1875 / 15 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

er Minister des Innern hat dein Hause Kenntniß gegeben, daß 2 . von Helldorff, Ober⸗Bürgermeister Ce me Regierungs⸗Rath Bredt, Graf von Zieten⸗Schwerin, Ulrich von Winterfeld und Graf von Schlieffen⸗Götzendorf zu Mitgliedern des Hauses berufen seien. Von diesen sind die Herren Bredt und Graf Zieten bereits in das Haus eingetre ten und wurden von dem Präßidenten als Mitardeiter an den Aufgaben des Hauses begrüßt. Sie haben beide bereits den Eid auf die Verfassung geleistet. Der Präsident ernannte sodann zum Quästor des Hauses den Srn. Schuhmann und zu dessen Stellvertreter den Dr. Sulzer. Beide nahmen die Ernennung an.

Auf Antrag des Hrn. v. Wedell wurde sodann der Gesetz—⸗ entwurf, betreffend Auflösung des Lehnsverbandes in der Kur⸗ mark ꝛc. einer Kommission von 15 Mitgliedern und auf Antrag des Hrn. v. Bernuth der Gesetzentwurf über das Vorm undschafts⸗ wesen und der Gesetzentwurf, betreffend die Geschäftsfäh igkeit Minder⸗ jähriger und die Aufhebung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Minderjährigkeit gemeinschaftlich einer besonderen Kommisston von 20 Mitgliedern überwiesen. Diese beiden Kom⸗ missionen, sowie die übrigen auf Grund der Geschäftsordnung zu wählenden Kommisstonen sollten nach Schluß der Sitzung fofort gabählt werden. Um 12 Uhr 50 Minuten wurde hierauf die Sitzung geschlossen.

In der heutigen (2. Sitzung des Hauses der Abge⸗ ordneten, . der . des Staats⸗Mini⸗ steriums, Finanz- Minister Camphausen und die Staats⸗ Minister Dr. Falk, Dr. Achenbach und Dr. Friedenthal bei⸗ wohnten, wurde zunächst die Konstituirung der Abtheilungen publizirt: J. Abtheilung: Vorsitzender von Roenne, Stellver⸗ keter Klotz (Berlin), Schriftführer Meyer (Merseburg) and Tiedemann; II.: Dr. Gneist, von Saucken⸗Julien⸗ selde, Dr. Dohrn, von Oven; III.. Dr. Löwe, Dr. Bähr ((CasselR, Wisselinck, Kummert; IV. Miquel, Duncker, Helf, von Zander; V. Dr. L asker Dr. Virchow, Lucius, Zähle; VI. von Bonin, Dr. Petri, Plath, Neubert; MI. Hoene, von Saucken⸗Tarputschen. Beleites, Pr. Rahts. Eingegangen waren ) ein Schreiben des Staats⸗Ministeriums, betreffend eine Aenderung des Regulativs über den Geschäftsgang bei der Ober⸗Rechnungskammer (s. unter Landtagsangelegenheiten); 2) vom Finanz⸗Minister ein Rechenschaftsbericht über die weitere Ausführung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Konsolidation der preußischen Staatsanleihen und 3) eine Ueber⸗ sicht über die Einnahmen und Ausgaben des Jahres 1873. Seit dem Schlusse der vorigen Session sind verstorben die Abgg. v. Mallinckrodt, Jordan, Schulz, Schulze, Meyer (Diepholz), Baudri und Eckemann; die Mitglieder erhoben sich, um deren Andenken zu ehren, von ihren Sitzen. Die Abgg. v. Keßler, Ulrich, Philippi, Pauly, Dr. Friedenthal, v. Heeremann, v. Brau⸗ chitsch, v. Bismarck (Flatow) Dr, Kraetzig, Peters, Kiesel, Siemens, Wachler (Oels) und Delbrück haben ihr Mandat niedergelegt; wiedergewählt sind die Abgg. Dr. Friedenthal, von Brauchitsch, von Bismarck (Flatow) und Kiesel. Bei der nunmehr erfol⸗ genden Wahl des ersten Präsidenten erhielt der Abg. v. Bennigsen 292 von 295 gültigen Stimmen; derselbe nahm die Wahl dankend an. Zum ersten Vice⸗Präsidenten wurde der Abgeordnete Hr. Löwe mit 211 von 294 gültigen Stimmen gewählt; der Ab⸗ geordnete Reichensperger erhielt 58, v. Köller 20, Graf Bethusy⸗ Hue 3, v. Rönne und Holtermann je eine Stimme. Der Ah⸗ geordnete Dr. Löwe nahm die Wahl dankend an. Bei der Wahl

des zweiten Vice⸗Prästidenten wurden 289 Stimmzettel abge⸗ geben, davon waren ungültig 14; es erhielten Graf Bethusy⸗Hue

186, Reichensperger 60. v. Köller 24, Lucius 2, Graf Wintzin⸗ gerode, v. Wedell·⸗ Malchow und Duncker je eine. Der Abg. Graf Bethusy⸗Huc nahm die Wahl ebenfalls dankend an. Es erfolgte dann die Wahl der 8 Schriftführer, deren Resultat in der nächsten Sitzung mitgetheilt werden wird. Schluß 14 Uhr. Nächste Sitzung Dien stag 16 Uhr.

