1875 / 10 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten und nicht ohne die größte Hingebung von allen Seiten möglich sein wird.

In Gemäßheit der Allerhöchsten Kabinets⸗ Ordre vom 26. November 1874, betreffend Auflösung der Kommandanturen der eingegangenen Festungen,s hat der Kriegs⸗Minister Fol⸗ gendes bestimmt:

I) Die im 5§. 36 des Militãr⸗Strafvoll streckungs⸗Reglements, bezw. in der Anmerkung zu diesem Paragraph gedachte An⸗ nahme⸗Ordre bezw. Requisition ist hinsichtlich der den Fest ungs⸗ Gefängnssen zu Minden, Erfurt, Wittenberg und Graudenz zu überwei inden Verurtheilten nunmehr an den Vorstand des betreffende seFestungs⸗Gefängn isses zu richten. .

2) Die Requisition wegen Publikation der Erkenntnisse an die in die vorerwähnten Festungs⸗Gefängnisse vorläufig einge⸗ stellten Verurheilten ist von nun an, was das Festungs⸗Gefängniß zu Erfurt anbetrifft, an das Gericht der Königlichen 8 Division, was dagegen die Festungs⸗Gefängnisse zu Minden, Wittenberg und Graudenz anbelangt, an die dortigen Königlichen Kreis⸗ gerichte von demjenigen Militärgerichte direkt zu richten, zu dessen Kompetenz die Führung der Untersuchung gehört, falls dieses Gerichte die ihm obliegende Publikation nicht nach Vorschrift des §. 176 die Militär⸗Strafgerichts⸗-Ordnung selbst bewirken kann.

3) An den nach 5§. 80 und folgende des Militãr⸗Straf⸗ vollstreckungs⸗Reglements bei den genannten Festungs-⸗Gefäng⸗ nissen bestehenden Aufsichts⸗Kommissionen hat fernerhin ein Auditeur nicht mehr Theil zu nehmen.

Nach einem Spezialerlaß des Finanz⸗Ministers ist bei Gegenständen, welche zur Verarbeitung, zur Ver— vollkommnung oder zur Reparatur nach dem Aus⸗ lande gehen und im vervollkommneten Zustande zurückkommen, das Gewicht des Materxialzusatzes, welches die wieder eingehende Waare im Auslande erhalten hat, als das der Verzollung unterliegende Mehrgewicht anzusehen, ohne daß es hierbei einen Unterschied macht, ob das Gesammtgewicht der wieder eingehen⸗ den Waare durch die Verarbeitung im Auslande eine Verände⸗ rung erlitten hat oder nicht.

Rücksichtlich des Tarifsatzes, welcher bei der Verzollung des Materialzusatzes in Anwendung zu bringen, ist diejenige Be⸗ schaffenheit maßgebend, in welcher der Materialzusatz mit der im vervollkommneten Zustande wieder eingehenden Waare in Ver⸗ bindung gebracht worden ist. Es würden also z. B. gelochte Eisenplatten, schmiedeeiserne Winkel, Schraubenbolzen und Zwi⸗ schenstücke, welche zur Herstellung von Herzstücken und Kreuzun⸗ gen aus inländischen Eisenbahnschienen verwendet worden sind, an sich nach Nummer 6 c. 2 des Zolltarifs mit 25 Sgr. für den Centner zur Verzollung zu ziehen sein. Da es jedoch im Allgemeinen nicht zulässig ist, Bestandtheile eines Gegenstandes, welche in Verbindung mit demselben eingehen, einem anderem als dem für den Hauptgegenstand vorgeschriebenen Tarifsatze zu unterwerfen, und Herzstücke ebenso wie Eisenbahnschienen der Nummer 6 c. 1 des Zolltarifs zugewiesen sind, so sind auch die zur Herstellung derselben verwendeten Eisenplatten 2c. nur mit 10 Sgr. für den Centner zur Verzollung zu ziehen ze.

Der Finanz⸗Minister hat in einem Cirkularerlaß darauf aufmerksam gemacht, daß nach der Geschichte seiner Entstehung der 5. 16 des Wechselstempelgesetzes, dahin auszulegen ist, daß der Acceptant eines gezogenen Wechsels für die Ver⸗ steuerung auch dann zu sorgen, beziehungsweise die Steuer auch dann zu entrichten hat, wenn zur Zeit der Annahme-Er— klärung der Wechsel noch mangelhaft war. Auch das König⸗

liche Ober⸗Tribunal in einem Erkenntniß vom 7. Januar d. J. spricht, in Uebereinstimmung mit dieser Auffassung, sich eben⸗ falls dahin aus, daß nach den 58§. 7 und 16 des Wechsel⸗

stempelgesetzes vom 10. Juni 1869 „die Verpflichtung des Acceptanten zur Versteuerung des ihm übersendeten Wechsels vor der Rücksendung desselben, ohne Rücksicht auf die etwaige Mangelhastigkeit des Wechsels unzweifelhaft begründet“ sei.

Wer seine Ehefrau vom Betteln abzuhalten unterläßt, ist nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 3. Dezember 1374 mit Haft zu bestrafen.

Vorstandsmitglieder einer Korporation (Ver⸗ eins) können nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 8. Dezember 1874 bei ihrem Ausscheiden aus dem Vorstande nicht gezwungen werden, vor Ertheilung einer Decharge, die ihrer Fürsorge anvertrauten Rechnungsbücher herauszugeben, aus denen mittelbar oder unmittelbar für die Ausgeschiedenen der Korporation gegenüber Verpflichtungen her⸗ geleitet werden können. „Der Rechnungspflichtige, welcher mit der Herausgabe der Rechnungsbücher ein Rechtfertigungsmittel aus der Hand geben würde, kann daher auch nicht zur einfachen Herausgabe der Bücher, sondern nur dazu verpflichtet erachtet werden, dieselben auf Verlangen des Rechnungsnehmers an einem dritten Orte in einer seine Interessen sicher stellenden Weise zur Einsicht und Benutzung offen zu legen. Unter diese Be⸗ rechtigung ausscheidender Vorstandsmitglieder einer Korporation fallen, wie das Erkenntniß des Ober⸗Tribunals schließlich be⸗ merkt, nicht nur die Rechnungsbücher der Periode, für welche sie rechnungspflichtig sind, son dern auch die der früheren Jahrgänge, aus welchen sich der Kassenbestand, mit welchem die ausscheidenden Vorstandsmitglieder ihre Rech⸗ nungsführung begonnen, entnehmen läßt.

