Durchlauchten dem Reichskanzler und der Fürstin von Bismarck statt.
Zu dem vorgestern Seitens des Reichskanzlers veranstalteten parlamentarischem Diner hatten einerseits der Gesammt⸗ vorstand des Reichstags, andererseits die Spitzen der Reichs⸗ behörden Einladungen erhalten.
der Ausschuß des Bundesrathes für Handel und Verkehr und die vereinigten Ausschüsse für das Seewesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
— Ein Rechtsfall gab dem Ober⸗Tribunal Veranlassung zu zwei prinzipiell sehr wichtigen strafrechtlichen Sntscheidungen, in denen die Grundfätze ausgesprochen sind: I) Völlige Trunkenheit des Thäters schließt das Vor⸗ handensein einer strafbaren Handlung aus. Dieser Zustand kann nur durch die Angabe bestimmter dafür sprechender That⸗ sachen und ihre Feststellung, nicht aber durch Berufung auf Zeugen, welche schlechtweg das Vorhandensein der Trunkenheit bezeugen, gerichtlich bewiesen werden. 2 Bei gemeinen Be⸗ leidigungen gewährt der Anreiz nur dann einen speziellen Strafausschließungsgrund, wenn derselbe sich durch die sofortige Erwiderung eine Beleidigung gegen den Beleidiger sich äußert, bei Majestätsbeleidigungen hingegen kommt der Anreiz rechtlich gar nicht in Betracht.
— Das Eingreifen eines Polizeibeamten in einen privatrechtlichen Streit, das weder von Amtswegen noch zum Zwecke der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung, noch zum nothwendigen Schutz des Eigenthums oder der Person erfolgt —, fällt nicht unter den Begriff der rechtmäßigen Ausübung eines Amtes und der Widerstand gegen einen solchen Beamten ist demnach nicht nach der Bestimmung des 5§. 113 des Str. G. B. zu bestrafen. — Dieser vom Ober⸗Tribunal in der Sitzung vom 9g. Oktober er. gefällten Entscheidung liegt folgender, im Leben sich oft wiederholender Rechtsfall zu Grunde: Dem Grundbesitzer C. wurde im Wege der Exekution eine Quantität Torf abgepfändet, welche sodann der Fleischer B. in gerichtlicher Auktion kaufte. Als nun der Käufer von dem Grundstück des C. den Torf abfahren lassen wollte, hielt Letzterer die Pferde des Käufers an, mißhandelte denselben und warf den zur Hülfe des Käufers herbeieilenden Fleischer M. in einen Graben. Am folgenden Tage begab sich der Käufer in Begleitung des Bür⸗ germeisters und des Polizeiverwalters M. von Neuem nach dem Torfgrundstücke, wobei der Bürgermeister sein Amt als Polizeiverwalter gebrauchte, um einen Widerstand des C. gegen die Fortschaffung des Torfs von seinem Grundstück brechen zu helfen. Bei dieser Gelegenheit bedrohte C. den Bürgermeister mit Gewalt und leistete ihm hierdurch Widerstand. Auf Grund des 5§. 113 des Str. G. B. des Widerstandes gegen einen Beamten in der Ausübung seines Amtes an⸗ geklagt, wobei die Rechtmäßigkeit dieser Ausübung da—⸗ durch motivirt wurde, daß das Einschreiten des Polizei⸗ Verwalters bezweckt habe, um den Käufer und dessen Leute gegen kriminell strafbare Ausschreitungen des Angeklagten zu schützen — wurde C. in allen Instanzen mit der oben erwähnten Moti⸗ virung freigesprochen. Wenngleich die Polizei, führt das Ober⸗ Tribunals⸗Erkenntniß unter Anderem aus, zum Schutze des Be⸗ fitzers unter den gesetzlich festgestellten Voraussetzungen berufen sein kann, so ist doch das Vorhandendensein dieser Voraus⸗ setzungen im vorliegenden Falle thatsächlich verneint und davon ausgegangen, daß auch der angegriffene Beamte ihr Vorhanden⸗ sein nicht angenommen habe. Es kann aber auch von einem Schutze des Besitzers im vorliegenden Falle überhaupt nicht die Rede sein, weil festgestellt ist, daß der Käufer sich noch gar nicht im Besitze des verkauften Torfs befunden hat, denselben vielmehr erst erlangen wollte. Der Anspruch auf Uebergabe des Torfs gehört nach der thatsächlichen Lage des Falles ausschließlich zur Kompetenz des Eivilrichters.
— Die in dem Gebäudesteuergesetze vom 21. Mai 1861 angedrohte Strafe der unterlassenen Anmeldung zur Ge⸗ bäudesteuer trifft nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals vom 23. Oktober er. nur denjenigen, welcher in dem Augenblicke, als die Anmeldungsfrist ablief, Sigenthümer oder Nutznießer des Grundstückes war. — Der Milchpächter L. hatte ein Grundstück am 1. Januar 1872 hierselbst gekauft, dessen Vorderwohngebäude im Jahre 1865 erbaut wurde, ohne daß der Vorbesitzer diesen Neu⸗ bau erst zur Gebäudesteuer anmeldete. In Folge die⸗ ser unterlassenen Anmeldung wurde der Neubau vom 1. Januar 1872 ab zur Gebäudesteuer veranlagt und gleich⸗ zeitig von der Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin der zeitige Besitzer zur Entrichtung einer Geldstrafe und zur Nachzahlung der Steuer pro 1868 – 1571 aufgefordert. Der Steuer⸗Defraudation angeklagt, wurde L. vom hiesigen Stadt⸗ gericht freigesprochen. Die Polizei⸗Anwaltschaft und die Steuer⸗ Direktion appellirten hierauf und führten in der Appellations— Rechtfertigung aus, daß der zweite Besitzer gleich dem Vorbesitzer die Anmeldung der Steuer unterlassen und er erst nach der im November 1872 erfolgten Besteuerung des Gebäudes die Steuer
„entrichtet habe. Die Anmeldung des Neubaues sei demnach nicht rechtzeitig und überhaupt dem Gebäudesteuer⸗Gesetz ent⸗ sprechend erfolgt, und es komme nicht darauf an, ob die Ge⸗ bäude erst während der Besitzzeit des Angeschuldigten errichtet worden, oder ob bereits sein Vorbesitzer zur Anmeldung verpflich⸗ tet gewesen sei, da der Neubau bis zur erfolgten Anmeldung oder Wersteuerung als neu entstanden der Steuerbehörde gegenüber zu erachten sei Das Kammergericht schloß sich jedoch dieser Aus⸗ führung gegenüber in seinem Erkenntnisse dem Stadtgericht an, und auch die von der Steuerdirektion eingelegte Nichtigkeits⸗ beschwerde wurde vom Ober⸗Tribunal zurückgewiesen, indem es ausführte: Wollte man der in der Appellationsrechtfertigkeits⸗ und in der Nichtigkeitsbeschwerde behaupteten Auffassung folgen, „so würde man, da nur die Verabsäumung der vorgeschriebe⸗ nen Anmeldungsfrist mit Strafe bedroht ist, denjenigen, welcher erst nach Ablauf dieser Frist das Eigenthum oder die Nutznießung eines neu entstandenen Gebäudes erworben hat, für eine Unterlassung verantwortlich machen müssen, deren Vermei⸗ dung ihm geradezu unmöglich war. Denn eine besondere Anmeldungsfrist für die Besitznachfol ger des Säumigen ist im Gesetz nirgends vorgeschrieben oder auch nur angedeutet worden.
