1875 / 8 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

meke, der General⸗Major v. Voigts⸗Rhetz, der General⸗Major Fries und mehrere Bundeskommissare beiwohnten, stand die dritte Berathung des Gesetzentwurfes über die Natural⸗ Leistungen für die bewaffnete Macht im Frieden auf Grund der in zweiter Berathung unverändert angenomme⸗ nen Vorschläge der Kommission als erster Gegenstand auf der Tagesordnung. Der Staats⸗Minister Präsident Dr. Delbrück sprach den Wunsch aus, daß dieser Gegenstand von der heutigen Tagesordnung abgesetzt werde, weil es dem Bundesrathe bis jetzt unmöglich gewesen sei, zu den Kommissionsbeschlüssen Stel⸗ lung zu nehmen. Das Haus beschloß diesem Wunsche gemäß und trat sofort in die zweite Berathung des Gesetzentwurfes über den Landsturm (S. 255 Jahrg. 1874 d. Bl.) auf Grund des Berichtes der VI. Kommission ein, zu dessen einzelnen Artikeln zahlreiche Abänderungsanträge eingebracht sind. Der Abg. Hasselmann hat, unterstützt von seinen Parteigenossen, den Antrag gestellt, den aus den Beschlüsfen der Kommisston her⸗ vorgegangenen Gesetzentwurf, als den Grundsätzen der allgemeinen Wehrpflicht widersprechend, abzulehnen und den Herrn Reichs⸗ kanzler aufzufordern, einen anderen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Wehrhaftmachung des gesammten Volkes ausfuͤhrt und. „das Voll in Waffen! zur Wahrheit macht. Der Präsident v. Forckenbeck bemerkte, daß, da in der zweiten Be⸗ rathung nur eine Abstimmung über die einzelnen Artikel eines Gesetzentwurfes zuläfsig sei, über diesen Antrag im Ganzen nicht abgestimmt werden könne; sollten aber in zweiter Be⸗ rathung etwa die sämmtlichen Artikel des Gesetzentwurfes vom Hause abgelehnt werden, so würde eine. Abstimmung über den zweiten Theil des Hasselmannschen Antrages, die Resolution, allerdings zulässig sein. Der Berxichterstatter der Kommission, Abg. Graf Bethusy⸗Huc, beantragte, die Abänderungsvorschläge zu F. 1 des Gesetzentwurfes abzulehnen und diesen Paragraphen in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse anzunehmen. Dieser von der Kommission neu eingeschaltete Paragraph lautet:

„Der Landsturm besteht aus allen Wehrpflicktigen vom voll— endeten 17. bis zum vollendeten 42. Lebensjahre, welche weder dem

Heere noch der Marine angehören. Der Landsturm tritt nur zu— sammen, wenn ein feindlicher Einfall Theile des Reichsgebietes be⸗ droht oder überzieht.“

Dagegen beantragte der Abg. Duncker, den ersten Satz des §. 1 wie folgt zu fassen:

„Jeder wehrfähige Deutsche gehört nach seinem Austritt aus der Landwehr bis zum vollendeten 42. Lebensjahre dem Landsturm an. Außerdem besteht der Landsturm aus allen Wehrpflichtigen vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 42. Lebensjahre, weiche weder dem Heere, noch der Marine angehören“;

während der Abg. v. Bonin für denselben ersten Absatz des §. J folgende Fassung vorschlug:

Der Landsturm besteht aus allen wehrfähigen Deutschen vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 42. Lebensjahre, welche weder . Heere, noch zur Landwehr, noch zur Marine eingezo⸗ gen sind.

Nachdem die Antragsteller ihre Anträge befürwortet hatten, traten die Abgg. v. Vahl und v. Maltzahn, sowie der Bundes bevollmächtigt? General⸗Major v. Volgts⸗Rhetz für den 8.1 der Kommissionsnorlage ein. Auch der Abg. Graf Ballestrem er⸗ klärte sich mit demselben im Allgemeinen einverstanden und äußerte nur mehrere Bedenken gegen den zweiter Satz desselben. Die Abgg. v. Bonin und Duncker zogen hierauf ihre Anträge zurück, und es wurde 8. 1 der Kommissionsbeschlüsse mit sehr großer Majorität angenommen. F. 2 der Kommisstonsbeschlüsse lautet:

„Das Aufgebot des Landsturms erfolgt durch Kaiserliche Ver— ordnung, in welcher zugleich der Umfang des Aufgebots bestimmt wird.“

Hierzu beantragte der Abg. Graf Ballestrem: vor dem Worte „Um ang“ einzuschalten: „territoriale“, und der Abg. Duncker, dem §. 2 folgenden neuen Absatz hinzuzufügen:

„Auf Grund dieser Verordnung ist in ortsüblicher Weise be— i. zu machen, welche Altersklafsen zunächst zur Einziehung ge— angen.“

Nachdem der Abg. Graf Ballestrem für das von ihm, Abg. Richter (hagen) für das vom Abg. Duncker gestellte Amende—⸗ ment und der Bundesbevollmächtigte General⸗Major v. Voigts⸗ Rhetz und der Vundeskommissar Major Blume, sowie der Berichterstatter der Kommission für den von dieser befchlossenen §. eingetreten waren, wurde der letztere nach Ablehnung der zu demselben gestellten Amendements mit großer Majorität an⸗ genommen. 5. 3 der Kommissionsbeschlüsse wurde bei Schluß des Blattes ohne Diskussion genehmigt. Derselbe lautet:

„Das Aufgebot kann sich auch auf die verfügbaren Theile der Ersatzreserve erstrecken. Wehrfähige Deutsche, welche nicht zum Dienst im Heere verpflichtet sind, können als Freiwillige in den Landsturm eingestellt werden.“

Wenn der „Corresp. v. u. f. Deutschland“ die Nachricht bringt, daß der Auftrag zur Zusammenstellung der Grund sätze einer dentschen Rechtschreibung“ vom Reichskanzler⸗Amte Herrn Professor von Raumer in Erlangen ertheilt worden sei, so sind wir in der Lage mittheilen zu köͤn⸗ nen, daß ein solcher Auftrag nicht ertheilt worden ist.