„Ein Beamter, welcher Gelder oder andere Sachen, die er in amtlicher Eigenschaft empfangen oder in Gewahrsam hat, untersch lägt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er⸗ kannt werden.“ Diese Bestimmung des Reichs⸗Strafgesetzbuches (§. 350) findet nach einem Erkenniniß des Ober⸗-Tribunals vom 10. Dezember 1874 auch auf den Fall Anwendung, daß der betreffende Beamte die Gegenstände zwar nicht in amt⸗ licher Eigensch aft empfangen, dessen Amt ihm jedoch zur Empfangnahme des nachträglich unterschlagenen Gegenstandes Gelegenheit bot und bei dem Aushändi⸗ genden die irrthümliche Meinung erregte, daß der Beamte hierzu berechtigt sei. Der Gerichtsexekuter H. zu J. erhielt von der Kreis⸗ gerichts⸗Kommission zu J. den Auftrag, die Exekution wegen einer rechtskräftigen Forderung von 64 Thlr. 2 Sgr. zu vollstrecken, wobei ihm jedoch die Erhebung der- beizutreibenden Summe untersagt wurde. Exequendus übergab jedoch die genannte Summe dem Exekutor und dieser gab einen Theil der eingezogenen Gelder seinem Sohne als Darlehn und behielt den Rest fur sich, ohne daß ihm flüssige Mittel zur sofortigen Deckung des Empfangenen zu Gebote gestanden. Der Unterschlagung von in amtlicher Eigenschaft eingezogenen Geldern nach 5. 350 Str. G. B. angeklagt, wurde der Exekutor H. demgemäß in zweiter Instanz zu 3 Monaten Gefängniß und zum Verlust der bürgerlichen Ehrerechte auf drei Jahre verurtheilt. Die dagegen einge⸗ legte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, in welcher er unter Anderem darauf hinwies, daß ihm in dem erhal⸗ tenen Exekutionsmandate die Erhebung der beizutreiben⸗ den Summe untersagt gewesen, er dieselbe mithin nicht in amtlicher Eigenschaft empfangen haben könne, wurde vom Ober⸗ Tribunal zurückgewiesen. Das in der Nichtigkeits beschwerde hervorgehobene Moment, führt das Erkenntniß des Ober⸗Tri⸗ bunals aus, hinderte nicht, daß der Angeklagte, wenn er diese Gelder dennoch erhoben hatte, so angesehen werden könnte, als habe er dieses in amtlicher Eigenschaft gethan, weil nicht nur sein Amt ihm hierzu die Gelegenheit bot, sondern weil auch der Erequendus, wie der Appellationsrichter feststellt, „lediglich mit Rücksicht auf den dem Angeklagten ertheilten Exekutionsbefehl und von der Unterstellung ausgehend, an diesen gezahlt hatte, er genüge dadurch einer ihm obliegenden Verpflichtung, und weil der Angeklagte sich bei der Annahme der Gelder dieser Unter⸗ stellung wohl bewußt gewesen ist.“

Gemäß der bezüglichen Bekanntmachung des Ober⸗ Präsidenten der Provinz Brandenburg, Wirklichen Geheimen Raths von Jagow, trat am 15. d. M der 47. Kommunal— Landtag der Kurmark im Ständehause zu Berlin zusammen.

Der Vorsitzende, Vize⸗Ober⸗Schloßhauptmann Graf von Königsmarck⸗Berlitt, gedachte zur Eröffnung desselben des schmerzlichen Verlustes, welchen der Landtag durch den Tod des lang⸗ jährigen Vertreters der kollektiv wählenden Städte des Ober- und Nieder⸗Barnimer, Prenzlauer, Templiner und Angermünder

Kreises, Hauptmanns a. D. und Geheimen Kommissions⸗Raths

Leist zu Wriezen a. O. erlitten hat. ; . Versammlung ehrte sein Andenken durch Erheben von

den Sitzen. . Nachdem hierauf der Bürgermeister Hammer aus Branden⸗ burg zum Protokollführer ernannt und einige Veränderungen in der Zusammensetzung des Landtages mitgetheilt weren, wurde die Präklusipfrist für die zur Verhandlung noch zuzulassenden Geschäftssachen auf den Ablauf des 25. d. Mts. festgesetzt.

Der Vorsitzende schritt hierauf zur Bildung der drei Aus⸗ schüsse und ernannte zum Vorsitzenden des ersten Ausschusses den Wirklichen Geheimen Rath Freiherrn von Manteuffel, zu dem des zweiten den Wirklichen Geheimen Ober-Regierungs⸗Rath von Klützow⸗Dedelow und zu dem des dritten den Major von Rochow⸗Plessow. . ö

. . je 12 Mitgliedern gebildeten Ausschüssen über⸗ wies der Vorsitzende die eingegangenen Geschäftssachen zur Be⸗ richterstattung, und zwar erhielt der erste Ausschuß in der Haupt⸗ sache die Feuer⸗Sozietäts-Angelegenheiten, der zweite die Land⸗ armen⸗Sachen und der dritte die die Provinzial-⸗Hülfskasse und das Kriegsschuldenwesen, die Verwaltung der Ständischen Kassen, Gehaltsverbesserungen und verschiedene Gesuche um Unterstützun⸗ gen betreffenden Angelegenheiten.

Zur Berathung der Maßnahmen, welche der Landtag gegen⸗ über dem 8. 68 der dem Landtage der Monarchie vorgelegten Provinzial⸗Ordnung einzuschlagen habe, wurde ein besonderer Ausschuß unter dem Vorsitze des Herrn von Rochow⸗Plessow gebildet. ö

Der Genera -Major Freiherr von Los, Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, ist nach beendigtem Urlaub von Trachenberg hierher zurückgekehrt.

S. M. S. „Undine“ hat am 6. November v. Is. Rio de Janeiro verlassen, traf am 11. Dezember in Barbadoes ein, verließ diese Insel am 17. dess. Mts., traf am 19. De⸗ zember v. Is. in Port of Spain (Trinidad) ein und beabsichtigte nach Ankunft der Post, welche am 6. Januar er. zu erwarten war, mit Anlaufen der Insel St. Vincent, nach der Insel

Dominique zu gehen. S. M. S. „Arigdne“ ist, nachdem es am 28. No⸗ vember 1874 Aden verlassen, am 14. Dezember in Point de

Galle eingetroffen und beabsichtigte am 17. desselben Monats die Reise nach Singapore fortzusetzen. An Bord Alles wohl.

Der Großherzoglich bädischen Steuereinnehmerei Heins⸗ heim im Hauptamtsbezirk Heidelberg ift die Befugniß zur Ausstellung von Uebergangsscheinen für Wein, Bier, Brannt—⸗ wein und Weingeist ertheilt worden.

Posen, 16. Januar. (W. T. B.) In der Disziplinar⸗ untersuchung gegen die fünf geistlichen Beamten des hiesi⸗ gen erzbischöflichen General- Konsistoriums, welche nach Ueber nahme der Verwaltung des kirchlichen Vermögens durch die Staatsbehörden ihre amtliche Thätigkeit eingestellt hatten, stand heute Termin an vor der hiesigen Königlichen Regierung. Es war keiner der Angeschuldigten erschienen. Vom Plenum der Regierung wurde gegen dieselben wegen Verletzung der ihnen durch ihr Amt auferlegten Pflichten auf Entlassung aus dem Amte erkannt.

