1875 / 18 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute zunächst nach den Vorträgen der Hofmarschälle den Prinzen Wilhelm von Württemberg Köaigliche Hoheit, welcher Sich nach Seinen Beförderung zum Oberst Lieutenant als Commandeur des Gar de⸗Husaren Regiments meldete, und gleichzeitig den zum Haumtmann beförderten Erb⸗ prinzen von Sachsen⸗Meiningen, aggregirt dem Garde-⸗-Füsilier⸗ Regiment. Sodann wurden die mälitärischen Meldungen im Beisein des Gouverneurs und des Kommandanten der Stadt um 11 Uhr angenommen. Um 1141 Uhr hatten der Kriegs⸗Minister und der General von Albedyll Vortrag.

Se. Kaiserliche nnd Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern un 113 Uhr Vormittags militärische Meldungen entgegen.

Wir werden darauf aufmerksam gemacht, daß es, bei der großen Menge amtlicher Schreiben und Eingaben, welche an Se. Durchlaucht den Fürsten von Bismarck täglich ge⸗ richtet werden, zur Sicherstellung und Beschleunigung des Ge⸗ schäftsganges wesentlich beitragen würde, wenn auch auf der Wußenseite des Briefumschlags die Behörde bezeichnet wird, in deren Ressork die Sache einschlägt. t

Zu diesem Béhufe empfiehlt es sich, unter die Adresse des Herrn Reichskanzlers, je nach Beschaffenheit des Falles, links unten die Worte zu setzen: „Reichskanzler⸗Amt“, „Aus⸗ wärtiges Amt“, „Königlich preußisches Staats⸗ Ministerium“ u. s. w.

Der Artikel 16 des Friedensvertrages vom 10. Mai 1871 verpflichtet die Regierungen Deutschlands und Frankreichs, Die Gräber der auf ihren Gebieten beerdigten Soldaten respektiren und unterhalten zu lassen. Zur Ausführung dieser Vertragsbestimmung ist in Frankreich unterm 4. April 1873 ein besonderes Gesetz erlassen worden. Für Elsaß⸗Lothringen sind die Vorbedingungen für die dauernde Unterhaltung der gedach⸗ ten Gräber durch das Gesetz, betreffend die Krieger⸗Grabstätten in Elsaß⸗Lethringen, vom 2. Februar 1872 sicher gestellt.

Für die übrigen Theile des Bundesgebiets hat das Reich s⸗ kanzler⸗Amt im Wege des Schriftwechsels mit den betheilig⸗ ten Regierungen eine Verständigung über die gleichmäßige Regelung der Angelegenheit auf folgender Grundlage herbei⸗ geführt:

ö. ö Außerhalb der ordentlichen Friedhöfe belegene Massen⸗ gräber und für franzöfische Krieger angelegte Begräbnißplätze werden dauernd erhalten.

2) Auf den ordentlichen Gottesäckern belegene Grabstätten von besonderer Bedeutung, namentlich solche, welche mit Denk⸗ mälern geziert sind, werden erhalten, so lange der Friedhof als solcher im Gebrauch ist.

Anderen Gräbern wird ein Ruherecht von eben der Dauer zugestanden, welche für die Grabstätten des betreffenden Kirch⸗ hofes allgemein vorgeschrieben oder üblich ist.

Nach Ablauf der Exhumationsfrist werden die Ueberreste in Massengräber vereinigt, für welche dauerndes Ruherecht zu sichern ist.

3) Die Unterhaltung erstreckt sich auf die Erhaltung der Erkennbarkeit der Grabftätte als solcher, im Besondern auch auf die Konservirung der etwa vorhandenen Einfriedigungen, Denk— mäler, Zugangswege 2c.

4) Die Ausführung der Bestimmungen des Artikels 16 des Friedensvertrages liegt den einzelnen Bundesregierungen für den Umfang ihres Gebietes ob, soweit es sich nicht um Grabstätten auf reichsfiskalischem Terrain handelt.

Hiernach ist die Ausführung der gedachten Vertragsbestim⸗ mung für den ganzen Umfang des Bundesgebiets gesichert.

Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstages setzte derselbe die Debatte über die Petitionen, betreffend die Eisenbahn⸗Tarifreform fort; an derselben betheiligten sich die Abgg. Dr. Schröder (Friedberg), Freiherr v. Minnigerode, Dr. Lasker, Dr. Stenglein, Kisker und der Bundesrathbevollmächtigte, Präsident des Reichs⸗Eisenbahn⸗ Amtes Maybach (s. unter Reichstags ⸗Angelegenheiten). Schließ⸗ lich wurde der Antrag des Abg. von Benda mit dem Zusatz des Abg. v. Saucken⸗Tarputschen angenommen:

Die Petitionen dem Reichskanzler mit der Aufforderung zu über— weisen, die Eisenbahntariffrage einer erneuten und eingthenden Enquste durch eine zu diesem Zwecke zu berufende Kommission zu unterwerfen und von dem Ergebnisse derselben dem Reich s⸗ ö bei seinem nächsten Zusammentritt Mittheilung zu mach en.

Nachdem der Antrag Schulze auf Abänderung des Art. 32 der Verfassung (Zahlung von Diäten und Reisekosten an die Reichstagsmitglieder) in dritter Berathung ohne Debatte an— genommen worden, ging das Haus über zu dem Antrage der Abgg. v. Taczanowski und Genossen:

die preußische Regierung aufzufordern, daß die dem ehemali— gen polnischen Landestheilen Seitens des preußischen Staates und dessen Monarchen gesetzlich und thatsächlich zuerkannten, und auf

Grund internationaler Verträge zuftehenden Rechte hinsichtlich der

Nationalität, ins besondere der Sprache, aufrecht erhalten und die

denselben widersprechenden Erlasse aufgehoben werden.

Der Antragsteller motivirte seinen Antrag und der Abg. won Unruhe⸗Bomst sprach für, der Abg. von Niegolewski ge⸗ gen die vom Abg. Lucius (Erfurt) beantragte Tagesordnung. Dieselbe wurde abgelehnt, und erhielt in der weiteren Diskussion der Abg. ven Puttkamer⸗Sorau das Wort, der sich entschieden gegen den Antrag erklärte. Darauf wurde die Diskussion ge⸗ schloffen, und nach einigen Bemerkungen des Mitantragstellers von Riegolemski der Antrag selbst mit sehr großer Majorität abgelehnt. Schluß 56 Uhr.