Der Gerichtshof zur Entscheidung der Kom— petenz⸗Konflikte hielt am Sonnabend, 9. d. Mts., unter Vorsitz des Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Koenen eine Sitzung ab.

= Im Ministerium des Innern haben gestern Vormittag Besprechungen über eine neue Städte⸗Ordnung begonnen, zu denen mehrere Ober⸗Bürgermeister größerer Städte Seitens des Ministers des Innern, Grafen zu Eulenburg, eingeladen worden sind.

Die vorsätzliche Mißhandlung eines fremden Kindes ist nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 27. No— vember 1874 strafbar, wenn nicht der Fall einer Nothwehr vor⸗ gelegen. Der fünfjährige Sohn des Wirths G. zu L. machte es sich zur Aufgabe, den Wirthssohn St. daselbst bei seinen landwirthschaftlichen Arbeiten durch muthwillige Streiche zu stören. Um nun diesen Ungezogenheiten ein Ziel zu setzen, versetzte eines Tages der Wirthssohn St. dem Knaben mit dem Peitschenstocke einen Schlag. Der Vater des Knaben erblickte darin eine vorsätzliche Mißhandlung und ver⸗ llagte den St. wegen vorsätzlicher Mißhandlung seines Sohnes. In den beiden ersten Instanzen wurde jedoch Kläger mit seinem Klageantrage zurückgewiesen, weil, wie der Appellationsrichter in seinem Erkenntniß ausführte, der Sohn des Klägers den Schlag verdient habe und demnach hierin eine vorsätzliche Miß— handlung nicht gefunden werden kann. Auf die Nichtigkeitsbe⸗ schwerde des Klägers vernichtete jedoch das Ober-Tribunal das freisprechende Erkenntniß der beiden Vorinstanzen und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung zur Entscheidung in die zweite Instanz, indem es ausführte: „Vom Appellationsrichter wird angenommen, daß der Verklagte zu feinem Schutze vor dem Muthwillen des Kindes dasselbe geschlagen habe, also hierzu berech igt gewesen sei. Zugleich

rechtlicher Ordnung beruht.

ist aber auch anerkannt, daß dem Ver⸗

klagten ein Züchtigungsrecht gegen den Sohn des Klägers nicht zugestanden hat. Es frägt sich daher, ob derselbe nach dem festgestellten Sachverhalt berechtigt n. den Knaben, sowie er gethan, zu behandeln. Die Erwägung des Appellationsrich⸗ ters, daß der Verklagte, um sich vor dem Muthwillen des Kin⸗ des zu schützen, die Befugniß gehabt, in der mehrerwähnten Weise zu verfahren, reicht an und für sich allein in rechtlicher Beziehung noch nicht aus, um das Vorhandensein einer vorsätz⸗ lichen Körperverletzung auszuschließen, zumal es an jeder that⸗ sächlichen Erörterung fehlt, daß ein anderes Mittel nicht zu Gebote gestanden. Dagegen wurde es nicht unstatthaft gewesen sein, zu befinden, ob nicht etwa der Fall einer Nothwehr im Sinne des §. 53 des R. St. G. B. vorgelegen, und der Ver⸗ klagte nicht im Stande gewesen, den rechtswidrigen etwaigen Angriff des fünfjährigen Knaben, in anderer, als der stattge⸗ habten Weise, von sich abzuwenden. Hierauf hat sich das ange—⸗ fochtene Urtheil nicht erstreckt.

Der Vormund einer minderjährigen Person, welche sich ohne seine Einwilligung verehelicht, kann nach einem Erkennt⸗ niß des Ober -Tribunals vom 7. Dezember 1874 nur dann im Namen seines Mündels die Nichtigkeitserklärung der Ehe bei dem Richter beantragen, wenn dasselbe mit seinem Antrage einverstanden ist. Ist das aber nicht der Fall, so kann der Vormund nur für seine Person den vereinigten Eheleuten gegen⸗ über die Nichtigkeitserklärung der Ehe beantragen. „Der An— sicht führt das Ober⸗-Tribunalserkenntniß aus daß der Vormund ohne oder gegen den Willen des Mündels in dessen Namen eine die Aufhebung der Ehe be zweckende Klage anstellen könne, liegt ein gänzliches Verkennen des Wesens der Ehe, als voll ständiger Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, und der aus dem Ehebündniß fließenden Rechte und Pflichten zum Grunde, da dasselbe keine bloße Vertragsnatur hat, sondern ein Verhältniß ist, dessen Inhalt nicht minder auf sittlicher wie auf Aus dem Wesen der Ehe folgt vielmehr von selbst und unabweislich, daß der Vormund als Vertreter und im Namen der Pflegebefohlenen ohne deren Einverständniß ebenso wenig die Ungiltigkeitserklärung als die Scheidung einer von ihr geschlossenen Ehe durch richterlichen Ausspruch in Antrag zu bringen befugt ist.

Der Diskont der Preußischen Bank ist heute auf 5 Prozent und der Lombardzinsfuß für Waaren wie Effek⸗ ten auf 6 Prozent ermäßigt worden.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrathe: Bürgermeister der freien Hansestadt Bremen, Gildemeister, der Fürstlich schwarzburg⸗rudolstädtische Staats⸗Minister von Bertrab und der Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinsche Ober⸗Zoll⸗Direktor Oldenburg, sind in Berlin eingetroffen.

Der General⸗Lieutenant von Obernitz, General⸗A Adju⸗ tant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 14. Division, hat sich nach beendigtem Urlaub nach Düssel— dorf zurückbegeben.

Der wirkliche Geheine Rath, Ober⸗Appellationsgerichts⸗ Präsident a. D, C. O. Dumreicher, ist am J. d. M. in Kiel gestorben.

Am 7. d. Mts. starb in Breslau der Königliche Kammerherr Graf von Hoverden⸗Plencken, seit 1847 Mitglied der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, und sfeit 1850 Mitglied des Präsidiums. Derselbe war auch der Mitbegründer des Vereins und des von dennselben ins Leben gerufenen Mu⸗ seums schlestscher Alterthümer.

Hannover, 8. Januar. Heute früh wurde unter großer Theilnahme der hiesigen Bevölkerung der am 5. Januar verstor⸗ bene Senior Bödeker zur Ruhe bestattet.

