— Nach einem Ober⸗Tribunals⸗Erkenntniß vom 26. Oktober er. muß die in 5. 15 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 erforderte Benennung der Kandidaten für ein geistliches Amt an den Ober⸗Präsidenten als solchen gerichtet werden. Es genügt daher nicht, wenn die Absicht, die Kandidaten anzustellen, in einem an das Provinzial ⸗Schulkolle⸗ gium gerichteten Schreiben erwähnt worden ist und der Ober⸗ Präsident in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Pro⸗ vinzial⸗Schulkollegiums von dieser Mittheilung Kenntniß erlangt hat.
— Der Wirkliche Geheime Rath Ludwig Emil Mathis, dessen Ableben wir gestern meldeten, wurde am 31. Mai 1797 zu Berlin geboren. Nachdem derselbe von 1815 —1818 hierselbst die Rechte studirt hatte, trat er 1818 als Auskultator bei dem hiefigen Siadtgericht in den Staatsdienst. Bereits 1823 wurde Mathis, wenige Tage nach Absolvirung der großen Staatsprüfung als Assessor, kaum 26 Jahr alt, zum Rath beim Stadtgericht in Berlin ernannt. Von 1829 — 1835 Kammergerichts⸗ Rath in Berlin, ward er in letzterem Jahr zum Mitglied der, Bundes⸗ Centralbehörde“ in Frankfurt a. M. berufen, um 1838 als Ge⸗ heimer Regierungs⸗ und vortragender Rath in das Ministerium des Innern einzutreten. Im Jahre 1840 wurde Mathis zum Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath und 1842 zum Mitglied des Staatsraths ernannt. 1846 erfolgte seine Ernennung zum Ministerial⸗Direktor, indeß schon 1848 ließ er sich nach den Märzereignissen zur Disposition stellen. Seit 1850 Mitglied des Hauses der Abgeordneten, ward er 1859 und 1860 dessen Vize⸗Praͤsident. 1860 schied er definitiv aus dem Staatsdienst. Gleichwohl wurde er 1865 nach dem Tode des Hrn. von Uechtritz
erschienen;
Seine Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rath erfolgte Artillerie⸗Brigade, Weigelt, ist von seiner Reise zur Inspici⸗ — Der General⸗Major und Commandeur der 48. (4. Kö⸗ stattung persönlicher Meldungen von Leipzig hier eingetroffen, Smyrna nach Konstantinopel in See gegangen und am 18. da⸗ stattgehabten Ergänzungs wahlen für die Stadtverord⸗ 2. Wahlbezirk. 162 Wahlberechtigte, 45 zur Wahl erschienen; 3. W. B. 180 Wahlber., 93 erschienen; Dr. Kürten mit 62 (sog. . Vereinigung) mit 1065 St. wiedergewählt. gewählt. 1184 Wahlber, 355 erschienen; Kaufmann M. 15. W. B. 652 Wahlber., mit 127 St. neu gewählt. 25. W. B. 670 Wahlber., 295 erschienen; Buchbinder Jul. Dielitz mit 19 St. neu gewählt. mann (sog. Bergpartei)h mit 84 St. wiedergewaͤhlt. 35. W. B. 955 Wahlber., 282 erschienen; Hr. Bollmann (freie Vereinigung) mit 128 St. wiedergewählt. Ganzen auch für die sog. Bergpartei ausgefallen zu sein. gemeldet wird, wegen unbefugter Vornahme geistlicher Amts⸗ Bayern. München, 17. November. Nach der vor tillerie⸗Offiziere und zwar, inkl. eines Generalmajors oder zu erwarten, da die Königliche Verordnung mit Neujahr in vorschriften zu der Allerhöchsten Verordnung über die Ehren⸗ gorien einschließlich der nach den bisherigen Bestimmungen mit nicht entzogen ist. Dagegen sind die Militärärzte und Beamten — Die „Allg. Itg.“ schreibt: Ein vom IV. Civilsenat Reichsstaatsrecht in Bezug kommt. Es handelt sich um die auf gemäß Art. 23 der bayerischen Militärgerichtsordnung und be⸗ zulagen und sonstigen Nebenzüge, wie das Service, in Anrech⸗ tionsgericht in Munchen aber in einem gleichen Falle die Frage
gerichtlichen Erkenntnisse erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gelangte vor dem obenerwähnten Senat am 10. d. zur Verhandlung, und heute wurde das Erkenntniß desselben verkündet: die von den betheiligten Beamten gegen das Erkenntniß des Münchener Appellationsgerichts erhobene Beschwerde wird als unbegründet verworfen, dagegen die vom Fiskus eingelegte Beschwerde gegen das Erkenntniß des Appellationsgerichts zu Bamberg für be⸗ gründet erklärt, demzufolge dieses Erkenntniß vernichtet und die Sache zur nochmaligen Verhandlung an einen andern Senat ver⸗ wiesen. Durch das oberstrichterliche Erkenntniß wird sonach aus⸗ gesprochen: daß die Gehaltszulage als pensionsfähiges Einkommen nicht betrachtet werden könne. In den sehr umfassenden Entschei⸗ dungsgründen wird — in Uebereinstimmung mit dem Erkenntniß des Münchener Appellationsgerichts und der bei der Verhandlung am 10. d. von der Staatsbehörde vertretenen Ansicht — im
Reichs⸗Staatsrecht, die Versailler Bündnißverträge zur Anwen⸗ dung zu gelangen haben, nach welchen Bayern verpflichtet ist, in Betreff der Organisation 2c. seiner Armee volle Gleichheit mit den andern deutschen Heeresabtheilungen, sonach auch eine Gleich⸗ stellung in Betreff der Bezüge der Militärbeamten, herbeizu⸗ führen. Durch die Bündnißverträge, welche die Zustimmung der bayerischen Kammer erhalten, sei auch der von den betreffenden Militärbeamten angerufene Art. 23 in so weit aufgehoben, als es zur Herstellung der vollen Gleichheit im deutschen Reichsheer erforderlich erscheint.
Sachsen. Dres den, 18. November. Prinz Gu stay von Wasa ist gestern Abend nach Baden-Baden abgereist.
