur der 1. Kavallerie⸗Brigade, ist zur Abstattung per⸗ sönlicher Meldungen von Königsberg i. Pr. hier eingetroffen.
— S. M. S. „Gazelle“ hat am 19. August er., Abends, Ascension verlassen, ist am 2. September cr. auf der Rhede von Banana zu Anker gegangen und beabsichtigte in 3 bis 4 Tagen wieder in See nach der Capstadt zu gehen.
Bayern. München, 4. November. Die „Allg. Ztg.“ schreibt: Bezüglich des Projektes, die bayerischen Ostbahnen für den Staat zu erwerben, sind nun die ersten Schritte ge⸗ schehen; ein desfallsiges Schreiben des Königlichen Staaks⸗ Ministeriums des Aeußern, zu dessen Ressort das Eisenbahn⸗ wesen gehört, ist dem Verwaltungsrath der Ostbahngesellschaft in seiner gestrigen Sitzung mitgetheilt worden, und hat sich der⸗ selbe daraufhin, wie wir vernehmen, bereit erklärt, mit der Staatsregierung in Unterhandlungen einzutreten. Zu diesem Zweck soll zunächst eine aus Delegirten der Staatsregierung und des Verwaltungsraths bestehende Kommission gebildet werden, die je nach den Ergebnissen der Unterhandlungen die weiter ent⸗ sprechenden Vorschläge zu machen hätte.
Sachsen. Dresden, 5. November. Ueber den an das Stadtverordneten ⸗ Kollegium gelangten Haushafstplan der Stadt Dresden für das Jahr 1875 theilt das „Dr. J.“ Folgendes mit:
Der Gesammtbedarf der kommunlichen Verwaltung für das Jahr 1875 berechnet sich auf 3,8543841 Mark, so daß dem Jahre 1874 gegenüber, dessen Bedarf nach dem vorjährigen Haushastplane mit l, I58,‚4905 Thlr. — 3475472 Mark sich beziffert, ein Mehrerfor⸗ derniß von 379,369 Mark sich herausstellt. Es beruht dieser Mehr— bedarf im Wesentlichen theils auf den Erfordnissen zur Verzinsung des Anlagekapitals der neuen Wasserleitung (deren Vollendung bis zun 1. Mai 1875 in Aussicht gestellt worden ist), theils auf den sich beträchtlich höher gestaltenden Juschüssen für das Schulwesen, sowie für die Armen, Kranken. und Arbeitsanstalten, Uater diefer Be. hältnifsen hat. ins: 4 Leranlaßt gefehen, zur Ausgleichung der Aus— gaben und Einnahmen des Haushaitplaus für 1555 pie stãdtischen Abgaben vom Grundwerth und von den Miethzinsen entsprechend zu erhöhen, und diese Abgaben mit 36 Pfennigen von je 100
zins unter die betr. Pos. der Einnahme einzustellen. Bei den Ein— nahmen ergiebt sich nach Abzug von 281045 Mark Mindereinnahme gegen 1874 eine Mehreinnahme von 378,369 Mark, und erscheinen als Hauptposten der Mehreinnahmen: 28,287 Mark, Reinertrag der Kommungrundstücke, 15,005 Mark Ueberschuß von den Wochenmaͤrkten, 19080 Mark Einnehmergebühren von Staats⸗ und anderen Abgaben, 1463 Mark Bürgersteuer, 48.021 Mark indirekte Abgaben,
Mark Abgabe von Miethzinsen. Der Mehreinnahme Abzug von 73342 Mark Minderausgaben) 393,914 ausgabe gegenüber. Die Hauptposten der Mehrausgaben sind: 16.214 Mark Gartenanlagen und Baumschule, 23 680 Mark öffentliche Be⸗ leuchtung, 187, 155 Mark Bürger⸗, Bezirks. und Gemeindeschulen, 150 859 Mark Zuschuß an die Hauptarmenkasse, 42,7 15 Mark Zuschuß an das Krankenhaus.
Württemberg. Stuttgart, 4. November. Wie der „St. A. f. W.“ mittheilt, sind durch Allerhöchste Entschließung vom 3 d. M., nach Vernehmung der evangelischen Ober⸗RKirchen⸗ behörde, zu landesherrlichen Mitgliedern der evangelischen Landes⸗ synode für den Zeitraum von 1874 78, und zwar als weltliche
Mitglieder: der Geheime Rath v. Mohl, der Ober⸗Finanz⸗Rath
v. Riecke und der Ober⸗Bürgermeister Dr. Hack in Stuttgart; als geistliche Mitglieder: der Prälat Dr. v. Hauber in Ludwigs⸗ burg, der Prälat Dr. v. Merz und der Stadtdekan Leibbrand in Stuttgart bestellt worden.
— Am 2. d. Mts. fand die feierliche Einweihung des Asyls für chronische Kranke in Winterbach in Gegenwart der Königin, der hohen Protektorin der Diakonissenanstalt, statt, welche in Begleitung der Staatsdame Freiin von Massen⸗ bach, des Kammerherrn Baron von Reischach und des Staats—⸗ Ministers von Golther mittelst Extrazuges sich dorthin begeben hatte. — Die Königin der Niederkande und die Prin⸗ zessin Friedrich von Württemberg unternahmen am 2. d. M. einen Ausflug nach Urach, wobei das dortige Schloß und die Kirche in Augenschein genommen und auch das romantische Seeburger Thal besucht wurde.
HSessen. Darm stadt, 5. November. Die Zweite Kam—⸗ mer der Stände erledigte in ihrer heutigen (982.) Sitzung zu⸗ nächst die zweite Berathung des die Ausführungsbestimmungen enthaltenden Theils des Berggesetzes und nahm diesen Theil in Gemäßheit der bei der ersten Lefung gefaßten Beschlüffe mit geringen Modifikationen an. Hierauf wurde den hefsischen An⸗ gestellten der Main⸗Neckar⸗Bahn die Gehaltsaufbesserung um für 1874 und 1875 bewilligt, sowie die Regierung ermäch⸗ tigt, diesen Betrag bei der Pension mit in Anrechnung zu bringen: beides bis zu dem Zeitpunkte, an welchem zwischen den betheiligten Regierungen (Preußen, Baden und Hessen) eine Einigung über bie Besoldungsverhältnisse sämmt⸗ licher Beamten der Main⸗Neckar⸗Bahn zu Stande kommt. So⸗ dann wurde für Herstellung eines Maschinenhauses, für Er⸗ bauung eines Materialmagazins nebst Dienstwohnung, sowie für Ausführung einer Wasserleitung im hiesigen Main-Neckar⸗Bahn⸗
11,957 Mark Hundesteuer, 217,890 Mark Abgabe vom Grundwerth, 304,200 stehen (nach Mark Mehr⸗
hof 175 000 Fl. bewilligt. Schließlich wurde der Gesetzentwurf, betreffend das Verfahren bei unfreiwilligen Versetzungen von Mitgliedern eines Juftiz⸗Kollegs in den Ruhestand, im Wesent⸗ lichen nach der Regierungsvorlase angenommen.
