1875 / 19 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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ristischen Fakultät he esiger Unkoersitat anzeigt, in üblicher Weise der d her , e nn ff äberwiesen und hierauf in die zweite Terathung der Uebersicht der ordentlichen Aus⸗ gaben nnd Cihnghmen des Beutfchen Reichs für das Jahn js73, resp. die innerhalb dieses Johres vorge— Femmenen Etatsüberschreitungen eingetreten. Der Antrag der Rommission, Etatsüberschreitungen in Höhe von 4317,521 Thlr. 23 Sgr. 153 Pf. und die außeretatsmäßigen Ausgaben im Betrage von 1,ů130, 426 Thlr. 18 Sgr. 3 Pf. vorbehaltlich der bei der Prüfung der Rechnungen etwa sich noch ergebenden Erinnerungen vorläusig zu genehmigen, wurde ohne Einsprache angenommen; ebenso bei Schluß des Blattes der von der Kom⸗

mifsion vorgeschlagene Gesetzent wurf, betreffend die Ver⸗

wendungen aus der französischen Kriegskosten⸗

Entschädigung.

In der heutigen (3) Sitzung des Herrenhauses, welcher die Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg und Dr. Frie⸗ denthal, sowie der Regierungs⸗Kkommissar Geh. Sber⸗Regierungs⸗ Rath Perstus beiwohnten und welche der Präsident Graf Otto zu Stolberg⸗Wernigerode um 11 Uhr 20 Minuten eröffnete, ge⸗ langte zunaͤchst ein Schreiben des Ministers des Innern bezüglich der Personalveränderungen unter den Mitgliedern des Hauses zur Verlesung und wurde an die Matrikel⸗Kommission verwiesen

Der in das Haus neu eingetretene Landrath v. Winterfeld wurde vom Präsidenten im Namen des Hauses willkommen ge⸗ heißen. Seitens des Fürsten zu Putbus war ein Schreiben eingegangen, in welchem er dem Hause von seiner Freisprechung Seitens des militärischen Ehrengerichts Kenntniß giebt. Der Präsident knüpfte hieran die Mittheilung, daß er selbst an den Chef des Militär⸗Kabinets in dieser Angelegenheit geschrieben und hierauf folgende Antwort erhalten habe:

Berlin, den 19. Januar 1875.

Euer Erlaucht geehrtes Schreiben vom 16. d. Mts. habe ich Sr. Majeftät dem Kaiser und Könige vorgetragen.

Allerhöchstdieselben sind mit Euer Erlaucht Ansicht, daß in der ehrengerichtlichen Angelegenheit des Fürsten zu Putbus eine Mitthei⸗ lung an das Herrenhaus erforderlich erscheine, einverstanden, und ge⸗ mehmigen eine solche hierdurch ausdrücklich.

Se. Majestät geruhten auch auf die Frage einzugehen, in welcher Form und in welcher Ausdehnung diese Mittheilung zu erfolgen haben werde, und äußerten Sich dahin, daß eine kurze Darstellung des Ver⸗ laufs dieser Angelegenheit das Herrenhaus wohl besser über dieselbe unterrichten würde, als es etwa durch bloße Bekanntmachung der Bestätigungsordre geschehen würde.

Demzufolge bin ich Allerhöchst beauftragt worden, Euer Erlaucht diese Darstellung in kurzen Zügen zu geben.

„Der Fürst, zu Putbus ist, nachdem der Abgeordnete Herr Lasker ihn in seiner Rede vom 12. Mai 1874 angegriffen, sogleich, gestützt auf seine Eigenschaft als Offizier à la suite der Armee mit dem Gesuche hervorgetreten, daß die Angelegenheit einer militär⸗ ehrengerichtlichen Beurtheilung unterworfen werden möge.