— Das „Dresdener Journal“ schreibt aus Dresden vom 14. November:
„Die Nichtbetheiligung der Geistlichen bei der hier vorgekomme⸗ nen Verbrennung zweier von auswärts hergebrachten Leichen und das Verhalten der Konsistorialbehörde hierbei ist in der Presse zum Gegen⸗ stand der Besprechung gemacht worden. Namentlich sind in Nr. 317 der „Dresdener Nachrichten! Suppositionen ausgesprochen worden, welche nicht zutreffen. Denn die von der Geistlichkeit eingeholte Be⸗ scheidung ist weder zu spät eingegangen, noch hat sie ein an die Geistlichen erlassenes Verbot enthalten, und ebensowenig hat das Landeskonsistorium auf die in dem „Dresdner Journal“ angekündigte Entschließung des Königlichen Ministeriums des Innern: in Zukunft zur Verbrennung von Leichen nicht mehr seine Genehmigung zu ertheilen, irgend welchen Einfluß gehabt. Allerdings hat aber das Landeskonsistorium auf die an dasselbe ergangene Anfrage, und zwar rechtzeitig sich unverholen dahin ausgesprochen, daß die Betheiligung der Geistlichen bei der Vernichtung einer Leiche durch Verbrennung — weil diese der kirchlichen wie der weltlichen Gesetzgebung Sachsens fremd ist und mit dem christlichen Brauch von Jahrhunderten nicht im Einklang steht, übrigens auch von den Ver— tretern dieser Idee nur als wissenschaftliches Experiment behandelt wird, nicht für angemessen erachtet, am wenigsten aber ein Geist— licher hierzu angewiesen werden könne. Sind dies die wesentlichen Gründe jener Ablehnung gewesen, so mag aber wohl dabei auch nicht unerwogen geblieben sein, daß es selbst dem eifrigsten Verfechter der Leichenverbrennung schwer fallen dürfte, einen passenden Moment herauszufinden, zu welchem die Thätigkeit des Geistlichen in wür— diger Weise einzutreten haben würde, da doch weder der Akt der Ein⸗ bringung der Leiche in den Ofen, noch die peinliche Zeit während des Verbrennungsprezesses selbst als hierzu geeignet erscheinen kann; die geistliche e , ele tl Einsegnung der Leiche vielmehr nur in dem Familienhätfe und außerhalb der Verbrennungsstätte als sachgemäß und für die Hinterlassenen, sowie sonst Anwesenden wohl⸗ thuend angesehen werden könnte, wozu selbstverständlich jeder Geist⸗ liche willig und pflichtmäßig bereit gewesen sein würde.“ Württemberg. Stuttgart, 16. November. Der König . sich heute auf einige Tage nach Bebenhausen zur Jagd be⸗ geben.
— Der Ober⸗Tribunals⸗Präsident v. CEronmüller ist auf sein Ansuchen wegen vorgerückten Alters in den Ruhestand ver⸗ s . demselben das Großkreuz des Friedrichs⸗Ordens verliehen worden.
— In der Angelegenheit des Prälaten v. Kapff hat das Königliche Ministerium des Kirchen⸗ und Schulwesens auf Grund der durch Requisition des Großherzoglich badischen Be— zirkamts Constanz und des schweizerischen Bezirksamts Arbon eingeleiteten Zeugenvernehmungen und des weiteren umfassenden zu den Akten gebrachten urkundlichen Materials sich unter dem 5. d. M. dahin ausgesprochen, daß zwar Prälat v. Kapff in seinem Verkehr mit der Familie Ammann in Romanshorn, ob⸗ wohl in der besten Absicht, so doch nicht mit der erforderlichen Vorsicht gehandelt habe, daß aber die wider ihn erhobenen weitergehenden Beschuldigungen als unbegründet zu betrachten seien. (Hr. Kapff hatte sich ehelicher Zwistigkeiten in der ge⸗ nannten Familie angenommen.)
— Am 4. dieses Monats fand bei dem Landesamte für das Heim athwesen eine öffentliche Verhandlung statt, in welcher zwei Klagen von badischen gegen württembergische Orts⸗ armenverbände auf Ersatz aufgewendeter Armenunterstützungs⸗ kosten zur Entscheidung kamen. In einem dieser Streitfälle hatte der beklagte württembergische Armenverband seine Weige— rung, dem Anspruche auf Ersatz von Krankenverpflegungs⸗ und Begräbnißkosten stattzugeben, auf die, wie es scheint, mannigfach verbreitete Ansicht gestützt, daß der sogenannten Eisenacher Uebereinkunft vom 12. Juni 1853, durch welche bestimmt wurde, daß im Falle der Erkrankung von An⸗ gehörigen eines der kontrahirenden Staaten in einem anderen derselben ein Ersatz der durch die Verpflegung der Hülfsbedürf⸗ tigen und deren Beerdigung erwachsenen Kosten gegen eine öffent⸗ liche Kasse des Heimathstaats nicht beansprucht werden dürfe, noch die gleiche Geltung wie früher zukomme. Der „St. A. f. W.“ theilt nun mit, daß in dem vorgedachten, sowie in zwei früher zur Entscheidung gekommenen Fällen das Landesamt für das Heimathwesen sich dahin ausgesprochen hat, daß die gedachte Uebereinkunft als unvereinbar mit den für die gegenseitigen Rechtsverhältnisse der Armenverbände hinsichtlich der Ersatzpflicht für geleistete Armenunterstützung nunmehr maß⸗ gebenden Bestimmungen des Reichsgesetzes über den Unter⸗ stützungswohnsitz vom 6 Juni 1870 für den Geltungsbereich dieses Gesetzes (zu welchem Bayern und Elsaß⸗Lothringen bekannt⸗ lich bis jetzt noch nicht gehören) seine Wirkfamkeit verloren habe.