Bayern. München, 8. Januar. Der „Allg. Ztg.“ wird geschrieben: „Unseren Kammern wird alsbald nach ihrem Wiederzusammentritt im nächsten Monat zunächst der Etat für die bayerische Armee pro 1875 vorgelegt werden. Die Aufstellung desselben erfolgt auf Grundlage des vom Reichstag für die deutsche Armee im Allgemeinen genehmigten Militär Etats, und werden die vom Reichstag bewilligten Erhöhungen der Bezüge verschiedener Militärs in gleicher Größe auch für die bayerische Armee statuirt werden und zwar mit rückwirkender Kraft vom 1. Januar 8. J. ab. Von anderweitigen Regierungs— vorlagen für die Kammern ist, einen eventuellen Gesetzentwurf, betreffend die Erwerbung der bayerischen Ostbahnen, ausgenom— men, bis jetzt wenigstens nichts bekannt geworden; andere Vor— lagen von größerer Bedeutung scheinen auch nicht beabsichtigt zu sein.“

Sachsen. Dem, wie telegraphisch M. verstorbenen Bischof Forwerk widmet das folgenden Nachruf:

Gestern Abend ist der apostolische Vikar im Königreiche Sachsen und Dekan des Domstiftes St. Petri in Bautzen, Hr. Ludw. Ant. Ferwerk, Bischof von Leontopolis, Komthur des Königlichen Verdienst— Ordens ꝛc, nach kurzem Krankenlager hierselbst gestorben. Das un— erwartete Hinscheiden dieses Seelenhirten wird in den weitesten Kreisen aufrichtiges Bedauern hervorrufen; denn es ist ja allgemein bekannt, daß seinem milden, versöhnlichen Charakter zu nicht geringem Theise der konfessionelle Friede, dessen sich Sachsen erfreut, zu danken ist. Auch die Wirksamkeit des Bischofs Forwerk in der Ersten Kammer unserer Ständeversammlung ist ig dieser Beziehung in lebendiger Er— innerung. Der Verewigte, geb. 1816, wurde im Jahre 1839 ordinirt und 1854 zum hiesigen apostolischen Vikar ernannt. Im Jahre 1864, bei seinem 25jährigen Priesterjubiläum, wurde ihm von Sr. Majestät dem hochseligen König Johann das Komthurkreuz des Königlichen Verdienst⸗Ordens verliehen. Seit etwa 8 Tagen an einem Fußleiden bettlägerig, ist er gestern Abend gegen 10 Uhr, in Folge eines Herz⸗ schlages, verschieden.

Nach einer Bekanntmachung des Kriegs- Ministeriums vom J. Januar d. J. werden die seither von den Kreisdirektionen in ihrer Eigenschaft als Konsistorial-Behörden ausgestellten Unentbehrlichkeits-Zeugnisse für einzeln stehende, der Reserve oder Landwehr angehörige Schullehrer, deren Stell— vertretung nicht zu bewirken sein möchte, nach Aufhebung ge⸗ dachter Behörden künftighin auf deshalb von den Bezirks⸗ Schulinspektoren zu erstattende pflichtmäßige Anzeigen von dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts selbst aus⸗ gestellt werden.

Baden. Karlsruhe, 8. Januar. Der Großherzog und die Großherzogin sind heute Morgen von der Reise nach Sigmaringen hierher zurückgekehrt.

(Fr. J) Die bisher vom römisch⸗katholischen Ober⸗ Stiftungsrath besorgte Verwaltung der den Altkatholiken überwiesenen Pfründen und Lokalfonds ist nun durch eine Ver⸗ fügung des Staats⸗Ministeriums dahin abgeändert worden, daß diese Verwaltung allein dem altkatholischen Kirchenvorstande unter Kontrole des Großherzoglichen Verwaltungshofes zustehe.

gemeldet, am 8. d.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meinin⸗ gen, 9. Januar. Die Sammlung der „landesherrl. V.“ ver⸗ oͤffentlicht ein Gesetz vom 23. Dezember 1874, die Bestrafung der Forstvergehen, sowie der Forst⸗ und Feldpolizei Uebertretungen betreffend, und eine Ministerial⸗Bekanntmachung vom 31. Dezem⸗ ber 1874, die Auflösung der Aktien⸗Gesellschaft unter der Firma: Eisenbahn⸗Gesellschaft Erfurt⸗Hof⸗Eger betreffend.

Anhalt. Dessau, 8. Januar. (C. 3.) Nach einer Reihe größe⸗ rer und kleinerer Festlichkeiten bei Hofe fand gestern, unter Theil⸗ nahme sämmtlicher jetzt hier anwesenden Fürstlichkeiten und einer großen Zahl hiesiger und auswärtiger Gäste, seit dem Regierungsantritte des Herzogs zum ersten Male wieder im Residenzschlosse, ein glänzendes Ballfest statt. Auch der Prinz Friedrich von Hohenzollern war dazu von Berlin erschienen. Der Erbprinz und Prinz Friedrich werden morgen zur Fort— setzung ihrer Studien sich wieder nach Bonn begeben.

Bremen, 9. Januar. Gestern fand Seitens der Behörden eine Besichtigung des neuen Gebäudes der Hauptschule statt, das nunmehr fertig ist und, dem Vernehmen der „Wes. 3tg.“ nach, am 18. Januar bezogen werden wird.

He sterreich⸗uUngarn. Wien, 9. Januar. Das Leichen⸗ begängniß des ehemaligen Kurfürsten von Hessen soll Montag Nachmittags stattfinden. Der Erzherzog Wilhelm reist morgen Nachmittags nach Prag ab; ebendorthin begiebt sich eine Deputation des 8. Husaren⸗Regiments.

In Linz starb am 5. d. M. Fürst Karl zu Hohen⸗ lohe⸗Waldenburg⸗Schillingsfürst.

Die „Tr. 3.“ meldet: Sr. Majestät Kanonenboot „Dalmat“ ist Dienstag Nachts von Triest an seine Bestim⸗ mung nach Konstantinopel abgegangen. Am J. d. M. hat die Kaiserlich Königliche Escadre unter der Flagge des Eontre⸗ Admirals Baron Sterneck, bestehend aus der Fregatte „Radetzky “, Kasemattschiff „Kaiser“ und Korvette „Frundsberg“, Triest ver— lassen und sich iu die Levante begeben.

