1874 / 289 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Dec 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Unterärzte vom Landw. Bezirk München, Dr. Angerer Reserve⸗ Unterarzt vom Landw. Bezirk Würzburg, Dr. Schmitz, Res. Unter- arzt vom Landw. Bezirk München, Dr. Lenzmgnn, es. Unterarzt vom Landw. Bezirk Würzburg, Dr. Leineweber Res. Unterarzt vom Landw. Bezirk Munchen, Beck, Res. Unterarzt vom Landwehr Bezirk Ingolstadt, zu Res. Assist. Aerzten 2. Kl. ernannt. Deamte der Militär -Berwaltung. Durch Allerhöchste Verfügung.

Den 18. November. Gailhofer, Verwalt. Assist. vom Montlrungs⸗Depot Ingolstadt, auf 3 Jahre in den Ruhestand versetzt.

Den 28. Ro vember. Fluhrer, Zahlm. vom 2. Chevauleg. Regt, mit Pens. zur Disp. gestellt.

ken lich Braunschweigisches Kontingent. ö Portepee⸗Fähnriche zꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im stehenden Seere. Den 3. Dezember. Rubel, Maj. vom Inf. Regt. Nr. 92,

um Foömmdr des Füf. Bats. obigen Regt, v. Swech t, überzähl.

aj. vom Inf. Regt. Nr. 2, zum etatsmäß Stabs⸗Offiz. im obigen Regt, ernannt. Winter, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 2, zum Hauptm. und Comp. Chef, Wirk, See. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 92, 6 Pr. Lt., letztere beiden mit Patent vom 3. Dezember 1874 efördert.

Abschiedsbewilligungen.

Im stehenden Heere. ö Den 3. Dezember. v. Paczinsky, Maj. Commdr. des Füs. Bats. Inf. Regis. Nr. H, mit der gesetzl. Pension und der Erlaubniß zum Tragen der vorschriftsmäßigen Pensions⸗Uniform der Abschied bewilligt.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 9. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König ließen Sich heute durch den Ober⸗Haus⸗ und Hofmarschall Grafen Pückler und durch den Hofmarschall Grafen Perponcher Vortrag halten und arbeiteten mit dem Chef des Civilkabinets, Geheimen Kabinets-Rath von Wilmomski.

Ihre Majestät die Kaiserin-König in war gestern im Augustahospital und heute im Kunstverkauf im Gebäude des Königlichen Haus⸗Ministeriums anwesend.

Die vereinigten Ausschüsse des Bunds raths für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen traten heute im Reichstagsgebäude zu einer Sitzung zusammen.

In der heutigen (2..) Sitzung des Deutschen Reichstags, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts Staats⸗Minister Dr. Delbrück, der bayerische Staats⸗Minister v. Pfretzschner, der bayerische Oberst Fries, der mecklenburgische Minister⸗Resident, Legations-Rath v. Bülow und mehrere Bundes⸗ Kommissarien, unter diesen der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Michaelis und der Geheime Regierungs⸗Rath Starke, beiwohnten, stand zunächst die dritte Berathung des von den Abgeordneten Dr. Baumgarten und Genossen vorgelegten Gefetzentwurfes, betreffend die Volksvertretung in den Bundesstaaten (S. Nr. 284 d. Bl.) auf der Tages⸗ ordnung. Nachdem der Antragsteller seinen Antrag in längerer Rede befürwortet hatte, wurde derselbe angenommen. Hierauf folgten bis zum Schlusse des Blattes Wahlprüfungen.

In Anknüpfung an den im Juli d. J. (S. Nr. 175 D. Bl.) abgedruckten vierten Geschäftsbericht über die Entwickelung des Central⸗Handelsregisters für das Deutsche Reich werden wir nach dem Schlusse des Jahres einen ausführlichen Jahresbericht über die Entwickelung, welche das gemeinsame deutsche Unternehmen im ersten Jahre seines Bestehens genommen hat, veröffentlichen. Nachdem seit Publikation des letzten Geschäfts⸗ berichts Bremen, Hamburg, Oldenburg und Lübeck das Central⸗ Handelsregister obligatorisch zum Centralorgan für die Handels⸗ registerbekanntmachungen bestimmt haben und der König⸗ ö. bayerische Minister des Innern v. Pfeufer durch das in Nr. 238 des Central⸗-Handelsregisters mitgetheilte ECirkular⸗ Restript vom 28. v. M. dem bayerischen Handelsstande das ge⸗ nannte Blatt zum Abonnement, wie zur Benutzung für die Be⸗ kanntmachung der Handelsregistereinträge empfohlen hat, können wir schon jetzt konstatiren, daß das Central⸗Handelsregister für das Deutsche Reich nunmehr in allen deutschen Bundesstaaten als Centralorgan für die Publikation der Bekanntmachungen aus den Handelsregistern anerkannt ist. Es waltet in dieser Be⸗ ziehung nur noch insofern eine Verschiedenheit ob, als das Blatt in einzelnen Bundesstaaten für alle, in anderen nur für die wichtigeren derartigen Bekanntmachungen benutzt wird. Daß das Königreich Bayern sich vorerst letzterem Publikationsmodus an⸗ geschlossen hat, findet darin seinen Grund, daß landesherrliche Bestimmungen und darauf beruhende vertrags mäßige Verpflich⸗ tungen einer weitergehenden Berücksichtizung des Central⸗Han⸗ delsregisters zur Zeit noch entgegenstehen.

Wenngleich hiernach das Ziel, das Central⸗Handelsregister zu einem Eentralorgan für die Publikation aller handelsgericht⸗ lichen Eintragungen im Deutschen Reich auszubilden, im ersten Jahre seines Bestehens auch nicht ganz hat erreicht werden können, so ist das Blatt durch das Wohlwollen saͤmmtlicher Hoher Bundesregierungen und durch die Unterstützung, die es in den betheiligten Kreisen gefunden hat, seinem Ziele doch so nahe geführt worden, dal die Erreichung desselben umso⸗ mehr zu hoffen steht, als das Gesetz über den Markenschuß vom 360. November 1874 den Deutschen Reichs⸗Anzeiger bereits für einen wichtigen Theil der Handelsregistereinträge zum obliga⸗ torischen CLentral⸗Publikationsorgan für das ganze Deutsche Reich bestimmt hat.

