Den erwählten Vertrelern der Bürgerschaft von Berlin danke Ich von Herzen für den freundlichen Glückwunsch, welchen Sie zum Jahreswechsel Mir dargebracht haben. Ich erwidere denselben auf ⸗ richtig und hoffe, daß Gottes Segen auch in dem neuen Jahre Wohl- fahrt und Gedeihen der Hauptstadt schützen und fördern möge, wie bisher.
Berlin, den 4. Januar 1875.
Friedrich Wilhelm, Kronprinz.
— Nach den bisherigen Bestimmungen sind für diesen Winter folgende Hoffestlich keiten in Aussicht genommen:
Am 17. Januar: Krönungs⸗ und Ordengfest im Königlichen Schlosse; am 21: Cour und Konzert im Königlichen Schlosse, am 22: Subskriptionsball im Königlichen Opernhause; am 25: Ball und Souper bei Ihren Rasserlichen und König⸗ lichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin; am 28.: Ball und Souper im Königlichen Schlosse; am 1. Fe⸗ bruar: kleiner Ball bei den Kronprinzlichen Herrschaften; am 3. Soirée bei Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Carl; am 4: Ball und Souper im Königlichen Palais; am 8.: Ball und Souper bei Ihren Königlichen Hohei⸗ ten dem Prinzen und der Prinzessin Carl; am 9.: Ball und Souper im Königlichen Schlosse. ; .
Außerdem werden stattfinden: am 24. Januar: Diner bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen August von Württem⸗ berg; am 26: ein größeres Diner bei dem Kaiserlich türkischen Bolschafter Aristarchi⸗Bey; am 27: Ball bei dem Kaiserlich Königlich österreich⸗-ungarischen Botschafter Grafen Carolyi; am 5. Februar: Ball bei dem Botschafter Frankreichs, Vicomte de Gontaut⸗Biron.
— Das Staats⸗Ministerium trat heute Mittag 1 Uhr zu einer Sitzung zusammen.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesragths für Justizwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen, der Ausschuß für Rechnungswesen, der Ausschuß fuͤr das Land⸗ heer und die Festungen und der Ausschuß für Handel und Ver⸗ kehr hielten heute Sitzungen.
— Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Deut⸗ schen Reichs z ages wurde der Gesetzentwurf, betreffend das Retablissement des Heeres in dritter Lesung nach den Vorschlägen der Budgetkommission unter Ahän⸗ derung der Ueberschrift auf Antrag des Abg. Dr. Stephani angenommen. Dann erledigte das Haus mehrere Wahl⸗ prüfungen und beschäftigte sich schließlich mit Peti⸗ tionen, die sämmtlich nach den Anträgen der Petitions⸗Kom⸗ misston erledigt wurden. Der Petitionsbericht über die Eisen⸗
bahntarifreform wurde auf Antrag des Abg. Berger von der
Tagesordnung abgesetzt. Schluß 31/ Uhr.
— In der heutigen (39.) Sitzung des Deutschen Reichstags, welche um 11 Uhr begann und welcher am Tische des Bundesraths der Prästdent des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, der Wirkliche Geheime Rath, Ministerial⸗Direktor v. Philipsborn, der General- Major v. Voigts⸗ Nhetz, der Serncrat Majer Tries und mehrere Bundeskommissa⸗ rien beiwohnten, wurde der Konfsäalarvertrag zwifcher.
dem Deutschen Reiche und Rußland vom 8. Dezember (26. November) 1874 ohne erhebliche Diskussion in erster und zweiter Berathung genehmigt. Der Abg. Frühauf sprach die Erwartung aus, daß es bald zu dem Abschluß eines Handels-
vertrages mit Rußland kommen werde. Hierauf trat das Haus in die zweite Berathung des Gesetzentwurfs über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden (S. Nr. 261 d. Bl.) ein, welche durch einen Vortrag des Berichterstatters der Kommisston, Abg. Dr. Weigel, einge⸗ leitet wurde. Bis zum Schlusse des Blattes wurden die §§. 1 bis 3 des Entwurfes nach den Beschlüssen der Kommission ohne Debatte angenommen.
— Im Anschlusse an die Zusammenstellung des Rechts der väterlichen Gewalt, welche im letzten Jahrgange des Justiz⸗m Ministerial⸗Blattes S. 128 ff. enthalten ist und welche bezweckte, einen allgemeinen Ueberblick über die Entwickelung des bestehen⸗ den Rechts zu geben, beginnt das Justiz⸗Ministerialblatt Nr. 2 den Abdruck von Aufsätzen über Einzelfragen aus dem Recht der väterlichen Gewalt, von Geheimen Justiz⸗Rath Dr. Stölzel, auf welche damals nur andeutungsweise ein⸗ gegangen werden konnte.
Diese Fragen sind angeregt durch verschiedene in der Praxis des Justiz⸗Ministeriums vorgekommene Spezialfälle. Zunächst wird die Frage erörtert: Ist nach preußischem Landrecht die Legi⸗ timation des außerehelichen Kindes eines katholischen Priesters durch obrigkeitliche Deklaration zulässig?
— Wenn mehrere Personen sich zu einem gemein⸗ schaftlichen Gewerbebetrieb vereinigen, so muß nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 4. Dezember 1874 jeder derselben, auch wenn das Gewerbe in einem Lokale betrieben wird, den Beginn des Betriebes bei der Kommunalbehörde anmelden. Die Anzeige resp. Ver— steuerung des Gewerbes Seitens eines der Theilhaber schließt die Strafbarkeit des anderen, der die Anzeige unterlassen, nicht aus.