Pest, 9. Januar. Im Abgeordnetenhause wurde von dem Finanz⸗Minister eine Gefetzvorlage über die Steuer⸗ freiheit der hauptstädtischen Neubauten und vom Minister des Innern eine Vorlage über Arrondirung einiger Wahlbezirke vor⸗ gelegt. Die Sektionen werden über die Handels- und Konsular— verträge verhandeln. Die nächste Sitzung ist unbestimmt.

Agram, 8. Januar. In der heutigen Landtagssitzung urgicte Makanec die Beantwortung seiner Interpellationen, be⸗ treffend die Uebernahme der Louisenstraße in die Landesverwal⸗ tung und die Vertretung Fiume's im kroatischen Landtage. Hierauf wurde der Bericht des Finanzausschusses über die Land⸗ tagsrechnungen genehmigend zur Kenntniß genommen und dem Schließlich gelangten

Ausschusse das Absolutorium ertheilt. mehrere Gesetzartikel zur Promulgation.

Großbritannien und Irland. (Monatsüber⸗ sicht für Dezember.) Der Jahrestag des Todes des Prinz⸗ Gemahls wurde am 14. in Windsor mit den herkömmlichen Feierlichkeiten von der Königin und der gesammten König⸗ lichen Familie begangen. Dem Gottesdienste in dem Mausoleum zu Frogmore wohnten außer der Königin auch der Prinz von Wales, der Herzog und die Herzogin von Edinburgh, die Prinzessin Beatriee und der Prinz und die Prinzessin Christian von Schleswig⸗Holstein bei. Am 18. begab sich die Königin in Begleitung der Prinzessin Bea⸗ triee und des noch immer leidenden Prinzen Leopold nach Os⸗ borne, um dort während der Weihnachtszeit zu verbleiben. Am 12. hatte in Windsor eine Sitzung des Geheimen Rathes statt⸗ gefunden, in welcher der Beschluß gefaßt wurde, das Parlament auf den 5. Februar einzuberufen. Bei den im Laufe des Mo⸗ nats abgehaltenen Nachwahlen zum Parlamente siegte in St. Ives der Kandidat der Konservativen, Herr C. J. Praed, über den liberalen Kandidaten, Sir Francis Lycett, mit einer Majorität von 65 Stimmen. Da aber bei der Neuwahl zum Parlamente im vergangenen Jahre dem konservativen Kandidaten eine Majorität von 319 Stimmen zu Theil geworden war, so ist der Ausfall der Dezemberwahl in diesem westlichsten Distrikt Englands, welche die konservative Majorität so bedeutend redu⸗ zirt hat, als ein nicht unbedeutender Erfolg der Liberalen an— zusehen. Bei der am 19. stattgehabten Wahl in Stroud, der dritten, welche daselbst im vergangenen Jahre vor sich ging, ist die Wahl, wie die beiden früheren, wegen vorgekom⸗ mener Bestechungen für ungültig erklärt worden. Abge⸗ sehen von dem letztgenannten Distrlkte, welcher in dem neuen Parlamente überhaupt noch nicht vertreten gewesen ist, haben im Laufe des Jahres im Ganzen 24 Ersatzwahlen statt⸗ gefunden; bei 20 derselhen waren von beiden Parteien Kandi—⸗ daten aufgestellt worden, und büßten die Liberalen bei diesen Wahlkämpfen die Vertretung Oxfords, Northamptons, Bostons und des nördlichen Durham ein. Das Oberhaus ver— lor im Laufe des Jahres 13 Mitglieder durch den Tod, und sind dafür 12 neue Pairs in dasselbe eingetreten, der dreizehnte Titel, der des Lord Colonsay, ist wegen mangelnder direkter Nachkommenschaft erloschen.

Der Premier ⸗Minister, am 4. in Folge seines Bournemouth. Das Befinden desselben, welches nicht ge⸗ ringe Besorgniß eingeflößt und zu allerlei Gerüchten und Spekulationen Veranlassung gegeben hatte, soll sich in letzter Zeit wesentlich gebessert haben, so daß, im Falle die Witterung es gestatten sollte, der Premier⸗Minister Bournemouth am 4. Ja⸗ nuar zu verlassen gedachte: und ist es jedenfalls seine Absicht, dem auf den 12. Januar angesetzten Ministerrathe in London beizuwohnen.

Der Minister des Auswärtigen, Lord Derby, hat der Regierung in Washington durch den amerikanischen Gesandten in London die Mittheilung zugehen lassen, daß eine Kommission ernannt werden wurde, welche Groß— britannien bei der im Jahre 18765abzuhaltenden Weltausstellung in Philadelphia vertreten würde. Behufs Regelung der Fi⸗ schereigerechtsame auf den Bänken Neufundlands haben die Re⸗ gierungen Frankreichs und Englands beschlossen, Konferenzen von Vertretern beider Nationen abhalten zu lassen, welche dem⸗ nächst ihren Anfang nehmen dürften. Das bisher in Neufund⸗ land bestandene Verhältniß gab zu häufigen Mißständen Ver⸗ anlassung, deren Beseitigung von beiden Seiten lebhaft gewünscht wurde.

Der lange Zeit erledigt gewesene Posten eines Lordkanzlers von Irland ist in den letzten Tagen des Monats wieder besetzt worden. Zu demselben wurde der Attorney⸗General für Irland, Dr. Ball, ernannt; an seiner Stelle ist der bisherige Solicitor⸗ General, Hr. Henry Ormsby, zum Attorney⸗General, und der

Disraeli, begab sich

Herr 6 leidenden Zustandes nach

Vertreter der Dubliner Universttät im Parlamente, der Hon. C David Plunket, Solieitor⸗General geworden. .