Breslau, 16. Januar. eher die feierliche Beisetzung des am 8. d. Mts. nach langem Krankenlager zu Carlsruhe in Oberschlesien verstorbenen Herzogs Eugen Wil helm Alexander Erdmann von Württemberg, Königliche Hoheit, meldet die „Schles. Ztg. aus Carlsruhe Folgendes:

Nachdem die irdische Hülle des Entschlafenen aus dem herzog⸗ lichen Schlosse nach dem Konzertsaale übergeführt worden war, erfolgte dort durch die Hrn. Dr. Graber und Dr. Kloeber die Sektion und später die Cinbalsamirung der Leiche, wobei sich ergab, daß zu der Nierenkrankheit noch eine Herzkrankheit hinzugetreten, die das Ende des Herzogs beschleunigt hatte. Demnächst wurde der Verstorhene, bekleidet mit der Uniform eines preußischen Generals der Kavallerie in einen eichenen, mit schwarzem Sammt überkleideten Sarg, der mit dem herzoglichen Wappen geziert war, gelegt, in ein nöben dem Kon⸗ zertsaal belegenes schwarzdrapirtes, mit Laubgewinden geziertes Zimmer gebracht und dort von den Beamten bewacht. Seit dem I5. d. M. Mittags war dem Publikum der Zu—⸗ tritt zum herzoglichen Sarkophage gestattet, an welchem neben den herzoglichen Beamten auch eine Ehrenwache der hiestgen Schützengilde stand. Deg Sarg umgaben zahlreiche Kerzen und exotische Gewächse; auf dem Sargdeckel ruhte der Helm und der Degen des Verewigten, und am Fußende waren auf einem Atlaskissen die Herzoglichen Orden befestigt. Der Sarg war reichlich mit Lorbeerkränzen dekorirt. Am 15. d.. Vormittags 1 Uhr, wurde nun die Ausstellung der Herzog— lichen Leiche für das Publikum geschlossen. Es hatten dann nur noch die Hohen Leidtragenden und die zur Trauerfeier erschienenen Hohen Persönlichkeiten u. J. w Zutritt. Diese fanden sich von 11 Uhr ab nach und nach ein, und zwar Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Würt⸗ temberg aus Berlin, Se. Königliche Hoheit der Krouprinz Wilhelm von Württemberg aus Stuttgart mit Adjutant, der Erhprinz Georg zu Schaumburg Lippe, Prinz Wilhelm zu Schaumburg ⸗Lippe, Prinz Otto zu Schaumburg-Lippe, Fürst Reuß mit Gemahlin, Ihre Hoheit die Prinzessin Wilhelm zu Schaumturg-Lippe, der Herzog von Rati⸗ bor, Prinz Christian zu Hohenlohe⸗-Oehringen, Prinz Friedrich zu Hohenlohe Ingelfingen, Prinz Kraft zu Hohenlohe⸗ Ingel⸗ singen, Graf von Brandenburg, General- Abjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, als Allerhöchstdessen Vertreter, ferner Genergl⸗Lieutenant Graf von Brandenburg, General von Lützow, ehemaliger Besitzer der Herrschaft Bankwitz, Oberst von Mara— thille, Flügel-Adjutant Sr. Durchlaucht des Fürsten zu Sch aum burg⸗ Lippe, Hauptmann v. Liebenau, Adjutant Sr. Kaiserlichen und Kö⸗ niglichen Hoheit des Kronprinzen als Vertreter Höchstdesselben, Major v. Heinitz, Adjutant des Fürsten zu Waldeck, als Vertreter desselben, Oberst van Zedelius, Adsutant des Großherzogs von Oldenburg, als Vertreler des Großherzogs, Hauptmann Baron v. Rechenberg, der Ober⸗ Präsident von Schlesten, Graf v. Arnim, der Regierungs. Präsident v. Hagemeister, der Ober⸗Stallmeister und Kammerherr Sr. Majestat des Königs von Wüttemberg, Graf v. Taubenheim, mehrere Regie— rungs-Räthe, die Landräthe der Nachbarkreise, eine große Anzahl von Offizieren der benachbarten Garnisonen, ebenso auch fremde DOffizi re von den verschiedensten Chargen und Truppengattungen ꝛc. 2c. Die⸗ sen Herrschaften schlossen sich die Herzoglichen Beamten an. Kurz nach 12 Uhr erschien Se. Königliche Hoheit der Herzog Wilhesm Eugen August Georg von Wuͤrttemberg, welcher Ihre Königliche Hoheit, die verwittwete Herzogin Mathilde Auguste Wilhelmine Karoline von Württemberg, seine Criauchte Mutter, führte, und die übrigen Höchsten und Hohen Herzoglichen Angehörigen. Nach einem kurzen Chorgle hielt der Hofprediger Gneist dem Hohen Dahin⸗ geschiedenen an dessen Sarge eine Leichenrede, welcher wiederum ein Choral folgte. Nach demselben wurde der Herzogliche Sarg von Herzoglichen Beamten emporgehoben und nach dem mit 6 Pferden bespannten Leichenwagen gebracht. Inzwischen war auch der Krieger— verein und die Schützengilde, Spalier bildend, aufmarschirt und salu⸗ tirten beim Erscheinen des Herzoglichen Sarges, während das Trompeter⸗ Cerps des 1. Schles. Husaren Regiments Nr. 47 einen Choral intonirte. Demnächst setzte sich unter dem Geläute aller Glocken, der imposante Leichenzug in Bewegung. Voran das Trompeter · Corps der Krieger⸗ verein, die Schützengilde, die evangelische und katholssche Geistlichkeit

von hier und aus der Umgegend, Hauptmann Baron von Rechenberg, die Orden des Hochseligen Herzogs tragend, der Herzegliche Leichenwagen, begleitet von 6 Herzoglichen Civil⸗ und 8 uniformirten Forstbeamten. Hinter dem . folgte das Reitpferd des Herzogs. Nunmehr schlossen sich die oben erwähnten Hohen Angehörigen und Leidtragenden an, denen die zahlreichen Beamten und eine unübersehbare Menge Trauernde, die bis aus weitester Umgegend hergeeilt waren, Deputationen auswärtiger Kriegervereine, Schützengilden, die Schulzen des Carls⸗ ruher Amts bezirkes u. s. w. folgten. An der evangelischen Kirche vor der Herzoglichen Gruft angekommen ordnete sich der Trauerzug, soweit es anging, im Halbkreise; während eines kurzen Gesanges wurde der Herzogliche Sarg abgehoben, worauf Superintendent Geisler aus Oppeln eine ergreifende Grabrede hielt, und Superintendent Peisker aus Hönigern die Herzogliche Leiche einsegnete. Während der Einsenkung des Herzoglichen Sarges in die Gruft wurde Seitens einer Abtheilung des Kriegervereins und durch drei Geschütze eine Ehrensalve gegeben, worauf die Leichenfeier mit einem vom Trompetercorps intonirten Choral abschloß.

Frankfurt a. M. (Rh. K) Der Polizei⸗-Präsident Hergenhahn macht bezüglich der gestern erfolgten Schließung der hiesigen sozialdemokratischen Ärbeitervereine Folgendes bekannt: .