Die Genehmigung dieses Gesuchs ist zunächst beanstandet wor⸗ den, weil es einestheils bei der Natur der hier vielfach in Frage kommenden Verhältnisse sehr zweifelhaft erschien, ob die Beurtheilung derselben einem, solchen Sachen ganz fremden Militär⸗Ehrengericht auferlegt werden könnte und andererseits, weil ein gewisser Wider⸗ spruch darin lag, daß der Fürst zu Putbus für Handlungen, die mit seiner Stellung als Offizier in keinem Zusammenhange standen, so⸗ fort und vor jeder anderweitigen Erörterung der Sache, vor ein Militär⸗Ehrengericht gestellt werden sollte.

Wenn die Entscheidung der Sache sich bis jetzt verzögert hat,

so trifft den Fürsten zu Puthus nicht die mindeste Schuld, sondern es liegt dies lediglich in der Erörterung der vorstehenden erheblichen Bedenken.

Die wiederholten dringenden Gesuche des Fürsten zu Putbus haben zur Folge gehabt, daß von diesen Bedenken zum Theil abgesehen worden ist; festgehalten ist aber worden, daß ein Militär. Ehrengericht nicht in der Lage sein könne, die Thätigkeit des Fürften zu Puthus als Präses eines Gründungs⸗Comités nach allen Richtungen hin kompetent zu beurtheilen, und hat sich das Ehrengericht daher auf die Erörterung der den Standpunkt des Offiziers wesentlich und haupt— sächlich berührenden Frage;

ob eine persönliche Bereicherung stattgefunden, eder ob eine solche in einer ehrengerichtlich zu rügenden Weise an⸗ gestrebt worden, beschränkt.

Beide Fragen hat das Ehrengericht auf Grund des beigebrachten Beweismgterials verneinend beantwortet, die erste mit dem Zusatz, daß im Gegentheil dem Fürsten zu Putbus noch erhebliche Kosten , seien, und hat demzufolge einstimmig „Freisprechung“ be⸗ antragt.

„Se, Majestät der Kaiser und König haben diese Freisprechung durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 29. Dezember 1874 zu bestä⸗ tigen geruht. —“

Euer Erlaucht darf ich hiernach die Mittheilung an das Herren haus ganz ergebenst anheimstellen. n von Albedyll. Ar

den regierenden Grafen Otto zu Stolkerg⸗Wernigerode, Präsidenten des Herrenhauses, Erlaucht, hier.

Der Präsident gab, hieran anknüpfend, seiner Genugthuung Ausdruck, daß diese Angelegenheit in solcher Weise ihr Ende erreicht habe.

Das Haus beschloß hierauf, das Gesetz über die Gebühren der Anwälte und Advokaten, sowie das Gesetz über die Gebüh⸗ ren der Advokaten, Notarien 2c. im Bezirk des Appellations⸗ gerichts zu Frankfurt a. M. an die Justizkommission zu verwei⸗ sen, und erklärte sich damit einverstanden, daß das Seuchengesetz, dessen bereits die Thronrede erwähnte, und das in den nächsten Tagen dem Hause überreicht werden solle, an die Agrarkommifsion zur Vorberathung überwiesen werde.

Der zweite Gegenstand der Tagesorbnung war die Verle⸗ sung der Interpellation des Fürsten zu Putbus, welche folgen⸗ dermaßen lautet:

Nach der Ministerial⸗Instruktion vom 7. Februar 1874 sind die Landräthe für berechtigt erklärt, die Amtsvorsteher mit den Ver- handlungen über die Vertheilung der Abgaben in Folge von Dis—⸗ membrationeu zu beguftragen und geschieht dies in sehr vielen Kreisen. Die betreffenden Verhandlungen gehören zu den belästigendften Arbeiten der Amtsvonsteher. In Verbindung mit anderen nach der Kreisordnung von ihnen nicht verlangten Arbeiten, namentlich wo ihnen die, Führung des Stendesamtes gegen ihren frelen Willen unter irriger Auffassung der Bestimmungen des §. 3 Absatz 3, weil sie gleich⸗ zeitig Gutavorsteher sind, zwangsweise guferlegt ist, dienen sie dazu, das ganze Institut in seinem innersten Wesen zu gefährden, indem größere Grundbesitzer dadurch mehr und mehr veranlaßt werden, sich ihm zu entziehen. Ein solcher Auftrag entspricht nicht dem Verhaͤlt⸗ nisse, wie der . 66 der Kreisordnung das Verhältniß des Land= raths zum Amtvorsteher festgestellt hat, so 1 durch denselben der Sz. 5 des Gesetzes vom 3. Januar 1845 als aufgehoben zu erachten sein möchte. Aber selbst wenn man das nicht annimmt, widerspricht es der Intention, melche mit dieser Institution von allen Seiten bei Erlaß der Kreigorduung verbunden war, und wie sie wörtlich in den Motiven es Eatwurfs von 1869 zu 8. 56 ff. für die analoge Stel⸗ lung der Amtshauptleute dahin enthalten ist! „Es wird hierbei no ö hervorgehoben werden dürfen, daß es den Landräthen nich tehen soll, die Amtshauptleute bellebig und willkürlich mit der