Ueber die Ausführung des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung hat der Minister des Innern, im Ein⸗ verständnisse mit dem Justiz⸗Minister, in einem Cirkularreskript vom 13. v. Mts. Folgendes bestimmt:

I Eine Anordnung dahin, ‚daß der Standesbeamte in jedem Falle einer Geburts-⸗Anzeige, bezüglich dessen ihm die stattgefun⸗ bene Verehelichung der Eltern nicht aus eigener Wissenschaft bekannt ist, eder nicht durch eidesstattliche Vernehmung von ihm bekannten Personen bescheinigt werden kann, die Beibringung eines Attestes über die stattgefundene Verehelichung zu erfꝑerdern habe“, würde in den Beftimmungen des Gesetzes vom 9. März er. und insbesondere auch in ber Ausnahmebeftimmung des 5. 17 daselbst eine ausreichende Grundlage nicht finden. Den Anzeigepflichtigen kann die Beschaffung eines Nachweises über die erfolgte Eheschließung der Eltern des neu⸗ , Kindeg nicht zur Pflicht macht werden. In, Hetracht ommt überdies, daß die Geburtsurkunde liberhaupt nicht die Bestim⸗ mung hat, als Beweis der erfolgten Eheschließung zu dienen.

7) Ein formeller Nachweis der Anordnung des bürgerlichen Aufgebots vor dem Erlasse des kirchlichen Au fgebo ts ist ge⸗ etzlich nicht erforderlich, auch weder durch den Erlaß des Evangeli⸗ chen Ober⸗Kirchenraths vom 21. September cr., noch durch den Er⸗ laß des een . in Wiesbaden vorgeschrieben worden. Eine schriftliche, felbst eine mündliche Benachrichtigung des Pfarramts durch die n , g über die erfolgte Anordnung des Aufgebots dürfte den Interesfen der Kirche völlig genügen, da dem Erlasse des kirchlichen Äufgebots eine rechtliche Bedeutung überhaupt nicht mehr beiwohnt, und die vor jeder kirchlichen Einsegnung beizubringende Bescheinigung der stattgefundenen Eheschließung den Nachweis des ordnungsmäßig angeordneten und erfolgten bürgerlichen Aufgebots in sich schließt. Es ift jedoch nichts dagegen zu erinnern, daß den Ver⸗ lobten von Seiten der Standesbeamten auf ihren Wun sch eine Bescheinigung über das angeordnete Aufgebot ertheilt werde. Ver Minister stellte den Ober⸗Präsidenten anheim, in geeignetem Wege dahin zu wirken daß von Seiten der Standesbeamten? einem derartigen Wunsche entsprochen werde, und . event. die Gemeinden Formulare zu Bescheinigungen der in Rede stehenden Art beschaffen und bereit halten. Das mittelst der Cirkular⸗Verfügung vom 22. August er. mitgetheilte Formular E. zu Bescheinigungen über das erfolgte Aufgebot wird dabei mit einer leichten Fassungsänderung, etwa dahin, die Bekanntmachung des Aufgebots durch Aushang am Hause ist an geordnet als Anhalt dienen können. Die Kosten der gegenwärtig in Frage stehenden Formulare werden aber allerdings auf Staatsfonds so wenig, wie die in der Cirkular-Verfügung vom 22. August d. 8 er. wähnten übernommen werden können.

3) Wenn ein Standesbeamter die Vornahme einer Eh eschlie⸗ ßung ablehnen sollte, weil im einzelnen Falle seiner Ansicht nach keiner der Verlobten in seinem Amtsbezirke seinen gewöhnlichen Auf— enthalt habe, so würde er entstehenden Falles nach 5 7 des Gesetzes vom 9. März er. nur durch das Gericht dazu angewiesen werden können. Der Minister des Innern erachtet daher eine Interpretation des Begriffs: „gewöhnlicher Aufenthaltc‘ im Wege der ministeriellen Instruktion nicht für zulässig.

Da in einzelnen Fällen Standesbeamte haben be⸗ stellt werden müssen, welche außerhalb ihres Standes amtsbezirks wohnhaft sind, für Fälle dieser Art es aber nicht angemessen er⸗ scheint, die Verwahrung der Nebenxegister dem Gerichte des Wohnortes der Standesbeamten aufzutragen, so hat der Minister des Innern im Einverständnisse mit dem Justiz⸗Minister, unter Abänderung des Erlasses vom 8. Juni er. unterm 2. d. M. bestimmt, daß die Verwahrung der Nebenregister bei dem⸗ jenigen der in jener Verfügung bezeichneten Gerichte zu erfolgen hat, innerhalb dessen der Standesamtsbezirk liegt, wenn aber der letztere Bezirk mehreren Gerichtsbezirken angehört, bei demjenigen Gerichte, welches der Justiz-Minister in Uebereinstimmung mit dem Minister des Innern bezeichnen wird.

Ueber die am 9. November er. stattgehabte Plenarver⸗ handlung des vereinigten Strafsenats des Ober⸗Tribunals gegen den Rittergutsbesitzer Gerstel zu Posen, in welcher die wichtige Rechtsfrage: ob auf Vorstandsmitglieder von Ge⸗ nofsenschaften, Aktiengesellschaften ꝛe, die Bestim⸗ mungen des Strafgesetzbuches über ein fachen und betrügerischen Ban kerutt (S§. 281 und 283) Anwendung finden im ver neinenden Sinne entschieden wurde, hatten wir zur Zeit berichtet. Die Gründe jedoch, welche das Qber⸗ Tribunal zu dieser Entscheidung führten, werden erst jetzt nach Ausfertigung des Grkenntnisses bekannt, und sie verdienen in Anbetracht der in unsere Kreditverhältnisse so tief ein⸗ schneidenden Konsequenzen dieser Entscheidung ausführlicher wiedergegeben zu werden

„Nach der Wortfassung der 5§. 281 und 283 des R. Str. G. B.,“ führt das Erkenntniß aus, „ist es nicht zweifelhaft, daß die Strafandrohung sich . die Person desjenigen und nur auf die Person desjenigen bezieht, welcher als Kaufmann seine Zahlungen einstellt und zugleich eine der in den 58. 281 und 283 a. a. O. speziell aufgezählten Handlungen oder Unterlas⸗ sungen verschuldet hat. Es ist die Identität des Zahlungs⸗ ein stellenden mit Demjenigen, welchem solche Handlungen ze. zur Last fallen, die Beziehung seiner Handlungen zꝛc. auf seine Zahlungseinstellung vorausgesetzt und in der grammatischen Re⸗ daltion beider Paragraphen deutlich zum Ausdruck gebracht.