— Die am Todtenfeste, als am 22. November er., statt⸗ findende Ueberweisung der Gedächtnißtafeln für die in den Kriegen 1864, 1866 und 1870771 Gebliebenen des Garde⸗ Corps resp. II. Armee⸗Corps an die Garnisonkirche zu Berlin erfolgt in nachstehender Weise:
1) Der Domchor intonirt einen Psalm mit dem „Ehre sei dem Vater“ schließend. 2) Die Gemeinde singt unter Begleitung der Orgel den 1. und 2. Vers des Liedes Nr. 122 „Wer weiß,
— Der Bundesrath,
propst der Armee Dr. Thielen lesen wird, folgt dem Gange der Liturgie am Todtenfeste. Als Graduale nach der Epistel wird vorschriftsmäßig der Spruch: „Selig sind die Todten, die in dem Herrn sterben“, eingelegt, worauf der Chor singt: „Ja der Geist spricht, daß fie ruhen von ihrer Arbeit, Hallelujah.“ 4) Hauptlied Nr. 49 „Jesus meine Zuversicht“, Vers 1 bis 3. 5) Predigt, welche Hofprediger und Garnisonpfarrer Frommel halten wird. 6) Nach der Predigt singt die Gemeinde den 8. Vers aus dem Liere Nr 49 „Jesus meine Zuversicht.“ 7) Es folgt die Liturgie und schließt mit dem Segen. 8) Nach der Predigt oder vor dem „Unser Vater“ singt der Domchor den 9. Vers des Liedes Nr. 39 „Wenn ich einmal soll scheiden.“ An⸗ zug bei der Feier: Paradeanzug ohne Ordensband.
— In Folge mehrseitiger Anfragen bemerken wir, daß die Redaktion der Ausgabe des Handbuchs über den Königlich Preußischen Hof und Staat für das Jahr 1875 am 15. d. M. abgeschlossen ist, und daß die Indrucklegung bereits begonnen hat. Es steht daher das Erscheinen desselben mit dem Beginn des künftigen Jahres zu erwarten.
— Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Staats⸗Minister von Larisch ist von Dessau hier eingetroffen.
— Der Kaiserlich russische Reichskanzler Fürst Gortsch⸗ koff ist nach St. Petersburg weitergereist.
— Der General⸗Major und Commandeur der 22. Kavallerie⸗ Brigade von Pfuhl, sowie der Oberst und Commandeur des 1. Rheinischen Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 8, Baron von der Goltz, haben sich in ihre Garnisonen zurückbegeben.
— Die Stadtverordneten versammlung beschloß in ihrer gestrigen Sitzung, unter den von der gemischten Deputation beider städtischen Behörden proponirten Bedingungen die fis ka⸗ lische Straßen⸗ und Brückenbaulast auf die Stadt zu übernehmen. Der betreffende Beschluß lautet:
Unter der Bedingung: I) daß die Straßenbau⸗Polizei in dem Umfange, wie solcher in dem Ministerialreskripte vom 15. Februar 1873 angegeben ist — nämlich nicht nur die Aufsicht über die Art und Weise der Befestigung der Straßen, sondern das ganze auf die Anlegung, Regulirung, Entwässerung und Unterhaltung der Straßen bezügliche lokalpolizeiliche Decernat mit Einschluß der erstinstanzlichen Bestimmung über die Baufluchtlinien — gleichzeitig an die Stadt über⸗ geht; 2) daß das Eigenthum an allen innerhalb des Berliner Weich⸗ bildes gelegenen, dem öffentlichen Verkehr unmittelbar gewidmeten Straßen, Brücken und Plätzen, so weit es aus irgend einem Rechts⸗ titel dem Fiskus zusteht, der Stadtgemeinde Berlin unentgeltlich ab— getreten wird (efr. Minifterialreskript vom 17. August 1873), er⸗ klärt die Versammlung sich einverstanden mit der Uebernahme der fiskalischen Straßen⸗ und Brückenbaulast gegen eine zum 20 fachen Betrag ablösbare Rente, sowie damit, daß der Renteberechnung der⸗ jenige Kostenaufwand zu Grunde gelegt werde, welcher in Erfüllung der fiskalischen Baulast während der Fahre 1864 — 1873 incl. wirklich durchschnittlich gemacht ist. =
— Ueber den Ausfall der gestern in der J. Abtheilung stattgehabten Ergänzungswahlen für die Stadtverord⸗ netenversammlung enthalten die heutigen Morgenblätter
folgende Mittheilungen: 6. Wahlbezirk. 59 Wahlberechtigte, 37 zur Wahl erschienen,
Stadtverordneter Vollgold (freie Vereinigung) mit 33 Stimmen neu .
⸗ B. 57 Wahlber., 30 erschienen; Verlagsbuchhändler Julius Springer mit 18 St. gewählt.