— In einer Injurien⸗Prozeßsache entschied das Ober⸗ Tribunal in der Sitzung vom 27. November 1874, daß der erst nach ergangenem Ürtel erster Instanz vorgenom⸗ mene Sühneversuch nicht für wirksam zu erachten sei. „Artikel XVIII. des Einführungsgesetzes vom 14. April 1851 verbietet die Zulassung einer Klage vor Anstellung des vor⸗ schriftsmäßigen Sühneversuchs, und dieser Mangel kann daher nicht dadurch beseitigt werden, daß das Sühneverfahren erst im Laufe der Instanzen vorgenommen wird.“ ;
— Die rechtswidrige Zueignung und Unterschlagung einer fremden Sache, die Jemand in Gewahrsam hat, kann nach einem Erkenntniß des Ob er⸗Tribunals vom 17. Dezember 1874 auch darin gefunden werden, daß derselbe diese Sache mit seinen eigenen Sachen vermischt und sie dem wirklichen Eigen⸗ thümer gegenüber als sein Eigenthum erklärt. Der Ausdruck: Zueignung — setzt, wie das Ober⸗-Tribunal ausführt, „aller⸗
dings in 8. 246 des Strafgesetzbuches (betreffend Unterschlagung) eine Thatsache voraus, da nach 5. 1 des Strafgesetzbuchs über— haupt nur äußere Handlungen Gegenstand der Strafandrohung im Strafgesetzbuche sind. Allein der Appellationsrichter hat auch deutlich zu erkennen gegeben, daß er von dieser richti⸗ gen Auffassung , indem er die rechtswidrige Zueignung im vorliegenden Falle darin erblickt, daß der Angeklagte das dem M. gehörige Schränkchen seinem Vermögen einverleibte,
mit der obwaltenden Absicht, als Sigenthümer über dessen Substanz ausschließlich zu verfügen, und in dieser Absicht sie dem Eigenthümer vorenthielt, und sogar als dessen Eigenthum abstritt und als eigenes prätendirte. Denn sowohl in dem Ein⸗ verleiben einer fremden Sache in das eigene Vermögen, d. h. in dem Vermischen derselben mit den dem Thãter selbft gehörenden Sachen, wie in dem Vorenthalten oder Abstreiten einer fremden Sache kann eine Thathandlung befunden werden, welche geeignet ist, die ursprünglich straflose Gewahrsam einer fremden Sache zu einer strafbaren zu machen.“
Görlitz, J. Januar. (W. T. B.) Der Magistrat hiesiger Stadt hat in Gemeinschaft mit mehreren anderen Kommunen beschlossen, an den Reichstag eine Petition abzusenden, dahin gehend, die in dem Bankgesetz entwurf stipulirte Befreinng der Banken von der Zahlung von Kommunalsteuern abzulehnen.
Bayern. München, 6. Januar. Se. Majestät der König hat auf Antrag des Kultus ⸗Ministeriums die Ausführung des Baues der neuen Akademie durch Pro⸗ fessor v. Neureuther genehmigt, und demselben den Titel und Rang eines Königlichen Ober⸗Bauraths verliehen.
— Der Magistrat hat gestern mit 17 gegen 9 Stimmen dem Beschluß der Gemeindebevollmächtigten stattgegeben, wonach pro 1875. nur eine Gemeindeumlage von 70 Prozent erhoben werden soll. Der Magistrat beschloß ferner, daß die erledigte Stelle eines Schulraths wieder besetzt und die Bewerbung öffentlich ausgeschrieben werden solle.
Sachsen. Dresden, J. Januar. Der Großherzog Fer⸗ dinand und die Großherzogin Alice von Toscana mit Prin⸗ zessin⸗Tochter, der Erzherzogin Antoinette (der Nichte der Königlich sächsischen Majestäten) sind heute Mittag zu einem Besuche am Hofe hier eingetroffen. Der König hat die Hohen Gäste im böhmischen Bahnhofe empfangen und nach dem Schlosse geleitet; dieselben gedenken einige Zeit hier zu verweilen. — Gestern Abend fand im Königlichen Schlosse der erste diesjährige Hofball statt. Der König, die Königin, Prinz und Prinzessin Georg und die verwittwete Fürstin Reuß j. L. wohnten dem⸗ selben bei. Die Zahl der Theilnehmer an dem Ballfeste, unter denen die Gesandten mit ihren Gemahlinnen, die Staats⸗Mi⸗ nister, die Generalität ꝛc. sich befanden, hat gegen 500 betragen.
— Für das Jahr 1875 sind folgende Geschwornen⸗ gerichts-Präsidenten ernannt worden: 1) zum Präsidenten des Geschwornengerichts zu Dresden der Direktor des Bezirks⸗ gerichts Dresden, Geheimer Justiz⸗Rath Karl Louis Wehinger, 2). zum Präsidenten des Geschwornengerichts zu Leipzig der Direktor des Bezirksgerichts Leipzig, Geheimer Justiz⸗Rath Walter Petsch, 3] zum Präsidenten des Geschwornengerichts zu Chemnitz der Direktor des Bezirksgerichts Chemnitz, Karl Theodor Brückner, 4) zum Präsidenten des Geschwornengerichts zu Zwickau der Direktor des Bezirksgerichts Zwickau, Appellations⸗ Rath Friedrich Erdrnann Seifert, 5) zum Präsidenten des Geschwornengerichts zu Bautzen der zum Direktor des Bezirks⸗ gerichts Bautzen designirte zeitherige Direktor des Bezirksgerichts Zittau, Alexander Eduard v. Mücke, und 6) zum Präsidenten des Geschwornengerichts zu Glauchau der Direktor des Be⸗ zirksgerichts Glauchau, Philipp Albrecht Vollert.
— Nachdem die Angehsrigen der im Kriege von 1870/71 dem Kznilich sächst chen . Arnmne⸗Corps zugehörig gewese⸗ nen und infolge jenes Krieges vermrß ien Perf o Ren auf Todeserklärung angetragen haben, ist vom Königlichen Gerichts⸗ amt im Bezirksgericht hierselbst auf Grund des betreffenden Ge⸗ setzes vom 25. Juni v. J. eine Gdiktalladung erlassen wor⸗ den, in welcher die Namen von 408 Personen aufgeführt sind. Die letzteren werden, unter der Verwarnung, daß ste außerdem für todt erklärt werden sollen, geladen, späͤtestens in dem auf den 20. März d. J. anberaumten Anmeldungstermine an Ge⸗ richtsstelle zu erscheinen, worauf wegen der Außengebliebenen der 17. April d. J. mit Inrotulation der Akten zum Verspruch und der 12. Juni d. J. mit Bekanntmachung eines Enderkennt— nisses verfahren werden wird.
Baden. Karlsruhe, 4. Januar. Die „Karlsr. Ztg.“ meldet im amtlichen Theile, daß der Großherzog unter dem 31. v. M. den Ministerial⸗Rath im Großherzoglichen Handels⸗ Ministerium Hermann Poppen seiner gleichzeitigen Funktion bei der General⸗Direktion der Großherzoglichen Staats⸗-Eisen⸗ bahnen entbunden und den Ministerial⸗Rath Wilhelm Schupp unter Belassung auf seiner Stelle im Großherzolichen Handels- Ministerium zum Mitglied der General⸗Direktion der Groß⸗ herzoglichen Staats⸗Eisenbahnen und regelmäßigen Stellvertreter des General⸗Direktors bei dessen Verhinderung ernannt hes.