„Nachdem durch die stattgehabten Ermittelungen als festgestellt zu erachten: daß die sogenannten Mitgliedschaften des zu Bremen domizilirten Allgemeinen deutschen Arbeiter-Vereins“ hierselbst, zu Bockenheim, Bornheim, Oberrad und Niederrad, ferner die am hiesigen Orte bestehende sogenannte, sozial-⸗demokratische Arbeiterpartei und die sogenannten hiesigen Mitgliedschaften des „Allgemeinen deutschen Schuh macher-Vereins“, des Allgemeinen deutschen Tischler— Schrei⸗ ner) Vereins“ und des „Allgemeinen deutschen Maurer- und Stein⸗ hauer⸗Vereins selbständige Vereine sind, ferner, daß diese Vereine als politische Vereine zu betrachten, und daß Ver hindungen derselben mit anderen Vereinen gleicher Art zu gemeinschaftlichen Zwecken statt⸗ gefunden haben, so ist von mir auf, Grund des §. 8, Absatz 2 der Verordnung über die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Oidnung gefährdenden Mißbrauches des Versammlungs. und Ver— einigungsrechtes vom 11. März 1850 die vorläufige Schließung dieser Vereine heute angeordnet worden. Indem ich dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß bringe, mache ich zugleich auf die Strafbestim⸗ mung im 8. 16 Absatz 2 der vorangeführten Verordnung aufmerksam, nach welcher die Betheiligung an einem auch nur vorläufig geschlosse⸗ nen Vereine mit Geldbuße von 5 big 50 Thalern oder Gefängniß von 8 Tagen bis zu 3 Monaten bestraft wird.“

Wiesbaden, 17. Januar. Heute Mittag um 12 Uhr fand die Eröffnung des Kömmunallandtags des Regierungsbezirks Wiesbaden im Sitzungssaale des hie⸗ sigen Regierungsgebäudes durch den stellvertretenden Landtags— Kommissarius Regierungs⸗Präsidenten von Wurmb statt.

Fulda, 18. Januar. (W. T. B.) Das hiesige Priester⸗ Semi nar ist heute durch den Landrath geschlossen worden.)

Württemberg. Stuttgart, 15. Januar. Der „Württ. Staatg⸗Anz. veröffentlicht folgende Berichtigung: .

Der „Beobachter vom 5. Januar J. J. enthält eine den frü⸗ heren kommandirenden General des XIII. Armee⸗Corps (Württember⸗ gisches). v. Stülpmagel, berührende Mittheilung, nach welcher der General v. Stuttgart abgereist sein soll, ohne fatirt und ohne einen Kreuzer Steuer bezahlt zu hahen.“ Dem gegenüber ist anzuführen, daß der General für das Etats jahr 1872.73 in Stuttgart eine Fassion über Kapital- sowie über Diensteinkommen abgegeben und die ihm hiernach berechnete Abgabe für den Staat und für die Stadt Stutt⸗ gart theils unmittelbar, theils durch Vermittelung des Kriegs ⸗Zahl⸗ amts vollständig entrichtet bat. Auch für 1873374 wurde durch Vermittlung des Kriegs-Zahlamts, von dem General die bis zu seinem Austritte aus dem württembergischen Militär“ Ver⸗ bande (Ende Dezember 1873) zu berechnende Dienst⸗Ein⸗ kommensteuer für den Staat vollständig erhoben; ebenso wurden für dieses Jahr durch einen Beauftragten des mehrere Mo⸗ nate abwesend gewesenen Generals monatliche Ratenzahlungen an Kapitalsteuer für den Staat und an Kapital⸗ und Dienst⸗Einkom⸗ mensteuer für die Stadt Stuttgart geleistet. Es beläuft sich hiernach die Gesammtsumme der von dem General von seinem Dienst⸗ und Kapital⸗-Einkommen in Stuttgart entrichteten Staats- und Gemeinde⸗ steuern auf zusammen 1884 Fl. Nur die Austellung einer aber⸗ maligen Fassion für das Jahr 1873,74 gab zu Erörterungen Anlaß, welche ihren Grund in der Ungleichheit diesfallsiger Bestimmungen der preußischen und württembergischen Einkommensteuergesetze hatten. Denselben wurde nach dem dienstlichen Wegzuge des Generals von Stuttgart Seitens der Steuerbehörde eine weitere Folge nicht gegeben, da überhaupt nur ein nicht erheblicher Steuerbetrag in Betracht zu ziehen gewesen wäre.

Mecklenburg. Schwerin, 16. Januar. Der Erb⸗ großherzog ist nach einer Mittheilung aus Flo renz vom I2. d. M. daselbst angekommen und im Hotel Washington abgestiegen.

Braunschweig. Braunschweig, 16. Januar. Die in den Anz.“ publizirte Bekanntmachung (Nr. 4 des R.⸗ u. St. 21.) wird jetzt durch Folgendes berichtigt und ergänzt: Se. Hoheit der Herzog hat ernannt; den Qber⸗-Gerichts⸗Präsidenten Rhamm zum Präsidenten des Gerichtshofes zur Entscheidung von Kom⸗ Petenzstreitigkeiten und zum Präsidenten der Herzoglichen juristi⸗ schen Examinations lommission, den Oher⸗Staatsanwalt Herzog zum ordentlichen Mitgliede des Gerichtshofes zur Entscheidung von Kompetenzstreitigkeiten, den Gehülfen des Ober⸗-Staats⸗ anwalts, Ober⸗Gerichts Rath Mansfeld zum stellvertretenden Mitgliede des Gerichtshofes zur Entscheidung von Kompetenz⸗ streitigkeiten, und den Auditor Pockels in Wolfenbüttel zum Kreisgerichts⸗Sekretär bei dem Herzoglichen Kreisgerichte Holz— minden.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 16. Januar. Die Gesetz⸗ Sammlung enthält u. A. Steuerausschreiben auf die Jahre 18765, 1876 und 1877. Vom 22. Dezember 1874. Be⸗ kanntmachung des Herzoglichen Ministeriums, Abtheilung des Innern, die Ausstellung von Leichenpässen im Königreiche Sachsen betreffend. Vom 23. Dezember 1874.