In der heutigen (49.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tags, welcher die Bundes bevollmächtigten Prästhent des Reichs⸗ kanzler⸗Amts Staats⸗Minister Dr. Delbrück, Friegs⸗Minister v. Kameke, der General⸗Major v. Voigts⸗Rhetz und der Bundes⸗ kommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Pr. v. Moeller bei⸗ wohnten, beschäftigte sich das Haus zunächst mit der Prüfung der Wahl im 3. Oppelner Wahlkreise (Groß⸗Strehlitz⸗Cosel), in welchem Herzog von Ujest als Reichstagsabgeordneter prokla⸗ mirt worden ist. Die II. Abtheilung umterbreitete dem Hause folgenden Antrag:

1) Die Wahl des Herzogs von Ujest im III. Oppelner Wahlkreis zu beanstanden. 2 Den Herrn Reichskanzler zu erfuchen: a. die von der Abtheilung vorgeschlagenen Erhebungen anzrtordnen und das Ergebniß derselben dem Reichstag mitzuthelen; b. zu veranlaffen, daß das Verfahren des Königlichen Landraths Himnzel, welcher in unzuständiger Weise Stimmen für ungültig erklärte, entsprechend gerügt werde.

Dagegen beantragte Abg. Parisius:

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J

A. Den Reichskanzler aufzufordern, die nöthigen Schritte zur soforligen Proklamirung des Fürsten Ferdinand Radziwill zu Ber⸗ lin als erwählten Deputirten des dritter, Wahlkreises des Regie⸗ rungsbezirks Oppeln zu thun. .

B. Die Akten dem Reichskanzler zu überweisen mit der Auf⸗ forderung: .

1) dem Wahlkommissar, Landrath Himmel zu Cosel, wegen seines gesetzwidrigen Verhaltens bei Aufstellung des Wahlergeb⸗ nisses eine Rüge zu ertheilen;

2) eine gerichtliche Prüfung der in den Akten erörterten Fälle von Drohung und Bestechung, eventuell Einleitung eines Straf⸗ verfahrens zu veranlassen.“

Die Abgg. Dr. Lingens und Genossen beantragten:

.J. Die Wahl des Herrn Herzogs von Ujest für ungültig zu er⸗ klären und den Herrn Reichskanzler aufzufordern, schleunig eine Neuwahl zu veranstalten; . ;

II. dem Herrn Reichskanzler die Wahlakten zu überweisen mit der Aufforderung:

zu veranlassen, daß ;

a. dem Landrath Himmel zu CFosel eine Rüge ertheilt werde wegen seines Verhaltens bei Aufstellung des Wahlergebnisses,

b. eine gerichtliche Prüfung der in den Akten, sowie im Nach⸗ trage des Berichts erörterten, insbesondere der von der Abtheilung für erheblich erachteten Fälle von Drohung und Bestechung, even⸗ tuell strafrechtliche Verfolgung herbeigeführt werde.“ .

Der Abg. Dr. Banks amendirte die beiden letzteren Anträge dahin: ö den Wahlkommissar Landrath Himmel zu Cosel wegen Herbeiführung eines unrichtigen Ergebnisses der Wahlakten die Ein—⸗ leitung eines Strafverfahrens zu veranlassen.

Nachdem die Antragsteller für ihre Anträge, die Abgg. Graf Bethusy⸗Hue und Dr. Gneift, sowie der Berichterstatter der II. Abtheilung Abg. Baer (Offenbach) für den Antrag der Abtheilung, die Abgg. Dr. Lasker und Dr. Reichensperger (Crefeld) für den Antrag des Abg. Dr. Lingens eingetreten waren, wurde bei Schluß des Blatts der Antrag der Abtheilung mit 159 gegen 141 Stimmen verworfen, die Wahl des Herzogs von Ujest mit sehr großer Majorität für ungültig erklärt, der Antrag des Abg. Dr. Lingens in allen seinen Theilen angenom— men, und die Anträge der Abgg. Dr. Banks und Parisius ab⸗ gelehnt.

Der Minister des Innern hat sich in einem Spezial— erlaß vom 12. v. M. u. J. damit einverstanden erklärt, daß es nach der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 zulässig ist, die Lasten der Armenpflege und des Wegebaues von den Gemeinden auf die Amtsbezirke zu übertragen und die hierzu erforderlichen Abgaben nach dem für die Kreissteuern geltenden Maßstabe zu vertheilen. Die Ueberweisung dieser Kommunal—⸗ angelegenheiten setzt indeß, ebenso wie die Feststellung der Auf— bringungsweise, den übereinstimmenden Beschluß der zu einem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke voraus (§. 53 Abs. 1 u. 2 a. a. O.), auch erscheint für die Bildung eines Gesammt⸗Armenverbandes in Gemäßheit des S§. 12 des Gesetzes vom 8. März 1871 zur Ausführung des Bundes⸗ gesetzes über den Unterstützungswohnsitz, die Aufstellung eines von der Bezirksregierung zu bestätigenden Statuts als erforderlich.

Daß der für die Kreisabgaben festgestellte Maßstab bei der Aufbringung der kommunalen Kosten des Amtsbezirks zur Anwendung gelangen darf, ergiebt sich aus dem Absatze 5 des §. 70 der Kreisordnung, welcher diesen Maßstab als subsidiären Repartitionsmodus für die Kosten der Amtsverwaltung vorschreibt.

In einem Cirkularerlaß vom 13. November v. J. hat sich der Minister des Innern damit einverstanden erklärt, daß bei Regulirung der neuen Arbeitstarife für die Strafan⸗ stalten die in der Cirkularverfügung vom 10. Dezember 1872 unter Nr. 6 ad d. gedachte Prämie für Lehrlinge ꝛc., welche 3 Pfennige pro Tag nicht überschreiten soll, von diesem Jahre ab auf drei (statt eigentlich 24) Pfennige Reichsmünze in maximo festgesetzt werden darf. Dagegen hat statt des unter Nr. 6 zu f., Alinea 3, der gedachten Cirkularverfügung genann⸗ ten Betrages für Zusatznahrungsmittel von 6 Pfennigen, künftig der Betrag von 5 Pfennigen Reichsmünze zu gelten.