HGessen. Darm stadt, 6. Januar. Gestern trat nach längerer Pause der Gesetz gebun gs⸗Ausschuß der Zweiten Kammer wieder zusammen. Es handelte sich um die Gesetzent⸗ würfe über die Pensionirung der widerruflich angestellten Beamten und die Ablösung der Wald⸗Ser vituten. Der Sitzung wohnten die Spitzen der einzelnen Ministerien bei. Wie man dem „Fr. J.“ mittheilt, stieß die erste Vorlage im Wesent⸗ lichen auf keinen Widerspruch, nur wird vom Ausschuß ein Ersuchen an die Regierung zu richten beabsichtigt: in Erwä⸗ gung zu ziehen, ob nicht und beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen ein Theil der von der Regierung in dem den Motiven beigegebenen Verzeichniß als widerruflich anzustellenden Beamten unter die unwiderruflich Anzustellenden aufzunehmen sei. —Demselben Blatte zufolge wird, nachdem das Gesetz wegen Bewilligung der Sterbe⸗Quartale in Kraft getreten ist, und nachdem die Regierung schon einige Zeit zuvor die monatweise Auszahlung der Beamtengehalte angeordnet hatte, auch die mo⸗ natliche Vorausbezahlung der Besoldüungen angeordnet werden.
Mecklenburg. Schwerin, 7. Januar. Wie die „Meckl. Anz.“ mittheilen, hat aus Veranlassung der Sr. Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzoge von Seiten Sr. Hoheit des Bey von Tunis bewiesenen Aufmerksamkeiten Se. Königliche Hoheit der Großherzog dem Bey das Großkreuz des Hausordens der Wendischen Krone verliehen.
Anhalt. Dessau, 5. Januar. Der Gemeinderath der Stadt Bernburg hat in einer Iãmmediat⸗Eingabe vom 3. Oktober v. J. bei dem Herzoge darüber Beschwerde geführt, daß unter Mit- und Einwirkung des Staats-Ministeriums von dem Kreise Bernburg die Gruͤndung einer Kreis kommunal⸗Spar⸗ kasse beschlossen worden ist und diesem Institut vermöge einer mit der Verwaltung der sogenannten alten Bernburger Sparkasse beziehentlich der dortigen Loge Alexius zur Be⸗ ständigkeit getroffenen Abkommens die Aktiva und Passtva dieses letzteren Spar⸗Institutes, mit Ausschluß eines für
milde Zwecke bestimmt bleibenden Theils des bei der Liquidation sich ergebenden Ueberschusses, überwiesen werden sollen. Die Beschwerde des Gemeinderaths gipfelt in dem An⸗ trage: Se. Hoheit möchten: I) eine andere dem Interesse der Sparer aus der Stadt Bernburg mehr entsprechende Disposition über die Verwaltung des vorhandenen Logen⸗Sparkassen⸗Fonds treffen und 2) dem Kreise eine Konzession zur Errichtung einer zweiten Sparkasse in der Stadt Bernburg nicht ertheilen, even⸗ tuell: Se. Hoheit möchten in Gnaden die Verfügung treffen, daß die Ausführung der vorgedachten Maßregel bis dahin suspendirt werde, wo bezüglich der anderen Kreise dieselbe Maßregel zur Ausführung komme.
Der Herzog hat sich über diese Beschwerde eingehend den Bericht erstatten lassen und das Staats⸗Ministerium auf Grund desselben angewiesen und ermächtigt, den Gemeinderath motivirt abfällig zu bescheiden.
Der „Staats⸗Anzeiger“ veröffentlicht jetzt diesen Bescheid.
Bremen, J. Januar. Das Präsidium des Senats ist gestern auf den Bürgermeister Grave für die Dauer dieses Jahres übergegangen. Der Bürgermeister Gildemeister hat sich bereits heute wieder zur Theilnahme an den Bundesrathssitzungen nach Berlin begeben.
— Gestern Morgen fand die feierliche Einweihung der Gedenktafel zu Ehren der Gefallenen des 1. Bataillons 1. Hanseatischen Infanterie⸗Regiments Nr. 5 in der Kirche U. L. Frauen durch den Garnisonprediger Thikötter statt. Die Tafel hat eine würdige Stelle in der Nähe des Chors der Kirche gefunden und war zur Feier mit einem grünen Lorbeerkranz und mit den deutschen, bremischen und preußischen Farben ge⸗ schmückt.
Schweiz. Bern, 4 Januar. (W. 3.) Der Bundes rath hat heute an die Kantone ein Kreisschreiben erlassen, welches dieselben zur baldmöglichsten Beseitigung aller bei ihnen auf das Begräbnißwesen bestehenden bezuͤglichen Bestimmungen auf⸗ fordert, welche mit Art. 53 der Bundesverfassung nicht in Ueber⸗ einstimmung sind. Namentlich wird vom Bundesrathe auch Auskunft verlangt, wie es bei ihnen mit der Beerdigung von Selbstmördern und Angehörigen anderer Glaubensbekenntnisse steht. Dieser Schritt des Bundesrathes geschieht in Ausführung eines Postulates, welches die eidgenössischen Räthe anläßlich der Berathung des neuen Bundesgesetzes über Civilstand und Ehe gestellt haben. Die Kantone haben dem Bundesrathe mitzutheilen, bis zu welchem Zeitpunkte sie alle bei ihnen bestehenden be⸗ züglichen Bestimmungen mit demselben in Einklang zu setzen gedenken. — Für die Juragewässer⸗-Korrektion hat der Bundesrath der Berner Regierung einen neuen Bundes⸗ beitrag von 334,326 Fr. 21 Ct. bewilligt. Bis 1. Oktober 1874 betrug der Bundesbeitrag im Ganzen 2418442 Fr. 95 Ct. und die reinen Baukosten des Unternehmens 5, 572,449 Fr. 18 Ct. — Laut Schlußbericht der eidgenössischen Experten über die Kollaudation der Tessiner Gotthardthalbahnen vom 30. Dezember v. J. sind auf diesen Bahnstrecken allerdings noch eine Reihe von Arbeiten zu vollenden, wodurch jedoch bei Beobachtung der nöthigen Vorsicht ihr Betrieb nicht gehindert ist, daher der Bundesrath die von seinem Experten vorläufig er⸗ theilte Erlaubniß zur Betriebseröffnung der Gotthardbahndirek⸗ tion heute offiziell bestätigt hat unter der Bedingung, daß Alles, was an Ober⸗, Unter⸗ und Hochbau noch fehlt, thunlichst bald seiner Vollendung entgegengeführt wird.
