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erachtet, die Bestrafung aus 5§5§. 185, 186 auszuschließen. Den hiergegen von N. ergriffenen Kassationsrekurs hat das Ober⸗ Tribunal verworfen, indem es im Erkenntniß unter Anderem ausführt: Wenn nach Artikel 22 der Reichsverfassung und FJ. 12 des Reichs ⸗-Strafgesetzbuchs wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Verhandlungen des Reichs⸗ tags, des Landtczs oder einer Kammer eines zum Reich gehörenden Staates von jeder Verantwortlichkeit frei bleiben, so besteht eine gleiche Vorschrift bezüglich der Berichte über die öffentlichen Verhandlungen der Gerichte nicht. Die im F. 193 des R. Str. G. B. anerkannte Straffreiheit solcher, an und für sich die Ehre eines Andern beeinträchtigender Aeuße⸗ rungen, welche lediglich zur Ausführung und Vertheidigung von Rechten und zur Wahrnehmung berechtigter Interessen ge⸗ schehen, vermag in dem vorliegenden Falle nur Denjenigen zu decken, welcher zu solchen Aeußerungen durch die Vertheidigung seiner Rechte und die Wahrnehmung berechtigter Interessen veranlaßt wird, und ist auch für die hierbei in Er⸗ füllung einer Amtspflicht handelnde Person auf die Verhand⸗ lungen, bei welchem sie solchem Zwecke dienen sollten, beschränkt. Eine Wiederholung aber und weitere Verbreitung solcher Aeuße⸗ rungen durch die Artikel einer Zeitung ist als eine neue selbst⸗ ständige, das Recht eines Andern auf Ehre schädigende Kund⸗ gebung zu betrachten und nach Maßgabe der sonst festzustellen⸗ den Merkmale der allgemein die Bestrafung der Beleidigungen betreffenden Vorschriften, mit Strafe zu belegen, ohne daß die Strafbarkeit einer solchen Handlung durch die Feststellung der beleidigenden Absicht bedingt wäre.
— Ein Gewerbetreibender, welcher ein öffentliches Lokal hält, ist nach einer Ober⸗Tribunals⸗Entscheidung vom 14. Oktober er. befugt, Einzelnen den Aufenthalt darin zu versagen. — „Aus dem Betriebe eines offenen, auf den unmittelbaren Verkehr mit dem Publikum berechneten Gewerbes läßt fich nur ein, übrigens auch der Beurtheilung nach den kon⸗ kreten Umständen unterliegender, Wahrscheinlichkeitsgrund für die stillschweigende Zustimmung oder die Aufforderung zum Eintritt Seitens des Geschäftsinhabers zum Behufe gewerblichen Verkehrs folgern. Diese Annahme verliert jedoch ihre Bedeutung, nach⸗ dem dem Eingetretenen aus irgend welcher Veranlassung der entgegengesetzte Wille des Geschäftsinhabers kund gegeben und damit die Aufforderung zum Verlassen des Lokals verbunden ist.“
— Der Fürst Carl zu Carolath⸗Beuthen ist gestern Nachmittag aus Carolath hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.
— Der General⸗Major Freiherr von Reitzenstein, Com⸗ mandeur der 1. Kavallerie⸗Brigade, hat sich nach Königsberg i / Pr. zurückbegeben.
— Der General⸗Major von Briesen, Commandeur der 2. Infanterie⸗Brigade, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen von Königsberg i / Pr. hier eingetroffen.
— S. M. S. „Elisabeth“ ging am 21. August e. von Yokohama in See, ankerte am 24. desselben Monats in Hako⸗ date, verließ diesen Ort am 1. September c. und traf am 5. desselben Monats früh wieder in Jokohama ein.
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— Ueber diejenigen Schiffe der deutschen Marine, welche entweder in auswärtigen Stgtiavrngr m bte - ntudste Mäm⸗ . w ö Mittheilungen:
Elisabeth“ anonen — 380 M. Besatzung) in 9 zum Schutz Der dort lebenden Deutschen. ich f zn ö wie ihre Ablösung, die Ariadne“, in Ching ankommt. Sie war im Oktober 1872 nach Westindien gegangen, von dort nach Spanien, wo⸗ , im . erer . der Revolution zum Schutz der
jen vor Carthagena kreuzte, und segelte 2 ieses
. ö nach . n, n, , mne. 2) „Hertha“ (19 Kanonen — 390 M) hat am 28. Okt ö Kiel aus die Reise nach den ostasiatischen C ffn ö . dort die Arkona⸗ abzulösen. Sie hat die Seekadetten des Jahr⸗ ganges 1873 zur Ausbildung an Bord und ist soeben im Hafen von ö . eingetroffen. ö
3) „Gazelle.“ (20 Kangnen — 380 M), im Juni v ĩ o⸗ gelaufen über Plymouth, Madeira, . . ö stadt. Muß in diesem Augenblick schon an ihrem Bestimmungzort den Kerguelen, sein. Verfolgt zunächst den wissenschaftlichen Iweck der Beobachtung des Venusdurchganges; dann aber geht sie nach Mauritius, schifft dort die deutschen Gelehrten aus, läuft durch die Torres stra schreitet zur Erforschung der melanesischen Inselgruppe
. ö. ö. ö. . . den südlichen Großen Oeean Und im das Ka orn her pahrscheinli Eis, , . 6 herum wahrscheinlich zu Anfang „Arkong“ (18 Kanonen —-380 M war zur Ausbi Kadetten des Jahrganges 1872 im Herbst vorigeñ 3 . 3 abgelaufen; hatte zunächst Madeira und Rio' de Janeiro berührt und war dann nach den Kerguelen⸗Inseln gegangen zur Rekognoszirung der Verhãältnisse behufs Anweisungen für die „Gazelle“; hatte sich von dort über Melbourne und Sidney nach den Fidji⸗ und nach den Samoa-Inseln zum Zweck der bekannten Auseinandersetzungen mit den Häuptlingen gewandt; von dort nach Japan, wo sie augenblick— lich weilt. Sebald ste von der „Hertha“ abgelöst ist, d. h. ungefähr , n 5 , . durch den großen Ocean nach ike um das Ka Han ; Sep⸗ ö . p Horn nach Hause, wo sie Ende Sep e eben genannten Fahrzeuge sind gedeckte Korvetten Augusta“ (10 Kanonen — 230 M befindet fich zur Wahr der Interessen der Deutschen in Westindien 9 9 i nn, 2 von Südamerika. War am 7. Oktober von Bahia ab⸗ gelaufen. . „Aria dne“ (6 Kanonen — 230 M ist zur Ablösun t , Eli⸗ sabeth, bestimmt und auf dem Wege pur das ö Suez · Kanal, Singapore und Hongkong nach Ostasien begriffen wo⸗ selbst sie voraussichtlich ? Jahre auf Station bleibt. . . Diese beiden letzleren sind sogenannte Glattdecks-Korvetten Es folgen die beiden viel genannten Kanonenboote Albatroß⸗ und g' cutilus jedes mit 4 Kanonen und ca. 100 Mann an der spanischen Nordküste. Dann das Kanonenboot J. Klasse Meteor“ mil 3 Kano— nen, 64 Mann, seit Mitte vorigen Jahres im Mittelmeer, neuerdings in Konstantinopel und an der Sulinamündung stationär, und endlich die Segelbrigg „Undine“ mit 8 Geschützen, 130 Mann, im Jul d. ae m nen . Bestimmung nach Brasilien, West— ĩ erika zur seemänni di iffs⸗ ne,. 3 3 nännischen Ausbildung der Schiffs ie „Undine“ wird in diesem Augenblick in Rio sei y . 1 ,, J
