Dem Publikum soll jedoch gestattet sein, die nach Ablauf dieses Jahres noch in seinen Händen befindlichen bisherigen Telegraphen⸗Freimarken vom 1. Januar bis inel. 15. Februar 1875 gegen neue Freimarken umzutauschen, wobei eine der bis⸗ herigen Marken zu ⸗
6 Pf. gleich einer neuen Marke zu 5 Pf.,
I Sgr. gleich je einer neuen Marke zu 10 Pf. und zu 3 Pf.,
216g gleich einer neuen Marke zu
5
8 16 30 ; zu rechnen ist. Eine Einlösung der bisherigen Marken gegen Baarzahlung findet nicht statt. Berlin, den 19. Dezember 1874. Kaiserliche Telegraphen⸗Direktion. Hirsch.
Königreich Preußen.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
Die Geheimen Regierungs- und vortragenden Räthe in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗Angele⸗ genheiten: von Cranach, von Wussow und Lucanus zu Geheimen Ober⸗Regierungs-Räthen zu ernennen, sowie dem Ge⸗ heimen expedirenden Sekretär, Kanzlei⸗Rath Vater bei demselben Ministerium den Charakter als Geheimer Kanzlei⸗Rath und dem Rendanten der Generalkasse des gedachten Ministeriums Hass el⸗ bach den Charakter als Rechnungs⸗Rath zu verleihen; ferner
Dem Regierungs⸗Rath Haufchteck zu Stralsund den Cha⸗ rakter als Ober⸗Reglerungs Rach zu verleihen; und
Den bisherigen Ober⸗Maschinenmeister Grim mer in Breslau zum Eisenbahndirektor mit dem Range eines Rathes vierter Klasse zu ernennen;
Dem General⸗Staatskassen⸗Buchhalter Krüger den Cha⸗ rakter als Rechnungs⸗Rath und den Geheimen Registratoren Franz Theodor Schulz. Wohlfahrt und Alten krüger den Charakter als Kanzlei⸗Rath; sowie
Dem Seehandlungs⸗Buchhalter Schirrmacher zu Berlin und den bei den Regierungs Hauptkassen zu Potsdam resp. Stettin angestellten Ober-Buchhaltern Protz und Büchler den Charakter als Rechnungs⸗Rath und dem Registrator S ch imo ne ck bel der Allgemeinen Wittwen⸗Verpflegungs⸗A nstalt in Berlin den Charakter als Kanzlei⸗Rath zu verleihen;
Den ordentlichen Lehrer Br. Franz Volkmer am Mat⸗ thias⸗Gymnasium in Breslau zum Seminar ⸗Direktor zu er⸗ nennen;
Dem praktischen Arzt Dr. Carl Wilhelm Moeller in Marburg den Charakter als Sanitäts⸗Rath zu verleihen; und
Den seitherigen Bürgermeister der Stadt Eupen, Ober⸗ Bürgermeister Beck er, der von der dortigen Stadtverordneten⸗ Versammlung getroffenen Wiederwahl gemäß, in gleicher Eigen⸗ schaft für eine fernere zwölfjährige Amtsdauer, sowie den Stadt⸗ verordneten Tuchfabrikanten Adolph Mayer, der von der dortigen Stadtverordneten versammlung getroffenen Wahl ge⸗ mäß, als unbesoldeten Beigeordneten der Stadt Eupen für eine sechs jährige Amtsdauer zu bestätigen.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der in der Generalkasse des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗Angelegenheiten beschäftigte Geheime Kanzlei- Sekretär Zadow ist zum Kassen⸗ Sekretär ernannt worden.
Dem Seminar⸗Direktor Dr. Franz Volkmer ist die Di⸗ rektion des interimistischen Schullehrer⸗Seminars in Zülz über⸗ tragen worden.
Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.
Dem Königlichen Eisenbahndirektor Grim mer zu Breslau ist die Stelle eines maschinentechnischen Mitgliedes bei der König⸗ lichen Direktion der Oberschlesischen Eisenbahn daselbst verliehen
worden.
Dem Heinrich Raetke zu Berlin ist unter dem 19. De⸗ zember 1874 ein Patent auf einen Druck-Apparat in der durch Zeichnung und Be— schreibung nachgewiesenen Zusammensetzung, ohne Jemand in der Anwendung bekannter Theile zu beschränken, auf drei Jahre, von jenem Tage an gerechnet, und für den Umfang des preußischen Staats ertheilt worden.
Dem Fabrikanten Samuel Hahn zu Wien ist unter dem 19. Dezember 1874 ein Patent auf eine Nähmaschine in der durch Zeichnung und Beschreibung erläuterten Zusammensetzung, ohne Jemanden in der Benutzung bekannter Theile zu beschränken, auf drei Jahre, von jenem Tage an gerechnet, Umfang des preußischen Staates ertheilt worden.
Dem Ingenieur Jules Bourdin zu Paris ist unter dem 19. Dezember 1874 ein Patent auf ein Triebwerk für Nähmaschinen in der durch Zeichnung und Beschreibung erläuterten Zusammensetzung auf drei Jahre, von jenem Tage an gerechnet, und für den Um⸗ fang des preußischen Staats ertheilt worden.
Epangelischer Ober⸗-Kirchenrath.
Der bisherige Superintendent der Diözese Krotoschin, Pfarrer Esche in Borek, ist zum Superintendenten der Diözese Schrimm — Regierungsbezirk Posen — ernannt worden.
und für den
Per sonal⸗Veränderunngen. (S. Nr. 298 d. Bl.)
Königlich Preußische Armer Offiziere, Portepee⸗Fähnriche re. Abschiedsbewilligungen.
In der Reserve und Landwehr.