Bremen, 14. Januar. Die Bürgerschaft erneuerte gestern ihren Vorstand. Zum Präsidenten wurde Dr. Meinertz⸗ hagen einstimmig wieder gewählt, zu Vize⸗Präsidenten Dr. Adami und Heinrich Claussen, letzterer an Stelle von Chr. Noltenius. Aus den sachlichen Verhandlungen ist zu erwähnen, daß auf Chr. Papendiecks Antrag dem Senat Bedauern ausgesprochen wurde, daß die im Prinzip beschlossene Reform des Armen-In⸗ stituts und der Waisenhaͤuser aus der Deputation noch immer nicht wieder als fertiger Gesetzentwurf hervorgekommen sei. Der schon angekündigte Bericht der Sansltäts behörde wegen Er⸗ richtung eines öffentlichen Schlachthauses, ist nun vom Senat an die Bürgerschaft weiter befördert worden mit der Auffor⸗ derung, gemeinsam mit ihm die Bau⸗Deputation in Verbindung mit der Sanitätsbehörde zur Aufstellung eines Planes zu beauf⸗ tragen und die dafür erforderlichen Kosten zur Verfugung zu stellen. Die Einführung unbedingten Schlachthauszwanges würde dabei vorguszusetzen sein. Was die Kosten des Schlachthauses selbst nebst Viehmarkt u. s. f. betrifft, so nimmt die Sanitäts⸗ behörde dieselben nur ganz vorläufig zu rund 600, 000 Mark an, mit 51,000 Mark Jahreskosten einschließlich Verzinsung und

Tilgung, denen aber mindestens ebenso hohe Einnahmen gegen⸗ überstehen würden. Die Ueberlassung an Privatunternehmer kann sie nicht empfehlen, da denn doch eine sehr genaue Ueber⸗ wachung des Staats eintreten müßte und eine gemeinnützige wohlfeile Verwaltung durch den Staat zu sichern sei.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 16. Januar. Wie be— kannt, sollen am 20. d. M. das Abgeordnetenhaus und am 22. d. M. das Herrenhaus des Reichsrathes ihre Thätig keit wieder aufnehmen. Die Dauer der Session ist noch auf etwa zwei Monate berechnet, da mit Eintritt der Osterferien die reichs⸗ räthliche Kampagne ihren Abschluß finden soll. Während dieser Zeit sollen zunächst die wichtigeren wirthschaftlichen Vorlagen, darunter auch ein Theil der Steuerreformgesetze, zur Erledigung gelangen. Der Vorlage des versprochenen Eisenbahnprogramms von Seite des Herrn Handels⸗Ministers sieht man schon im Laufe des nächsten Monats entgegen.

Nach der „Oesterr. Korresp.“ steht die Berufung der Delegationen für den 25. August in Aus sicht.

17. Februar. Die Rückkehr Ihrer Majestäten nach

Wien ist für den 22. d. M. zu gewärtigen. W Die Prinzessin Clementine von Sach sen⸗Coburg⸗ Gotha ist mit den Prinzen Philipp und Augn st von hier nach Paris abgereist und wird sich von dort am 2. Februar nach Brüssel begeben.

Aus Pola wird der „D. 3.“ gemeldet, vaß die ge⸗ sammte Kriegsflotte ausgerüstet wird, um dem Kaiser auf seiner Reise nach Dalmatien das Geleite zu geben. Es sollen nämlich bei dieser Gelegenheit große Manöver stattfinden, die eine Seeschlacht darstellen sollen.

Das Reichsgesetzblatt veröffentlicht die Verordnung des Handels⸗Ministeriums vom 9. Januar 1875, betreffend die Ein⸗ führung der Postanweisungen im Verkehre zwischen Oester⸗ reich⸗ Ungarn einerseits, Deu tschland und der Schweiz an⸗ dererseits.

Pe st, 16. Januar. In der heutigen Sitzung des Abfge— ordnetenhauses interpellirte Trifunacz den Kultus⸗Minister über die Ursache der Schließung der Szent⸗Martoner und Znyo⸗Varallyaer Gymnasien.

Moricz richtete an den Minister⸗-Präsidenten eine Interpella⸗ tion in der Bankfrage. Er sagte, die Regelung der Kreditver— hältnisse stehe mit dieser Frage in engem Zusammenhange; das Land müsse wissen, ob die Regierung in der Bankfrage ein Pro⸗ gramm habe und dieselbe definitiv löͤsen wolle. Eine selbständige Notenbank sei das allgemeine Verlangen aller Parteien. Jenseits der Leitha würden zwar diese Bestrebungen, namentlich von der Presse, als österreichische Interessen gefährdend dargestellt, aber die Thatsachen bewiesen das Gegentheil. In Folge des massen⸗ haften Getreideexportes Ungarns in den Jahren 1867. und 1868 gestalteten sich die österreichischen Valutaverhãältnisse durch die bedeutenden Metallzuflüsse so günstig, daß sie selbst durch die Finanzkrisis, die Suspension der Bankakte und die Ausgabe unbedeckter Noten nicht verschlechtert werden konnten. Nach der Börsenkrisis erwartete man auch in Desterreich eine Besserung hauptsächlich von einer guten Ernte Ungarns. In Oesterreichs Interresse liege es, daß der ungarische Landwirth und Indu— strielle billiges Geld haben; ebenfo verlangt das Interesse der Dynastie, das Ungarn materiell gedeihe. Aber auch das Interesse der Nationalbank verlangt die Errichtung einer selbständigen ungarischen Bank. Mit Unrecht werfe man der Nationalbank Böswilligkeit gegen Ungarn vor. Ihre Haltung gegenüber Ungarn wäre die nothwendige Folge der säumigen Regierungspolitik. Nicht die Bank, sondern die Regierungen verschuldeten die jetzige Lage. Die National⸗ bank sei heute im Stande, eine selbstaͤndige ungarische Bank zu errichten. Eine friedliche Lösnng sei iedenfalls vorzuziehen und wenn Jemand aus der Grrichlung einer Notenbank Vortheil ziehen solle, möge den Oesterreichern die Priorität gewährt wer⸗ den. Wenn die Regierung rechtzeitig ein befriedigendes Pro⸗ gramm aufstelle, so werde bie Oppsition ihre Waffen niederlegen und alle Parteien würden ihre Unterstützung gewähren.

Er fragte somit, ob die Regierung die Verhandlungen un— verzüglich in Angriff nehmen und noch in dieser Session dem Hause eine Vorlage unterbreiten und, wenn Schwierigkeiten auf⸗ tauchen sollten, von der Verwirklichung einer selbständigen Noten⸗ bank auch ihre Stellung abhängig machen wolle.

Es wurden hierauf Petitionen erledigt und die gestern ver⸗ handelten Vorlagen in dritter Lesung angenommen. Der Revi⸗ sionsbericht über die Schlußrechnungen der Wirthschafts kom⸗ mission, in welchem für die Zukunft eine größere Sparsamkeit und Streichung überflüssiger Ausgaben im Budget dem Hause empfohlen werden, veranlaßte eine längere Debatfe. Schließlich ward der Antrag mit geringer Modifikation angenommen.

