1874 / 277 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Nov 1874 18:00:01 GMT) scan diff

A

verfolgen und aus der Annahme des Antrages gern Gelegenheit neh⸗

men werde, mit dem Auswärtigen Amte resp. dem Reichs kanzler⸗Amte

in weitere Verhandlungen zu treten, wurde der Antrag mit großer

Majoritãt angenommen Das ö trat nunmehr in die Be

rattung der Anträge bezüglich der ontraktbrüchigkeist der

ländlichen Arbeiter, der Heimaths und Freizũgigkeits

gesetzgebung in Verbindung mit dem Gesetzentwurf, be⸗

treffend die ländlichen Arbeite verhältnisse, und dem Antrage

des Grafen Itzenplitz, bezuglich der Straffestsetzungen der Amts⸗

vorfteher gegenüber der ländlichen Arbeiter; und Gesindebevölkerung.

Bei der Biskussion sprachen zunächst die Antragfleller und die Re

serenten, worauf fich elne längere kombinirte General · und Spezial

Diskussion entwickelte, die um 4 Uhr abgebrochen wurde, um in der

Schlußsitzung des Kollegii als einziger Gegenstand der Tagesordnung zu Ende geführt zu werden. ö

In der Schlußsitzung am Sonnabend, welcher der Minister

Dr. Friedenthal ebenfalls wieder beiwohnte, wurde die

Tags zuvor vertagte Debatte über die, ländliche Arbeiterfrage

fortgesetzt. Der Sestens des Ministeriums bei Gelegen

heit diefer Diekussion vorgelegte Gesetzentwurf über die

ländlichen Arbeit erverhältnisse fand fast, allseitige

Zustimmung und wurden von verschiedenen Seiten einige

noch weiter gehende Bestimmungen gewünscht. So weit solche

Wünsche die Einführung von Arkeitsbüchern betrafen, betonte der

8 Ministeriums, Geheimer Regierungs⸗Rath Marcard,

keit der Einführung derselben gegenüber der Paß-⸗ und

Für schriftliche Form der Krbeitskontrakte trat we⸗

Natur der ländlichen Kontraktsverhältnisse keiner

Nachdem die Debatte bis 1 Uhr gedauert hatte,

Antrag des Baron Maltzahn⸗Roidin:

im Ministerium ausgearbeitete neue

dankenswerthe Tortschritte

daß das Ministerium

chsetzen werde, über die

peziell abzustimmen, sondern das

Anträgen enthaltene Material

welche in der nächsten Woche

Durch die Annahme

ezuͤglichen Spezialfrag liegenden Punkt

ung des . Sesston geschloss 0 am.

erlich russische vom Generalstab des kistan, hat die hiesigen K Garten⸗ und Obstbaues seit längerer 3 benutzt. Der Aufenthalt dieses Offi der beabsichtigten Gründung einer Le ranstalt f bau in Taschkent insofern in Verbind und wifsenschaftliche Methode, sowie die E Anstalten, modifizirt nach den wirthschaftlichen u hältnissen Turkistans, für geeignet erklärt, der zu gründenden neuen Anstalt in Taschkent als Norm zu dienen.

Die ersten Erfolge der seit einer Reihe von Jahren fortgesetz⸗ ten Auasetzung junger Lachse in die Nebenflüsse der Oder fangen an, sich in sehr erfreulicher Weise bemerkbar zu machen. Während noch vor wenigen Jahren der Fang eines Lachses in der Oder zu den außersten Seltenheiten gehörte, mehren sich jetzt die Anzeigen über gute Lachsfänge. So wurden nach einer Anzeige der Fischerinnung zu Schwedt a. O. dort im Monal August 7 Lachse im Gesammt— gewicht von 140 Pfund gefangen, welche aller Wahrscheinlichkeit nach der schlestschen Lachszucht entstam-nen. Der Deutsche Fischer⸗ verein, welcher dieser Angelegenheit ganz besonderes Interesse wid⸗ met, wünscht deshalb über alle derartigen Lachsfänge in der Oder auf das Genaueste unterrichtet zu werden, und hat an die Mitglieder des Vereins das Ersuchen gerichtet, alle Darüber zu ihrer Kenntniß gelan⸗ genden zuverlässigen Nachrichten demselben mitzutheilen.

Das 6. Heft des III. Bandes (18374) der ‚Landwirth⸗ schaftlichen Jahrbücher“, Zeitschrift für wissenschaftliche Land⸗

wirthschaft und Archiv des Königlich preußischen Landes Oekonomie Kollegiums, herausgegeben von Pr. H. von Nathusius, Geh. Ober Reg. Rath und Versitzender des Königlich dn, d. dandes Deko- nomnie⸗Kollegiums, und Dr. H. Thiel, Landes ekonomie⸗Rath und General. Sekretãr des Königlich preußischen Landes Oekonomie ⸗Kol⸗ legiums (Berlin, Verlag von Wiegandt, Hempel u. Parey, Verlags⸗ buchhandlung für Landwirthschaft, Gartenbau und Forstwesen 1874) enthält: Ueber den Bau der Schale landwirthschaftlich wichtiger Samen. Von Dr. Sempolowsk in Zabikowo bei Posen. (Mit? lithographirten Tafeln. Beginn und Entwickelung des Gebrauchs von Straßen lokomotiven. (Schluß.) Vermischte Mittheilungen. Anhang. Repertorium der periodischen landwirthschaftlichen Literatur. I. Se⸗ mester 1574. Von Dr. C. Filly.

Die Borkenkäfer ⸗Kalgmität zeigt sich auch in einigen an Böhmen grenzenden Bezirken Bayerns, und es kam diese Angele⸗ genheit auch dort im Budgetausschusse des , zur Sprache. Wie das „Prag. Abendbl.“ erfährt, hat in derselben An · gelegenheit im vorigen Monate eine aus böhmischen und baeyrischen Fachmännern bestehende Kommissign in den Stubenbacher und in den angrenzenden bayerischen Waldungen mehrtägige Untersuchungen vorgenommen, und über die zu ergreifenden Maßregeln zur schnellen und kräftigen Bekämpfung der Kalamität Berakhungen gepflogen. Die Kommission erkannte, daß die umfangreichste Anwendung und Fort⸗ fetzung aller bisher durchgeführten Maßregeln, die sich als vollkommen entsprechend erwiesen haben, insbesondere auch für das nächste Jahr dringend geboten sei, und zu diesem Behufe ein direktes Einver⸗ nehmen der böhmischen und bayerischen Forstorgane zum Zwecke eines einheitlichen und gemeinsamen Vorgehens namentlich in Bezug auf die Vertheilnng von Arbeitskräften, die Disposition und Reihen⸗ folge der Arbeiten, die Festsetzung von Arbeitslöhnen und Akkorden u. 5. w. unerläßlich nothwendig sst. Es sind auch die diesen An⸗ trägen entsprechenden Verfügungen bereits getroffen worden. Mit der bayerischen Regierung sind die Unterhandlungen über die wirksame Bekämpfung der auch die bayerischen Grenzwalduagen verheerenden Borkenkäferkalamität im Zuge.