Baden. Wie man der „R. Volksz.' aus Karlsruhe schreibt, hat die Großherzogliche Staatsregierung in Sachen der Erzbischofswahl dem Domkapitel eröffnet, daß auch auf Grund der zweiten Kandidatenliste keine Wahl vorgenommen werden könne, indem ein Kandidat (Bischof v. Hefele) erklärt habe, unter keinen Unmständen eine etwa auf ihn fallende Wahl anzunehmen, und die vier anderen Kandidaten (Bischof v. Hane⸗ berg, Professor Alzog, Domkapitular Behrle und Pfarrer Dr. Dieringer) sich entschieden geweigert hätten, den vorgeschriebenen Staatseid ohne Vorbehalt zu leisten. Somit enthalte auch die zweite Liste keinen der Regierung genehmen Kandidaten, und sie
zum Präsidenten des Evangelischen Ober⸗-Kirchenraths berufen, aus Anlaß des Krönungsfestes am 18. Oktober 1861. rung der Artillerie⸗Depots in den Festungen des Brigadebereichs niglich söchsischen) Infanterie⸗Brigade, von Ru dorff, welcher, hat sich dorthin zurückbegeben. selbst eingetroffen. An Bord Alles wohl. netenversammlung enthalten die heutigen Morgenzeitungen wiedergewählt Stadtverordneter Bertheim lsog. freie Vereinigung) St. neu gewählt. 389 Wahlber, 170 erschienen; St. V. Dreitzel W. B. 194 Wahlber., 82 erschienen; Buchhändler Jul. 14. W. B. E. Reimer mit 98 St. neu gewählt. . nn n,, , 22. W. B. ZII Wahlber. 264 erschienen; Hr. Ehestedt mit Spring er mit 152 St. wiedergewählt. Oberlehrer Dr. 27. W. B. 34. W. B. 459 Wahlber. 236 erschienen; Fabrikant Keilpflug mit 145 St. neu gewählt. Die Wahlen haben mit verhältnißmäßig regerer Betheili⸗ Breslau, 18. November. (W. T. B.) Der Pfarr⸗ handlungen zu einer Geldstrafe von 50 Thlrn. event. zu einer einigen Tagen publizirten, die Formation der Artillerie Obersten, um 6 Stabsoffiziere. In Folge dessen steht ein grö⸗ Wirksamkeit zu treten hat. gerichte der Offiziere erstreckt sich die Kompetenz dieser Pension verabschiedeten, da denselben in Folge ihrer Verabschie⸗ des Heeres fortan den militärischen Ehrengerichten nicht mehr des obersten Gerichtshofes heute verkündetes Erkenntniß dem Rechtsweg zur Entscheidung gebrachte Frage: ob bei Be⸗ ziehungsweise Art. 23 der IX. Verfassungsbeilage (pragmatische nung zu bringen ist. Das Appellationsgericht zu Bamberg verneint und den klagenden militärrichterlichen Beamten abge⸗
in welcher Stelle er bis 1872 verblieb. — Der General⸗Major und Commandeur der 1. Fuß⸗ hierher zurückgekehrt. aus Anlaß seiner Beförderung zum General-⸗Major, zur Ab⸗ — S. M. Kbt. „Meteor“ ist am 17. November er. von — Ueber den Ausfall der gestern in der II. Abtheilung folgende Mittheilungen: mit 40 Stimmen wiedergewählt. 19. B. Springer (bis jetzt Vertreter des 25. Wahlbez, freie Vereinigung) Moses mit 229 St. neu gewählt. 20. W. B. 456 Wahlber., 160 erschienen; Fabrikant Winsch 159 St. neu gewählt. 26. BD. B. 356 Wahlber, 140 265 Wahlber., 84 erschienen; Dr. jur. Zimmer« mit 127 St. neu gewählt. è6. W. B. 406 Wahlber., 214 erschienen; St.V. Di ersch gung als in der III. Abtheilung stattgefunden, scheinen aber im administrator Dalik in Odersch bei Ratibor ist, wie von dort Gefängnißstrafe von einem Monat verurtheilt worden. betr.ů, Allerhöchsten Verordnung erhöht sich der Status der Ar⸗ ßeres Avancement in der Artillerie fuͤr den kommenden Monat — Nach den vom Kriegs⸗Ministerium erlassenen Vollzugs⸗ Gerichte in subjek iver Beziehung auf sdie Offiziere aller Kate⸗ dung zur Zeit die Befugniß des Forttragens der Militäruniform unterworfen. ist in so fern von allgemeinem Interesse, als bei demselben das rechnung der Pensionsbezüge der militärrichterlichen Beamten Rechte) der Gesammtbezug derselben, d. h. auch die Gehalts⸗ hatte die Frage bejaht und den Fiskus verurtheilt, das Appella⸗ wiesen. Die von beiden Seiten gegen diese zwei appellations⸗
Wesentlichen ausgesprochen: daß in den vorliegenden Fällen das
Sachsen⸗Meiningen⸗Bildburghausen. Meinin⸗ gen, 16. November. (Fr. J) Der Landtag hat die propo⸗ nirte Verwilligung von Theuerungs⸗Zulagen aus den Ueber⸗ schüssen des Jahres 1873 genehmigt; anch der Gesetzentwurf über die Einführung der Markrechnung mit dem 1. Januar k. J. fand die Zustimmung des Landtags. Ein Gesetzentwurf der Regierung proponirt, die Verausgabung von auf den Inhaber lautenden Werthpapieren von der Genehmigung der Regierung bei Meidung einer Strafe von 300 Mark bis zum fünften Theile des Nennwerthes abhängig zu machen; der Landtag gab dem Gesetzentwurfe seine Genehmigung.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 17. November. Am 26. November wird die Landschaft des Herzogthums zu einem ordentlichen Landtage zusammentreten. .