Genf, 7. Zanugr. W. T. B.) Der hiesige Staats⸗ rath hat auf eine diesbezügliche an ihn gernhtete Tatorpellatior dem großen Rathe die Erklärung zugehen lassen, er werde dem Gesetze nachkommen, nach welchem die Wahl einer Verwaltungs⸗ Kommission für die Kirche Notredame durch die Majorität der katholischen Bürger stattfinden soll.
Großbritannien und Irland. London, 6. Januar. (A. A. C.) Das Befinden der Herzogin von Cambridge macht befriedigende Fortschritte. Die Großherzogin von Mecklenburg-⸗Strelitz wird daher demnaͤchst nach Deutsch⸗ land zurückkehren.
— Die massenhaften Desertionen in der Armee und Miliz haben die Regierung bewogen, den kräftigen Bei⸗ stand der Polizei im ganzen Vereinigten Königreich anzurufen. Der Minister des Innern hat ein amtliches Rundschreiben an sämmtliche Lokalbehörden erlassen, in welchem es heißt, daß der Kriegs⸗Minister sich beim Ministerium des Innern über den Mangel an Thätigkeit auf Seiten der Polizei in der Ergreifung von Deserteuren beschwert habe. Der Minister legt sodann Nachdruck auf die große Wichtigkeit, daß solche Missethäter der Strafe nicht entgehen, und lenkt die Aufmerksamkeit der Behör⸗ den auf die Beschwerde des Kriegs⸗Departements betreffs der Polizei.
— Das für die deutsche Marine von den Herren Samuda Brothers auf der Themse gebaute Panzerschiff „Kaiser“ kam gestern auf der Staatswerft in Chatham an, nachdem es den Schiffsbauhof am Montag Abend in Begleitung zweier Dampfer verlassen hatte. In Chatham wurde es nach dem großen Reparaturdock gebracht, wo sein Rumpf einer nochmali⸗ gen Reinigung und sonstigen Operationen Seitens des Samuda⸗ schen Arbeiterpersonals unterzogen werden wird. Das Kriegs⸗ schiff ist nahezu vollendet, und wird in Kurzem seefertig sein.
— Die neuseeländische Regierung hat die Summe don 1000 Pfd. Sterl. zum Cos patrick ⸗Unterstützungsfond bei⸗ gesteuert, der somit auf 2345 Pfd. Sterl. angewachsen ist.
— Großbritanniens Staatseinkünfte vom 1. April bis 31. Dezember betrugen amtlichen Ausweisen zufolge 61414, 745 Pfd. Sterl. gegen 66,475,210 Pfd. Sterl. in der korrespondirenden Periode des Jahres 1873; und die Aus⸗ gaben im gleichen Zeitraume 57, 189, 841 Pfd. Sterl. gegen 62, 491,567 Pfd. Sterl. im Jahre vorher. Die Bilanz des Staates in der Bank von England belief sich am 31. Dezember auf 3,624,904 Pfd. Sterl. — Die Staatsschulden⸗Tilgungs⸗ Kommission bringt zur Anzeige, daß der vierte Theil des Ueber⸗ schusses der Staatseinkünfte über die Ausgaben in dem am 30. September 1873 beendeten Fiskaljahr im Betrage von 1155, 104 Pfd. Sterl. während des laufenden Quartals zur Reduktion der Nationalschuld verwendet werden wird.
Frankreich. Paris, J. Januar. (W. T. B.) Der Marschall⸗Präsident hat bei dem im Palais Elysée abge⸗ haltenen Ministerrathe erklärt, daß er das Demissionsgesuch des Ministeriums nicht eher annehmen könne, als bis es ihm gelungen sei, ein aus Elementen der neuen Majorität in der Nationalversammlung bestehendes neues Ministerium zu Stande zu bringen. — Der Munizipalrath von Paris ist auf den 11. d. M. einberufen. — Emile Pereire ist gestorben.
— 8. Januar. (W. T. B.) Das „Journal officiel? be⸗ stãtigt. daß Marschall Mac Mahon die Mini ster ersucht hat, die Geschäfte bis zur Bildung eines anderen Kabinets weiter zu führen.
= Nach dem vom Finanz⸗Minister vorgelegten Be⸗ richt wird Seitens der Reglerung keine Erhöhung der Steuern beabsichtigt, vielmehr soll durch Verbesserung der Steuer⸗ verwaltung eine Mehreinnahme, die auf etwa 93 Millionen veranschlagt wird, erzielt werden. — Die augenblicklich dispo⸗ niblen Aktiva des Liquidations-Kontos betragen 129 Mil⸗ . die schwebende Schuld belief sich Ende 1874 auf 840 illionen.
Versailles, 7. Januar. (W. T. B. Rat ionalver⸗ sammlung. Gaslonde stellte den Antrag, die Sitzungen bis Montag zu vertagen, der Antrag wurde aber abgelehnt. Im Uebrigen verlief die Sitzung ohne bemerkenswerthen Zwischenfall. Morgen sollen Petitionsberichte berathen werden.
Marseille, J. Januar. W. T. B.) König Alfons, der heute Mittag hier eingetroffen und von den Behörden und mit militärischen Ehren empfangen worden war, hat sich bereits um 3 Uhr nach Spanien eingeschifft.