Hiernach ist die Zahlungseinstellung eines Kaufmanns nicht eine nur objektive Voraussetzung der Strafbarkeit; das Subjekt des Delikts muß vielmehr ein Kaufmann, und zwar derjenige Kaufmann sein, welcher die Zahlungen eingestellt; die im 8. 281 unter 1 bis 4 und im §. 283 unter 1 bis 3 verpönten Einzel⸗ handlungen müssen das Verhältniß des die Zahlungen ein⸗ stellenden Kaufmanns zu seinen Gläubigern berühren.

Diese grammatische Auslegung entspricht auch der Natur des strafbaren Bankerutts. Die Zahl ungseinstellung ist zwar Voraussetzung des Delikts, sie ist aber für sich allein kein Delikt, wird zu einem solchen vielmehr nur dadurch, daß sie durch ein bösliches oder fahrlässiges Verhalten des Gemeinschuldners herbeigeführt worden ist, oder daß er die Mög⸗ lichkeit einer Feststellung seiner wirklichen Zahlungsmittel vereitelt oder zu vereiteln versucht hat. Das Zusammentreffen beider Voraussetzun⸗ gen in derselben Person begründet erst das Vorhandensein einer strafbaren Handlung. Ändere Personen, abs der Zahlungs⸗ einstellende, können bei einem strafbaren Bankerutt allerdings strafbar betheiligt sein, entweder selbständig nach §. 282 Str. G. B., wie auch nach den landesgesetzlichen Konkurs⸗Ord⸗ nungen, oder als Theilnehmer nach 5. 49 Str. G. B.; auf Grund der §8§. 281 und 283 aber können sie nicht zur Ver⸗ antwortung gezogen werden.

„Geht man von diesen Voraussetzungen aus, so kann als ein Kaufmann, welcher den Strafbestimmungen der S8. 281 und 283 unterliegt, Jemand nicht aus dem Grunde allein angesehen werden, weil er für die Erfüllung der alleinigen . Pflichten eines bestimmten kaufmännischen Geschäfts, also für die Buchführung, Ziehung der Bilanz, Inventur ꝛc., rechtlich verantwortlich ist; es muß vielmehr noch hinzutreten, daß er für die kaufmännischen Verbindlichkeiten dieses Geschäfts, also den Gläubigern gegenüber, verhaftet ist. Ist dies nicht der Fall, so ist die Jahlungseinstellung nicht eine Einstellung s e i⸗ ner Zahlungen.

In Bezug auf ein Vorstandsmitglied einer ein ge⸗ tragenen Genofsenschaft, um dessen rechtliche Stellung es sich im gegenwärtigen Falle handelt, kann nun das Bestehen 534 derartigen Verpflichtung nicht mit Grund behauptet werden.

Allerdings haften nach §. 3 Nr. 12 des Gesetzes vom 4. Juli 1868 alle Genossenschafter solidarisch und mit ihrem gan⸗ zen Vermögen für die Verbindlichkeit der Genossenschaft. Diese Haftbarkeit ist aber wesentlich verschieden von der Haftbarkeit der einzelnen Gesellschafter bei einer . Handels gesellschaft, da sie nur eine subsidiarische ist und während des Geschäfts⸗ betriebes der Genossenschaft nicht besteht, vielmehr erst nach der

durch die Eröffnung des Konkurses bedingten Auflösung der Genossenschaft zur Wirksamkeit gelangt.

„Während des Bestehens der Genossenschaft haftet nur das Vermögen der Genossenschaft den Gläubigern derselben, und auch die Zahlungseinstellung der Genossenschaft, welche den Konkurs derselben nach sich zieht, hat nicht den Konkurs über das Vermögen der einzelnen Genossenschafter zur nothwendigen Folge. Die Zahlungsverbindlichkeit der Genossenschafter ergiebt sich erst dann, wenn in dem Konkurse die Insuffizienz des Ver⸗ mögens der Genossenschaft festgestellt ist; eine Nichterfüllung der aus der subsidiarischen Haftbarkeit entspringenden Verbindlichkeit kann daher zur Zeit der Zahlungseinstellung noch nicht behauptet werden. Die Vorstandsmitglieder einer eingetragenen Genossenschaft haben in Beziehung auf die Erfüllung der Verbindlichkeiten berselben gegenüber den Gläubigern keine anderen Verpflichtun⸗ gen, als jeder andere Genossenschafter; sie sind das Organ der Genossenschaft, haben die Pflicht der Vertretung dersel ben in der Geschäftsführung, werden ober durch die für die Genossen⸗ schaft eingegangenen Verbindlichkeiten nicht in größerem Umfange, als die übrigen Genossenschafter, persönlich haftbar. Die Zahlungseinstellung der Genossenschaft kann daher nicht als eine Zahlüngseinstellung der Vorstands⸗ mitglieder angesehen werden.“

