Fällen außerordentlichen Bedarfs kann die Landwehr aus den Landsturmpflichtigen ergänzt werden, jedoch nur dann, wenn bereits sämmtliche Jahrgänge der Landwehr und die verwendbaren Mann schaften der Ersatzreserve einberufen sind. —ĩ .
Die Einstellung erfolgt nach Jahresklassen, mit der jüngsten be— ginnend, soweit die militärischen Interessen dies gestatten“.
Der Abg. Duncker beantragte: I) das Alinea 1“ des 5§. 5 so zu fassen: . .
Der Landsturm erhält ein besonderes Erkennungszeichen und bei Berwendung gegen den Feind militärische auf Schußweite erkenn— bare Abzeichen. Er wird auf Grundlage der Landwehrbakaillonsbezirke in besondere Abtheilungen formirt“;
Y) die Alinea 2 und 3 des § 5 zu streichen.
Der Abg. Graf Ballestrem beantragte „I) die gesperrten Worte „in der Regel“ in Alinea 1, 2) die Alinea 2 und 3 ganz zu streichen, für den Fall der Annahme des §. 5 aber 3) fol⸗ gendes Alinea 4 hinzuzufügen: „Durch die Bestimmungen dieses Paragraphen wird der Art. 59 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 entsprechend modiftzirt. (Art. 59 bestimmt, daß jeder wehrfähige Deutsche 7 Jahre lang dem stehenden Heere und 5 der Landwehr angehört.)
Der Abg. Reichen sperger (Olpe) hatte den Antrag gestellt, in Alinea 2 statt der Worte „aus den Landsturmpflichtigen“ zu setzen: „aus den Mannschaften des aufgebotenen Landsturmes.“
Ueber diesen Paragraph entspann sich eine längere Debatte, die vom Referenten Abg. Graf Bethusy⸗Huec mit einer Erörte⸗ rung der Verfassungskontroverse über die Verschmelzung des Landsturmes mit der Landwehr eingeleitet wurde. An der Debatte betheiligten sich die Abgg. Duncker, von Vahl , Freiherr von Schorlemer⸗Alst, von Treitschke, Reichensperger (Olpe) und der Bundesbevollmächtigte General⸗Major von Voigts⸗Rhetz. In der Abstimmung wurden sämmtliche Amendements mit Aus⸗ nahme desjenigen des Abg. Reichensperger (Olpe) abgelehnt, und F. 5 nach den Vorschlägen der Kommission unter Annahme des Reichenspergerschen Antrages im Alinea 2 in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 176 gegen 104 Stimmen angenommen.
Die folgenden 85. 6— 9 wurden ohne erhebliche Debatte unverändert nach den Kommissionsvorschlägen genehmigt:
§. 6. „Wenn der Landsturm nicht aufgeboten ist, dürfen die Landsturmpflichtigen keinerlei militärischer Kontrole oder Uebung unterworfen werden.“
§. 7. »Die Auflösung des Landsturms wird vom Kaiser an⸗ geordnet. Mit der Auflösung der betreffenden Formationen hört das Militärverhältniß der Landsturmpflichtigen auf.“
. 8. „Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Be⸗ stimmungen erläßt der Kaiser.“
§. 9. „Gegenwärtiges Gesetz kommt in Bayern nach näherer Bestimmung des Bündnißsvertrages vom 23. November 1870 unter III. §. 5 zur Anwendung. Dasselbe findet auf die vor dem 1. Januar 1851 geborenen Elsaß⸗Lothringer keine Anwendung. (8. 2 des Gesetzes vom 23. Januar 1872.)
Hiermit war die Berathung des Landsturmgesetzes erledigt, welches mit einer kleinen Aenderung in §. 5 durchweg nach den Kommissionsbeschlüssen angenommen ist. Schluß 4/“ Uhr.
— In der heutigen (42.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tags, welcher der Staats- und Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt, der Präsident des Reichskanzler⸗Amts Staats⸗Minister Dr. Del⸗ brück, der Unter⸗Staats⸗Sekretär Dr. Friedberg, der württem⸗ bergische Staats-Minister von Mittnacht und die bayerischen Ministerial⸗Räthe Los und von Riedel beiwohnten, wurde fol⸗ gender Antrag des Abg. von Parezewski ohne Einsprache an⸗ genommen:
„Der Reichstag wolle beschließen: 1) Auf Grund des Artikels 31 der Verfassung zu verlangen, daß das gegen den Abgeordneten von Donimirski auf Grund der Berufung des Staatsanwalts zu Thorn bei dem Königlichen Kreisgericht zu Thorn in zweiter In⸗ stanz anhängig gemachte Verfahren wegen Beleidigung des Kreis⸗ gerichts zu Thorn für die Dauer der gegenwärtigen Sitzungs⸗ periode aufgehoben werde; 2) daß der Reichskanzler ersucht werde, zur Ausführung dieses Beschlusses das Nöthige zu veraulassen.“
Hierauf trat das Haus in die erste Berathung des Ge⸗ setzentwurfes über die Beurkundung des Personen—⸗ standes und die Eheschließung (S. Nr. 6, 8 und in dieser Nummer unter Reichstagsangelegenheiten) ein, gegen welchen zunächst Abg. Dr. Jörg das Wort erbat. Derselbe hob namentlich hervor, der Gesetzentwurf bezwecke eigentlich nur die Einführung der obligatorischen Civilehe in Bayern, widerspreche aber dem Rechtshewußtsein und der religiösen Ueberzeugung des bayerischen Volks so sehr, daß er demselben nicht sowohl als ein ihm zuertheiltes Recht, sondern vielmehr als ein ihm auf⸗ gebürdetes großes Unrecht erscheine. Der Rekurs an das Reich hätte überdies nicht vor Zustimmung der bayerischen Landesver⸗ tretung erfolgen dürfen. Der liberalen Partei warf Redner vor, daß sie es mit dem Brechen von Verträgen leicht nehme; derselbe wurde von dem Präsidenten v. Forckenbeck wegen dieser Aeußerung unter dem Beifall des Hauses zur Ordnung gerufen. Für den Entwurf sprach dann Abg. Dr. Völk, der den Aeuße⸗ rungen des Vorredners mit Entschiedenheit entgegentrat und sich besonders gegen den Vorwurf verwahrte, daß diefes Gesetz einen Vertragsbruch enthielte. Er bestritt auch, daß die jetzige Vor⸗ lage einen antireligiösen Charakter habe. Bei Schluß des Blat— tes hatte der Abg. Stumm das Wort.