— Auch die Professoren und Lehrer des Mainzer bi⸗ schöf lichen Seminars haben, wie hessische Blätter berichten, an die Erste Kammer eine Vorstellung gegen die Kirchengefetze, speziell gegen den Gesetzentwurf über die Vorbildung und An⸗ stellung der Geistlichen gerichtet, welche in dem Wunsche gipfelt, die Kammer wolle den Bestimmungen des Gesetzentwurfes, „durch welche die fernere Wirksamkeit unferer philosophisch⸗theologischen Lehranstalt unmöglich gemacht und eine den kirchlichen Vor⸗ schriften und religiösen Interessen widersprechende Vorbildung unserer künftigen Geistlichen angeordnet wird“, die Zustimmung versagen.
Sach sen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 4 November. Die Vorsynode zur Berathung einer neuen Kirchenverfassung für die beiden Herzogthümer ist heute Vormittag 10 Uhr in der Augustinerkirche mit einer gottesdienstlichen Feier eingeleitet wor⸗ den, bei welcher Hr. Ober⸗Höofprediger Dr. Schwarz die Festpredigt hielt. Mittags 12 Uhr versammelten sich die Synodalen in dem Sitzungssaale des Landtags im Landschaftshaus, und der Staats⸗Minister v. Seebach hieß sie hier in einer Ansprache, mit welcher er die Vorsnnode für eröffnet erklärte, Namens der Her⸗ zoglichen Staatsregierung willkommen. Aus der Rede heben wir folgende Stellen hervor:
„Ihre Thätigkeit wird allerdings in einem etwas geringeren Um- fange in Anspruch genommen werden, als es ursprünglich beabsichtigt war. In der Verordnung vom 5. Mai 1870 ist als Berathungs—⸗ gegenstand der Vorspynode neben den Entwürfen der Verfassung und der Wahlordnung auch der eines Gesetzes, die Regulirung der Ge— haltsverhältnisse der Geistlichen betreffend, in Aussicht gestellt worden. Nach nochmaliger Erwägung hat es jedoch die Staatsregierung nicht für ganz sachgemäß erachten können, schon mit der Vorsynode, als einem konstituirenden Organ, auch ein so tief in das Materielle ein—
greifendes Gesetz zu vereinbaren, so dringend wünschenswerth ihr auch
fortdauernd eine baldige durchgreifende Regelung dieses Gegenstandes erscheinen muß. ö
Ihre Thätigkeit wird sich demnach auf die Berathung der Kirchenverfassung und der dazu gehörigen Wahlordnung zu beschrän— ken haben, deshalb aber kaum minder wichtig und bedeutungsvoll sein. Ob die beabsichtigte Umbildung unserer kirchlichen Verfassung ihren höchsten Zweck erfüllen wird, ob sie in der That der leider mehr und mehr um sich greifenden kirchlichen Gleichgültigkeit einen Damm entgegensetzen, die allgemeine Theilnahme am kirchlichen Ge⸗ meinwesen heben und damit auf die geistigen und sittlichen Kräfte im Volke fördernd und belebend einwirken wird, dies wird allerdings vorzugsweise von dem Geiste abhängen, in dem die Verfassung nach ihrer Feststellung zur Ausführung gebracht werden wird, indem nament- lich das durch dieselbe zu einer regeren Theilnahme an dem kirchlichen Leben aufgeforderte Laienelement seine Mitwirkung bei den zu schaf⸗ fenden Institutionen eintreten lassen wird. In dieser Beziehung ist aber die der Verfassung auch in ihren Einzelheiten zu gebenden For⸗ men keineswegs gleichgültig, vielmehr von hoher, vielleicht entscheiden—⸗ der Bedeutung. Und um im Zusammenwirken mit der Staatsregie⸗ rung diese rechte Form zu finden, sie so zu gestalten, daß sie mit der besseren Ueberzeugung der Mehrheit nirgends in Widerspruch tritt, daß sie, ohne der freien Bewegung irgend eine hemmende Fessel an⸗ zulegen, doch auch gegen jeden Mißbrauch, namentlich da, wo es sich um den Glauben, diefes leicht verletzbare innerste Heiligthum des Einzelnen, handelt, die nöthigen Schranken aufrichtet, eben dazu sind Sie, meine Herren, berufen . ; .
Und daß es Ihnen gelingen werde, diese wichtige Aufgabe glück— lich zu lösen, dieser Hoffnung glaubt sich die Staatsregierung in voller Zuversicht hingeben zu dürfen.“
Nach Vereidigung der Abgeordneten — ez waren ihrer von den 29 Einberufenen 23 erschienen, und die Versammlung ist veschtußfähig, wenn nur zwei Dritttheile der Berufenen erschienen sind eröffnete der Staatsrath Brückner die Sitzung, indem er behufs der erforderlichen Wahlprüfungen zunächst die Konsti⸗ tuirung eines provisorischen Bureaus veranlaßte. Als ältestes
Mark Grundwerth und mit i? Pfennigen ven 1 6) Mark Mieth. Mitglied der Versammlung wurde Abg. Schulze, als jüngstes
Abg. Hopf konstatirt. Nach der Wahlordnung war jener vor— läufig Alters⸗-Präsident, dieser Schriftführer. Beide nahmen ihr Amt an. Der Staatsrath Brückner überwies der Versammlung hierauf die Wahlakten, und die Versammlung schritt behufs deren Prüfung zur Bildung von Kommissionen.