Berlin, 12. Dezember. v. Kleist, Sec. Lt. vom J. Garde⸗ Gren. Landw. Regt, Kaulfus, Hauptm. v. 3. Garde⸗ Gren. Landw. Regt, Beiden mit der Landw. Armee⸗Unif. der Abschied bewilligt. Gertkach II. Sec. Lt. von der Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Rr. 3, Mentz, Sec. Lt. von der Kav, desselben Bats, Wieczorek , Pr. Ut. von der Infant. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 5, Hoff— mann, Pr. Lt. von der Inf. des Ref Landw. Bat. Nr. 33, Seiler, Sec. Lt. von der Inf. desselben Bats., v. Below, See. Lt. von der Kap. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 41, diesem als Pr. Lt. mit seiner bisher. Uniform, Herbig, Sec. Lt. von der Inf. des 1. Bats.
Landw. Regts. Nr. 43, Ginter, Sec. Lt, von der Res. des Inf. Regts. Nr. 45, der Abschied bewilligt. Suhle, Pr. Lt. von der Inf. des 2. Bas. Landw. Regt. Nr. 9. Wo ssid lo, Schneyp e,. Garme, Sec Us. von der Inf. des Res. Landw. Batg. Nr. 34, als Pr. Ets. mit der Ldw. Armee ⸗Unff, v. Br aunsch weig, Hptm. v. der Inf. u. Comp. Führer vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 49, als Major mit seiner bisher. Uniform, der Abschied bewilligt; Coste, Sec. Lt. von der Ref des Gren. Regts. Nr. 12, Mil ferstaedt, Pr. Lt. von der Inf des J. Bats,, Landw. Regts. Nr. 12, Seger, Sec. Lt. von der Infant. des J. Bats. Landw. Regts. Nr. 69, als Pr. Lt. mit sei⸗ ner Fisher. Unif, Ab ich, Sec. Lt. von der Inf. des Res, Landw. Bat. Nr. 36, Mühlhau sen, unter dem gesetzl. Vorbehalt ausge⸗ schiedener Feuerwerks Lt., zuletzt kommdrt. zum Bureau der Landes⸗ Triangulation, der Abschied bewilligt. v. Wesiers ki, Pr. Lt. von der Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 19, als Hauptm. mit der Landw. Armee Anif. Steinmetz, unter dem gesetzlichen Vorbehalt ausgeschiedener Sec. Lt, zuletzt im Inf. Regt, Nr. 23, behufs Aus- wanderung der Abschied bewilligt. Potthoff, Lohmann, Pr. Lts. von der Infanterie des 2. Bats. Landwehr⸗Regiments Nr. 15, mit der Landw. Armee⸗Unif, Remels, Sec. Lt. von der Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 17. als Pr. Lt. mit der Landw. Unif. der Abfchied bew, Merkens 1. Ser. von der Inf, des ]. Bats. Landw. RKegts. Nr. 25, Lg de, Sec. Lt. von der Inf, des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 29, Kolb, Sec. Lt, von der Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 30, diesem als Pr. Lt., Lüttke, Sec. Lt. von der Inf. des Res. Landw. Bats. Nr. 40, als Pr. Lt. Sch oelller, Sec ) Lü. von der Kav. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. Hö, diesem mit der Landw. Unif., der Absch. bew. Simon, Sec Lt. von der Inf. des 2. Bats. Landw. Regt. Nr. S5, der Absch. bew., Grebe, Sec. Lt. von der Res. des Gren Regts. Nr. 11, Lenders, Premier- Neutenant von der Infanterie des J. Bats. Landw. Regts. Nr. 87, Stroux, Sec, Lt. von der Inf, des Landw. Bats, Hagenau, mit der Landw. Armec-Unif, sämmilich der Abschied bewilligt. v. Mo r⸗ ste in, Hauptm. von den Pion. des 1. Bats, Landw. Regts. Nr. 8, mit seiner bish. Unif, Hesterberg, Jungbecker, Sec. Lts. von der Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 56, letzterem als Pr. Lt., Kimnäch, Sec. Vt. von der Inf. des 2. Bats. Landw. ö Regts. Nr. 57, als Pr. Lt., Fisch er, Pr. Lt. von den Pion. des Res. Landw. Bats. Rr. 34, Schneider, Pr. Lt. von der Landw. des Eisenbahn ⸗Bats., Jüttner, Sec. Lt. von der Landw. des Eisenbahn⸗Bats., als Pr. Tt., der Abschied bewilligt. Barth. Sec. Lt. von der Garde⸗Landw. Art, Klinger, Sec. Lt. von der Art. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 84, der Abschied bewilligt. - Nachweisung der beim Sanitäts⸗-Corps pro Monat November 1874 eingetretenen Veränderungen. Durch Verfü ung des Gen ral⸗Stabsarztes der Armee.
Den 6 Rovem ber Br. Kloz, bisher einjähr. freiwilliger Arzt vom Kür. Reg! Nr. 6 vom 1. Novbr. cr. ab zum Unterarzt kes aktiven Dienftstandes ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assistenzarztstelle beauftragt. .
Den 12. Rovemb er. Br. Arlt, bisher einjähr. freiwilliger Arzt vom Inf. Regt. Nr. 18, vom 1. Novbr, er, ab zum Unterarzt des aktiven Dienststandes ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assistenzarztstelle beauftragt.
Königlich Bayerische Armee. Offiziere Portepee⸗Fähnriche ze. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im stehenden Heere. Durch Kriegs ⸗Ministerial Reskript.
Den 8. Dezember. Frhr. v. Würtzburg,
4. Chevauleger s-⸗Regt., als Regts. Adjut. bestätigt.
Sec. Lt. vom
Abschiedsbewilligungen. Im stehenden Heere. Durch Allerhöchste Verfügung.
Den 4. Dezember. Grimm, Sec. Lt. a. D. die nachge— suchte Entlassung aus dem Militärverband mit Pensionsfortbezug be⸗ willigt.
Beamte der Militär-Verwaltung. Durch Allerhöchste Verfügung.
Den 2. Dezember. Klosterm ayer, Proviantmstr. in In⸗ golstadt, zum Pensions⸗Zahlmstr. bei der Gen. Militärkasse ernannt. Maher, Rendant von der Geschützgießerei, zur Inspektion der Militär⸗Bildungsanstalten versetzt.
Den 3. Dezember. Rößle, Assist. vom Proviantamt Ingol⸗ stadt, zum Montirungs Depot versetzt.
In der Kaiserlichen Marine. Offiziere 2c.