— Obwohl in neuerer Zeit wesentliche Herabsetzungen des Geldportos eingetreten sind, kommt es noch öfter vor, daß die Absender von Geld⸗ und Werthsendungen nicht den vollen Werth der zu versendenden Gegenstände, sondern nur einen ge— ringeren Betrag bei der Post angeben. Ein solches Verfahren kann, abgesehen davon, daß dasselbe eine große Versuchung für Diejenigen in sich schließt, welche mit solchen Sendungen Be— fassung haben, unter Umständen für die Absender bez. Empfänger sehr erhebliche Nachtheile herbeiführen. So hat das General— Postamt einen kürzlich vorgekommenen Fall zur öffentlichen Kenntniß gebracht, wonach der Adressat zweier Packete nach Italien, deren Inhalt aus Werthgegenständen bestand, wegen zu niedriger Werthangabe auf Veranlassung der italie⸗ nischen Eisenbahnverwaltung mit einer Strafe von 3000 Franken belegt worden ist. Bei Einlieferung von Fahrpost— sendungen nach Italien muß stets der volle Werth der versen⸗ denden Gegenstände angegeben werden. Auch im Verkehr mit Belgien, England und Frankreich muß nach den bestehenden Verträgen der Werth der zu versendenden Gelder stets zum vollen Betrage angegeben werden. Im Verkehr mit Rußland setzen sich die Abfender von Geld⸗ und Werthsendungen sogar der Konfiskation ihrer Sendungen aus, wenn der Werth nicht zum vollen Betrage angegeben ist.
— Wer zu einer Versamm lung oder Prozession, zu welcher die polizeiliche Genehmigung erforderlich ist, vor Ein⸗ gang der obrigkeitlichen Erlaubniß auffordert oder darin als Ordner, Leiter oder Redner wirkt, ist nach F§. 17 des preußischen Vereinsgesetzes strafbar. Eine solche Thätigkeit als Ordner, Veranstalter und Leiter erheischt nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 15. Dezember 1874 nicht gerade
nothwendig, daß der Betreffende der Prozession oder Versamm⸗
lung seine ordnende und leitende Aufmerksamkeit in jedem Augenblicke geschenkt habe, und ebenso wenig werde dieselbe dadurch alterirt, daß noch ein Anderer in gleicher Weise, wie er, dabei thätig gewesen ist.
— Zwischen den ehelichen Geschwistern und den von ihrer Mutter außer der Ehe erzeugten, also unehelichen Geschwistern findet nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribu⸗ nals (erster Senat) vom 4. November 1874 eine gesetzliche Beerbung nicht statt. Denn da die Halbgeschwisterschaft aus §. 6 Tit. 3 Thl. II. allgem. Landrecht der einzige Grund für ein solches Erbrecht ist, diese Halbgeschwisterschaft aber vom Gesetze (5. 8 Tit. 3 Thl. II. Allgem. L. R.) gerade für eheliche Geschwister unehelichen gegenüber nicht anerkannt wird, so fällt mit jenem einzigen Grunde auch die aus demselben gefolgerte Beerbung fort.
— Zu den gesetzlichen Vertretern eines Minderjährigen, welche nach §. 65, Strafgesetzbuch, zur Stellung des Straf⸗ antrages befugt sind, gehören nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 9. Dezember 1874 nicht blos die regelmäßigen und dauernd berufenen, sondern auch diejenigen Vertreter, welche aus besonderen, in dem einschlagenden Civil⸗ rechte anerkannten Gründen nur für einzelne Akte, namentlich wegen divergirenden Interesses des regelmäßigen Vertreters mit demjenigen des Minderjährigen, bestellt worden.
— Die Eröffnung der Provinzialsynode für die Provinz Brandenburg ist auf Dienstag, den 26. Januar, Vormittags 10 Uhr, anberaumt. Die Sitzungen der Synode, deren Dauer auf 8 Tage festgesetzt ist, finden im evangelischen Vereinshause (Oranienstraße 1966) statt. Der feierliche Synodal⸗ gottesdienst wird am Mittwoch, den 27. d. M., abgehalten wer⸗ den. Zu den Vorlagen, welche Seitens des Evangelischen Ober⸗ Kirchenraths an die Provinzialsynode gelangt sind, gehört, außer dem bereits in Nr. 3 d. Bl. mitgetheilten Proponendum wegen Aufhebung der Stolgebühren, die Wahl von 27 Abgeord⸗ neten für die außerordentliche Generalsynode.
— Das Königliche Konsistorium für die Provinz Schle⸗ sien veröffentlicht in Nr. J des kirchlichen Amtsblattes folgende Bekanntmachung:
Breslau, 6. Januar 1875.
In Folge eines Erlasses des Epangelischen Ober⸗Kirchenraths vom 4. d. M. betreffend die Berufung der Provinzialsynoden, bringen wir hierdurch zur allgemeinen Kenntnusß, daß die Eröffnung der ersten ordentlichen Provinzialsynode für Schlesien Sonnabend, den 23. d. Mts., Vormittags 9 Uhr, in dem hiesigen Ständehause stattfinden und am folgenden Tage, Sonntag Septusgesimae, den 24. d. Mts., ein feierlicher Synodalgottestdienst abgehasten werden wird. Die Dauer der Synode ist unter Vorbehalt etwa nöthiger Verlängerung auf acht Tage festgesetzt. Indem wir nachstehend die zweite Nach⸗ trags⸗Instruktion des Ewangelischen Ober⸗Kirchenraths vom 23. De⸗ zember 1874 zur Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. Sep⸗ tember 1873 und die Geschäftsordnung für die Provinzial—⸗ synoden der sechs östlichen Provinzen publiziren, bemerken wir, daß von Seiten des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths ein Proponendum, betreffend die Aufhebung der Stolgebühren, außer den von unserer Seite zu machenden Vorlagen, Gegenstand der Synodalverhandlungen sein wird. In Folge Allerhöchsten Erlasses vom 2. d. M. sind als landesherrlich ernannte Mitglieder in die Provinzialsynode berufen worden. (Folgen die in Nr. 4 des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers mitgetheilten Namen.) Gleichzeitig bemerken wir, daß von Seiten der evange isch-theologischen Fakultät der hiesigen Universität der Konsistorial⸗Rath Professor Br. Menß als Mitglied für die Provinzial Synode erwählt, und daß der unterzeichnete Präfi= dent zum Königlichen Kommissarius für dieselbe ernannt worden ist. Wir bitten den Herrn unseren Gott im Verein mit allen Mitgliedern der evangelischen Kirche in unserer Provinz, daß Er die Theilnehmer an der bevorstehenden Provinzialsynode mit Seinem Geist er— leuchten und regieren und die Verhandlungen derselben mit Seinem Segen zum Heil der Kirche und zur Ehre Seines Namens begleiten wolle. Wunderlich.