8. W. B. 207 Wahlber,, 107 erschienen; Baumeister Böck⸗ mann mit 54 St. gewählt.
14. W. B. 546 Wahlber, 223 erschienen; Generalkonsul Behrend (freie Vereinigung) mit 221 St. wiedergewählt.
IJ. W. B. 35 Wahlber, 23 erschienen; Rentier Gründler mit 22 St. neu gewählt. ;
18. W. B. 70 Wahlber., 43 erschienen; Rentier Francke mit 26 St. neu gewählt.
20. W. B. 66 Wablber , 35 erschienen; Stadtverordneter Kom⸗ , Vollgold (freie Vereinigung) mit 35 St. wieder⸗ gewählt.
21. W. B. 97 Wahlber, 67 erschienen; Kaufmann Scheiding (Bergpartei)h mit 47 St. neu gewählt.
Baumeister Ed.
24. W. B. 80 Wahlber., 46 erschienen; Schmidt mit 38 St. neu gewählt.
35 Wahlber., 20 erschienen; Eigenthümer Mar⸗ zahn einstimmig neu gewählt. ꝛ Fabrikant Berlin
28. W. B. 29. W. B. 65 Wahlber., 27 erschienen; (Bergpartei)h mit 25 St. neu gewählt.
50. W. B. 23 Wahlber,, U5 erschienen; Maurermeister Salge (freie Vereinigung) mit 9 Stimmen wiedergewählt.
31. W. B. 18 Wahlber., 15 erschienen; Kunftgärtner Limprecht (Bergpartei) einstimmig neu gewählt.
32. W. B. 68 Wahlber., 27 erschienen; Rentier Bartusch (Bergparteih mit 26 Stimmen wiedergewählt.
Posen, 19. November. An Stelle des nach Oppeln ver⸗ setzten Ober⸗Regierungs⸗Raths Raffel ist vom 17. Provinzial⸗ Landtage der Ober⸗Regierungs⸗Rath Bergenroth hiersecbst zum vorsitzenden Direktor der Landarmen⸗Direktion der Provinz Posen gewählt und als solcher Allerhöchsten Orts be⸗ stätigt worden.
Lauenburg. Ratzeburg, 18. November. Ueber die am 16. d. Mts. stattgehabten Landtagsverhandlungen berichtet die „Lauenb. Land. Ztg.“ vorläufig, daß die Landes⸗ vertretung ihren Präfidenten, den Land⸗Marschall von Bülow und als dessen Stellvertreter den Ober⸗Jägermeister Baron von Hollen, erwählt hat, um die Interessen des Landes bei den Inkorporations⸗Verhandlungen mit Preußen wahrzunehmen. Gleichzeitig wählte der Landtag einen ständischen Ausschuß zu dem Zweck, die bei den Inkorporations⸗Verhandlungen zur Sprache zu bringenden diesseitigen Wünsche möglichst zu präcistren. Der Ausschuß wird aus den Abgeordneten Freiherrn von Hollen⸗ Tüschenbeck (Ritterschaft), Amtsrichter Sachau⸗Ratzeburg (Städte), Kammerrath Berling⸗Büchen (bäuerlicher Grundbesitz) bestehen.
Bayern. München, 18. November. Se. Majestät der König hat den Königlichen Polizei⸗Direktor Freiherrn von Feilitzsch hierselbst sein Bildniß als Zeichen besonderer Aner⸗ kennung zustellen lassen.
— Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Maria Theresia, Gemahlin des Prinzen Ludwig, hat, wie man der „L. 3. schreibt, als Großmeisterin des bekanntlich mit Königlicher Genehmigung in diesem Jahre reorganisirten Elisabethen⸗Ordens, seit zehn Jahren zum ersten Male wieder Ordengverleihungen vorgenom⸗ men, indem sie zu „Ordensdamen“ ernannte: die Erzher⸗ zogin Elisabeth Franzisco Marie, die Prinzessinnen Therese (Tochter des Prinzen Luitpold), und Gisela (Gemahlin des Prinzen Leopold) von Bayern, die Gräfinnen Arco⸗Zinneberg und Preysing⸗Lichtenegg, dann die Fürstinnen von Waldburg— Wolfsegg und die Freifrau v. Frankenstein; zu Ordens⸗Ehrendamen: Ihre Maßjestät die Königin Marie Henriette der Belgier, die
wie nahe mir mein Ende.“ 3) Die Liturgie, welche der Feld⸗
Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen Marie Louise und Sophie Charlotte Auguste, Herzogin von Alencon, und die Fürstin von Isenburg⸗Birstein. Morgen und am Freitag finden in der St. Cajetans⸗Hofkirche die Ordensgottesdienste statt.
— Auf Grund des §. 38 der Gewerbe⸗Ordnung und des S. 360 Ziff. 12 des Strafgesetzbuches für das Deutsche eich, dann Artikel 2 Ziff. 3 des bayerischen Polizei⸗Strafgesetzbuches sind vom Staats⸗Ministerium des Innern in Ansehung der Fü hrung der Bücher der Pfandleiher, sowie bezüglich der polizeili— chen Kontrolen über den Umfang und die Art des Geschaͤfts⸗ betriebs eingehende Bestimmungen erlassen worden. Diese, der Sache entsprechenden sehr strengen Anordnungen, welche übrigens auf gemeindliche Pfandleihanstalten keine Anwendung finden, haben mit dem 1. Januar 1875 in Kraft zu treten.
Baden. Aus Mannheim, 17. November, wird der »Karlsr. Ztg. geschrieben: In der Leichenbegängnißfrage liegt nunmehr auch eine Erklärung der katholischen Stiftungs⸗ Kommission vor. Darnach hat diese Behörde, nachdem das katholische Personal bei zwei durch den altkatholischen Geistlichen abgehaltenen Leichenbegängnissen Dienste geleistet hatte, den An⸗ trag gestellt, daß die Altkatholiken für die Leichenbegängnisse ihrer Angehörigen einen eigenen Kommissar und eigene Träger aufstellen sollen, wie dies auch Seitens der andern Konfesstonen und kirchlichen Vereine der Fall sei. Bei diesem Antrage, dem bekanntlich stattgegeben wurde, sei der Gesichtspunkt maßgebend gewesen, daß die Leichenbegängnisse z. 3. nach Gesetzgebung und Sitte wssentlich kirchliche Akte sein und ein kirchliches Dienst⸗ personal erforderten, welches durch das katholische Ritual aus⸗ drücklich vorgesehen werde, daß man aber dem katholischen Per⸗ sonal als solchem die Dienstleistung zu Kultushandlungen der Altkatholiken nicht zumuthen könne.