Obwohl die Preußischen Staats-Eisenbahnen mit sehr erheblichen Bestellungen an Betriebsmitteln, sowie an Bau⸗ und Betriebsmaterial vorgegangen sind, begegnet man in einzelnen öffentlichen Blättern wiederholt der Bemerkung, daß die Staats⸗Eisenbahn-Verwaltung der Industrie in ihrer Noth⸗ lage mit Bestellungen nicht zu Hülfe komme. So reproduzirt die Schlesische Zeitung in ihrer Nr. 23 vom 15. d. M. einen Artikel der „D. A. C.“, nach welchem der Handels-Minister aus sozialpolitischen Gründen mit Aufträgen für die heimische Groß⸗ industrie zurückhalten soll, um dadurch zunächst die Lohn⸗ reduktion zu befördern. Wie durchaus unbegründet derartige Behauptungen sind, beweisen die mehrfach veröffentlichten Zahlen⸗Angaben. Danach sind Seitens der Preußischen Eisenbahn⸗Verwaltungen pro 1874 in Bestellung gegeben: 1066 Lokomotiven, 1446 Personenwagen und 15,044 Güterwagen, im Gesammtwerthe von rund 42 Mil⸗ lionen Thalern, ferner 3085 Millionen Kilogr. Schienen, Klein⸗ eisenzeug für den Oberbau und eiserne Brücken⸗Ueberbauten im Gesammtwerthe von 331“ Millionen Thalern, so daß den be⸗ treffenden Gebieten der Industrie im Jahre 1874 von den Eisen⸗ bahnverwaltungen 751 Millionen Thaler zugewendet worden sind. Es ist dies eine Summe, wie sie vordem bei den Be⸗ stellungen dieser Art für ein einziges Jahr noch nicht vorge— kommen ist und schwerlich so bald wieder erreicht werden wird Die Länge der in Preußen belegenen Eisenbahnen beträgt nach der Zeitschrift des Königlichen statistischen Bureaus pro 1874 Heft II. und III. insgesammt 16,503 Kilometer. Während hier⸗ von 6867 Kilometer, also etwa nur ?” / preußische Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Privatbahnen sind, ist die preußische Staatsbahnverwaltung an der obigen Summe mit zwei Dritteln betheiligt. Aehnlich verhält es sich mit den Bestellungen für das Jahr 1875, die sich jetzt bereits auf 540 Lokomotiven, 496 Personen⸗ wagen und 5265 Güterwagen im Werthe von 491/ Millionen Mark, sowie auf 116 Millionen Kilogr. Schienen 2c. im Werthe von a Millionen Mark, zusammen 813 Millionen Mark be⸗ aufen.

Die stille Messe, welche ein Geistlicher in einer Kirche liest, ist nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 15. Dezember 1874 nicht als geistliche Amtshandlung aufzufassen, wenn aus den thatsächlichen Umständen her⸗ vorgeht, daß diese Messe nur in Erfüllung der allgemei⸗ nen Priesterpflicht und nicht in Ausübung eines geistlichen Amtes gelesen worden. ,

Personen, welche sich aus ihrem bisherigen Wohn⸗ orte begeben behufs Uebernahme eines ihnen übertragenen provisorischen Amtes in einem anderen Orte, ohne jedoch

damit den bis herigen Wohnsitz aufzugeben, erwerben nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 15. Dezember 1874 in dem Orte ihrer provisorischen Amts⸗ thätigkeit keinen Wohnsitz. Denn der Grundsatz des 5. 11 Tit. 2 der Allgem. Ger⸗-Ordnung nach welchem für einen Beamten in dem Orte seiner Amtsthätigkeit ein domicilium necessarium (nothwendiger Wohnsitz ) begründet ist ist der Natur der Sache nach nur anwendbar auf Personen, welche ein Amt definitiv übernehmen, weil nur von ihnen gesagt werden kann, daß das übernommene Amt ihre beständige Gegenwart in dem Orte der Anstellung erfordert. Handelt es sich dagegen um ein provisorisches, vorübergehendes Amt, so kann von Begründung eines domicilium necessarium nicht die Rede sein, vielmehr ist in Gemäßheit der allgemeinen Grundsätze der 5§. 9 und 10, Tit. 2 A. G. O. und des 5§. 25 der Einleitung zum A. L. R. nach den Umständen des einzelnen Falles zu prüfen, ob in der Uebernahme eines derartigen Amtes das Aufschlagen eines be⸗ ständigen Wohnsitzes zu befinden sei, und kommt es dabei ins⸗ besondere auch auf die Absicht des Betreffenden an.

Der General⸗Feldmarschall von Steinmetz hat fich nach Görlitz zurückbegeben. Der General⸗Major von Wulffen, Commandeur der 10. Infanterie⸗Brigade, ist von Frankfurt a. / O., der General⸗Major von Schmeling, Commandeur der 24. In⸗ fanterie⸗Brigade, mit kurzem Urlaub von Neisse hier eingetroffen.

In der am Montag stattgehabten ersten Sitzung der Geschäftsordnungs-Kommission der Stadtverordne⸗ ten-Versammlung, in welcher der Stadtverordneten⸗Vor⸗ steher Dr. Straßmann den Vorsitz führte, wurde zunächst eine generelle Debatte über die bisherige Geschäftsordnung, die Vor⸗ schläge der früheren Deputation und den Antrag des Stadtver⸗ ordneten Richter II. eröffnet. stachdem ein Antrag auf Zu⸗ ziehung von Stenographen zu den Sitzungen der Deputation abgelehnt worden war, wurde beschlossen, daß die Vorlagen stets sofort nach ihrem Eingange in der Stadtverordneten⸗Versamm⸗ lung zur Berathung zu bringen sind, so daß die vorberathende Geldbewilligungs⸗Deputution fortfällt. Ferner wurde beschlossen, daß auch für die erste Berathung aller Vorlagen ein Referent nicht bestellt werden soll. Damit war entschieden, daß der

Richtersche Entwurf der Geschäftsordnung im Prinzip anzu⸗ nehmen sei. In der gestern Abend stattgefundenen zweiten Sitzung ist die Betheiligung des Magistrats an den Sitzungen der De⸗ putationen der Versammlung eingehend erörtert worden.