Dieser Bekanntmachung folgen die in Nr. 4 des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers bereits auszugsweise mitgetheilte Instruk⸗ tion und Geschäftsordnung.
— Die Aufhebung der Portofreiheit für die Gemein de⸗ behörden und örtlichen Polizeiverwaltungen, namentlich in Preußen, hatte von mehreren Seiten zu dem Vorschlage Ver⸗ anlassung gegeben, „daß dieselben bei den Korrespondenzen un⸗ ter sich die abzusendenden Briefe stets frankiren sollten, mögen dieselben nun im Interesse des Absenders oder des Adressaten erlaffen sein.! Man war hierbei davon ausgegangen, daß im Durchschnitt die Porto⸗-Auslagen, die eine Gemeinde für die an⸗ dere macht, sich im wechselseitigen Verkehre ausgleichen und allen unangenehmen Weiterungen und Streitigkeiten, wer das Porto zu zahlen habe, dadurch vorgebeugt werde. Selbstverständlich bliebe es jeder Gemeinde überlassen, von etwaigen anderen Ver⸗ pflichteten, z. B. Privatpersonen oder Fiskus, das Porto wiederum einzuziehen. Die Redaktion der D. Gemeindezeitung war sowohl von Gemeindebehörden der östlichen, wie der westlichen Provin⸗ zen ersucht worden, den obgedachten Vorschlag zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, und zum Beitritt zu einer Portovereinba⸗ rung im vorerwähnten Sinne aufzufordern. Demnächst war ihr im April 1870 eine Erklärung von 206 Gemeindebehörden der preußischen Westprovinzen zugegangen, welche sich zuvbröerst über die stetige Frankirung der abzusendenden Briefe unter sich im engeren Kreise mit einander verständigt hatten, und der Re⸗ daktion anheimstellten, fernere Beitrittserklärungen zu dieser Vereinbarung entgegenzunehmen, wie die Namen der neu beige⸗ tretenen Gemeinden regelmäßig zu veröffentlichen.
Die Redaktion kam jenem Wunsche nach und veröffentlicht von Zeit zu Zeit die Namen der Aemter und Gemeinden sämmtlicher Behörden, welche der Portovereinbarung beigetreten sind. Da es ungeachtet des Besitzes eines Verzeichnisses der der Portovereinbarung beigetretenen Gemeinden möglich ist und oft vorkommen wird, den Beitritt der einen oder der andern Stadt zu übersehen, weil es im täglichen Geschäftsleben störend und zeitraubend ist, das Verzeichniß immer einzuschen, so ist, wie die „D. Gem. 3.“ mittheilt, noch der Vorschlag gemacht worden, daß die beigetretenen Städte und Gemeinden auf den Adressen ihrer Sendungen durch irgend einen kurzen Vermerk den Bei⸗ tritt zur Portovereinbarung zu erkennen geben, z. B. durch die Bezeichnung: „Frei l. P.⸗V.“, d. h. frei laut Portovereinbarung.
— Der General⸗Major von Hartmann, Inspecteur der Kriegsschulen, hat behufs Bereisung der Kriegsschulen die Gar⸗ nison verlassen.
— S. M. S. „Victoria“ ist am 9. d. Mts. helmshaven außer Dienst und in die 1. Reserve gestellt.
Cassel, 11. Januar. (W. T. B.) Die Ankunft der Leiche des Kurfürsten von Hessen hierselbst wird morgen Nachmittag erwartet. Gleichzeitig werden die Mitglieder der Kurfürstlichen Familie eintreffen. Die Beisetzung der Leiche in der Kurfürstlichen Familiengruft erfolgt unmittelbar nach der
in Wil⸗
Ankunft vom Bahnhofe aus, woselbst der Ober⸗Präsident und der kommandirende General zum Empfange anwesend sein wer⸗ den. Das 83. Infanterie⸗Regiment bildet Spalier.
Bayern. München, 9. Januar. Wie der „Corr. v. u. f. D.“ mittheilt, hat der Abgeordnete Pfarrer Mahr gegen das Urtheil des Schwurgerichtes, durch welches über ihn eine Ge⸗ fängnißstrafe von 10 Monaten verhängt wurde, die Nichtigkeits⸗ beschwerde nicht erhoben, aber an die höchste Stelle das Gesuch gerichtet, es möchte ihm gestattet werden, die Strafe anstatt im Zellengefängniß zu Nürnberg, in dem Gefängniß an der Bad- straße hier abbüßen zu dürfen. .
— Bei den günstigen Witterungsverhältnissen wurde, dem⸗ selben Blatte zufolge, bereits mit dem Vermessen des für das neue Akademiegebäude bestimmten Bauplatzes nächst dem Siegesthore begonnen. Das Areal beträgt 12 Tagwerk — 490,000 Quadratfuß. Bezüglich der Erlegung des 284,000 Fl. betragenden Kaufschillings sind mit der bayerischen Baugesellschaft dahier die günstigsten Bedingungen abgeschlossen.