Itatlen. Rom, 3. Januar Der von dem Deputirten Quintino Sella, dem Vorgänger Minghetti's im Finanz⸗Mini⸗ sterium, dem Parlamente eingereichte und am 17. v. Mis. von der Kammer der Abgeordneten in Erwägung gezogene Gesetz⸗ entwurf über die Errichtung von Postsparkassen ent⸗ hält zehn Artikel, und die Postaͤmter im Bereiche des König⸗ reiches werden durch denselben ermächtigt, als Suceursalen einer unter Staats⸗Garantie stehenden Sparkasse zu funktioniren, welche in der Depositen und Schulden⸗ kasse mit einbegriffen sein wird, während diese letztere im Finanz⸗ Ministerium eine eigene Direktion für sich erhält. Die Einzah— lungen werden für jedes Individuum nur unter dem Titel einer Sparlage entgegengenommen, dürfen nicht unter einer Lira gemacht werden und sollen die Summe von 2000 Lire nicht überschreiten, indem nur unter diesem letzteren Betrage stehende Einlagen auf die wie für die freiwilligen Depositen systemisirten Interessen Anspruch haben. Zu Gunsten jener Personen, welche Spareinlagen machen, werden bei der Postver⸗ waltung besondere Conti correnti eröffnet und denselben eigene Büchelchen, welche keiner Stempelformalität unterliegen, aus⸗ gefolgt werden, in denen die Einschreibung der von ihnen ein⸗ gezahlten oder behobenen Beträge erfolgt. Der Vorzeiger eines solchen Büchelchens erhält sodann auf Verlangen bei jedem im Reiche als Postsparkasse amtirenden Postamte die eingezahlten Summen ganz oder theilweise ausbezahlt, mögen dieselben nun bei einer Postsparkasse oder bei der Staatssparkasse deponirt worden sein.
de, me, ,, m,. — r *
— Die Encykliea vom 24. Dezember, welche das Jubeljahr ansagt, ist am 2. d. M. veröffentlicht worden. Der Inhalt des umfangreichen, an „alle Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe und Bischöfe“ zur Mittheilung an die Gläubigen gerichteten Schriftstückes ist kurz der folgende: „Wir haben in bedraͤngten Zeiten nie unterlassen, das christliche Volk zum Ge⸗ bete zu ermahnen und ihnen die Schätze der göttlichen Gnade zu eröffnen. So haben wir es besonders zu den Zeiten des vatikanischen Konzils gehalten und so soll es auch jetzt sein, wo ein neues Jubeljahr erschienen ist. Das letzte Jubiläum hat Leo XII. 1825 gehalten, wir selbst haben 1856 wegen der trüben Zeit⸗ verhältnisse (der Papst kehrte im April 1850 erst aus Gaeta zurück die Feier suspendirt, jetzt aber glauben wir, die Feier nicht vor⸗ übergehen lassen zu dürfen und vielmehr Alle zu neuem Eifer und zur Erlangung neuer Indulgenzen einladen zu sollen. Daher verkündigen wir hierdurch allen Gläubigen vollständigen Nachlaß aller Sünden (plenissimam omnium peccatorum suorum indulgentiam, remissionem et veniam), wenn sie einmal in diesem Jahre 1875 nach gehöriger Reue, Beichte und Kommu⸗ nion an fünfzehn Tagen hintereinander je einmal die Tempel der Heiligen Paulus oder Petrus oder Johannes von Lateran in frommer Absicht besuchen und dort für Wohlfahrt und Heil der katholi⸗ schen Kirche und dieses apostolischen Stuhles, für die Ausrottung der Ketzerei und für die Bekehrung aller Irrenden beten.“ Dann folgen die Bestimmungen, nach welchen von diesem fünfzehntägi⸗ gem Besuche theilweise dispensirt werden kann, ohne der Wirkung des Ablasses Eintrag zu thun, und es wird der Modus fest⸗ gesetzt, unter welchem auch solche an demselben theilnehmen können, welche nicht im Stande sind, selbst Rom zu besuchen. Die Bischöfe sollen das Volk ermahnen, an den erschlossenen Segnungen theilzunehmen, ihnen die Bedeutung des Jubildums erklären in der Predigt und, wenn es Roth thut, in besonderen Missionen. Sie sollen das Volk ferner ermahnen, in diesem Jahre die kirchlichen Festtage und alle Fasttage sorgfältig zu halten, der Jugend mit gutem Beispiel vorangehen und zu from⸗ men Spenden auffordern. Damit wendet sich das Schreiben an die Laien: Kommt und benutzt die gebotene Gelegenheit; ver⸗ achtet nicht die Schätze der Indulgenzen, bekehrt euch zu Gott. . alledem ertheilen wir aus vollem Herzen den apostolischen Segen.
Nußland und Polen. Vor fast einem Jahre, schreibt der „Golos“, tauchte zuerst das Gerücht von einer Revision und Umgestaltung der Programme der Lehrerseminare auf. Jetz! verlautet aus sicherer Quelle, daß die Programme aller Lehrer. seminarien eingefordert worden sind, um einen Normalkursus auf Grundlage der ziemlich bedeutenden praktischen Erfahrungen und der wirklichen Bedeutung der rusfischen Volksschule auszuarbeiten.
Dänemark. Kopenhagen, 6. Januar. (5. N) Der Reichstag wurde heute wieder eröffnet. Das Folkething wählte Krabbe zum Präsidenten, Högsbro und J. A. Hansen zu Vize⸗Präsidenten.