Die Aussage eines Redaeteurs, der einen straf⸗ baren Artikel nach Kenntnißnahme seines Inhalts in seiner Zei⸗ tung veröffentlicht, ist in Beziehung auf den wirklichen Urheber des Ärtikels nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals vom 3. November er, eine glaubwürdige, insoweit nicht besondere Umstände gegen die Glaubwürdigkeit der Aussage sprechen. Der Landrath 4. D. v. S. zu Berlin hatte einer Westfälischen Zeitung einen Brief zugeschickt, der Beleidigungen gegen den Fürsten Bismarck und den zeitigen Minister⸗ Präfidenten Grafen von Roon enthielt, mit dem Wunsche, daß derselbe veröffentlicht werde. Der Redaeteur der betreffenden Zeitung veröffentllichte auch diesen Bericht, nach gehöriger Kenntnißnghme seines Inhalts als Leitartikel. Auf Grund der S§§. 185, 49, 209 des Strafgesetzes angeklagt, wurden beide Angeklagte, der Redacteur und Verfasser, verurtheilt, da der Redactenr zugestanden, daß er den ganzen Artikel vor seiner Veröffentlichung gekannt, und daß er ihn wörtlich dem Briefe des Hrn. v. S. entnommen habe. Auch der Mitangeklagte v. S. gab zu, den die abgedruckten Thatsachen enthaltenden Brief verfaßt und dem Redacteur die Benutzung des Inhalts für die Zeitung gestattet zu haben, dagegen bestritt er in zweiter Instanz, daß der Ab⸗ druck des von ihm geschriebenen Briefes wörtlich erfolgt sei. Der Brief habe, wie von v. S. direkt behauptet werde, die als beleldigend bezeichneten Stellen nicht enthalten. Der Appellationsrichter hielt diesen Einwand jedoch für hinfällig, in⸗ dem er ausführte: „Daß der Inhalt des Artikels, soweit er einen Brief wiedergeben wolle, wörtlich mit diesem übereinstimme, habe der erste Richter auf Grund der Aussage des mitangeklagten Redaeteurs für erwiesen angenommen. Das sei auch nicht bedenklich. Der Redacteur sei nicht etwa unglaubwürdig, weil er sich damit entschuldige. Er gebe gleich⸗ zeitig zu, daß er die Veröffentlichung des Briefes gewollt und diese bewirkt habe.“ Gegen dieses Erkenntniß legte v. S. die Nichtigkeitsbeschwerde ein, welche jedoch vom Ober⸗Tribunal zurückgewiesen wurde. „Nach §. 398 Nr. 3 der Kriminalord⸗ nung“, führt das Ober-Tribunal in seinem Erkenntniß unter Anderem aus, „kann auch die Aussage eines Mitangeklagten als Beweismittel gelten, und nach 8. 22 der Verordnung vom 3. Januar 18405 unterliegt die Frage, welcher Werth einer solchen unbeeidigten Aussage bei Feststellung gegen den Mitangeklagten beizulegen sei, der freien Beurtheilung des Thatrichters. Wenn daher der erste Richter seine Ueberzeugung von der Wahrheit der fra lichen Thatsache aus der Aussage des mitangeklagten Redacteurs geschöpft und darnach die Thatsache als bewiesen festgestellt hat, so beruht die desfallsige Feststellung nur auf der ihm gesetzlich anheimgegebenen freien Beurtheilung eines gesetzlich zulässigen Beweismittels.

Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten, Königlich bayerischer Staats⸗-Minister von Pfretz schner, Königlich württembergischer Sber⸗Regierungs⸗Rath Baëtzner und Großherzoglich hessischer Ministerial⸗Rath Hallwachs sind von beziehungsweise München, Stuttgart und Darmstadt hier eingetroffen.

Der Geheime Regierungs Rath Dr. Carl Heinrich Esse ist gestern früh im Alter von 66 Jahren hier verschieden. Der Ver⸗ storbene hat sich als Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung in den funfziger Jahren, dann als Verwaltungsdirektor des Königlichen Eharité⸗Krankenhauses, der Königlichen Thierarznei⸗ schule und des chirurgischen Universitätsklinikums, sowie als Huͤlfs⸗ referent für Krankenhausangelegenheiten und die Uniyversttäts⸗ kliniken in der Medizinal⸗Abtheilung des Ministeriums der geist⸗ lichen z. Angelegenheiten wesentliche Verdienste erworben, bis er am 1. April 18753 aus dem Staatsdienst trat und seine Thätigkeit dem Augusta⸗Hospital, so wie der Direktion der Berlin⸗Anhaltischen Gisenbahngesellschaft widmete, der er als Stellertreter des Vorfitzenden angehörte. Die Erfahrungen, welche der Verstorbene in seinem medizinischen Wirkungskreise machte, suchte er namentlich durch Verbesserung der Einrich⸗ tungen vieler Universitätskliniken des preußischen Staates zu verwerthen, wofür ihm bei dem 400 jährigen Jubiläum der Universität Greifswald von der medizinischen Fakultät derselben im Jahre 1856 die Würde eines Doctor med. ertheilt wurde.

Die fällige englische Post aus London, den 7. Abends, ist ausgeblieben.

S. M. S. „Arcona“ hat am 6. Oktober er. von Jokohama aus die Reise nach Tschifu angetreten.

S. M. S. „Ariadne“ ist, nachdem dasselbe am 12. No⸗ vember er. Suez verlassen, am 23. dess. Mts. in Aden einge⸗ troffen. An Bord Alles wohl.

Der Thierarzt erster Klasse Voll ers zu Hennstedt ist zum kommissarsschen Kreis⸗Thierarzt des aus den Kreisen Son— derburg und Apenrade bestehenden kreisthierärztlichen Bezirks ernannt worden.

Bromberg, 4. Dezember. (Br. Ztg.) In der gestrigen Stadtverordnetensitzung wurde vom Vorfitzenden die Mittheilung gemacht, daß die Reglerung den Rezeß über das Aus scheiden der Stadt aus den Kreise, welcher Seitens der Deputirten der Stadt und des Kreises aufgenonimen worden sei, genehmigt habe, und daß hiernach die Ausscheidung am 1. Januar k. J. eintreten wird.

Cassel, 8. Dezember. (W. T. B. Der „Hessischen Mor⸗ ge bet ng wird aus Rotenburg telegraphisch gemeldet, daß as dortige Kreisgericht heute den Pfarrer Henkel zu Mel⸗ sungen wegen der von ihm in den „Hessischen Blättern“ ver⸗

öffentlichten bekannten Artikel über das Kullmannsche Attentat zu einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten verurtheilt hat.