Hessen. Darm stadt, 18. November. Zur Feier des Geburtsfestes des Prinzen Wilhelm am 16. d. M., war der Großherzog zur Tafel bei dem Prinzen Carl ein⸗ geladen, welcher auch die übrigen Glieder der Großherzoglichen Familie anwohnten.
— (Fr. J.) Bei dem lebhaften Verkehr mit auslän⸗ dischen Behörden, welchen die hessischen Gerichte, An— wälte 2c. zu unterhalten haben, ist eine in letzter Zeit von dem Gesammt⸗Ministerium gefertigte, hiernächst auch den Gerichten mitgetheilte Zusammenstellung der zur Anwendung zu bringen— den Grundsätze für weitere, insbesondere Anwaltskreife von In⸗ teresse. Hiernach sind alle im Auslande zu insinuirenden Urkun— den im Allgemeinen dem Gesammt⸗Ministerium behufs Erwir⸗ kung der Zustellung vorzulegen. Hinsichtlich der Beschaffung von Todesscheinen im Auslande verstorbener Personen, der Erhebung von Nachlässen, Erwirkung von Vollmachten, Ermittelung des Aufenthaltsortes von Personen in außerdeutschen Ländern ꝛc. ist empfohlen, alle Gesuche dem Gesammt⸗Ministerium zu unterbreiten und durch dessen Vermittelung, sei es auf diplomatischem oder konsularischem Wege, erledigen zu lassen, Gesuche um Abnahme von Eiden, sowie um Zeugen ⸗ Vernehmungen sind ausnahmslos in einem, von dem letr. Gericht in deutscher Sprache abzufassenden, an das Gesammt⸗Ministerium einzusendenden, spezialisirten Re⸗ quisitionsschreiben niederzulegen. Für alle Zweifelsfälle ist em⸗ pfohlen, die Einfügung der anzugehenden speziellen Behörde dem Gesammt⸗Ministerium zu überlassen. Bezüglich der Gefuche um Verhaftung, Auslieferung von Personen kommen die Be⸗ stimmungen zur Anwendung, welche in den zwischen dem Deut⸗ schen Reich und bezw. dem Großherzogthum abgeschlossenen Auslieferungsverträgen enthalten sind.
Sachsen⸗ Coburg ⸗Gotha. Coburg, 17. November. Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin haben das Sommerschloß Kallenberg verlassen und das kleine Palais im Hofgarten bezogen.
Gotha, 16. November. Am 1. 25 jährige Minister⸗Jubiläum des Staats-Ministers Camillo von Seebach hier festlich begangen werden. Am 1. Dezember 1849 wurde der Dresdener Appellationsgerichts⸗Rath von Seebach vom Herzog Ernst II. auf den höchsten Posten des Landes be⸗ rufen, und ein Vierteljahrhundert hindurch hat er sich das Ver⸗ trauen seines Fürsten und des Landes zu erhalten gewußt. Hier in Gotha wird, der ‚M. 3. zufolge, ein Diner mit mehr als 400 Gedecken zu Ehren des Jubilars gegeben werden, woran sich Personen aus allen Ständen von Stadt und Land bethei⸗ ligen; in Friedrichsrode ist dem Minister eine Villa gebaut worden, die ihm der Herzog und das Land gemeinsam verehren.
Sach sen⸗Altenburg. Altenburg, 18. November. (Dr. J.) Die Landschaft des Herzogthums ist für den 26. d. M. zu einem ordentlichen Landtage einberufen worden. Der Einberufungsbeschluß hat sich längere Zeit dadurch verzögert, daß der Vorstand des Herzoglichen Gesammtministeriums, Ge⸗ heimer Rath v. Gerstenberg, leider seit einiger Zeit von einer schweren Krankheit an das Bett gefesselt worden ist. Die Hauptaufgabe der Diät wird die Feststellung des Etats für die neue dreijährige Finanzperiode 1875 — 1877 bil⸗ den. Da der Etat zum ersten Male die seit dem 1. Oktober d. J. abgetrennte Domänenverwaltung nicht mehr umfassen wird, so wird derselbe eine wesentlich vereinfachte Gestalt gegen früher darbieten, im Uebrigen aber auch wegen gleichzeitiger Einführung der Reichsmarkrechnung wesentlich andere Zahlen enthalten. Außer⸗ dem wird den Landtag als eine der dringlichsten Vorlagen noch der mit der Königlich sächsischen Regierung abgeschlossene Ver⸗ trag wegen Verlegung des Altenburger Bahnhofes und des von Seiten der hiesigen Regierung zu den Kosten hierfür, wie für die herzustellende abgekürzte neue Bahnlinie zu gewährenden Zu⸗
schusses beschäftigen.
Lippe. Detmold, 19. November. Durch Höchstes Patent vom 17. d. M. ist der Landtag auf den 3. Dezember d. J. einberufen worden.
Bremen, 17. November. Die Sanitäts⸗Behörde hat durch Dr. W. O. Focke, der die geognostische Untersuchung des Bremer Staatsgebiets besorgt, einen Plan ausarbeiten lassen, welcher das städtische Kanalisations⸗ Unternehmen ab⸗ schließen soll. Dr. Focke's Vorschläge gehen übrigens zunächst nur auf maßgebende Versuche hinaus. — Eine andere von der Sanitaäͤts Behörde jetzt ernstlich in die and genommene Angelegenheit ist die der Errichtung öffentlicher Schlachthäuser. Hierüber hat ihr Vorsitzender, Senator Dr. Pfeiffer, eine Denkschrift ausgearbeitet, die gegen⸗ wärtig in Circulation begriffen ist. Schlachthauszwang und Ent⸗ schädigung der Schlachter werden auch hier als nothwendige Er⸗
Dezember wird das coburg ⸗gothaischen
fordernisse der Reform betrachtet.
