— Einen Beitrag zur Auslegung der strafrechtlichen Be—⸗ stimmung über die Beiseiteschaffung von Urkunden, Regist ern, Akten ꝛc. gewährt ein Erkenntniß des Qb er⸗ Tribunals vom 12. November er. 5. 133 des Reichs⸗Straf⸗ gesetzbuches bestimmt: „Wer eine Urkunde, ein Register, Akten oder einen sonstigen Gegenstand, welche sich zur amtlichen Auf⸗ bewahrung an einem dazu bestimmten Orte befinden, oder welche einem Beamten oder einem Dritten amtlich übergeben worden sind, vorsätzlich vernichtet, bei Seite schafft oder beschädigt, wird mit Gefängniß bestraft. In Beziehung auf diese Bestimmung entschied das Sber⸗Tribunal, daß unter einem zur amtlichen Aufbewahrung bestimmten Orte“ nicht nur ein Ort, der gesetzlich oder durch eine Dienstanweisung ausdrücklich hierzu bestimmt sst, fondern auch derjenige Ort zu verstehen sei, welcher sich zur zweckentsprechenden Aufbewahrung der betreffenden ürkunden eignet und hierzu auch stets ausersehen wird. Ferner entschied das Ober⸗Tribunal in derselben Unter⸗ suchungsfache, daß unter Beiseiteschaffung von Urkun⸗ den keineswegs eine für immer geschehene Entziehung zu ver⸗ stehen sei, es genügt vielmehr dem Wortlaute und dem Zwecke des Gesetzes nach auch eine zeitweilige Beseitigung, wenn dieselbe in der Absicht erfolgt, dem Berech⸗ tigten die Zugänglichkeit zu den betreffenden Urkun⸗ den zu entzieh en. — Der gesetzwidrig angestellte Kaplan K. zu E. (Westfalen) hatte die Kirchenbücher seiner Gemeinde ver⸗ borgen, um dieselben einer Konfiszirung Seitens des Staates zu entziehen, und entzog fie so eine Zeit lang der berechtigten Benutzung. Auf Grund des 5§. 133 des Strafgesetzbuchs an⸗ geklagt, wurde Kaplan K. vom Appellationsgericht zu Münster demgemäß verurtheilt. In der gegen dieses Urtheil eingelegten Nichtigkeiksbeschwerde betonte der Angeklagte, daß Kirchen⸗ bücher keine staatlichen Urkunden seien, daß für deren Auf⸗ bewahrung weder gefetzlich noch durch eine Instruktion ausdrück⸗ lich ein Ort bestimmt fei, und daß er die Kirchenbücher nicht für immer der öffentlichen Benutzung entziehen wollte. Diese Be⸗ hauptung wurde jedoch vom Ober⸗Tribunal als ungegründet zurückgewiesen, indem es unter Anderem ausführte: „die Kirchen⸗ bücher, mögen sie auch ursprünglich von der Kirche und zu den Zwecken der Kirche eingeführt sein, haben doch im Laufe der geschichtlichen Entwickelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat fast überall und insbesondere auch im preußi⸗ schen Staate ihren rein kirchlichen Charakter verloren und zugleich die Natur von bürgerlichen Standegregistern ange⸗ nommen, welche der Staat auch für seine Zwecke benutzt, auf deren Einrichtung und Führung er sich aber auch eben deshalb im Wege der Gesetzgebung und Verwaltung erheblichen Einfluß verschafft hat... Die Ansicht, als ob lediglich ein vom Gesetze oder doch mindestens durch eine Dienstanweisung ausdrücklich bestimmter Ort als ein zur amtlichen Aufbewahrung der Urkunden bestimmter Ort im Sinne des 5§. 133 angesehen werden dürfe, ist irrig; sie entspricht dem Zwecke wie dem Wortlaute des Gesetzes um so weniger, da daffelbe anstatt des im §. 106 des preußischen Strafge⸗ setzbuches fich findenden Ausdrucks „an einem öffentlichen Verwah⸗ rungsorte“ und anstatt des in dem 5. 118 des ersten Entwurfs des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund gewählten Ausdrucks „an einem dienstlich bestimmten Orte“ des dehnbaren Ausdrucks „an einem dazu (8e. zur amtlichen Aufbewahrung) bestimmten Orte“ sich bedient. Vielmehr kann als ein „dazu bestimmter Ort“ in Ermangelung eines Gesetzes oder einer ausdrücklichen Dienstanweisung auch derjenige Ort betrachtet werden, welcher nach Zweck und Wesen der betreffenden Urkunden von dem zur Aufbewahrung Verpflichteten dazu nothwendig auser⸗ fehen werden muß, wenn er seine Aufbewahrungspflicht gehörig erfüllen will, wobei es nicht ausgeschlossen ist, daß mehrere Orte alternativ als zur Aufbewahrung geeignet er⸗ scheinen. Der Appellationsrichter konnte deshalb im vorliegen⸗ den Falle ohne Rechtsirrthum annehmen, daß die Kirche und die Pfarrwohnung die zur Aufbewahrung der Kirchenbücher bestimmten Orte waren. Endlich ist auch der Vorwurf unbe⸗ gründet, daß der Appellationsrichter mit Unrecht eine Beiseite⸗ schaffung der fraglichen Bücher angenommen habe. Denn wenn⸗ gleich der Begriff des Beiseiteschaffens nicht durch eine jede, lediglich zum Zwecke eines blos vorübergehenden unbefugten Gebrauchs verübte Wegnahme der Urkunden von ihrem Verwahrungsorte er⸗ füllt wird, so verlangt derselbe doch auf der anderen Seite keineswegs eine für immer geschehene Entziehung; es genügt vielmehr dem Wortlaute wie dem Zwecke des Gesetzes nach auch eine zeitweilige Beseitigung, wenn dieselbe in der Abficht erfolgt, dem Berechtigten die Zugänglichkeit zu den be⸗ treffenden Urkunden zu entziehen. In diesem Sinne hat aber
der Appellationsrichter ein „Beiseiteschaffen“ festgestellt, indem
er sagt, daß die Kirchenbücher von dem Angeklagten von dem zur Aufbewahrung bestimmten Orte weg⸗ resp. bei Seite ge⸗ chafft seien und verheimlicht wurden.“
— Der General⸗Feldmarschall Graf von Roon ist auf seinem Rittergut Crobnitz in der Lausttz erk rankt. In dem Be⸗ finden desselben ist laut Meldung des W. T. B.“ aus Görlitz von gestern Nachmittag eine Besserung eingetreten und gegründete Aussicht auf Wiedergenesung vorhanden. Jedoch dürfte letztere nur langsam und allmählich vorschreiten.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrathe, Königlich baye⸗ rischer . ⸗Minister Br. von Fäustle, ist nach München abgereist.