Anhalt. Dessau, 5. November. Die Gesetz⸗Samm⸗ lung für das Herzogthum Anhalt veröffentlicht: Gesetz, einige Abänderungen der Brandkassen-Ordnung für das Herzogthum Anhalt vom 2. Februar 1867 und des Zusatzgesetzes zur Brand⸗ kassen Ordnung Nr. 197 der GesetzSammlung vom 25. Juli 1869 betreffend; Verordnung, betreffend Decisio XXXIV. zu den revidirten Erläuterungen zur anhaltischen Landes- und Prozeß⸗
ordnung.
Reuß. Gera, 3. November. (Leipz. Ztg.) In der heutigen Sitzung hatte der Landtag sämmtliche Vorlagen, theils in erster Berathung, theils zu definitiver Beschlußfassung, im Ganzen acht Gegenstände, auf dem Programm. Davon wurde Vorlage J., den Staatshaushalts⸗Etat für die Finanzperiode 1875 — 1877, nach kurzer Debatte der Finanzkommission zur Vorberathung über— wiesen. Ebenso die Vorlagen Al, Entwurf eines Gesetzes, die Besoldung der Volksschullehrer, und Ill, die Besoldungen der Geistlichen betreffend. Vorlage I über Entrichtung der Grundsteuer in Reichswährung wurde ohne Diskusston ange⸗ nommen und tritt vom 1. Januar 1875 ab in Kraft. Die V. Vorlage galt der Erhöhung des Spielkartenstempels von nächster Finanzperiode an. Der Betrag ist bei Tarok⸗Karten von 10 auf 15, bei Whist⸗ und LHombre⸗-Karten von 5 auf 10, bei deutschen Karten von 37 auf 5 Sgr. er⸗ höht. Der letztere Satz gilt auch, für französische Karten von nur 32 Blättern. Die folgende Vorlage VI., den Geschäftskreis der Physikaisärzte betreffend, wurde der Zustiz⸗ Kommission zur Vorberathung überwiesen. Die Vorlagen VöII. und XIII. betrafen Schulangelegenheiten, von denen die erstere den Bau eines zweiten Schülhauses und Anstellung eines zwei⸗ ten Lehrers in Oberböhmsdorf, resp. die dazu erbetene Sub⸗ vention aus Staatsmitteln, die letztere die Verleihung des sog. ritterschaftlichen Stipendiums am GSymnasium zu Gera betraf, über welches der Landtag die Kollatur hat und das Stipendium stets für die nächsten drei Jahre bestimmt. Nachdem die Empfän⸗ ger ernannt, wurde nach einigen geschäftlichen Erörterungen die Sitzung geschlossen, und wird die nächste erst anberaumt werden, wenn die betreffenden Kommissionen die ihnen aufgetragenen Vorarbeiten beendet haben. 3 .
Lübeck, 4 November.
An Stelle des am 1. d. M. auf geschehenes Ansuchen aus dem hiesigen Staatsdienst entlassenen und wieder in preußischen Staatsdienst übergetretenen Baudirektor Dr. Krieg hat der Senat — nachdem der Posten eines Baudirektors vorher im Gehalte auf 10 000 Rm. neben freier Dienstwohnung erhöht worden war, den Marine⸗Hafenbau⸗ Direktor Emil Louis Paul Martin, zur Zeit in Fiel, er⸗
wählt. Der Erwählte hatte die Annahme der Wahl davon ab⸗ hängig gemacht, daß ihm für den Wegfall des Anspruchs seiner dereinstigen Wittwe auf eine Pension ein dem Ersatz des für die⸗ sen Anspruch von ihm schon gemachten Zahlnungen eine Ent⸗ schädigung von 1200 Thlrn. gewährt werde. Auf desfallsigen Antrag des Senats hat die Bürgerschaft diese Entschädigung heute genehmigt, und das Anstellungs gesuch ist demgemäß voll⸗ zogen worden.
DOesterreich⸗ Ungarn. Wien, 4. November. Der Kaiser weilt heute in Salzburg, wo sich auch die Erzherzoge Franz Karl, Karl Ludwig und Ludwig Victor befinden. Heute sind funfzig Jahre . seit sich der Erzherzog Franz Karl mit der verewigten Erzherzogin Sophie vermählte.
— Der Erbprinz von Schaumburg-Lippe traf am 26. v. M. in Szlatina ein, um auf seinen Besitzungen zu jagen. Am 29 reiste der Prinz nach Veröcze, von wo er sich zum Grafen Teleki nach Siebenbürgen begiebt, um an den dortigen Bärenjagden Theil zu nehmen.
— Der Kaiser hat den bisherigen außerordentlichen Ge⸗ sandten und bevollmächtigten Minister in Athen, Freiherrn von Pottenburg, zum außerordentlichen Gesandten und bevoll⸗ mächtigten Minister am Königlich schwedisch⸗ norwegischen Hofe ernannt.
— 5. November. (W. T. B.) Im Abgeordneten⸗ hause wurden zunächst mehrere Interpellationen, namentlich über den Stand der Eisenbahnbauten in der europäischen Türkei, über den Ban einer Eisenbahn von ungarisch Hradisch nach Brünn und bis an die bayerische Grenze und über den Bau der Bahn von Wien nach Novi eingebracht. Hierauf begann die Generaldebatte über das Aktiengesetz. Der Justiz-Minister bezeichnete dabei als Zweck der Vorlage, daß die Vorgänge bei Gründung von Aktiengesellschaften der Oeffentlichkeit nicht ent⸗ zogen werden sollen, und daß ferner das gezeichnete Aktienkapital auch wirklich einzahlt und ausschließlich seinem Zwecke entfpre⸗ chend verwendet werde. Derselbe widerlegte zugleich die gegen den Gesetzentwurf vorgebrachten Einwendungen und vertheidigte die Regierung gegen den Vorwurf, daß sie vor Beginn der Krisis mit zu wenig Vorsicht zu Werke gegangen fei. Das Haus beschloß einstimmig, die Regierungsvorlage der Spezial⸗ debatte zu Grunde zu legen, und nahm bei letzterer den ersten Paragraphen in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung an.