Neuß j. L. Gera, 17. November. Der Landtag ist noch immer mit Vorberathung der Vorlagen in seinen Kom⸗ missionen beschäftigt. Namentlich gilt diese dem Staatshaushalts⸗ Etatentwurf für die Jahre 1875 — 1877. In diesem Entwurfe ist, wie die „Leipziger Ztg.“ mittheilt, die künftige Jahreseinnahme mit 826,466 Mark eingestellt, gegen bisher 729, 600 Mark; die Ausgabe mit 766,806 Mark gegen 690,130 Mark bisheriger Ausgabe. In den Eiat nicht aufgenommen sind aber die Aus⸗ gaben für Reichszwecke, für Tilgung der Papierschuld und für die Eisenbahngarantien. Das Fürstliche Ministerium motivirt dies betreffs der Ausgaben für Reichszwecke, daß diese schon im Etat für 1872.74 außer ziffermäßigem Ansatze geblieben, weil sie, da sie von dem Reichsorgan alljährlich festgestellt werden, für eine dreijährige Periode nicht gut festgestellt werden können und weil nach Art. 70 der Reichsverfassung zu erwarten stehe, daß auf Einführung von Reichssteuern an Stelle der Matrikular⸗ beträge werde Bedacht genommen werden. Betreffs der Tilgung der Papiergeldschuld führt das Ministerium an, daß Se. Durch⸗ laucht der Fürst die gnädigste Entschließung gefaßt haben, die⸗ jenigen Summen, welche während der bevorstehenden Finanz⸗ periode nach den reichsgesetzlichen Bestimmungen zur Einlösung der Kassenscheine des Fürstenthums und zur Tilgung des in Reichskassenscheinen dem Fürstenthume zu überweisenden Vor⸗ schusses erfordert werden, der Staatskasse aus Kammermitteln zufließen zu lassen. Es ist dies die von Sr. Durchlaucht dem Fürsten in der Landtagseröffnungsrede in Aussicht gestellte Unterstützung aus der Fürstlichen Kammerkasse. — Betreffs der Ausgaben für die Eisenbahngarantien bemerkt die Ministerialvorlage, daß es der Wunsch Sr. Durchlaucht des Fürsten sei, aus dem dem Fürstenthum zukommenden Antheil an der französischen Kriegskostenentschädigung mit Anfang der neuen Etatsperiode einen Separatfonds von 1,000,000 Mark Reichswährung zu bilden, welcher zunächst dazu dienen solle, durch die Zinsen und soweit nöthig durch den Hauptstock die⸗ jenigen Zahlungen zu bestreiten, welche aus der für die Gera⸗ Eichichter und die Weimar⸗Geraer Eisenbahn übernommenen Zinsgarantie entspringen. In der bezifferten Ausgabe sind namentlich die Posten der Beamtengehalte wesentlich gegen die bisherigen Sätze erhöht.
Greiz, 17. November. Der zum Präsiden ten der Fürst⸗ lichen Landesregierung und des Konsistoriums der evangelisch⸗ lutherischen Landeskirche ernannte Königlich preußische Regie⸗ rungs⸗Rath Faber aus Düsseldorf ist heute verpflichtet und in sein Amt feierlich eingeführt worden.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 18. November. Das neueste Bulletin über das Befinden des Erzherzogs Karl Fer⸗ dinand aus Selowitz, den 17. d. M., lautet: Nach einem etwas ruhiger verbrachten Morgen steigerte sich die Unruhe gegen Abend wesentlich. Nachts häufiges Irrereden und Schlaflosigkeit. Puls verlangsamt und schwach.
— Im Abgeordnetenhause interpellirte Bareuther den Unterrichts-⸗Minister betreffs der Entlassung des Realschul⸗Direk⸗ tors Lippert in Budweis. Das Gesetz, betreffend die Anlegung von Grundbüchern in Istrien, wurde einem neungliedrigen Aus⸗ schusse, der Antrag Göllerichs bezüglich der Reform der poli⸗ tischen Verwaltung einem vierundzwanziggliederigen Ausschusse zugewiesen. Hierauf ward die Debatte über das Aktiengesetz fortgesetzt. Die Artikel 206 bis 220 wurden meist in der Fassung des Ausschusses angenommen. Die Artikel 220 und 222 des Aktiengesetzes wurden mit Rücksicht auf die von den Abgeord⸗ neten Scharschmidt und Gomperz gestellten Amendements nach längerer Debatte an den Ausschuß zurückgewiesen. Der Präsi⸗ dent ersuchte unter Beifall des Hauses um die Ermächtigung für das Präsidium, der Kaiserin anläßlich des Namensfestes die . der Loyalität und die Glückwünsche des Hauses darzu⸗ ringen.
Pest, 17. November. Das Oberhaus erledigte die Ad⸗ vokatursvorlage im Sinne des Unterhausantrages; demzufolge ist dieses Gesetz in beiden Häusern erledigt. Das Haus hatte in Betreff der Advokatursvorlage blos über eine Differenz, nämlich wegen Zusammensetzung der Disziplinargerichte zu berathen. Die meisten Redner sprachen sich für die Annahme des Unterhaus⸗ textes aus. Fiath und Vay nahmen den hart angegriffenen Advokatenstans in Schutz, während Tomesanyi eifrig für die Zuziehung von Richtern bei den Disziplinargerichten eintrat. Auch Zichy⸗Ferraris, der letzthin als Ausschußreferent für die Oberhausfassung gewesen, trat nunmehr dem Unterhaustexte bei, ohne übrigens von seinen Anschuldigungen gegen den Advokatenstand irgend etwas zurückzunehmen. Der Zustiz⸗ Minister plaidirte in wirksamer Ansprache für die Annahme des Unterhaustextes und wies die Unhaltbarkeit der Einwendungen mit schlagenden Argumenten nach. Schlimmsten Falles könnten etwaige Uebelstände durch Einbringung einer kurzen Novelle be⸗ hoben werden; das Oberhaus möge beherzigen, daß das Unter⸗ haus bisher auf alle Modifikationen des Oberhauses eingegangen sei, und daß nur auf diese Bestimmnng ohne Gefahr nicht ver⸗ zichtet werden könne, und deßhalb duͤrfe doch wohl das Ins⸗ lebentreten des Advokatursgesetzes, dessen Nothwendigkeit allge⸗ mein gefühlt wird, nicht verzögert werden.
Nach der beifällig aufgenommenen Rede Paulers wurde der Unterhaustext von der Majorität angenommen und die Advo⸗ katursvorlage sofort dem Unterhause übermittelt, welche dem⸗ nächst zur Sanktion gelangt.
— Im Unterhau se wurde vom Finanz⸗Minister ein Ge⸗ setzentwurf über die Inartikulirung der letzten Anleihe und vom Honvoed⸗Minister die Rekrutirungsvorlage eingebracht und die Nuntien des Oberhauses entgegengenommen.
Schweiz. Bern, 18. November. (W. T. B.) Die alt⸗ katholische theologische Fakultät der hiesigen Universität hat sich . und den Professor Dr. Friedrich zum Dekan gewählt.
. deshalb von dem Domkapitel die Vorlage einer dritten iste.