Amerika. Ueber die legislatorischen Wirren in Louisiana wird der Times“ aus Philadelphia, 6. d., Folgendes telegraphirt:
»Die Legisigtur von Louisiang trat am Montag Nachmittag zu— sanimen. Der Senat, der eine große republika ische Majorität ent. hält, wurde ohne Schwierigkeit organisirt, da die konservativen Se⸗ natoren durch ihre Abwesenheit glänzten. Im Repräsentantenhause, wo 54 die beschlußfähige Anzahl bilden, verfügte keine Partei über diese Ziffer. Als die Namenliste verlesen wurde, antworteten 102 auf ihre Namen, nämlich 53 Konservatibe und 59 Republikaner, die alle von dem Wahlamt anerkannt wurden. Es wurde beantragt, daß Louis A. Wilty, früher Bürgermeister von New. Orleans, ein Rbnser= vativer, zum zeitweiligen Vorsitzenden gewählt werde. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, und Herr Wiltz nahm Den Vorsitz unter vieler Verwirrung ein und, ernannte einen Sergeant -at Arnis, sowie einen Secretär (Clerk). Die Republikaner protestirten. Die
Konservativen nahmen hierauf einen Antrag an, der die Wahl von Konservgtiven für die vom Wahlamt erledigt e, Sitze bestä⸗ tigte. Dann wurde, einem Antrage gemaͤß, ein precher gewählt; Herr Wiltz erhielt 55 Stimmen und Herr Hahn, Republikaner, zwei. Die Republikaner enthielten sich der Abstimmung und fingen an, die Halle zu verlassen. General de Trobriano von der Vereinigten Staaten, Armee erschien dann mit 20 Soldaten in der Halle. Er verlas zwei vom Gouverneur Kellogg an ihn gerichtete Briefe, von denen einer konstatirte, daß eine gesetzwidrige Körperschaft daselbst tagte, und der andere itn ersuchte, die Ausweisung solcher Mitglieder zu bewirken, die nicht als gehörig gewählt erklärt worden, aber ihre Sitze eiagenommen hätten. Der Sprecher, Herr Wiltz, protestirte gegen diese Einmischung. General de Trobriano erwiderte, er sei Seldat und müßte Befehlen gehorchen. Er sei von General Emory, dem Commandeur, angewie⸗ sen, den Instruktionen des Gouverneurs Kellogg zu gehorchen, und er müßte die fünf erwähnten Mitglieder ausweisen und darauf bestehen, daß die Namenliste verlesen werde, wie solche vom Wahlamt abge⸗ faßt worden sei. Der Sprecher protestirte hierauf gegen dieses Ver⸗ fahren, und die gesammte konfervative Parteijschloß sich diesem Protest an. Sämmtliche Republikaner erscheinen alsdann wieder n der Halle, und die Namenliste wurde in der vom Wahlamte verfaßten Form verlesen. Der Sprecher ersuchte die Konservativen, nicht zu antworten, aber zwei derselben antworteten aus Versehen, und es wurde berichtet, daß 54 Mitglieder — gerade die beschlußfähige An⸗ zahl — zugegen seien. General de Trobriano brachte sodann einen Offizier von Kelloggs Miliz hinein, um ihm die fünf Mitglieder zu zeigen, die einer nach dem anderen gewaltsam aus dem Saale exmittirt wurden. Bewaffnete Macht 'inftallirte hierauf Vigers, einen Republikaner, als Clerk des Haufes, wogegen der Sprecher protestirte. Vigers nahm seinen Platz unter dem Schutz von Soldaten ein, worauf der Sprecher gegen diese gesetzwidrigen Akte des Militärs protestirte und erklärte, daß Louifiang aufgehört
sche Regierungsform besäße. Er forderte schließlich sämmtliche De—⸗ putirten auf, sich mit ihm vor diesem Waffengepränge zurückzuziehen. Der Sprecher verließ hierauf mit der gesammten konservativen Partei das Gebäude und begab sich nach 71 St. Lonis⸗Street unter dem Jubel einer großen Menschenmasse, die ihnen folgte. In diesem Orte reorganisirten sie sich als das Repräsentantenhaus und vertagten sich, um am Dienstag Nachmittag wieder zusammen zu treten. An die Menschenmenge in den Straßen wurden Ansprachen gehalten, in denen zur Aufreckthaltung der Ordnung im Staate ermahnt wurde. Das xrepublikanische Repräsentanten Haus reorganisirte alsdann seine Versammlung; 53 antworteten, aber da der die Namenliste verlesende Sekrelär 55 für gegenwärtig erklärte, wurde Hahn zum Sprecher gewählt. Ein Mitglied protestirte gegen die Anwesenheit der Regierungstruppen, die, nachdem fie alle früheren Proteste mißachtet, nun bei diesem Protest unverzüglich die Halle ver⸗ ließen. Das republikanische Haus vertagte sich sodann bis Dienstag Nachmittag. Intensive Aufregung herrschte in der ganzen Stadt, aber die Ordnung wurde aufrecht gehalten. Gestern Abend um 7 Uhr übernahm General Sheridan das Kommando des Militärs, da er von höherem Range als General Emory ist. Loussiang besitzt somit eine doppelte Legislatur. Die militärische Einmischung von gestern wird allgemein im ganzen Lande verdammt. Der nun in New-Srleans tagende Unter uchunggausschuß des Kongresses hielt fast die ganze Nacht hindurch eine Sitzung, in welcher er konservative Sach verständige betreffs der Organisation derLegislatur vernahm. Sprecher Wiltz bekundete, daß die Konservativen dem genauen Herkommen folgten, dasz die Republi= kaner bei früheren ähnlichen, von Entscheidungen der Gerichtshöfe von Louisiang bestätigten Organisationen herstellten. New-⸗Srleans ist heute ruhig. Aus Washington wird gemeldet, daß der Präsident die militärische Einmischung in die Legislatur billigt, und daß er, wenn General Sheridan es empfiehlt, das Standrecht in Lousstang pro⸗ klamiren wolle. Der Senat in Washington diskutirt eine von dem Demokraten Thurman beantragte Resolution, wesche den Präͤsidenten fragt, durch welche Autorität die militärische Intervention erfolgte.
— Reuters Bureau“ meldet aus New⸗Orleans vom 7. Januar, General Sheridan habe in einem Telegramme an die Bundesregierung in Washington die Mitglieder der Ligua der Weißen als Banditen bezeichnet und die summarische Verhaftung und Aburtheilung der Ruhestörer durch Militär⸗ gerichte als das einzige Mittel bezeichnet, durch welches dem Terrorismus, der allgemeinen Unsicherheit und der Gesetzlosigkeit in Louisiana gesteuerk werden könne. Die vornehmsten Mitglie⸗ der des Klerus dagegen hätten gegen Das Vorgehen des Gene⸗ rals Sheridan protestirt und Widerspruch gegen feine Behauptun⸗ gen erhoben.
— W. T. B. meldet aus New⸗Jork, 7. Januar: Der Gou⸗ verneur von Tenn essee hat eine Erklärung veröffentlicht, worin er sich gegen die militärische Aktion in Lou isiana ausspricht, wel che gegen die ersten Grundsaͤtze der bürgerlichen Freiheit verstoßen. Der Gouverneur fordert gleichzeitig die gefetzgebende Versammlung von Tennessee auf, gegen das Vorgehen der bewaffneten Macht zu protestiren. — Aus New⸗-Orleans wird gemeldet, daß die dort ansässigen Ausländer in einem von ihnen abgehaltenen Meeting die von dem General Sheridan gegebene Barstellung der letzten hiesigen Vorgänge für unrichtig erklärt haben.
— Der „Times“ wird aus New⸗Jork vom J. d. tele⸗ grahirt: In New⸗Orleans sind bisher keine weiteren Unordnungen vorgekommen. General Sheridan hat der Bundesregierung die Mittheilung gemacht, daß ihm Drohungen gegen sein Leben zugegangen seien, weil er gewagt habe, die Wahrheit zu fagen. — Im Kongreß in Washington finden fortgesetzt lebhafte Debatten über die Ereignisse in Louisiang statt. Die republikanischen Journale tadeln die Haltung des Präsidenten Grant in dieser Angelegen⸗ heit. — Die vor dem Weihnachtsfeste vom Senate angenommene Finanzbill ist heute auch vom Kongreß genehmigt. Der . Grant duͤrfte dem Gesetz ebenfalls seine Zuslimmung geben.