Gewerbe und Handel.

Das Aeltesten⸗ Kollegium der bexliner Kaufmannschaft hat in seiner am 23. Nodember abgehaltenen Sitzung beschlossen, die

Börsenräume in der Folge um 2 Mittags zu schlleßen. Während

die offizielle Börse, wie bekannt, um 2 Uhr Mittags geschlossen wird,

war bisher gestattet, a die Börsen Lokalitäten bis um 3 Uhr ge⸗ öffnet blieben, welche Erlaubniß Dazu benutzt wurde, eine Art Nachbörse zu eröffnen, die sich weniger durch die Bedeutsamkeit der geschlossenen Käufe, als durch Ungebundenheit des Verkehrs aus⸗ zeichnete.

Der Verwaltungsrath der Diskonto⸗Gesellschaft hat in seiner am 24. November abgehaltenen Versammlung die Auszah⸗ lung einer Abschlagsdividende von 1x* für das Jahr 1874 genehmigt. Nach den von der Direktion gegebenen Nachwessungen steht der Ge⸗ sellschaft auf Gewinn- und Verlust⸗Konto per 360. Juni 1874 ein ebenfo hoher Betrag, wie im ersten Semester des Jahres 1873, zur Verfügung.

Pr. Otto Süßenguth zu Magdeburg ist als Fabrik ⸗Inspektor für die Provinz Sachsen amtseidlich verpflichtet worden.

Die britische Handelsbehörde hat vom Staats se kretãr für auswärtige Angelegenheiten eine Depesche des britischen Gesandten in Madrid erhalten, welche meldet, daß laut eines in der Madeider Gazette veröffentlichten Erlasses der spanis chen Regierung eine Kriegssteuer von 5 Centimes eines Peseta Per Tonne von 1000 Kilogrammen auf alle Erze seien sie für Verarbeitung in Spanien oder für den Export nach dem Auslande kestimmt, aufgelegt worden ist; ferner die Kopie einer von der spanischen Regierung am 14 ult. erlassenen Verordnung, daß Schiffe, die Salzladungen in den spanischen Häfen einnehmen, von pen in Artikel 11 des Erlasses vom 26. Juni spezifizirten Ladungszoll befreit.

Die Handelskammer von Rheims veröffentlicht folgende Daten über den Handel mit Champagnerweinen: Das Departement Marne enthält 16,500 Hektaren Weingärten, worunter 2465 auf das Arrondissement Vitry⸗le⸗Frangais, 565 auf das von Chalons und 700 auf das von Saint⸗Menehould entfallen. Die Arrondissements von Rheims und Epernay umfaffen den meisten mit Wein bepflanzten

Flächenraum und zwar das erstere 7624, das letztere 5õd Hektaren; von diesen beiden letzteren kommen auch die am meisten geschãtzten Sorten. Die folgende Zufammenstellung zeigte den stets wachsenden

ischritt dieser Industrie: Fortschri eser 3. h Zahl der in Frank

ahl der h Jahr ausgeführten reich consumirten Bouteillen

Bouteillen 1845 4.380, 214 2,255, 438 1850 5, 00, 044 1B 705.735 1854 7, 878, 320 2528, 719 1864 9, S5 1, 138 2934, 996 1866 104135455 2782, 777 1867 10,283,886 3,218, 343 1868 10 876,585 2 924.268 1869 13,810, 194 3, 104,496 1870 13, 858, 839 3.628, 461 1872 17 001, 124 3,367,537 20 368, 661 1873 18,917. 779 3.464, 059 2. 381,838 Man kann den Erlös aus dem Verkauf auf mindestens 60 Millionen Francs schätzen. Die Winzer verkaufen ihre Trauben oder schon gepreßten Wein zu sehr guten Preisen, welche ihnen meistens baar bezahlt werden, und sehen daher ihr Eigenthum von Jahr zu Jahr im Werthe steigen. Die Hektare Weingarten hat sich auch ,, Jahren um das Vierfache ihres damaligen Preises erhöht.

Zusammen

6/635, 652

6 706,776 1040, 039 12,786, 134 13, 196, 122 13, 502229 13,800,853 15, 914,699 17487, 300

Verkehrs⸗Anstalten.

Nr. 93 der 3 * n, des Vereins Deutscher Eisen⸗ bah n⸗Verwaltungen“ at folgenden Inhalt: Verein Deutscher Eisenbahn Verwaltungen; Oesterreichische Nordwestbahn, Station Dris. Indische Staatseisenbahnen ꝛc.

Der Rhein ist bis 22. November zu einer Höhe von 4 Fuß 4 Zoll gestiegen. Viele Schiffe haben bereits ihre Fahrten wieder angetreirn, auch die Dampfboote der Cölner nnd Düsseldorfer Gesellschaften ihre Touren zwischen Mannheim und Cöln, resp. Cöln und Rotterdam wieder aufgenommen.

Bern, 24. November. (W. TB) Mit Ausnahme des Al- bulavasses ist auf sämmtlichen Poststraßen über die Alpenpãässe der Verkehr wieder hergestellt. :

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, den 26. November. Opernhaus. (232. Vor⸗ stellung Aida. Oper in 4 Akten von G. Verdi. Text von Antonso Ghistlanzoni, für die deutsche Bühne bearbeitet von Julius Schanz. Ballet von Paul Taglioni. Amneris: Frl. Brandt. Aida: Fr. Mallinger. König: * Krolop. Rademes: Hr. Niemann. Ramphis: Hr. Fricke. monasro: Hr. Betz. Anfang 7 Uhr. Hohe Preise.

Schauspielhaus. (243. Vorstellung.) Spielt nicht mit dem Feuer. Lustspiel in 3 Akten von G. zu Putlitz. Hierauf: Die Unglücklichen. Lustspiel in 1 Akt von A. von Kotzebue, bear⸗ beitet von L. Schneider. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Freitag, den 27. November. Opernhaus. (233. Vor⸗ stellung. Belmonte und Constanze, oder: Die Entführung aus bem Serail. Oper in 3 Abtheilungen. Musik von Mozart. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Schauspielhaus. (44. Vorstellung) Ein Erfolg, Lust⸗

Anfang halb 7 Uhr.

spiel in 4 Akten von Paul Lindau. Mittel⸗Preise.