Sachsen. Dresden, 11. Januar. Zur Feier des Ge⸗ burtstages der zur Zeit hier weilenden Erzherzogin Antoi⸗ nette, Prinzessin von Toskana (geb. 19. Januar 1858), fand gestern bei der Königin Mutter, der Großmutter der Erzherzogin, Familientafel statt, an welcher auch der Großherzog Ferdinand und die Großherzogin Alice von Toskana, sowie Prinz und Prinzessin Georg mit dem Prinzen Friedrich August und den Prinzessinnen Mathilde und Josefa theilnahmen. (Erzherzogin Antoinette ist bekanntlich die Tochter des Großherzogs Ferdinand von Toskana aus dessen Ehe mit der 1859 verstorbenen Prin⸗ zessin Anna von Sachsen.) — Gestern wohnte der Königliche Haf dem Balle des Staats⸗Ministers v. Fabriee bei. — Zu Ehren des Herzogs Friedrich und der Herzogin Adel⸗ heid von Schleswig⸗Holstein, welche vorgestern Nachmittag von Schloß Primkenau hier eingetroffen sind, fand bei Ihren Königlichen Majestäten gestern Nachmittag ein Diner statt, zu welchem auch die beiden sich hier aufhaltenden Prinzen Ernst und Friedrich von Sachsen⸗Meiningen geladen waren.
— Heute Nachmittag hat die feierliche Beerdigung des katho⸗ lischen Bischofs Forwerk stattgefunden. Der imposante Trauerzug setzte sich 21“ Uhr von der Schloßstraße aus in Be⸗ wegung und gelangte gegen 3! Uhr am katholischen Kirchhofe in der Friedrichstadt an, woselbst der Prinz Georg, die Staats⸗ Minister, die Gesandten Preußens, Oesterreichs und Bayerns, der Präsident des evangelisch⸗lutherischen Landes⸗Konsistoriums, der evangelische Ober⸗Hofprediger, die Generalität, der Ober⸗ Bürgermeister ꝛc. denselben erwarteten. Der Friedhof, sowie der Raum vor dem Eingange desselben war von einer so zahlreichen Menschenmenge angefüllt, daß es für den Trauerzug der größten Anstrengung bedurfte, um nur in seiner Spitze zu der offenen Gruft zu gelangen.
Württemberg. Stuttgart, 8. Januar. Der König hat vorgestern Vormittag den Königlich bayerischen Staats⸗ Minister der Justiz Dr. v. Fäustle in Audienz empfangen. Nachmittags wurde der Justiz⸗Minister zur Königlichen Tafel gezogen. — Der Prinz Wilhelm von Hessen ist gestern wieder von hier abgereist. — Gestern hat im weißen Saale des Königlichen Residenzschlosses und den anstoßenden Räumen ein Hofball stattgefunden, zu welchem zahlreiche Einladungen er⸗ gangen waren.
— 9. Januar. Wegen Ablebens des Herzogs Eugen Erd⸗ mann ist von heute an Hof trauer auf 3 Wochen, und wegen Ablebens des Kurfürsten von Hessen Hoftrauer auf 14 Tage an⸗ geordnet worden.
Anhalt. Dessau, 1II. Januar. Die, Gesetz⸗Sammlung“ ver⸗ öffentlicht ein Regulativ des Staats⸗Ministeriums vom 12. De⸗ zember 1874, den chausseemäßigen Ausbau und die Erhaltung der Kreisstraßen betreffend.
Oesterreich⸗Ungarm. Wien, 10. Januar. Nach einer Veröffentlichung der Staats schulden⸗Kontrol⸗Kom⸗ mission vom 1. Januar befanden sich im Umlaufe: A. Nach den von der DOesterreichischen Nationalbank geführten und überprüften Vormerkungen: Partial⸗Hypothekar⸗Anweisungen, und zwar: a. auf Konventionsmünze lautend 12,150 Fl., d. i in österr. Währung 12,757 Fl.; b. auf österr. Währung lautend 66,704,950 Fl., zusammen 66,717,707 Fl. B. An aus der Mitsperre der beiden Kontrol-Kommissionen erfolgten Staats⸗ noten, und zwar zu 181. 75,970,219 Fl., zu 5 Fl. 113, 803,575 Fl., zu 50 Fl. 155,508,400 Fl., zusammen 345,282,194 Fl.; im Ganzen also 411,999,901 Fl. Es hat demnach der Stand der Salinenscheine (Partial⸗Hypothekar⸗Anweisungen) gegen den letzten Monatsausweis um 1,475,650 Fl. zugenommen, der Umlauf der Staatsnoten um 1,‚475,1065 Fl. abgenommen und die gesammte schwebende Staatsschuld hat sich um 545 Fl. vermehrt.
Prag, der Leiche des
, verstorbenen ehemaligen Kurfürsten von Hessen von dem Kürfürstlichen Palais nach dem Staats— bahnhof hat heute Nachmittag um 112 Uhr stattgefun⸗ den. Den Leichenkondukt eröffnete eine Escadron Kavallerie. Dem Leichenwagen, welcher von 8 isabellfarbenen Pferden gezo⸗ gen wurde und von der gesammten Dienerschaft des Kurfürsten, unter Führung eines Stallmeisters, umgeben war, schritt der Hofmarschall des Kurfürsten voran. Unmittelbar hinter dem Wagen folgten die sämmtlichen Mitglieder der Familie des hohen Verstorbenen und darauf als Vertreter des Kaisers von Oester⸗ reich der Erzherzog Wilhelm, demnächst der Landgraf Alexis von Hessen⸗ Philippsthal⸗⸗Barchfeld. Ihnen schlossen sich der Oberst⸗ Landmarschall Fürft Carlos Auersperg, der Statthalter von Böhmen, Freiherr Weber von Ebenhof, die Generalität und die Spitzen der Behörden an. Auch mehrere Bürgermeister kurhessischer Städte, der Bürgermeister von Prag, die evangelischen Gemeindevertreter, viele Offiziere der Garnison und zahlreiche Einwohner der Stadt befanden sich im Leichen⸗ gefolge. Der Zug wurde durch eine Escadron Kavallerie ge⸗ schlossen. Um 4 Uhr langte der Kondukt auf dem Staatsbahn⸗ hofe an, wo der mit Kränzen und Bändern reich geschmückte Metallsarg durch Leibjäger in den schwarz dekorirten Waggon gehoben wurde. Eine Ehrendeputation des Husaren⸗Regiments, dessen Inhaber der Kurfürst gewesen war, begleitet die Leiche bis zur sächsischen Grenze, wo sächsisches Militär die Ehrenwache übernimmt.