1 Hr nun; anderer Angelegenheiten, welche nicht zu ihrem ÄAmtsherufe

gehören, wie z. B. mit der Ciledizung von Militär, Steuer, Kirchen

und Schulsachen, der Aufstellung von Abgabenvertheilung splänen u. s. w. zu beauftragen. .

Wäre daher auch 8. 8 des Gesetzes von 1845 nicht aufgehoben, so hat die Königliche Staatsregierung doch die Pflicht, jenen Jnten— tionen entsprechend, die Landräthe dahin mit Anweisung zu versehen, daß dieselben von jener Vorausfsetzung des Gesetzes von 1845 weiler⸗ hin keinen Gebrauch machen, vielmehr die Zuziehung der Amtsvor⸗ steher zu den Verhandlungen über Abgabenvertheilung bei Gelegen— heit vor. Dismembrationen den Bestimmungen der Kreisordnung ent— sprechend, auf eine vermittelnde und bezutachtende Thätigkeit be⸗ schränken. Hiernach erlaube ich mir, an die Königliche Staatsregie—⸗ rung die Anfrage zu richten:

„Ob dieselbe geneigt ist, unter Modifikation der Instruktion vom 7. Februar 1874 über Behandlung der Abgabenvertheilung in Folge von Dismembrationen, die Landräthe mit Anweisung zu versehen, daß sie fernerweit die Amtsvorsteher mit den Verhandlungen über die Abgabenvertheilung in Folge von Dismembrationen nicht beauftragen, vielmehr dabei nur eine begutachtende und vermittelnde Thätigkeit von ihnen in Anspruch nehmen?“ .

Nachdem der Interpellant seinen Antrag begründet hatte, erklärte der Regierungskommissar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ Rath Persius, daß die Staatsregierung das Bedürf niß für den Erlaß einer Deklaration zu der Ministerial⸗Instruktion vom J. Februar 1874 anerkenne. Bei der auf Antrag des Grafen v. Krassow an diese Interpellation geknüpften Besprechung nahm nur Hr. v. Kleist⸗Retzow das Wort.

Dann wurde die Sitzung um 12 Uhr 19 Minuten ge⸗ schlossen. Nächste Sitzung unbestimmt.

Das Handbuch für das Deutsche Reich, welches während der Monate Oktober und November v. J. im Reichs⸗ kanzler⸗Amte zusammengestellt worden, ist nunmehr erschienen. Dasselbe umfaßt die drei Abtheilungen: Bundesrath, Reichstag und Reichsbehörden. Den Letzteren, unter dem Reichskanzler stehend, sind ihrer Bestimmung nach folgende 10 Abschnitte gewidmet: Reichskanzler⸗Amt, Auswärtiges Amt, Marineverwaltung, Reichs Eisenbahn⸗Amt, Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds, Post⸗ verwaltung, Telegraphenverwaltung, Rechnungshof des Deutschen Reichs, Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht, Verwaltung der Reichseisen⸗ bahnen. Als Anhang ist eine Uebersicht der Landesverwaltung und der Justizbehörden von Elsaß⸗Lothringen beigegeben. Eine eingehendere Besprechuug behalten wir uns vor.