as allgemeinste Interesse erregt im Augenblicke wohl die Reise auf welcher S. M. Korvette „Gazelle“ a Erfüllung . 6 porher genannten wissenschaftlichen Misfion begriffen ist. Bas Schiff hatte unter Leitung seines bewährten Führers Mitte Auguft die Insel Ascension erreicht und dort einige Tage verweilt, um Kohlen aufzu⸗ füllen und Lebensmittel an Bord zu nehmen. Bei Gelegenheit die⸗ ses Besuches war es von den englischen Marinebehörden auf das Zuvorkommendste aufgenommen und unter Anderem mit einer großen Schildkröte beschenkt worden. Der englische Stations Kommandant hatte sich, in persönlich liebenswürdigster Weife bemüht die Offiziere und Passagiere der „Gazelle“ mit den
Naturverhältnissen der Insel JLekannt zu diesem Zweck eine Partie nach em Green Mountains, einer in der Mitte des Eilands gelegener Berggruppe, arrangirt worden, welche die einzige Vegetationsstätt« darbietet, da sonst auf Ascen-⸗ sion kein Grashalm wächst. Af dieser Exkursion hatten die deutschen Gelehrten Gelegenheit, die Fauna und Flora gründlich kennen zu lernen. Die „Gazelle“ hatte demnächst am 19. August die Weiterreise angetreten und den Kurs nach dem Kongofluß an der afrikanischen Westküste genommen, um denselben Anfang September zu erreichen. Auf dieser Fahrt nahm der Komman⸗ dant, im Anschluß an frühere Beobachtungen, Lothungen vor, deren Resultate die Vermuthung zu bestätigen scheinen, daß die in dortiger Gegend, d. h. südlich des Aequators, sich vorfindenden Er- hebungen des Meeresbodens weit größere Ausbreitung haben, als bisher bekannt war. Der mittelst des Lothes festgestellte Unter⸗ schied zwischen der südäquatorialen und der allgemeinen atlan⸗ tischen Tiefe von 2300 Faden betrug 850 Faden. Nach den letzten direkt hierher gelangten Nachrichten wollte Freiherr von k nach der naturwissenschaftlichen Explorirung der un⸗ teren ongoufer (eine holländische Kolonie befindet sich an denselben) ungefähr gegen den 8. September nach der Kapstadt ab⸗ gehen. Wie noch neuere Nachrichten fagen, ist die „Gazelle“ am 4. Oktober von der Tafelbai (bei der Kapstadt) aus nach dem Ort ihrer nächsten Bestimmung abgelaufen. Von der Deutsch⸗AUfrikanischen Expedition war dem Schiffe bereits bekannt, daß dieselbe nicht weit vorgedrungen ist und, ohne große Erfolge zu erzielen, den Rückweg hat antreten müssen. Die ö an diesem 6chec wurde dem Fortlaufen der begleitenden Neger zugeschrieben.
Lauenburg. Ratzeburg, 10. November. Die Ritter⸗ und Landschaft des Herzogthums wird hier am 16. . M., Morgens 11 Uhr, zu einem außerordentlichen Landtage zusammentreten, auf welchem u. A. zur Verhandlung kommen soll: Das Grundsteuergesetz; Gesetzentwurf, betreffend Ergänzung und Abänderung des Gesetzes vom 14. August 1872 über die Umwandelung des Meier⸗, Erbzins- und Erbpachtverhältnisses in Eigenthum und die Ablösung der daraus herrührenden Lei⸗ stungen; Wahl eines Mitgliedes der Ritter⸗ und Landschaft zur Theilnahme an den Inkorporationsverhandlungen mit Preußen; Antrag des Abg. Michelsen⸗Mölln auf öffentliche Verpachtung der Jagd in den Domanialforsten; Antrag des Landrathsamts auf Uebernahme der Kosten einer höheren Orts verfügten Trian⸗ gulation des Herzogthums auf die ständische Kasse.
Bayern. München, 9. November. Der König wird, dem „Korr. v. u. f. D.“ zufolge, am nächßen Donnerstag die hiesige Residenz verlassen und sich voraussichtlich noch auf einige Tage nach dem Linderhof begeben. Das Königliche Hoflager wird jedoch sogleich nach Hohenschwangau verlegt.
— In Gemäßheit des Vertheilungsplanes des neuen für die deutsche Artillerie angenommenen Feldmateriales sind nun, nach demselben Blatte, die zur Ausrüstung der 6 reitenden Batterien des 2. und 3. Feld⸗Regimentes nöthigen Geschützrohre mit 8 Centimetern Kaliber (die schweren oder Feldbatterien haben 9 Centimeter Kaliber) hier eingetroffen; die Konstruktionstheile der hierzu gehörigen eisernen Laffetten nebst Munitionswagen werden nächster Tage von Essen eintreffen, um dann in den Arbeiter⸗Werkstätten des hiesigen Zeughauses zusammengesetzt zu werden. Bis Neujahr sollen die Geschütze bis zur Bespannung fertig gestellt sein.
— Der Beschluß des Stadtmagistrats Bamberg vom 5. September d. J., durch welchen Jie dortige Genossenschaft der sozialdemokratischen Aue mh ü rte Taufgelöst und die uf. diesen., iM nest hekurs von der Rtegier isig . bestätigt worden. J
Hessen. Darm stadt, 10. November. (W. T. B.) Die Erste Kammer lehnte in ihrer heutigen Sitzung den Antrag von Dalwigk, die Berathung der Kirchengesetze bis nach Erledigung der preußischen Kirchengesetzgebung zu vertagen, mit 16 gegen 15 Stimmen ab. Die Annahme der Kirchengesetze kann damit als gesichert betrachtet werden.