Ernennungen, Befsrderungen und Versetzungen.
Berlin, den 12. Dezember. Röder, Pr. Lt. von der See⸗ Art. Abtheil. Behufs Rücktritts zur Land⸗Armee, aus der Marine ausgeschieden.
Der „Oeffentliche Anzeiger“ der heutigen Nummer des, Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ enthält:
1 Nr. 12 der Vakanzenliste der bei den Behörden in den Provinzen Brandenburg und Pommern durch Militär-Anwärter zu besetzenden Stellen;
2 Eine Zusammenstellung der im Deutschen Reichs⸗ und Preußischen Staats⸗Anzeiger“ zur Be⸗ fetzung angezeigten gegenwärtig vakanten Stellen.
Aichtamtliches. Deutsche s Reich.
Preußen. Berlin, 22. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute im Beisein Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen August von Württemberg, kommandirenden General des Garde ⸗Corps, des Gouverneurs und des Komman⸗ danten von Berlin militärische Meldungen entgegen, hörten den Vortrag des Polizei-Präsidenten, des Chefs der Admiralität General⸗Lieutenant Staats⸗Ministers von Stosch und des Chefs des Militär⸗-Kabinets, Generals von Albedyll, und empfingen den japanischen Prinzen Josihisa Ihita Sirakama und den Oberst⸗Kämmerer Grafen Redern.
— Ihre Majestät die Kaiserin⸗-Königin besich⸗ tigte gestern Sachse's Gemälde⸗Ausstellung.
— — Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern Abend von 7 Uhr ab der Vor⸗ stellung im Wallner⸗Theater bei.
— Das Staats-Ministerium trat heute Mittag 1 Uhr zu einer Sitzung zusammen.
— Nach 8. 2 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 kann eine Stellvertretung oder Hülfsleistung in einem gei st⸗ lichen Amt, wenn Gefahr im Verzu ge ist, einstweilen und vorbehaltlich des Einspruchs der Staatsregierung angeordnet werden. Diese Ausnahmebestimmung bezieht sich nach einem Grkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 28. November cr. ausschließlich auf die Uebertragung einer Amtsvertretung
ader Hülfsleistung durch den geistlichen Oberen, nicht aber auf die einzelnen Amtshandlungen eines überhaupt vor⸗ schriftswidrig angestellten Geistlichen. „Denn der 5§. Z des citir= len Gesetzes handelt seinem Wortlaute, wie dem ganzen Zusammen⸗ hange nach nur von der Uebertragung einer Stellvertretun oder Hülfsleistung durch den geistlichen Oberen, während der die Strafbarkeit des vorschriftswidrig angestellten Geistlichen betref⸗ fende §. 23 keine Ausnahme fur den Fall macht, daß Gefahr . . bezüglich der Vornahme der einzelnen Amtshandlung obwaltet.
— Im Anschluß an das preußische Vereinsgesetz vom 1I. März 1850 enischied das Ob er⸗-Tribu nal in der Sitzung vom 12. November er:: ) daß zur BilOdung eines Vereins ein Ueberein kommen der ihm beitretenden Personen unter einander nicht unbedingt nothwendig ist; viel— mehr kann der Eintritt der verschiedenen Mitglieder in eine für einen gewissen Zweck gegründete Vereinigung und damit die Bildung eines Vereins unter ihnen lediglich durch dritte Per⸗ sonen vermittelt werden, ohne daß die eingetretenen Mitglieder dabei zunächst in irgend welche äußerliche Berührung mit einander treten; 2) daß zur Feststellung der Existenz eines innerhalb eines Hauptvereins gebildeten engeren politischen Vereins eine besondere statutenmäßige Organisation nicht nothwendig fei; vielmehr ist es hierbei der thatsächlichen Feststellung ber Richter überlassen, ob die Statuten des Haupt⸗ vereins ausre chen, dem Erfordernisse des §. 2 des Vereingz⸗ gesetzes, daß jeder politische Verein Statuten habe, auch für den engeren Verein Genüge zu leisten; 3) daß zu den Merkmalen eines engeren Vereins im Sinne des Vereinsgesetzes die Verfol⸗ gung besonderer 3wecke im Gegensatze zu dem allgemeinen Zwecke des Hauptvereins nicht nothwendig gehören. — Der Kaplan W. zu Neustadt wurde vom Mainzer Katholiken⸗ verein, welcher in seinen Statuten die Bildung engerer Ver⸗ einigungen der an einem bestimmten Orte wohnenden Mitglie⸗ der unier einer besonderen Leitung ins Auge faßt, zum Ge⸗ schäftsführer des Hauptvereins für die Gemeinde Neustadt ernannt, um mit den dem Hauptverein beitretenden Personen eine besondere Vereinigung zu bilden. In dieser Ernennung des Kaplans W. und in seiner Annahme dieser Stellung erblickte der Staatsanwalt eine Verletzung des §. 8b. des Vereinsgesetzes, nach welchem politische Vereine mit anderen Vereinen gleicher Art zu gemein⸗ samen Zwecken nicht in Verbindung treten dürfen, und leitete deshalb die Untersuchung gegen W. ein. Sowohl in erster als in zweiter Instanz wurde der Angeklagte verurtheilt, indem der Appellationsrichter es nicht für wesentlich erachtete, ob die bei⸗ tretenden Personen sich einer Vereinigung anzuschließen beabsich⸗ tigten, welche schon geschaffen ist oder noch geschaffen wird, und das Zustandekommen des Vereins in dem Momente der Er—⸗ nennung des Angeklagten zum Geschäftsführer für die Gemeinde Neustadt und der Annahme dieser Stellung erblickte. In der gegen dieses Erkenntniß eingelegten Nichtigkeitsbeschwerde machte der Angeklagte im Wesentlichen geltend, daß überhaupt ein derartiger engerer Verein nicht ge⸗ bildet worden, da es zum Zustandekommen eines Vereins eines Uebereinkommens der ihm beitretenden Personen unter einander bedürfe, auch seien für diesen fraglichen engeren Verein gar keine Statuten festgesetzt worden. Das Ober⸗Tribunal wies jedoch diese Nichtigkeitsbeschwerde zurück, indem es in seinem Erkennt⸗ niffe die bereits oben erwähnten, für die Beurtheilung der gesetz⸗ lichen Grenzen, in welchen sich das politische Vereinswesen in Preußen zu bewegen hat, wesentlichen Sätze aussprach.
— Nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 28. November er. ist zur Feststellung des strafbaren Betruges (§. 263) nicht nothwendig, daß der Getäuschte und der Be⸗ schädigte identisch seien.
— Am 18. hat die erste Sitzung des Königlichen li te⸗ rarischen Sachverständigen⸗Vereins unter dem, nach dem Tode des Geheim⸗Raths Dr. Heydemann vom Minister bestimmten derzeitigen Vorsitzenden, Geheim⸗Rath Dr. Dambach, stattgefunden, an welcher auch die beiden vom Minister neu bestimmten ordentlichen Mitglieder, Professor Dr. Dernburg und Professor Dr. Hinschius theilnahmen. Zum Stellvertreter des Vorsitzenden ist Professor Dr. Mommsen bestimmt und wirken als ordentliche Mitglieder des Vereins außerdem die Buch⸗ händler Georg Reimer, Ferdinand Müller und Julius Springer.
— Seitens der Etats⸗-Deputation der Stadtverordneten ver—= sammlung ist am Sonnabend Abend die rechnungsmäßige Fest⸗ stellung des Stadthaushalts⸗Etats der Stadt Berlin pro 15775 nach den Beschlüssen der Versammlung vom 1I. d. N. erfolgt. Hiernach stellen sich gegen die ursprünglichen Anträge der Etats Deputation die Einnahmen um 96 000 * 48000 — 1443000 Thlr. und die Ausgaben um 48,000 — 34 000 — 14,600 Thlr. höher. Das durch die Gemeinde⸗ und Einkommen⸗ steuer zu deckende Defizit beträgt 7,786,245 Mark und beantragt bie Etats⸗Deputation, die Einkommensteuer auf diesen Betrag festzusetzen und den Magistrat zu ersuchen, der Stadtverordneten⸗ versammlung die zur Feststellung des zu erhebenden Prozent⸗ satzes der Einkommensteuer erforderlichen Unterlagen schleunigt zugehen zu lassen. Der Stadthaushalts⸗Etat schließt hiernach in Einnahme und Ausgabe mit 33, 123,476 Reichsmark ab.
= Die Bundesraths- Bevollmächtigten: Großherzoglich sãch⸗ sischer Geheimer Finanz⸗Rath Dr. Deerwart, Herzoglich sachsen⸗ altenburgischer Regierungs⸗Rath Sch lippe, Königlich sächsischer Geheimer Justiz⸗Rath Held und Großherzoglich hessischer Mini- sterlal⸗Rath Finger, find von Berlin abgereist.
— S. M. Knbt. „Albatroß“ ist am 19. Dezember er, von Santander aus nach Plymouth in See gegangen, und S. M. Knbt. „Nautilus“ hat am 20. dess. Mts. ebenfalls von San⸗ tander aus die Reise nach Westindien angetreten.
S. M. S. „Arco na“ Absicht, am 6. Oktober cr. Jokohama zu verlassen, wurde durch schlechtes Wetter vereitelt; es erfolgte vielmehr die Abreise erst am J. dess. Mts. früh. — Am 9. Okto= ber cr. ankerte das Schiff auf der Rhede von Kobe, verließ sie am 12. Abends, lief am 15. in den Hafen von Nagasaki ein, ging am 17. wieder von hier aus in See und ankerte am
30. Oktober cr. auf der Rhede von Tschifu.
— In Sigmaringen ist dem „Schw. M.“r zufolge am 13. d. M. der Kom munal⸗Landtag für Ho hen⸗ zollern durch den Königlichen Kommissarius, Regierungs⸗ Präsidenten Graaf in feierlicher Weise eröffnet worden, Die Abgeordneten waren in voller Zahl anwesend, die Tribünen dicht gefüllt. m Se. Majestät der Kaiser und König besonderes Interesse für die Stammlande hege, und bat die Abgeordneten, die ihm Aller⸗ höchsten Orts gemachten Kundgebungen in das Land hineinzu⸗ tragen. Weiter sagte der Redner:
Die Eröffnungsrede des Präsidenten betonte, wie
„Seit ich von den Hohenzollernschen Landen getrennt gewesen, haben Bewegungen von hoher Bedeutung unser äußeres und inneres Leben durchdrungen; sie durchdringen es noch bis zur Stunde. Es treten darum ernste Anforderungen an uns heran. Wir wollen aber nach Kräften bestrebt sein, ihnen zu entsprechen, ein jeder von uns in seinem Wirkungskreise. Zu jenen Anforderungen zähle ich in jetziger Zeit besonders auch die: den deutschen Geist zu stärken und zu befestigen, sowie der Auffagssung überall Cingang zu verschaffen, daß die Staatsordnung überall und stets zur Geltung kommen müsse, daz nicht Parteirücksichten in die Handhabung der Gesetze einfließen pürfen, und daß das Gesetz die Richtschnur der öffentlichen Verwaltung abzugeben habe. Auf diesem Boden werde ich in meiner Verwaltung stets anzutreffen sein fest und unerschütterlich.“
Noch berührte der Präsident die speziellen Aufgaben der gegen⸗ wärtigen Sitzung des Landtages und erklärte denselben als eröffnet. Der Vorsitzende des Kommunal-Landtages, Kreisgerichts⸗Direktor Evelt, erwiderte nach einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, die Worte des Präsidenten in einer Rede, in welcher er des früheren verdienstlichen Wirkens des Kö—⸗ niglichen Kommissars in Hohenzollern gedachte und dessen Ver⸗ sicherung, jetzt in seiner neuen Stellung den Interessen des Landes mit allem Eifer sich widmen zu wollen, freudig begrüßt.