Niederlande. Haag, 14. November. Die Regierung hat mit der Nordseekanal⸗Gesellschaft eine Uebereinkunft ab⸗
geschlossen, gemäß welcher sie derselben eine weitere wirksame Beihülfe zur Förderung und Sicherstellung ihres Unternehmens gewährt. Sie hat heute an die Zweite Kammer der Ge⸗ geralstaaten zwei Gesetzentwürfe gelangen lassen; der erste betrifft die Genehmigung jener Uebereinkunft; der zweite be⸗ willigt den zu deren Ausführung erforderlichen Kredit.
— Das Projekt einer Sammlung von Beiträgen, um dem General van Swjeten einen Ehrendegen zu widmen, fand Anklang nicht blos in Amsterdam, sondern auch anderwärts: aus allen Theilen des Landes kamen Zustimmungserklärungen, und schon war man im Begriffe, ein Comité für Verwirklichung des Planes zu konstituiren. General van Swieten hat nun aber an die Redaktionen der öffentlichen Organe, welche für das Unternehmen eingetreten, ein Schreiben gerichtet, um sie zu er⸗ suchen, mitzutheilen: er sei zwar dankbar für das in Anregung gebrachte Projekt, würde dasselbe jedoch nicht. gerne jur Ausfuhrung kommen sehen; ihm genüge es, von so vielen Seiten die Bezeugung zu erhalten, daß der Kern der Nation die Mißbilligung nicht theile und auch nicht getheilt habe, welche über seine militärische und poli⸗ tische Leitung der zweiten atchinesischen Expedition von Unkun⸗ digen auf Grund falscher Vorstellungen und wohl auch deshalb ausgesprochen worden sei, weil, er nicht Zwangsmaßregeln hul⸗ digte, die er dem Berufe Niederlands widerstreitend erachtet habe, in dem indischen Archipel nur durch den Einfluß der Ci⸗ vilisation und sein moralisches Uebergewicht wirksam zu sein, und die er als nachtheilig für das Ziel erkannt, welches Nieder⸗ land in Atchin erreichen wolle. Die für das Widmungsprojekt bereits eingegangenen Beiträge werden nun den Verwundeten und Kranken in Atchin zugewiesen. — Unter den Amster⸗ damer Studenten eirkulirt jetzt eine Sympathieadresse an General van Swieten. Sie hat schon zahlreiche Unterschriften erhalten. Auch in Rotterdam, Haarlem 2c. hat man beschlossen, „dem um das Vaterland hochverdienten General! Sympathieadressen zu übersenden. . .
— Unter dem 7. d. M. hat der König die Ernennung des bisherigen Minister-Residenten am italienischen Hofe, van der Hoeven zum Gesandten in St. Petersburg vollzogen.
— 15. November. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute mit 40 gegen 20 Stimmen den Gesetzentwurf ange⸗ nommen, welcher die Regierung ermächtigt, zeitweilig die Aus—⸗ prägung von Silberbarren für Rechnung von Privat⸗ personen zu suspendiren.
Großbritannien und Irland. London, 1J. November. Die Herzogin von Edinburgh empfing gestern im Bucking⸗ ham⸗Palast eine Damendeputation, die erschienen war um ihr eine Adresse und eine Bibel als ein Hochzeitsgeschenk der Jung⸗ frauen des Vereinigten Königreichs zu überreichen. Ihre König— liche Hoheit nahm das Geschenk, zu dessen Kosten 7572 Jung— frauen ihr Scherflein beigesteuert, mit einigen herzlichen Dankes⸗ worten dn. — Dem Hofsournale zufolge werden sich der Herzog und die Herzogin von Edinburgh erst nach der Taufe ihres jungen Sohnes nach CGastwell⸗Park in Kent begeben. Die Cere⸗ monie ist für den nächsten Montag (23. d.) im Buckingham⸗ Palast anberaumt und wird in Gegenwart der Königin und der Kaiserin von Rußland stattfinden. Am folgenden Tage wird das Herzogliche Paar mit der Kaiserin von Rußland nach East⸗ well⸗Park übersiedeln.
— Hr. Disraeli wurde gestern zum Lord Rektor der Universität Glasgow wiedergewählt. Er erhielt 200 Stim⸗ men mehr als sein Gegenkandidat, Hr. R. W. Emerson, der ausgezeichnete amerikanische Schriftsteller. Von 1400 immatriku⸗ lirten Studenten betheiligien sich 1200 an der Wahl, und zwar 700 zu Gunsten des Premier⸗Ministers und 500 zu Gunsten Emersons, gegen dessen Kandidatur aus dem Grunde, daß er ein Ausländer sei, ein Protest eingelegt worden war.
— Bangor, Conway, Llandudno und andere Theile von Nord⸗Wales wurden gestern von einem Erd stoß heimgesucht, der, obwohl er nur geringen Eigenthumsschaden anrichtete, die Einwohner in große Schrecken versetzte. .
18. November. (W. T. B.) Die Union der engli⸗ schen Katholiken hat heute eine zahlreich besuchte Versamm⸗ lung abgehalten, in welcher Lord Petre an Stelle des in Rom befindlichen Herzogs von Norfolk den Vorsitz führte. Nach einer längeren Debatte über die letzte Broschüre Gladstone's gegen die vatikanischen Dekrete wurden einstimmig meh⸗ tere Resolutionen angenommen, in welchen die Versammlung erklärte, daß die Loyalität der englischen Katholiken durch die Beschlüsse des vatikanischen Konzils über die Unfehlbarkeit des Papstes in keiner Weise berührt werde. — Graf Derbmy empfing heute eine Deputation von syrischen Prieste rn, welche bei ihm über die Bedrückung der Christen in Syrien Klage führten. Der Minister erwiderte der Deputation, obgleich der Sultan in dem Pariser Friedensvertrage seinen christlichen Unterthanen den erforderlichen Schutz zugesagt habe, sei durch die weiteren Bestimmungen dieses Vertrages den Mächten eine förmliche In⸗ tervention nur dann gestattet, wenn die der Pforte untergebenen christlichen Bevölkerungen in ihrer ngtionalen Existenz bedroht würden. Die englische Regierung müsse sich deshalb darauf be⸗ schränken, bei der ftürkischen Regierung freundschaftliche Vor⸗ stellungen zu erheben.