Die mündliche Verbreitung einer beleidigen⸗ den Thatsache, die der Mittheilende von einem Anderen er⸗ fahren, ist nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 17. Dezember 1874 auch dann strafbar, wenn der Ver⸗ breiter neben der Absicht, den Inhalt der Behauptungen in weiteren Kreisen bekannt zu machen, den Zweck verfolgt, die Behauptungen zur Kenntniß der Behörde zu brin⸗ gen. Diese Verbreitung ist eine öffentliche, wenn der Ver⸗ breiter seine Worte an einem öffentlichen Ort gesprochen hat, wo sie von einer unbestimmten Menge von Personen vernom⸗ men werden konnten. .

Die Deputation des 2. Schlesischen Grena⸗ dier⸗Regiments Nr. 11, bestehend aus: dem Obersten und Commandeur des Regiments von Klein, dem Hauptmann Ripke und dem Premier⸗Lieutenant und Regiments⸗ Adjutanten Baron von Kottwitz, welche sich zur Beisetzungsfeierlichkeit des ehemaligen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Hessen, welcher Chef des obengenannten Regiments gewesen, nach Cassel begeben hatte, ist von dort auf der Durchreife nach ihrer Garnison Breslau hier eingetroffen.

Der deutsche Gesandte in Lissabon Graf Branden⸗ burg hat sich vorgestern Abends von hier auf seinen Posten zurückbegeben.

Der Major von Munck vom Königlich schwaedischen Generalstabe und Adjutant Sr. Majestät des Königs von Schweden ist hier eingerroffen.

Am 1. April werden folgende Schiffe der Kaiserlichen Marine in Dienst gestellt werden: Zur Ausbildung der neu einzustellenden Kadetten die Segelfregatte „Niobe“; zur Ausbil⸗ dung der Schiffsjungen die Glattdeckskorvette ‚Medusa“, welche im Herbst nach Westindien gehen wird; ferner die Briggs „Rover“ und Musquito“ für die Sommermonate; das Dampf⸗ kanonenboot „Cyclop“ zur Stationirung in den chinesischen und japanischen Gewässern, endlich das Kanonenboot „Tiger“, um als Tender des Artillerieschiffes „Renown“ in Wilhelms⸗ haven verwendet zu werden. Am 1. Mai die Kanonenboote „Drache“ und „Delphin“ zu Vermessungszwecken in den hei⸗ mischen Gewässern. Mitte Mai zur Formirung eines Geschwa⸗ ders die Panzerfregatten „König Wilhelm“, „Kronprinz“, „Kaiser“, „Hansa“, und als dessen Aviso der Dampfer „Falke“. Am 1. Oktober die Korvette „Vineta“ zur Ausbildung von Kadetten und Fahrt nach Japan; ferner das Kanonenboot „Comet“ zur Ablösung des Kanonenboots „Meteor“ im Mittel⸗ ländischen Meere.

S. M. Kanonenboot „Nautilus“ ist in Santander eingetroffen und wird von dort aus nach Guetaria und Passages weitergehen.

Die permanente Sanitäts⸗Kommission für

Berlin, welcher der Polizei⸗Präsident v. Madai, in Stellver⸗ tretung der Ober⸗Regierungs. Rath Frhr. v. Hertzberg, vorsteht, wird für das laufende Jahr aus folgenden Herren gebildet: Stadtverordneter Dr. Goeschen, Professor Dr. Hertwig, Bürger⸗ deputirter Höne, Geh. Sanitäts⸗Rath Dr. Koblank, Prof. Dr. Liman, Geh. Medizinal⸗Rath Dr. Müller, Stadtverordneter Dr. Neumann, Stadtrath Noeldechen, Ober⸗Stabsarzt Oehwaldt, Geh. Regierungs⸗ Rath Scabell, Stadtverordneter Dr. Schulz, Prof. Dr. Skrzeezka, Stadtverordneten⸗Vorsteher Dr. Straß⸗ mann, Stadtverordneter Dr. Stryck, Prof. Dr. Virchow, Regie⸗ rungs⸗Rath Willmann und General⸗Major v. Ziegler. Gegen⸗ wärtig sind der Kommission 50 Revier⸗Sanitätskommissionen unterstellt.

Frankfurt a. M., 13. Januar. (W. T. B.) Die sämmt⸗ lichen hier bestehenden sozialdemokratischen Arbeiter⸗ vereine und Gewerkschaften sind heute Morgen polizeilich auf⸗ gelöst worden.

Cassel, 12. Januar. (W. T. B.) Die hier eingetroffene Leiche des Kurfürsten wurde heute Nachmittag 4 Uhr vom Bahnhofe aus durch die Bahnhofsstraße nach dem Friedhofe ge⸗ leitet. Dem von acht Isabellen gezogenen Trauerwagen vorauf schritt die Hofdienerschaft, die Kammerherren und der Hof⸗ marschall des Verstorbenen, sowie die Geistlichkeit. Unter den dem Leichenkondukte folgenden Leidtragenden befanden sich die Söhne des Kurfürsten und viele Beamte und Bürger.

Bayern. München, 11. Januar. Die Rückkehr Sr. Majestät des Königs aus Hohenschwangau ist auf nächsten Montag festgestellt. Wegen des Ablebens des ehemaligen Kur⸗ fürsten von Hessen wird der Königliche Hof von morgen an Hoftrauer auf 14 Tage anlegen.

Dem Verwaltungsrath der bayerischen Ostbahnen, der gestern zu einer Sitzung versammelt war sind in derselben die Bedingungen zugegangen, unter welchen hie Staatsregierung die Ostbahnen erwerben will. Diese Kaufsofferte wird nun die Grundlage der Verhandlungen einer beiderseitig hierzu nieder⸗ gesetzten Kommission bilden.

Der Senat der Universität Würzburg hat nach Mit⸗ theilung des „Fr. J.“, der Bitte der Altkatholiken daselbst entsprechend, mit Stimmenmehrheit beschlossen, die Neubau⸗ Kirche, welche der Universität gehört, den Altkatholiken zum aus⸗ schließlichen Gebrauch einzuräumen. Dieser Beschluß liegt zur Zeit dem Kultus⸗Ministerium zur Genehmigung vor.