Im Oberhause wurden Nuntien entgengenommen.

Der Finanz ausschuß ist abermals ohne Referenten. Muszlay, der statt Szell das Referat übernommen hatte, ist durch einen Unfall verhindert, dasselbe zu führen; der Abschluß des Generalberichtes ist dadurch neuerdings hinausgeschoben.

Die Deakistischen Blätter rügen auf das Entschiedenste die Haltung der Majorität des Finanzausschusses und fordern den Minister Ghyezy auf, an das Haus zu appelliren. Di- Nachrichten von Ghyezys Demisston werden entschieden de⸗ mentirt. Die Mittelpar tei verwarf einen Antrag Olahs auf Fusion mit dem linken Centrum und beschloß den Fortbestand der Partei.

Schweiz. Bern, 16. Januar. (W. T. B.) Dem Be⸗ schlusse der Baseler Diözesankonferenz, betreffend die Aufhe⸗ bung des Domkapitels des Bisthums Basel, haben auch die Regierungen von Thurgau und Aargau ihre Zu⸗

stimmung ertheilt.

Genf, 17. Januar. (W. T. B.) Der Staatsrath des Kantons Genf hat beschlossen, der römisch⸗katholischen Geistlich⸗ keit die Kirche in Hermance nur unter gewissen Beschränkungen zu überlassen, und ferner angeordnet, daß die Kirche in Com⸗ peszières dem Kultus⸗Departement behufs Vornahme einer nationalkatholischen Taufe zur Disposition gestellt werde.

Großbritannien und Irland. London, 15. Januar. (A. A. C.) Dem Hofjournale zufolge ist Prinz Leopold von dem Anfall von Typhusfieber, an welchem er litt, genesen, aber noch sehr schwach.

16. Janugr. (W. T. B. Glad tone hatte auch der Königin seinen Entschluß, von der Führerschaft der liberalen Partei zurückzutreten, angezeigt. Die Königin hat darauf dem früheren Premier ihr lebhaftes Bedauern ausdrücken lassen und wiederholt den Wunsch ausgesprochen, zum Zeichen ihrer König⸗ lichen Huld und Gnade, der Gattin Gladstone's, wie dies früher auch in Betreff der zur Gräfin von Beaconsfield erhobenen Gattin Disraelis geschehen, einen Adelstitel verlelhen zu dürfen.

Frankreich. Paris, 17. Januar. (W. T. B.) Der „Moni⸗ teur“ schreibt, es bliebe der Vationalversammlung noch übrig, sich über das unpersönliche Septennat resp. Über die siebenjährige Re⸗ publik schlüssig zu machen. Wenn diese letzte Kombination scheitere, würde die gesetzgeberische Kraft der National versammlung er⸗ schöpft erscheinen. Der „Gaulois“ und der Figaro“ haben vom Ministerium die Mittheilung erhalten, daß sie die strengsten Strafen zu gewärtigen hätten, falls sie ihre Angriffe gegen die Nationalversammlung und den Marschall⸗Prãsidenten fortsetzten.

18. Januar. (W. T. B.) Nach den bereits fast voll⸗ ständig vorliegenden Resultaten der gestrigen Stichwahl im Departement Hautes-Pyrenses sind für Cazeaux (Bo⸗ napartist) 29, 630 und für Alicot (Septennalist) 23, 0265 Stimmen abgegeben worden.

Versailles, 16. Januar. (W. T. B.) Die National—⸗ versammlung setzte heute die Berathung des Gesetz es über die Cadres der Armee fort und verwarf das zu Art. 6 beantragte Amendement, daß jedes zweite Artillerie⸗ Regiment nur 12 Batterien haben solle. Es wurde beschlossen, daß jedes Artillerie⸗ Regiment aus 13 Batterien bestehen soll und daß die Pontonnier⸗Corps mit der Artillerie verbunden bleiben. Die Diskussion über Art. 6 wurde aufgeschoben und Art. 7 ange⸗ nommen. Die Berathung des Gesetzes wird am Montag fort⸗ gesetzt werden.

Spanien. (W. T. B.) Aus Madrid wird der „Agence Havas!/ vom 17. d. M. telegraphirt, der König Alfons habe sich dahin ausgesprochen, daß er die Rechte der katholischen Geistlichkeit achten und schützen werde, aber zugleich auf das Bestimmteste erklärt, daß er den Wunsch hege, in Spanien die Freiheit der Kulte ebenso, wie dieselbe in den aufgeklärtesten Staaten bestehe, aufrecht erhalten zu sehen. Der König habe ferner den Wunsch kundgegeben, daß die Generale künftig der Politik fern bleiben möchten. Das Ministe⸗ rium hat heute über die Feststellung der Civilliste für den König berathen, dessen Anforderungen sich hinsichtlich derselben in sehr bescheidenen Grenzen halten sollen. Ueber die Persön⸗ lichkeit der Vertreter Spaniens bei den auswärtigen Mächten ist noch keine definitive Bestimmung getroffen, doch scheint es ziemlich gewiß zu sein, daß nach Rom Beanvirdes gehen wird. Viele hervorragende Persönlichkeiten aus der radikalen Partei und aus anderen politischen Parteigruppen haben sich neuer— dings der Regierung des Königs Alfons angeschlossen. Heute wird bei der Nordarmee die Bewegung beginnen, welche behufs Entsatz von Pampelonag eingeleitet ist. In den Dis— positionen, wonach der König sich morgen von hier zur Armee begeben wollte, ist bisher keine Aenderung getroffen. Heute ist von demselben eine Verfügung betreffs Regelung der Einkünfte der katholischen Geistlichkeit im Staatshaushalt unterzeichnet wor⸗ den. Die Presse von Madrid wird zu Ehren der hier anwesen⸗ den Vertreter der auswärtigen Presse ein Banket veranstalten.

17. Januar. (W. T. B.) Die Stadt Madrid hat dem hiesigen Vertreter des Hauses Erlanger u. Co. die zur Zahlung der im Jahre 1871 gezogenen Obligationen der städtischen Prämienanleihe von 1868 erforderlichen Baarmittel zuge⸗ stellt. Der amtlichen „Gaceta“ zufolge ist der Budgetposten, betreffend das Ein kommen der Geistlichkeit, erhöht worben. Der König hat in der Verfügung, in welcher er dem Ver⸗ trage mit den Inhabern der Obligationen der inneren spani⸗ schen Schuld betreffs Einlösung der 3 verfallenen Coupons seine Zustimmung ertheilt, den Finanz⸗Minister Salaverria an— gewiesen, 425 Milliönen Piaster in Obligationen der inneren Schuld zum Course von 40 pCt. zu emittiren, welche zu der bereits durch die Rio⸗Tinto⸗Anweisungen gegebenen Deckung hin⸗ zutreten. Falls diese Beträge nicht ausreichen sollten, wird eine weitere Emission von Obligationen erfolgen.