Es wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Opern⸗ haus⸗, wie zu den Schauspielhaus⸗Vorstellungen) in den Brief⸗ kasten des Spernhauses welcher sich am Anbau desselben, gegen⸗ über der Katholischen Kirche, befindet, zu legen.

Dieser Briefkasten ist täglich für die Vorstellungen des fol⸗ genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöffnet.

Meldungen um Theater⸗Billets im Bureau der General⸗ Intendantur oder an anderen Orten werden als nicht eingegan⸗ gen angesehen und finden keine Beantwortung.

Wissenschaftlicher Kunst verein.

In der Sitzung am 18. November sprach Hr. Prof. Dobbert über die malerische Ausstattung der christlichen Kirchen vom 4. bis zum 6. Jahrhundert. Zuerst wurde ein Bild von der symbolischen altchristlichen Kunst, wie sie in den Wandmg— lereien der Katakomben, den Reliefs der Sarkophage ꝛc. sich darstellt, entworfen. Innerhalb der altchristlichen Symbolik läßt sich eine historisirende Tendenz wahrnehmen, in Folge deren allmahlich an die Stelle der symbolischen Andeutungen historische Bilder treten; doch nicht bei allen Gegenständen dringt die Kunst der ersten christlichen Jahrhunderte in der historischen Richtung fo weit vor; einige, wie die Kreuzigung und das Abendmahl, werden bis zum Schluß der Epoche, nur symbolisch angedeutet. Nachdem die muthmaß⸗ sichen Gründe für die Vermeidung der historischen Darstellungsweise der beiden zuletzt genannten Gegenstände Hielleicht bis in das 6. Jahr⸗ hundert hinein) angeführt und die altchristliche Kunst in Bezug auf ihren Stil gewürdigt worden, ging der Vortrag zur Betrachtung der Mosaiken in den ältesten chriftlichen Kirchen in Rom und Ravenna über. Es wurde gezeigt, wie sich hier zwar auch nech die spezifisch altchristliche Symbolik geltend mache, wie dieselbe aber bald durch die historische Darstellungsweise in den Hintergrund gedrängt werde; es wurde ferner an der Hand photographischer Nachbildungen Ravenna⸗ tischer Mosaiken dargethan, wie an die Stelle. des heiteren, milden Geistes der altchristlichen Kunst allmählich ein stren— gerer, ja sehr bald düsterer, ascetischer trat. Für den bedeutenden Umschwung, der nun im Charakter der chriftlichen Kunft statt⸗ gefunden, wurden auch Beweise aus der gleichzeitigen Literatur bei. gebracht Sowohl aus diesen Schilderungen von Zeitgenossen als aus den erhaltenen Denkmälern ergiebt sich, daß, während das Schiff der Kirche mit historischen Bildern ausgestattet zu werden pflegte, in der Apsis die symbolische Darstellungsweise ö. lange erhielt, nur daß diese Symbolik, abgesehen von einigen achklängen der peng alt · christlichen Kunst, auch einen in der Richtung auf das streng irchliche und Ceremoniöse modifizirten Charafter erhielt. Eine von dem Kuratvrium des „Deutschen Reichs- und Königlich Preußischen Staats⸗ Anzeigers“ in einigen Exemplaren eingesandte roschüre Nord⸗ dent sche Landschaftsdichter“ gelangte zur Vertheilung unter die Mitglieder, konnte aber der vorgerückten Zeit wegen nicht mehr besprochen werden.

Die Generalinspektien des Ingenieur ⸗Corps und der Festungen beabsichtigt nach und nach eine Geschichte aller der Belge; rungen französischer Plätze während des Krieges 187071 heraus zugeben. Von der Heschichte per Belagerung von Straßburg im Jahre 1570 von Reinh old Wagner, Hauptmann im Ingenieur Corps. Berlin 1874 bei F Schneider u. Comp. (Goldschmidt Wilhelmi siegt bereits der zweite Theil vor. Sas Werk ist im dienstlichen Auftrage und nach amtlichen Buellen bearbeitet. Der in der Militärliteratur bekannte Name des Verfassers ist zwar an und für sich schon Bürge für die Gediegenheit der Arbeit, aber das Werk zeichnet sich noch dadnrch besonders ,, aus, daß es be aller Gründlichkeit des Inhalts doch in so frischer, lebens voller Darftellungsform geschriehen ist. daß auch der nicht militãrisch gebil⸗ Tete Leser das Buch mit Interesse lesen dürfte.

Der hier vorliegende zweite Theil behandelt speziell die Beren⸗ nung, Einschließung und das Bombardement der Festung. Die Zu⸗ stãnde innerhalb derselben werden auf das Genaueste dargestellt und bieten eine Fülle interessanter Details, die bisher noch mehr

oder weniger der Oeffentlichkeit entzogen waren. Es wird hervor- gehoben, daß noch vor Ausbruch des Bombardements, obwohl der Ge⸗ hanke an dasselbe schon nahe getreten war, dennoch nichts zur Her⸗ ftellung von Schutzräumen für die Besatzung und Einwohnerschaft, sowie fuͤr die Sicherung der in den öffentlichen Gebäuden vorhan benen Werthobjekte geschah. Der erhobene Vorwurf, daß deutscher⸗ seits auf Lazarethe geschoffen worden, wird widerlegt und zwar dadurch, daß die eingeschlagenen Geschosse nicht von den gegenüberliegenden Batterien nach Flugrichtung und Treffpunkten gekommen sein können, sondern Zufallstreffer von Batterien waren, welche von der entgegen gesetzten Seite der Belagerung aus das Hospital überhaupt nicht zu sehen vermochten. . In gleicher Weise, wie die Verhältnisse in der belagerten Stadt t der Verfasser an di

tiger Schläge besonders ge⸗

deren im Veben erhärtete Ar-

lz ebenso von der Handhabung

der Waffen abhing. In wie

ricte unserer Zeit nutzbar zu

aus der Formation eines Feldphotograph⸗

Augen lassen. . . - Die in Buntdruck ausgeführten beiden Pläne geben den Angriff auf die Citadelle und auf die Stadtlefestigung.