Großherzogin Alice von Toscana, die Erzherzogin Clotilde von Oesterreich, die Herzogin Marie Therese von Wuͤrttemberg, Ihre
Samburg, 19. November. In der gestrigen Sitzung der Bürgerschaft wurde zunächst der Senatsantrag wegen Er⸗
zhung des diesjährigen Budgetpostens für unvorhergesehene
. in zweiter Lesung ohne Diskussion genehmigt. Dar⸗ auf wurden Wahlen für die Ausschüsse vorgenommen, u. A. für die Finanz⸗Deputation, die Gefängniß⸗Deputation, den Aus⸗ schuß zur Prüfung des Senatsantrages, betreffend die Anstellung von drei Bau⸗Inspektoren, sowie emes Registrators am Central⸗ Bureau der Bau⸗Deputation, den Ausschuß zur Entwerfung eines Pensionsgesetzes. Der Senatsantrag, betreffend Nach⸗ bewilligung zum Belaufe von 71 000 Mrk⸗Ert. auf das Budget der Bau⸗Deputation, wurde definitiv genehmigt. Dem Bericht des Ausschusses über den Senatsantrag, betreffend Organisa⸗ lion der Verwaltung der hamburgischen Münzstätte entgegen, ward der Senatsantrag angenommen, derselbe bedarf jedoch der zweiten Lesung. Der zweite Bericht des Ausschusses über die Erwiderung des Senats, betreffend Ausdehnung der Vormund⸗ schaftsordnung auf das hamburgische Gebiet und Reviston der⸗ selben, wurde genehmigt.
Elsaß⸗Lothringen. Metz, 16. November. Die „Zei⸗ tung für Lothringen“ veröffentlicht an der Spitze ihrer heutigen Nummer folgendes Abschiedswort des Grafen von Arnim an den Bezirk Lothringen: .
Der schwere Schlag, welcher mich vor Kurzem durch den Tod meiner Frau getroffen hat, hat mich veranlaßt, meine Entlassung aus dem Amte als Bezirkspräsident von Lothringen zu erbitten, und haben Se. Majestät der Kaiser geruht, mittelst Allerhöchster Ordre vom 4 November er. meinem Antrage in Gnaden stattzugeben. ‚
Mit aufrichtigem Schmerze scheide ich aus einem Wirkungskreise, der mir theuer geworden war, und mit welchem sich für mich die Er= innerung an zahlreiche und freundliche Beziehungen dienstlicher und persönlicher Natur verbindet. Ich werde stets mit Freuden an die Zeit zurückdenken, während welcher ich die Ehre und das Glück genoß, mit der Verwaltung Lothringens betraut zu sein, ich werde die Be⸗ weise des Vertrauens und Wohlwollens nicht vergessen, die mir von so vielen Seiten zu Theil geworden sind, und meine herzlichsten Wünsche werden dem Wohle des Bezirks immerdar gewidmet bleiben. Möge mir derselbe ein freundliches Andenken bewahren.
Boitzenburg, 10. November 1873. . .
Graf von Arnim.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 18. November. Der Kaiser ist gestern früh in Gödölls eingetroffen.
Nach dem neuesten Bulletin von heute Morgen war im Laufe des gestrigen Tages keine Besserung im Befinden des Erzherzogs Karl Ferdinand eingetreten; erst nach Mitternacht ließen die Delirien und die Unruhe nach und der Kranke schlief ziemlich ruhig.
— 19. November. Das Abgeordnetenhaus beschloß in einer heute abgehaltenen vertraulichen Sitzung, der beantragten gerichtlichen Verfolgung der Abgg. Schöffel und Schönerer statt⸗ zugeben.
Niederlande. Haag, 16. November. Das Ministerium Heemskerk hatte alsbald nach seinem Amtsantritte den Gesetz⸗ entwurf zurückgezogen, welcher von der vorigen Verwaltung für Gewährung von Subsidien seitens des Reiches an einen Verein niederländischer Bankiers, der sich zum Zwecke der An⸗ legung einer Reihe von Eisenbahnlinien gebildet, eingebracht worden war. Es wurde dieser Gesetzentwurf vornehmlich aus dem Grunde zurückgezogen, weil dem Ministerium Heemskerk die Richtung einiger dieser Linien nicht passend erschien. Es finden jetzt zwischen der Regierung und jenem Vereine, an dessen Spitze die Rotterdamer Bank steht, neue Unterhandlungen über Gewährung von Subsidien zu dem angegebenen Zwecke statt. Der Verein hat nunmehr einen ausführlichen Plan der von ihm projektirten Linien vorgelegt. Der Verein verlangt Konzession und Sub⸗ sidien für die Anlegung und den Betrieb folgender Linien: 1) von Dordrecht über Sliedrecht, Gorinchem und Leerdam nach Kuilenburg; 2) von Kuilenburg über Buren und Tiel nach Elst (Anschluß an die Eisenbahn zwischen Arnheim und Nim⸗ wegen); 3) von Leerdam nach Buren; 4 von Almeloo nach Zwolle und Meppel; 5) von dem Nordseehafen bei Velgen über Zaandam, Pulmerend und Hoorn nach Enkhuizen; 6) von Hoorn nach Alkmaar; 7) von Stavoren über Hindeloopen und Sneek nach Leeuwarden.
— (W. T. B.) Neue Nachrichten aus Atch in vom 14. d. M. schildern den Gesundheitszustand der niederländischen Truppen als einen höchst ungünstigen; auch hatten die letzteren beim Bau einer Batterie, die behufs Beherrschung des Atchinflusses angelegt wurde, einige Verluste erlitten. Die eigentlich atchine⸗ sische Partei im Lande beharrt darauf, daß der Krieg fortgesetzt werden müsse.
Großbritannien und Irland. London, 18. November. Die neueste Nummer der „London Gazette“ meldet die Er⸗ nennung des General⸗Majors Sir Arthur Phayon zum Gouverneur der Insel Mauritius; des Marquis von Normanby zum Gouverneur von Neuseeland, des Herrn W. W. Cairns zum Gouverneur von Queensland; des Herrn G. Berkeley zum Gouverneur der Leewards⸗Inseln, fowie des Herrn W. Robinson zum Gouverneur der Kolonie von Westaustralien.
— Erzbischof Manning hat gestern London verlassen, um sich nach Rom zu begeben. . .
— In Domning street fand gestern wiederum eine Kabinets⸗ Berathung statt, bei der sämmtliche Minister zugegen waren.
— Der Schatzkanzler empfing gestern eine Deputation vom hauptstädtischen Bautenamt bezüglich der Aufhebung der Brückenzölle in London. Dberst Hogg, der Vorsttzende des erwähnten Bautenamtes, bemerkte, daß der einzige Weg zur Bewerkstelligung dieser Reform die Prolongirung der Kohlen⸗ und Weinzölle, die in 1889 in Wegfall kommen sollen, um weitere 15 Jahre sein würde. Der Minister erhob Bedenken gegen einige der gemachten Vorschläge, versprach aber, die An⸗ gelegenheit in reifliche Erwägung zu ziehen. . .