Württemberg. Stuttgart, 11. Januar. Der Oberst⸗ Stallmeister Graf Taubenheim ist vorgestern nach Carlsruhe in Schlesien abgereist, um als Vertreter Sr. Majestät des Kö⸗ nigs der am Freitag, den 15. d. M. daselbst stattfindenden feier⸗ lichen Beisetzung des verewigten Herzogs Eugen Erdmann von Württemberg, Königliche Hoheit, beizuwohnen.

Auf die heute Vormittag durch die noch verhafteten Direktoren Graf und Kühne abgegebene Ueberschuldungserklärung wurde die Kommissionsbank heute Mittag notariell ge⸗ schlossen.

Baden. Karlsruhe, 10. Januar. Mit dem vom 7. d. von dem Oberhofgericht gefällten Erkenntniß auf die Nich⸗ tigkeitsbeschwerde der Neupriester Ihringer und Geppert gegen die Verurtheilung zu 150 Mark Geldstrafe durch die Straf⸗ kammer von Constanz und Freiburg ist nun durch das oberste Gericht die Einheit des Rechts in der Angelegenheit der renm⸗ tenten Neopresbyter hergestellt. Durch dieses Urtheil wird die Uebertragung eines Kirchenamtes an Geistliche, welche das Staatsexamen nicht gemacht haben, sowie jede Ausübung kirchlicher Funktionen von solchen Geistlichen strafbar. In der Kassationsinstanz war für die Verurtheilten geltend gemacht worden, daß sie keine ihnen auf gesetzlich ver⸗ hotene Weise übertragene Funktionen ausgeübt hätten, indem sie schon vor Verkündung des Gesetzes die Priesterweihe empfangen gehabt und ihnen folglich auch nach Erscheinen des Gesetzes hatten priesterliche Funktionen übertragen werden dürfen. Das Oberhofgericht ging jedoch von der entgegengesetzten Ansicht aus; es sprach aus, daß auch die Priester der bezeichneten Art, falls sie fortfahren, trotz des geschehenen Verbotes (durch die Mi⸗ nisterialordnung vom August 1874), kirchliche Funktionen auszuüben, für strafbar zu erachten seien, da die in der Uebergangsbestimmung des Gesetzes vom 19. Fe⸗ bruar v. J. liegende widerrufliche Gestattung der Vor⸗ nahme kirchlicher Verrichtungen die Strafbarkeit einer nach der Verkündung des erwähnten Gesetzes erfolgten Uebertragung solcher Funktionen an einen hierzu nicht Befäͤhigten nicht auf⸗ hebe, diese Verleihung nicht für erlaubt erkläre, und daher die auf eine unerlaubte Verleihung hin Funktionirenden als straf⸗ bar zu erachten seien, sobald die Regierung ihnen die kirchlichen Funktionen untersagt habe, wie geschehen. Die Nichtigkeits⸗ beschwerde wurde daher verworfen. In der „unerlaubten Ver⸗ leihung“ ist zugleich das Urtheil des Erzbisthumsverwesers ge⸗ sprochen, wenn seine Sache im Laufe der Untersuchung gegen ihn vor das Oberhofgericht kommen sollte.

Gemäß dem zwischen Elsaß⸗Lothringen und Baden ab⸗ geschlossenen Vertrage sind acht Schiff brücken über den Rhein zu errichten. Von diesen Brücken sind, wie man der „Wes. Ztg.“ schreibt, bis jetzt sechs vollendet und dem Verkehr übergeben, nämlich, von Norden angefangen, diejenigen zwischen Plitters⸗ dorf und Selz, Ottenheim und Gerstheim, Kappel und Rheinau,

Weisweil und Schönau, Sasbach und Markolsheim, Neuenburg und Eichwald; die beiden übrigen Brücken zwischen Greffern und Drusenheim, Neufreistett und Gambsheim sind ihrer Vollendung nahe. Die schon seit einem Jahrzehnt ins Auge gefaßte Eisen⸗ bahnverbindung Müllheim ⸗Mülhausen scheint sich nun gleichfalls ihrer Ausführung zu nähern; der Bau soll in nächster Zeit in Angriff genommen werden. In Neuenburg ist bereits ein Bau⸗ bureau errichtet; die Vorarbeiten haben begonnen, die Bahnlinie ist festgestellt. Auch die schon längst projektirte Pferdeeisenbahn von Straßburg nach Kehl rückt mit der beschlossenen Er⸗ weiterung des Metzgerthores in Straßburg der Verwirklichung näher; im Prinzip ist sie von den einschlägigen Behörden bereits genehm gt.

Es soll eine neue Karte des Großherzogthums ausgearbeitet werden. Zu diesem Behufe ist unter der Leitung des Oberst⸗Lieutenants a. D. Schneider ein topographisches Bureau errichtet und der Großherzoglichen Ober⸗Direktion des Wasser⸗ und Straßenbaues unterstellt worden.

Hessen. Darmstadt, 12. Januar. Prinz Alexander und Prinz Ludwig sind gestern Abend nach Cassel abgereist, um der Beisetzung des ehemaligen Kurfürsten von Hessen bei⸗ zuwohnen.

Sachsen⸗Meiningen⸗Sildburghausen. Meinin⸗ gen, 11. Januar. Durch die Einführung der Reichs mark⸗ währung hat sich die Nothwendigkeit einer Abänderung der Strafsätze des Gesetzes vom 23. Dezember 1870 über die Be⸗ strafung der For stvergehen, sowie der Forst⸗ und Feldpolizei⸗ Uebertretungen, ergeben, und ist daher unter dem 23. Dezember 1874 ein neues Gesetz publizirt worden. Nach einer Ministerial⸗ Bekanntmachung vom 31. Dezember 1874 ist der von der Aktien⸗ Gesellschaft unter der Firma: „Eisenbahn⸗Gesellschaft Erfurt⸗ Hof⸗Eger“ am 27. Juni desselben Jahres gefaßte Beschluß auf Auflösung der Gesellschaft landesherrlich genehmigt worden. Die Vertheilung der für die Abgebrannten der hie⸗ sigen Stadt einge kommenen, am 23. Dezember v. J. sich auf 527,875 Fl. 55 Kr. stellenden Unterstützungen scheint so viel die Mobiliar⸗Brandbeschädigten betrifft, nunmehr ihrer demnäch⸗ stigen Entscheidung entgegen zu gehen. Das Hülfs⸗Comité hat zu den betreffenden seit Wochen täglich stattfindenden Sitzungen Beauftragte nicht nur der Gemeindebehörden, sondern auch der Brandbeschädigten zugezogen und jedenfalls eine außerordentliche, unermüdliche Gründlichkeit und Sorgfalt entwickelt. Die Ober⸗ Postdirektion hierselbst hat auch eine beträchtliche Baufläche zuseinem großen Ober⸗Postgebäude in der Mitte der Stadt erworben.