Frankreich. Paris, 16. November. Das „Journal officiel bestätigt amtlich die bereits gemeldete Ernennung des Abbé Fonteneau, bisherigen Generalvikars von Bordeaux, zum Bischof von Agen an Stelle des auf den Bischofssitz von Le Mans berufenen Hrn. Chaulet d Dutremer.
— Der „Moniteur de lLArmée veröffentlicht ein Dekret, welches gewisse neue, von Humanitätsrücksichten eingegebene Vor⸗ schriften für die Vollstreckung der Todesstrafe an Militärs enthält: Die Hauptbestimmungen sind folgende: ö
Der Verursheilte wird an einen Pfahl gestellt. Während der
Verlesung des Urtheils verbindet ihm ein im Voraus dazu bestimm⸗ ter Soldat die Augen und nöthigt ihn, niederzuknieen. In diesem Augenblick nimmt bas Peleton von zwei Reihen in der vorgeschriebe⸗
nen Distanz Stellung, und während der Verurtheilte allein bleibt, erhebt . uc ns welcher vier Schritte rechts und zwei Schritte vor dem Peleton steht, seinen Degen. Auf dieses Zeichen legen die zwölf Mann an; jeder von ihnen zielt auf die Brust, in eine Linie, welche er sich . die Ellbogen und Schultern gezogen denkt. Ver Adjutant hält seinen Degen so lange erhoben, daß das Peleton vollkommen Zeit hat, ordentlich zu zielen, dann lebt er laut das Kommando: „Feuer!“ worauf unverzüglich die Le folgt. Ein, sei es der Truppe, welche die Schützen stellt, oder den ältesten der Garnison entlehnter Militärarzt, muß der Exe⸗ kution beiwohnen. Sogleich nach dem Feuer tritt er an den Körper heran, um zu entscheiden, ob ein Gnadenschuß nöthig ist. Ist dies der Fall, so legt der Unteroffizier, der sich mit schon geladener Waffe in der Nähe deg Militärarztes hält, das Ende des Laufs in einer Entfernung von fünf Centimetern an das Qhr des Verur= theilten und giebt . Mehrfache Exekutionen müssen stets gleich
zeitig stattfinden. Die Verurtheilten werden in eine und dieselbe
Linie gestellt, je in einer Instanz von zehn Metern. Ein einziger Adjutant giebt das Kommando. Der Militärarzt, welcher der Exe— kution beigewohnt hat, muß den Leichnam untersuchen, in einem ge⸗ richtsärztlichen Bericht Zahl und Ort der Wunden bezeichnen und eintretenden Falls die Gründe angeben, welche einen Gnadenschuß nöthig machten.
— Gestern fand, wie man der „Cöln. Ztg“ schreibt, in Tours die große Prozession zu Ehren des h. Martin statt. Die Feier ward bei Anbruch des Tages mit dem Ablesen von Messen in allen Kirchen und Kapellen der Stadt eingeleitet. Um 9 Uhr begann die Feier in der Kathedrale, welcher der Kardinal -⸗Erzbischof von Paris vorstand. Seinem Throne gegen⸗ über saßen die Bischöfe, welche zum Leichenbegängniß des Erz⸗ bischofs von Tours sich eingefunden hatten. Um 2 Uhr setzte sich die große Prozession in Bewegung. An der Spitze derselben marschirten die Trommler und Trompeter der Garnison, ihnen folgten die Kongregationen, die Delegationen der Gemeinden der Stadt und der Diözese mit ihren Bannern; die katholischen Bruderschaften und Kollegien, eine Masse von Pilgern mit rothen Kreuzen und viele Kinder. Den Reliquien des Heiligen, die von Seminaristen getragen wurden, schritt die Musikbande des 66. Linien-Regiments voraus, und ihnen folgten die Bi⸗ schöfe und der Kardinal Guibert. Die Truppen waren zur Feier kommandirt und begleiteten die Prozession. Dieselbe be⸗ gab sich nach St. Martin, d. h. dem Platze, wo die 1793 zer⸗ störte Kathedrale stand, die wieder aufgebaut werden soll, und wo sich gegenwärtig nur eine provisorische Kapelle befitidet. Für die Bischöfe war eine Estrade errichtet, wohin man die Reliquien brachte, und von wo aus sie gemeinschaftlich das Volk segneten. Von St. Martin begab sich die Prozession auf langen Umwe⸗ gen nach der Kathedrale zurück.
— 18. November. (W. T. B.) Nachdem die Chefs der Armee⸗Corps konstatirt haben, daß durch die Entlassung der Altersklasse von 1869 eine erhebliche Abnahme in der Stärke der Truppentheile herbeigeführt worden sei, hat der Kriegs⸗ Minister, wie die Agence Havas“ meldet, angeordnet, daß die Altersklasse von 1870 erst von dem Dienste bei der Fahne ent— lassen werden soll, nachdem das Kontingent von 1873 ein⸗ gestellt worden ist. Letzteres geschieht wahrscheinlich im Februar künftigen Jahres.
Spanien. Madrid, 18. November. (W. T. B.) Die carlistischen Abtheilungen in Catalonien unter Tristany, Miret und Galeran sind auf dem Rückzuge begriffen und werden von den Regierungstruppen lebhaft verfolgt.
Türkei. Konstantinopel, 18. November. (W. T. B.) Nach hier aus Chart um (in Afrika) eingegangenen Nachrichten haben die ägyptischen Truppen Darfur eingenommen. Der Sultan von Darfur ist im Kampfe gefallen.
NUußland und Polen. St. Petersburg, 16 November. Der Bischof von Smolensk, Seraphim, ist zum Bischof von Riga ernannt worden.