Schweiz. Bern, 3. November. (Wes. Ztg.) Die Kom⸗ mission des Ständerathes, welche erst letzten Donnerstag für Vorberathung der bundesräthlichen Vorlage, batreffend die neue Militärorganisation, zusammengetreten, hat ihre Aufgabe schnell gelöst. Bei dem heute Morgen 10 Uhr nach kurzer Ver⸗ tagung stattgefundenen Wiederzusammentritt des Ständerathes erklärte sie sich zur sofortigen Berichterstattung bereit, welche dann auch, namentlich unter Prüfung der finanziellen Folgen des neuen Gesetzes, Seitens des Kommissions-Mitgliedes Roguin von Lausanne in einem langen, aber nur allgemein gehaltenen Votum, welches mit dem Antrage auf Eintreten auf artikelweise Be⸗ rathung schloß, erfolgte. Auf die allgemeinen Bemerkungen der Kom⸗ mission, von welcher kein anderes Mitglied als Roguin das Wort er= griff, erwiderte Bundesrath Welti als Ehef des eidgenössischen Militär⸗ Departements mit einigen ebenfalls nur allgemein gehaltenen Gegenbemerkungen. Im Ganzen stellt die Kommission nur bei 26 Artikeln des neuen Gesetzes von der Redaktion des Nationalrathes abweichende Anträge, so daß aller Wahr⸗ scheiulichkeit nach feine ständeräthliche Berathung bis zum Wiederzusammentritt des Nationalrathes am 9g. November be⸗ endigt sein wird. Heute handelte es sich nur um Artikel 2, welcher die Enthebung von der Wehrpflicht zum Gegenstand hat. Hier beantragte die Kommission des Ständerathes, daß, außer den Mitgliedern des Bundesraths und dem Kanzler auch die Mitglieder des Bundesgerichts und die Bundesgerichtsschreiber während ihrer Amtsdauer der Wehrpflicht enthoben fein sollen, was aber auf den Antrag Vigiers von Solothurn mit 13 gegen 10 Stimmen verworfen wurde, während diese Bestimmung in Betreff der Bundesgerichtsschreiber dagegen mit 14 gegen 11 Stimmen Annahme fand. Ein Antrag, auch die kantonalen Regierungsräthe von der Wehrpflicht zu befreien, blieb mit 9 gegen 14 Stimmen ebenfalls in Minderheit, fo daß nun dieser Artikel bis auf die unwesentliche, die Bundesgerichts schreiber betreffende Bestimmung in der bereits bekannten nationalräth⸗ lichen Fassung Bundesbefchluß ist. —
— 5. November. (W. T. B.) In der Sitzung des Ständerathes wurde heute bei Fortberathung des Militär⸗ gesetz es beschlossen, die Studirenden an den höheren Unter⸗
richtsanstalten auf eventuelles Ansuchen bis zu ihrem 25. Lebens⸗
jahre vom Militärdienste zu befreien.
Großbritannien und Irland. London, 4. Novem⸗ ber. Der Prinz und die Prinzessin von Wales besuchten gestern von Packington Hall aus, wo sie die Gäste des Grafen und der Gräfin von Aylesford sind, Birmingham. Am Weichbilde der Stadt wurden sie von dem Bürgermeister Joseph Chamberlain sowie dem Fest⸗Comité empfangen und hielten dann inmitten jubelnder Menschenmassen ihren Einzug in die im Festesschmucke prangende Stadt. In dem prächtig geschmückten Rathhause wurden Ihre Königlichen Hoheiten mit Sang und Klang begrüßt, worauf die Üeberreichung einer Willkommen⸗ Adresse der Korporation erfolgte. Nach dem Dejeuner besuchte das Thronfolgerpaar mehrere sehenswürdige Fabrik⸗Etablissements und kehrte alsdann nach Packington Hall zurück. Am Abend wurde die Stadt prächtig illuminirt und der festliche Tag verlief ohne Störung oder Unfall.
— Der neu ernannte griechische Gesandte am Hofe von St. James, Spiridion Valaoritny, ist in London angekommen.
— Wie die „Daily News“ erfährt, soll heute eine Privat⸗ sitzung des Gemeinderaths der City stattfinden, zu dem Behufe, die Zweckmã h ei einer Verleihung des Ehrenbürgerrechts 3 City an Den Premier⸗Minister Disraeli in Erwägung zu ziehen.
— Lord Lotton ist dem Vernehmen nach an Stelle Sir Henry George Elliots zum britischen Botschafter in Konstanti— nopel ernannt worden. ;
— 6. November. (W. T. B.) Demnãächst steht hier die Bildung einer altkatholischen Kongregation zu erwarten. Die einleitenden Schritte zur Konstituirung derselben sind be⸗ reits erfolett. Das zu Grunde gelegte Glaubensbekenntniß soll dasjenige sein, auf welchem die ersten ökumenischen Konzilien standen, d. h. der Glaube an ein ungetheiltes Christenthum.
— (W. T. B.) Gestern Abend empfing der Erzbischof Manning eine Anzahl namhafter Würdenträger der römischen Kirche und besprach mit ihnen das Projekt eines demnächst hier zusammenzutretenden internationalen katholischen Kon⸗ gresses. Der Erzbischof bemerkte, daß er seit wenigen Stun⸗
den in Erfahrung gebracht habe, daß die katholische Welt durch einen Streit bedroht werden solle, welcher sich über alle Beschlüsse des vatikanischen Konzils verbreiten würde. Auf der Tagesordnung des Kongresses steht die Aufrechterhaltung der Infallibilität des Papstes, die Anerkennung seines Rechtes auf die weltliche und geistliche Macht. Ferner soll eine Erklärung abgegeben werden, daß es die Pflicht aller Christen sei, zur Obedienz des Papstes zurückzukehren. Die Direktiven für diesen Kongreß sollen unmittelbar vom Vatikan her erlassen sein, und werden hervorragende Persönlichkeiten des römischen Klerus dem Meeting beiwohnen.
— 5. November. (W. T. B.) Bazaine ist heute in Begleitung seiner Frau und seiner Kinder auf einem englischen Dampfer von hier nach Lissabon abgereist. Von dort gedenkt derselbe sich nach Madrid zu begeben, wo er bereits eine Woh⸗ nung gemiethet hat. Die Nachricht, daß 1 der spanischen Regierung seine Dienste angeboten habe, entbehrt jeder thatsäch⸗ lichen Begründung.