Reuß. Gera, J. November. Der Staatshaushalts⸗ Etat des Fürstenthums pro 1875 — 77, wie = ö tag vorgelegt ist, enthält nicht die Ausgaben für die Eifen— bahngarantien. Für diese soll, wie die „Ger. 3.“ mittheilt, aus dem dem Fürstenthum zugekommenen Antheil an der fran⸗ zösischen Kriegskostenentschädigung mit Anfang der neuen Etats— periode ein Separatfonds von einer Million Mark Reichswäh⸗ rung gebildet werden, welcher zunächst dazu dienen soll, durch die Zinsen und, soweit nöthig, durch den Hauptstock diejenigen Zahlungen zu bestreiten, welche aus der für die Gera⸗Eichichter und die Weimar-Geraer Eisenbahn übernommenen Zinsgarantie entspringen.
Lippe. Detmold, 5. November. Eine Versamm⸗ lung der liberalen Partei hat, wie Frankfurter Blätter melden, am J. d. M. in Lem go bei Berathung der Ver— fassungsfrage die vom Abgeordneten Syndikus Hausmann entworfene „beschwerende Vorstellung und Bitte“ an den Deutschen Reichstag angenommen.
HBamburg, 10. November. (H. N.) Der Bericht des Aus— schusses zur Prüfung der Siga f'ha nn halt z n r dcn für 1872 beantragt, diese Abrechnung für richtig zu erklären und zu genehmigen, desgleichen die richtig befundene Abrechnung über die Rückstände von 1871 und früher zu genehmigen, auch die Abrechnung über das Staatsschuldenwesen für 1872 richtig zu befinden und zu genehmigen und, unter Wiederholung ihres Vorbehalts vom 6. Bezember 1871, in Betreff des“ Defizits der Stadtwasserkunst vom Jahre 1869 die Bilanz der Hauptstaats⸗ kasse per ult. Dezember 1873 richtig zu befinden. Ber Budget⸗ entwurf für. 1872 habe ein Defizit von Ct. Mk. 1,494,956. 12 Sch. gezeigt, die Staatshaushalts⸗Abrechnung dagegen einen Ueberschuß von Ct. Mk. 2, 688,755. 9 Sch. 6 Pf. ergeben. Freilich sei auch das Budget nach Maßgabe der Clgebniffe der sehr ungünstigen Periode vom 1. Juli 1870 bis 36. Juni! i871 aufgestellt, während welcher der Kriegszustand und dessen unmittelbare Folgen natürlich von sehr wesentlichem und nach⸗ theiligem Einfluß auf die Staats-Cinnahmen gewesen. Da— gegen habe bekanntlich die Wiederherstellung des Friedens fast alle Theile des Geschäfts in kaum geahnter Weise zur Entfaltung gebracht und so auch die Staatseinnahmen für 1872 sehr er⸗ heblich gesteigert. Der später eingetretene Rückschlag habe auf die Einnahme von 1872 noch keinen Einfluß geübt. 1872 hat⸗ ten z. B. Grund⸗ und Einkommensteuer, Stempel⸗, Zoll⸗ und Tonsumtiongabgabe, Abgabe von den Eigenthums veränderungen der Immobilien den. Voranschlag sehr erheblich überstiegen, und zufällig habe auch die Erbschaftsabgabe ca. Million mehr als veranschlagt gebracht, und habe die Cöln-Mindener Gesellschaft für Elbregultrungs⸗ und Eindeichungszwecke 308,600 Ert. Mr. geleistet, die im Budget keine Aufnahme gefunden. Andererseits seien mehrere, im Beginn des Jahres erforderlich scheinende Aus⸗
gaben unterlassen; so seien an Zinsen für kontrahirie Anleihen Ert. Mrk. 245,022, 3 Schill. weniger und zum e n n
zu machen. Es war!)
Etat Ert. Mrk. 115,730 weniger, als veranschlagt, zu zahlen ge⸗ wesen. Als ein Normaljahr werde das Jahr 1872 schwerlich betrachtet werden dürfen.
Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 9. November. (Wien. 3.) Die Parforcejagden nächst Pardubitz, an welchen der Kaiser und die Kaiserin Theil nehmen, finden im Laufe dieser Woche Montag, Dienstag, Freitag und Sonnabend statt. Die Abfahrt Ihrer Majestäten von Kladrub nach Parduhitz findet stets um II Uhr Vormittags, die Rückfahrt gegen 5 Uhr Nachmittags statt. Am Mittwoch wird eine Jagd auf Hasen nächst Kladrup abgehalten. Abends erfolgt im strengsten Inkognito die Fahrt Ihrer Majestäten nach Prag, von wo Allerhöchstdieselben in der Nacht nach Kladrup zurückkehren. Donnerstag findet ein Diner in Kladrup statt, zu welchem viele an den Jagden Theil nehmende Kavaliere eingeladen werden. Die Rückfahrt Ihrer Majestäten nach Gödölls erfolgt am nächsten Sonntag.
Die heutige Jagd, an welcher Ihre Majestäten Theil nahmen, fiel günstig aus. Sie währte vier Stunden. Das Halali erfolgte bei Rossitz, zwei Meilen von Pardubitz entfernt. — In den Studien des Erzherzogs Kronprinzen Rudolf sind abermals einige wichtige Partien vollendet worden: die Lehrvorträge aus der Geographie sind vollständig, diejenigen aus der Weltgeschichte bis zur Geschichte der neueren Zeit zum Ab— schlusse gelangt. Die auf diese beiden Gegenstände bezügliche Prüfung wurde auf Befehl des Kaisers und in dessen Gegen⸗ wart am 7. November, Morgens um halb 8 Uhr, zu Schönbrunn abgehalten.
Der Kronprinz bewältigte vollkommen die großen An— forderungen, welche das weite Gebiet der angedeuteten Prüfungs- fragen ebenso an das Gedächtniß als an die Schärfe der Auf— fassung stellt, und entfaltete in klarer und fließender Darstellung einen reichen Schatz von Kenntnissen in beiden Lehrfächern.
Der Kaiser sprach dem Kronprinzen seine Zufriedenheit mit diesem sehr erfreulichen Studienfortgange, den betreffenden Lehrern aber die huldvollste Anerkennung aus.