— Gegenüber den jüngst veröffentlichten Berichten über die angeblich unbefriedigenden Fortschritte des Rekrutirens für die britische Armee ist die „Times, ermächtigt zu erklären, daß das Rekrutiren nichts zu wünschen übrig lasse. Die Effektiv⸗ stärke der Armee sei während des Jahres komplett gewesen, und die Rekruten entsprächen, obwohl sie jung seien, den Erfordernissen der Werbeoffiziere beireffs des nöthigen Körpermaßes hinlänglich. Während des ganzen laufenden Jahres habe die Zahl der jeden Monat angeworbenen Rekruten die der in den entsprechenden Monaten früherer Jahre überstiegen, und dies ohne irgend welche außergewöhnliche Anstrengungen. .
— Großbritanniens Staatseinnahmen vom , April bis 14. d. betrugen, amtlichen Ausweisen zufolge, 43 004 630 Lstrl. gegen 42,950,379 Lstrl, in der Parallelperiode des Vor⸗ jahres, und die Ausgaben in dem naͤmlichen Zeitraum über- stiegen um eine Kleinigkeit 47, 000, 000 Lstrl. Die Bilanz des Schatzamtes in der Bank von England belief sich am letzten
Sonnabend auf 1‚757,219 Lstrl. und in der Bank von Irland auf 662,005 Lstrl.
— 20. November. (W. T. B.) Die Kaiserin von Rußland befindet sich in Besserung und hütet nur noch Vor⸗ sichts halber das Zimmer. Ihre Abreise ist nach den bisherigen Dispositionen auf Dienstag festgesetzt.
Frankreich. Paris, 11. November. Der „Moniteur“ theilt mit, daß die Militär klasse von 1870, die zuerst im Sep⸗ tember, dann am 15. November entlassen werden sollte, jetzt bis zum Monat Februar unter den Fahnen gehalten werden soll, und motivirt diese Anordnung folgendermaßen: Wir kündigten an, daß die Klasse von 1870 wahrscheinlich am 10. Tezember d. J. in ihre Heimath entlassen werden würde. Diese Nachricht rief große Erregung in den Regimentern hervor, deren Cadres durch die Entlassung der Klasse von 1869 schon sehr geschwächt sind. Die Corpsführer gaben die Befürchtungen ihrer Offiziere be—⸗ treffs des Mangels an Unteroffizieren den Generalen kund, und diese betonten in ihren Berichten an den Kriegs⸗Minister die Nothwendig⸗ keit, die Entlassung der Klasse von 1870 einige Monate hinaus⸗ zuschieben. Da auf dem Kriegs-Ministerium noch nichts Bestimmtes abgemacht worden war, so kostete es dem General de Cissey keine Mühe, anzuerkennen, daß die ihm gemachten Bemerkungen begründet seien. Der Große Generalstab erkannte an, daß es unmöglich sei, das Kontingent von 1870 vor der Einverleibung der Klasse von 1873 zu entlassen. Diese Maßregel, welche bis zum Februar die Entlassung einer ver⸗ dienstvollen Klasse — sie leistete während des Krieges große Dienste — vertagi, ist unvermeidlich. Wir billigen sie vollständig und wir rechnen darauf, daß die, welche enttäuscht werden, die Gründe würdigen werden, welche ihre sofortige Befreiung verzögert. Die 29, 000 Unter⸗ offiziere, Brigadiers und Korporale, welche die Klafse von 1879, in sich schließt, werden sich ohne Mühe überzeugen, daß sie die Instruktion des Kontingents von. 1872, der gerade angekommenen Freiwilligen und ihrer Kameraden der Klasse von 1873, die sofort unter die Fahnen. berufen werden, beenden müssen. Der militärische Geist ist in Frank reich noch stark genug, daß sie mit Ergebung den Dienst von zwei Monaten les sind eigentlich fünf) ertragen, welche das Interesse der Armee erheischt, deren Basis sie sind. ö ö — Der Kriegs-Minister hat an den Obersten Reffye, Direktor des Arsenals von Tarbes, folgendes Sch reiben gerichtet: Oberst! Ich erhielt die letzten Mittheilungen über die Schieß— übungen von 1574. Sie sind sehr befriedigend. Die Regimenter haben großes Vertrauen auf ihre neue Bewaffnung. Die Richtigkeit des Zieles, die Leichtigkeit der Handhabung des Geschützes, die Ein= fachheit der Ladung sind allen Offizieren aufgefallen. Beschädigt wurden nur einige von der Pripat⸗Industrie während des Krieges schlecht gebohrte Geschütze des J. Corps, die durch Ihre Fürsorge auf leichte Weise reparirt werden können. Die Ergebnisse würden noch schlagender gewesen sein, wenn, wie ich hoffe, es nächstes Jahr thun zu können, ich den Uebungen eine, größere An— zahl geladener Haubitztugeln hätte zuwenden können. Indem ich den Ausdruck der Befriedigung aller Armee-Corps empfange, beeile ich mich, Ihnen die meinide zu bezeigen. Das Artillerie—⸗ System, dem die Dankbarkeit der Armee Ihren Namen gegeben, wird Ihnen gestattet haben, in 15 Monaten unsere Feld⸗Artellerie zu ze⸗ konfstitüulren. Dasselbe hat aus der Bronze das Maximum der nütz⸗ lichen Wirkun * die man erhoffen konnte, gezogen. Es gestattet uns, für unsere Stückpatronen alles in unsereu Magazinen aufbewahrte Pulver zu verwenden. Es wird uns die Mittel liefern, in wenigen Monaten für die Vertheidigung unserer ersten Plätze Sorge tragen zu können. Sie sind auf der Bahn neuer Entdeckungen, und die, welche andere Offiziere mit Erfolg vorlegen, sind größtentheils durch Ihre eigenen Studien hervorgerufen worden. Die Größe der erhal- tenen Resultate wird die erhabenste . für Ihre mühsamen strengungen sein Genehmigen Sie, Oberst ze, . J . General E. de Cissen. — 19. November. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas“ erfährt, wird das Ministerium bezüglich der konstitutio⸗ nellen Gesetze die Initiative nicht ergreifen, sondern sich auf die von der Nationalversammlung übernommenen Ver⸗ pflichtungen zu deren Berathung berufen. Die Aufgabe der Nationalversammlung sei, das Septennat zu organisiren, dem Ministerium liege nur die Führung der Verwaltung bei der Septennatsregierung ob. Deshalb könne aber auch die Existenʒ des Ministeriums durch die mit der Organisation des Septennats zusammenhängenden Fragen nicht bedroht und gefährdet werden. — 26. November. (W. T. B. Das „Journal officiel erklärt, daß die in verschiedenen Journalen enthaltenen Mitthei⸗ lungen über den Inhalt der in den letzten Sitzungen des Mi⸗ nisterraths getroffenen Beschlüsse und über die Haltung, welche die Regierung bei der Berathung der konstitutionellen Ge⸗ setzen kwürfe einzunehmen gedenke, durchaus der Begründung
entbehren.