Mögen / so schloß der Redner, „as ist mein Wunsch, der Kön gliche Herr Kommissar und wir, stets Hand 3 gemeinsam mit allen Kräften arbeiten zum Wehle der, hobenzollernschen Lande. Möge, das ist die Bitte, welche ich von dieser Stelle Jus an Sie richte, er stets der gütige Vermittler und der kräftige Vertreter der von uns im Interesse ves Landes zu äußernden Wünsche an den höchsten Stellen sein.“
Im Kommunal -⸗Landtag wurde auch der Antrag gestellt, es möchte an die Königliche Staatsregierung die Bitte gerichtet werden: dieselbe wolle die Gesetze und Verordnungen des Fürsten⸗ thums Hechingen, die bis jetzt in verschiedenen Blättern zer⸗ streut waren, soweit sie noch Anwendung finden, sammeln und veröffentlichen.
Dessen. Darm stadt, 20. Dezember. Prinz Alexander ist heute Nachmittag von San Remo zurücgekehrt. Der Minister Hofmann ist gestern Abend von Berlin wieder hier eingetroffen.
— Das Großherzogliche Regierungsblatt Nr. 60 veröffent⸗ licht ein Gesetz, die polizeiliche Aufsicht über Zuzüge und Weg⸗ züge betreffend.
— Dem Vernehmen nach wird der Finanz⸗Ausschuß der Zweiten Kammer nach einer längeren Pause am 23. d. M. wieder zusammentreten, um eine Reihe von Berichten festzustellen und weiter über eine Anzahl von Gegenständen zu berathen, welche inzwischen von den Referenten vorbereitet worden sind.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meinin⸗ gen, 17. Dezember. (Hr. J.) Der Landtag hat bei der Be⸗ rathung des Kultus⸗Etats auch über erhöhte Zuschüsse zur Uni⸗ verfität Jeng berathen. Diese Hochschule bezieht etwa 14,000 Thaler aus ihrem Grundvermögen, 30, 877 Thaler steuert Weimar bei, Altenburg 8075, Coburg-Gotha und Meiningen je 6061 Thaler. Der Landtag in Meiningen hat vor der Bewilligung eines höheren Beitrags erst Nachforschungen über den Bedarf
anzustellen beschlossen. Inzwischen hat aber der Kurator der
Universität, v. Seebeck, seine Entlassung nachgesucht.
Reuß. Gera, 18. Dezember. (L. 3.) Der Landtag wurde, nachdem er sämmtliche Vorlagen und sonstige Eingaben und Anträge erledigt, heute vertagt. In der letzten Sitzung wurde noch das ganze Gesetz über den Geschäͤftskreis der Physikatsärzte vollständig durchberathen. In der Reihe der vorausgehenden täglichen Sitzungen beschäftigte den⸗ selben namentlich der Etat auf die Finanzperiode 1875 - 77, wo⸗ bei in jeder einzelnen Sitzung kleinere Vorlagen mit abgethan wurden. Der Entwurf des Ministeriums hatte diesmal drei verschiedene Ausgabeposten von bedeutender Höhe in den Etat nicht aufgenommen und brachte so einen Ueberschuß von nahe an 60,600 M. heraus. Der Bericht der Finanz⸗ Kommission monirte dies, weil eine derartige Aufstellung nicht geeignet sei, ein vollständig klares Bild von der Finanzlage des Staates zu geben. Es sind jene drei Ausgaben die Reichszwecke, die zur Tilgung der Papiergeldschuld und die für Eisenbahn⸗ garantien. In der betreffenden Sitzung verwahrte das Mini⸗ sterium sich gegen die Auffassung, als habe es beim Auslassen jener Posten beabsichtigt, durch den scheinbaren Ueberschuß eine Täuschung über die Finanzlage des Staates hervorzurufen. Die Einstellung sei lediglich deshalb nicht erfolgt, weil die Aus⸗ gaben für Reichszwecke sich mit Bestimmtheit nicht etatisiren lassen; die Ausgaben zur Tilgung der Papiergeldschuld aber von Sr. Durchlaucht dem Fürsten (im Betrage von ea. 295,000 M. auf dessen Kammerkasse übernommen und die für die Cisenbahngarantien aus einem besonderen Fonds be⸗ stritten werden follten, den man aus dem Antheil an den franzö⸗ fischen Kriegsentschädigungen zu bilden beabsichtige. Der Land⸗ tag stellt die Ausgabe für Reichszwecke mit 160 000 M. jãhrlich in den Etat ein, weil der Beitrag zu denselben, wenn eine er⸗ hebliche Steigung nicht vorkomme, in den nächsten drei Jahren sich nicht über 157 6090 M. belaufen werde. Die Eisenbahn⸗ garantien wurden mit 86,194 M. in den Etat eingestellt und dagegen die Zinsen von dem Kriegskostenantheil, der sich für das Fürstenthum auf 1002,912 M. beläuft, zu 4 Prozent mit 45000 M. in Einnahme gebracht. Nach einer Aeuße⸗ rung des Ministeriums hält dasselbe für richtig, das Uebrige zur vollen Deckung des Garantiebetrages vom Kapital zu nehmen, um nicht die Gegenwart zu Gunsten der Zu⸗ kunft zu benachteiligen. — Hervorzuheben ist. noch— daß die Ausgabe für Schulen diesmal mit über 61,0909 M. höher in den Etat eingestellt ist, als vor drei Jahren. Bei den sast durchweg erhöhten Positionen der Beamtengchalte strich der Landtag von den in Summa gegen 300 000 M. betragenden einzelnen Gehaltssätzen nur 86 M., bewilligte am Schlusse der ECtatberathung auf dringendes Ersuchen des Ministers v. Harbou aber auch diefen Abstrich noch nachträglich. 4 Bald nach Neujahr wird voraussichtlich im Interesse der Deckung des vorhandenen Defizits ein außerordentlicher Landtag einberufen werden und dabei jene Frage mit Erledigung finden. Lübeck, 21. Deember. (Lüb. Ztg. In der heutigen Sitzung der Bürgerschaft wurde das Staatsbudget für 1855 in der vom Senate vorgelegten Aufmachung im Uebrigen bewilligt, nur in Art. 23 der Ausgabenseite „Verschiedene Zah⸗ lungen!“ auf Antrag des Ober⸗Posidirektors Lingnau eine Po⸗ sttion von 12, 000 Rmk. aufgenommen, welche dem Senate zur Verfügung gestellt werden, damit derselbe dem Musikverein die Forterhaltung seiner ständigen Kapelle ermöglichen und dem TheaterdirektSr hinst ttlich der Kosten des Orchesters Erleichte= rungen gewähren könne. Die übrigen drei Anträge wurden von unwesentlichen Modifikationen zur Stempelordnung ab⸗ gesehen der Senatsvorlage entsprechend, einstimmig erledigt.