— Ueber die auf der Schiffsbau⸗ und Maschinenwerkstatt „Vulcan“ bei Stettin in der Ausrüstung befindlichen Schiffe der Kaiserlichen Marine berichtet die „Ostsee⸗Ztg.“ aus Stettin: Das Panzerschif „Hansa“, welches, um gepanzert und mit Maschinen versehen zu werden, seit dem vorigen Herbst vor der Werft des „Vulcan“ liegt, ist jetzt soweitfertig gestellt, daß es am Donnerstag seine Fahrt nach Kiel antreten kann. Durch die Panzerung ist der Tiefgang der „Hansa“ um 6 Fuß größer geworden, so daß sie am Hintertheil durch Prähme gehoben werden muß, um über die flachen Stellen im Fahrwasser nach Swinemünde fortzukommen. Das Schiff kann deshalb auch seine eigenen (übrigens vollständig betriebsfaähigen) Maschinen auf dieser Tour nicht benutzen, son⸗ dern muß bis Swinemünde geschleppt werden. Die Seefertig⸗ stellung der Panzerfregatte „Preußen“, welche am 22. November vorigen Jahres auf dem „Vulcan“ vom Stapel lief, wird erst im nächsien Jahre erfolgen können. Ein kleiner Turbinendampfer „Rival“ ist für die ö Marine ebenfalls auf 36 ,,, erbaut und hat vor Kurzem seine Probefahrt gemacht.
Po sen, 2. Dezember. (W. T. B.) Dekan Kryger in Siemowo ist auf 6 Wochen inhaftirt worden, weil er sich ge⸗ weigert hat, den Namen des apostolischen Delegaten anzugeben.
Baden. Karlsruhe, 1. Dezember. Nach einer im heute ausgegebenen „Gesetzes⸗ und Verordnungsblatt“ veröffent⸗
lichten landesherrlichen Verordnung soll der Betrag des Schulgeldes an den Gelehrtenschulen, Realgymnafien und höheren Bürgerschulen jährlich 64 Mark und an den mit solchen Anstalten verbundenen Vorschulen jährlich 30 Mark nicht über- schreiten. Neben dem Schulgeld kann an ersteren Anstalten als Beitrag zur Bibliothek und Lehrmittelsammlung ein bei der erstmaligen Aufnahme von jedem Schüler zu entrichtendes Ein⸗ trittsgeld eingeführt werden, welches aber den Betrag von 4 Mark nicht uͤberschrelten darf. Innerhalb dieser Grenzen wird das Schulgeld sowohl als das Eintrittsgeld für jede Anstalt und Klasse, und zwar bei Realgymnasten und höheren Bürgerschulen nach Anhörung der Gemeindebehörde, von dem Ministerium des Innern festgesetzt. Für den Unterricht in den Gewerbeschulen wird in der Regel ein mäßiges Schulgeld entrichtet. Dasselbe soll bei der gewöhn⸗ lichen Einrichtung dieser Schulen nicht über den Betrag von monatlich 660 Pfennigen ansteigen. — Dasselbe Blatt enthält die Bekanntmachung, nach welcher die vom Schlusse des Schul⸗ jahres 1873,74 (einschließlich ab von den nichtbadischen deut⸗ schen Gymnasien ausgestellten Maturitätszeugnisse, wenn sie der unter den deulschen Regierungen vereinbarten Form für diese Zeugnisse entsprechen, als den badischen gleichgeltend anzu⸗ sehen find, und es daher für Baden einer ausdrücklichen An⸗ erkennung derselben im einzelnen Falle Seitens des Ministeriums des Innern ferner nicht bedarf.
Mecklenburg. Schwerin, 2. Dezember. Das von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog Friedrich Franz von Meclenburg⸗Schwerin dem Andenken der in dem Kriege 1870 —71 gebliebenen Mecklenburger auf dem Alten Garten hierselbst gefetzte Denkmal ist heute mit großer Feier⸗ lichkeit enthüllt worden.
Das Denkmal steht auf dem südlichen Theil des Alten Gartens, der Statue des Großherzogs Paul Friedrich gegenüber. Ueber einer geräumigen Freitreppe, auf deren Treppenwangen zwei der großen in Soissons genommenen Festungskanonen, die Se. Majestät der Kaiser dem Groß⸗ herzoge geschenkt, aufgestellt sind, erhebt sich ein vierseitiger granitner Sockel. Jede Seite trägt eine Namenstafel. Ueber dem Sockel steigt 65 Fuß hoch eine schlanke Säule von rothen schwedischem Granit empor, ausgehend in ein kunstvoll mit Bronze geschmücktes Kapitäl. Auf letzterem steht die bronzene Bildsäule ber Megalopolis, das siegreiche Schwert in der Rechten hoch er⸗ hebend, die Linke auf den Schild stützend. .
Die Namenstafeln tragen die Namen von 809 Mecklen⸗ burgern, welche in den Kriegsjahren 1370 und 1871 in Frank⸗ reich vor dem Feinde gefallen oder ihren Wunden erlegen (H44) oder an Krankheiten gestorben sind (265). Von dieser Ge⸗ sammtzahl haben 220 in dem mecklenburgischen Grenadier⸗Regi⸗ mente Nr. S9, 269 in dem mecklenburgischen Füsilier⸗Regimente Nr. 90, 92 in dem mecklenburgischen Jäger⸗Bataillon Nr. 14, 24 in dem 1. mecklenburgischen Dragoner⸗Regimente Nr. 17. 27 in dem 2. mecklenburgischen Dragoner⸗Regimente Nr. 18, 26 in der mecklenburgischen (3. Fuß⸗) Abtheilung des schleswig⸗ holsteinischen Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 9, (jetzt Nr. 24), endlich 151 in nichtmecklenburgischen Regimentern gestanden. 39 waren Offiziere, j7 Feldwebel und Vize⸗Feldwebel.