Der Club der Landwirthe

hielt am Dienstag Abend in seinem Vereinslokale die dies jährige Generalversammlung ab. Als Vorsttzen der fungirte Professor Orth, als Schriftführer Dr. Hartmann. Der Dekonomierath Noodt verlas sodann den Jahresbericht, dem wir entnehmen, daß der Verein sein achtes 3 ohne besondere Vorfälle durchlebt hat. Das Lese⸗ zimmer ist eifrig benutzt worden, die wiffenschaftlichen Vorträge und Diskusstonen boten reichen Stoff zur Belehrung. Die Verbindung des Clublokals mit einem Chambre garni wird auch fernerhin ange⸗ strebt, um auswärtigen Kollegen einen bequemen Aufenthaltsort schaf⸗ fen zu können. Die Mastvieh⸗Ausstellung wird in den Tagen des 5. und 6. Mai nächsten Jahres stattfinden und hat, den ichen Anmeldungen zufolge, die Aufmerkfamkeit aller Landwirthe in hobem Grade erregt. Den Anfang der Vorlesungen im vergangenen Win⸗ ter bildete eine Gedächtnißrede auf J. von Liebig, den Schluß der⸗ selben eine solche auf den Geh. Krlegsrath Mentzel, der Mitglied

des Vereins gewesen. Die Bibliothek ist in erfreulichem Maße ge⸗ wachsen, besonders zahlreich sind die Zeitungen vertreten. Der Ver⸗ ein zählt zur Zeit 369 Mitglieder gegen 385 des Vorjahres. Die finanzielle Lage wurde als eine befriedigende bezeichnet. Der Vor⸗ stand, dem Professor Orth beigetreten ist, bittet um zahlreiche Zu führung neuer Freunde und um rege Betheiligung am Vereinsleben. Es gelangte Jodann zur Verhandlung ein Antrag des am Erscheinen ver⸗ hinderten Herrn von Esse, dahin gehend, es möge der Cluh seiner—⸗ seits dahin wirken, daß den Bewohnern Berlins ein gesundes und woblfeiles Fleisch geboten werde. Der Makler Emil Meyer machte darauf aufmerksam, daß bereits auf dem Viehhofe eine derartige Ver⸗ kanfsstelle errichtet sei, auch werde von dort bei Entnahme von fünf Pfund das Fleisch frei ins Haus geliefert. Ihm scheine der Zeit⸗ punkt, der Frage nach billigem Fleisch näher zu treten, nicht recht eeignet, da man die Einwirkung der Aufhebung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer abwarten müsse. Auf Antrag des Geheimen Ober⸗ Regierungsraths Dannemann wird diese Materie auf die Tagesord⸗ nung der nächsten Generalversammlung gesetzt.= Der Oekonomierath Roodt theilt dann noch mit, daß das Bureau des landwirthschaflichen Beamten Vereins mit dem des Clubs vereinigt werden ö. Der Verein wird auch in diesem Winter eine Reihe wissenschaftlicher Vor⸗= träge, sowie zwei Bälle arrangiren. Letztere werden am 9. Januar und N. Februar stattsinden.

Die unter dem Protektorate Ihrer Kaiserlichen und Königlichen 9. der Kronprinzessin stehende B aruch Au erbach iche Waisen⸗ Frziehungs⸗Anstalt für jüdische Mädchen in Berlin hat, wie alljährlich, zum 21. November, als dem Geburtstage der Hohen Pro⸗ tektorin, ihren Jahresbericht, den einunddreißigsten, erstattet. Darnach war auch das verflossene Jahr ein für die äußere und innere Ent⸗ wickelung der Stiftung segensreiches. Das aisenhaus, das am 13 Rovember 1543 mit 2. Zöglingen eröffnet wurde, zählt deren

n,, 20, während 5 im Laufe des Jahres nach vollendeter

lusbildung die Anstalt verließen. Von diesen 20 Zöglingen besucht die Königliche Augusta⸗Schule, 16 die höhere Töchterschule des Dr. Möbus, 3 haben die Schule verlassen und werden für das praktische Teben herangebildet. Von den bereits entlassenen Waisenmãadchen, denen die Anstalt bis zur erlangten Selbständigkeit ihre vollste Auf⸗ merksamkeit widmet, sind bis jetzt 23 verheirathet. Im . sind bis jetzt für Erziehung, Ausbildung und Erhaltung der Wai enmäd⸗ chen 76,858 Thlr. 13 Sgr. 11 f. verausgabt, ein unantastbares Vermögen von 56,364 Thlr. 20 Sgr. 6 Pf. erspart, und außer den an auzgeschiedene Waisen bereits ausge ahlten Summen, wie dem jedem Zöglinge gehörigen Ge fe rg. noch 25, M02 Thlr. 5 Sgr. als Eigenthum der Waisen niedergelegt worden. Ehrenmütter sind h Zeit: Fr. Emma Auerbach, geb. Heller eit 1838), Fr. Ida luerbach, geb, Dahlheim (seit ĩS7o), Fr. Alexandrine Beer, geb. Rosen (feit 1862), Fr, Geh. Kommerzien Rath. Emma von Bleich⸗ roöder, geb. Guttentag (seit 1863), Fr. Philippine Liebermann, geb, 86 (seit 1861), e Recha Marckwald, geb. Kohn ⸗Speyer (seit

verin Redacteur: F. Preh m. Verlag der Cxpedition (Eesseh. Druck? W. El sn er. Drei Beilagen leinschließlich Börsen · und Handels cegister Beilage)

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger

Berlin, Mittwoch, den

n 277.

Personal⸗Beräudernugen.

Fäuniglich Preußische Armer Offiziere. Portepee ⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im stehenden Heere.

Berlin, 17. November. vw. Arnim, Rittm. und Escadr Chef im Kär. Regt. Nr. 5, unter Stellung à la suite dieses Regts,, zum Präses einer Remonte⸗Ankaufs⸗Kommission ernannt. v. Bredow, Major à la suite des Kür. Regts. Nr. 6 und Präses einer Remonte= Ankaufs - Kommission, ein Patent seiner Charge verliehen. Reimers, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. ꝛð, in das Gren. Negt. Nr. 9, ver= sctzt. v. Hattorf, Sec. Lt, von der Inf. des Res. Landw. Bats. Nr. 73, früher Sec. Lt. im Inf. Regt. Rr. 15, im stehenden Heere und zwar im Inf. Regt. Nr 53, als Sec; Lt. mit einem Patent vom 9. Mai 1871 wiederangeftellt. v Sau sin, Pr. Lt. vom Garde⸗ Füs. Regt, von seinem Kommdo. als Adjut. der 1. Garde⸗Infant. Brigade entbunden. v. Schwerin, Pr. Lt. vom 2. Garde · Regt. F., als Adjut. zur Garde⸗Inf. Brig. kommandirt. Gůrcke, Port. Fah vom Jaf. Regt. Nr. 5d, zum 8 Dstpr. Inf. Regt. Nr. 4 versetzt.