Frankreich. Paris, 4 November. Das „Journal officiel veröffentlicht ein vom 28. Oktober datirtes Dekret des Präsidenten der Republik, betreffend die Civilpersorgung der ausgedienten Unteroffiziere der Land⸗ und See⸗ Armee. Die diesen ehemaligen Unteroffizieren zugedachten Civil⸗ ämter zerfallen in vier Kategorien: die erste wird auf Grund einer besonderen Prüfung, die zweite in Folge des Nachweises von Kenntnissen, welche über die Elementarschule hinausgehen, die dritte auf Grund des Nachweises solcher Elementarkenntnisse und die vierte endlich an jeden mit den nöthigen Wohlver⸗ haltungszeugnissen versehenen ehemaligen Unteroffizier vergeben.
— Fürst Barclay de Tolly, Kaiserlich ruffischer General⸗Adjutant und Divisions⸗General der Garde, ist in Paris eingetroffen. .
— In der russischen Kapelle der Rue Daru fand gestern das Leichenbegängniß des hier verstorbenen Generals Philosophoff, eines Adjutanten des Kaisers und ehemaligen Erziehers der Kinder des Kaisers Nikolaus, statt. Das ganze Personal der russischen Botschaft wohnte der Feierlichkeit bei.
— 6. November. (W. T. B.) Die „Republique frangaise“ meldet, daß die Antwort des Herzogs von Decazes auf die letzte spanische Beschwerdenote dem Marquis de la Vega y Armijo am nächsten Montag oder Dienstag zugestellt werden wird. Ueber den Inhalt der Erwiderung theilt das Journal mit, daß jeder von der spanischen Regierung namhaft gemachte Beschwerdepunkt einzeln von Neuem erörtert wird. Die aufgestellten. Behauptungen der spanischen Regierung werden durch schriftliche Beweisstücke wider⸗ legt. Im Uebrigen müsse man es ablehnen, in Dis⸗ kussion über die militärische Bewachung der Grenze und die etwaige Abberufung französtscher Beamten in den Grenzdeparte⸗ ments zu treten. Solche Fragen seien als innere Angelegen⸗ heiten Frankreichs zu betrachten. Die Note werde anderen Mäch⸗ ten nicht übermittelt werden, da es bekanntlich der spanischen Regierung zum Vorwurf gemacht worden sei, ihrer Beschwerde durch Mittheilung an die europäischen Kabinete einen internatio⸗ nalen Charakter gegeben zu haben. Dem Vernehmen des Jour⸗ nals zufolge hätte der Graf von Ehaudordy in Madrid diese Erwiderung bereits mündlich mitgetheilt.
Spanien. Madrid, 5. November. (W. T. B.) Hier eingetroffenen amtlichen Meldungen zufolge haben die Car⸗ listen das Bombardement auf Irun fortgesetzt, aber ohne erheblichen Schaden anzurichten. Die Belagerer sollen dagegen bedeutende Verluste erlitten haben. — Gestern haben die Re⸗ gierungstruppen die Carlisten in einem Gefechte bei CGastel— lon de Ampurias (Provinz Gerona) geschlagen.
— Aus Lajungquera wird über Paris vom 5. gemeldet, daß eine Kolonne von Freiwilligen, welche während des letzten Gefechts bei Castellon von Figueras auf Castellon marschirte, von den Carlisten völlig geschlagen worden sei und ihre Artillerie verloren habe.
Italien. Rom, 31. Oktober. (It. N.) Der Kultus⸗ Minister Bonghi, der heute Morgen nach Rom zurückkehrte, ist in Neapel sehr sympathisch empfangen worden. Sowohl bei seiner Ankunft wie bei seiner Abreise wurde er von zahlreichen Personen begrüßt, und ebenso viele lauschten seinen Worten, als er sich im technischen Institut vernehmen ließ. Die in Neapel anwesenden Sengtoren und Deputirten hatten auch Herrn Bonghi zu Ehren ein Gastmahl veranstaltet. ;
— Fürst Gortschakoff ist in Florenz angekommen.
— Am 27. v. M. ist vor Messing ein französisches und am 28. vor Palermo ein englisches Geschwader an— gekommen.
— Am 31. Oktober Abends fand, wie die „Perseveranza“ berichtet, die Eröffnung der Säulenhallen an der nördlichen Seite des Domplatzes in Mailand statt. Die lange masestätische Flucht von Säulen und Bogenwölbungen, von oben wie von der Seite glänzend beleuchtet, bot einen imposanten Anblick; die promenirende Menschenmenge spendete dem Erbauer, Mengoni, einmüthig wohlverdientes Lob. Kronprinz Humbert wohnte
der Eröffnung bei. — 5. November. (W. T. B.) Die Regierung glaubt, in dem Parlament auf eine Majorität von 80 bis 100
Stimmen rechnen zu können.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. November. Aus dem Gutachten der Staatsrevision geht hervor, daß die Ausgaben für den Reichstag, welche in 1872 ca. 4038, 600 Kronen betrugen, sich in 1873 auf 433,443 Kronen beliefen. Da⸗ von betrugen die Diäten für die Mitglieder der Zweiten Kammer 230900 Kronen, Reiseunkosten 17000 Kronen, Honorare der Reichstags⸗Angestellten 101, 0090 Kronen, Druckkosten 50, 000 Kr., Ausgaben für Papier, Licht, Wärme 24. 35,000 Kronen.
Dänemark. Kopenhagen, 3. November. Der 5. 1 des von Berg, J. A. Hansen, Boysen, Th. Nielsen ꝛc. einge⸗ brachten Gesetzentwurfs, betreffend die Gehalte der Prediger, lautet: „Unter die Finanzen des Staats sollen bei eintretender Vakanz nach Ablauf des Gnadenjahres die den geistlichen Aemtern bisher beigelegten Kornzehnten ꝛc. eingezogen werden.“ In dem Regierungseniwurf heißt es im 5. 13, daß die betreffenden Einkünfte der Predigerstellen auf dem jährlichen Finanzetat auf⸗ zuführen seien, jedoch auf dem speziellen Budget des Kultus⸗Mini⸗ steriums unter dem Konto: Kirchliche Zwecke. Fommen Ueberschüsse heraus, so sollen sie ein Staatsaktiv bilden, welches zur Errich- tung neuer Predigerstellen z verwandt werden kann. Etwaiges Defizit wird aus diesem Staatsaktiv ergänzt. Darin liegt der prinzipielle Unterschied dem Antrage der Linken gegenüber.