In Anlaß dieser militärischen Festlichkeit wurden zugleich den drei seit 1867 angesammelten Landwehr⸗Bataillonen Schwerin, Wismar und Rostock Fahn en verliehen. Gestern Nachmittag wurden dieselben in der Waffenhalle des Großherzoglichen Schlosses, unter persönlicher Betheiligung Ihrer Königlichen Ho⸗ heiten der Großherzogin und der Groößherzogin⸗Mutter, sowie der anwesenden fremden Militärs feierlich benagelt, darauf heute Vormittag in der Garnisonkirche geweiht und auf dem an die Kirche stoßenden Platze den Bataillonen übergeben.
Als Gäste Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs nahmen an der Enthüllungsfeier Theil die Generale, welche vor vier Jahren bei den Kämpfen vor Orleans unter dem Oberbefehl Sr. Königlichen Hoheit ein Kommando geführt, so wie die Bffiziere, die dem Stabe desselben angehört haben oder dem Hauptquartier attachirt gewesen sind. In diesen verschie⸗ denen Qualitäten waren anwesend der Königlich bayerische Ge⸗ neral der Infanterie Freiherr von der Tann⸗Rathsamhausen, der Königlich preußische General⸗Lieutenant von Tresckow, mit der Führung des JX. Armee⸗Corps beauftragt, im De⸗ zember 1870 stellvertretender Commandeur der 17. Division, der Marine⸗Minisier General⸗Lieutenant von Stosch, 1870 Chef des Generalstabs im Corps des Großherzogs, General⸗ Lieutenant a. D. von Wittich, 1870 Eommandeur der 22. Division, General⸗Lieutenant von Schmidt, 1870 Com⸗ mandeur einer Kavallerie⸗Diviston, General⸗ Lieutenant von Bredow, General⸗Lieutenant von Colomb, General⸗Major Freiherr von Kottwitz, jetzt Divistons⸗Commandeur in Stutt⸗ gart, 1870 Commandeur der 33. Brigade, General⸗Major von Kleist, 1870 Commandeur des 89. Regiments, General⸗Major. Dejaniez von Gisze zynski, 1870 Commandeur des 90. Re⸗ giments, Oberst Graf von Waldersee, Oberst Strempel, Oberst von Lewinski, Oberst⸗Lieutenant von Tiele⸗Winckler, Major von Kossel, Major Fischer, Major Graf von Schlieffen, Major am Ende, Major Freiherr von Esebeck. Adjutant des Herzogs von Sachsen⸗ Altenburg, Lieutenant Freiherr von Egloffstein, Adjutant des Herzogs von Sachsen⸗Altenburg, der Johanniter⸗ Ritter Freiherr von Maltz ahn⸗Vollrathsruhe, Geheimer Kriegs⸗ rath Intendant von Schwedler, Ober⸗Stabsarzt Dr. Schilling, Justiz⸗Rath Ober⸗ und Corps⸗Auditeur Michelis, Hauptmann von Vietinghoff, Hauptmann von Leithold, Rittmeister von Kleist, Rittmeister von Kotze, Hauptmann von Rössing, Haupt⸗ mann Fleck, Hauptmann Asch, Lieutenant Graf von Arco, Lieutenant Stengel, Lieutenant Graf von Pückler, Lieutenant Keding.
Von fremden Fürstlichen Personen betheiligten sich Se. Hoheit der Herzog von Sach sen⸗Altenburg, der 1870 auch im Hauptquartier Sr. Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs verweilte, und Se. Durchlaucht der Prinz Günther von Schwarzburg-Rudolstadt, Bruder der Groß⸗ herzogin.
Die Feierlichkeit begann mit einem Choral der Militär⸗ musik. Hierauf hielt Pastor Cössel aus Güstrow, der 1870 die mecklenburgischen Truppen als Feldprediger begleitet hatte, eine ergreifende Rede. Am Schluß derselben fiel unter be⸗ geistertem Jubelruf, unter Kanonendonner und Glockengeläute die Hülle, welche bisher den Sockel und die an demselben befind⸗ lichen Namenstafeln den Blicken entzogen hatte. Der Großherzog und seine glänzende militärische Begleitung begab sich auf die obere Plattform des Denkmals, während das bisher dem Denk⸗ mal gegenüber aufgestellt gewesene Militär (die einzelnen Trup⸗ pentheile sind oben genannt) sich zum Vorbeimarsch formirte. Se. Königliche Hoheit der Großherzog stellte sich selbst an die Spitze der Truppen und führte sie an dem Denkmal vorüber,
so den tapferen Todten die letzte Ehre erweisend.
In einer offenen Tribüne wohnten Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzogin und Großherzogin⸗Mutter der Feier⸗ lichkeit bei.
Oldenburg. Aus dem Fürstenthum Lübeck, 2. Dezem⸗ ber. (S. N.) Bie Großherzogliche Regierung hat zur Aus⸗ führung einer in dem Schulgesetze vom 15. Januar 1873 vor⸗ gesehenen Bestimmung ein Regulativ über die Dispens ation vom Besuch der Volksschule erlassen. Danach dürfen in Zukunft Dispensationen vom Schulbesuche im Sommerhalb⸗ jahre während 20, im Winterhalbjahre während 10 Tage von dem Schul⸗Inspektor im Einverständniß mit dem Lehrer
für das Winterhalbjahr nur in dringenden Nothfällen, für das
Sommerhalbjahr auf höchstens drei Monate ertheilt werden, jedoch nur dann, wenn das elfte Lebenjahr zurückgelegt ist, oder das Kind eine Bildungsstufe erreicht 6 wie sie nach den Grund⸗ linien für die Lehrpläne der Volksschule bei seinem Eintritt in die Oberklasse von dem Schüler gefordert wird. Dispensationen zum Antritt eines Dienfstes sind niemals im Interesse der Dienst⸗ herrschaften, sondern lediglich dann zu ertheilen, wenn die Dürftigkeit der betreffenden Familie so groß ist, daß anzunehmen steht, dieselbe werde in Noth gerathen, wenn die Dispensation versagt würde.