Nachdem das Bundesamt für das Heimathwesen durch Erkenntniß vom 30. Mai 1874 den Grundsatz anerkannt hat, daß die Kosten der Beerdigung von unvermögenden Personen, welche im Gefängnissesterben, den betreffen⸗ den Armenverbänden zur Last fallen, dürfen nach einem Cirkular⸗ erlaß des Ministers des Innern vom 25. November v. J. dergleichen Kosten nicht mehr auf fiskalische Fonds übernommen werden. Demgemäß haben die Strafanstalts⸗ und Gefängniß⸗ Direktionen künftig bei Todesfällen der in Rede stehenden Art die Polizeibehörden des Ortes, in welchem das Gefängniß liegt, behufs Beerdigung der verstorbenen Inhaftaten zu requiriren, sofern nicht etwa den Angehörigen derselben der Leichnam zur Beerdigung ausgeantwortet oder die Beerdigung aus den in der Verwahrung der Gefängnißverwaltung befindlichen Vermögens—⸗ bestandtheilen des Verstorbenen bestritten werden kann.

Die Erstattung der den Ortsbehörden aus der Beerdigung erwachsenden Kosten erfolgt nach Maßgabe der Gesetze vom 6. Juni 1870 resp. vom 8. März 1871 und ist die Herbei⸗ führung derselben nicht Sache der Direktionen; die letzteren haben aber nach Möglichkeit für die Verminderung der Kosten, nament⸗ lich durch Beschaffung billiger Särge und Hergabe der Anstalts⸗ kirchhöfe, wo solche vorhanden sind, zu sorgen und der Orts⸗ behörde die von dem Verstorbenen hinterlassenen Vermögens⸗ bestandtheile, als Beihülfe zur Deckung der Kosten, auszu⸗ antworten.

Die bisher üblichen Feierlichkeiten bei der Beerdigung von Sträflingen sind, soweit möglich, beizubehalten.

Auf die in Arbeits häusern vorkommenden Sterbefälle findet die vorstehende Anordnung keine Anwendung, da die Beerdigungs⸗ kosten der in jenen Anstalten ablebenden Inhaftaten nach §. 38 des oben allegirten Gesetzes vom 8. März 1871 den betreffenden Landarmenverbänden zur Last fallen.

Der Minister des Innern hat die Bezirksregierungen durch einen Cirkularerlaß vom 23. v. M. u. J. davon in Kennt⸗ niß gesetzt, daß in Folge der mit dem 15. Oktober v. J. im Königreich Sachsen zur Ausführung gelangten Trennung der Verwaltungsbehörden von der Justiz in der unteren Instanz, in Bezug auf die Kompetenz zur Ausstellung von Leichen⸗ Pässen an die Stelle der Gerichtsämter, welche neben den Stadträthen zur Ausstellung von Leichen⸗Pässen kompetent waren, die Amtshauptmannschaften und für den Bereich der Fürstlich und Gräflich schönburgischen Rezeßherrschaften die Kö⸗ nigliche Verwaltungs⸗Kommission zu Glauchau getreten sind.

Das Justiz⸗Ministerialblatt veröffentlicht die Fortsetzung des Aufsatzes, Einzelfragen aus dem Rechtder väterlichen Gewalt,“ vom Geheimen Justiz⸗-Rath Pr. Stölzel: II. Sind nach preußischem Landrecht die Eltern befugt, zum Zwecke der Besserung ihre Kinder gefänglich einsperren zu lassen?

. Die Ergänzung eines Schwurgerichtshofes in Folge des Nichterscheinens einzelner Geschworener, nach Eröffnung der Sitzungsperiode, hat nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribun als vom 11. Dezember 1874 stets aus der Ergänzungs⸗ liste durch das Loos zu erfolgen. Eine Ergänzung hingegen der fehlenden Zahl durch eine Auswahl aus den in der Haupt⸗ liste genannten Personen hat die Ungültigkeit des Hauptver⸗ fahrens zur Folge, gleichviel ob die in dieser Weise einberufenen Ergänzungsgeschworenen thatsächlich nachher als Geschworene mitgewirkt haben oder nicht.