Gumbinnen, 20. Januar. (W. T. B.) Von Seiten der Einwohnerschaft des Kreises Lyck ist eine Petition an den Ober ⸗Präfidenten in Königsberg gerichtet, in welcher der— selbe ersucht wird, behufs Absperrung des Kreises gegen die Rinderpest ein Militär-⸗Kommando zu gewähren. Der hiesige Ober⸗Regierungs⸗Rath Braun hat sich gestern in Beglei⸗ tung des Regierungs⸗Medizinal⸗-Raths und des Departements Thierarztes in den Kreis Lyck begeben. Für letzteren, sowie für die Kreise Oletzko, Loetzen und Johannisburg sind bereits die erforderlichen Maßregeln von der Regierung verfügt. Der Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten hat den Departements⸗Thierarzt Pauli aus Berlin mit Instruktionen nach dem Kreise Lyck abgesandt.

Bayern. München, 17. Januar. Mit Bezug auf die beabsichtigte Einführung der Markrechnung vom 1. Januar 1876 an hat die Königliche Staatsregierung die Notariats⸗ kammern aufgefordert, sich über die Umrechnung der Taxen und der Stempelgefälle in die Reichsrechnung alsbald gutachtlich zu äußern.

In der gestern abgehaltenen Sitzung des Verwaltungs⸗ raths der Bayerischen Ostbahnen gelangte, auf erfolgte Berichterstattung der betreffenden Kommission, das Kaufsoffert der Staatsregierung zur Berathung. Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, wurde diesem Offert in mehreren Punkten nicht bei⸗ getreten, es wurden vielmehr Gegenvorschläge beschlossen, doch wären die zwischen dem Kaufs⸗ und dem Verkaufsangebote be⸗ stehenden Differenzen nicht sehr wesentlicher Natur.

18. Januar. Der italienische Gesandte, Graf v. Greppi, wird aus Rom, wo derselbe in jüngster Zeit verweilte, nächsten Donnerstag wieder hier eintreffen. Der bisherige erste Legations⸗ Sekretär der italienischen Gesandtschaft hier ist abberufen, und kommt Graf Alexander Zannini, bisher bei der Gesandtschaft in Washington, an dessen Stelle.

Hinsichtlich der Uebungen des Beurlaubten⸗ standes pro 1875 wird durch ein Kriegs⸗-Ministerial⸗ reskript im Allgemeinen Folgendes bestimmt:

Offiziere und Offiziers⸗Aspiranten des Beurlaubtenstandes dürfen Behufs Darlegung ihrer Qualifikation zur Beförderung einberufen werden. Reserve⸗Mannschaften sind nach Maßgabe derjenigen Man⸗ quements, welche durch zur Disposition beurlaubte Mannschaften nicht gedeckt werden können, im Uebrigen unter Festhaltung der in der Landwehrordnung vorgeschriebenen Fristen einzuziehen. Land⸗ wehrübungen sinden nicht statt. Uebungs⸗Etats für Offiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes werden pro 1875 nur für die Artillerie Regimenter und die Pionier ⸗Ba⸗ taillone ausgegeben werden. Im Speziellen wird bestimmt: Reserve⸗Offiziere der Infanterie und Jäger, welche im neuen Exerzier⸗ Reglement noch nicht ausgebildet sind, können bis zu 2 per Bataillon auf je 8 Wochen eingezogen werden. Ebenso können bei der Kavallerie je 2 Reserve⸗Offiziere per Regiment gleichfalls auf 8 Wochen einge⸗ zogen werden. Zu den diesjährigen Haupt⸗ und Schießübungen der Artillerie sind aus dem Stande der Reserve auf die Dauer von je 8 Wochen einzuziehen: per Feld⸗Batterie bis zu 2 Offiziere, 3 Unter⸗ offiziere, 15 Gefreite und Kanoniere, per reitende Batterie 1 Offizier, 4 Unteroffiziere, per Fuß ⸗Artillerie⸗Bataillon 2 Offiziere, 12 Unter⸗ offiziere, 160 Gefreite und Kanoniere. Weiter sind auf die Dauer von 4 Wochen einzuberufen: per reitende Batterie 15 Gefreite und der Reserve. Nach den Hauptübungen und vor Einrücken der Rekruten sind auf 14 Tage zum Fahrunterricht einzuziehen: per Feld⸗ und reitende Batterie je 12 zum Train versetzte Kavallerie Reservisten. Bei jedem Pionier Bataillon sind aus der Reserve einzuziehen: auf 42 Tage bis zu 3 Offiziere, auf 35 Tage 25 Unteroffiziere und auf 28 Tage 250 Gefreite und Gemeine; dann zu jedem Train-Bataillon behufs Ausbildung im Train«⸗ oder Feld⸗Sanitäts⸗Dienst aus der Zahl der Reserve⸗Offiziere, einschlüssig der dem Bataillon laut Kriegsrangliste zugewiesenen Reserve⸗Offiziere der Infanterie oder Kavallerie, bis zu 6 Lieutenants auf die Dauer von 6 Wochen.

Sachsen. Dresden, 20. Januar. Das „Dresd. Journ.“ theilt, andere Nachrichten sächsischer Blätter berichtigend, mit, daß im Herbst dieses Jahres der Landtag wieder zusammentrete und ihm das neue Budget vorgelegt werden müsse, und daß der erste von dem Finanz⸗Ministerium noch nicht festgestellte Entwurf der Instruktion für die Abschätzung zur Ein kommen⸗ steuer in diesem Augenblicke dem Landeskulturrathe und den Handelskammern zur Begutachtung vorliege. Dagegen sei die

Angabe unrichtig, daß beabsichtigt werde, die gegenwärtige Finanzperiode um ein halbes . auszudehnen und die Ein⸗

löommensteuer erst mit dem 1. Juli 1876 einzuführen, sowie daß

die Abschätzung für die letztere erst im Juli und Au : stattfinden solle. ö J ugust d. J

Baden. Karlsruhe, 19. Januar. Gestern, als am Tage der Kaisernroklamation, hatten das Rathhaus und andere öffentliche Hebäude, sowie die Wohnung des Generals von Werder, ihren Floggenschmuck angelegt. Der Heidelberger Militärverein hat am 16. die Feier der Belfort⸗Tage begangen.