Pe st, 12. Januar.
Die Ueberführung
In der Sitzung des Finanzausschusses legte der Finanz⸗Minister Ghyczy ein vollständiges Finanz⸗
Ezxposé vor. Darnach sind von der letzten Anleihe nach Abzug der Januarzahlungen zum Betrage von 9 Millionen noch 32 Millionen und außerdem noch 12 Millionen an Kassen⸗ beständen disponibel, wodurch das Defizit ausreichend gedeckt
werden könne, doch würden dann, mit Berücksichtigung der unregelmäßigen Steuereingänge, für das Jahr 1876 nur 6 Millionen übrig bleiben. Er beantrage deshalb, zur Deckung des Destzits 12 Millionen aus der Anleihe zu nehmen und 13 Millionen durch neue Steuern und einen Zuschlag zu den bestehenden Steuern zu decken. — Da die bereits ven ihm proponirte Erhebung eines Steuerzuschlags von 5 pCt. ihm zu drückend erscheine, ziehe er die betreffende Vorlage zurück und beantrage die Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer. Auf diese Weise werde es möglich, auf das Jahr 1876 26 Millionen übertragen zu können, durch welche mit Hinzurechnung anderer Einnahmen im Jahre 1876 die Aus⸗ gaben ohne eine neue Anleihe gedeckt werden könnten.
Schweiz. Bern, 11. Januar. (W. T. B.) Der Bundesrath hat als Vertreter der Schweiz für die auf den 25. d. M. nach Paris einberufene internationale Mänzkonferenz den dortigen schweizerischen Geschäftsträger Dr. Kern und den Nationalrath Feer⸗Herzog bestimmt.
— In Movelier (Jura) ist am 6. d. Mts. die dortige Sektion des Pius vereins aufgelöst worden. Der Beschluüß wurde ohne die Intervention der Behörden freiwillig und ein— stimmig auf Antrag des abberufenen Pfarrers Frund gefaßt.
Großbritannien und Irland. (A. A. C.) London, 9. Ja⸗ nuar. Prinz Leopolds Krankheit wurde, der „Lancet“ zu⸗ folge, durch ein mildes Typhus fieber verursacht, aber Se. Königliche Hoheit befindet sich bereits auf dem Wege der Genesung. — Prinz Albert Victor, der älteste Sohn des Prinzen von Wales, vollendete gestern sein 11. Lebensjahr — ein Ereigniß, das in Windsor mit den üblichen Ehrenbezeugungen festlich be⸗ gangen wurde.
— Mr. Benjamin Moran, der jüngst zum Gesandten der Vereinigten Staaten bei Portugal ernannt wurde, begiebt sich, ehe er seinen Posten antritt, auf 5 oder 6 Wochen nach Cannes.
— In der gestrigen Sitzung der Königlichen astrono— mischen Gesellschaft wurde ein Brief von dem Privat⸗ Sekretär des Königs von Siam verlesen, in welchem die ge⸗ nannte Gesellschaft im Namen Sr. Majestät eingeladen wird, Repräsentanten zur Beobachtung der am 6. April eintretenden totalen Sonnenfinsterniß nach Siam zu senden. Der König bietet Denjenigen, die kommen wollen, Beistand und Gastfreund⸗ schaft an. Er verspricht, sie von der Küste nach dem Beobach⸗ tungsorte zu befördern, Observatorien für sie zu bauen und die Dienste zweier an seinem Hofe angestellten englischen Offiziere zu ihrer Verfügung zu stellen. ü
— 12. Januar. (W. T. B.) Gestern fand eine nicht öffentliche Versammlung der hauptsächlichsten Führer der Ronkonformisten in Glasgow statt, bei welcher die Bildung einer nationalen Assoeiation beschlossen wurde, durch welche die Trennung des Staats von der Kirche in Schottland angestrebt werden soll. Eine nach Edinburgh einberufene Ver⸗ sammlung verfolgt den nämlichen Zweck.
— Der Premier Disraeli ist wieder hier eingetroffen.
Frankreich. Paris, 11. Januar. (W. T. B.) Zum Präsidenten des Munizipalraths von Paris ist heute Thulisé mit 59 gegen 10 Stimmen gewählt worden, welche auf seinen Gegenkandidaten Pothier fielen. Zu Vize⸗-Präsidenten wurden Floquet und Herold gewählt. Bei Uebernahme des Vor⸗ sitzes hielt der neue Präsident eine Anrede an die Mitglieder des Munizipalraths, in welcher er es für dringend erforderlich er— klärte, die von der Stadt Paris beabsichtigte Anleihe sobald als möglich zu kontrahiren, um der arbeitenden Bevölkerung Beschäftigung zu sichern.
— Die „Semaine Religieuse“ zeigt an, daß der Kardinal⸗ Erzbischof für die Erzdiözese die sogenannten Gebetsvereine genehmigt habe.
Versailles, 11. Januar. (W. T. B.) Die National—⸗ versammlung begann heute die Berathung des Gesetzentwurfs über die Kadres der Armee. Obgleich mehrere Militärs sich an der Debatte betheiligten. bewegte sich die Diskussion doch nur innerhalb der Grenzen allgemeiner Gesichtspunkte. Der General Changarnier beantragte, die Vorlage an den Kriegs⸗ Minister zurückzuverweisen und darauf sofort zur Berathung der konstitutionellen Gesetzentwürfe zu schreiten. Der Antrag wurde mit Ginstimmigkeit abgelehnt.