Asien. China. Der Friedensvertrag zwischen China und Japan, mit welchem der Streit um Formosa beendigt wurde, lautet nach einer Mittheilung der „Times“ aus Shanghai vom 19. November, wie folgt:
„Protokoll. Der Prinz Kung, Wen Seang, Paoyun, Mao Tsanghe, Tung Seun, Shenk Kwei Fun, Tsunglun, Tfunghow, Chenglin, Hssa Kiakao, vom Kaiser ernannte Leiter der auswärtigen Angelegenheiten des chinesischen Reicheß u. s. w. und Okubo, bevollmächtigter Minister des japanesischen Reiches, unterzeichnen dieseßz Protokoll zum Beweife ihres Uebereinkommens über gewisse Artikel, durch welche sich beide Parteien zur Ausführung gewisser Maßregeln ver pflichten. Da die Unterthanen eines Landes mit vollem Rechte ven ihrer Regierung die Beschützung vor gewaltsamen Unterdrückungen uud Beschädigungen zu erwarten pflegen, so hielt Japan in Bezug auf die grausamen Verletzungen des Völkerrechts, welche die Wilden von For⸗ mosa sich gegen japanische Unterthanen erlaubten, sich Anfangs fur befugt, die Uevelthäter für ihre Handlungen verantwortlich zu machen. Japan sandte eine Armee ab, um die Wilden zur Rechenschaft zu ziehen, ist aber jetzt mit China dahin übereingekom⸗ men, diese Armee ,, und in , zum beiderseitigen Vortheile zu willigen. Man ist in Folge de sen über folgende Artikel übereingekommen: 1) Da die japanische Unternehmung die recht⸗ mäßige Absicht verfolgte, die Unterthanen des eigenen Landes zu be⸗ schützen, so erklärt China diese Handlungsweise für ganz in der Ord⸗ nung. 2) China verpflichtet sich, den zu Schaden gekom—
menen japanischen Unterthanen eine Vergütung zu erstat⸗
hätte, ein souperäner Staat zu sein und nicht länger die republikani⸗
ten, und käuflich gegen eine in besonderem Artikel nãher zu bestimmende Summe die von den Japanern in jenem Lande herge⸗ stellten Straßen und Häuser zu übernehmen. 3) Die Briefschaften, welche zwischen den beiden Ländern über diese Angelegenheit auege⸗ tauscht worden sind, werden von jeder Partei zurück ezogen und ver⸗ nichtet werden, damit davon nie mehr die Rede sein . China wird in der Folgezeit solche Maßregeln treffen, die geeignet sind, die Wil⸗ den in fenen Lande unter Aufsicht zu halten und zu verhindern, daß diefelben abermals seefahrenden Leuten Gefahr bringen.
Vertrag. Der Prinz Kung und sieben andere vom Kaiser er⸗ nannte Bevollmächtigte, so wie Skubo, bevollmächtigter Minister ꝛc., haben sich über folgenden Vertrag geeinigt: Da die formosanische Frage durch H. E. Wade von England in Vereinbarung mit den Vertretern der beiden Länder in befriedigender Weise geltzst und ein Dokument über den Lauf der Verhandlungen am heutigen Tage auf⸗ genommen worden ist, so willigt China als vorläufige Maßregel in die Auszahlung einer Vergülung von 100 900 Taels an die Familien der beschädigten Japaner. China willigt ebenfalls nach der Räumung des formofanischen Landes in die Uebernahme aller von den Japanern hergestellten Straßen und. Gebäuden zum Preise von 100,000 Taels. Man ist ferner dahin übereingekommen, daß am 20 (12) Tage des 12. (II.) Mo⸗ nats des 7 (13 Jahres der Mingche (Tungche) von Japan die gesammten Streitkräfte zurückgezogen, von Ehina die ganze Summe bezahlt werden soll, ohne den geringsten Verzug, und daß, wenn die jupanischen Soldaten alsdann noch nicht vollständig entfernt sein werden, auch das chinestsche Geld nicht vollständig bezahlt zu werden braucht. Eine Abschrift diefes Vertrages soll von beiden Parteien aufbewahrt werden. ,
Tungche im 13. Jahr, 9. Monat, — Tag.
Mingche im 7. Jahr, 10. Monat, — Tag.
Statistische Nachrichten.
Ueber den Bergwerksbetrieb des Königreichs Sach— sen im Jahre 1873 entnehmen wir amtlichen Aufstellungen die nach folgenden Angaben: Der Gesammtwerth aller im gedachten Jahre geförderten Bergwerksprodukte belief sich auf 15, 356,719 Thlr. gegen 13,398 53657 Thlr. in 1872, hat also im Jahre 18753 eine Zunahme um 1,967,852 Thlr. oder 14564 erfahren. Dieses Mehr ist aber nicht allein durch eine stärkere Förderung der Bergwerke entstanden, es kommt vielmehr auch wesentlich in Betracht, daß der Durch⸗ schnittswerth der wichtigeren Produkte des sächsischen Bergbaues, namentlich der Stein⸗ und Braunkohlen, sowie der Gold⸗ und Silber⸗ étze im Jahre 1373 ein höherer, als im Vorjahre war. Unter den Bergwerksprodukten Sachseng stehen die Stein kohlen obenan, es sind auf 73 Werken 63,321,518 Ctr. im Werthe von 12, 703, 277 Thlr. (1372: 58, 925,228 Ctr. für 10, O30, 869 Thlr.) gefördert, hier von jedoch 3 842,049 Ctr, im Werthe von 38. L Thir, zum Betrieb der Werke selbst verbraucht worden. Der Durchschnittspreis für den Centner am Ursprungsorte betrug 6 o Sgr. gegen 5, 11 gr. in i877, war also um C0 Sgr. höher. Die Zahl der 6 den Steinkohlenwerken beschäf⸗ tigten Arbeiter war 16394 und 35 Kinder gegen 15,334 Arbeiter und 25 Kinder in 1853. Braunkohlenw erke standen 177 im Betriebe, welche 3655 Arbeiter beschäftigten, von welchen 12, 921, 977
Ctr, im Werthe von 718,556 Thlr. ( S77: 12026, 966 Etr. für 667.518.