Der Bischof Dr. Rein kens hat unterm 17. d. die der (Alt⸗) Katholikengemeinschaft in Säckingen überwiesenen beiden Kaplaneipfründen, welche unter dessen freier Verleihung stehen, zur Bewerbung ausgeschrieben. Die altkatholische Ge⸗ wieinde in Waldshut ist durch die Ueberweisung zweier Kaplanei⸗ Pfründen in der Lage, einen Geistlichen aus eigenen Mitteln be⸗ solden zu können. Als solcher ist bereits Pfarrer Reines dort eingetroffen.

Sessen. Darmstadt, 19. Januar. Die „Darmst. Ztg.“ berichtigt die Angabe der „Germania“ von der angeblichen Existenz eines Reskripts, welches „neuerdings“ an die Bürger— meister Rheinhessens zur Ueberwachung der Presse ergangen sein soll. Das Blatt schreibt: „Diese Nachricht der „Germania“ ist unbegründet und kann nur auf eine Verwechselung mit den be— reits im Juli vorigen Jahres Seitens der Großherzoglichen Re⸗ gierung hinsichtlich der Presse erlassenen Verfügungen beruhen. Damals sah sich die Großherzogliche Regierung, wie auch seiner Zeit in den öffentlichen Blättern mitgetheilt wurde, durch die immer zunehmende Heftigkeit der Sprache, mit welcher die ultra—Q montane und die sozial⸗demokratische Presse die Autorität der Staatsgewalt und der Gesetze bekämpften und den öffentlichen Frieden gefährdeten, zu der Weisung an die Justiz⸗ und Polizei⸗Behörden veranlaßt, auf die Presse ein wachsames Auge zu haben und in jedem Fall, in welchem ein Preßver— gehen vorliege, einzuschreiten, um die gerichtliche Bestrafung zu bewirken. Im Zusammenhang mit dieser allgemeinen Weifung wurde die Aufmerksamkeit der Behörden noch insbesondere auf die Schmähungen gelenkt, mit welchen ultramontane und sozial⸗ demokratische Blätter damals die Person und die Handlungen des Fürsten Reichskanzlers überhäuften, und es wurde hinzu— gefügt, daß, wenn es zur strafrechtlichen Verfolgung solcher Artikel eines Antrags bedürfe, die Akten dem Ministerkum vor— zulegen seien, um nach Lage der Sache das Weitere zu veran— lassen. Seit dieser Verfügung, welche nichts Anderes bezweckte, als dem ersten Beamten des Reichs den Schutz des Gesetzes zu Theil werden zu lassen, ist eine weitere allgemeine Anordnung in Bezug auf die Presse Seitens der Großherzoglichen Regierung nicht erlassen worden.“ .

Mainz, 18. Januar. An dem heutigen Tage, als dem 5. Jahrestag der Errichtung des deutschen Reiches fand bei dem Gouverneur v. Boyen ein glänzendes Festdiner statt, zu welchem die Spitzen der Behörden Einladungen erhalten hatten.

Oldenburg. Oldenburg, 20. Januar. Das Gesetz⸗ blatt veröffentlicht u. A. eine Ministerial⸗Bekanntmachung vom 30. Dezember 1874, betreffend die Konzession und das Statut für die Westersteder Eisenbahngesellschaft.

Der Bericht des Finanz-Departements über die Lage der Landes kasse des Großherzogthums Oldenburg im Jahre 1873, aus welchem die „Oldenb. Zeitung“ das wesent⸗ lichste mittheilte, läßt einen günstigen Abschluß der ganzen Finanzperiode 1873,75 erwarten. Die Matrikularbeiträͤge zum Reiche haben sich unter den diesseits ausgeworfenen Sum— men gehalten. Der für die Centralkasse einstweilen zinsbar be— legte Antheil des Großherzogthums an der französischen Kriegs— enischädigung beträgt bis jcht 1,264,326 Thlr., der demnächst eingehende Antheil des Großherzogthums an den 40 Millionen Reichskassenscheinen beträgt 305,000 Thlr., die Landesbank hat 1874 9000 Thlr. über den Voranschlag geliefert. Gleich günstige Prospekte kann die nächste Finanzperiobe allerdings nicht eröffnen. Die Grund⸗ und Gehäudesteuer wird von 1876 an um jährlich 20 000 Thlr. herabgesetzt und die anderen Grundgefälle mindern sich in Folge der Ablösungen. Der Gewinn aus der Landes— bank wird sich in Folge der bevorstehenden Bankgesetzgebung, der aus den Eisenbahnen durch die Eröffnung zunächst unren— tabler Strecken vielleicht bedeutend mindern, während die Ma—⸗ trikularbeiträge zu den Ausgaben des Reiches wahrscheinlich steigen werden. Es gewinnt dem gegenüber um so größere Bedeutung, daß die Konsolidation der Anleihen des Herzogthums bald glücklich durchgeführt ist und wesentlich zur finanziellen Kräftigung des Landes beitragen wird.

Sachsen⸗ Meiningen ⸗Hildburghausen. Meinin⸗ gen, 19. Januar. Die Herzogliche Regierung hat sich, dem Vorgange Weimars und Eoburg⸗Gothas folgend, zur Durch⸗ führung der Synodalverfassung entschlossen. Dem Ver⸗ nehmen des „Dr. J.“ nach wird, da die Vorarbeiten längst in Angriff genommen sind, auf den 1. März d. J. die Vorsynode einberufen werden.