Wenn auch die große, fast alles Interesse ausschließlich in Anspruch nehmende Aufregung in Betreff der Stellung der rö⸗ misch katholischen Kirche zum Staate sich in letzter Zeit gemäßigt hat, so hat dieselbe doch an Interesse im Allgemeinen bei der Bevöl⸗= kerung wenig verloren, und dürfte während der Sitzung des Parlamentes wieder heftiger entbrennen, wozu der bei dem Na⸗ tional Education Board eingebrachte und von demselben mit 10 gegen 7 Stimmen angenommene Antrag auf Einrichtung katho⸗ lischer, unter Leitung der römischen Geistlichkeit stehender Lehrer⸗ Seminare Veranlasfung geben dürfte, da derartige Anstalten mit der bestehenden Gesetzgebung in Widerspruch stehen und dieserhalb wie auch, soweit ein Beitrag aus Staats mitteln zu ihrer Einrichtung und Unterhaltung beansprucht wird, das Parlament seine Einwilligung zu diesem Beschluffe zu geben haben wird. Die katholische Geistlichkeit scheint übrigens mit allen ihr zu Gebate stehenden Mitteln gegen Diejenigen vorgehen zu wollen, welche sich gegen den Anspruch der Kirche, über dem Staate zu stehen, ausgesprochen haben. So ist der Name des Lord Camoys, welcher zu einer der ältesten tatholischen Familien des Landes gehört, und der sich kurze Zeit nach dem Grscheinen der Glad— stone'schen Brochure öffentlich gegen die Uebergriffe der Kirche aussprach, nicht mehr, wie bisher, in dem einen offiziellen Charakter und von dem Sekretär des Erzhischof Manning herausgegebenen „Catholic directory“ als katholischer Pair aufgeführt worden. Innerhalb der englischen Hochkirche dauert der Kampf gegen die Ritualisten fort; so wurde am 7. Dezember ein Geistlicher, Hr. Mackanochie, vom Dekan von Arches, wegen Vornahme ungesetzlicher ritug— listischer Gebräuche auf sechs Monate feines Amtes enthoben. Die Regierung scheint übrigens der Ansicht zu sein, daß das in der letzten Parlamentssession erlassene Gesetz zur Regulirung des öffentlichen Gottesdienstes hinreichen werde, gewissen Uebel ständen, namentlich der Insubordination der Geistlichen, abzu⸗ helfen; wenigstens hat sich der Premier⸗-Minister bei der Beant— wortung einer ihm von dem Earl of Shaftesbury im Namen mehrerer religiöser Vereine überreichten Denkschrift, in welcher neben einzelnen anderen auch dieser Punkt hervorgehoben worden war, in dem oben angeführten Sinne geäußert. In Schottland hat sich die Synode der unirten Presbyterianer, welche zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengetreten war, am 16. gegen das Gesetz über Aufhebung des Patronatsrechtes in Schottland ausgesprochen. Dieselbe verweigerte auch die Union mit der Staats⸗ kirche und erklärte sich gegen die Entstaatlichung der schottischen Kirche. Da auch im Parlamente die Majorität der letzteren Maß⸗ regel abgeneigt ist, so dürfte dieselbe, trotz aller Agitationen der sogenannten Liberation Society, in der nächsten Sesston nicht weiter zur Sprache gebracht werden.

Für die von der Regierung für das Jahr 1875 be— absichtigte Nordpol⸗Expedition sind nunmehr von der Admirali— tät die beiden Schiffe ‚Adert‘ und „Bloodhound“ zur Theil⸗ nahme bei derselben bezeichnet, von der Ausrüstung anderer Schiffe dagegen abgesehen worden. Nur Offiziere der König⸗

lichen Marine dürfen sich an der Expedition betheiligen, zu deren

Commandeur Kapitän Nuons, bisher Kapitan des auf einer wissenschaftlichen Erforschungsreise begriffenen Schiffes „Chal⸗ lenger“, ernannt worden ist. Unter ihm wird Commandeur Markham, bisher bei dem britischen Kanalgeschwader, die Füh— rung des einen Schiffes übernehmen.

Der Ausweis des Schatzamtes über die Staatseinnahmen während des mit dem 31. Dezember abgelaufenen Quartals ist ein in hohem Grade günstiger gewesen, und darf man dem gemäß eine nicht unbedeutende Mehreinnahme bei dem Abschluffe des Finanzjahres am 31. März erwarten. Während des obenangege⸗ benen Zeitraums beliefen sich die Gesammteinnahmen auf 13,304,511 Pfd. Sterl., oder 539,571 Pfd. Sterl. mehr, als in dem entsprechenden Quartale des Vorjahres, und zwar zeigt, mit Ausnahme der Stempelgefälle, der Zölle (in Folge der gänzlichen Aufhebung des Zolles auf Zucker), und der Einkommensteuer (welche bekannt— lich um 1 Penny per Pfd. Sterl. ermäßigt wurde), jeder Zweig der Staatseinkünfte eine Besserung. So haben die übri— gen Zölle und Steuern eine Mehreinnahme von 239,900 Pfd. Sterl., das Postamt eine von 230,000, die Telegraphenverwaltung eine von gl00 Pfd. Sterl. gegen das 4. Quartal 1873 auf⸗ zuweisen.

Die Handelskammer von Aberdeen hat in einer außerordent— lichen Sitzung beschlossen, den übrigen Handelskammern einen Antrag vorzulegen, in welchem die Regierung ersucht wird, eine Untersuchung über das gegenwärtige Papiergeldsystem, sowie über die Frage anordnen zu wollen, ob der Staat, außer der Metallversendung, nicht noch eine Papiergeldversendung für die Nation herstellen solle.