Berlin. 21. November, Höhne, Pr. Lt. vom Fuß-⸗A1tt. Bat. Nr. J und Vorstand des Art. Depots in Rendsburg, zum Hauptm, Strecker, Sec. Lt. vom Fuß ⸗Art. Regt. Nr. 2, zum Pr. Lt., be fördert. Vo itus, Pr. Lt. vom Drag. Regt. Nr. 11, Stock, Pr. Lt. vom Fuß⸗Art. Regt. Nr. 7, zur Dienstleistung beim Bureau der Landes⸗Triangulation, Letzterer vorläufig auf ein Jahr, kommandirt. v. Tornow, Sec. Lt. 4. De früher im Fuß ⸗Art. Regt. Nr. 8, beim Train des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 57 einrangirt und gleichzeitig zur Dienstleistung in einer vakanten Sec. Lts. Stelle des Train⸗Bats. Nr. 7 kommandirt.

Abschiedsbewilligungen.

Im stehenden Heere.

Berlin, 17. November. v. Mässenbach, Oberst à la suite des lan. Regts. Nr. 4 und Präses einer Remonte⸗Askaufs · Kommis⸗ sion, in Genebmigung seines Abschiedsgesuches, mit Pension und der Erlaubniß zum Tragen der Regts. Unitorm zur Disposition gestellt. v. Eschstrutk, Major & la snite des Hus. Regts. Nr. 12 und Präses einer Remonte⸗Ankaufs⸗Kommission, mit Pension zur Disp. geftellt. Frhr. v. Sch orlem er Sec. Lt. à la snite des Jaͤger⸗Bats. Rr. 11, unter dem gesetzlichen Vorbehalt gusgeschi-den, v. Scholten, Major a. D. zuletzt Hauptmann und, Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. , die Erlaubn. z. Tragen der Unif. des gedachten Regts. ertheilt.

Beamte der Militär Verwaltung. Durch Allerhöchste Ordre.

Den 20. Okto her. v. Ribbentrop, Rendant der General— Mili Kaffe, Gen. Kriegs⸗Zahlm. und Geh. Rechn. Rath, auf sein Änfuchen mit Pension in den Ruhestand versetzt.

Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums.

Den 8. November. Du cst e in, interimist. Kasern. Inspektor in Thorn, zum Kasern. Inspektor ernannt.

Den Jö. November. Pr. Lt. 4. D. Seide l( meyer, Garn. Verwalt. Inspekt. in Darmstadt, nach Spandau, Keller, Garn. Verwalt, Insbektor in Ludwigklust, nach Darmstadt, Kraft, Kasern. Inspekt. in Dessau, nach Ludwigslust versetzt.

Den 185. November. Geißler, Laz. Inspekt. zu Küstrin, der Charakter als Ober ⸗Lazareth⸗Inspektor verliehen.

Den 16. November. Gum pricht, Laz. Inspekt. in Wunstorf, nach Gnesen, Jacobi, az. Inspekt. in Gnesen, nach Torgau, und Sandt, Laz. Inspekt. in Torgau, nach Breslau versetzt.

In der Kaiserlichen Marine. Offi zie re ꝛc.

Ern ennung en. Beförderungen und Versetzungen.

Berlin, 21. Rovember. Schumann, Pr. Lt. von der See⸗Art. Abtheilung, zum Hauptm. und Comp. Chef befördert.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin. 25. November. In der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstags leitete der Königlich preußische Bundes⸗ Bevollmächtigte, Staats und Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt die erste Berathung der drei Justizgesetze wie folgt ein;

Meine Herren! Die verbündeten Regierungen haben Ihnen Gesetzentwürfe über die Gerichtsverfassung, das Civil⸗ und Straf⸗ verfahren vorgelegt. Es werden Ihnen weiter vorgelegt werden Gesetz. entwürfe über das Konkursverfahren über die Rechtsverhältnisse der bei dem obersten Gerichtshofe fungtrenden Rechtsanwältꝭ und über das Gebührenwesen in den zur Kognition des obersten Gerichtshofs gelangenden Sachen. Diese Gefetzentwürfe bilden ein Ganzes und stehen demgemäß in einem näheren Zusammenhange; allein dieser Zu⸗ sammenhang ist nicht ein solcher, daß Sie behindert sein könnten, vorab die Berathung der ersten Gruppe der Gesetzentwürfe vorzuneh⸗ men und zu erledigen. .

Sämmtliche Gefetzentwürfe sind mit eingehenden Motiven be— gleitet. Ich hebe das hervor, um daran die Bemerkung zu knüpfen, daß die verbündeten Regierungen die Vertretung dieser Motive nicht übernehmen. Die Pertretung wird nicht übernommen, well eine Prüfung dieser Motive nicht einmal im Justizaneschuß des Bundesraths, geschweige denn im Bundesrath stattgefunden hat, auch Der Natur der Sache nach nicht wohl stattfinden konnte. Dieser Umstand dürfte jedoch für Ihre Berathung von besonderer Bedeutung kaum jein. Die Motive sind von Männern welche den Arbeiten sehr nahe ftanden, mit ebenso viel Sorgfalt als Einsicht in die Verhältnisse geordnet worden; sie legen Ihnen die Mannigfaltigkeit der Rechtszu⸗ stände dar, in welche die gesetzlichen Vorschriften reformirend ein⸗ greifen sollen; sie entwickeln vom legislativen Standpunke das Für und Wider in Betreff der einzelnen Vorschriften und Grundsãtze; sie erörtern den Zusammenhang zwischen den Grundsätzen, so wie zwischen Grundsätzen einerseits und einzelnen Folgesätzen anderers its. Ich glaube, meine Herren, daß diese Motive für Sie ein fast unentbehr⸗ liches Hülfsmittel sein werden, wenn Sie nämlich eine eingehende Prüfung der Gesetzentwürfe in einer verhältnißmäßig nicht zu langen Zeit vornehmen wollen.

Die Aufgabe, welche Ihnen gestellt wird, ist eine sehr umfang⸗ reiche, und dennoch glaube ich nicht in der Annahme zu irren, daß unter Ihnen nicht wenige sein werden, denen es erwünscht sein möchte, wenn diele Aufgabe eine noch umfangreichere wäre, als sie es zur Zeit ist, Ich berühre hier einen wichtigen Punkt und gestatte mir, etwas bei demselben zu verweilen.