Schweiz. Bern, 21. Dezember. (W. T. B.) Der Ständerath hat heute ebenfalls den internationalen Post⸗ vertrag vom 9. Oktober e. einstimmig angenommen.
Der Bundesrath hat in seiner heutigen Sitzung eine Vereinbarung mit den Postverwaltungen Deutschlands, betreffend die Einführung eines internationalen Postmandates, genehmigt.
Belgien. B üssel, 18. Dezember. Der „Etoile“ zufolge findet die Vermählung der Prinzessin Louise mit dem Prinzen Philipp von Sachsen am 4. Februar statt.
Frankreich. Versailles, 21. Dezember. W. T. B.) Der Justkz⸗Minister hat in der heutigen Sitzung der Abtheilung, welche mit der Prüfung der Wahl des bonapartistischen Abgeordneten Bourgoing betraut ist, den Einstellungsbeschluß des Untersuchungs⸗ richters in der Angelegenheit des Comité des Appel au peuple vorgelegt. Der Minister erklärte gleichzeitig, daß er es ablehnen müffe, die bisherigen Prozeßakten der Abtheilung zu übermitteln, welche er derselben nur aushändigen werde, wenn die National⸗ versammlung dies speziell verlangen sollte. Die Abtheilung wird morgen darüber beschließen, ob es erforderlich erscheint, ein be⸗ treffendes Ersuchen an die Nationalversammlung zu richten.
In der Sitzung der Nationalversammlung wurde heute die zweite Berathung des Gesetzentwurfs über die Organi⸗ sirung des höheren Unterrichts begonnen. Ein Amendement des Deputirten Bertauld (Linke), welches die unbeschränkte Frei⸗ heit und die Oeffentlichkeit aller Lehrcourse verlangte, wurde ab— gelehnt. Die Diskussion wird morgen fortgesetzt werden.
Spanien. Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Bayonne vom 21. Dezember telegraphirt: Die Mecklenburger Brigg „Gu st av ö welche, von New⸗gJork kommend, am 11. d., Schutz suchend, in die Bucht von Guetaria einlief, ist, trotzdem sie die deutsche Flagge und die Nothflagge hißte, von den Carlisten beschossen worden. Das Schiff lief am anderen Tage in der Nähe von Zarauz auf den Strand. Freiwillige von Guetaria retteten den Kapitän und die Mannschaft nach San Sebastian, während die Carlisten von Zarauz eine Unzahl von Schüssen gegen das Rettungsboot richteten. Die Ladung ist in den Händen der Carlisten. Ein Parlamentär ist abgesandt worden.
Italien. Rom, 17. Dezember. (It. N.) In der Sitzung der Deputirten kammer vom 16. wurde der vom Minister des Innern eingebrachte, die öffentliche Sicherheit betref⸗ fende Gesetzent wurf nebst einigen Beilagen unter die Mit⸗ . des Hauses vertheilt. Die Hauptbestimmungen desselben auten: —
1) Die Königliche Regierung wird ermächtigt, in allen Provinzen und Gemeinden des Königreichs, wo die öffentliche Sicherheit durch häufige; Vorkommen von Mord und Todtschlag und Vergewal⸗ tigungen gestört, und wo Räuber, Diebes und Mörderbanden hausen und Camorra. und Maffisverbindungen existiren, welche Personen und Eigenthum gefährden, die Bestimmungen des vorliegenden Ge⸗ setzes entweder ganz oder theilweise in Anwendung zu bringen.
2) Alle Personen, welche verdächtig sind, einer der im ersten Ar⸗ tikel angeführten Banden anzugehören oder ihr Hehler und Helfers helfer zu sein, und überhaupt alle, die unter den Begriff des 105. Artikels des die öffentliche Sicherheit betreffenden Gesetzes fallen, dürfen auf Befehl des Präfekten oder Unterpräfekten in Präventivhaft genommen werden, bis zur Sammlung der Informationen, welche nöthig sind, damit die betreffenden Individuen dem Gerichte oder der im 12. Artikel erwähnten Kommission überliefert werden können.
3) Der Präfekt, Unterpräfekt und Quästor dürfen zu jeder Zeit und an sedem Orte, wo sie Personen, Waffen und andere im ersten Artikel angedeutete Gegenstände zu finden Ursache zu glauben haben, Besuche und Haussuchungen vornehmen lassen,
12) Die im zweiten Artikel erwähnten Individuen können auf Befehl des Ministers des Innern internirt oder in Zwangsaufent⸗ halt verwiesen werden. Dieser Befehl erfolgt, auf Antrag Rs Prãä⸗ fekten und auf Empfehlung einer Lokalkommission. Diese Kommis⸗ sion zieht die nöͤthigen Erkundigungen ein und vernimmt die ihr an— gezeigten Individuen, wenn sie es für gut befindet, persönlich. Die Internirung kann von einem bis zu fünf Jahren dauern.