Ungeachtet des oben erwähnten günstigen Abschlusses der Staatseinnahmen lagen Handel und Industrie auch im vergan— genen Monat in hohem Grade darnieder, wie sich dies aus den häufigen Lohnherabsetzungen und den dadurch hervorgerufenen Arbeitseinstellungen ergiebt. So legten in Dundee in Folge einer Lohnreduktion von 19 Prozent etwa 30 000 Fabrikarbeiter ihre Arbeit nieder, nahmen dieselbe aber, da die Fabrikbesitzer die früheren Löhne weiterzuzahlen beschlossen, in kurzer Zeit wieder auf. In den Kohlengruben von Wales droht dagegen zum J. Januar ein großer Strike auszubrechen. Eine Versammlung von Delegirten der Arheiter und Grubenbesitzern, in welcher man elne Einigung beider Parteien herbeizuführen versuchte, blieb ohne Erfolg, und dürften, fall die Arbeiter sich nicht entschließen sollten die Lohnreduktion an— zunehmen, gegen 50. 090 Personen ihre Arbeit einstellen. Hand in Hand mit den Strikes gehen die Agitationen zu Gunsten der Tonde⸗Unions, wobei den Arbeitern vorgestellt wird, daß nur durch einen Anschluß an derartige Verbindungen, wie es in einem an sämmtliche Eisen⸗ und Baugewerke im ganzen vereinigten Königreiche ergangenen Manifeste heißt, mit Erfolg den relchen und mächtigen Verbindungen der Kapitalisten entgegen getreten werden könne. Auch unter den ländlichen Arbeitern haben die Delegirten der „Union land⸗ wirthschaftlicher Tagelöhner“ ihre Agitationen wieder aufgenom⸗ men und zwar diesmal im westlichen Theile von England, und wurden auf einer sehr zahlreich besuchten Versammlung in Evertkerne Resolutionen auf Abänderung der Pachtgesetze und Ausdehnung des Stimmrechts auf die landwirthschaftlichen Tage⸗ löhner angenommen. Durch den Erfolg, welcher die Bildung ein⸗ zelner Gewerkvereine begleitet hat, sind die Arbeiterinnen zur Nach⸗ ahmung aufgereizt, und wurde auf einer Versammlung, welcher eine große Zahl von weiblichen Arbeitern beiwohnte, von allen Anwesenden der Beschluß gefaßt, nach Kräften zur Bildung von Frauen⸗Gewerkvereinen beitragen zu wollen.

Der Gouverneur der an der Goldküste gelegenen, unter britischem Protektorate stehenden Gebietes, Oberst Strethan, hat zur gänzlichen Aufhebung der daselbst noch bestehenden Sklaverei e nit Schritte gethan, welche vollständig geglückt zu sein

Frankreich. Paris, 10. Januar. (W. T. B.) Der Her⸗ zog von Broglie hat, wie die „Agence Havas“ erfährt, erklärt, daß er nicht im Stande sei, ein neues Kabinet zu Stande zu bringen, bevor nicht die Nationalversammlung über die kon⸗ stitutionellen Gesetzentwürfe mit voller Bestimmtheit sich ausge⸗

sprochen habe.

In dem heute Vormittag abgehaltenen Ministerrathe theilte der Marschall-⸗Präsident das Resultat der Be⸗ sprechungen mit, die er mit den verschiedenen, wegen Kon⸗ stituirung eines neuen Ministeriums zu ihm berufenen Personen gehabt habe, und erklärte, die Bildung eines neuen Kabinets sei bei dem augenblicklichen Stande der Parteiverhältnisse in der Nationalvei sammlung, und bis dahin, wo die letztere über die konstitutionellen Gesetzvorlagen bestimmte Entschließung gefaßt haben werde, von der größten Schwierigkeit. Er müsse deshalb die Minister ersuchen, ihre Geschäfte bis auf Weiteres noch fort⸗ zuführen. In Regierungskreisen nimmt man an, daß bis gegen Ende der kommenden Woche das Eadresgesetz durch⸗ berathen sein wird, und daß noch am Schlusse der Woche mit der Berathung der konstitu tionellen Vorlagen begonnen werden kann.

Spanien. Madrid, 9. Januar. (B. T. B.) Nach hier eingegangenen Meldungen hat sich die Stadt Saragossa für den König Alfons erklärt. General Moris nes behält den Oberbefehl über die Truppen in Navarra.

Dem Londoner „Observer“ wird unterm 10. Januar aus Paris gemeldet, daß in dortigen diplomatischen Kreisen die Nach⸗ richt verbreitet sei, König Alfons habe sich vor seiner Abreife nach Spanien mit seiner Cousine Maria de las Mercedes, dritter Tochter des Herzogs von Montpensier und süngerer Schwester der Gemahlin des Grafen von Paris, verlobt.

Aus Bareelona liegen folgende Telegramme des ,

Barcelona, 9. Januar, Vormittags. Die Fregatte, an deren Bord sich König Alfons befindet, ist heute früh 10 Uhr im hiesigen Hafen eingelaufen. Der hiesige Präfekt und mehrere Deputationen begrüßten alsbald den König, zu dessen Empfang in der Stadt große Vorbereitungen getroffen sind. Seitens mehrerer Körperschaften von Catalonien ist die frühere Königin Isabella telegraphisch eingeladen worden, ihren Aufenthalt in Barcelona zu nehmen, falls sie Frankreich verlassen sollte.

9. Januar, Mittags. Der König Alfons landete heute Vormittag 1 Urr, wurde auf dem Landungsplatze von den Spitzen sämmtlicher Behörden und von einer sehr zahlreichen Volks⸗ menge enthusiastisch begrüßt und begab sich sodann in die Ka⸗ thedrale. Nachmittags wird der König die Truppen besichtigen und voraussichtlich morgen Mittag feine Reise nach Valencia fortsetzen.

10. Januar, Vormittags. König Alfons wohnte g stern einem ihm zu Ehren veranstalteten Fest bankete bei und bꝛachte dabei einen Trinkspruch auf die Reorganisation der Armee und der Marine aus. Er fügte hinzu, sein Trinkspruch gelte nicht dem Kriege, sondern der Erhaltung des Friedens, der das Glück der Völker sei. Und er sei nach Spanien gerufen worden, um dieses Land wieder glücklich zu machen. Heute Vormittag wohnte der König der Messe bei und empfing dann mehrere Deputationen, darunter auch eine von den Arbeitern entsendete. Heute Nach⸗ mittag 2 Uhr erfolgt die Abreise nach Valeneia, wo die An— kunft des Königs morgen Mittag erwartet wird.

Griechenland. (C. 3) Als zsterreichisch⸗ ungarischer Gesandter am griechischen Hofe ist anstatt des abberufenen Frei⸗ herrn von Pottenburg Freiherr Münch-Bellin ghausen ein⸗

getreten und am 5. Januar vom König empfangen worden.