— In der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 7. d. M. haben die Abg. Dr. Göllerich und Genossen folgenden Antrag überreicht:
Die hohe Regierung werde aufgefordert, eingehende Erhebungen über den gegenwärtigen Zustand der politischen Verwaltung in Oester— reich zu pflegen und jene Vorlagen zur verfassungsmäßigen Behand⸗ lung zu bringen, welche geeignet erscheinen, mit Beseitigung der vor— handenen Uebelstände und Berücksichtigung der wirklichen Bedürfnisse die erforderliche Ordnung in der politischen Verwaltung herbeizuführen. Zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung werde ein Ausschuß von I5 Mitgliedern aus dem Hause gewählt.
Pest, 9. November. (Wien. Ztg.) In Angelegenheit des siebenbürgischen Census wurde zwischen den siebenbürgi— schen Abgeordneten und dem Minister des Innern ein Kom— promiß zu Stande gebracht. Auch Erzbischof Haynald war in der Konferenz zugegen. Wahrscheinlich wird die neue Formu⸗ lirung im Oberhause unverändert durchgehen, worauf dann der Erledigung des Wahlgesetzes kein Hinderniß mehr im Wege steht.
Der gestrige Ministerrath befaßte sich mit der Frage der Verwaltungsreformen mit Bezug auf die vom Minister des
des Finanz⸗Ministers, darunter die Luxussteuer.
Der Steuerausschuß beschäftigte sich mit der Frage der Stell zertretezeg Lei Mitgliedern der Steuerausschüsse.
Die Schlußrechnungskommiffion wird zunächst die Ausweise von 1867 und Schlußrechnungen ir eg vor⸗
nehmen.
Schweiz. Genf, 10. November. (W. T. B.) Bei den Neuwahlen zum Großen Rathe sind die von der Partei der antiorthodogen Radikalliberalen aufgestellten Kandidaten gewählt worden und die ihnen gegenüberstehenden Kandidaten der Inde— pendenten und Ultramontanen unterlegen.
Großbritannien und Irland. London, 9. November. Der Prinz von Wales vollendete heute sein 33. Lebensjahr. Das freudige Ereigniß wurde in Sandringham und Windsor durch die üblichen Ehrenbezeugungen gefeiert. — Am Sonnabend beendigten der Prinz und die Prinzessin von Wales ihren Besuch bei dem Earl von Aylesford in Packington Hall und statteten auf dem Wege nach Sandringham der Sadt rr r ,, ab. Der Groß fürst Thron— olger von Rußland befand sich in ĩ inz⸗ . f sich in Begleitung des Prinz
zurück. Am 28. wird die Kaiserin von Rußland die Königin im Windsorschlosse besuchen. Während ihres Verweilens va c wird die Taufe des neugeborenen Sohnes des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh in der Königlichen Privatkapelle des Schlosses stattfinden. Sollte in dem Fortgang der Genesung der Herzogin von Edinburgh keine Störung eintreten, so wird sich dieselbe in Begleitung ihrer Mutter am 14. 88. nach East⸗ well⸗Park begeben.
— Die Studenten der Universität von Edinbur haben den Ea rl von Derby einstimmig zum Kandidaten h die Lord⸗Rektorschaft aufgestellt, und er wird am nächsten Sonnabend gewählt werden.
— 3wei Schiffs baufirmen von Elyde haben Kontrakte mit der Regierung für den Bau zweier neuer Panzerschiffe, Melson“ und Northumberland“, je von 5600 Tonnen Tragkraft, abgeschlossen.
— Alderman Stone wurde am Sonnabend in der Guild—⸗ hall unter entsprechenden Förmlichkeiten für sein neues Amt eingeschworen. Am Abend gab Alderman Sir A. Lusk, der ausscheidende Lordmayor, das herkömmliche Abschiedsbankett in der ägyptischen Halle des Mansion⸗House. Heute findet die üb⸗ liche Lordmayors⸗Prozession von Fer City nach Westminster statt, der sich das große Installirungs-Bankett in' der Guildhall anschließt. — Der deutsche Turnverein in London gab am vorigen Sonnabend unter Mitwirkung namhafter deutscher und englischer Kunstkräfte, sowie der verschiedenen deutschen Gesang— vereine ein großes Vokal- und Instrumental⸗Konzert zum Besten der Abgebrannten von Meiningen und Moellen, das dem Ver— nehmen nach einen Reinertrag von 2000 Thalern lieferte.
— 10, November. (W. T. B.) Auf dem gestrigen Ban⸗ kett zu Ehren des neugewählten Lordm ayor hielt Disrgeli eine Rede, in welcher er sich über die gegenwärtige politische Situation ausließ. Disraeli erklärte, daß die innere Lage Englands zu Beunruhigungen keine Veranlassung gebe was namentlich der verhältnißmäßig günstigen Stellung der arbeitenden Bevölkerung zuzuschreiben fei. Dieselbe besitze dort Vorrechte, wie in wenig anderen Ländern. Die Person
und die Wohnung sei durch das Gese eschützt stehe den Arbeitern völlig frei, sich ö. . 3
Innern vorbereiteten Gesetzorlagen, sowie mit den Vorlagen
— Der Hof kehrt am 20. ds. von Balmoral nach Windsor
Interessen zu vereinigen; die Arbeiterklasse fühle sich deshalb zufrieden. Der Minister hob darauf hervor, daß . der allgemeine Wohlstand wie die Lage der Finanzen sich zune mend günstiger gestalten. Was die auswärtigen Verhältnisse angehe, sei nicht zu leugnen, daß die Situation auf dem Kon⸗ tinent nicht ohne alle Beunruhigung sei. Die englische Regie⸗ rung sei jedoch fest überzeugt, daß bei allen Großmaͤchten die aufrichtige Neigung vorhanden sei, den Frieden aufrecht zu er⸗ halten, und werde sie bestrebt sein, in diesem Sinne ebenfalls ihren noralischen Einfluß geltend zu machen.
— 11. November. (W. T. B.) Erzbischof Manning begiebt sich, wie neuerdings verlautet, zu Anfang nächster Woche nach Rom, wohin ihm mehrere englische Bischöfe bereits vor⸗ ausgereist sind.
Frankreich. Paris, 8. November. Die von dem Gemeinderath von Paris für das Projekt einer Anleihe von 260 Millionen eingesetzte Kommission hat mit 13 gegen 3 Stimmen beschlossen (gegen den Wunsch der Regierung), die weitere Berathung dieses Projekts bis zur Eröffnung des neu gewählten Gemeinderaths zu vertagen. Da das Plenum sich voraussichtlich dieser Entscheidung anschließen wird und der neue Gemeinderath erst um den 25. Dezember zusammentreten wird, so ist an eine Emission der Anleihe vor Anfang künf— tigen Jahres nicht zu denken.