Gesterreich⸗ngarn. Wien, 20. Januar. In der heutigen Sitzung des Ab geordnetenhauses wurde eine Zu— schrift mehrerer ezechischer Abgeordneter Böhmens verlesen, in welcher dieselben erklären, sie könnten der Aufforderung, im Reichsrathe zu erscheinen, nicht nachkommen. Sie moßiviren diese Ablehnung mit dem Hinweis auf die historischen Rechte Böhmens. Eine Zuschrift der Jungczechen Sladowsky, Gregr und Trojan macht das Erscheinen derfelben im Reichsrathe von der Entscheidung der Majorität der Mitglieder des Landtages abhängig. Das Haus erklärte, das Ausbleiben der ezechi⸗ schen Abgeordneten für ungerechtfertigt und lehnte den Antrag, betreffend die Ueberweifung der erstgenannten Zuschrift Aan einen Ausschuß ab. Im weiteren Verlaufe der Sitzung erklärten die Abgeordneten Graf Hohenwart und Genossen, sie würden sich an der Debatte über die Abänderung des Anhanges zur Wahlordnung für den Reichsrath in Bezug auf einige Be⸗ zirke der böhmischen Landgemeinden nicht betheiligen. Der dies⸗ bezügliche Gesetzentwurf wurde hierauf in dritter Lesung ange⸗ nommen. Ebenso wurde nach lebhafter Debatte trotz des Ein⸗ spruches des Justiz-⸗Ministers der Antrag der Minorsitdt des Ausschusfes, welcher die Aufhebung des Legalisirungszwanges fordert, in namentlicher Abstimmung mit 115 gegen 41 Stimmen aAigenommen.

Pest, 19. Januar. Im Abgeordnetenhause inter⸗ vellirte Madarasz die Regierung in der Bankfrage. Er sagte, die jüngste Interpellation von Moricz scheine nur deshalb ge—

llt worden zu sein, um gleichzeitig eine Motivirung vorbringen zu können und die Regierung zu einer Transaktion mit der osterreichischen Nationalbank aufzufordern. Dies widerspreche allen parlamentarischen Begriffen; die Unabhängigkeitspartei wünsche eine möglichst breite Basis für die Konkurrenz bei der

Errichlung einer fel ständigen Bank.

Vom Finanzausschusse sind vorgelegt: Der Bericht über die Steuerfreiheit der Neubauten und der Generalbericht über das Budget für 1875. Der Abgeordnete Bartha wird entgegen dem Antrage des Immunitätsausschusses nicht ausgeliefert, weil derselbe nicht vernommen wurde. Bei der Verhandlung über den Kommissionsbericht, betreffs der Schlußrechnungen für 1867 868, welcher die Zuweisung an das Ministerium beantragt, behufs Schlußabrechnung mit dem gemeinsamen und österreichi⸗ schen Ministerium bezüglich der gemeinsamen Aktiven, sprach Graf Lonyay. Derselbe sagte, die Regelung der gemeinfamen Aktiven sei im besten Gange und hoffentlich bald zu gewärtigen. Dieselbe bedinge jedoch heiderseitig die möglichste Nachgiebigkeit und billige Zugeständnisse. Die von der Kommission beantragte alternative Lösung durch ein Schiedsgericht oder ein Ueberein— kommen sei unpassend. Ein Schiedsgericht in dieser Angelegen⸗ heit wäre nicht am Platze. Die Analogie des im Ausgleichs⸗ gesetze vorgesehenen Schiedsgerichts bei der Quotenfeststellung könne hier nicht angewendet werden, weil die Schiedsrichter keiner der beiden Reichshälften angehören dürfen. Der betreffende Passus sei daher wegzulassen. Der Finanz⸗Minister Ghyezy acceptirte bereitwillig die Weisung bezüglich der Regelung der gemeinsamen Aktiven, die seit langer Zeit zu den Aufgaben der Regierung zähle. Lonyay's Modifikation wurde allseitig ange— nommen. Hierauf wurden die Schlußrechnungen für 1868 ebenfalls im Sinne der Kommissionsanträge erledigt. Bezüglich eines an Croatien ausgefolgten Mehrbetrages von 99, 260 Fl. wurde nach einem aufklärenden Vortrage Fröhlichs das Absolu⸗ torium ertheilt.

Niederlande. Haag, 16. Januar. Aus Batavia sind Postberichte bis zum 10. Dezember hier eingetroffen. Es erhält sich dort das Vertrauen, daß die letzten Widerstandsver⸗ suche, die in Atchin noch von der Kriegspartei gemacht werden, bald und vollständig gebrochen sein dürften. Im FTinklange mit dieser Anschauung ist die Zuversicht, mit welcher der Be⸗ fehlshaber der zweiten Expedition nach Atchin, General van Swieten, bei dem vor einigen Tagen ihm zu Ehren im Park— saale zu Amsterdam gegebenen Festbankette sich in seiner Dank⸗ rede äußerte. Er sagte: „Die Atchinesen sind des Krieges müde, und Niederlands Zähigkeit und Beharrlichkeit werden auf Sumatra, wie überall in Indien, triumphiren. Und der Welt⸗ handel wird bereits in diesem Jahre Früchte ernten von Nieder⸗ lands Krieg mit Atchin. Auf Pulu⸗Bras (der Reis⸗Insel) wird ein Leuchtthurm erbaut, welcher noch dieses Jahr angezündet werden und die Einfahrt in die Malakka⸗Straße sicherer machen wird. Diese an dem äußersten Ende von Sumatra lodernde Leuchte wird der Welt zeigen, daß Sumatra jetzt in den Hän⸗ den eines eivilisirten Staates ist, welcher alle Reiche der Welt ö ziehen läßt aus der Ausbreitung semes Gebietes im

riente.

Belgien. Brüssel, 20. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer wurde ein Antrag der Deputirten Coupreur und Thonissen, die Bildung eines internationalen Schiedsgerichtes betreffend, ange—⸗ nommen. Der Deputirte Berge interpellirte den Minister der auswärtigen Angelegenheiten darüber, weshalb die Regierung die diphomatische Vertretung beim päpstlichen Stuhle noch aufrecht erhalte, in welchen Beziehungen die belgische Re⸗ gierung zu der Regierung des Königs Alfons stehe und weshalb die Beziehungen zu der mexikanischen Regie⸗ rung noch nicht wieder aufgenommen seien. Auf den ersten Punkt der Interpellation erwiderte der Minister, da die Lage der Dinge dieselbe geblieben sei, habe auch die Regierung ihre Haltung dem päpstlichen Stuhle gegenüber nicht geändert. Was die Thronbesteigung des Königs Alfons betreffe, so befinde sich Belgien dieser Frage gegenüber auf demselben Standpunkte wie die übrigen Nationen und werde weder die erste noch die letzte sein, sobald es sich um die Anerkennung derselben handle. Bie Beziehungen zu Mexiko würden wieder aufgenommen werden, sobald die Differenzen, welche den Bruch herbeigeführt haben, wieder beigelegt wären.