Asien. Aus Indien wird die Eröffnung der SHyderabad⸗Staatseisenbahn, welche die große mohame⸗ danische Stadt des Deecan in direkte Verbindung mit Madras, Calcutta und Bombay bringt, gemeldet. Ueber dieses Ereigniß bemerkt die ‚ Bombay Gazette:
„Die Bahn ist eiwas über 100 Meileg lang und geht vorläufig!
nur bis Secunderabad, einem der größten Depots britischer Truppen in Indien; aber ihre große kommerzielle und politische Wichtigkeit kann nicht verkannt werden. Hyderabad ist eine wilde Stadt mit etwa 400 000 Einwohnern, und eine der Hauptarbeiten, welche die Eisenbahn zu vollbringen hat, ist, die Massen roher Halbbarbaren, die hinter ihren Mauern wohnen, za civilifsiren. Bei einem vom Nizam gegebenen Bankett wurde ein Brief vom Vizeksnig verlesen, der Se. Hoheit zu dem in seinem Gebiet soeben vollendeten Werk warm beglückwünscht. Es wurden auch viele Reden gehalten, in denen die Vortheile, welche die Staatsbahn Über kurz oder lang den Gebieten des Nizam zuwenden dürfte, hervorgehoben und gewür— digt wurden. Die Festlichkeiten sind nicht harmlos verlaufen. Ein irrthümlich mit trockenem anstatt nassem Puloer gefüllter Raketen— mörser erplodirte, wodurch vier Eingeborene getödtet und funf ernstlich verwundet wurden.“
Aus Caleöutta wird unterm 3. d. telegraphisch berichtet: Der Vizekönig kehrte gestern hierher zurück. Derselbe hat das Aufgeben von Hazaribangh als eine militärische Station für Europäer beschlossen. Die erste Truppenabtheilung für die Expedition gegen die Dufflas, einen Bergstamm im äußersten Nordosten, verließ gestern Calcutta. Die Brücke über den Hughby erweist sich als ein großer Erfolg.
Vier Häuptlinge von Rord⸗⸗Afghanisten haben sich öffentlich zu Gunsten von Jacub Khan erklärt und ein Bündniß mit ihm geschlossen. Sie haben sich verpflichtet, 4000 Uzbeg⸗Truppen gegen seinen Vater Shir Ali ins Feld zu stellen.
— Der „Times“ wird von ihrem Korrespondenten in Morar vom 4 ds. telegraphirt: „Der Hauptgefangene, (den man für Neng Sahib hält) wurde heute Morgen unter der Obhut eines Offiziers und vier Unteroffizieren per Dak via Agra nach Cawnpore gesandt. Der andere Gefangene sagt, daß Nena ihm den Brief an Scindia, worin er dessen Schutz an— flehte, diktirte, ihn unterzeichnete, und daß er zur Zeit nüchtern war. An diesem Manne wurde ein wichtiges Memorandum ge⸗ funden, die Namen der Nepaul⸗Beamten und auch einiger unfe⸗ rer oberen Beamten, die auf Nena's Diktat niedergeschrieben wurden, um Seindia zu überzeugen, enthaltend. Oberst Wil⸗ loughby Osborne's Meinung uͤber die Identität des Nena ist unverändert. ;
Australien. Aus Sydney wird unterm 3. ds. tele— graphirt: 'Das Parlament von Reu⸗Süd⸗Wales ist eröffnet worden. Der Gouverneur der Kolonie theilte in seiner Eröffnungsrede mit, daß vor den allgemeinen Wahlen wenig öffentliche Geschäfte vorlägen. Er zeigte die Absicht der Regie⸗ rung an; die öffentliche Schuld alljährlich zu reduziren.
Die Rr. 42 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die preußische Gesetzgebung und Rechtspflege, heraus— gegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums, enthält folgende Erkennt⸗ nisse des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz- Konflikte vom 10. Oktober 1874: Anordnungen der Aufsichts behörden über die Abschließung von Jagdpachtverträgen Seitens der Gemeinde— behörden können von den letzteren im Rechtswege nicht angefochten werden. — Gegen strompolizeiliche Verfügungen ist der Rechtsweg unzulãässig.
Statistische Nachrichten.
Das vom statistischen Büreau des Herzeglichen Staats⸗Mi⸗ nisteriums in Braunschweig herausgegebene J. Hest der Beiträge zur Statistik des Herzogthnms Braunschweig enthält nähere Nachweise über die Bewegung der Bevölkerung in den Jahren 1853 bis 1872. Danach betrug die Gesammtbevölke— rung des Herzogthums nach der Zählung vom 1. Dezember 1871: 311,764 Köpfe und hat sich gegen die am 3. Dezember 1852 er— mittelte Bevölkerung (271,208 Einw.) um 40,556 Köpfe oder 14,5 Proz, im jährlichen Durchschnitt um O,, Proz. vermehrt. In den Städten betrug die Zunahme 27,180 Köpfe oder 33560 Proz. (pro Jahr 1,83 Proz), in den Landgemeinden nur 13,376 Köpfe oder 79,0
Proz. (pro Jahr G37 Proz), so daß also die prozentale Bevölke⸗
rungszunahme der Städte jene der Landgemeinden fast um das Vier— fache übertrifft; in verschiedenen ländlichen Bezirken (Thedinghausen, Walkenried, Hasselfelde, Ottenstein u. s. w) hat seit 1852 nicht allein keine Zunahme, sondern eine nicht unbeträchtliche Verminderung der Einwohnerzahl stattgefunden. .