— Die „St. Petersburger Ztg.“ schreibt: „Das noch unlängst von der „M. 3.“ mit großer Sicherheit und Aus⸗ führlichkeit wiederholte Gerücht von der Bildung zweier neuen Gouvernements, Odessa und Taganrog welche auf die Administration von Podolien, Chersson, Jekateri⸗ nosslaw und Taurien bedeutend influiren würde behauptet seinen Platz unter den Thematen der russischen Presse. Der „Golos“ bringt eine Besprechung der Vortheile dieser Maßregel und knüpft den Wunsch dgran, daß sie, auch anderen Theilen Rußlands zu Theil werden möchten. Die Herstellung neuer administrativer Centren in Odessa und Taganrog bringt den Einwohnern der ganzen Ge⸗ gend durch Ersparniß von Reiseunkosten, erleichterten Verkehr mit den Behörden u. s. w. großen Nutzen. Andere Kreise laboriren aber an denfelben administrativen Kalamitäten wie Odessa und Taganrog, z. B. die Kreise Kusnezk, jetzt zu Ssa⸗ ratow gehörig und Juchnow im Gouvernement Ssmolensk. Der Kreis Kusnezk ist in seiner ganzen Länge von der Pensa⸗Ssysraner Bahn durchzogen, bis Pensa sind nur 27 Stunden Fahrt. Bis zur Gouvernementsstadt sind aber 221 Werst schlechten Weges, also zwei Tage Fahrt. Der Juchnowsche Kreis drängt sich kreisförmig in das Kalugasche Gouvernement ein. Kaluga ist von Juchnom 90 Werst entfernt, von Ssmolensk, wozu es gehört, 256 Werst. Die Gouvernements Ssaratow und Ssmolensk sind außerdem sehr groß (1634 und 1018 Quadratmeilen), während Pensa und Kaluga klein sind (705 und 562 Quadratmeilen). Wenn die sehr wünschenswerihe Umtheilung ins Leben träte, würde Pensa S00 Quadratmeilen und 1,330,000 Einwohner und Ssaratow 1439 Quadratmeilen und 1,580,000 Einwohner haben.
— Das J des Innern hat nach der „M. 3.“ der besonderen Behörde für Angelegenheiten der allgemeinen Militärdienstpflicht eine Vorstellung über die Menno⸗ niten im taurischen Gouvernement eingereicht. Nach derselben sollen die Mennoniten, um Rußland eine Bevölkerung von 40,000 Personen beiderlei Geschlechts zu erhalten, von der Dienstpflicht eximirt werden. Anlaß dazu ist ihre bekannte reli⸗ giöse Ueberzeugung, welche ihnen nicht nur das Tragen von Waffen und Vergießen von Menschenblut, sondern auch indirekte Betheiligung an militärischen Aktionen, wie z. B. beim Train⸗ oder Sanitaͤtsdienst, verbietet.
— (Monatsübersicht für Oktober.) Der Oktober ist derjenige Monat, in welchem das St. Petersburger Leben immer mehr seine eigenthümliche belebte Physiognomie wieder annimmt. Die todte Jahreszeit ist vorbei und die Würdenträger treffen von allen Seiten wieder ein, um — mit Genehmigung des Kaisers — ihre Funktionen aufs Neue zu übernehmen. Der Kaiser selbst weilt noch in der Krim und trifft erst am 25. (13) November in St. Petersburg ein; doch unterbricht Se. Majestãt trotz der Abwesenheit von der Residenz Ihre Thätigkeit keinen Augenblick. Wie übrigens die von uns in den letzten Monats⸗ berichten erwähnten Gesetze beweisen, war, — trotz der todten Jahreszeit — die Thätigkeit unserer Regierungskreise gerade in diefem Sommer eine ungemein lebhafte. .
Die Großfürstin Maria Alexandrowna, Herzogin von Edin⸗ burgh, ward am 3. (15) Oktober durch die Geburt eines Prin⸗ zen erfreut. Das Familienerei niß trat etwas früher ein, als man es erwartete, wodurch die Großfürstin gewissermaßen über⸗ rascht wurde, weder konnte die Uebersiedelung des Herzoglich Edinburghschen Paares nach Eastwill⸗Palais in beabsichtigter Weise stattfinden, noch die Kaiserin von Rußland zu rechter Zeit in England eintreffen. Doch verlief das Sreigniß glücklich j die Herzogin von Edinburgh befindet sich wohl, und die Kai⸗ ferin von Rußland gedenkt am Tage nach der auf den 23. No⸗ vember festgesetzten Tauffeierlichkeit, alss am 24. England zu verlassen, um sich demnächst nach dem Süden zu begeben.
Der Großfürst Konstantin Nikolajewitsch ist von seiner Reise nach Frankreich zuruͤckgekehrt.
In Bezug auf die äußere Politik war zu konstatiren, daß die von polnischen, sozial emokratischen und ultramontanen Ele⸗ menten ausgehende Verdächtigung der russischen Politik nur zu einer entschiedeneren Aussprache der Friedensstimmung Rußlands und deren allgemeinerer Anerkennung geführt hat. Auch in Mittelasten darf Rußland auf dauernde Erhaltung des Friedens sich Rechnung machen, da der Chan von Kokand des ihn be⸗ drohenden und die Nachbarlande beunruhigenden Aufstandes so weit Herr geworden ist. Nachdem die Insurgenten im Kokandi⸗ schen zwei Male geschlagen worden waren, brachen sie trotz un⸗ serer Neutralität in russisches Gebiet ein. Die Abtheilung, die in Rußland eingebrochen war, wurde von unsern Befehlshabern zerstreut, worauf der Chan von Kokand in seinem Gebiet die Unterwerfung der Insurgenten vollendete.
Von wichtigen internationalen Akten wäre die Betheiligung Rußlands am Berner Postkongreß, wie auch die Herausgabe der Protokolle des Brüsseler völkerrechtlichen Kongresses zu notiren. Was den Postkongreß anlangt, so hat Rußland nur einen schwachen Briefverkehr nach dem Auslande: man nimmt an, daß nicht mehr als zwei Millionen Briefe nach auswärts gehen. Dennoch förderte Rußland gern die Vereinbarungen des Kon⸗ gresses. Hinsichtlich des Brüsseler Kongresses ist es bekannt, wie nur die menschenfreundliche Gesinnung des Kaisers Alexander seine Berufung veranlaßte.
Unter den inneren Maßregeln stehen bei Weitem diejenigen im Vordergrunde, welche mit der Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht zusammenhängen. Der Eintritt der Freiwilligen hatte schon im Sommer vielfach stattgefunden; aber die erste all⸗ gemeine Aushebung steht nach den Grundsätzen des neuen Ge—⸗ setzes erst in nächster Zeit bevor.