— Der Erzbischof von Tours, Frouchaud, ist im Alter von 63 Jahren gestorben. Er war seit 1859 Bischof von Limoges und im Jahre 1871 Hrn. Guibert in dem Erzbisthum von Tours gefolgt.
— 11. November. (W. T. B.) Der von 33 Mitgliedern des Generalraths des Seine-Departements gestellte Antrag, nach welchem der Elementarunterricht gratis und obligatorisch sein und der Kirche entzogen werden soll, wurde an eine Kommission verwiesen. — Der Munizipalrath des— selben Departements hat durch Uebergang zur Tagesordnung den Antrag auf Bewilligung von Diäten für die Munizipal⸗ räthe abgelehnt.
Spanien. Von den Regierungstruppen ist, wie über Hen⸗ daye vom 10. November von der spanischen Grenze gemeldet wird, eine Bewegung eingeleitet worden, um die Carlisten von ihrer Operationsbasis abzuschneiden und sie zum Uebertritt nach Frank— reich oder zur Waffenstreckung zu nöthigen. Die Truppen sind zu diesem Zwecke in San Sebastian ausgeschifft worden, und soll es seit gestern zwischen Renteria und DOyarzun bereits zu hef⸗ tigen Kämpfen mit den Carlisten gekommen sein. Ueber den Ausgang derselben ist hier noch nichts bekannt. Die Besatzungs— truppen von Bilbao, Vittoria und Irun halten sich bereit, die gedachte Bewegung zu unterstützen, welche gleichzeitig zum Zweck haben soll, Pampelona neue Proviantvorräthe zuzu ühren.
— Carlistische Depeschen über Paris melden, daß Don Carlos am Sonntag in Puncha nahe bei Behobie (fran— zösisches Grenzdorf im Arrondissement Bayonne) war und am Abend dieses Tages sich nach Vera zurückbegab. .
— Die „Agence Havas“ vom 11. November erklärt sich für ermächtigt, die Nachricht, daß Don Carlos am 7. d. auf französisches Gebiet übergetreten sei und dort längere Zeit sich aufgehalten habe, auf Grund in Hendaye eingezogener Erkun⸗ digungen formell zu dementiren. ;
— Aus carlistischer Quelle wird über Paris, 11. Novem⸗ ber, gemeldet, daß General Loma, welcher am 10. auf Oyarzun marschirte, durch zwei castilianische Bataillone genöthigt worden ist, nach Renteria zurückzukehren.
— Aus Hendaye, 10. November, wird telegraphirt: Heute Morgen eröffneten die Regierungstruppen das Feuer gegen die Carlisten, welche auf dem Berge San Marco zwischen Laza und Renteria befestigte Positionen eingenommen haben. Den Regierungstruppen gelang es, mehrere derselben zu nehmen und den Carlisten beträchtliche Verluste beizubringen.
Italien. Rom, 6. November. (It. N.) Der König empfing heute den neu ernannten griechischen Gesandten Leonidas Meletopulos, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte.
— Der Legations⸗Rath von Pußwald ist von der öster⸗ reichischungarischen Gesandtschaft bei der italienischen Regierung in gleichem Range zu der am Königlich sächsischen Hofe versetzt worden, und der Legations⸗Rath der österreichisch⸗ungarischen Gesandtschaft in Madrid, Baron Gravenegg, ist zu seinem Nachfolger ernannt worden.
— 10. November. (W. T. B.) Der seitherige englische Geschäftsträger bei der päpstlichen Kurie, Gervoife, ist abgereist und hat sich zunächst nach Lissabon begeben.
— Das Resultat der Wahlen liegt jetzt aus 483 Be⸗ zirken (die Gesammtzahl der letzteren beträgt 508) vor. Von den definitiven Wahlen sind 144 für die Rechte und 110 für die Linke ausgefallen. Bei den engeren Wahlen kann die Rechte mit Sicherheit auf 83, die Linke auf 40 Wahlbezirke rechnen. Bei 60 Wahlen haben die Kandidaten der Rechten und bei 36 die Kandidaten der Linken nur eine geringe Majorität erzielt.
Nußland und Polen. St. Pet ers burg, 8. November. Nach dem Projekt einer neuen Polizeiverwaltung, wie es dem „Golos“ zufolge in kurzer Frist dem Reichsrath unterbreitet werden soll, wird die neue Einrichtung in den 46 Gouvernements des europäischen Rußlands, welche auf allge⸗ meiner Grundlage verwaltet werden, durchgeführt werden. Sie ruht im Wesentlichen auf derselben Grundlage, wie die vor 9 Jahren in den polnischen Gouvernements eingeführte und seit⸗ her als trefflich bewährte Polizei und Landwache. Die Haupt⸗ bestimmungen sind folgende:
Jeder Kreis mit allen in ihm belegenen Städten, Flecken und Dörfern steht nach dem neuen Projekt unter der Verwaltung der Kreispolizei. In den Gouvernements⸗ und Gebietshauptstädten, den Stadthauptmannschaften und den unter Kriegsgouverneuren stehenden Städten wird eine von der Kreispolizei unabhängige Stadtpolizei unter einem Polizeimeister bestehen bleiben. Der Kreispolizei steht nicht, wie bisher, der Ispcawnik, sondern ein Kreis— chef vor. Nach den jetzigen Einrichtungen konzentriren sich alle Polizeibeamten in den Polizeiverwaltungen, während die weiten Flächen der Kreise selbst ganz unbeaufsichtigt bleiben. Das soll aufhören. Die Zahl der Kreispolizeibeamten wird bedeutend eingeschränkt und statt dessen ein neues Institut, die Polizeiwache, eingeführt, welche, über den ganzen Kreis vertheilt, eher im Stande sein wird, den Hauptzweck aller Polizei, Verhinderung von Verbrechen, zu erfüllen. Der Bestand der gesammten Kreispolizei wird durch folgende Be— amte gebildet: Der Kreischef und sein Gehülfe, die Bezirks— und Polizeipristawe, deren Gehülfen und die Polizeiaufseher. Der Chef hat (inen Sekretär, sein Gehülfe und jeder Pri⸗ staw je einen Schriftführer. Die unmittelbare Exekutive und die Aufsicht über Ruhe und Sicherheit ist einem besonderen Kommando, der Polizeiwache, über tragen, welche in den Gouvernements unter den Gouverneuren, in den Kreisen unter dem Kreischef steht. In Polen, wo die Kreise weit kleiner sind, hat jedes Kreiskommando seinen be⸗ sonderen Anführer. In Rußland sollen die Bezirkspristawe in ihrem Bezirk den unmittelbaren Befehl über die Wache führen, weil die
Kreise zu groß, die Mannschaft zu sehr dielozüt ist. Die Wache zer⸗
fällt in drei Kategorien: Unteroffiziere, welche alle beritten sind, in ältere und in jüngere Wächter, wel Ke theils beritten, theils zu Fuß sind. Die Wächter sollen theils bei den Wohnungen der Bezirkspristawe stehen, größtentheils aber in einzelnen Posten über den Bezirk ver— theilt werden. Die Zahl der Posten richtet sich nach den räumlichen Entfernungen, der Bevölkerungszahl und anderen lokalen Verhaͤlt⸗ nissen. Wo es auf rasches und gemeinschaftliches Handeln ankommt, können die Kommandos eines oder mehrerer Bezirke zusammengezogen werden. Die Wächter werden mit Säbeln und Revolvern bewaffnet.