Die Zahl der Trauung en betrug von 1853 — 1872, 50,769 im jährlichen Durchschnitt 2538, so daß also auf 19000 Einwohner jährlich 88 Trauungen treffen. Die Heirathsfrequenz unter der städtischen Bevölkerung ist etwas größer, als unter der ländlichen, da auf 10,000 Einwohner in den Städten jährlich 90 Trauungen, in den Landgemeinden nur 87 kommen. Die Zahl der im obigen Zeit raum Geborenen beträgt insgesammt 197105 oder durchschnittlich im Jahre 9855, so daß also auf 10009 Einwohner 341 Geborene entfallen. Die Fruchtbarkeit unter der städtischen Bevölkerung (325 Gehor, auf 10000 E) ist etwas gerinzer, als unter der ländlichen (G49 Gebor. auf 10,000 E). Unter der Gesammtzahl der Geborenen waren 101 616 Knaben und 95,489 Mädchen, so daß auf 1000 neu⸗ geborene Mädchen 1034 neugeborene Knaben kommen. Im Durch— schnitt wurden jährlich 8181 eheliche und 1673 uneheliche Kinder geboren, so daß unter 109 Geburten 83 eheliche und 17 uneheliche waren. Für die ländliche Bevölkerung ist die Verhältnißzahl der unehelichen Geburten um etwas größer (17.3, als für die städtische (16. Todt geboren wurden S563 oder durchschnittlich 428 im Jahre; auf 106060 Ge— borene überhaupt treffen mithin 434 Todtgeborene oder 1 auf 23,0. — Die Zahl der Sterbefälle (ohne Todtgeborene) hat in den Jahren 1855.72 141,894 oder im Durchschnitt 7094 jährlich betragen; ein Sterbefall trifft danach durchschnittlich auf 4057 Lebende, oder auf 10000 Lebende kommen 246 Sterbefälle. Die Sterblichkeit war unter der ländlichen Bevölkerung (auf 10000 E. 243) etwas ge⸗ ringer, als unter der städtischen (292 auf 10000 C.). Unter den jährlich Gestorbenen waren 3540 männlichen und 3554 weiblichen Geschlechts, mithin treffen auf 1000 weibliche 996 männliche Sterbe⸗ fälle. Unter 100 Gestorbenen waren unter 5 Jahre alt: 38,83 (41. männl., 35351 weibl.), von 5— 20 Jahr 8, (8,6 männl., 7,9 weibl.), von 20 — 60 Jahr 27,42 (26, s männl, 28,35 weibl.), 60 Jahr und darüber 2533 (2333 männl., 27,83 weibl.), während bei den übrigen Gos das Alter unbestimmt war. .
Die Gesammtzahl der von 185372 Ausgewanderten war 11,995, die der Einge wanderten 3702; im Durchschnitt sind auf 00009 Einwohner jährlich 21 ausgewandert und 6 eingewandert. Die Auswanderung aus den Landgemeinden (22 auf 10900 E) war nur etwas stärker, als aus den Städten (19 auf 19009 E.), während die Einwanderung in die Städte (13 auf 10000 Es) jene in die Landgemeinden G auf 106000 E) um mehr als das Vierfache über—= stieg. Bei der städtischen Bevölkerung wurden etwa z, bei der länd⸗ lichen aber noch nicht ganz „ des Abganges durch Auswanderung in Folge der Einwanderung wieder ersetzt. Unter der oben angege⸗ nen Gesammtzahl der Ausgewanderten waren 7856 mãnnlichen (656 *) und 4139 weiblichen Geschlechts (345 ). Der Kapital⸗ werth des Vermögens der ausgewanderten 11,995 Personen wird auf 5, M9, 753 Thlr., im Durchschnitt also auf 423 Thir. für jeden Aus⸗ wanderer berechnet.
— Dem „Bülletin frangais“ zufolge zählt Paris nach den letzten Erhebungen 1,851,792 Einwohner. Im Jahre 1873 wurden in der französischen Hauptstadt 55, 905 Kinder geboren und zwar 28, 244 Knaben und 27,661 Mädchen. Die Zahl der Geburten blieb um 989 hinter jener von 1872 zurück. Die außerehelichen Kinder standen
im Jahr 1873 zu den ehelichen in dem Verhältniß von 100 zu 369; von den ersteren ist etwa der 5. Theil legitimirt worden. Gestorben sind im Jahr 1873 in Paris 41,732 Personen und zwar 21,380 männlichen und 20352 weiblichen Geschlechts. Die Zahl der Hei⸗ rathen belief sich auf 19,520, d. i, um 1358 weniger, als im Jahre 1872.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der Vierte Jahresbericht des Landes-Medizinal— Kollegiums über das Medizinalwesen im Königreich Sachsen auf die Jahre 1879 und 1871 (Dresden, in' Kom⸗= missien bei C. Heinrich, 1874) enthält: Einleitung. — JI. Abschnitt. Die ärztlichen und pharmaceutischen Organe der Medizinalverwal⸗ tung. — 2. Abschnitt. Das öffentliche Gesundheitswesen. Die öffentlichen Gesundheitszustände: Die Sterblichkeits und Krankhests— verhältnifse im Allgemeinen. Die epidemischen Kranktzeiten. Die öffentliche Gesundheitspflege: Die Nahrungsmittel, die Getränke 0. — 3. Abschnitt. Das Heilpersonal und die Heilanstalten. — An— hang. Fruchtbarkeits und Sterblichkeitsverhältniß im Jahre 1876. — Morbilitätsstatistik des Medizinalbezirks Meißen 1876, 1871. — Lokalbauordnung für die Gemeinde Reudnitz (im Auszuge). — Re— sultate der Irrenzählung am 1. Dezember 1871. — Die Verbreitung der Cholera im Königreiche Sachsen nach den Erfahrungen der Jahre 1832— 1872. Von Dr. H. Reinhard. (Mit einer Karte.)
— Aus Bayreuth schreibt man: Der schöne Vorbau des Hauses Richard Wagners ist vor Kurzem mit einer Sgrafitto⸗ Zeichnung geschmückt worden, welche Robert Krauße, Historienmaler aus der Schnorrschen Schule, entworfen und ausgeführt hat. Diese allegorische Komposition zeigt als Mittelfigur den deutschen Mythus in der Gestalt Wotans, als Wanderer gedacht, und wie er der Volks— phantasie bis in das Mittelalter erschienen ist; den dreikrãmpigen Hut tief über das eine Auge herabgesenkt, lauscht er auf seine zwei Raben, und kündet die geheimnißvolle Märe den ihn umgebenden Gestalten. Rechts blickt die griechische Tragödie ihn an, links die Musik, und zu dieser sieht hinauf, als Knabe Siegfried dargestellt, das Kunstwerk der Zukunft.