Die Prozedurordnungen sind vollständige, in sich abgeschlossene Gesetze; den Charakter eines solchen abgeschlossenen volständigen Gesetzes trägt dagegen der Entwurf der Gerichtsverfassung nicht. Der der Kürze wegen gewahlte, sehr allgemein gehaltene Titel kann hier nicht täuschen. Der Gerichts verfassungs⸗ Gesetz entwurf ist Stück werk und enthält nur solche Vorschriften, welche nothwendig sind, um die Prozedurordnungen ins Leben zu rufen, Vorschriften, welche als gegeben angenommen werden müässen, wenn man überhaupt daran denken will, Prozedurordnungen zu. bearbeiten. Vom formalen Standpunkt betrachtet, erscheint das Gerichtsverfassungsgesetz als Ne⸗ bengesetz, als Anfangsgesetz zu den rozedurordnungen, wenngleich es diese an sachlicher Bedeutung weit übertrifft und eine eingehende Prüfung der Prozedurordnungen gar nicht möglich ist, wenn man nicht die wesentlichen Grundlazen des Gerichtsverfassungsgesetzes als

Beilage

ber anerkennt. Man hätte nun aber von einer ganz anderen uffassung ausgehen können. Man könnte die gesammte Geschäfts⸗ thätigkeit der Gerichte, und nicht bles denjenigen Theil derselben, welcher die streitige Rechtspflege bezielt, organisiren. That man einmal diesen Schritt, so lag ein zweiter sehr wichtiger ganz nahe: man konnte die Justizämter organisiren in Betreff ihres Erwerbes und der Vor⸗ aussetzung desselben, der Rechte und Pflichten, welche sie gewähren; und in Betreff des Verlustes. Auf diese Weise kam man zu dem Begriff eines Deutschen Richteramtes, einer Deutschen Rechts⸗ anwaltschaft und eines Deutschen Notariats. Diese Auffassung, meine Herren, bietet neben fachlichen nicht unerhebliche politische Vor⸗ theile. Es würde eine Erweiterung der Rechtseinheit auf einem wichtigen Gebiete eintreten, bedeutsam insonderheit auch wegen ihrer praktischen Folgen. Sodann würde aber auch die Reichsgesttzze bung felbstandig und unabhängig hingestellt worden sein, während sie jetzt erst durch Vermittelung der Landesgesetzgebung ins Leben treten kann. Letzteres ist im Grundsatz mindestens sehr bedenklich und möchte thuͤnlichst zu vermeiden sein. Aber wie groß die Vortheile sich auch gestalten mögen, so kann ich Ihnen dennoch nicht dringend genug anheimgeben, die Grenzen inne zu halter, welche dem Gerichts ver⸗ faffungsgesetz gezogen sind; denn indem Sie diese Grenzen über⸗ schreiten, übertreten Sie zugleich die Grenze der gesetzlichen Zustän⸗ digkeit der Reichsgesetzzebung und Justiz.

Die Nr. 13 des Art. 4 der Reichsverfassung hat auch in ihrer neuen Gestalt. die Gerichte verfassung nicht zu ihrem Gegenstande, sondern nur die Prozeduren; demgemäß können auch in den Grenzen der Zuständigkeit der Reichsgesetzßebung nur diejenigen Vorschriften liegen, welche die eine nothwendige Grundlage für die Prozedur bilden und gegeben sein müssen, um eine Prozedurordnung zu schaffen. Ich hoffe auch, daß es Ihnen um so leichter werden mag, die Grenze inne zu halten, welche dem Gerichtsverfasfungsgesetz gezogen ist, als jenseits dieser Grenze ganz außerordentliche Schwierigkeiten liegen, und es in der That nicht angezeigt sein wird, neue Schwierigkeiten mit alten zu häufen. Denn, meine Herren, schwierig ist in der That die Aufgabe, die Ihnen gestellt wird; wenigstens in Justizsachen ist der Reichs⸗ gesetzzebung eine gleich schwierige Aufgabe bislang nicht gestellt worden. Und wird ihr aller menschlichen Vorausetzungen nach auch nicht wieder gestellt werden. Allerdings mag die Aufftellung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches größere Schwierigkeiten haben, als die Auf⸗ stellung der vorliegenden Gesetzezentwürfe. Allein die weitere legis⸗ ative Aktion in Betreff jenes Gesetzentwurfz ist eine mit bei Weitem geringeren Schwierigkeiten umgebene. Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzhuchs liegt ganz im Gebiete des Privatrechts, während die vor⸗ liegenden Gesetzentwürfe ganz wesentlich im Gebiete des öffentlichen Rechts liegen und außerdem die Interessen der Bundesstaat en, der Gemeinden und insbesondere die Interessen des Juristenstandes ebenso unmittelbar als empfindlich berühren. Ihre Aufgabe wird um so schwieriger, als die verschiedenen Gesetzeniwürfe nicht allein als ein Ganzes gedacht sind, sondern auch in der Form und in der Sache in thunlichste Harmonie gebracht sind. Jede legislative Aktion, welcher ein Gesetzentwurf unterliegt, gefährdet diesen daz ist selbstverständ⸗ lich aber die Gefahr ist um so größer, als der Umfang der Gesetz⸗ entwürfe weit ist und ein innerer Zusammenhang dieselben umschließt.

Wer die Gesetzentwürfe unbefangenen Sinnes prüft, wird nicht wohl verkennen können, daß ste einen nicht unbedeutenden Fortschritt in der Gesetzgebung und in der Kunst der Gesetzgebung enthalten. Es ift ein großes Maß geistiger Kraft auf dieselben gewendet worden. Es handelt sich hier nicht um leichte Arbeit, foöͤndern um die gereiften Früchte der ernstesten, ftrengsten Thätigkeit. Vollendet sind die Gesetz⸗ entwürfe nicht; denn Vollendetes zu schaffen, ist den Menschen über⸗ haupt nicht gewährt. Auch soll nicht behauptet werden, daß die

Gesetzentwürfe das erreichbar Beste enthalten, wenn man diesen Aus⸗ druck nicht in einem sehr relativen Sinn nimmt. Aber, meine Herren, die Reichsgesetzjustizgebung ist in einer ganz anderen Lage, wie die Gesetzgebung des Einzelftagtes. Die Mannichfaltigkeit der Verhältnisse der Rechtspflege im Reich ist eine so große, daß es kaum möglich ist, die= selben in ihrer vollen Bedeutung zu erkennen, zu würdigen, ins besondere auch in der Richtung, ob sie einen berechtigten Anspruch auf Fortexistenz haben. Bei der Bearbeitung von größeren Reichs justizwerken muß man deshalb von vorn herein die Revifion als einen maßgebenden Faktor für die Gesetzgebung in Betracht ziehen. Wer das verkennt, wer einzelne Fehler, welche größere Reichsgesetze mit sich führen, be⸗ mängelt und darin den. Beweis eines nicht besonnenen legislativen Vorschreitens erblickt und demgemäß die Revisionsbedürftigkeit als ein Uebel, welches hätte vermieden werden können, bezeichnet, der be= weiset damit doch nur, daß das legislative Schaffen eine eben so schwere, als die Kritik eine fehr leichte Aufgabe ist.