Lübeck, 12. Januar. (Lüb. 3.) In seiner gestrigen außer⸗ ordentlichen Abendsitzung begann der Bürgerausschuß die Berathung des Senatsantrages, betreffend die Revision der Verfassungsurkunde, und gelangte! dabei nach dreistündiger Berathung mit Artikel 7 5§. 2 zu Ende, da die theilweise sehr radikalen Abänderungsanträge, welche die zur vorgängigen Be⸗ gutachtung der Vorlage vom Bürgerausschuß niedergesetzt gewe⸗ sene Kommission in Vorschlag gebracht hatte, sehr lebhaften und energischen Widerstand sowohl von Seiten der Senats⸗Kom⸗ missarien wie auch aus der Mitte des Bürgerausschusses erfuhren. Dem vorliegenden Entwurf der künftigen Verfassungsurkunde ist ein in der jetzigen Verfassungsurkunde nicht enthaltener erster Abschnitt, betitelt „Allgemeine Bestimmungen“ hinzugefügt, dessen

Artikel 3 lautet:

„Bürger des Lübeckischen Freistaates sind diejenigen Lübeckischen Staatsangehörigen, welche den Staatsbürgereid geleistet haben, so lange sie das erworbene Bürgerrecht nicht wieder verloren haben.“

Dagegen will die Kommission von einer besonderen Ver⸗ pflichtung zum Staatsbürger nichts wissen und schlägt sie für diesen Artikel folgende veränderte Fassung vor:

„Bürger des Lübeckischen Freistaates sind diejenigen Lübeckischen 8, bn welche das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.“

Nach anderthalbstündiger lebhafter Diskussion über diesen Artikel ward dann schließlich der Vorschlag der Kommission mit 20 Stimmen gegen 8 abgelehnt unter Annahme des Artikels in der Formulirung des Senates. Im zweiten Abschnitt, „der Senat“, hat die Kommission in Art. 6, welcher die Bedingungen des Ausschlusses von der Wahl in den Senat übereinstimmend mit den jetzt bestehenden Vorschriften enthält, vorgeschlagen, daß es heißen möge, der offene Handelsgesellschafter eines Se⸗ natsmitgliedes sei von der Wahl in den Senat ausgeschlossen, weil bei der ursprünglichen Aufnahme dieser Bestim⸗ mung das offenbar der Sinn und die Absicht gewesen sei, und diesem Antrage trat dann auch der Bürgerausschuß bei. Ein neues von der Kommission zu diesem Artikel vorgeschlagenes Alinea schreibt die Nothwendigkeit des Austritts aus dem Se⸗ nat vor, wenn diejenigen Voraussetzungen, aus welchen der Artikel den Ausschluß von der Wählbarkeit feststellt, nach der Wahl in den Senat eintreten; es wurden hierzu ein paar Amen⸗ dements gestellt, da es sich jedoch hierbei wesentlich um eine ganz präzise Formulirung handelt, überdies im Art. 11 des Entwurfes auf bestehende gesetzliche Bestimmungen wegen eines Zwanges zum Rücktritt aus dem Senat verwiesen ist und es sich empfehlen wird, die Bedingungen für den Rücktritt aus dem Senat nicht in zwei verschiedenen Artikeln der Verfassungsurkunde zum Ausdruck zu bringen, so ward beschlos⸗ sen, die Beschlußnahme über dies neu proponirte Alinea bis zur nächsten Sitzung zu vertagen. Art. 7 des Entwurfs behandelt in zehn Paragraphen den Wahlmodus für die Wahl eines Se⸗ natsmitgliedes und schließt sich fast wörtlich den entsprechenden §§. 5 14 der jetzigen Verfassungsurkunde an. Hier hat nun die Kommission, statt der ausdrücklichen Vereidigung der zur Vor⸗ nahme der Wahl im Rathssaale versammelten Mitglieder des Sena⸗ tes und Wahlbürger durch einen solennen, in der Verfassungs⸗ urkunde selbst vorgeschriebenen Eid, die allgemeine Bestimmung in Vorschlag gebracht, daß die Betreffenden zur Geheimhaltung alles dessen, was in den Wahlkammern oder unter den Obmännern gesprochen wird, durch den im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister nur verpflichtet werden sollen. Auch diese Abän⸗ derung rief längere Debatte hervor, in welcher allerdings beider⸗ seitig zugegeben wurde, daß es sich bei der Beurtheilung des Werthes der einen oder andern Bestimmung vorzugsweise um eine Gefühls⸗ sache handle, wobei aber vom Senatstisch, sowie aus Mitten des Bürger⸗Ausschusses geltend gemacht wurde, daß das Bestehende sich bis jetzt durchaus bewährt habe und also gar kein Grund vorliege, hier eine Aenderung vorzunehmen, deren Tragweite sich gar nicht übersehen lasse. Die Annahme der Bestimmung des Entwurfes, nach Verwerfung einer von der Kommission propo⸗ nirten Abänderung, erfolgte dann smit großer Majorität. Für die Fortsetzung der Berathung ist die nächste Versammlung auf Montag, den 18. d. M., anberaumt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 12. Januar. Auf Aller⸗ höchste Anordnung wird für den ehemaligen Kurfürsten von

hessen und für den Herzog Eugen Erdmann von Württemberg die Hoftrauer, von heute angefangen, gleichzeitig durch zehn . ohne Abwechselung bis einschließlich 21. Januar, getragen werden.

. In Pest haben am 6. d. M. bei dem Kaiser unter Theilnahme des Erzherzogs Josef, als Honved⸗Ober⸗Kom⸗ mandant, dann des Landesvertheidigungs⸗Ministers Szende, des Staats⸗Sekretärs Fejervary und des General- Adjutanten Beck Berathungen über Dienstreglements der Honveds statt⸗ gefunden. Wie „M. Politika“ erfährt, wurden bei dieser Ge⸗ legenheit besonders die differirenden Ansichten des Ministers und des Ober⸗Kommandanten erörtert.