Vor Allem publizirte die Regierung eine Verordnung über Organisation von Fel dtruppen und Lokaltruppen. Dieser Eintheilung liegt das Territorialprinzip zu Grunde: an der Spitze der territorialen Bezirke steJen die Ober⸗-Befehlshaber der Militärbezirke. Die Feldtruppen stehen unter dem Befehle von Corps⸗Kommandanten nach Analogie der deutschen Eintheilung in Corps und bilden vorzugsweise die allenthalben verwendbaren Armeen. Die Lokaltruppen sind dagegen vorzugsweise in ihren
Militärbezirken zu verwenden: von diesen wird der Garnisons—
und Festungsdienst besorgt.
Die Höhe des einzustellenden Jahreskontingents (welche all⸗ jährlich durch einen Ukas bestimmt wird) ist diesmal auf 150 000 Mann normirt worden, d. h. auf ein Viertel der zur Loosung gelangenden Anzahl. Die früheren Rekrutirungen, welche nach altem System veranstaltet wurden und nur die steuerpflichtigen Klassen umfaßten, hatten durchschnittlich gegen 155.000 Mann ergeben; die neue, alle Klassen umfassende Rekrutirung zeigt sich somit viel milder, als die früheren Aushebungen. !
Die neue Aushebung ist nicht ganz genau nach der Bevöl⸗ kerungsziffer repartirt: es wurden für diejenigen Provinzen, wo größerer Bedarf nach Arbeitskräften vorherrscht, gewisse Prozent⸗ sätze in Abzug gebracht. Die Gouvernements Tambow, Woro⸗ nefch und Kiew stellen die größte Zahl von Rekruten, nämlich 5363, 507? und 500 Mann. Moskau liefert (von 873,000 männlichen Seelen) 2501 Mann und Jekaterinoslaw 3052 Mann. Das Land der donischen Kosaken liefert blos drei Mann — doch nur von der nichtkosakischen Bevölkerung. .
Die Kosakenbevölkerung unterliegt der Wehrpflicht nach be⸗ sonderen Grundsätzen, die sich an ihre alten Gewohnheiten an⸗ lehnen. Dennoch zeigten sich unter den uralischen Kosaken Miß⸗ verständnisse, weil einige alte Gewohnheiten, die dort ein Stell⸗ vertretungssystem etablirt hatten, in Wegfall kamen. Die uralische Kosakenbevölkerung umfaßt etwa 90,000 Männer, von welchen etwa 10, 000 die Dienstpflicht ableisten sollten: die Wohlhaben⸗ deren zahlten den Aermeren aber Stellvertretungsgelder, so daß faktisch immer nur eirea 3000 Dienste thaten. Durch die neuen Verordnungen fil dieser Schlendrian fort; zugleich etablirte die Regierung bei den uralischen Kosaken eine Art von Selbstver⸗ waltung nach dem landständischen Prinzip. Die wenig belang⸗ reichen Unruhen, welche die Abschaffung der Stellvertretung bei den uralischen Kosaken hervorrief, wurden rasch und leicht
estillt.
. Eine fernere Konsequenz der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ist das Gesetz über die weltlichen Civilstandsregister der Sektirer der Staatskirche. Eine Menge Sektirer, die nach Millionen zählen, erkennen die kirchlichen Akte der Staats kirche
nicht an, während ihre eigenen Certifikate vor dem Gesetze keine
Geltung haben. Da zur Ableistung der Wehrpflicht die gesetz⸗ mäßige Beurkundung des Familienstandes unumgänglich nöthig ist, wurden für solche Personen, die „im Raskol geboren“, d,. h. von sektirerischen Eltern abstammen, weltliche Ciwilstandsregister eingeführt, und neulich in einer ausführlichen Verordnung die Details des betreffenden Verfahrens bestimmt. Dieses Gesetz ge⸗ währt den Sektirern zugleich eine große Wohlthat durch offizielle Anerkennung ihrer Familien- und Erbhrechte: es ist somit ein Ausfluß der toleranten Gesinnung des Kaisers, deren Realisirung in Bezug auf die heikeln Angelegenheiten der Sektirer durch die Umstände erleichtert ward. . — .
Es scheint, daß auch in Bezug auf die Juden die weltlichen Behörden für die Führung der Civilstandsregister eine größere Kompetenz erlangen werden: diese Aenderung wird in Vorschlag gebracht, um den zahlreichen Evasipmaßregeln zu begegnen, mit welchen die Juden bei uns die Militärdienstpflicht vielfach zu umgehen suchen. ᷣ .
Ferner steht für 46 Gouvernements eine Reorganisation der Polizeibehörden bevor. In den größeren Städten werden die Polizeimeister und Pristaus (Bezirksoffiziere), in den Kreis⸗ städten die Kreischefs, sowie auch deren Gehülfen, Sekretäre und Subalternen nach mehr übereinstimmenden und einheitlicheren Grundsätzen, als bisher, ernannt. Ebenso wird auch in Bezug auf die Funktionen dieser . ö. ö. ihre Verantwortlich⸗ keit eine größere Gleichförmigkeit angestrebt. .
Im ann, haben nach offiziellen Quellen in Rußland 3200 Brände stattgefunden; der Verlust, den sie verursachten, beläuft sich auf 06,100 Rubel. Am größten war der durch die Brände angerichtete Schaden in folgenden Gouvernements; Minsk (1,078,587 Rubel); Tambow (858, 103 Rubel); Kursk ( 780 413 Rubel); Mohilew (127,294 Rubel); Wladimir 414,370 Rubel). Den geringsten Schaden verursachten die Brände in den Gouvernements Tomsk (200 Rubel) und Stawropol (20 Rubelh. In 472 Fällen werden die Brände auf Brandstiftung zurückgeführt. in 739 auf Unvorsichtigkeit, in 260 auf. den Blitz; n 1719 Fällen war die Entstehungsursache der Brände nicht zu ermitteln.
Die Plenarkonferenzen der Friedensrichter, welche in den verschiedenen Kreisen für die friedensrichterlichen Urtheile eine Art von periodischer Appellations- und Revisions⸗Instanz bilden, sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 154. Male nicht zu Stande gekommen. In 17 Fällen ward das Nichtzustande⸗ kommen der Plenarkonferenzen durch das unzulängliche Erscheinen