17. Januar. (W. T. B.) Die Carlisten haben einen Angriff auf die Stadt Molina de Aragon (Provinz Guada⸗ lajara) gemacht, sind aber unter erheblichen Verlusten an Todten und Verwundeten und unter Zurücklassung einer Anzahl von Gefangenen zurückgeschlagen worden.

18. Januar. (W. T. B. Die Kriegsschiffe der Regierung sind gestern Abend vor Zarauz eingetroffen und treffen Vorbereitungen, gegen die Carlisten alsbald energisch vorzugehen.

Aus Bayonne wird unter dem 17. Janugr telegra⸗ phirt: Die Gerüchte von republikanischen Pronunciamentos in Spanien entbehren, nach den bisher hier vorliegenden Meldun⸗ gen, jeder thatsächlichen Grundlage.

Italien. Rom, 16. Januar. (W. T. B.) Graf Bar— bolani ist zum Gefandten in St. Peters burg ernannt worden.

Türkei. Konstantinopel, 16. Januar. (W. T. B.) Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Aarify Pascha, hat seine Entlassung genommen. An seiner Stelle ist der bisherige Minister des öffentlichen Unterrichts, Sa fvet Pascha, zum Minister des Aenßern ernannt worden.

Amerika. Washington, 15. Januar. (W. T. B.) Die in New⸗Orleans befindliche Kommisston zur Untersuchung der dortigen Vorgänge hat hierher Bericht erstattet und in dem Berichte hervorgehoben, daß die konservatibe Majorität der Legis⸗ lative von Loussiang in vollständig gesetzlicher Weise gewaͤhlt worden sei. In Boston haben Meetings stattgefunden, in denen das Verhalten der Bundesorgane bei den Vorgängen in New⸗Orleans gemißbilligt wurde.

Asien. (W. T. B.) Nach einem Telegramme des englischen Konsuls in Bangkok ist es zwischen dem ersten und zweiten König von Siam zu einem Konflikt gekommen und der letzte hat sich in die Wohnung des englischen Konsuls ge⸗ fluͤchtet. Zur Wahrnehmung der Interessen britischer Unter⸗ thanen ist, wie aus London, 16. Januar, gemeldet wird, das Kanonenboot „Thistle“ nach Bangkok geschickt worden.

Vereinswesen.

Der siebente „Bericht über die Wirksamkeit der Viktoria— National-Invaliden-Stiftung', welcher sich auf den Zeit⸗ raum vom 3. August 1873 bis dahin 1874 bezieht, konstatirt, daß die Zahl der gewährten laufenden Unterstützungen abermals gegen zas Porjahr eine Erhöhung hat erfahren muͤssen. Ebenso hat eine Erhöhung der Beträge der laufenden Unterstützungen stattgefunden, theils wegen der allgemeinen Preissteigerung, theils weil bei den Hinterbliebenen gefallener Krieger wegen zunehmenden Alters und steigender Ge⸗ brechlichkeit höhere Beträge bewilligt werden mußten. Trotzdem hat in diesem Jahre eine geringere Kapitalverminderung als im Vor— ihre erreicht werden können, da Legate und sonstige Zuwendungen im Betrage von über 11,700 Thlrn. extraordinär vereinnahmt werden

konnten. Aber eine abermalige Verringerung des nunmehr nur noch 868,84 Thlr. 1 Sgr. betragenden Kapitalsvermögeng der Stiftung!

inter⸗ entral⸗

ist nicht zu vermeiden gewesen. Die den Invaliden und bliehenen fortlaufend gewährten Unterstützungen haben beim verein durchschnittlich 496 Thlr., die einmaligen Unterstũtzungen durchschnittlich 256 Thlr., bei den Zweigvereinen dagegen 21 und resp. 25 Thlr. betragen. Im Ganzen sind in dem in Rede stehenden Zahre 106,146 Thlr. 24 Sgr. verwendet worden. Der Centralperein hat seit seiner Gründung einschließlich der Subventionen, welche Zweigvereinen g-⸗währt werden mußten, 4753, 176 Thlr. 3 Sgr. 8 Pf. verwendet. Der Bericht jpricht die Hoffnung aus, daß die Auflösung und der Uebertritt von Zweigvereinen zur Kaiser⸗Wilhelm⸗Stifiun nunmehr als abgeschlossen angesehen werden kann, und daß Fie . vorhandenen Zweigvereine mit der Centralverwaltung gemeinschaftlich ihre Thätigkeit, wenn nicht ausschließlich, so doch in erster Linie der Fürsorge für die Invaliden und Hinterbliebenen aus dem Feldzuge von 1866 widmen, und daß, wenn nicht befondere Umstände eine un⸗ verhältnißmäßige Steigerung der Ausgaben der Centralverwaltung herbeiführen sollten, die der letzteren zu Gebote stehenden Mittel aus⸗ reichen werden, um den Anforderungen zu entsprechen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Geh. Qber⸗Medizinal⸗Rath, Professor Dr. Jüngken, feierte gestern sein 50jähriges Profeffor⸗Fubiläum.

Die Universität Tübingen wird am 27. d. M. den 190jährigen Geburtstag des Philosophen Schelling durch eine Ge⸗ dächtnißrede feiern, welche Professor Reiff halten wird. Auch in dem Städtchen Leonberg, drei Stunden von Stuttgart, dem Geburtsorte Schellings, wird eine kleine Gedächtnißfeier vorbereitet

Der in Kopenhagen 1818 geborene Marinemaler Anton Melbye ist kürzlich in Paris gestorben.

An. mehreren Stellen in Norwegen hat man am 10. d. M. Erdbeben gespürt. Morgens um 9 Uhr 20 Minuten fühlte man die Erschütterung in Nordby,6 Annex und Aas und gleichzeitig in Christiania und Romerike. Die Bewegung war so stark, daß einige Häuser ins Schwanken geriethen.

Gewerbe und Handel.