Bayern. München, J. Dezember. Der erwartete Armeebefehl wird morgen ausgegeben werden. Wie die „Allg. 3tg.“ vernimmt, tritt der Stadtkommandant von München, Ge⸗ neral⸗Lieutenant Irhr. v. Nesselrode, seinem Wunsch entsprechend, in den Ruhestand, und ist der General- Major und Brigadier Graf v. Isenburg zum Stadtkommandanten von München, und an des Letzteren Stelle der Oberst des 1. Infanterie⸗Regiments, Max v. Heckel, zum Commandeur der 2. Infanterie⸗Brigade be⸗ fordert. Auch die General ⸗Majore und Brigadiers Max. v. hebberling und Kohlermann sollen in den Ruhestand treten, und In deren Stelle der Oberst v. Schmidt vom 11. Infanterie⸗Re⸗ giment zum Commandeur der 4. Infanterie⸗Brigade, und der Pberst v. Heinleth, Generalstabs⸗Chef im J. Armee⸗Corps, zum Fommandeur der 8. Infanterie⸗Brigade befördert sein. Der Bberst Kiliani vom 4. Chevauxlegers⸗Regiment wird Comman⸗ deur der 3 Kavallerie⸗Brigade. Der Oberst Frhr. v. Speidl,

ofmarschall Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Luitpold, er— . den Charakter als General⸗Major.

Die neuliche Mittheilung über die Bestimmungen hinsichtlich der gleichheitlichen Bearbeitung theoretischer Aufgaben Seitens der Offiziere ist dahin zu präzistren, daß das Gesagte nur für die Artillerie⸗Offiziere gilt. Von der Inspektion der Artillerie sst die obligatorische Einführung des Kriegsspieles ange⸗ ordnet und befohlen worden, daß sämmtlichen Offizieren wöchent⸗ lich mindestens ein Nachmittag zur Pflege dieses Unterrichts⸗ mittels vollständig frei zu geben sei.

BHBessen. Darm stadt, 5. Dezember. (Fr. J) Wäh- rend bisher in der Ober⸗Medizinal-Direktion ein Pharmaceut nur als außerordentliches Mitglied Sitz und Stimme hatte, soll nach der neuen Organisation des Medi⸗ zimalwesens die betreffende Ministerial⸗Abtheilung einen chemisch⸗ pharmaceutischen Sachverständigen als. Mitglied erhalten, welches jedoch nur in Angelegenheiten seines Faches eine ent⸗ scheidende Stimme hat. Die Interessen des Apotheker⸗ gewerbes werden weiter durch einen pharmaceutischen Central⸗ äusschuß, bestehend aus den Mitgliedern der Ministerial-Abthei⸗ lung und drei Pharmaceuten, von denen jeder Provinzial verein der Apotheker je einen auf zwei Jahre wählt, vertreten werden. Diesem Eentralausschusse wird die Berathung aller Bestimmun⸗ gen über das Apothekerwesen obliegen, und es wird seine Auf⸗ gabe sein, einerseits die Pflichten des Apothekerstandes festzu⸗ stellen, andererseits deren Rechte zu wahren, was insbesondere bezüglich der Feststellung der Taxen gilt.

Mecklenburg. Schwerin, 8. Dezember. Bei dem militärischen Diner, welches in Anlaß der Enthüllung des Krieger⸗ denkmals in Schwerin (vergl. Nr. 284 des „R. u. St. Anz.“) am 2. d. M. in Schwerin stattfand, leitete der General⸗Lieute⸗ nant von Tresckow, mit der Führung des 9. Armee⸗Corps beauftragt, das Hoch auf Se. Königliche Hoheit den Groß⸗ herzog mit folgenden Worten ein:

„Eure Königliche Hoheit wollen mir gestatten, dem Gefühle des Dankes, das uns alle heute tief bewegt, nochmals einen Ausdruck ge⸗ ben zu dürfen. Ich danke im Namen des 9. Armee⸗Corps und speziell im Namen der JJ. Division, ich danke im Namen der Wittwen und Waisen und der Hinterbliebenen aller derer, die Treue gehalten haben Pi in den Tod, für die Errichtung des herrlichen Denkmals, das späteren Geschlechtern Kunde geben soll von der Hingebung mecklen⸗ burgischer Soldaten, das aber ebenso lebendig reden wird von der Hochherzigkeit ihres Fürsten. Wir wissen, daß Eure Königliche Hoheit ein warmes Herz haben für das Wohl und Wehe der Soldaten, und daß Sie mit uns fühlen in mühevollen Friedensfahren und während der frischen Wechselfälle des Krieges. Und so denken wir, daß es gut stehe um die Vertheidigung deutscher Grenzen, wenn die Fürsten so das Schwert führen, und wenn jeder wehrhafte Mann im Lande in seinem angestammten Landesherren zugleich den bewährten Feldherrn verehren darf. Wir wissen aber auch, daß wir das Schwert zur Vertheidigung scharf ge⸗ schliffen erhalten sollen, und so wollen wir heute am Gedenktage des blutigen Sieges von Coigny aufs Neue geloben, festzuhalten an unsern alten Traditionen, festzuhalten an der Treue im Großen und im Kleinen, damit, wenn der Kaiser ruft, wir alle Zeit bereit und wohl⸗ gerüstet sind. So fasse ich meinen ehrfurchtsvollen Dank in dem Wunsche zufammen, daß Gott der Herr Eure Königliche Hoheit und Ihr Haus jegnen wolle, und daß, wenn der Kriegsruf abermals er⸗ schallt, es Ihnen vergönnt sein möge, wiederum frischen Lorbeer um Ihre Fürstenkrone zu winden. In diesem Sinne bitte ich, mit mir , in den Ruf: Es lebe Se. Königliche Hoheit der Groß⸗

e rzog!“

Am Vormittage desselben Tages übergab der Commandeur der 34. (Großherzoglich mecklenhurgischen) Infanterie⸗Brigade, General⸗Major von Manteuffel, die unmittelbar vorher in der Garnisonkirche geweiheten neuen Fahnen der Land wehr⸗ Bataillone Schwerin, Wismar und Rostock den Commandeurs derselben mit folgenden Worten;

„Wehrmänner! Se. Königliche Hoheit der Großherz og hat an dem heutigen so ruhmreichen Gedenktage Euern Bataillonen Fah⸗ nen verlichen. Ihr werdet zu ihnen so fest stehen, wie Ihr heute vor vier Jahren zu Eueren Fahnen gestanden haht, als Ihr unter der Führung Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs in treuer Waffenbrüderschaft mit Eueren preußischen, bayerischen und hanseati⸗ schen Kampfgenossen heldenmüthig gekämpft, und einen bedeutend äberlegenen Feind mit einer Ausdauer und einem Muthe, der nicht übertroffen werden kann, aus seinen festen Stellungen geworfen und geschlagen habt. Auch unter diesen Fahnen seid stets eingedenk Eueres feierlichen Eides, treu dem Greßherzoge und seinem Hohen Hause, treu dem Kaiser und Reich, gehorsam den Befehlen Euerer Vorge⸗ setzten; dann werdet Ihr auch diese neuen Ehrenzeichen auf dem Wege der Pflicht und Ehre und, wenn Gott es will, für Fürst und Vater⸗ land zum Siege führen!“ .

Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weim ar, J. Dezember. Die weimarische Landes synode wurde ohne gleichzeitige Ver⸗ kündigung eines Synodalbescheides geschlossen, da ein solcher nicht erlassen werden konnte, theils weil damals Se. Königliche Hoheit der Großherzog sich auf Reisen befand, theils weil über einige Beschlüsse der Synode weitere Berathungen erforderlich waren. Gegenwärtig ist ein solcher Sy nodalbescheid erfolgt. Derselbe spricht zunächst der Landessynode Anerkennung aus für ihren regen Fleiß und für den Geist, der Mäßigung, der Toleranz und der Loyalität, der in allen ihren Verhandlungen gewaltet. Die gefaßten Beschlüsse werden in der Mehr⸗ zahl sanktionirt, namentlich, soweit sie sich auf die Regelung der Gehalts- und Penstonsverhaltnisse der evangelischen Geistlichen beziehen. Dagegen wird der ö. eines Gesetzes über den Konfirmandenunterricht noch vor⸗ behalten. Die Synode hatte bekanntlich , . daß derselbe nicht nach dem Antrage der Regierung ein halbes, . ein ganzes Jahr dauern solle, gegen welchen Beschluß sich im Lande selbst lebhafter Widerspruch erhoben hatte. Die Regierung glaubt, vor Erledigung dieser Angelegenheit noch umfassende Er⸗ örterungen anstellen zu müssen, um mit Sicherheit übers 25 zu können, in welchem Umfange eine Dispenfationsbefugniß sich

ohne Debatte angenommen.

nöthig machen werde. Der Errichtung einer theologischen Examinationskommission in Jena für sämmtliche thürin⸗ gische Staaten will die Regierung ihre volle Aufmerksamkeit zu⸗

wenden, wenn sie sich auch nicht verhehlt, daß erhebliche Schwie⸗

rigkeiten hier zu überwinden sein werden.

Der im Laufe des vergangenen Sommers schwer er⸗ krankte Hr. Präsident Rathgen ist genesen und hat seine Wirk⸗ samkeit als Vorfitzender der Großherzoglichen General⸗Kommission in diesen Tagen wieder aufgenommen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 7. Dezember. Zur Feier des gestrigen Geburtstags der Herzogin durchzog am frühen Morgen die Militärmusik, Reveille machend, die Stadt. Mittags war kleine Familientafel, wozu der Staats-Minister von Seebach aus Gotha und einige andere distinguirte Persönlich⸗ keiten geladen waren, im kleinen Palais im Hofgarten, und Abends fand Festoper im Theater statt. Weitere Festlichkeiten hatte die Herzogin sich verbeten.

Rach dem „Gothaer Tageblatt bestätigt sich die Mitthei⸗ lung von den Seitens der Agnaten dem Minister von Seebach zum Jubiläum geschenkten 71000 Pfd. Sterl. nicht.

Reuß j. L. Greiz, J. Dezember. (S. 3.) Der auf heute einberufene außerordentliche Landtag wurde im Auftrage Sr. Durchlaucht des Fürsten vom Regierungs⸗Präsidenten Faber eröffnet. In der Eröffnungsrede sind als hauptsächliche Vor⸗ lagen angekündigt: Die Staatshaushaltpläne auf die Jahre 1875 und 1876, Erhöhung der Beamtenbesoldungen, Gesetze betreffs der Verwaltung der össentlichen Depositen, betreffs der Theil⸗ barkeit des Grundbesitzes, ferner wegen der in dem Landesstraf⸗ recht vor Einführung des Reichsstrafgesetzbuchs angedrohten Geld⸗ und Gefaängnißstrafen und wegen der Diäten der bei Ge⸗ schwornengerichten fungirenden Beamten.

Gera, J. Dezember. Der Landtag beschäftigte sich in seiner heutigen ersten Sitzung nach der, Selbstvertagung zunächst mit Erledigung verschiedener geschäftlicher Angelegenheiten und dann speziell mit der Domaͤnenfrage. Die Verhandlungen darüber währten drei volle Stunden und führten schließlich zu dem einstimmig gefaßten Beschlusse, dem Antrage, wie er von der für die Angelegenheit gewählten Spezialkommission empfohlen worden ist, beizutreten. Nach diesem Beschlusse wird das Fürst⸗ liche Ministerium ersucht, die zur Durchführung der im Bericht näher prägzisirten, den Domanialbesitzungen dem Staate gegen⸗ über obliegenden Verpflichtung nöthigen Verhandlungen einzu⸗ leiten, resp. dem Landtage die zu weiterer Beschlußfassung in dieser Richtung nöthigen Unterlagen zu unterbreiten, event, etwa zur Beilegung der Angelegenheit sachdienliche Vergleichs⸗ verhandlungen anzubahnen.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 8. Dezember. Der Kaiser ist gestern Abend nach Gödölls gereist.

In Gegenwart des Kalsers fanden am 5. d. M. die Prüfungen des Erzherzogs Kronprinzen Rudolf über Terrain⸗ lehre und Heeresorganifation durch den Instruktor in diesen Fächern, Oberst Karl Wagner der aktiven Landwehr, statt. Die Prüfung begann um 8 Uhr früh und war um 10 Uhr be⸗ endigt. Der Kaiser war mit den gründlichen und umfang⸗ reichen Kenntnissen des Kronprinzen auf beiden Gebieten voll⸗ kommen zufrieden und drückten dem Obersten Wagner hierfür die volle Anerkennung aus. .