— Wie die „Agence Havas“ vernimmt, wird für die Be— rathung der konstitutionellen Gesetzentwürfe die Dring⸗ lichkeit beantragt werden, um dadurch die sonst erforderlichen drei Lesungen zu vermeiden und so die gegenwärtige Minister⸗ krisis und die mit derselben verbundenen Inlonvenienzen mög— lichst abzukürzen. Es heißt, daß die Minister vor Eröffnung der Diskussion die Bedingungen bezeichnen würden, unter denen sie eventuell eine Fortführung ihres Portefeuilles für möglich halten. — Das linke Centrum hat beschlossen, den Gesetz⸗= entwurf über die Organisirung der Regierungsgewalt durch Einfügung eines Artikels, wonach die Republik als die Regierungsform Frankreichs eingeführt wird, zu erledigen.
Spanien. (Köln. Ztg. König Alfons hat an den Minister⸗Präsidenten folgendes Telegramm gerichtet:
Paris, 5. Januar, 3. 40 Nachmittags. Sr. Excellenz Sr. D. Antonio Canovas del Castillo. Ew. Excellenz, der ich am 23. August 1573 meine Vollmachten anvertraute, theilt mir mit, daß ich durch das tapfere Heer und das heldenmüthige spanische Volk einmüthig zur Besteigung des Thrones meiner Vorfahren berufen worden bin. Nie⸗ mand kann, wie Ew. Exellenz, deren großen Verdiensten ich so viel schulde und verdanke, wie gleichsfalls dem Regentschafts⸗Ministerium, welches Sie Kraft der Ihnen übertragenen und heute von mir be— stätigten Befugnisse gebildet haben, meinen Gefühlen des Dankes und der Liebe zur Nation Ausdruck geben, indem ich die in meinem Mani— fest vom 1. Dezember vorigen Jahres ausgesprochenen Ansichten be⸗ stätige und meinen aufrichtigen Entschluß, fle zu erfüllen, bekräftige, wie auch meine lebhaftesten Wünsche, daß der feierliche Akt meines Einzuges in mein geliebtes Vaterland ein Pfand des Friedens, der . und des Vergessens vergangener Zwietracht und als Folge dessen der Anfang einer neuen Zeit wahrhafter Freiheit sei, in welcher wir durch Vereinigung unserer Bemühungen und unter dem Schutze des Himmels für Spanien neue Tage der Wohlfahrt und der Größe heraufführen können. Alfon so.
. Die von englischen Blättern gebrachte Mittheilung, daß König Alfons vor seiner Abreise von hier sich mit einer Toch⸗ ter des Herzogs von Montpensier verlobt habe, wird von der Agence Havas“ als unrichtig bezeichnet.
— (W. T. B.) Der „Agence Havas“ geht die Nachricht von einer Proklamation des Prätendenten Don Carlos zu, in welcher der letztere bedauert, daß sein Vetter Don Alfonso sich dazu habe verstehen können, ein Werkzeug der Revolution zu werden. Er, Don Carlos, habe alle revolutionären An⸗ erbietungen zurückgewiesen und sei der alleinige Repräsentant der Legitimität. Die Proklamirung Don Alfonfo's werde ihm die Pforten von Madrid öffnen, er werde die Revolution unter⸗
drücken und, getreu seiner heiligen Mission, die glorreiche Fahne aufpflanzen, die das Symbol der staatsrettenden Prinzipien zei.
Italien. Rom, 6. Januar. (It. N.) Monsieur Ozanne wird nächsten Monat hierher kommen, um die Unterhandlungen über Reformen des zwischen Italien und Frankreich abge⸗ schlossenen Handels- und Zollvertrages von Neuem an⸗ zuknüpfen.
San Remo, 12. Januar. (W. T. B.) Die Kasserin von Rußland ist nunmehr von ihrem letzten Unwohlsein wie⸗ der hergestellt und hat die Spazierfahrten im offenen Wagen bereits wieder aufgenommen. Die Großfürsten Paul und Sergius sind heute hier eingetroffen.
NMußland und Polen. St. Peters burg, 10. Januar. Zum stellrertretenden Chef der Ober-Preßverwaltung während der Krankheit des Staatssekretärs M. N. Lon⸗ ginow ist, wie die „Petersb. Gaseta“ meldet, der Geheimrath Wassili. Wassiljewitsch Grigorjew, ordentlicher Professor für orientalische Geschichte, Dekan der orientalischen Fakultät bei der St. Petersburger Universität und Mitglied des Konseils des Ministers des Innern, auf Vorstellung des Ministers unterm 23. Dezember a. St. ernannt worden.
— Der „Russ. Juv.“ bringt vom 18. November Nachrichten vom Amu⸗Darja, laut welchen der Khan von Chiwa, trotz seiner Bedrängniß durch innere Unruhe und Zerwürfnisse in seinem Laude, gewissenhaft und nach besten Kräften seinen Rußland gegenüber übernommenen Verpflichtungen nachkommt. Gegen Ende dieses Jahres ist er verpflichtet, von der Kontri— bution 190, 9000 Rbl. abzuzahlen. In Abrechnung auf diese Summe hat der Khan dem Oberst Iwanow bereits 50,600 Rbl. gesandt, davon 3009 Rbl. in Kreditscheinen und 57,600 Rbl. in Silber, theils russischen, theils chiwaschen Gepräges. Die ge⸗ ringe Zahl der Kreditscheine erklärt sich durch den treff lichen Kurs, den unser Papiergeld in Chiwa hat, auf welches man L pCt. Aufgeld zahlt. Ein Theil des in großer Menge in Chiwa in Umlauf gesetzten Papiergeldes ist von den Handels⸗ karawanen wieder zurückgebracht worden, ein anderer Theil ist, als leicht und bequem aufzubewahren, von den Einwohnern ver— borgen worden, weil die Zeiten so unruhig sind.