— Louis Blanc hat aus Veranlassung des vor Kurzem durch Chri stoph le veröffentlichten Programms des linken Centrums an letzteren eine Zuschrift gerichtet, in welcher er ihn auffordert, seine Bemühungen auf das Zusammengehen aller republikanischen Parteien anstatt auf eine Einigung der Frak⸗ tionen des Eentrums zu richten, welche sich nicht ermöglichen lassen werde.
Spanien. Madrid, 16. November. Nach amtlichen Berichten sind die Vertheidigungswerke der vor der feindlichen Front liegenden navarresischen Plätze Lerin, Larraga und Ta⸗ falla in artilleristischer Beziehung wohl ausgerüstet. .
Die ersten amtlichen Nachrichten über die Siege in Gui⸗ puzeoa brachte die offizielle Gaceta“ in folgenden Mittheilungen:
Der Oberbefehlshaber meldet aus Renterla vom 10. d. M., daß nach hartnäckigem Widerstande die Feinde die furchtbare und stark verschanzte Position San Marcos räumten, und daß er am folgenden Tage den Angriff entschlossen fortsetzen würde, wenn auch mit den Vorsichtsmaßregeln, welche die besonderen iopographischen Berhältnisse des vom Feinde mit Ver schanzungen üher äeten Landes erfordern würden. Unsere Verluste ließen sich im Augenblicke nicht genau feststellen, waren aber, wenn auch immerhin empfindlich, doch sehr gering im Vergleiche zu den errungenen Erfolgen. w
Der Oberbefehlshaber meldet ferner aus Irun vom 11. Novem- ber, Abends 77 Uhr: Wie ich in meinem gestrigen Telegramm an⸗ kuͤndigte, habe ich heute Morgen den Vormarsch in drei Kolhnnen fortgesetzt. Der rechte Flügel, unter dem Befehle des Generals Loma, rückte über die Positionen von Oyarzun vor; der linke, vom General La Portilla geführt, gewann mit höchst, mühseligem Anstieg die Sierra Jaizqujvel und überzog den Gipfel in seiner ganzen Ausdeh⸗ nung, um die zahlreichen Schanzgräben einzuwickeln, welche der Feind in senkrechter Richtung auf die, von San Sebastlan durch Renteria nach Irun führende Straße angelegt hatte, und das Centrum, unter dem Befehle des Generals Blanco, unternahm den Marsch von Lezo aus mit dem Hauptaugenmerk, die Positionen des Urcabe zu erobern. Die Bewegung wurde von voll⸗ ständigem Erfolge gekrönt, nachdem die Abtheilung Lomas, welche den Feind aus allen Positionen warf, einen heftigen Kampf durchgeführt hatte und dann die Herabsteigung des Generals La Portilla den Feind zum gänzlichen Rückzug und zur schleunigsten Räumung der
Genipark in unsere Hände fielen. Generale, Offiziere und Soldaten . wieder einmal ihre Tapferkeit und militärische Tüchtigkeit be⸗ wiesen. Die Ersteren gaben ihren Leuten Beispiele der Entschlossen— heit und Unerschreckenheit, und die Letzteren legten von Neuem die
den spanischen Soldaten in so hohem Maße auszeichnenden Vorzüge an den Tag.
Schanzgräben zwang, wobei Mundvörräthe, Reserve⸗Munition und:
— In Vigo ist, der Köln. Ztg.“ zufolge, am 16. d. M. ein Theil des britischen Kanalgeschwaders vor Anker ge⸗ gangen: „Agincourt“, „Northumberland“, „Triumph“ und „Re⸗ sistance“; das Panzerschiff, Monarch“ war schon seit dem 10. d. im Hafen.
— Aus Bayonne meldet man den Tod des Generals Lersundi.
— Nach über Paris, 19. November, Abends eingegangenen Nachrichten des W. T. B.“, haben die Carlisten ihre früheren Stellungen an der französischen Grenze wieder eingenommen, die Verbindung zwischen Irun und San Sebastian ist unter⸗ brochen. Von den Pariser Blättern, welche fast alle den uner⸗ klärlichen Stillstand, der in den Operationen der Regicrungs⸗ truppen eingetreten ist, besprechen, wird besonders darauf hinge⸗ wiesen, daß ein Zurückdrängen der Carlisten von der Grenze der spanischen Regierung jeden Vorwand zu Reklamationen gegen die französfische Regierung genommen haben würde.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 16. November. Der König ist heute nach Norrköpping abgereist. Während seiner Abwesenheit besteht die Königliche Regierung aus dem Justiz⸗Minister, sowie den Staatsräthen Lejonhufvud, Alströmer und Loven.
— Laut Königlichen Reskripts vom J. d. Mts. ist eine Kommission zur Untersuchung solcher Gisenbahnunter⸗ nehmen, welche sich zur Ausführung für Rechnung des Staa⸗ tes eignen, erwählt worden. Die Kommission steht unter dem Vorfitz des Stadthauptmannes Schwartz.
Dänemark. Kopenhagen, 16. November. Der Kö⸗ nig und die Königin empfingen heute Nachmittag im Residenz⸗ palais auf Amalienborg den am hiesigen Hofe akkreditirten groß⸗ britannischen Gesandten, Sir Charles Wyke, welcher bei dieser Gelegenheit die Ehre hatte, Höchstdenselben die Notifikations⸗ schreiben der Königin von Großbritannien und Irland, betreffend die glückliche Entbindung der Herzogin von Edinburgh von einem Prinzen, zu überreichen.