Anhalt. Dessau, 1. Dezember. (Anh. St.⸗A.) Se. Majestät der Kaifer und König haben eine Einladung Sr. Hoheit des Herzogs von Anhalt zu einer Jagd anzunehmen geruht. Se. Majestät werden mit Ihren Königlichen Hoheiten den preußischen Prinzen, dem Prinzen August von Württemberg
und andern Hohen Gästen am 12. Dezember um 1096 Uhr auf
einem Extrazuge hier anlangen und von Sr. Hoheit dem Her⸗ zoge am hiesigen Bahnhofe empfangen werden. Hochderselbe wird mit dem hiesigen Jagdgefolge sofort einsteigen und der Kaiserliche Zug wird nach dem Biendorfer Schlosse fahren, wo ein Dejeuner eingenommen wird. Die Jagd selbst wird darauf aus zwei Treiben auf Hasen bestehen. Nach derselben werden Se. Majestät und Se. Hoheit der Herzog mit den Hohen Gästen auf dem Jagdterrain den Extrazug besteigen, der gegen 4 Uhr in Dessau ankommt. Darauf findet im großen Saale des Her⸗ zoglichen Residenzschlosses um 5t Uhr ein Diner statt, nach wel⸗ chem Se. Majestaͤt um 8 Uhr mit den Königlichen Prinzen nach Berlin zurückreisen wird.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 2. Dezember Die „Goth. 3.“ veröffentlicht folgendes Dankschreiben des Staats⸗Ministers Frhr. v. Seebach:
Es hat mir der gestrige Tag so zahlreiche Beweise wohlwollen⸗ der Theilnahme aus allen Kreisen der Bevölkerung der beiden Her⸗
zogthümer gebracht, daß es mir unmöglich gewesen ist und auch für
die nächsten Tage unmöglich sein wird, für jeden einzelnen derselben besanders zu danken. Sei es mir daher gestattet, allen Denen, die mir in irgend einer Weise die Freude des schönen 6 erhöht haben, meinen herzlichen und tief empfundenen Dank auf diesem Wege auszufsprechen. Gotha, den 2. Dezember 1874. . ; v. Seebach.
— Die Gesetz⸗Sammlung enthält eine Verordnung, betreffend die Ueberleitung der Lan des-Schul-Angelegen⸗ heiten auf die Regierung und die in Folge dessen nothwendig werdende anderweitie Organisation der oberen Verwaltungs⸗
behörden.
Waldeck. Arolsen, 1. Dezember. Das Fürstl. Wal⸗ deckische Reg. Bl. veröffentlicht folgende Verordnung, betref⸗ fend die Organisation der Disziplinar⸗Behörden für die Lehrer und die Beamten an den öffentlichen Unterrichts⸗Anstalten in den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen zc.
verordnen in Gemäßheit des zwischen Preußen und Waldeck-Pyr⸗ mont geschlossenen Vertrages vom 18. Juli 1867, betreffend die Ueber- tragung der Verwaltung der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont an Preußen (Ges. Samml. für die Preußischen Stagten, 1868, S. 1, Fürstlich Waldeckisches Regierungsblatt, 1867, S. 133) auf den An⸗ frag Unseres StaatsMinisteriumz für das Gebiet der genannten Fürstenthümer, was folgt:
Art. J. Die Bestimmungen der Verordnung vom 18. Januar 1869, betreffend die Organisation der Disziplinarbehörden in den Färstenthümern Waldeck Und Pyrmont (Ges. Samml, für die Preu—⸗ sischen Staaten von 1869, S. 209, Fürstlich Waldeckisches Regierungs⸗ blatt von 1869, S. 15) finden hinsichtlich der an den öffentlichen Unterrichtsanstalten angestellten Lehrer und Beamten mit den in den k Artikeln II. und III. enthaltenen Maßgaben Anwen⸗
ung.
Art. II. In den im Artikel der Verordnung vom 18. Zanugr 1869 bezeichneten Fällen tritt an die Stelle der in dem Staatsdienst⸗ gesetz vom 9. Juli 1855 (Fürstlich Waldeckisches Regierungsblatt S. 191) angegebenen Behörden, insbesondere auch der Ober⸗Schul⸗ Eee und ihres Vorsitzenden, Unser Provinzial⸗Schulkollegium zu
assel.
Art. III. Unser Provinzial⸗Schulkollegium zu Cassel bildet das Disziplinargericht erster Instanz, insofern der Beschuldigte nicht von Uns angestellt oder bestätigt ist.
Art. J7. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündi⸗ gung in Kraft. .
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Berlin, den 2. November 1874.
Wilhelm. Camphausen. Gr. Eulenburg. A. Leonhardt, Falk. G. v. Kameke. Achenbach. Friedenthal. Der Landes ⸗Direktor. . v. Sommerfeld.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 2. Dezember. Der Kaiser wird, wie der ‚P. Lloyd“ vernimmt, übermorgen Gödöllö ver⸗ lassen, um sich nach Wien u begeben und dort der Prüfung beizuwohnen, die der Kronprinz Rudolf vor einem großen Kreise von Fachmännern am 5. k. M. ablegen wird.
— Das ,, veröffentlicht das Schluß⸗ protokoll vom 9. G1.) Juni 1874 der zu Warschau versam⸗ melten internationalen Kommission, betreffend die Theilung der unbeweglichen Güter und Kapitalien der bestandenen Krakauer Diözese und die Liquidirung anderer auf die Konvention vom I7. (29) April 1828 gegründeten Reklamationen, unterzeichnet zu Warschau am 9. (21.) Juni 1874, auf Grund Allerhöchster Entschließung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Apostolischen Majestãt vom 29. April 1874.
— Der vom Abg. Dr. Brestl verfaßte Bericht des Budgetausschusses des österreichischen Abgeordnetenhauses über den Staatsvoranschlag für 1875 gelangte bereits zur Ver⸗ theilung. Die Voranschläge der Regierung sind im Wesentlichen gutgeheißen. Die Ausgaben sind um 1467), 762 Fl. niedriger angesetzt. Das wirkliche Defizit stellt fich auf 139090, 166 8.