= Der Begriff des Eindringens in das Besitzthum eines Anderen (Hausfriedensbruch) setzt nach einem Erkenniniß des Ober-Tribunals vom 9. Dezember 1874 nicht nothwen⸗ dig ein äußerliches mechanisches Hinderniß voraus, welches den Aufwand physischer Kräfte zu dessen Beseitigung erfordert, sondern kann schon allein in dem, gegen den bekannten Willen des Berechtigten erfolgten Eintritt in einen Raum ge⸗ funden werden.

Die neuerbaute deutsche Panzerfregatte „Kaiser“ hat, wie W. T. B.“ aus London meldet, gestern, mit den deutschen Regierungskommissarien an Bord, eine Probefahrt gemacht, welche, der Angabe des „Reuterschen Bureaus“ zufolge, außerordentlich günstige Resultate ergeben hat. Sowohl der dauliche Zustand des Schiffes, wie die Kraft der Maschinen und bie erzielte Schnelligkeit waren durchaus befriedigend.

Der General⸗Feldmarschall Herwarth von Bitten⸗

feld hat sich nach Bonn zurückbegeben. Zur Abstattung persönlicher Meldungen sind eingetroffen: Der General⸗Lieutenant pon Rothmaler, Führer der 7. Di⸗

vision, aus Anlaß selner Beförderung zur gedachten Charge, von Magdeburg und der General⸗Major von und zu Gilsa, Commandeur der 6. Infanterie⸗Brigade, welchem der Rothe Adler⸗Orden 2. Klafse mit Eichenlaub verliehen worden, von Stettin.

Der bisher dem Kollegium der Königlichen General⸗ Kommission zu Cassel angehörende Regierungs⸗Rath Schulze ist an die Königliche General⸗Kommission zu Stargard ver⸗ setzt worden.

Bayern. München, 20. Januar. Als Tag des Wie⸗ derzusammentritts der am 16. Juli v. J. vertagten Kammern ist dem „Corr. v. u. f. D.“ zufolge, der 15. Februar in Aus⸗ sicht genommen.

Württemberg. Stuttgart, 19. Januar. Der „St. A. f. Württbg.“ schreibt: „Durch das Gesetz vom 4. Juli 1874 sind die Württembergischen Handels- und Gewerbe⸗ kammern neu organisirt worden. Es ist ihnen mehr Selbst⸗ ständigkeit als bisher verliehen, wogegen die Kosten auf die Wahlberechtigten des Kammerbezirks nach dem Fuße der Staats⸗ Gewerbesteuer umgelegt werden. Die erstmalige Bildung der Kammern nach dem neuen Gesetz soll durch die auf den 28. Ja⸗ nuar ausgeschriebenen Wahlen geschehen. Sie haben als Or gane des Handels- und Gewerbestandes die Bestimmung, die Gesammtinteressen der Handels- und Gewerbebetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen. Bei dem wichtigen Beruf und dem umfassenden Wirkungskreis der neuen Kammern wird ihre Thä⸗ tigkeit um so ersprießlicher sein, je allgemeineres und lebhaf⸗ teres Interesse von Handel und Industrie denselben entgegen⸗ gebracht wird. Es ist deshalb auch eine recht lebhafte Be⸗ theiligung an den bevorstehenden Wahlen dringend zu wün⸗ schen.“

Baden. Karlsruhe, 20. Januar. Unter den Städten, welche die neue Städteordnung einführen, ist Constanz die erste, welche mit der Wahl der neuen Stadtverordneten schen am letzten Sonnabend hat vorgehen können. Aus der Urne gingen die bei der neulichen Wählerversammlung nach dem Beschlusse: möglichst wenig an der dermaligen, um die Stadt allerdings hochberdienten Stadverwaltung zu ändern, Vorge⸗ schlagenen hervor. Die Ultramontanen enthielten sich der Wahl, vorgeblich „in Anbetracht der im Gesetz selbst liegenden Un⸗ gleichheiten“, d. h. des Klassenwahlsystems.