— Die Arbeiten der Gelehrten⸗Amu⸗Darja⸗Expe—⸗ dition sind nach der russischen „St. P. Ztg.“ abgeschlofsen. Nur Hr. Dorand und Hr. Mühlberg bleiben noch in der Gegend, um ein meteorologisches Observatorium einzurichten. Die übrigen Mitglieder begeben sich auf den Heimweg. Der Oberst Stoljetow, der Engländer Word und der Botaniker Ssmirnow kehren über den See Dau-Kara und Kasalinsk zurück. Auf demselben Wege wird auch der Geolog Ssewerzow nach Taschkent gehen. Der Geolog Barbot de Marni hat eine kühne und schwierige Reise durch die Sandwüste Kisyl⸗ Kum, durch die Berge von Bukan und Nuratin nach Ssamarkand unter nommen.
Gewerbe und Handel. In der am 31. Oktober in Mülheim a. d. Ruhr abgehal—⸗ tenen Generalversammlung des Bergwerksvereins Friesrich— Wilhelms-⸗Hütte wurde die Vertheilung einer Dividende von 6x für die Prioritäts-Stamm-⸗Aktien beschloffen, nachdem aus dem Brutto⸗Gewinn 52,196 Thlr. zu Amortisationen und ca. 45090 Thlr. zur Dotirung des Reservefonds bestimmt worden waren. Die Amor⸗ tisationen betragen nunmehr 412,548 Thlr., während sich der Reserve— fonds auf 50,52 Thlr. stellt. Aus dem Geschäftsberichte geht hervor, daß Maschinenfabrik und Gießereien stark beschäftigt sind, daß der alte Hochofen vor kurzer Zeit wieder angeblasen worden ist, und daß von der neuen Hochöfen und Koksöfen⸗Anlage vor einigen Tagen 46 Koksöfen in Betrieb gesetzt wurden. Der erste Hochofen der neuen Anlage, mit Withwell-⸗Apparaten versehen, wird in den nächsten Tagen dem Betrieb übergeben und der andere im Laufe dieses Winters
fertiggestellt werden.
— (Wien. Ztg.) Im Jahre 1871 waren in Wien 40,482 Ge⸗ werbe in Ausübung, 1872 48514 und 1873 50,392. An Erwerb⸗ steuer wurden hierfür entrichtet: im Jahre 1871 1,003,250 fl, 1872 L064,085 fl. und im Jahre 1873 1,246,697 fl. Eine Abnahme ist auch für das Jahr 1874 nicht zu besorgen, da die Zahl der Ge⸗ werbsanmeldungen fortwährend im Steigen begriffen ist.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die feste Moselbrücke bei Bernkastel ist soweit voll⸗ endet, daß sie bereits mit schwerem Fuhrwerk befahren wird. Die feierliche Eröffnung wird wahrscheinlich am 18. d. Mts. erfolgen.
— Aus Mainz, 4. November, wird der Darmst. Itg.“ geschrie⸗ ben: Die Befürchtung, daß anläßlich der äußerst kühlen Nächte und der allgemeinen Trockenheit des Erdreichs das Wasser des Rheins sehr stark fallen und dadurch die Schiffahrt lahm gelegt würde, ist schneller, als man vermuthet, zur Wahrheit geworden. Bereits zeigt das Pegel nur noch 2 Fuß 6 Zoll, durchschnittlich fällt es, wenn wir die Kälte der verflossenen Nächte andauernd behalten, Tag und Nacht 2 Zoll und es braucht nicht lange mehr zu dauern, so ist kein Fahr⸗ zeug mehr im Stande, den Rhein zu passiren. Schon haben piele Schlepper ihre Fahrten einstellen müssen. Ferner ist noch zu erwäh⸗ nen, daß die Passagierboote von Coblenz an zu Berg schon länger als acht Tage nicht mehr fahren können, und daß ein Schrauben— boot gegenwärtig nicht mehr zu sehen ist.
Aus dem Wolff'schen Telegraphen-⸗Büreau.
Lon don, Freitag, 6. November, Vormittags. Die Morgen—⸗ blätter enthalten Meldungen aus Montevideo vom 4 d. Nach denselben ankerte das Geschwader der Insurgenten vor Buenos—⸗ Ayres. Ein neuer Zusammenstoß der Insurgenten mit den Regierungstruppen war noch nicht erfolgt. Der Insurgenten⸗ dampfer „Montevideo“, welcher in den Gewässern von Uruguay vor Anker gegangen war, ist von der Regierung von Uruguay mit Beschlag belegt.
Königliche Schauspiele.
Sonnabend, den 7. November. Opernhaus. (216. Vor⸗ stellung Die Hochzeit des Figaro. Oper in 4 Abtheilungen mit Tanz von Beaumarchais. Musik von Mozart. Die Gräfin: Fr. v. Voggenhuber. Susanne: Fr. Mallinger. Cherubin: Frl. Lammert. Almaviva: Hr. Betz. Figaro: Hr. Krolop. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (224. Vorstellung) Zum ersten Male: Ein Erfolg. Lustspiel in 4 Akten von Paul Lindau. In Scene gesetzt vom Direktor Hein.
Anfang halb 7 Uhr. Mittel. Preise.
Sonntag, den 8. November. Opernhaus. (217. Vorstel⸗ lung Der Prophet. Große Oper in 5 Akten nach Scribe. Musik von Meyerbeer. Fides: Frl. Brandt. Bertha: Frl. Leh⸗ mann. Johann v. Lenden: Hr. Niemann. Oberthal: Hr. Schmidt. Anfang halb ?7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (225. Vorstellung.) Zum ersten Male wie⸗ derholt: Ein Erfolg. Lustspiel in 4 Akten von Paul Lindau. Anfang halb? Uhr. Mittel⸗Preise.
Es wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Opern⸗ haus⸗, wie zu den Schauspielhaus⸗Vorstellungen) in den Brief⸗
kasten des . welcher sich am Anbau desselben, gegen⸗
über der Katholischen Kirche, befindet, zu legen. Dieser Briefkasten ist täglich für die Vorstellungen des fol⸗ genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöffnet. Meldungen um Theater⸗Billets im Bureau der General⸗ Intendantur oder an anderen Orten werden als nicht eingegan⸗ gen angesehen und finden keine Beantwortung.