Prag, 2. Dezember. In Ausführung des §. 15 des böh⸗ mischen Landesgesetzes vom 27. Oktober 1868, womit die grund⸗ säͤtzlichen Bestimmungen zur Regelung des Kurwesens in
nachdem nun an mehreren Stellen derartige Kurse zur Heran⸗
den Kurorten Karlsbad, Marienbad, Franzenbad und Teplitz Schönau vorgezeichnet sind, wie das Prg. Abendbl.“! mit⸗ theilt, nunmehr die Normen darüber festgestellt worden, welche besondere Vertretung in den bezüglichen Gemeindeorganen die⸗ jenigen Interessenten zu finden haben, die als Eigenthümer der Quellen und Badeanstalten bisher in der Kurkommission ver⸗ treten waren. Darnach wird denselben bei der Berathung aller Kurangelegenheiten in den Sitzungen des Gemeindeausschusses, oder des zur Besorgung der Kurangelegenheiten etwa besonders aufgestellten Organes eine auch durch Bevollmächtigte vertretbare Virilstimme eingeräumt, und müssen dieselben von der Anbe⸗ raumung einer jeden Sitzung, in welcher Kurangelegenheiten zur Verhandlung gelangen, unter Bekanntgabe der bezüglichen Pro- grammspunkte rechtzeitig verständigt werden. Doch kommt diesen Personen, wenn sie bereits Mitglieder des die Kurangelegen⸗ heiten berathenden Gemeindeausschusses sind, ein weiteres Stimm⸗ recht, d. h. eine zweite Stimme nicht zu. Pest, 1. Dezember. Der Steueraus schuß begann die Berathung über die Besteuerung der Aktiengesellschaften und . . ,, , — das Durchschnittserträgniß der etzten drei Jahre. e für Materialabnützung abgeschrie Beträge werden nicht besteuert. n n,,
Großbritannien und Irland. London, 1. Dezember. Die Prinzessin von Wales trat heute in ihr 30. Lebens⸗ jahr. Das freudige Ereigniß wurde in London und Windsor durch die üblichen Ehrenbezeugungen festlich begangen. — Die Großherzogin von Mecklenburg⸗Strelitz stattete gestern der Königin in Windsor einen Besuch ab.
== In Dem Befinden des an der Gicht leidenden Premier⸗ Ministers Disraeli ist eine beträchtliche Besserung eingetreten. Er war gestern zum ersten Male seit einer Woche im Stande, sein Zimmer zu verlassen.
Der durch das Ableben des Generals Sir Frederie Smith erledigte Posten eines Ceremonienmei sters (Gentleman Usher) am Hofe ist, wie die Morgenblätter melden, Herrn Leopold EGust, einem Sohne des Generals Sir Edward Cust, übertragen worden.
Der Lordmayor der City von London sowie die Sheriffs von London und Middlesex werden sich in Folge erhal⸗ tener Einladungen Anfangs Januar nach Paris begeben, um der feierlichen Eröffnung des neuen Opernhauses beizuwohnen.
Frankreich. Paris, 1. Dezember. Die parlamen⸗ tarischen Vereine hielten heute wieder Versammlungen. Das rechte Centrum ernannte zu seinen Vize⸗Präsidenten Batbie, Callet, Delsol und Lambert Saint Croiz. Der Präsident des Vereins, Bocher, hielt eine Rede, worin er die Nothwendigkeit des Zusammenhaltens der ganzen Rechten betonte, während Audiffret⸗Pasquier für ein Zufammengehen mit dem linken Centrum gesprochen hatte. Im linken Centrum erklärte Casimir Perier sich für eine abwartende Haltung der Rechten gegenüber.
— Der Ober⸗Unterrichtsrath nahm vor zwei Tagen den Antrag des Bischofs von Angers, Msgr. Freppel, an, wo⸗ nach der Rath eine Art von Oberaufsicht über den ganzen öffentlichen Unterricht in Frankreich übernehmen soll. Eine Kom⸗ mission von fünf Mitgliedern wurde ernannt, um die Art und Weise festzustellen, wie das System in Ausführung gebracht werden soll.
— 2 Dezember. (W. TZ. B.) Die vielfachen Gerüchte darüber, daß die Frage betreffs Organisation der öffentlichen Gewalten zu Meinungsverschiedenheiten im Schooße des Mini⸗ steriums Anlaß gegeben habe, werden der „Agence Havas“ zu⸗ folge an zuständiger Stelle als unbegründet bezeichnet.
Die Botschaft des Marschall-Präsidenten an die Natio nalversammlung ist heute Morgen festgestellt worden, dieselbe soll in der morgenden Sitzung zur Vorlefung kommen.
Versailles, 2. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung sprach der Präsident Buffet seinen Dank für die ihm zu Theil gewordene Wahl aus, und gab im Verlaufe seiner Rede der Erwartung Ausdruck, daß die Parteien eine versöhnliche Haltung gegen einander be— wahren würden. Schließlich sprach der Präsident die Hoffnung aus, daß es der Versammlung mit Gottes Hülfe gelingen werde, ihre Mission nach jeder Richtung hin zu erfüllen. Der Herzog von Audiffret⸗Pasquier frechtes Centrum) wurde mit 288 Stimmen zum vierten Vize⸗Präsidenten erwählt. Rampon (inkes Centrum) erhielt 251 Stimmen. Die Versammlung nahm hierauf das Gesetz über die Reorganistrung der Cadres der Armee in erster Lesung an. Am nächsten Sonntag werden in den Kirchen anläßlich des Wiederzusammentrittes der Natio⸗ nalversammlung öffentliche Gebete stattfinden.
Rußland und Polen. St. Peters burg, 1. Dezember. Das Ministerium des Innern hat, nach der, M. 3.“, in diesen Tagen die Frage entschieden, auf welche Weise diejenigen Personen zur Ableistung der Dienstpflicht herbeigezogen wer⸗ den sollen, welche hrem Alter nach dienstpflichtig sind, aber bereits im Militärdienst gestanden haben und mit Offiziersrang verabschiedet worden sind. Es ist entschieden worden, daß solche Personen auf allgemeiner Grundlage zur Loosung herbeizuziehen sind, ohne aber persönlich das Loos ziehen zu müssen. Wenn das Loos zum Eintritt in den Dienst auf sie fällt, sind sie in⸗ dessen sofort mit Offiziersrang in die Reserve einzutragen. Sie werden dabei aber als zum Rekrutenkontingent ihres Einberu⸗ fungsbezirks gehörig betrachtet. Zugleich ist der Militär⸗Ober⸗ behörde und dem Generalstab darüber zu berichten, damit die Scheine zur Beurlaubung in die Reserve ausgeschrieben werden können. Wenn sich die in Rede stehenden Personen indessen nicht der Loosung unterziehen wollen, werden sie in eine Er⸗ gänzungsliste eingetragen und ebenfalls als Offiziere der Re⸗ serve zugezählt.