Berlin, 16. Januar. Im „Amtsblatt“ wird folgende, Neu⸗

bauten an unfertigen Straßen betreffende Bekannt— machung veröffentlicht: . Die bisherige Duldung des Erbauens von Häusern an unregu⸗ lirten, ungepflasterten, jeder ordentlichen Entwässerung entbehrenden, jaz meist nicht einmal durchweg freigelegten Straßenstrecken hat so erhebliche Nachtheile im gesundheits⸗ und feuerpolizeilichen Interesse zur Folge gehabt, und gleichzeitig durch die nur sehr selten im Voraus genau zu bestimmende Höhenlage der Schwellen“ so wesentlich zur Verunstaltung der Haupt- und Residenzstadt beigetragen, daß das unterzeichnete Polizei⸗Präsidium nach Berathung und im Einverständ⸗ nisse mit dem unterzeichneten Magistrate zu dem wohlerwogenen, in den Gesetzen begründeten Entschlusse gelangt ist, in Zukunft und speziell vom 1. April 1875 ab derartige Bauten nicht ferner zu gestatten.

Zur Befriedigung der berechtigten Baulust wird der unterzeich⸗ nete Magistrat fortfahren, geeignete freigelegte Straßenstrecken im Voraus zu pflastern und mit Entwässerungs anlagen zu versehen, außerdem aber durch einen alljährlich zu erlassenden öffentlichen Auf⸗ ruf einzelne ganz oder theilweise im Privatbesitze befindliche Straßen zu bezeichnen, welche, für den Fall der unentgeltlichen Hergabe des Straßenlandes, im Laufe des nächstfolgenden Jahres gepflastert und entwässert werden sollen.

Die unterzeichneten Behörden geben sich der zuversichtlichen Er⸗ wartung hin, daß diese aus Gründen der öffentlichen Wohlfahrt ge⸗ troffenen Maßnahmen bei der Einwohnerschaft, und ins besondere bei dem grundbesitzenden Theile derfelben richtige Würdigung und kräftige Unterstützung finden werden.

Der Aufruf für das Jahr 1875 wird noch besonders bekannt gemacht werden.

Berlin, den 24. Dezember 1874.

Königliches Magistrat hiesiger Kaiserlicher Polizei ⸗Präsidium. Haupt⸗ und Residenzstadt.

Auf dem Gartenplatz werden vom 3. Februar d. J. ab an, jedem Mittwoch und Sonnabend, mit Ausnahme der Fest⸗ und Feiertage, Wochenmärkte abgehalten werden. = Nach einer Bekanntmachung der Sach verständigen ⸗Kommission der Berliner Fondsbörse findet die Usance, daß der laufende Di⸗ videnden schein durch einen anderen, nicht die Nummer des betre ffen⸗ den Effekts tragenden Dividendenschein ersetzt werden darf, auch auf diejenigen Effekten Anwendung, deren Ausfteller in Konkurs oder Li? Juidation treten. Bei diesen ist als laufender Dividendenschein der⸗ jenige zu betrachten, welcher am Tage der Einleitung des Konkurses oder der Liquidation der zunächst fällige ist.

In der am 9. Januar unter dem Vorsitze des Hrn. Dr. Max Weigert in dem Hotel zum Norddeutschen Hofe abgehaltenen Sitzung der Volkswirthschaftlichen Gesellschaft hielt Hr. Dr. Alex. Meyer einen Vortrag über die Ereigniffe des Jahres 1874, dem wir Folgendes entnehmen:

. Für das abgelaufene Jahr seien auf volkswirthschaft⸗ lichem Gebiete nur wenige Ereignisse zu verzeichnen und 8s theile in dieser Beziehung denselben Charakter, welchen ihm der Reichskanzler in politischer Beziehung vindizirt habe. Auf dem Gebiete der Gesetzgebung habe das Jahr 1874 mit Anläufen zu drei großen Gesetzen begonnen, die bestimmt zu sein schienen, tief einzu⸗ greifen: das Aktiengesetz, die Gewerbenovelle und das Eisenbahngesetz. Das Akiiengesetz habe man schnell fallen lassen, indem die Ueber⸗ zeugung Oberhand zu gewinnen schien, es liege eine Gefahr nicht vor, daß in der nächsten Zeit mit Gründungen vorgegangen werden würde, obgleich man sich im Allgemeinen der Erkenntniß nicht ver⸗ schlossen habe, daß auf diesem Gebiete etwas geschehen müsse. Ganz anders verhielt es sich mit der Novelle zum Gewerbegesetz. Hier, lag in der That ein dringendes Bedürfniß zur Abhülfe vor, aber man hat sich über die Art und Weise, wie diesem Bedürfniß abgeholfen werden könne, nicht zu verständigen vermocht. In der im Monat März von Delegirten des Handwerkerstandes hier abgehaltenen größeren Ver⸗ sammlung habe es sich ebenfalls um die Novelle zum Gewerbegesetz gehandelt, welche damals den Reichstag beschäftigte. Zu den beiden Punkten, betreffend die Einrichtung von Gewerbegerichten und die Bestrafung des Kontraktbruches, wurde noch ein dritter Punkt in Betrachtung gezogen, nämlich die Einführung oon Legitimations papieren für den Arbeiterstand, und in neuester Zeit ist 6 Entwurf in Hamburg erschienen, welcher das Lehrlingswesen ordnen will. Im Reichstage handelte es sich nur um die Einführung der Gewerbe— gerichte und die Strafe des Kontraktbruches. Die Einführung von Gewerbegerichten wurde für wünschenswerth gehalten, aber uber die Art und Weise der Organisation gingen die Ansichten so weit auß— einander, daß schließlich der ganze Entwurf liegen blieb, womit die⸗ jenigen am meisten zufrieden waren, die eine Aenderung für wün⸗ . gehalten hatten. aber die Vorschläge nicht für ausreichend erachteten. Auch über die Frage des Kontraktbruches, die in jeder po⸗ litischen Partei ihre Anhänger hat, konnte man zu keinem reinen Aus⸗ druf der Ueherzeugung gelangen. Das dritte große Gesetz, welches Seitens der Regierung in Angriff genommen wurde, war dat Eisen⸗ bahngesetz. Von Verwaltungsmaßregeln seien zu erwähnen die weitere Durchführung der Münzreform und die Erhöhung der Eisenbahntarife. Für Handel, Industrie, Verkehr war das Jahr 1874 ein außerordent liches stilles. Zu Anfang des Jahres gab man sich an der Börse der Ansicht hin, die Kalamität wäre vollständig überwunden, und man könne sich einer frischen, fröhlichen Hausse . und nun habe man die Erfahrung gemacht, daß die Boͤrse dem Publikum gegenüber vollständig aus einem Isolirstuhl sitze, daß anscheinend jede Verbindung zwischen dem Kapital besitzenden resp. besessen habenden ö und der Coulisse gänzlich zerschnitten sei, ünd daß die

örse es machen könne wie sie wolle, sie werde für die nächste Zeit as Publikum zu ihren Operationen nicht, wieder heranzieden. Wie sehr die Leistungsfähigkeit unserer Industrie gelitten habe, gehe