Agram, 10. Januar. Auf der Tagesordnung der heuti⸗ gen Landtagssitzung stand der Gesetzentwurf über Ortsge⸗ richte und das Bagatellverfahren. Vor dem Berichterstatter der Kodifikations⸗ Kommission sprach der Regierungs vertreter Sektionsrath Stankovie Namens der Regierung den Wunsch aus, die Verhandlung des Entwurfes möge vertagt werden, bis die Regierung in der Lage sein werde, ihren Standpunkt der Vorlage gegenüber zu präzisiren. Dr. Makanec sprach für die sofortige Verhandlung, beziehungsweise für die Erössnung der General⸗ debatte. Das Haus beschloß jedoch, die Verhandkung der Vor⸗ lage bis zur nächsten Landtagssession zu vertagen.

Großbritannien und Irland. London, 11. Januar. Die Kabinets⸗Minister treffen zwischen heute und morgen alle in der Hauptstadt ein, um am 12. ds. einen Ministerrath, den ersten in diesem Jahre, zu halten.

12. Januar. (W. T. B.) Von der westindischen Marinestation ist ein Kriegsschiff nach Santiago de Cuba beordert worden, um die näheren Umstände festzustellen, aus welchen die Beschlagnahme des unter englischer Flagge segelnden, vor einiger Zeit in den Gewässern von Cuba aufgebrachten englischen Schöoners „Eel ipse“ erfolgt ist.

Frankreich. Paris, 13. Januar. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht die Bekanntmachung, durch welche die Wähler des Departements Cotes du Nord und Seine⸗et⸗-Oise zur Deputirtenwahl auf den 7. k. M. einberufen werden.

Der Entwurf des konstitutionellen Gesetzes, betreffend die Uebertragung der Gewalten (Bericht⸗ erstatter Ventavon), hat folgenden Wortlaut:

Art. 1. Der Marschall Mac Mahon, Präsident der Republik, fährt fort, unter diesem Titel die Exekutivgewalt, mit der er durch das Gesetz vom 20. November 1873 bekleidet ist, auszuüben. Art. 2. Derselbe ist nur in dem Falle des Hochverraths verantwortlich. Die Minister sind den Kammern für die allgemeine Politik der Regierung solidarisch und für ihre persönlichen Handlungen ein jeder für sich ver= antwortlich. Art. 3. Die gesetzgebende Gewalt wird durch zwei Ver⸗ sammlungen ausgeübt. Die Kammer der Deputirten wird durch das allgemeine Stimmrecht und unter den durch das Wahlgesetz bestimm— ten Modalitäten ernannt. Der Senat wird durch gewählte oder er— nannte Mitglieder gebildet, und zwar in Verhältnissen und unter Be— dingungen, welche durch besonderes Gesetz geregelt werden. Art. 4. Der Marschall-Präsident der Republik ist mit dem Recht bekleidet, die Kammer der Deputirten aufzulösen. In diesem Falle wird, und zwar in Frist von sechs Monaten, zur Wahl einer neuen Kammer geschritten werden. Art. 5. Bei Ablauf des durch das Gesetz vom 26. November 1873 festgesetzten Zeitraums, wie in dem Falle der Freiwerdung der präsidentschaftlichen Gewalt beruft der Ministerrath unverzüglich die beiden Versammlungen, welche, in einen Kongreß vereinigt, über die zu fassenden Beschlüsse berathen. Während der Dauer der dem Marschall Mae Mahon anvertrauten Amtsgewalt kann eine Revision der konstitutionellen Gesetze nur auf dessen Vor⸗ schlag bewirkt werden.

Versailles, 12. Januar. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung beendigte heute die Generaldiskussion des Ge⸗ setzes über die Cadres der Armee. Der erste Artikel der Vorlage wurde darauf in der Spezialberathung angenommen, und die Diskussion über den zweiten Artikel, an der sich auch Gambetta betheiligte, begonnen. Für morgen steht die Fort⸗ setzung der Berathung auf der Tagesordnung.

Die Mittheilung mehrerer Journale, daß der Herzog von Broglie bereits mit der Neubildung des Kabinets be⸗ schäftigt sei, wird von der „Agence Havas“ formell dementirt.

Spanien. Madrid, 12. Januar. (W. T. B.) Die Nachrichten, welche einige Zeitungen über einen Wechsel der Chefs der spanischenMissionen verbreiten, sind unbe⸗ gründet. Das Regentschafts⸗Ministerium hat sich nur insofern mit dieser Angelegenheit beschäftigt, als der Botschafterposten in Paris Hrn. Sagasta, dem Präsidenten des letzten Ministeriums Serrano, angeboten worden zu sein scheint; es heißt jedoch, Sagasta habe dankend abgelehnt.

In Betreff der Gerüchte, welche über die Anzeige von Don Alfonso's Thronbesteigung verbreitet sind, bemerkt die „Epoca“ vom 6. d.:

„Es exzistirt weder ein Memorandum noch irgend ein anderes diplomatisches Schriftstück dieser Art, welches von der spanilchen Re⸗ gierung an die fremden Mächte gerichtet wäre. Ohne Zweifel ist das, was man hin und wieder so bezeichnet hat, die Darstellung der Er⸗ eignisse, welche der Wiederaufrichtung der nationalen Dynastie vor⸗ ausgegangen sind, auf Beschluß des Regentschafts⸗Ministeriums von dem Marquis von Molins verfaßt und den in Madrid beglaubigten Gesandten mitgetheilt. Anderes der Art liegt nicht vor; auch kann nicht wohl von einem Memorandum die Rede sein, bevor der junge Monarch in der Hauptstadt angekommen sein wird.“

Nach über Paris eingegangenen Nachrichten wird König Alfons am 14. in Madrid seinen Einzug halten.

Aus Valencia, 11. Januar, Abends, meldet „W. T. B.“: Bei der Ankunft des Königs Alfons auf der Rhede von Valencia begrüßte ihn zuerst der Kommandant des im dortigen Hafen liegenden französischen Avisodampfers „Vigie“. Der König erwiderte die Begrüßung auf das Herz⸗ lichste. Der Marine⸗Minister Marquis de Molins sprach dem französischen Kommandanten seinen Dank aus für den sympa⸗ thischen Empfang, welcher dem Könige in Marseille zu Theil ge⸗ worden war. Wie es heißt, wird der König morgen nach Sa⸗ gunto gehen. Die Abreise von Valencia ist auf Mittwoch Mor⸗ gen festgesetzt. Eine Anzahl carlistischer Ueberläufer ist gestern hier eingetroffen.