— Im Laufe des nächsten Monats wird aus der unter Leitung des St. Petersburger Damen⸗Lazareth⸗Comites stehenden Schule zur Heranbildung von Feldscherinnen die erste Ent⸗ lassung. der 14 Zöglinge der oberen Klasse (nach Beendigung des dreijährigen Kurses) stattfinden. Indem die St. Peters⸗ burger Hauptverwaltung der Gesellschaft zur Pflege verwundeter und kranker Krieger dies bekannt macht, fordert sie die Land⸗ ämter und sonstigen Behörden auf, sofern bei ihnen ein Bedürf⸗ niß nach Feldscherinnen vorliegt, und sie geneigt wären, eine oder mehrere derselben bei sich anzustellen, der Sauptverwaltung hierüber rechtzeitig Mittheilung zu machen mit gleichzeitiger An— gabe der Bedingungen, unter welchen die Anstellung erfolgen könnte. Gleichzeitig macht die Hauptverwaltung bekannt, daß,
bildung von Feldscherinnen ins Leben gerufen worden sind, zu hoffen steht, daß nunmehr alljährlich Entlassungen ausgebildter Feldscherinnen stattfinden können. Es werden demnach hinfort
— Wie die offizielle „Turkestansche Zeitung“ meldet, hat sich General Lomakin vorgenommen, vom Flusse Atrek und dem Kleinen Balkan aus eine Rekognoszirung auszuführen, um der unter den Teke⸗Turkmenen herrschenden Agitation ein Ende zu machen. Mit dieser Mission sollen zwei Kolonnen be⸗ traut werden, von denen die eine von Tschikischljar und die andere vom Michailowschen Golf aus vorgehen sollen. Der Kommandirende im Trans kaspischen Gebiet hofft, daß diese Re⸗ kognoszirung auf die Teke⸗Turkmenen Eindruck machen werde. Diese Kolonnen würden von ihren Stützpunkten aus auf 100 bis 120 Werst vorgehen und dadurch den Beweis liefern, daß die russischen Truppen im Stande sind, zu jeder beliebigen Zeit in den Lagerstätten der Nomaden zu erscheinen.
— Am 11. November starb zu Peterhof der General⸗ Lieutenant K. v. Wenzel, einer der verdienstvollsten General⸗ stabs⸗ Offiziere Rußlands. Am 23. Juli 1797 zu Witebsk geboren, wo sein Vater lutherischer Prediger war, trat er 1814 in das Spezial⸗ Corps (Vorschule zum Generalstabe) ein, wurde 1820 Seconde⸗ Lieutenant der Suite des Kaisers Alexander, bei dessen Tode er in Taganrog zugegen war; 1829 Stabs⸗Kapitän, machte er den türkischen Krieg und den Uebergang über den Balkan, desgleichen in Polen die Schlacht bei Ostrolenka und den Sturm auf Warschau mit; 1834 Oberst, 1839 Inspektor der Vermessung der Kron⸗ k 1851 Gouverneur von Irkutsk, seit 1859 Mitglied
enats.
Dänemark. Kopenhagen, 30. November. Nach län⸗ gerer Pause hielt das Folkething heute wieder eine Sitzung, in welcher zunächst die vierwöchentliche Neuwahl der Beamten des Thinges vorgenommen wurde. Zum Präsidenten wurde Hr. Krabbe wieder mit 59 von 64 gültigen Stimmen gewählt. Vize⸗ Präsidenten wurden Högsbro mit 47 von 56 und J. A. Hanfen mit 46 von 556 Stimmen. Es wurde darauf ein Ausschuß von LI. Mitgliedern zur Prüfung des von Mitgliedern der sog. Mittelpartei, also nicht von der Linken, eingebrachten Gesetzent⸗ wurfs, betreffend Veränderung des Kronzehnten in natura in eine Geldabgabe gewählt. Die Zehnten werden weniger in Jütland, als auf den Inseln, noch zum Theil in natura erlegt. Es wurde darauf in zweiter Behandlung der Regierungs⸗ gesetzentwurf. betreffend Ermächtigung an die Kom⸗ mune in Aarhuus auf ungestempeltem Papier Partial⸗ Abligationen einer Anleihe von 200000 Thlr. R. M. für dortige Hafenbauten auszustellen berathen. Es sollte danach auch die erste Behandlung der zwei eingebracht n Privatgesetzentwürfe, betreffend Unterstützungskassen für Dürftige, welche nicht der Armenversorgung unterliegen, vorgenommen werden, die Vorlagen wurden jedoch von der Tagesordnung ab⸗— gesetzt, weil die Minister, da gleichzeitig ein Staatsrath abgehalten wurde, nicht zugegen sein konnten. Von dem Abg. Kapitän Jagd wurde eine Interpellation an den Justiz⸗Minister ange⸗ meldet, welche das Gesindegesetz betrak?.
Amerika. Der „Times“ wird aus Washington vom 2. Dezember gemeldet, die Botschaft des Präsidenten Grant an den Kongreß, die am nächsten Montag zur Verlesung gelange, werde abermals die Nothwendigkeit be— tonen, die Zahlung in Metall wieder aufzunehmen. Außer⸗ dem werde in der Botschaft zu Neubauten bei der Marine aufgefordert und ferner anempfohlen, die Einfuhr von ausländi⸗ schen Rohprodukten in das Unionsgebiet entweder ganz zollfrei oder wenigstens zu ermäßigten Zollsaͤtzen zu gestatten. Auch in dem Berichte des Schatzsekretärs wird hervorgehoben werden, daß die k der Zahlungen in Metall dringend wünschens⸗ werth sei.
— Nach in New Jork eingegangenen Melzungen aus Kuba hat ein spanisches Kanonenboot 21/9 Meilen von der kubanischen Küste einen englischen Schooner aufgebracht.
Afrika. Dem arabischen Journale al Sawaäih“ zufolge wird der Sultan von Zanzibar im nächsten Frühjahr Eng⸗ land besuchen. Die britische Regierung hat ihm die Versicherung ertheilt, daß er mit der seinem Range und seinen Verdiensten gebührenden Ehre und Achtung empfangen werden würde.