Meine Herren! Ich bin überzeugt, daß unter Ihnen auch nicht

ein Einziger ist, welcher den Inhalt der Gesetzentwürfe selbst von Einzelheiten abgesehen durchweg billigte. Sie befinden sich in der gleichen Lage mit den verbündeten Regierungen; denn ich glaube nicht zu irren, wenn ich annehme, daß keine einzige der verbuͤndeten Re⸗ gierungen sein möchte, welche nicht wünschte, daß das Eine oder das Andere vielleicht sehr Richtiges abweichend geregelt wäre. Allein die verbündeten Regierungen haben, um zum Ziele zu ge⸗ langen, eingedenk des alten Satzes, daß das Bessere der Feind des Guten sei, geglaubt, Resignation üben zu müssen, und haben in der That große Resignation geübt. And so möchte ich auch Ihnen, meine Herren, zurufen: Ver⸗ schmähen Sie nicht das Gute wegen des Besseren, üben Sie Resignation und zwar große Resignation. Nur, wenn Sie dies thun, kann auf die Krönung eines Werkes gerechnet werden, dessen sach⸗ liche und politische Bedeutung gleich groß ist.

Hierauf nahm der Königlich württembergische Bundesbevoll⸗ mächtlgte, Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegen⸗ heiten, v. Mittnacht, in Betreff der Strafprozeßordnung das Wort:

Meine Herren! Der hochverehrte Herr Präsident des Hauses hat die Gerichtsverfassungen bezeichnet als Vorausfetzung und Konse⸗ quenz der Prozeßordnung und die Diskussion über die Gerichtsver⸗ faffung als grundlegend für die Diskuffion über die Prozeßordnungen. Ich glaube daher im Sinne der Bemerkung des Herrn Präsidenten Rad im Sinne dieses Hohen Hauses zu handeln, wenn ich einige Be⸗ merkungen, die ich zur Einleitung der Strafprozeßord nung vorge⸗ tragen habe, jetzt zu machen mir erlaube. Es wäre wohl auch, da“ der Die kussion des Hauses über die Gerichtsverfassung fehr weite Grenzen gesteck sein werden, kaum mehr eine spätere Stelle gegeben, um die Strafprozeßordnung noch einleiten zu können.

Wenn, meine Herren, die Deutsche Reichsverfassung eine ge⸗ meinsame Gesetzßhebung des Reiches üher das Strafverfahren in Aussicht gestellt hat, so genügt, um den Werth und die Nothwendig⸗ keit einer jolchen Gemeinsamkeit in einer Materie zu ermessen, die von so hoher Bedeutung ist für den Schutz der . Rechts ordnung wie für die Sicherung der sndividuellen Rechte, ein Blick auf die Mannigfaltigkeit des in den Deutschen , , bestehenden Rechts zustandes auf dem Gebiete des ,,, , licht blos der gemeine Deutsche Strafprozeß hat. wo er noch zu Recht besteht, eine ganz verschiedene Hestaltung erfahren durch Praxis und artikulargesetze, auch der auf den gemeinsamen Prinzipien der Anklageschaft Mündlichkeit und Deffentlichkeit beruhende soge nannte reformirte Sire g n hat diese Prinzipien und die Detailbestimmungen in einer so a weichenden und . Weise aufgefaßt und Durchgeführt, daß die gemeinsame Abstammung in den veischiedenen Kindern Einer Familie zu erkennen oft recht schwer wird.

und Königlich Preußischen Staats⸗AUrzeiger.

25. November

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Wie die Motive es aussprechen, will der vorliegende Gesetz⸗ entwurf, obwohl er kein bestehendes einzelnes Strafprozeßgesetz zu seiner unmittelbaren Grundlage genommen hat, doch das in den vorhandenen Gesetzen enthaltene Gute sich aneignen und so das neue Werk als eine Fortentwickelung und einen Ausbau des Be⸗ stehenden erscheinen laffen. Das Gute also, welches die Partikular⸗ Gesetzgebungen auf dem Gebiete des Strafprozeßrechtes unzweifelhaft geleiftet haben, will der Entwurf des deutschen Gesetzes in sich auf⸗ nehmen und zu einem möglichst vollendeten Ganzen fortentwickeln und verarbeiten. Insoweit stnd wir aus allen Theilen Deutschlands die Mitarbeiter und Mitverfasser dieses Werkes, und sind unsere bis⸗ herigen Arbeiten, Bemühungen und auch Versuche auf dem Ge— Hiet? des Strafprozesses vergebliche und nutzlose nicht gewesen. Natürlich nur das Beste will und soll der Entwurf bieten: er will einen Fortschritt, er will nirgends einen Rück⸗ schritt darbieten. Das Gute, welches er vorfindet, will er weiter ent= wickeln und ausbauen, und wenn hierbei gewiß Vorsicht am Platze ist, so darf doch andererfeits in einer gewissen Scheu über das, was gilt und gewohnt ist, da und dort hinauszugehen, auch nicht zu weit gegangen werden. Die ganze Geschichte der Entwicklung des deutschen Strafprozeßrecht bietet hierfür einen schlagenden Beweis. Wie lange . ift es, daß Mündlichkeit und Seffentlichkeit als Neuerungen der

edenklichsten Art auf dem Gebiete des Strafprozesses bezeichnet und

bekämpft worden, und wie entschieden und unwiderruflich haben sie nachher gesiegt! Es werden daher auch solche Vorschläge des Entwurfs und er hat deren die von den gewohnten Anschauungen sich mehr oder weniger entfernen, Anstoß nicht erregen dürfen. Der auf dem Gebiete des Stra fprozesses sich vollziehende Fortschritt ist ohne⸗ dem noch in Fluß begriffen, und es ift nicht anzunehmen, daß er seinen letzten Abschluß mit dem jetzt zu schaffenden Werke finden werde.