Amerika. New⸗JYork, 12. Januar, Morgens. Gestern hat hier unter dem Vorsitze des Mayors Ewarts aus Veranlassung der letzten Ereignisse in Louisiana ein außerordentlich zahlreich besuchtes Meeting stattge⸗ funden. Die Versammlung erklärte, deß die militärische Intervention in die Verhandlungen der gesetzgebenden Ver⸗ sammlung von Louisiana gegen die Verfassung verstoße, sprach die Erwartung gus, daß die Bundesregierung das Ver⸗ fahren der dortigen republikanifchen Partei mißbilligen werde und nahm schließlich eine Resolution an, in welcher der Beschluß eines vor Kurzem aus der gleichen Beranlassung abgehaltenen Meetings in St. Louis, dem Verhalten der Bundesregierung zuzustimmen, als tadelnswerth bezeichnet wird. Die Vertreter

ges Staates Pennsylvanien haben gegen das Verfahren in Louisiana einen energischen Prote st erlassen.

12. Januar, Abends. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach hat sich das Kabinet über den Inhalt der Botschaft, welche Präsident Grant dem Kongresse zugehen lassen will, nun⸗ mehr geeinigt und ist derselbe auch von mehreren hervorragenden Mitgliedern des Senats, denen die Botschaft mitgetheilt wurde, gebilligt worden. Der hiesige Gouverneur erklärt, die Intervention General Sheridans in New-Orlens sei eine Verletzung der Verfassung und New⸗Jork habe die heilige Pflicht, dazu beizutragen, daß die Freiheit und die Autorität der Civilbehörden gegenüber dem Vorgehen der Militärgewalt wieder hergestellt werde.

Die „Times“ meldet unter dem 12. Januar aus Phi⸗ ladelphia, der vom Ausschusse des Senats für auswaͤrtige Angelegenheiten erstattete Bericht spreche sich gegen die Bestim⸗ mungen des Reziprozitätsvertrages mit Kanada aus.

Afrika. Die per „Syria“ angekommenen Kap⸗Zeitungen

enthalten folgende Einzelheiten über den heftigen Sturm, der . die ö5stlichen Distrikte der Kapkolonie heim⸗ Uchte: „„Die pexursachten Unfälle übersteigen bei Weitem alle frühere südafrikanische Erfahrung Die Vernichtung von öffentlichem wie Privateigenthum ist ungeheuer, und die Zahl der Schiffbrüche Legion. Ein Telegramm aus Ost-London meldet: „Gewaltiger Südsturm seit den letzten 36 Stunden; anhaltender heftiger Regen und eine furcht⸗ bar bewegte See. Der Austritt des Buffalo⸗Flusses spottet aller früheren Erfahrung; die Flußmündung ist gänzlich weggeschwemmt; jedes Schiff ist gestrandet. Die Schiffe, Coquette“,, Compare“, Western Star“, „Floria“ und „Verulam“ sind völlige Wracks. Eine Depesche aus Grahamstown übermittelt ähnliche Details. Fürchterliche Hagelstürme und Regengüsse richteten ungeheuren Schaden an. Queenstown litt furcht⸗ bar; über 40 Häuser, mehrere Wollwäschereien und Hunderte von Ballen Wolle wurden weggespült. Die Klaas⸗Smith Brücke wurde wegge⸗ rissen und die Buffalo⸗Brücke ist beschädigt. Die Fort Beaufort— Brücke wurde arg beschädigt, ist aber wieder reparirt und verkehrs— fähig. In Fort Beaufort wurden mehrere Häuser zerstört, während in Alice die halbe Stadt unter Wasser stand. Ein Verlust an Menschenieben wurde nur durch den Muth mehrerer Personen, welche denjenigen, die sich in Gefahr befanden, wackere Hülfe leisteten, verhindert. Viele Fami⸗ lien sind obdachlos; die öffentlichen Aemter und Gefängnisse sind mit Flüchtlingen gefüllt. Das Postamt wurde weggeschwemmt. Der Verkehr ist durch die Zerstörung so vieler Brücken ernstlich beein⸗ trächtigt und der daraus erwachsene Verlust wird auf 300,000 Pfd. Sterl. geschätzt. Die telegraphische Verbindung mit Fort Beaufort wurde unterbrochen. Aus allen Theilen des Landes laufen Berichte von großen Verlusten an Vorräthen ein.

Neichstags⸗ Angelegenheiten.

Berlin, 13. Januar. In der Sitzung des Deutschen Reichstags am 11. d. M. nahm in der Diskussion über das Landsturmgesetz der Bundesbevollmächtigte General⸗Major von Voigts⸗Rhetz zunächst in Betreff der zu 5§. 1 gestellten Amendements das Wort:

Meine Herren! Es liegen die beiden Amendements Duncker und von Bonin vor. In einem Punkte stimmen sie überein, in einem andern stehen sie sich diametral gegenüber. Das Amen dement von Bonin will diejenigen Leute, die noch nicht zur Truppe einberufen sind, aber ihrer Verpflichtung nach zur Truppe einberufen werden können, in den Landsturm einstellen; das Amendement Duncker will das nicht, sondern es will diejenigen Leute, die nicht einberufen sind, ihrer militärischen Dienstverpflichtung entsprechend, eventuell zur Re- ierve für das stehende Heer oder die ö dis ponibel halten, und den Landsturm daneben einberufen.

Was den Begriff der Wehrfähigkeit anbetrifft, so ist derselbe technisch nicht festgestellt für alle Fälle; sondern er ist nur praktisch für das stehende Heer in den 55. 165, 16 und 17 des Reichsmilitär⸗ gesetzes fixirt, indem darin gesagt ist:

„Militärpflichtige, welche wegen körperlicher oder geistiger Ge⸗ brechen dauernd dienstunbrauchbar befunden werden, sind vom Militärdienst und von jeder weiteren Gestellung vor die Ersatz⸗ behörden zu befreien.“

Demnächst im 5. 16:

Andere Militärpflichtige, welche wegen unheilbarer körperlicher Fehler nur bedingt dienstbrauchbar werden, sind der Ersatzreserve zu überweisen.

Und endlich:

Militärpflichtige, welche noch zu schwach oder zu klein für den Militärdienst oder mit heilbaren Krankheiten von längerer Dauer behaftet sind, werden vorläufig zurückgestellt.