— Die Rückkehr des Kronprinzen und der Kronprin⸗ zessin von ihrer Reise im Auslande wird Sonnabend Vor⸗ mittag, den 21. d. M. erwartet.
— Herr M. A. B. Lindberg ist als dänischer Vize⸗Kon⸗ sul in Portland (Maine) und Herr C. N. Jörgensen, wohn— haft in Storm Lake City, als dänischer Vize⸗Konsul für den Staat Towa anerkannt worden.
— 17. November. In der heutigen Folkethingssitzung kam der Bergsche Gesetzvorschlag, betreffend Abschaffung des Adels, der Orden und Titel, zur ersten Berathung.
— Die „Berl. Tid.“ schreibt am Schlusse eines Artikels über die erfolgte Rücknahme der Bergschen Tagesord⸗ nung im Folkething: .
Wir wissen nicht, welche Berathungen und widorstreitenden Mei— nungen sich innerhalb des Centrums der Majorität haben geltend macheu können; aber selbst wenn der in der Freitagssitzung mitgetheilte Beschluß wegen Rücknahme der motivirten Tagesorenung, nicht ganz freiwillig gewesen ist, verdient die von Berg betonte Rücksicht auf das Land die Billigung Aller, da die Auflösung des Things unleugbar die Bevölkerung den Bewegungen einer neuen Wahl⸗ agitation und allerlei Störungen ausgesetzt haben würde. Irgend ein positives Resultat ist aus der dreitägigen Debatte somit nicht hervorgegangen. Die Verhandlungen würden aber den⸗ noch nicht umsonst gewesen sein, wenn die Opposition da⸗ durch zur Erkenntniß gekommen wäre, daß eine gesetzgebende Versamm⸗ lung allen Grund hat, vorsichtig und gemäßigt beim Gebrauch ihres Interpellationsrechts zu sein, und daß eine regelmäßig wiederholte Einmischung in die administrativen Verhältnisse nur dazu beitragen kann, eine der wichtigsten Faktoren des Staatslebens zu schwächen. Daß der Versuch, sich als Oberrichter zwischen Regierung und deren Beamten hineinzuschieben, bei dieser Gelegenheit mit so großer Be— stimmtheit zurückgewiesen worden ist, wird hoffentlich in der Folge nicht ohne Bedeutung sein.
Amerika. Durch Nachrichten, welche den Zeitungen von Per⸗ nambuco vom 11. . entnommen sind, wird das Gerücht, daß der Aufstand in Buenos⸗Ayres unterdrückt sei und daß sich General Mitre auf der Flucht befinde, nicht bestätigt, vielmehr werden die Feindseligkeiten noch fortgesetzt. Indeß stände die Regierung mit den Insurgenten in Unterhandlungen.
Asien. Nach einem Telegramme der „Morning Post“ aus Kalkutta vom 17. d. M. hat sich der Emir von Afghanistan bei einem ihm von Jacub Khan abgestatteten Besuche, bei welchem die zwischen ihnen bestehenden Streitigkeiten geschlichtet werden sollten, Jacub Khans auf verrätherische Weise bemäch⸗ tigt und denselben gefangen gesetzt.
— Nr. 44 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die preu⸗ ßische Gesetzgebung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums, enthält: Allgemeine Verfügung vom 9. November 1874, betreffend das Grundbuchwesen in den hohen zollernschen Landen. — Folgendes Erkenntniß des Königlichen Gerichts⸗ hofes zur Entscheidung der Kompetenz-⸗Konflikte vom 19. Oktober 1874. Anordnungen der Verwaltungsbehörden, welche im Exekutivverfa dren gegen einen nicht staatlich anerkannten Geistlichen wegen verweigerter Herausgabe der Kirchenbücher und Kirchensiegel getroffen werden, können vor den ordentlichen Gerichten nicht angefochten werden.
— Das Oktober-⸗Heft des Centralblatts für die ge⸗ sammte Unterrichts-Verwaltung in Preußen, herausgegeben in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗An⸗ elegenheiten, Berlin, 1874, Verlag von Wilhelm Hertz (Bessersche Bu l dlm), hat folgenden Jahalt: Kautionen der Staatsbeamten. — Funktion des Landraths als Kommissarius der Regierung und zu gleich als Vorsitzender des Kreisausschusses. — Behandlung der Schul⸗ bausachen. — Uebertragung von Pensionen c. von einer Provinzial⸗ kasse auf eine andere, — Schutz der in Ausführung begriffenen Bauten gegen Witterangseinflüsse. — Abschlagszahlungen bei Entreprisebauten. — Beschränktes Submissionsverfahren bei Bauten. — Zahl der Leh⸗ rer an den Universitäten im Sommer⸗Semester 1874. — Zahl der Studirenden auf den Universitäͤten, desgl. — Dauer des Universitäts= Studiums der Pharmaceuten. — Einjaͤhrig freiwilliger Militärdienst der Mediziner. — Diäten und Reisekosten der Gymnasigl-⸗Oberlehrer ꝛc. — Besoldung der Direktoren an den nicht vom Staat allein und direkt unterhaltenen Gymnasien ꝛcc6C — Alumnat bei dem Marien Gymnastum zu Posen. — Beschränkung der Aufnahme neuer Schüler bei Ueberfüllung einer Anstalt. — Vorauszahlung eines Staatẽ⸗ zuschusses, Ausschluß der Vorauszahlung bei vorhandenem Vermögen der Anstalt. — Zahl der Lehrer an einem vollständigen Seminar, allmähliche Ergänzung des Lehrerpersonals an einem in der Entwicke⸗ lung begriffenen Seminar. — Unterrichtssprache bei dem Religions⸗ Unterricht und polnischer Sprachunterricht in den Sem inarien der Provinz Posen. — Lehrer- Fortbildungsanstalt 2 Stettin. — Schul⸗ bildung der Armee⸗Ersatz⸗Mannschaften. — Weibliche Handarbeiten in den Schulen des Regierungsbezirks Frankfurt. — Uebernahme von Schullaften Seitens der bürgerlichen Gemeinden. — Konfessionsschulen neben städtischen Schulen; Nichtverpflichtung der bürgerlichen Gemein- den zu Beiträgen fär erstere und fur konfessionelle Privatschulen. —
Personalchronik.