Die genauere Aufzählung der Rechte und Pflichten der Wache wird besonderer Instruktion des Ministers des Innern überlassen. Da die Wolost- und Dorfpolizei bestehen bleibt, wird die Instruktion besonders eine scharfe Abgrenzung der Kompetenzen beider Polizei⸗ arten betohen müssen. Die Polizeiwächter sollen der Wolost⸗ und Dorspolizei allerdings nöthigenfalls Beistand leisten, sich aber in alle Gemeinde⸗ und ökonomischen Angelegenheiten und in das Wolest— gericht durchaus nicht mischen. Auch die Wolost⸗ und Dorfältesten haben alle gesetzlichen Forderungen der Wache zu erfüllen. Die Hundertmänner haben sich bedingungslos den gesetzlichen Forderungen der Wache zu fügen.
Nach Gutachten aller Gouverneure in Polen hat sich die Land— wache als eine unschätzbare, durchaus nothwendige Institution her— ausgestellt Wo es sich um Verhinderung drohender oder um Ver⸗ folgung geschehener Verbrechen handelte, hat die Wache der Gesell⸗ schaft den größten Nutzen gebracht. Die Zahl der Raubanfälle, Diebstähle, Einbrüche, Betrügereien u. s. w. hat nach Durchführung der Landwache bedeutend abgenommen.
Das Projekt gewährt den Kreischefs eine selbständigere Stellung und Bedeutung. Sie werden auf Vorstellung des Gouverneurs vom Minister des Innern ernannt und eatlassen, wobei es dem Gouver⸗ neur freisteht, bei der Vorstellung über die fehlende Rangklasse des Kandidaten hinwegzusehen, wenn die persönliche Tüchtigkeit ihn für das Amt geeignet macht. Die Gage des Kreischefs, inel. 1000 Rbl. Tafelgelder und 800 Rbl. Kanzleigelder, soll 2800 Rbl. betragen, sein Dienst zur VI. Klasse gerechnet werden.
Die bisherigen Etats der Stadtpolizei in den Residenzen, Gou⸗ vernementsstädten, Stadthauptmannschaften, in Kronstadt und Niko⸗ lajew bleiben unverändert. Die neuen Regeln sollen von ihrer Pro⸗ mulgirung an im Verlauf von drei Jahren in den 46 Gouvernements durchgeführt werden. Die besonderen Polizeibehörden in denselben werden alle aufgehoben.
Die 46 Gouvernements werden hinsichtlich der Polizeiwache in 1405 Bezirke getheilt. Im Durchschnitt sollen auf jeden Bezirk 4 Wächter zu Fuß und 9 Wächter zu Pferde kommen. Das macht im Ganzen 5620 zu Fuß und 127,645 zu Pferde. Außerdem stehen in jedem der 467 Kreise je 3 Wächter zu Pferde dem Kreischef zur Disposition. Im Ganzen werden also gegen 20 009 Polizeiwächter erforderlich sein.
Amerika. New⸗Vork, 9. November. (W. T. B.) Der General Sheridan hat einen Bericht an die Regierung erstattet, in welchem er ausführt, daß eine Armee von 25,000 Mann für das große Gebiet der Vereinigten Staaten nicht ausreichend er— scheine.
— Ein Telegramm aus Kingston vom 8. ds. meldet, daß ein verheerender Orkan die westindischen Inseln heimsuchte und beträchtlichen Schaden in dieser Stadt anrichtete.
Asien. Einem Telegramm der „Times“ aus' Caleutta zufolge weilt nun Jakub Khan durch den Einfluß des Vize⸗ Königs von Indien zu einem Besuche bei seinem Vater, zum Zwecke ihrer Versöhnung. Er erkennt die Thronfolge seines Bruders Abdula an und bleibt in Cabul. Der Bericht über die Hungersnoth in Bengalen ist ng und die Kosten derselben stellen sich unter dem Voranschlag.
— Der „Times“ wird von ihrem Spezial-Korrespondenten in Cawnpore vom 7/8. November telegraphirt: „Der Ankunft des Gefangenen von Gwalior in Cawnpore wohnten große Massen von Eingeborenen und Europäern bei. Alles war äußerst geheim gehalten worden, aber die Straße war mit Ein⸗ geborenen besetzt. Es werden hier im Geheimen Untersuchungen betreffs der Identität des Gefangenen mit dem Namen Nena Sahib geführt. Der Parse und der Vetter, deren Herbeirufung ich telegraphisch meldete, sind hier.“
Reichstags ⸗Angelegenheiten.
Berlin, 11. November. In der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstags erklärte in der dritten Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung der Reichs münzgesetze in Elsaß-Lothringen, der Bundes— bevollmächtigte Staats⸗Minister Dr. Delbrück nach dem Abg. Sonnemann:
Meine Herren! Erlauben Sie mir nur einige Bemerkungen. Die Mittheilung, welche vorhin gemacht ist, über die nach Elsaß -Loth⸗ ringen erfolgten Sendungen von Geld der Markwährung, sollte natür⸗ lich nicht die Bedeutung haben, auszudrücken, daß damit genug ge schehen sei, im Gegentheil, sie hatte nur die Bedeutung zu zeigen, daß, soweit es die augenblickliche Lage, sowohl die gesetzliche als die fak— tische, es gestattet, man sich bemüht hat, dem Mangel an umlaufenden Geldk in Elsaß⸗Lothringen abzuhelfen. Es versteht sich von selbst, daß, sobald das vorliegende Gesetz ergangen und auf Grund dieses Gesetzes die Reichsmarkwährung eingeführt sein wird, die Reichs⸗— regierung es sich angelegen sein lassen wird, soweit es in ihren Kräften steht, dem Bedarf an Reichsmünze gerecht zu werden.