Gine Anzahl der 1873 befreiten persischen Sklaven, welche bisher in Ehiwa wohnen geblieben waren, hatten sich aus ver— schiedenen Städten bei dem Fort Petro-Alexandrowsk zusammen⸗ gefunden, um von dort aus durch die Bucharei in die Heimath zu ziehen. Ende Oktober machten die Perser sich auf. Mitte November gelangte die Kunde nach Petro⸗-Alexandrowsk, daß die Jomuden die Absicht hätten, die Perser auf ihrer Wanderung zu überfallen und auszuplündern. Der Oberst Jwanow machte davon nach Kabakly an die bucharische Garnison Mittheilung und schickte außerdem den Oberst Nowokreschtschenow mit 106 Kosaken und einer Raketenabtheilung an die bucharische Grenze, nach Meschekli. Möglicherweise ist durch diese Maßregel der beab⸗ sichtigte Ueberfall der Turkmenen verhindert worden. Bisher sind noch keine Nachrichten über den Zug der Perser eingetroffen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, J. Januar. In seiner Uebersicht über das verflossene Jahr erwähnt Aftonbladet! als Veranstaltungen und Greignisse in Schweden von dauernder Bedeutung folgende: die nöthige und wesentlichste Vorarbeit zu einer baldigen Lösung der wich⸗ tigsten aller Fragen, nämlich die Umänderung des Vertheidigungs⸗ wesens nebst gründlicher Untersuchung der damit in Verbindung gesetzten Frage wegen Ablösung der Grundsteuer; das neue ge— meinschaftliche Gesetz für Schweden und Norwegen über die gegenseitigen Handels⸗ und Seefahrtsverhältnisse dieser beiden Länder, welches Gesetz am 1. Juli v. J. in Kraft getreten ist; Bestimmung über eine allgemeine Erhöhung der Beamtengagen, während der Reichstag sich für die Einziehung überflůssiger Aemter, gegen die Zusammenziehung mehrerer Aemter und gegen den Privaterwerb der Beamten ausgesprochen hat; wichtige Be⸗ stimmungen über Konservirung der Wälder und Förderung des Forstwesens; neue Bestimmungen über private zettelausstellende Banken; über das Eigenthumsrecht der verheiratheten Frauen; über Sanitätsanordnungen; über Feuer⸗ und Bauwesen. Aber vorzüglich mit Bezug auf Eisenbahnanlagen ist das Jahr 1874 ein merkwürdiges gewesen; außer der östlichen Stammbahn und den Bahnen von Nässjö nach Oscarshamn und von Upsala nach Geste, sind viele kleinere Bahnen vollendet und dem öffent⸗ lichen Verkehr übergeben worden.
— Das schwedisch⸗ norwegische Ministerium des Aeußern hat den Ministerien der inneren Angelegenheiten mitgetheilt, daß ein Hr. Nicole im diesjährigen Sommer eine internationale Fischerei⸗ und Seefahrtsausstellung im Industriepalast zu Paris (15. Juli bis 15. November) veranstalten will, wel⸗ ches Unternehmen wohl ein privates, aber von der französischen Regierung zur Theilnahme anempfohlenes Unternehmen ist.
— Am 1. Januar wurden 578 neue Poststationen in
12 Provinzen im Lande eröffnet.
Dänemark. Kopenhagen, 7. Januar. In heutiger Sitzung des Folkethings begannen die Verhandlungen über das von der Regierung eingebrachte Nachbewilligungsgesetz für 1874575. Die Debatte wurde von Schjörring (Mitglied des linken Centrums) eröffnet, der sich in einem sehr ausführlichen Vor⸗ trage über die Ueberscheitung der für den Bau des neuen König⸗ lichen Theaters bewilligten Summe aussprach und diese Ueberschreitung gesetzwidrig nannte. Jedoch würde er bereit gewesen sein, den überschießenden Betrag (ea. 165.000 Rdl.) nachzubewilligen, falls nicht der Reichstag, wie es der Fall war, zu der Zeit ver⸗ sammelt gewesen wäre, als es dem vorigen Kultus⸗Minister (Hall) klar ward, daß der bewilligte Betrag überschritten werden mußte. Unter diesen Umständen könne er diesen Ausgabeposten nicht passiren lassen, und erwarte, daß von Seiten des Finanz⸗ ausschusses, welchem die Sache sicherlich werde überwiesen wer⸗ den, Anträge hinsichtlich der Schritte gestellt würden, welche in dieser Veranlassung vom Thing zu thun seien. Zahle und Berg (Mitglieder der vereinigten Linken) schlossen sich Schjörring an. Letztgenannter erklärte sich auch gegen die Nachbewilligungen für die Mission des General Raaslöff und die isländische Reise des Königs. Den Angriffen der Linken auf das jetzige und frühere Mini⸗ sterium trat der frühere Kultus⸗Minister Hall entgegen. Der Finanzausschuß habe zu jeder Zeit alle möglichen Aufklärungen erhalten und sei von dem Gange des Theaterbaues jederzeit voll⸗ kommen unterrichtet gewesen. Im Laufe von 4—5 Jahren sei Manches geschehen, worüber der Minister nicht Herr gewesen, obwohl er auf das Aeußerste bestrebt gewesen sei, dem betreffenden Gesetze aufs Genaueste nachzukommen. Ueber 80,000 Thaler seien privat von wohlhabenden Steuer⸗ zahlern fürs Theater gegeben worden. Die Schwie⸗ rigkeit bei der Sache habe darin gelegen, daß die Sache durch einen Privatgesetzentwurf in Gang gesetzt wurde (Zahles), worüber das Ministerium von Anfang an keinen Ueberblick
habe haben können. Nun sei wirklich ein außerordentlich tüch⸗ iger und energischer Unternehmer gefunden und deshalb befrie⸗ dige den Abg. Schjörring ja wenigstens das Resultat. Kein Unternehmer lasse fich für einen solchen Bau finden, der sich unbedingt auf eine Summe beschränke, welche ihm event. Ver⸗ lust bringen könne. Eine Limfjördsbrücke habe man für S00 0090 Thaler haben wollen, aber in wenigen Monaten habe sich die Unmöglichkeit gezeigt, und die Ueberschreitung werde im Verhältniß zu der des Thealers stehen. Dabei sei nicht die Rede davon gewesen, daß sie ein Monument auf dem Grabe der Bewilligungs macht sei, man habe vielmehr dem betreffenden Minister Recht gegeben. Worsaae nahm darauf die volle Ver⸗ antwortlichkeit für seinen Antheil am Theaterbau auf sich, und der Marine⸗Minister trat Berg wegen der isländischen Reise des Königs entgegen, welche erst nach Schluß des Reichstags be⸗ schlossen . — 8. Januar. (H. N.) Nachdem unter Anderen F
die voraus ichtliche Erfolglosigkeit einer Anklage 2 . gericht schlagend nachgewiesen hatte, wurde die Theater⸗
. dem Finanzausschuß zur Untersuchung über⸗ wiesen.