Großbritannien und Irland. Manchester, 20. Ja⸗ nuar. (W. T. B.) Der „Manchester Guardian“ schreibt, daß Baron Reuter in seinem, bei der persischen Regierung wegen der von der letzteren dem russischen General Falkenhagen ertheiltn Eisenbahnkonzession' eingelegten Proteste nach⸗ drücklich auf seinen Rechten bestanden habe, und daß daher Graf Derby nicht weniger habe thun können, als den Protest offiziell zu unterstützen.

Frankreich. Paris, 18. Januar. Das „Journal officiel“ veröffentlicht die Ernennung des Abbé Cotton, bis- her Hauptpfarrers in Grenoble, zum Bischof von Valence an Stelle des Msgr. Gueullette, der sich in das Privatleben zurückzieht.

Der „Moniteur de la Meurthe et des Vosges“, das amt liche Organ für Französisch⸗Lothringen, veröffentlicht folgende Note: „Da die Gerüchte, daß im nächsten Frühjahre ein Krieg bevorstünde, von einer übelwollenden Presse ohne Rück— sicht auf widerholte Dementis noch immer in der Provinz ver— breitet werden, hat der Siegelbewahrer an die Staatsanwalt— schaften der Departements die Weisung erlassen, einen Jeden, der sich in Zukunft dieser beunruhigenden Ausstreuungen, welche für unsere auswärtigen Beziehungen die nachtheiligsten

Folgen haben können, schuldig machen sollte, vor den Gerichten zu verfolgen.“

Versailles, 20. Januar. (W. T. B.) National⸗ versammlung. In der heutigen Sitzung wurden die noch übrigen Artikel des Gesetzes über die Cadres der Armee durchberathen und darauf die zweite Lesung des Gesetzentwurfs beschlossen. Von einem Mitgliede der Rechten wurde der An⸗ trag eingebracht, die Diskussion über die konstitutionellen Gesetze am Freitag zu eröffnen. Die Nationalversammlung beschloß dagegen, dieselbe bereits auf die Tagesordnung der morgenden Sitzung zu stellen.

Spanien. Madrid, 21. Januar. (W. T. B.) Die in London und Paris bestehenden spanischen Finanz⸗ kommissionen sollen bei Gelegenheit der bevorstehenden Ein⸗ lösung der fälligen Coupons der spanischen auswärtigen Schuld anderweit organisirt werden. Nach hier eingegangenen Nach⸗ richten werden in den von den Carlisten besetzten Nordpro⸗ vinzen die jungen Leute bis zum Alter von 17 Jahren herab zum Kriegsdienst ausgehoben.

Die „Agence Havas“ meldet, 48 earlistische Offi⸗

ziere in Bayonne hätten sich für König Alfons erklärt. Dieselbe erfährt aus Santander vom 20. Abends, daß die vor Zarauz erschienenen spanischen Kriegsschiffe morgen mit der Beschießung von Zarauz beginnen würden.

Saragossa, 29. Januar. (W. T. B.) König Alfons

ist heute hier eingetroffen und von der Bevölkerung mit Wärme

empfangen worden. Derselbe begab sich sofort zu Pferde nach der Kirche Notre Dame del Pilares, wo er mit lebhaften Zu⸗ rufen begrüßt wurde. Nach dem Gottesdienste nahm der König im Palaste des Erzbischofs Wohnung.

San Sebastian, 19. Januar. (W. T. B.) Die spani—⸗ schen Dampfer „Ferrolano“. „Consuelo“ und „Gui⸗ puzcoano“ kreuzen in der Bai von Zarauz und erwarten den Kapitän der Brigg „Gust av“, um mit demselben die Ent⸗ schädigungsfrage in Ordnung zu bringen. Der „Nautilus“ liegt in Passages vor Anker. Die deutschen Marineoffiziere haben gestern an einem Diner bei dem General Loma theilgenommen und später einem Artillerie⸗Manöver beigewohnt.

Türkei. (Köln. Ztg. Aarifi Pascha hat das von sei⸗ nem Nachfolger im auswärtigen Amt, Sabfet Pascha, vorher innegehabte Amt des Unterrichts⸗Ministers übernommen. (W. T. B.) Dem Telegraphen⸗Correspondenzbüreau⸗“ in Wien geht aus Belgrad die Meldung zu, daß sich die Pforte nach einer am 21. Januar aus Kon stan tino pel eingetroffe⸗ nen Meldung zur Nachgiebigkeit in der Podgoritza⸗Angele⸗ genheit entschlossen habe, und daß der Minister der auswärti⸗ gen Angelegenheiten Saypfet Pascha geneigt sei, die Rathschläge der Vertreter der Großmächte anzunehmen. ö

Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. Ja⸗ nugr. (W. T. B.) Der „Moskauer Zeitung“ zufolge ist beim Kriegsministerium die Niedersetzung einer Kommission im Werke, welche die Vermehrung der Militär-Armen⸗ häuser berathen soll. Der Winter ist in diesem Jahre ausnehmend streng und anhaltend, der Thermometer zeigt heute 23 Grad unter Null (Réaumur).

Nr. 6 des „Amts- Blatts der Deutschen Reichs— Do st verwaltung“ hat folgenden Inhalt: General⸗Verfügungen vom 18. Januar 1875. Bezeichnung der Einschreibsendungen. Vom 17. Januar 1875. Stempelung der Briefe ꝛc̃. Vom 15. Januar 1875. Postverkehr mit Norwegen.

Vereinswesen.