Das ist das Eine, was ich zu sagen habe.
Das Andere bezieht sich auf den 8. 3, den der Herr Vorredner!
in seiner Tragweite, wie ich glaube, nicht richtig aufgefaßt hat. Was durch diesen 5. 3 hat ausgeschlossen werden sollen, ist die Einlösung der französischen Münzen. Wenn die Bestim mung, welche nach §. 3 nicht Gesetz werden soll, Gesetz würde, dann würden wir in der Lage 6 alle in Elsaß ⸗Lothringen präsentirten französischen Münzen ein⸗ ulösen. ;
ö Was das Dritte, die Heranlockung der Franken, betrifft, so weiß ich nicht, ob ich den Herrn Vorredner richtig verstanden habe. So weit ich s verstehe, würde es bestehen in einer großen Revision des Zolltarifs, und das kann ich für den Augenblick als ein praktisches Mittel nicht anerkennen.
— In der zweiten Verathung des Gesetzentwurfs über den Markenschutz nahm zu 5. 3 der Bundes⸗Kommissar, Regie⸗ rungs⸗Rath Nieberding, nach dem Abg. Dr. Reichensperger das Wort:
Gestatten Sie mir zunächst, einem Mißverständnisse vorzubeugen, das sich möglicherweise an die Worte des ersten Herrn Redners an⸗ schließen kann. Der Herr Redner hat auf die Motive des Entwurfs Bezug genommen und daraus den Schluß agg gen. daß nur in den⸗ jenigen Theilen Deutschlands, die in den Motiven ausdrücklich er— wähnt werden, zur Zeit ein landesgesetzlicher Schutz für Waaren zeichen bestehe. Die Motive haben allerdings die Absicht gehabt, eine übersichtliche Darstellung des gegenwärtigen Rechtszustandes in Deutschland zu geben, doch aber nur insoweit, als dieser Rechts—⸗ zustand im Augenblicke der Regierung sicher bekannt war. Es ist durch die Bemerkungen der Motive in keiner Weise ausgeschlossen, daß auch in Landestheilen, die dort keine Erwähnung gefunden haben, ein landesgesetzlicher Schutz von Waarenzeichen besteht. Die Frage, ob ein solcher Schutz vorhanden ist oder nicht, ist nicht an dieser Stelle zu entscheiden, sie gehört vor den Richter und wird auch in Zukunft, wenn der gegenwärtige Entwurf Gesetz geworden sein sollte, vor dem Richter zur Entscheidung gebracht werden müssen.
Was die vorliegenden Anträge betrifft, so beziehen sich das Amen⸗
dement der Herren Abgg Dr. Grimm und Ackermann und das Amen⸗ dement des Hrn. Abg. Kisker auf die Behandlung, die der Gesetz⸗ entwurf den jetzt bestehenden Zeichen zu Theil werden lassen will. Das weitere Amendement der Herren Abgg. Dr. Grimm und Genossen betrifft die Grundsätze, die den in Zukunft neu anzunehmenden Zeichen gegenüber zu beobachten sein werden. Das Prinzip des Entwurfs gegenüber den jetzt bestehenden Zeichen ist das: Zeichen, an die über⸗ haupt zur Zeit sich Interessen knüpfen, in diesen Interessen unversehrt zu lassen, über das Maß aber nicht hinauszugehen, welches jetzt diese Interessen behaupten. Wir haben in dieser Beziehung zwei Arten von Zeichen zu unterscheiden: diejenigen, die einen landesgesetzlichen Schutz genießen, die also für die berechtigte Firma ein förmliches Vermögensrecht darstellen, und zweitens diejenigen Zeichen, denen ein solcher Schutz nicht zur Seite steht, die aber durch die allgemeine Anerkennung im Verkehr thatsächlich geschützt sind.
Der erste Absatz des 5. 3 bezweckt zunächst das Vermögensrecht, welches auf Grund bestehender Landesgesetze an gewisse Zeichen ge⸗ knüpft ist, auch in Zukunft aufrecht zu erhalten, und eine mittel bare Folge der Bestimmung wird sein, daß das thatsächliche Verhältniß, wonach bestimmte Firmen Zahlen, Buchstaben und Wörter als Zeichen führen, wonach sie eine allgemeine Anerkennung dieser Zeichen ge⸗ nießen und durch den öffentlichen Glauben geschützt werden, daß dieses thatsächliche Verhältniß in Zukunft, wie bisher, unberührt bleibt. Damit würde allen berechtigten Interessen gegenüber der status quo aufrecht erhalten, und ich glaube, es ist derjenige Standpunkt, der dem Billigkeitsgefühl entspricht. Die Amendements gehen aber weiter; sie wollen den bestehenden Zeichen, die in der öffentlichen Meinung thatsächlichen Schutz genießen, denen aber ein Rechtsschutz nicht zur Seite steht, sie wollen auch diesen Zeichen den Rechtsschutz in Zukunft gewähren. Meine Herren! In dem Entwurfe wird einem solchen Zeichen gegenüber ein Rechtsschutz nicht gewährt, und ich frage: worin liegt der Grund, eben nur gewissen in Buchstaben u. s. w. bestehenden Zeichen, die bisher diesen Schutz nicht genossen haben, ein derartiges Privilegium nun zu gewähren? Handelt es sich um die Gewährung desselben, so geben Sie es allen oder keinem.
Es tritt aber ein weiterer Erwägungsgrund gegen das Amende— ment hinzu; das Amendement sagt, daß solche Zeichen, welche bis zum Beginn des nächsten Jihres im Verkehr allgemein als Kenn— zeichen der Waaren eines bestimmten Gewerbetreibenden gegolten haben, unbedingt eingetragen werden sollen. Meine Herren! Den⸗ ken Sie sich den Fall, daß zwischen dem Richter, der eintragen soll, und zwischen dem Interessenten, der die Eintragung verlangt, eine verschiedene Anschauung herrscht; letzterer sieht das von ihm vorgelegte Zeichen als ein Zeichen an, welches unter den erwähnten Begriff fällt, der Richter verneint dies aber. Wie soll diese Differenz zum Austrag gebracht werden? Sie werden nicht zugeben wollen, daß der Richter, der die Eintragung zu bewirken hat, in maßgebender Weis über einen Rechtsanspruch entscheide, der nur im Wege des Prozesses zum Austrag gebracht werden kann, Sie würden aber dem Richter die Befugniß, über den Rechtsanspruch zu entscheiden, verleihen müssen, wenn Sie die Zeichen zur Eintragung zulassen wollen.