— Ueber den jüngst verstorbenen Präsidenten des italie⸗ nischen Senats, Grafen des Ambrois de Nevache, Ritter des Annunciatenordens, bringen die Blätter folgende biogra⸗ phische Notizen: Graf des Ambrois de Nevache wurde im Jahre 1844 von König Karl Albert zum Minister des Innern und der öffentlichen Arbeiten ernannt und nahm in dieser Stellung einen wesentlichen Antheil an den Reformarbeiten, welche die Einfüh⸗ rung des konstitutionellen Regiments vorbereiteten. Ihm gebührt das Verdienst, die erste Anregung zur Durchbohrung des Mont⸗ Cenis gegeben und die ersten Vorstudien angeordnet zu haben. Im Jahre 1848 unterzeichnete er mit seinen Kollegen das piemontesische Statut, welches die Grundlage der heutigen italienischen Verfassung bildet. Später trat er in den diploma⸗ tischen Dienst über, war zur Zeit des italienischen Krieges pie⸗ montesischer Gesandter in Paris und Bevollmächtigter seiner Re⸗ gierung bei den Züricher Friedensverhandlungen. An den großen Diensten, welche Ratazzi damals unter den schwierigsten Ver⸗ hältnissen seinem Vaterlande leistete, hat des Ambrois einen großen Antheil; er war der treue, geschickte und glückliche Mit⸗ arbeiter des ersten Ministers. Auch an der späteren Entwickelung der italienischen Verhältnisse nahm er einen lebhaften Antheil und starb auf dem höchsten Ehrenposten, welchen sein König dem hochbetagten Patrioten verleihen konnte. Von den Ministern Karl Alberts, die ihren Namen mit dem Wendepunkt der ita⸗ lienischen Geschichte verknüpft sahen, ist Graf des Ambrois als der letzte zu Grabe gegangen.
21. Dezember. (W. T. B.) Der Papst hat in dem heute abgehaltenen Kon sistorium die Erzbischöfe, und Bischöfe für fünf italienische Sprengel und ferner für die Sitze von Antiochia, Tours, Rheims, Le Mans, Tarbes, Agen, Lugos und Truillo ernannt. Mittelst Breves wurden Ernen⸗ nungen für acht weitere Sprengel (darunter Nottingham nnd Ottawa) vollzogen und außerdem 17 Bischöfe in partibus in— fidelium ernannt.
Türkei. Ein Telegramm aus Cattaro, 21. Dezember, Abends, meldet: In Scutari Albanien) hat gestern Morgen, wie von dort gemeldet wird, der Blitz in den Pulverthurm eingeschlagen. In Folge der Ezplosion ist ein Theil der Stadtmauer und eine große Anzahl Häuser eingestürzt. Ueber 200 Personen sind umgekommen oder verwundet worden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 15. Dezember. Der König hat beschlossen, das sogenannte Gesetzbureau auf⸗ zuheben und an dessen Stelle ein Comité, welches den Namen „das neue Gesetzaus arbeitungs⸗Comit«“ tragen soll, zu setzen. Zum Vorsitzenden und Präsidenten dieses Comites ist L. de Geer, zu Mitgliedern die Revisions⸗Sekretäre Wedberg, und Destergreen, Assessor Oerbom und Adjunkt Annerstedt er⸗ nannt worden.
Dänemark. Kopenhagen, 18. Dezember. Das Lands⸗ thing hat heute seine Ferien, welche bis Mittwoch, den 6. Ja⸗
nuar, dauern, angetreten. In der heutigen Sitzung wurden ohne Diskussion und einstimmig bei dritter Behandlung die Vor⸗ schläge wegen Verbot gegen Annahme der schleswig⸗holsteinischen Münzen und wegen des Beitrages der westindischen Inseln zum Staaishaushalt angenommen, welche Gesetze jetzt vom Reichstage erledigt sind.
Amerika. New⸗gork, 21. Dezember. (W. T. B.) In einer von Mitgliedern des Senats abgehaltenen Versamm⸗ lung wurde die Frage wegen Wiederaufnahme der Me⸗ talkzahlungen diskutirk und die Einbringung einer Gesetz⸗ vorlage vorgeschlagen, Inhalts deren von dem Jahre 1879 an die Einlöfung des Staatspapiergeldes mit Gold er⸗ folgen soll, während inzwischen die in Umlauf befindliche Pa⸗ piergeld⸗Scheidemünze durch Silbermünzen ersetzt werden würde. Die Errichtung von Privatbanken mit der Befugniß zur Aus⸗ gabe von 100. Dollarnoten soll freigegeben, die in Umlauf be⸗ findlichen Greenbacks sollen eingezogen werden, bis deren Ge⸗ sammibetrag auf die Summe von 300 Mill. Dollars reduzirt worden ist. Schatzsekretär Bristow soll zum Verkauf von Bonds ermächtigt werden, um dadurch die Goldreserve zu vermehren und die Einlösung der Greenbacks zu erleichtern. Die der republikanischen Partei angehörigen Senatoren haben sich sämmt⸗ lich für eine solche Bill ausgesprochen.
Asien. China und Japan. (A. A. C.) Der Dampfer „Vancouver“ brachte nach San Francisco bis zum 28. Oktober reichende Nachrichten. Darnach hatten die Chinesen in alle For⸗ derungen der Japaner eingewilligt und versprochen, die Piraten von Formosa unter Kontrole zu halten, wenn die Japaner ab⸗ gezogen sein würden. Die Behörde von Hongkong hatte Maß⸗ regeln ergriffen, um die Verschiffung von Frauen nach San Francisco zu verhindern. Hr. Avery, der Gesandte der Vereinigten Staaten, verließ am 14. Shanghai, um sich nach Peking zu begeben. In Japan waren die Beziehungen des Gesandten der Union und der Regierung gut, obwohl seine Vorstellungen gegen die militärische Registrirung seiner Diener unbeachtet gelassen wurde. Der Kessel eines Dampfers war auf dem Bivi⸗See explodirt, wodurch ein Verlust von 100 Menschenleben verursacht wurde.
Nr. 90 des „Amts ⸗Blatts der Deutschen Reich s⸗Post⸗ Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Generalverfügun zen vom J9. Dezember i874: Postordnung; vom 19. Dezember 1874: Die in der neuen Postordnung enthaltenen, vom 1. Januar 1875 an gütigen Gebührensaͤtze in der Reichsmarkwährung.
Statistische Nachrichten.