Diese einzige Norm, um die Wehrfähigkeit zu bezeichnen, genügt aber für die BVerhältnisse des Landsturms nicht. Eg ist sehr wohl möglich, daß Jemand, der nach den Bestimmungen für das stehende Heer und die Landwehr nicht brauchbar erscheint, für den Landsturm noch sehr wohl brauchbar ist. Ich erinnere nur daran, daß ein Ein⸗ äugiger oder ein Mann, der einen steifen Fuß hat, sehr wohl noch im Landsturm verwerthet werden kann.

Man würde nun leicht in die Lage kommen, wenn solche Ge⸗ brechen, wie beim stehenden Heere, im vollen Maße beim Landsturm gelten sollten, junge Leute feiern zu lassen, während alte Leute ein⸗ berufen würden.

Deshalb möchte ich Sie bitten, es bei der Bestimmung, wie ste s belassen und im Moment der überlassen, zu entscheiden, ob

das Kriegsienstgesetz gegeben hat, zu Einberufung es der Ersatzbehörde zu ein Mann wirklich nicht noch fähig sein sollte, im Landsturm zu dienen, um dadurch die Last mehr nach den Jahren vertheilen zu können.

Was das Amendement von Bonin anbetrifft, se würde dem wohl bestimmt entgegen zu treten sein. Es ist sehr wohl denkbar, daß noch Leute im Lande vorhanden sind, die im gegebenen Falle zum Landsturm einberufen wären, während man ihrer anderweit benöthigt wäre. Es liegt jedenfalls eine Gefahr darin, Leute, die zufällig durch Verzug in einen Bezirk gekommen sind, und der Reserve noch angehören, in den Land sturm hineinzubringen, während sie kurze Zeit darauf als Reserveleute dem stehenden Heere oder als Landwehr⸗ männer zur Landwehr einbeordert worden und vor den Feind marschiren müßten. Der Gedanke, den Landsturm zur Ergänzung der Landwehr zu benutzen, ist ja der allerkontraversiste in dem vor⸗ liegenden Gesetze. Wir würden aber durch dieses Verfahren unmittel⸗ kar dazu geführt werden, den Etrsatz von Landwehrtruppen aus dem Landsturm zu entnehmen, wenn wir die disponiblen Landwehrleute in den Landsturm einstellten. Ich glaube also, daß dieses Amendement nicht annehmbar sein wird.

Was nun das Amendement Duncker anbetrifft, so muß ich sagen, daß ich, mit Ausnahme der Wehrfähigkeit, eine Schwierigkeit, ein be⸗ sonderes Bedenken gegen Annahme desselben nicht zu erkennen vermag. Wenn ausgesprochen wird, daß die Landwehrleute bleiben bis zu ihrem 32. Lebensjahre und dann zum Landsturm übertreten bis zum 42 sten, so ist dem Bedürfniß faktisch damit genügt. Durch den Aus. druck wehrfähig wird aber die Sache wesentlich eingeschränkt, und ich möchte Sie daher bitten, da ein Mißverständniß nicht entstehen kann durch die Fassung, wie sie die Kommission vorschlägt, diese Kommisstonsvorlage annehmen zu wollen. .

Zu 5§. 2Wentgegnete der genannte Bundesbevollmäch⸗ tigte dem Abg. Richter (Hagen):

Meine Herren! Zu den beiden Amendements möchte ich nur wenige Worte sagen.

Der Hr. Abg. Richter hat das Amendement Duncker motivirt und ist auf den 5. A des Reichs-Militärgesetzes für die Ersatzreserve zweiter Klasse zurückgegangen. Es ist allerdings richtig, daß dort

derselbe Wortlaut gewählt ist, wie im Amendement; ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß die Verhältnisse bei der Ersatzreserve zweiter Klasse und bei dem Landsturm wesentlich verschieden sind und wohl immer verschieden sein werden. Sie haben eben angenommen, daß ein Bezirk, der vom Feinde bedroht oder überzogen ist, den Landsturm aufbieten soll. Es ist in dem letzten Falle die Okfupation des Landes durch den Feind in Anssicht genommen und dadurch ist die ortsübliche Weise in der Regel von vornherein ausgeschlossen. Es hat aber die Erfahrung bewiesen, daß nichtsdestoweniger es sehr wohl möglich ist, das Massenaufgebot auf andere als ortsübliche Weise herbeizuführen, auch wir würden ja unter keinen Umständen darauf verzichten wollen, auf andere Weise, z. B. durch heimliche Boten⸗Miicheilung, den landsturmpflichtigen Leuten Kenntniß von der Verordnung, die sie zum Kriegsdienst heranzieht, geben zu können. Die Leute würden dann mit diesem Gesetze in der Hand berechtigt sein, ihr Erscheinen zu verweigern, weil das Aufgebot nicht in der ortsüblichen Weise erfolgt sei. Ich möchte Sie daher bitten, dieses Amendement abzulehnen. In der That wird man ja, so lange es ausführbar, auf die gewöhn⸗ liche ortsübliche Weise zurückgreifen, weil es eben diejenige ist, die am besten und schnellsten zum Ziele führt.

Was das Amendement des Hrn. Abgeordneten Grafen v. Balle⸗ strem anbetrifft, so hat der Hr. Abgeordnete Richter es schon genau gekennzeichnet. Seinen Ausführungen kann ich nur beitreten. Es würde den Leuten, die dadurch geschützt werden sollen, in der That nicht geholfen sein; die unmittelbare Folge der Einschränkung würde sein, doß man das Territorium eben größer faßte, wie man es sonst fassen würde, um bestimmte Kategorien nehmen zu können. Den Aus⸗ schluß der Kategorien hat das Amendement nicht ausgesprochen, und deshalb seinen Zweck auch nicht erreicht. Es würde dieses Amende⸗ ment nur zur Verdunkelung dessen beitragen, was man im Gesetze eigentlich beabsichtigt. Die Kategorien auf diese Weise bei Seite schieben zu wollen, würde, wenn dies Amendement angenommen würde, mit dem §. 5 uns in Widerspruch setzen, indem wir dort diejenigen Grundsätze festzusetzen beabsichtigen, welche bei der Einbeorderung der kan h wehr üblich sind, d. h. die jüngeren Jahrgänge zuerst herbei⸗ zuziehen.