Die im Justiz⸗ und Finanz⸗Ministerium schwebenden Be⸗ rathungen über den Entwurf einer Gef etz vorlage, betreffend die Regelung der Emission von Kafsenscheinen, sind be⸗ reits abgeschlossen worden. Der hezügliche Entwurf dürfte dem⸗ nach noch vor den Weihnachtsferien des Abgeordnetenhauses einge⸗ bracht werden.

Das Abgeordnetenhaus setzte gestern nach der Wahl der verschiedenen Ausschüsse die Spezialdebatte über das Finanzbudget fört. Die restirenden Kapitel desselben wurden fast Hierauf folgte die Debatte über das Kultusbudget. Wurm warf dem Unterrichts-Minister vor, daß er mit dem Nationalitätsprinzip koquettire und die nord⸗ slavischen Provinzen durch die Schule germanisire. Göllerich wünschte, daß die Regierung auf dem konfessionellen Gebiete dieselbe Energie wie auf anderen Gebieten entfalte. Ratslag sprach für die Freiheit der Landessprache. Ruß warf dem Kultus⸗-Minister die lare Durchführung der konfessionellen Gesetze vor und besprach den bekannten Minister⸗Erlaß an die Dekanate der Universitäten. Kussy sprach von der Verwahr⸗ losung der geistigen Interessen der slavischen Bevölkerung in Desterreich, Fur hob die Fortschritte des Unterrichts⸗ wesens hervor, wuͤnschte die Tennung der Agenden des Unterrichts vom Kultus⸗-Ministerium und polemisirte gegen die Ausführungen Wurms. Der Redner erklärte schließlich, er werde gegen die für die Jesuitenprofessoren in Innsbruck eingestellten Gehalte, sowie gegen die Dotation des Lemberger Technikums stimmen. Vitezich sagte, daß die Slaven Istriens gegen die an⸗ deren Rationalltäten zurückgesetzt werden. Heinrich erklärte sich für die Vorlage und wünschte mehr Aufrichtigkeit von Seite der Regierung, damit man einmal wisse, ob und wie sie die kon⸗ fefsionellen Gesetze durchführen werde. Als Generalredner sprachen Bärnfeind, welcher nichts für die Volksschule bewilligen will, weil darin die Feindlichkeit gegen die Kirche gepredigt werde, und Hoffer, welcher den Vorredner bekämpfte und das Aufsichtsrecht des Staates über die Schulen gewahrt wissen will. Die General⸗ debatte wurde sodann geschlossen. 2 ö.

Pest, J. Dezember. Der Hermannstädter ru mänische Kirchenkongreß vertagte sich bis zum kuͤnftigen Herbst.

Belgien. Brüssel, 8. Dezember. (W. T. B.) Die Kammer nahm heute mit 74 gegen 3 Stimmen das gesammte Budget der Finanzen an. Dasselbe beträgt im Voranschlage 239, 200, 100 Fres.

Schweiz. Bern, 9. Dezember, (W. T. B.) Der Na⸗ tionalrath hat gestern den Beschluß des Ständeraths, die Geistlichen von der Führung der Civilstandsregist er auszuschließen, in namentlicher Abstimmung mit 72 gegen 13 Stimmen genehmigt.

Großbritannien und Irland. London, 8. De⸗ zeiuber. (B. T. B) Die Kaiserin GSugenie ist heute in Wind⸗ sorcastle zum Besuch der Königin eingetroffen und wird dort bis morgen verweilen. ö

g. Dezember. (W. T. B.) Der Diskusstonsklub des Universitäts vereins zu Cambridge hat gestern mit 44 gegen 29 Stimmen eine Res olu tion angenommen, in welcher erklärt wird, daß Glad sto ne durch seine jüngste Broschüre über die vatikanischen Dekrete der Sache der bürgerlichen und natios⸗ nalen Unabhängigkeit des . en Volkes wesentliche Dienste geleistet habe und dafür den Dank des Landes verdiene.

Frankreich. Versa illes, 8. Dezember. (B. T. B) Die Nationaidersammlung genehmigte heute den Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung einer medizinischen Fakultät in Lyon und Bordeaux.

Spanien. Der Feldzugsplan des Marschall Ser⸗ rano geht, wie W. T. B.“ über Paris, 8. Dezember Abends, meldet, dem Vernehmen nach dahin, die Pyrenäengrenze zu be⸗ setzen und die Carlisten von dort aus auf die vom General Moriones befehligte Armee zurückzuwerfen. In der Nähe von Oyarzun hat am 8. d. Mts. ein Gefecht zwischen Carlisten und Regierungstruppen stattgefunden, über dessen Ausgang noch nichts bekannt ist.

Türkei. Belgrad, 8. Dezember. (W. T. B.) Das neue Ministerium hat sich heute der Skupschtina vor⸗ gestellt. Nachdem der Minister⸗Präsident Zumitsch mitgetheilt, daß die Regierung noch im Laufe dieser Session Gesetzentwürfe über die Preßfreiheit und die Autonomie der Gemeinden vor—⸗ legen werde, wurde von der Versammlung ohne Debatte be⸗ schlossen, zur Begrüßung des Fürsten Milan nach seiner Rück⸗ kehr, an denselben eine Adresse zu richten. Der Minister⸗Prã⸗ sident sprach darauf die Vertagung der Skupschtina für 6 Wochen aus. .

9g. Dezember. (W. T. B.) Die von der Skupscht ina beschlossene Adresse wurde gestern durch eine Deputation der Versammlung dem Fürsten Milan überreicht. Letzterer er⸗ klärte der Deputation, er nehme die Adresse mit hoher Befriedi⸗ gung entgegen, indem er in derselben einen Beweis sehe, daß er das Vertrauen der Nation besifze.

Numänien. Bukarest, 8. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat mit großer Majorität in Erwiderung auf die Thronrede eine Adresse angenommen, in welcher die Kammer über die in der Thronrede abgegebenen Erklärungen der Regierung ihre Befriedigung ausspricht.