Amerika. New-Jgork, 9. Januar. (W. T. B.) Die konservativen Mitglieder der Legislative von Loui— sianga haben dem Kongreß eine Denkschrift überreicht und darin ausgeführt, daß sie die auf gesetzliche Weise zu Stande gekommene Legislative von Louistang bildeten. Unter Aufzäh⸗ lung der einzelnen Vorgäuge bei der gewaltsamen Sprengung der gesetzgebenden Versammlung durch die Truppen behaupten sie ferner, die Souveränetät des Staates Louisiana sei mißachtet und umgestoßen morden; zugleich fordern sie das amerikanische Volk auf, gegen ähnliche Vorgänge auf der Hut zu sein. Es könne verhängnißvoll für die Freiheit werden, wenn Louisiana seinem Schicksal überlassen werden sollte. General Sheri⸗ dan hat in einem an die Bundesregierung in Washington ge⸗ richteten Telegramme alle seine früheren Behauptungen als wahrheitsgemäß aufrecht erhalten und die gegentheiligen Versiche⸗ rungen des Klerus als unrichtig bezeichnet.

Dem „New⸗JYork Herald“ zufolge würden in der ange⸗ kündigten Botschaft Grants über die Verhältnisse in Loni⸗ siana die Beschuldigungen entschieden aufrecht erhalten werden, welche Seitens der Organe der Bundesregierung betreffs der Organisation der Ligue der Weißen und der von derselben aus⸗ gegangenen Gewaltakte seither erhoben worden sind. Das Blatt glaubt, daß dem gegenüber die vom Kongreß nach New Orleans ent⸗ sendete, der konservativen Partei der Legislative von Louisiana mehr zuneigende Kommission bei ihrer Rückkehr in Abrede stellen würde, daß überhaupt Akte der Einschüchterung vorgekommen seien. Ebenso würde sich aus den Mittheilungen dieser Kommission ergeben, daß die mit der Berichterstattung betraute Kommifsion der Legislative von Louisianag sich grobe Täuschungen erlaubt habe und daß alle Schuld auf den Mangel an Ansehen, Ge⸗ schick und Fähigkeit auf Seiten des Gouverneurs Kellog zurück⸗ zuführen sei.

Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus New⸗YJork vom 9. d. gemeldet wird, beabsichtigt der Präsident Grant, dem Kongresse in der nächsten Woche eine Botschaft zugehen zu lassen. Ueber den Inhalt derselben verlautet, daß der Praͤsident die von der Regierung in Louisiana ergriffenen Maßregln mo⸗ tiviren und seine Uebereinstimmung mit dem Verhalten des Ge⸗ neral Sheridan erklären wird. Bei der Bevölkerung zeigt sich eine wachsende Opposition gegen die Politik Grants. Die Lage der Dinge in Louisiana ist unverändert.

11. Januar. (W. T. B.) Wegen der Vorgänge in Louisiana ist, wie gerüchtweise verlautet, ein Meinungszwie⸗ spalt unter den Mitgliedern des Kabinets in Washington ausgebrochen, es heißt, daß drei Mitglieder des Kabinets ihren Rücktritt zu nehmen beabsichtigten. Einflußreiche Mitglieder der republikanischen Partei im Kongresse gaben sich Mühe, die Har⸗ monie im Ministerium wiederherzustellen.

Aus Venezuela eingelangten Nachrichten zufolge sind die Häupter der dortigen Infurrektion, Pulido und Perez, gefangen genommen worden.

Nr. 2 des „Amts ⸗Blatts der Deutschen Reichs Postverwaltung“ hat folgenden Inhalt: General ⸗Verfügungen vom

5. Januar 1875. Mehrwerth der na Groschenstücke Veränderte Be⸗ zeichnung der Sisenbahn ⸗Postämter und Eisenbahn⸗-Postbureaus. An- gabe des Frankos auf den Begleitadressen bei Packeten des Wechsel⸗ verkehrs. Unzureichend fränkirte Briefe aus dem Orange⸗Freistaat und der Transvaal-Republik. Vom 3. Januar 1875. Neue Ausgabe der „Nachrichten für das Publikum“. Bescheidung vom 2. Januar 1875. Unentgeltliche Lieferung von Zeitungen an Postbeamte.

De Gewerbe⸗Ordnung für den Norddeutschen Bund, vom 21. Juni 1869, ist in einer neuen Ausgabe nebst den ergãnzen⸗ den Gesetzen im Verlage der Königlichen Geheimen Ober ⸗Hofbuch⸗ druckerei (R. v. Decker) zu dem Preise von 25 Pf. erschienen.

Landtags⸗ Angelegenheiten.

Aachen, 9. Januar. Amtlicher Meldung zufolge wurde bei der heute hier stattgehabten Ersatzwahl im 2. Aachener Wahlbezirk für den preußischen Landtag an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Bandri der Domherr Thyssen aus Limburg (ultramontan] mit 537 Stimmen gewählt. Der liberale Gegenkandidat Arnold Deutz von hier erhielt 193 Stimmen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In der Charlottenstr. 2456 ist vor einigen Tagen der Gemälde— Salon der Neuen Berliner Künstler Vereinigung eröffaet worden, welche unter der Litung des bekannten Landschaftsmalers Franz Krause steht. Der Zweck des Unternehmens besteht in dem direkten Verkauf von Or ginal-Oelgemälden und Annahme zur Aus— führung ven Bestellungen jedweden Genres derselben. Gegenwärtig sind sehr sehenswerthe Werke von Klingelhöfer, Krause, Hampe, Hiller und Huth in London ausgestellt. Allmonatlich stnd neue Er— scheinungen in Aucsicht.

== Bezüglich des großen deutschen Musikfestes, das im Spätsommer dieses Jahres im Glaspalaste in München ahgehalten werden sollte, haben sich, namentlich auch in Bezug auf die Kurze der Zeit, Schwierigkeiten ergeben, in Folge deren das provisorische Comits beschlossen hat, das Fest erst im nächsten Jahre zu veranstalten.

Am 4. Januar hielt unter dem Vorsitz Sr. Königlichen Ho⸗ heit des Prinzen Georg von Sachsen der Königlich sächsische Alterthumsverein in Dresden seine Monatesiltzu— g. Nach Er⸗ ledigung der geschäftlichen Angelegenheiten berichtete Historienm aler Andreä ücer ein auf Anregung und unter der Proötektien Ihrer Ma— iestät der Königin Carola herausgegebenes großes photographisches Werk, das in etwa 48 Blättern die Bau- und kirchlichen Denkmale des Erzgebirges, ins besondere der Städte Freiberg, Annaberg, Schnee⸗ berg, Chemnitz und Zwickau, wie die von Wechfelburg und Rochlitz enthalten soll. Die pereits herausgegebenen vortrefflich gelungenen Blätter wurden den Verein vorg legt und vom Berichterstatter mit einer allgeme nen Einleitung über die ältere deutsche Baukunst, wie mit, Erläu erungen über die besonderen Gegenstände der bereits fertigen Abbildungen begleitet.