Berlin. Der Verein von Fleisch⸗Konsumenten nimmt, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, an Mitgliederzahl stetig zu. Der Vergröße⸗ rung seiner Mitgliederzahl entsprechend, hat der Verein auch die Verkaufsstunden in seiner erster Verkaufestelle, Branden hurgstraße 5, vermehren müssen. Die Verkaufẽsstelle ist fortan täglich, außer den Sonn- und Festtagen von 8t— 12 Uhr Vormittags, sodann am Dienstag und Donnerstag von 5 —7 Uhr Nachmittags und am Sonnabend von 5 8 Uhr Abends ge'oͤffnet. Die billigeren Viehmarktpreise haben es dem Verein ermöglicht, auch seine Preise herabzusetzen. Derselbe verkauft jetz: Rindfleisch (Suppenfleischs für 5 Sgr. Dünnung für 45 Sgr., Kamm für 55 Sgr,, Fehlrippe für 6 Sgr., Oberschale und Schwanz stück für „Sgr., Rostbeaf für 66 Sgr., Schabefleisch für 8 Sgr, Kalbfleisch für 53 Sgr, Kalbskeule für 67 Sgr., Kalbsnierenbraten für 77 Sgr. Hammel -Kotelette für 65 Sgr., Hammelkeule fuͤr 6 Sgr. und Hammelfleisch für 5 Sgr. Die stärksten Umsätze von 145 resp. 2 und 242 Thlr. hatte der Verein an den bisherigen Verkaufs⸗ Sonnabenden. Dieses Wachsthum des Verkehrs in der ersten Ver⸗ kaufsstelle und die Nothwendigkeit, in Folge Kündigung ein neues Lokal zu suchen und einzurichten, hat die Thätigkeit des Comités so in Anspruch genommen, daß die Eröffnung der zweiten Verkaufs⸗ stelle noch nicht erfolgen konnte. Lokalvereine sind übrigens in größerer Zahl in der Bildung begriffen, die theils selbständige Wege zu gehen geneigt sind, theils sich dem Verein von Fleischkonfumenten anschließen wollen. Alles in Allem genommen, hat diese Bewegung der Selbsthülfe so große Dimensionen angenommen, daß sie einen Erfolg in Bezug auf die Fleischpreise theils schon erzielt hat, theils noch allgemeiner erzielen wird.

Statistische Nachrichten.

. Nr,. 3 der statistischen Korrespondenz (Verlag des Kö⸗ nitzlich Statistischen Bureaus Dr. Engel, Berlin) hat folgenden In— halt: Das Königlich preußische statistische Bureau und die Königlich

Preußischen Standesbeamten. Die Emisstonen in Jahre 1874. Die Spiritusfabrikation in Rußland. Die R enzucker. Erzeugung im Deutschen Reiche während der Periode Septelnber 1873 bis ein- schließlich August 1874.

Das Königliche italienische Ministerium für Ackerbau, In⸗ dustrie und Handel hat soeben die statistische Uebersicht über den Schiffahrtsverkehr in den ita lienischen Häfen während des Jahres 1873 veröffentlicht. Der gesammte Verkehr in sämmt— lichen Häfen des Königreiches belief sich darnach auf 239,785 Schiffe zu 21,703,376 Tonnen (gegen 1872 7352 Schiffe und 298,969 Tonnen) von denen 221,596 Schiffe zu 14,686,996 Tonnen die Nationalflagge führten und 18,189 Schiffe zu 7,016 380 Tonnen unter fremder Flagge fuhren. Die 185189 Schiffe fremder Flagge, welche im Ein- oder Auslaufe itglienische Häfen berührten, vertheilen sich nach den ver— schiedenen Nationalitäten folgendermaßen: 1) England 5805 Schiffe, 2 Frankreich 4457, 3) Oesterreich 2918, 4) Griechenland 1524, 5) Spanien 560, 6) Holland 460, 7) Schweden und Norwegen 425, 8) Deutschland 397, 8) Nordamerika 387, 10 Rußland 308 und endlich 1I) diverse 950 Schiffe. ;

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

. Am Sonnabend Nachmittag, 5 Uhr, wird im Wissen schaft⸗ lichen Verein in der Singakademie Professor Dr. Förster einen Vortrag „über Wahrheit und Wahrscheinlichkeit“ halten. Der Verein für die Geschichte Berlins begeht die Feier seines elften Stiftungsfestes am Mittwoch, den 27. Januat er., Abends 7 Uhr, in den Sälen des Hotel Imperial, Unter den Lin⸗ den 44. Der zweite Theil des Fest⸗Programms enthält einen Vor- trag des Hrn. Geheimen Hofraths Schneider über die Entstehung und Entwickelung, sowie über die Thätigkeit des Vereins während der ersten zehn Jahre seines Bestehens. Demnächst folgt, vom Hrn. Archivar Fidicin, ein allzemeiner Ueberblick des mittelalterlichen Ge— richtsverfahrens und der politischen Verhältnisse uns rer Vaterstadt, als Einleitung zu einer dramatischen Aufführung: Tyle Wardenbergs Verurtheilung im Oktober 1382. Ort der Handlung: die Berliner Gerichtslaube. Vom Archivar Fidicin. Außer den 18 mitwirkenden Personen wird der Umstand“ der Gerichtsbank von den Festtheil⸗ nehmern gebildet werden. Nach der Sitzung findet ein gemeinschaft⸗ licher Abendtisch statt.

Von dem bekannten Werke: Das höhere Schulwesen in Preuß en. Historisch statistische Darstellung, im Auftrage des Mi⸗ nisters der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Ängelegenheiten, herausgegeben von Dr. L. Wie se, Geh. Ober⸗Regierungs und vor- tragendem Rathe im Königl. Ministerium der geistl., Unterrichts und Medizinal⸗Angelegenheiten, ist kürzlich im Verlage von Wiegandt und Grieben hierselbst der III. Theil 1869 1873 41834 erschienen. Wir behalten uns vor, demnächst in einer ausführlicheren Besprechung auf das Werk zurückzukommen.

Das 1. und 2. (Januar⸗-Februar) Heft der Zeitschrift für preußische Geschichte und Landes kunde, , wirkung von Droysen, Duncker, L. v. Ledebur und L. v. Ranke, herausgegeben von Constantin Rößler (Berlin, Ernst Siegfried Mittler und Sohn), hat folgenden Inhalt: J. Die letzten Schick sale des Cölnischen Erzstifts und Domkapitels. Harleß. II Der Kreuzzug gegen die Wenden im Jahre 1147. Ludwig Keller. III. Ge⸗ schichte der Trappisten im Münsterlande (1795 1821. Ernst Fried⸗ laender. IV. Neuere Forschungen zur preußischen Geschichte.

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