Australien. Aus Sidney wird vom 30. November telegra⸗ phirt, daß das Ministerium von Neu⸗Süd⸗Wales eine Niederlage erlitten hat, in Folge dessen der Gouverneur das Parlament auflöste.
— New⸗Rorker Zeitungen hatten vorige Woche gemeldet, daß eine Revolte auf den Fidschi⸗Inseln ausgehrochen sei, weil viele Häuptlinge mit der Annexion unzufrieden seien. Eine Depesche aus Melbourne vom 30. November bezeichnet diese Angaben als unwahr. Alles nehme seinen günstigen Fortgang auf den Inseln. König Cacabau — wird hinzugefügt — ist in Ihrer Majestät Schiff „Dido“ in Sidney angekommen und wird in Kurzem auch Melbourne besuchen.
Nr. 23 des Marine⸗-Verordnungs⸗Blgtts“ hat folgen⸗ den Inhalt: Abändeaungen der Reglements über die Geldver— pflegung der Marine im Frieden und über Schiffverpflegung. — Normalpreise für Bekleidungsstücke. — Abkürzung des Wortes Mark.“ — Bestimmungen über die Konservirung der Taucherapparate an Bord S. M. Sch Zie. — Markirung der Ankerketten.
— Die Nr. 4 des Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗ Telegraphen⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügun⸗ en: Vom 26. November 1874: Abänderung des Betriebsreglements. om 27. November 1874: Ermittelung des Einheitssatzes der für Telegraphirungsgeschäfte zu gewährenden Nebenvergütung bei den selbständigen Stationen pro IV. Quartal 1874.
Neichstags⸗ Angelegenheiten.
Berlin, 3. Dezember. In der Sitzung des Deutschen Reichstags am 1. d. M. entgegnete der Bundesbevollmächtigte Staats⸗Minister v. Stosch in der ersten Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Marineanleihe ꝛ(., 36 Abg. v. Seint⸗Paul⸗Illaire, welcher die langsame Ausführung des Flottengründungsplans bedauert hatte:
Ich will nur den eben ausgesprochenen Urtheilen gegenüber, die ja gewissermaßen von kompetenter Seite kommen, eine Rechtferti⸗ gung dessen geben, was in den vergangenen Jahren geschehen ist. Der Flottengründungsplan ist entworfen Ende des Jahres 1872, und in Folge dessen ist das Jahr 1873 als vollleistungsfähig angenom⸗ men worden; der Nachtragsetat für 1873 ging aber erst im Juli 1873 aus den Verhandlungen hervor, es wurden also auch die Sum—⸗ men erst damgls disponibel, und dg jede Arbeit eine sehr bedeutende Vorarbeit erfordert, kamen die Mittel vor dem Jahre 1874 nicht zur Verwendung. Das Geld, waz für Schiffsbauten ange wendet worden ist, hätte — das ist nicht zu leugnen — in erhoͤh⸗ terem Maße, ausgegeben werden können, wenn wir die eng⸗ lische Industrie voll in Anspruch genommen hätten. Der Bau von
zu jeder Zeit Gesuche wegen Ueberweisung von Feldscherinnen von der Hauptverwaltung entgegengenommen werden.
Wege, als durch den jährlich zunehmenden Ersatz und den immer fortschreitenden Gang der Ausbildung nicht geschehen konnte, wobei das Uebermaß an Leuten nur schlecht ausgebildet würde, und wobei es unmöglich ist, jedes Jahr eine so große Zahl von Offizieren neu zu beschaffen und auszubilden, wie ein solcher forcirter Schiffsbau erfordert hätte. Das Maß, bei welchem die Ausbildung des Perso⸗ nals erfolgen konnte, das allein mußte bestimmen, wie viel Schiffe gebgut würden, und danach ist gehandelt worden. Ich glaube, daß in Betreff der Ausbildung des Personals alle Kräfte bis zum Ueber—⸗ maß verwendet worden find, und daß da Niemand einen Vorwurf der Nachlässigkeit wird aussprechen können.
Was den Hafenbau anbetrifft, so ist es ja auch hier selbstredend, daß es eine lokale Thätigkeit ist, bei der man ein Fahr, das durch Hinausschiebung des Etats nöthig wurde, nicht nachholen kann. Man kann im Wasser nur langsam bauen und muß dem Raume, auf dem gebaut wird, Rechnung tragen. Eg ist, nachdem einmal das Geld bewilligt und alle Pläne danach festgestellt waren, mit der ganzen Lebendigkeit gebaut, die möglich war. Es sind so viel Arbeiter und Kräfte ange—⸗ setzt, als zulässig sind. Hiernach also muß der ganze Flottengruͤn⸗ dungsplan nothwendig um ein Jahr hinausgeschoben werden, weil der Etat um ein Jahr später gekommen ist.
Was nun das Material selbst betrifft, so würde im nächsten Frühjahr, eventuell im nächsten Sommer, die Marine mit einer doppelten Zahl von Panzerschiffen auftreten können. Daß dieselben schon proj ktirt und angefangen waren, als ich das Amt antrat, hat der Herr Vorredner richtig gesagt. Ein gutes Schiff braucht drei Jahre, um es fertig zu bringen, die größeren Schiffe oft mehr, und so lange unsere Werften so beschränkt waren, wie früher, brauchten die Bauten bei Kaiserlichen Werften ein Jahr mehr, als bei Privat— werften. Die Privatwerften sind aber in dem Maße in An⸗ spruch genommen worden, wie sie sich selbst leistungsfähig er⸗ klärten. Es ist auf den Wunsch des Hauses von der Admiralität vermieden worden, in England zu bauen, sobald in Deutschland die Bauten möglich werden. Es ist nicht zu leugnen, daß die deutschen Bauten etwas mehr Zeit brauchten; aber es handelt sich dabei um Monate, welche auf den Winter fallen, also die Schlagfähigkeit der Marine nicht begrengen.