Dänemark. Kopenhagen, 5. Dezember. In der gestrigen Folkethingssitzung legte der Finanz⸗Minister einen Gesetzvorschlag über Zulagebewilligungen für das Finanzjahr 1874 = 75 mit dem Bemerken vor, daß sich die Gesammtsumme der Nachbewilligungen ungefähr auf 800 000 Rd. beliefe. Von diesen sind ungefähr 612000 Rdl. Wiederbewilligungen. Der Rest, 138,000 Rdl., vertheilt sich im Wesentlichsten folgender⸗ maßen: 11,650 Rdl. zum Bahnhof in Aarhus, 38,000 Rdl. zum Post⸗ und Telegraphenwesen, 5800 Rdl. zu den Domänen, 1lI, 000 Rdl. zum Uebungslager bei Hald, 11,000 Rdl. zu Truppentransporten, 18.009 Rdl. zur Reise des Königs nach Island, 30, 000 Rdi. zu Kleidungsstücken für die Marine und schließlich L500 Rdl., welche durch Abnahme der Zinseneinnahme ber Akademie in Sorö wegen Ueberschreitungen beim Bau des neuen Königlichen Theaters entstehen.

Ankäßlich der Einführung des neuen Münzsystems

macht die Nationalbank bekannt, daß am 1. Januar 1875 die in der

Nationalbank in Konto- Courant stehenden Beträge in Kronen⸗ Münze umgesetzt werden und vom genannten Tage an jede An⸗ weisung auf die Bank in Kronenmünze ausgestellt sein müssen. Wechsek und Verschreibungen, welche zur Diskontirung eingelie⸗ fert werden, müssen auf Kronenmünze lauten. Eine ähnliche Bekanntmachung hat die Privatbank in Kopenhagen erlassen.

Das Ministerium der auswärtigen Ange egen⸗ heiten verlangt zu außerordentlichen Missionen 25,090 Ndl. Aus dem einleilenden Vortrage des Finanz-Ministers ging her⸗ vor, daß dieser Betrag für die Reise des Generals Raaslöff nach China und Japan bestimmt ist.

Asien. Der „N. A. 3.“ wird aus Beirut in Syrien, 24. November, geschrieben: ;

Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Oldenburg, auf einer orientalischen Studienreise begriffen, landete nach einer sieben Tage dauernden, äußerst stürmischen Ueberfahrt von Smyrna am 71. d. M. glücklich in Beirut und wude von dem General⸗Konsul des Deulschen Reiches, Hrn. Theodor Weber, und dem Kanzler Hrn. Dr. Herzbruch empfangen. . .

Sämmtliche Konsulate hatten ihre resp. Landesflaggen aufgehißt. Des Abends dinirte Se. Königliche Hoheit mit Begleitung bei dem General-Konsul des Deutschen Reiches. 3

Ungeachtet der anhaltenden heftigen Gewitterregen, welche seit einer Woche eintraten, besichtigte Se. Königliche Hoheit am nächsten Tage die Stadt und deien Umgebung, die Militäͤranstalten und die Kaferne der türkischen Besatzungstruppe woselbst der Divisious Ge⸗ neral und Gouverneur der Stadt, Mahmud Pascha (ehemals Ritt⸗ meister in der österreichischungarischen Armee) unter den Klängen der „Wacht am Rhein. die Truppen defiliren ließ. .

Gestern, am 23. d. M als sich, das Wetter etwas günstiger ge⸗ staltete, machte Se. Königliche Hoheit einen Ausflug zur Besichtigung der uralten Keilinschriften am Ausflusse des Nahr el⸗Kelb (Lyens) in das Mittelländische Meer (etwa 23 Stunden von Beirut entfernt) und folgte einer Einladung des deutschen Vertreters einer englischen Aktiengesellschaft für die Anlage einer Wasserleitung nach der Stadt Beiruf, Hrn. Reinhard Schaefer, unter dessen Führung Se. König liche Hoheit mit sichtlichem Interesse und vieler Sachkenntniß den dort nahe gelegenen Tunnel und den Kanal in dem romantischen

lußthal, sowie das Turhinenhaus bestchtigte, worauf Se. Königliche Doheit, nach einer Kollation im Blockhause des Bauunternehmers, Hrn. Maxwell, nach Beirut zurückkehrte. ;

An ölbend vereinigte Se. Königliche Hoheit diese Herren und die Vertreter des Deutschen Reichs bei einem Diner im Hotel Orien- tal, wobei Se. Königliche Hoheit sich Aller Sympathien erwarb. Heute setzte Se. Königliche Hoheit die Reise in Begleitung des Hrn. Hauptmann v. Philippsborn und Hrn, Pr. Lüdge bei herrlichem Frühlingswetter nach den Cedern, Baalbeck und Damaskus fort, um von da, dem Jordanthale entlang, Jerusalem zu erreichen.

Afrika. Alexandrien, 8. Dezember. (W. T. B. Die Regierung hat zwei Expeditionen ausgerüstet, welche zunächst die Gegenden von Darfour und Kordofan genauer erforschen und alsdann bis zum Albert Nyan za vordringen sollen.

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Vereins wesen.

Am Montag Nachmittag um 35 Uhr erschien Ihre Majestät die Kaiferin-Königin in Begleitung der Palastdame Gräfin Haake und eines Kammerherrn im Weihnachts-Bazar des Berliner Hausfrauen-Vereins. Ihre Maßjestät wurde von Hrn. Morgenstern am Fuße der Treppe, von Frau Morgenstern in der Vorhalle e . und umhergeführt. Allerhöchstdieselbe ließ Sich die an diesem Nachmittag hospitirenden Ehrendamen von der Vorfteherin vorstellen, sprach Ihre Freude über das Gedeihen des Hausfrauen Vereins, wie über das der deutschen Hausfrauen⸗Zeitung aus und erkundigte Sich mit lebhafter Theilnahme nach dem jetzigen Stande der Volkeküchen. Darauf erfolgte die K des Ba⸗ ars, über dessen zweckmäßige und geschmackvolle Einrichtung Ihre Hlajestat Sich döcht befriedigend aussprach. Von Rayon zu Rayon gehend, kaufte Allerhöchstdieselbe von fast allen Lieferanten.

Am Sonnabend Nachmittag stattete dem Bazar eine aus 5 Her. ren bestehende Deputation des Pets damer Hausfrauen-⸗Ver⸗ eins einen Besuch ab, welche, geführt von den Damen des Vor⸗