Der Magistrat der Stadt München, hat in der Sitzung vom JI5. d M. die Gründung cines städtischen statistischen Buregus beschlossen. Nach dem Statut soll das statistische Bureau mit 1. Januar 1815 ins Leben treten, statistische Daten über alle für das Gemeindeleben Münchens bedeutsamen Verhältnisse sammeln, ordnen, zu übersichtlichen Darstellungen verarbeiten und veröffentlichen. Das Personal besteht aus einem Vorstand und zwei Hülfsarbeitern, welche wieder einer kontrolirenden Kommission unterstehen. Vorsitzen⸗ der dieser Kommission ist ein Bürgermeister.
— Von der Großherzoglichen mecklenburg⸗-schwerinschen Prü— fungs⸗Kommission für Einjährig⸗Freiwillige in Schwerin sind in den 7 Jahren vom Herbst 1867 bis zum 31. Oktober 1874 im Ganzen 2406 Berechtigungsscheine zum einjährig freiwilligen Militärdienste ertheilt worden, und zwar 181 auf Grund von Zeug⸗ nissen der Reife zur Universfität, S1i7 auf Grund von Gymnasial— Zeugnissen, 997 auf Grund von Zeugnissen von Realschulen erster und zweiter Ordnung, 22 auf Grund von Zeugnissen anderer Lehranstalten und 389 in Folge abgelegten Examens. Der Nachweis der wissen⸗ schaftlichen Qualifikation ist hiernach in 84 Prozent aller Fälle durch Atteste und in 16 Prozent derselben durch Ablegung des Examens erbracht worden.
— Das soeben erschienene XII. Heft V. Bandes der Nachrichten über Industrie, Handel und Ver kehr aus dem Statistisch en Departement im Kaiserlich Königlichen Handels-Mini⸗ sterium, Mittheilungen der Kaiserlichen und Königlichen österreichisch⸗ ungarischen Konsulats⸗Behörden (Wien 1874, in Kommission bei Ferd. Meyer), hat folgenden Inhalt: Leipzig. (Michaelismesse 1874.) — Bastia. (Volkswirthschaftliche Verhältnisse der Insel Corsieg im Jahre 1872) — Odessa. Schiffahrts und Handelsverkehr im Jahre 5373.) — Kopenhagen. (Handels- und Schiffahrtsverkehr von Däne⸗ mark im Jahre 1873.) — Havana. (Schiffahrts⸗ und Handelsverkehr in den Häfen der Insel Cuba im Jahre 1873) — Calcutta. (Wirth⸗ schaftliche Verhältnisse im Jahre 1873.) — Buenos ⸗Ayres. (Schiff⸗ fahrts⸗ und Handelsvomrkehr der Argentinischen Republik im Jahre 1872)
— Den Beilagen zu dem Gesetzentwurfe, betreffend die öffent⸗ liche Sicherheit in It alien, entnehmen die „It. N.“ folgende statistische Angaben über Verbrechen, welche vom 2 Semester 1871 bis zum 2. Trimester 1874 verübt worden sind: im 2. Halb jahre 1871 sind 1355 Morde und Todtschläge und 912 Mordversuche, 22,592 Ver⸗ wundungen, 2603 Beraubungen und Erpressungen, und 34,791 Dieb⸗ stähle vorgekommen. Für das Jahr 1872 finden sich verzeichnet: 2080 Ermordungen und Todtschläge, 1540 Mordversuche, 37,355 Ver⸗ wundungen, 4605 Beraubungen und Erpressungen, 69,524 Diebstähle. Im Jahre 1873: 1855 Ermordungen und Todtschläge, 1415 Mord⸗ derfuche, 317717 Verwundungen, 3092 Beraubungen und Erpressungen, 55, 37 Diebstähle. Auf die ersten Drei Vierteljahre von 1874 fallen 45g Ermordun zen und Todtschläge, 1105 Mordversuche, 23,352 Verwundungen, 30902 Beraubungen und Erpressunzen, 55,137 Diebstähle. Die Zahl der am J. Januar 1874 unter poli- zeiliche Aufsicht gestellten Individuen in verschiedenen Provinzen belief sich in Rom auf 446, 1901 in Piemon!, 1025 in der Lom⸗ bardei, 1300 in der Emilia, 1932 in den Marken und Umbrien, 3728 in Neapel, 744 in Sardinien, 1086 auf der Insel Sicilien.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Aus den Sitzungen der historischen Vereine im Monat November d. J.: Verein für Geschichte der Mark Branden⸗ burg: Beendigung der Verlesung der Würdingerschen Arbeit über Friedrich von Lochen, der von 1347 — 1355 der oberste Landeshaupt⸗ mann der gesammten Mark Brandenburg war und 1365 zu Boitzen burg, das ihm gehörte, starb. — Verein für die Geschichte Berlins: Mag-⸗Sekretär Ferd. Meyer über, das Kloster und die Kirche der schwäarzen Brüder (Dominikaner) auf dem Schloßplatz zu Berlin.“ Die Dominikanerkirche — nach Leutinger im Jahre 1345 erbaut. — lag, ein schlichtes Bauwerk aus Backsteinen, auf dem Raum zwischen der Brüder und Breitenstraße; im J. 1451 verwandelte Kurfürst Fried⸗ rich 11. diese Kirche in eine Pfarikirche und errichtete 1469 ein neues Stift und Kollegium zu. Ehren der Marie, des heiligen Kreuzes, St. Peters, St. Pauls und St. Erasmus. 1536 hob Kurfürst Joachim II. das Dominikanerkloster auf, erhob die Rlosterkirch? zum Domstift, legte für sich und seine Nach⸗ kommen (ine Färstengruft darin an und sorgte dafür, daß sein Groß⸗ vater, wie sein Vater und seine Mutter u. s. w. daselbst begraben wurden. Gleichzeitig wurden an der Westseit., der Kirche zwei quadratische Thürme, sowie ein Uhrthurm errichtet. Seit der Mitte des 17. Jahrh. begann der Verfall der „Domkirche“. 1681 ward der Glockenthurm abgerissen, 1716 fiel die Mauer des großen Dom kirchhofes an der Een mie ein, 1747 bezann die südliche Seite des Domes sich zu senken. König Friedrich Il. befahl daher den Abbruch der Kirche, und am 16. Juli i747 wurde die letzte Predigt und