Was nun den Schiffbau anbetrifft, der von der Admiralität ein- geleitet worden ist, so sind es die beiden Panzerkorvetten, die der
err Vorredner erwähnt hat, und die beide im Bau sind. Daß der
lan eines solchen Schiffes, welches, wie gesagt, neu ist und noch von keiner anderen Marine nach demselben Modell gebaut ist, Zeit braucht, bis er die verschiedenen Stadien der Berathung und Auerken—⸗ nung von technischer und maritimer Seite durchgemacht hat, ist selbst⸗ redend, und ich glaube, es ist viel, daß die Admiralität im Anfang dieses Jahres vollständig einig mit sich war über das, was sie wollte, und was sie für das richtige hielt. Ich glaube nicht, daß es eine andere Marine Europas giebt, die darin weiter und ent— schiedener hätte vorgehen können. Es sind in diesem Jahre nicht die zwei Panzerkorvetten eingestellt worden, welche im Flottengründungs—⸗ plan vorgesehen waren, weil das Bedürfniß nach leichteren Korvetten, die den politischen Sicherheitsdienst in entfernteren Meeren zu thun hätten, ein so lebendiges war, daß diesem Bedürfniß, zumal bei der vorhandenen Aussicht auf Frieden für das nächste Jahr, vor— weg Genüge geschehen mußte. Vergessen Sie nicht, meine Herren, daß 5 Millonen Deutsche über die Erde verstreut leben, und daß es fast keinen Hafen der Welt giebt, in dem nicht Deutsche wohnen und deutsche Ansprüche auf Unterstützungen machen, seitdem Deutschland ein großes Land und eine Kraft der Welt geworden ist. Ich glaube, es ist die erste Pflicht, diesen Forderungen, die aus un⸗ seren eigenen Handlungen hier in der Heimat entspringen, zu genügen, und deshalb sind die beiden leichten Korvetten vorangestellt, ohne daß der Bau der beiden anderen aufgegeben ist. Es wird auch die An schaffung von Material, die Feststellung der Baustellen u. s. w. so weit eingeleitet, daß mit dem Beginne des nächsten Etatsjahres auch die Geldmittel dafür gleich zur Verwendung kommen.
Was nun die Bemerkung anbetrifft, daß der Monitor aus dem Entwurf ausgeschieden ist und dafür drei Kanonenboote eingesetzt, so will ich aussprechen, daß auch ich den Flottengründungsplan mehr für eine Studie, als für einen festen Anhalt ansehe. Der Flotte'gründungs⸗ plan giebt die Schlagfähigkeit, die gefordert wird; wie die zu erringen ist, das hängt doch entschieden von dem Laufe der Entwickelung der Marine, der Kenntnisse, der Erfindungen, dem Bau der Maschinen u. s. w. ab, und dies macht sich gerade bei diesem Schiff, dem Mo⸗ nitor⸗ geltend. Der Monitor ist nach meiner Ansicht ein veraltetes Schiff und ein veraltetes Projekt. Es hat viel mehr defenstve, sehr viel mehr lokale Bedeutung, als eine kleine Marine eigentlich
auf ein Schiff verwenden darf. Der Ersatz desselben durch drei Kangnenboote ist hier deshalb, gefordert worden, weil wir im Torpedowesen soweit vorwärts gekommen sind,
daß wir im Stande sind, jeden Hafen mit dem allein zu vertheidigen, und daß wir die Kanonenboote eingesetzt haben, um der Torpedo⸗ vertheidigung, die ja mehr oder minder lokal ist, eine lebendigere Vertheidigung zuzugesellen; und da diese Kanonenboote mit den schwersten Geschützen armirt werden sollen, die man heute konstruiren kann, so glaube ich, daß sie in Verbindung mit dem Torpedowesen mehr als das leisten, was hier der einzelne Monitor leisten soll. Es ist auch noch die Ansicht ausgesprochen worden, daß die Ver⸗= schiebung der Beschaffung ökonomisch falsch gewesen sei, weil die Preise sich gesteigert haben. Ich muß nach den neuesten Erfahrungen das Gegentheil behaupten. Hätten wir im vorigen Jahre alle die Bestellungen gemacht, welche der Flottengründungsplan und das vor⸗ handene Geld gestatteten, dann hätten wir viel, viel theurere Preise be⸗ ,. als wir bei den heutigen Unternehmungen zu bezahlen nothwendig haben,
Was die mehr angesetzte Artillerie betrifft, so möchte ich darüber nur das eine noch sagen, daß es das Bedürfniß war, diese . die immer größer an Bedeutung werden, auch im Falle eines Krieges von der Landseite aus zu vertheidigen, und daß. da das, Kriege⸗Mi⸗ nisterium nicht im Stande war, dem hier gefühlten Bedürfnisse zu genügen, die Admiralität genöthigt war, diesin Posten im Etat ein- zufügen. Eine Verminderung der Entwickelung des Matrosen⸗Corps oder der Zahl des ganzen Personals, welches für die Schiffe noth⸗ wendig ist, war nicht beabsichtigt.
— Dem Reichstag ist folgender Entwurf eines Gesetz es, ele die Einführung von Reichsgesetzen in Elsaß⸗Lothringen, vorgelegt worden:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König . ö 2. Deus ö
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmun
des D . und des Reichstags, was folgt: ;
Die Wirksamkeit der anliegenden b er , nämlich:
LD des Gesetzes vom 16. Mai 1869, betreffend die Einführung von Telegraphen⸗Freimarken,
2) des Gesetzes vom 4 Mai 1870 betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im . s 223 .
des Gesetzes vom 27. Juni 1871, betreffend die Pensioni⸗ rung und ö der Militärpersonen des . der Kaiserlichen Marine, sowie die Bewilligungen für die Hinter⸗ bliebenen solcher Personen, ;
des Gesetzez vom 12. Mai 1873, betreffend das Aufgebot nnd die Amortisation verlorener oder vernichteter Schuldurkunden des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs,
5 9 h , we, . . ö. Abände⸗ rungen deg Gesetzes über da osttarwesen im Gebiete des Deutschen Reichs, vom 25. Oktober 1871, wird hierdurch auf Elsaß Lothringen ausgedehnt; jedoch gilt das vore⸗ stehend zu 3 bezeichnete Gesetz vom 27. Juni 1871 daselbst nur mit denjenigen Maßgaben, welche sich aus dem Gesetze vom 4 April 1874, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen des Gesetzes vem 27. Juni 1871 über die Pensionirung und Versorgung der Militär⸗
Schiffen aber konnte zu nichts führen, wenn es nicht auch gelang das Personal in derselben Art zu entwickeln, was auf einem anderen
personen ꝛc. (Reichs⸗Gesetzbl. S. 25), ergeben. Urkundlich ꝛc. Gegeben ze. z