Auf eine Erwiderung des Abg. Richter entgegnete der Bundeskommissar Major Blume:

Ich möchte mir erlauben, meine Herren, nur mit wenigen Wor⸗ ten darauf aufmerksam zu machen, daß meines Erachtens der Wort⸗ laut des Amendements des Hrn. Abg. Duncker doch nicht vollständig dem Zweck entspricht, welchen dasselbe nach den Ausführungen des Hrn. Abg. Richter verfolgt. Es sind nämlich zwei Momente zu un⸗ terscheiden: einmal das Aufgebot des Landsturms, welches vom Kai⸗ ser erlassen wird, in welchem nach dem Sinne dieses Gesetzes der Umfang in territorialer Beziehung und nach Kitegorien zu bestim⸗ men ist. Sobald dieses Aufgebot ergangen ist, treten die betreffen⸗ den Landsturmpflichtigen zunächst in die Kontrole der Landwehrbehör⸗ den in derselben Weise, in welcher sich die in der Heimath be⸗ findlichen Landwehrmannschaften in dieser Kontrole befin⸗ den. Nün kommt der zweite Moment. Nachdem näm⸗ lich der Kaiser bestimmt hat, welche Organisation der Landsturm er⸗ halten soll, werden die hierfür erforderlichen Mannschaften Jus den aufgebotenen Kategorien durch die Landwehrbehörden zum Dienst einberufen. Das ist, glaube ich, nicht vollständig unterschieden. Wenn der Hr. Abg. Duncker gesagt hätte, es solle in ortsüäblicher Weise bekannt gemacht werden, auf welche Altersklassen sich das Aufge⸗ bot zunächst bezieht, so würde schon gegen einen jolchen Vorschlag, außer dem bereits geltend gemachten Bedenken, daß eine derartige Be⸗ stimmung unter vielen Umständen sich nicht durchführen lassen würde, noch die Erwägung sprechen, daß es sich nicht empfehle, durch Ge⸗ setzesvorschriften die Militärverwaltung zu zwingen, über die Grenze des Allernothwendigsten hinaus die im Interesse der Landesvertheidi⸗ gung zu ergreifenden Maßregeln zu publiziren, weil jede derartige Publikation für den Feind unter Umständen von großem Werth sen kann. Dieses Bedenken trifft aber in erhöhtem Maße zu, wenn, wie es der Wortlaut des Amendements fordert, sogar ste s öffentlich bekannt gemacht werden soll, welche Kategorien des aufgebotenen Landsturms zur Fahne einberufen werden sollten. Eine genaue Information hierüber könnte in der That für den Gegner ven weit größerem Werthe sein, als für das eigene Land. .

Ich möchte Sie deshalb bitten, auch aus diesem Grunde das Amendement abzulehnen.

(Fortsetzung der Reichstazs⸗Angelegenheiten in der Beilage.)

Statistische Nachrichten.

Nach dem jetzt erstatteten Bericht der Verwaltung der Berliner städtischen Gasanstalten hat das Betriebsjahr vom 1. Juli 1873 bis ebendahin 1874 so günstige Ergebnisse, wie die letz⸗ ten Vorjahre, nicht geliefert. Die meiste Schuld tragen daran die höheren Kohlenpreise und die sehr gesteigerten Löhne; außerdem sind durch die großen Neubauten die Anleihesumme und damit auch die jährlichen Anleihezinsen gestiegen. An Gas wurden 51,746,000 Kubikmeter produzirt, 768,000 Kubikmeter oder 125 Prozent mehr als im Vorjahr. Der öffentliche Verbrauch an Gas belief sich auf etwa 6,820, 9000 Kubikmeter. An Flammen waren vorhanden M200 öffentliche Flammen und 437,950 Privatflammen, 431 öffent⸗ liche (etwa 5 Prozent) und 60,019 Privatflammen (15,9 Prozent) mehr als im Vorjahre. Dabei hat sich herausgestellt, daß die Privatflammen im letzten Jahre durchschnittlich etwas weni⸗ ger Gas gebraucht haben, als früher. Den höchsten Gasverbrauch hatte der 20. Dezember 1873, den kleinsten der 6. Juli desselben Jahres, jener 275,000 Kubikmeter, dieser nur 53,850. An Kohlen wurden nicht weniger als 188,260 Tonnen, die Tonne je 1000 Kilo⸗ gramm gerechnet, verbraucht. Der Werth der städtischen Gasanstalten wird auf 19,131,000 Thlr. rund berechnet, worauf 43337, 000 Thlr. Passiva haften.

Auf der Universität Erlangen sind im Sommer⸗ Semester 1874 immatrikulirt gewefen 442, davon sind abgegan⸗ gen 190. Es sind demnach geblieben 252, dazu sind in diesem Se⸗ mester gekommen 164. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Stu⸗ direnden beträgt daher 416.

Von diesen studiren: Theologie 136, (darunter 22 zugleich Phi⸗ lologie, 1 Geschichte). Jurisprudenz und Kameralwissenschaften 44 Medizin 111, Pharmazie 35, Chemie und Naturwissenschaften 31, Mathematik und Physik 11, Philologie 42, (darunter 10 zugleich Theologie), Philosophie und Geschichte 6. In Summa 416, davon 283 Bayern und 133 Nichtbayern.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das bisherige Königlich preußische archäologische Institut in Rom hat seit dem 1. Januar die Bezeichnung Kaiserlich deut⸗ sches archäologisches Institut angenommen. Seine Sekretäre sind wie bisher die Professoren Henze und Helbig.

Der Geheime Medizinal⸗Rath, Professor Dr. Göppert in Breslau feierte am 11. sein 50jähriges Doktor⸗ Jubiläum. Der Jubilar empfing von allen Seiten lebhafte Be⸗ weise ehrender Theilnahme. Der Ober-Präsident Graf von Arnim, an der Spitze des Regierungs⸗Kollegiums, beglückwünschte denselben im Namen der Regierung und überreichte ihm den dem Jabilar von des Kaisers und Königs Majestät verliehenen Königlichen Kronen⸗ orden 1I. Klasse mit dem Stern. Die Stadt Breslau verlieh demselben das Ehrenbürgerrecht; ein Comité überreichte dem Jubilar die Summe von 10000 Mark zu einer Göppert⸗Stiftung; zu gleichem Zweck erhielt er von einer Deputation deutscher Upotheker die Summe vor 3300 Mark; außerdem empfing derselbe von virlen Gesellschaften, Anstalten, Vereinen ꝛc. Glückwunschadtessen, Dedikationen ze.

Die Nr. 7 der Illustrirten Jagdzeitung, Organ für Jagd, Kischerei und Naturkunde, herausgegeben von W. H. Nitz sche, Königlicher Oberförster, Ceipzig, Verlag von ö S

chmidt), enthält: Die Winteräsung für das Hoch, Dam und