Die Nrn. 101 104 der Wissenschaftlichen Beilage der Leipzig er Zeitung erhalten folgende größere Aufsätze: Ge— schichte des Jetenschen Husaren⸗Regiments. Muasikalische Zustände in Leipzig. (Schluß) Eine Reise ins Innere von Mexico. Die Dresdner Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in den Jahren 1872 und 1873. Ein Stiergefecht in Madrid 1872.

Der Professor Fuchs an der Usiversität Göttingen ist zum ordent⸗ lichen Professor der Mathematik an der Hochschule zu Heidelberg und zum Mitdirektor des mathematisch -phystkalischen Seminars da⸗ selbst ernannt worden.

Nach am 7. d. Mts. aus Straßturg eingegangenen Priatnach⸗ richten hat die deutsche astronomische Expedition zur Beob— achtung des Vorübergangs der Venus vor der Sonnenscheibe guf der Insel Mauritius ein befriedigendes Resultat erzielt. Am Morgen des 9 Dezember und fast bis zur Zeit der Mitte des Vor— übergangs ergeß sich strömender Regen. Dann aber wurde es hei⸗ terer und es gelangen 48 Heliometermeffungen, welche sich zu drei vollständigen Sätzen kombiniren. Ferner wurde die innere Berüh⸗ rung der Venus. und Sonnenränder beobachtet. Bei der äußeren Berührung ergoß sich der Regen schon wieder in Strömen.

Gewerbe und Handel.

Von der neuen Ausgabe von „Salings Börsenpapieren“ ist nunmehr auch der dritte Theil im alten Verlage, der Haude⸗ und Spenerschen Buchhandlung (F. Weidling), erschienen. Bearbeitet ist diese vierte Auflage von Hrn. W. L. Hertslet, dem auch die neue bewährte Ausgabe des weiten Theils zu verdanken gewesen ist. Der vor⸗ liegende dritte Theil bildet einen ausführlichen Kommentar zu den an der Berliner Körse und den bedeutendsten auswärtigen Ceurs haben— den Bankaktien und von Hypothekenbanken ausgegebenen Pfand— briefen. Der Werth und die Güte des Werkes sind zu bekannt, als daß wir zu seiner Empfehlung noch etwas zu sasgen nöthig hätten, es sei denn, daß wir auf die Herrn Hertslet eigene knappe und doch den Gegenstand völlig erschöpfende Ausdrucks weise hinwiesen. In der neuen Ausgabe find übrigens namentlich auch alle Daten über die in Liquidation befindlichen Ban= ken, wenn sie guch nur zeitweise in Berlin gehandelt wurden, soweit sie noch von Interesse, sorgfältig zusammengestellt worden. Ebenso sind die Gründerrechte bei der Ausgabe neuer Aktien überall angege⸗ ben, und mit besonderer Aufmerksamkeit die Kapitalsveränderungen der letzten Jahre erörtert. Auch das verdient befonders hervorgehoben zu werden, daß bei der Rentabilität, der vielen Dividenden pro rata temporis wegen, außer dem Prozentsatz, wo nur irgend ein Mißver⸗ ständniß möglich, auch der Geldbetrag angegeben worden ist.

Das Kreisgericht zu Grünberg hat am 5. d. Mts. die von mehreren Depositären des Niederschlesischen Kassenvereins beantragte Konkurseröffnung abgel hnt. Die Ahgewiesenen wollen nun, wie die „Schles. Ztg.“ meldet, bei dem Glogauer Appellations⸗ gericht gegen die Entscheidung des Grünberger Kreiegerichts rekurriren.

Leipzig, 1. Januar. (W. T. B) Die Leipziger und Sächsische Bank haben den Wechseldiskont auf 5 und den Lom bardzinsfuß auf 67 herabgesetzt.

London, 11. Januar. (W. T. B) Die Kohlengruben⸗ besitzer in Northumberland haben beschlossen, die Arbeits⸗ löhne um weitere 20 herabzusetzen.

Die Pariser „Gazette des Tribunaux“ theilt mit, daß gestern nicht weniger als 28 Chefredakteure von Börsenzeitungen vor der Zuchtpolizeikammer standen, um sich wegen Ankündigung verbotener Lotterieloose zu verantworten. Das Urtheil wird in acht Tagen verkündigt werden.

Ueber falsche russische Banknoten wird der Bank und Handels-Itg.“ aus Warschau geschrieben: Die „Finanz⸗ Revue“ theilt die Zahl der falschen Rubelscheine mit, welche im Jahre 1873 aus verschiedenen Gegenden Rußlands an die Re chsbank in St. Petersburg eingesandt wurden. Ez wurden nämlich 'in dem genannten Jahre der Reichsbank zur Cognition und Prüfung vorgelegt: Von alten Falsifikaten Ein-Rubelscheine 201 Stück, Drei⸗Rubelscheine 21 Stück, Fünf ⸗Rubelscheine 219 Stück, Zehn-Rubelscheine 93 Stück, Fünfundzwanzig-Rubelscheine 73 Stück, Hundert-Rubelscheine 2 Stück; von neuen Fussifikaten Ein⸗Rubelscheine 638 Stück, Drei Rubelscheine 2539 Stück, Füns⸗Rubelscheine 804 Stück, Zehn-⸗Rubelscheine 405 Stück, Fünfundzwanzig-Rubelscheine 251 Stück, Fünfzig ⸗Rubelscheine 449 Stück, Hundert -Rubelscheine 1 Stück. Ueberhaupt wurden von der Zeit, wo der erste falsche Rubelschein im Verkehr erschien, bis zum 1. (13) Januar 1874 an die Reichsbank eingesandt alte Falsifikate 161, 7o3 Stück im Gesammt⸗ werthe von 1970668 Rubel, neue Falsiftkate 16,151 Stüc im Ge⸗