Meine Herren! Dies sind die Bedenken, die ich bezüglich des ersten Amendements vorzutragen habe, — noch ernstere Beden⸗ ken sprechen aber gegen das Unter Amendement, welches von dem Abg. Kisker gestellt ist. Das Amendement hat Verhältnisse im Auge, wie sie in Deutschland ziemlich häufig vorkommen, d. h. daß nämlich in einer gewissen Gegend von einer ganzen Klasse von Gewerbetreiben⸗ den, die mehr oder weniger bestimmt abgegrenzt ist, ein gewisses Zeichen allgemein geführt wird, der Art, daß, wenn man Waaren mit diesen Zeichen vor sich hat, man weiß, daß sie aus jener Gegend her⸗ kommen. Also wenn z. B. Leinenwaaren mit einer Rose bezeichnet vorliegen, so kann Jedermann wissen, daß diese Waaren von Bielefeld herrühren. Meine Herren! Diese Verhältnisse sind in dem Entwurf nicht ohne Berücksichtigung gelassen. Der §. 10 Absatz 2 hat die Aufgabe, auch in dieser Beziehung that— sächliche Zustände zu schützen; der §. 10 Abs. 2 sagt, daß für Waarenzeichen, welche bisher im freien Gebrauche aller oder gewisser Klassen von Gewerbetreibenden sich befunden haben, durch Anmel— dung Niemand ein Recht erwerben kann. Ich glaube, ohne Gefahr für die Betheiligten selbst können wir nicht weiter, als in dieser Be— stimmung geschehen ist, gehen. Der Kreis der Interessenten, die that⸗ sächlich derartige Zeichen gebrauchen, ist rechtlich nicht begrenzt, sie haben kein Organ, welches ihre legitime Vertretung führt, die Jateressenten, die zur Zeit vorhanden sind und das Zeichen führen, sind durchaus nicht diesenigen, die allein zur Führung berechtigt sind. Wenn mor— gen ein anderer Fabrikant sich in dem betreffenden Bezirk niederläßt, so ist er gleich den übrigen älteren Fabrikanten berechtigt, das Zeichen anzuwenden. Diesen Zustand schützt der §. 10 Absatz 2 hinreichend. Dieser Zustand würde aber gestört werden, wenn Sie das Unter— amendement Kisker annehmen, Sie würden dadurch sogar die Mög— lichkeit bieten, daß eine gewisse Zahl von Interessenten das Zeichen
mit Ausschluß aller Uebrigen, die noch betheiligt sein können, in Zu⸗
kunft vielleicht betheiligt sein werden, für sich erwerben. ö
Was dann das dritte Amendement betrifft, welches im Gegensatz zu dem Entwurf auch Zahlen und Buchstaben als Zeichen zulassen will, so bitte ich, bei der Beurtheilung desselben wieder den Gesichts⸗ punkt in den Vordergrund treten zu lassen, daß es sich darum handelt, das Publikum zu schützen, daß wir das thun müssen, was nöthig ist, damit das Publikum die Waaren der verschiedenen Fabrikanten von einander unterscheiden kann — aber auch richts mehr. Ich gebe vollständig zu, daß für den einzelnen Fabrikanten unter UÜmständen ein Vortheil oder eine Annehmlichkeit darin liegen kann, eine Zahl oder einen Buchstaben in ein Zeichen aufzunehmen; aber, meine Herren, dies spezielle Interesse des einen Fabrikanten kann nicht entscheiden, sondern es muß entscheiden das allgemeine Interesse, das das Publikum besitzt, und das allgemeine Interesse spricht dagegen, einzelne Fabrikanten in dieser Beziehung zu privilegiren.
Es ist vorhin schon aufmerksam gemacht worden auf die prak— tischen Schwierigkeiten, welche entstehen würden, wenn Sie den drit⸗ ten Antrag annehmen würden; Sie werden mit demselben, so wie er vorliegt, niemals auskommen können, Sie müssen Grenzen ziehen, wenn das allgemeine Recht des Publikums, Buchstaben und Zahlen in gewissen Verbindungen und für gewisse Zwecke anzuwenden, sicher sein soll. Fe mehr Sie sich in die Casuistik dieser Materie vertiefen, um so mehr werden Sie anerkennen müssen, daß, eine Grenze in dieser Hinsicht zu ziehen, vollständig unmöglich ist. Ich bitte Sie daher, auch dieses Amendement abzulehnen.
Im Laufe der Diskussion fügte der genannte Bundes⸗ kommissar noch hinzu:
Noch ein Wort auf die letzte Aeußerung des Herrn Vorredners. Es ist mir eingewendet worden, daß die von mir vorgetragenen Be— denken gegen den praktischen Werth des ersten der gestellten Amende—⸗ ments nicht zutreffend seien, weil die Fassung, die dieses Amendement enthält, und die zu den Bedenken Anlaß bot, bereits in späteren Be⸗ stimmungen des Entwurfes enthalten und demngch von der Regierung felbst vorgeschlagen sei. Ich erlaube mir, auf den Unterschied auf— merksam zu machen, welchen die Stellung der betreffenden Worte in dem späteren Paragraphen und in dem zur Diskussion stehenden Paragraphen mit sich bringt. Nach dem Zusammenhange der späteren Paragraphen wird der Gang der Sache immer der sein, daß, wenn ein Streit darüber sich erhebt, ob ein Zeichen zu den im Verkehr allgemein anerkannten gehört, dieser Streit im Rechtswege in dem allgemein vorgeschriebenen Prozeßverfahren entschieden werden
muß und kann. Ich habe aber darauf aufmerksam gemacht, daß im
vorliegenden Falle dieser Weg nicht gegeben sei. Wenn sich ein Streit erhebt zwischen dem Interessenten, der den Antrag auf Eintragung stellt, und zweischen dem Richter, welcher die Eintragung ablehnt, dann kann der Prozeßweg zur Erledigung nicht beschritten werden. Dieser Weg ist in den andern Fällen möglich, und darum erscheint es vollständig begründet, daß sie durch das hier fragliche Bedenken nicht getroffen werden, und unbedenklich, wenn in den späteren Para⸗ graphen die in diesem Paragraphen beanstandete Fassung aufgenom⸗
men ist.