Nun steht freilich zu befürchten, daß die Vorschläge des Ent⸗ wurfes weniger als zu weitgehend, als daß sie als nicht weit genug gehend theilweise werden erachtet werden. Der Entwurf hat durch seinen Inhalt so viel guten Willen bewiesen und an den Tag gelegt, daß nach dem regelmäßigen Laufe der Dinge von ihm wird noch mehr verlangt werden. Hier, meine Herren, giebt es eine Schranke: eine kräftige und sichere Repression des kriminellen Unrechts muß garantirt bleiben, und davon darf man sich nicht abziehen laffen, weder durch Berufung auf dieses oder jenes Schulyrinzip auf diese oder jene Konsequenz aus einem solchen, noch auch durch ge⸗ steigerte Rücksichten der Humanität für den Verdächtigen. Die Noth⸗ wendigkeit eines ausreichenden Schutzes der bürgerlichen Gesellschaft und der öffentlichen Rechtsordnung würde sich auch, falls ja die ge⸗ richtliche Prozedur zweckentsprechend nicht gestattet würde, unausbleib⸗ lich auch anderen, dann aber um so gefährlicheren und bedenklicheren Wegen zum Durchbruch und zur Geltung verhelfen.

Waͤs den eigentlichen Inhalt der vorgelegten Ordnung des Straf⸗ verfahrens betrifft, so werden die Motive des Entwurfs und die An— lagen zu denselben ein auzreichendes Material zu seiner Beurtheilung an die Hand geben, es würde nur zu Wiederholungen führen, und wäre äußerst zeitraubend, eine solche Prozeßordnung auch in münd⸗ licher Rede noch umfassend zu begründen. Sie werden es daher zu gute halten, wenn ich auf einige, freilich mehr oder minder will⸗ kürlich herausgegriffene und fragmentarische Darlegungen und Be⸗ merkungen allgemeiner Art mich beschränke.

Zunächst möchte ich einen Punkt von allgemeiner Bedeutung kurz erwähnen. Der Satz des deutschen Strafgesetzbuches, daß Ausland im Sinne des Strafgesetzes jedes nicht zum Deutschen Reiche gehörige Gebset fei, dieser Satz hat sich nur bezogen auf das Straf⸗ recht und hat nichts geändert in den nach Ten Landesgesetzen sich bestimmenden Grundsätzen über die Unterwerfung unter die Straf⸗ gewalt der einzelnen Staaten Mit dem Inkrafttreten der deutschen Strafprozeßordnung aber werden die innerhalb des Deutschen Reiches bestehenden territorialen Grenzen in strafprozessualer Beziehung, im Be⸗ fonderen in Beziehung auf, die Zuständigkeitsfrage, nicht mehr in Be⸗ iracht kommen. Es wird in Zukunft für die Anwendung der Bestim⸗ mungen über die örtliche Zuständigkeit gleichgültig sein, welchem ein⸗ zelnen Staate das in Frage stehende Gericht angehört, und daß ein Beschuldigter Angehöriger eines Bundesstaates ist, oder daß die straf⸗ Fare Handlung speziell gerichtet sst gegen einen Bundesstaat oder sein Oberhaupt oder seine Regierung: dieser Umstand wird eine besondere Jurisdiktion der Gerichte dieser einzelnen Staaten nicht mehr begrün⸗ Den. Es wird wohl überflüssig sein, die große politische Bedeutung des hierauf sich beziehenden Schrittes noch befonders hervorzuheben.

Ich gehe über zu einer kurzen Besprechung desjenigen unter den den Entwurf der Strafprozeßordnung beherrschenden größeren Prin- zipien, welches voraussichtlich am meisten Anlaß zu Erörterungen in diesem Hause geben wird, des Anklageprinzips oder der Anklage⸗ form. Die Idee des Anklageprozesses in Verbindung mit dem Prin⸗ zip der Verfolgung von Amtswegen muß führen zur Errichtung eines don dem Richteramte getrennten, besonderen Amtes für die Straf⸗ verfolgung, der Staatzanwaltschaft, und es soll in dieser Veziehung künftig auch fuüͤr die Strafgerichte niederster Ord⸗ nung eine Ausnahme in Deutschland nicht mehr bestehen. Die Konsequenz des Anklageprozeffes tritt am schärfsten hervor in den Bestimmungen über die Eröffnung des Strafprozesses und über die Begrenzung des Umfangs der richterlichen Thätigkeit. Die Eröff- nung einer richterlichen Unterfuchung wird bedingt durch Erhebung einer Klage, regelmäßig der öffentlichen Klage Seitens der Staats⸗ anwaltschaft, ausnahmsweise der Privatklage Seitens des Verletzten. Rur auf die in der Klage bezeichnete That und nur auf die in der Klage beschuldigte Person darf die gerichtliche Untersfuchung und Ent—⸗ scheidung sich erstrecken. . .

Dies der Inhalt des Entwurfes. Bekannt sind die Bedenken gegen die Uebertragung der Initiative der Strafverfolgung, wenigstens der vorzugsweisen oder aus⸗ schließlichen Initiative an pie Staatzanwalischaft, Bedenken, pie hergeleitet werden aus dem doppelten Gesichtspunkte einer Ge⸗ fährdung der öffentlichen Rechtsordnung und einer Beeinträchtigung ber Rechte der Privaten; Bedenken, die inshesondere auch begruͤndet zu werden pflegen mit dem regelmäßig bestehenden Ven tnf. der Unterordnung ber Staatganwaltschaft unter, die vorgesetzte Justiz verwaltung. . Bedenken werden wohl einigermaßen gemindert werden, wenn neben der Offizialmaxime aufgestellt wird das soge⸗ nannte Legalitätsprinzip als bestimmend für die Berufsthätigkeit der Staatsanwaltschaft, d. h., wenn die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, wofern das Gesetz nicht etwas Besonderes ee nr wegen aller gerichtlich strafbaren und verfolgbaren Hand⸗ lungen einzuschreiten, wofern nur genügende ihgtsächliche Anhaltspunkte porliegen. Denn dann begründet die Unterlassung oder Unkerdräckung gesetzlich gebotener Strafverfolgungen Seitens der Staatsanwaltschaft wenigstens eine greifbare Pflichtwidrigkeit der Staatsanwaltschaft wie der ihr vorgesetzten ehörde. Immerhin Fleibt es das Ermessen und zwar, wie nicht bestritten werden kann, ein mehr oder minder subsektives Ermessen der Beamten der Staats⸗ anwaltschaft, wovon die Eröffnung einer gerichtlichen Untersuchung abhängt. Die Schutzmittel gegen unbegründete Anklageverweige⸗ rungen, welche der Entwurf bietet, sind nun folgende: inmal ein Recht der Beschwerde des Verletzten beim vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft, sodann die subsidiäre Privatklage des Verletzten, diese aber beschränkt auf diejenigen stiafbaren handlungen, bei welchen die Verfolgung nur auf Antrag eintritt, sowie auf diejenigen, bei welchen der We nr neben einer Strafe auch arf; ferner in derselben Beschränkung dag

auf eine Buße erkennen