Thlr.) gefördert worden sind; der Durchschnittswerth für 1 Ctr. Braunkohlen berechnet sich auf 170 Sgr. gegen l,6s Sgr. in 1872. Eisenerze lieferten 9 Werke mit 549 Arbeitern und belief sich die Produktion derselben auf 512,670 Etr, im Werthe von 100,543 Thlr. 1872: 479, 29 Ctr. für 138,212 Thlr.); der Durchschnittswerth pro Centner, welcher im Jahre 1872 noch 8,3 Sgr. betrug, ist in 15753 auf 5,ss Sgr., mithin um 2,7, Sgr. Rr üczegangen. Silber- und Golderze sind auf 33 Werken im Ganzen 444,440 Etr. im Werthe von 15273547 Thlr. (1872: 490,796 Gtr. für 1,662, 0065 Thir) gefördert worden; der Durchschnittswerth pro Ctr. war 103.15 Sgr. gegen 191360 Sgr. in 1872, die Zahl der Arbeiter 7479 (1872: 8257). Die Produktion von Zinnerzen betrug auf 8 Gruben mit 562 Arbei⸗ kern 4777 Ctr. im Werthe von 10943325 Thlr. 1872: 4434 Ctr. für M9, 3869 Thlr.). Beim Bergbau auf, Gold⸗ und Silbererze, sowie auf Zinnerze wurden übrigens verschiedene andere Erze mitgefördert, namentlich: Bleierze 60 Ctr. für 351 Thlr. (1872: 42 Ctr. fur 225 Thlr.), Kobalterze 3855 Ctr. für 63,964 Thlr. (i872: 3886 Ctr für 62,603 Thlr.), Nickelerze 1109 Ctr. für 26 067 Thlr. (1872 unter den Kobalterzen einbegriffen Arsenikerze 1508 Ctr. für 708 Thlr. A572: 1895 Etr. für 765 Thlr.), Manganerze 3195 Ctr. für N37 Thlr. (1872: 6728 Ctr. für 4783 Thlrß, Wismutherze und Wig⸗ muthmetall 474 Ctr. für 112,519 Thlr. (18773: 509 EGtr. für 131,635 Thlr.), Wolframerze 432 Ctr. für 7873 Thlr. (1872: 51 Ctr. für 171 Thlr), Uranerze für 32 Thlr. (1875 Richts), Schwefelkies 3055 Ctr, für SCs Thlr. (1372: 4654 Ctr. für 7is Thir , sonstige Vi= triol⸗ und Alaunerze 9!8 Ctr. für 106 Thlr. (1872 Nichts).
— Von den amtlichen Publikationen des österreichi⸗ schen Statistischen Departements im Kaiferkich König⸗ lichen Handels -⸗Ministerinm sind neuerdings erschienen:
Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr aus dem Statistischen Departement im Kaiserlich König⸗ lichen Handel s⸗Ministe rium (Wien, 1874, in Kommission bei Ferd. Meyer) TI. Band J. Heft:
Stgtistik der öfterreichischen Telegraphen im Jahre 1873. Die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder stan= den hiernach Anfangs 1874 an 23 verschiedenen Grenzpunkten durch 53 Drähte mit den Telegraphen der Nachbarstaaten in direkter Verbin- dung; außerdem standen 55 Reichslinien und 224 Lokallinien den Staats- Telegraphenstationen für die Depeschenbeförderung zu Gebote. Im Jahre 1873 wurden aufgegeben und kamen an 7,945, 123 Depeschen, 7,688,648 Depeschen transitirten.
Desselben Werks III. Band II. Heft: Statistik der 65ster⸗ reichischen Industrie. B. Industrie in Maschinen, Werkzeugen, Trangportmitt-ln und Justrumenten.
Desselben Werks TI. Band, II. Heft, Statistik des zster⸗ reichischen Postwesens im Jahre i873. Demselben ist eine interessante vergleichende Ueberstcht über die Ergebnisse des Postver⸗ kehrs in den ungarischen Staaten 1873 angehängt. Nach derselben entfielen auf eine Postanstalt Einwohner in: der Schweiz 1019, Nerwegen 2288, Großbritannien und Irland 2548, Niederlande 3135, Württemberg 3718, Bayern 4285, Danemark 4307, Reichsraths= gebiet in Sesterreich 4880, Deutsches Reich 5388, Reichspost 5753, Desterreich Ungarn 5888, Schweden 6631, Frankreich 6786, Ungarn 8063, Italien 9538, Griechenland 10799, Serbien 25,870, Rußiand 263353. Dagegen entfiel eine Postanstalt auf Quadratkilometer: Schweiz 15,8, Großbritannien 255, Niederlande 281, Württemberg 3949, Belgien 62,386, Bayern 66,s. Deutsches Reich 713, Gebiet des österreichischen Reichsraths 72, Reichspoftgebiet 746, Dänemark 88,4, Frankreich 99, , Oesterreich⸗Ungarn 102, Italien 1955, Ungarn Itzz,i, Griechenland 5719, Norwegen 411,s, Schweden 694, Serbien S54, Rußland 66841.
. Nachrichten von den österreichisch⸗ ungarxischen Eisenbahn en (Wien, 1874, in Kommisston bei Ferd. Meyer) J. Band 2. Heft und II. Band 1. Heft. Dag erstere enthält von den Betriebzergehbnissen des Jahres 1870 III. den Stand und LV. die Leistungen der Fahrbetriebsmittel, das letzte von 6 Betriebsergebnissen des Jahres 1871 1. Entwickelung, II. Anlage und Bau der österreichisch⸗ungarischen Bahnen und deren Kosten.
Von dem mehrerwähnten trefflichen Werke Statistische Skizze der österreichisch⸗ ungarischen onarchie nebst Liechtenstein 1874, von hr. H. F. Brachelli, K. K. Hofrath und gz ö. Professor, Vorstand des statistischen Departements im K. K. oͤsterreichischen Handels Ministerium (Leipzig J. C. Hinrichsche Buch= handlung 1875) ist die 5. verbesserte Auflage erschienen. iesel be ist bis Mitte November 1874 fortgeführt. Die Skizje bildet bekannt lich gleichzeitig auch die Fortsetzung zur 7. Auflage von Steing und Warpaeus Handbuch der k und Statist ik.
K . e 8
.
6