Amerika. Washington, 11. Januar. (W. T. B.) Fräsident Grant hat den Erlaß einer Botschaft über die Verhältnisse in Louisiana noch aufgeschoben. Dem Ver— nehmen nach hätte der schon ausgearbeitete Entwurf der Bot⸗ schaft. sowohl wegen der sich deshalb bei der republikanischen Partei mehr und mehr kundgebenden Bestürzung, als auch aus dem Grunde wesentliche Aenderungen erfahren, weil das Ein⸗ treten einer Ministerkrisis habe vermieden werden sollen. Senator Karl Schurz hat das Verfahren der Bundesregierung als geradezu verfassungswidrig bezeichnet. Die Stadt Boston hat sich der Stadt New⸗gJork mit einem Proteste gegen die erfolgte Anwendung von Waffengewalt angeschlossen.
— Die „Times“ meldet telegraphisch aus Philadelphia, der gegenwärtige nordamerikanische Gesandte in Constantinopel Voker, sei zum Gesandten der Unionsregierung in St. Petersz⸗ burg ernannt.
Nr. 3 des „Amts ⸗Blatt? der Deutschen Reichs⸗ D oast verwaltung Hat folgenden Inhalt: General⸗Verfügung vom 8. Januar 1875. Feststellung der Stückzahl der eingegangenen Packet⸗ und Geldsendungen für das Jahr 1874. — General · Verfügung vom 6 Januar 1875. Unrichtige Verwendung von Cours beklebezetteln. — General · Verfügung vom 8. Januar 1855. Ausfüllen der' Einliefe⸗ . ö. Einschreibsendungen. — Bescheidung vom 38. Januar
3. mtausch von mit Freimarken beklebten Poß ei 5⸗ , F r beklebten Postanweisungs
Reichstags ⸗ Angelegenheiten.
Der Entwurf eines Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung (S. Nr. 6 nnd 7 d. Bl) lautet zum Schluß: j
. 8 71. Ehestteitig keiten welche in Bayern vor dem 1. Januar 1576 durch Zustellung des Beschlusfes über Zulässigkeit der Klage an⸗ hängig geworden sind, werden von dem mit der Sache befaßten Ge- richt bis zur rechtskräftigen Entscheidung nach Maßgabe der bisher geltenden Gesetze durchgefuͤhrt. .
. Daselbst kann die Auflösung der Ehe auf Grund eines die be— ständige Trennung von Tisch und Bett verfüzenden Urtheils geltend gemacht werden, nachdem das Gericht auf Anrufen eines Ehegatten in dem nach Art. 675 Abs. 1 und 2 der Prozeßordnung in bürger⸗ lichen Rechtestreitigkeiten vom 29. April 1859 vorgesehenen Verfahren die Auflösung des Bandes der Ehe ausgesprochen hat. ö.
Das Verfahren in streitigen Ehesachen richtet sich in Bayern in den rechtsrheinischen Gebietstheilen nach den Bestimmungen des Hauptstückes XVI. der genannten Prozeßordnung in der Pfalz nach den Bestimmungen des Artikels 69 des Gesetzes über die Einführung dieser Prozeßorbnung. P ; 5. 78. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Jannar 1876 in Kraft, jedoch treten in denjenigen Theilen des Bundesgebiets, in welchen die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung bereits all= gemein vor bürgerlichen Beamten erfolgt, die Vorschriften der §5. 27 bis 39 und 76 mit dem 1. März 1875 in Kraft. . .
Die vor dem 1. Januar 1876 nach den Vorschriften des bis⸗ herigen Rechts ergangenen Aufgebote behalten ihre Wirksamkeit.
X. J79. Die kirchlichen Verpflichtungen in Beziehung auf Taufe und Trauung werden durch dieses Gesetz nicht berührt. . S. 80. Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Be⸗ stimmungen werden, soweit dieselben nicht durch eine vom Bundes⸗ rath erlassene Ausführungsverordnung getroffen werden, von den einzelnen Landesregierungen erlassen.
S. 81. Welche Behörden in fedem Bundesstaate unter der Be⸗ zeichnung: höhere Verwaltungsbehörde, untere Verwaltungsbehörde Gemeindebehörde, Gemeindevorstand, Gericht erster Instanʒ zu verstehen sind, wird von der Centralbehsrde des Bundẽesstantez be⸗ kannt gemacht.
Urkundlich ze.
. Gebührentarif.
J. Gebührenfrei sind die nach 85. 48 und 53 oder zum Zwecke der Taufe oder der Beerdigung ertheilten Bescheini⸗ gungen.
II. An Gebühren kommen zum Ansatz:
1) für Vorlegung der Register zur
Einsicht, und zwar für jeden Jahrgang ne hals nnn, für mehrere Jahrgänge zusam⸗ men, jedoch höchstens ein und eine halbe Mark, für die schriftliche Ermächtigung nach 5. 42 und für jeden be⸗ glaubigten Auszug aus den Registern mit Einschluß der ö,, , Bezieht sich der Auszug auf mehrere Eintragungen und er⸗ fordert derselbe das Nachschla⸗ gen von mehr als einem Jahr⸗ gange der Register, für jeden weiter nachzuschlagenden Jahr⸗ gang noch.. eine halbe Mark, jedoch zusammen höchstenß. zwei Mark.
— Die in der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichtags gehal— tenen Reden der Bundes Bevollmächtigten, welche uns erst kurz vor Schluß des Blatts zugegangen sind, werden wir morgen veröffentlichen.
eine halbe Mark.
Statistische Nachrichten.
Von der Statistik des Deutschen Reichs, heraus—⸗ gegehen vom Kaiserlichen statistischen Amt (Berlin 1874. Verla des Königlichen statistischen Bureaus. Dr. Engel), liegen Band * und X. vor (Theil J. und II. der Statistik des auswärtigen und
überseeischen Waarenverkehrs dez deutschen Zollgebiets und der Zoll