Von Seiten der Regierung werden gegenwärtig die Vor⸗ arbeiten der direkten Eisenbahnlinie Weinheim-Heidelberg begonnen.

Heidelberg, 18. Januar. Der „Bad. Beob.“ berichtet: „Auf heute Vormittag 11 Uhr war Herr Jacob Lindau vor den Großherzoglichen Untersuchungsrichter Reich in Mannheim gela⸗ den, um von demselben die Exöffnung entgegenzunehmen, daß die gegen ihn wegen Wegnahme der werthvollen, der marianisch⸗ akademischen Kongregation gehörigen Gegenstände uus dem Chore der Heiliggeistkirche, sowie wegen Anstiftung hierzu eingeleitete Untersuchung niedergeschlagen sei und daß diese Gegenstände (Werth über 5000 Fl.) in den nächsten Tagen in die Jesuitenkirche zurückgebracht werden sollen. Die Untersuchung wegen der Orgel sei geschlossen, und gehen die Akten nun⸗ mehr an Großherzogliche Staatsanwaltschaft zur Einsicht und eventuellen weiteren Antragstellung.“

Gessen. Darm stadt, 20. Januar. Das Großherzog⸗ liche Gesammt⸗Ministerium hat den Ständen einen Staats⸗ vertrag mit Baden vorgelegt, nach dessen 1. Artikel sich die Großherzoglich hessische und die Großherzoglich badische Regie⸗ rung zur Anlage folgender Eisenbahnen verpflichten: 1) einer Bahn von Neckar⸗Gemünd über Neckar⸗Steinach, Hirschhorn, Eberbach und Neckar⸗Elz nach Jaxtfeld (Neckarbahn) im An⸗ schluß an die badische Odenwaldbahn bei Neckar⸗Gemünd und Neckar⸗Elz; 2) einer Bahn von Eberbach nach Erbach im An⸗ schlusse an die Bahnen bei Eberbach (Neckarbahn) und Erbach (hessische Odenwaldbahn); 3) einer Bahn von Mannheim über Lampertheim direkt nach Worms, sowie mit direktem Anschlusse an die Riedbahn bei Biblis. Die Berathung der Vorlage im Ausschuß soll so beschleunigt werden, daß dieselbe schon bei dem Wiederzusammentritt der Stände zur Beschlußfassung kommen

nicht lange nach dem Schlusse des Reichstages stattfinden.

Mecklenburg. Schwerin, 20. Januar. Gestern Abend fand bei dem Minister⸗Präsidenten Grafen von Bassewitz

ihrer Gegenwart beehrten. In der vor einigen Tagen abgehaltenen Rathssitzung ist

den Landtag gewählt worden.

Am 14. d. feierte der Ober⸗Hofmeister, General v. Sell, zu Schwerin das 60 jährige Jubiläum seines Eintritts in den Militärdienst.

Prinzessin Marie durch ein glänzendes Ballfest gefeiert.

firmanden-⸗Unterrichts auf die Dauer eines Jahres, wie solche die Synode beschlossen, sind jetzt im Gange. zelnen Diöcesan⸗Vorstände sind zu Berichterstattungen veranlaßt, die Geistlichen verhandeln die Frage in ihren Konferenzen, und

haben.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 20. Januar. Um die in dem mit dem 1. d. M. in Kraft getretenen Volks⸗

hiesigen städtischen Volksschulen zu erfüllen, hat der Magistrat allhier einen jährlichen Mehraufwand von 6012 Mark 57 Pf. gegen die zeitherigen Sätze zu bestreiten.

Major zur Disposition gestellt und der Kommandant von Die⸗ denhofen, Oberst von Bauer, unter Belassung à la suite des 3. Rheinischen Infanterie⸗Regiments Nr. 29, dessen Com⸗ mandeur derselbe in Coblenz war, zum Kommandanten von Straßburg ernannt worden.

DOesterreich⸗ Ungarn. Wien, 21. Januar. Der Kaiser wird sich am 27. d. Mts. Abends von Pest nach Wien begeben. Die Kaiserin und die Erzherzogin Valerie werden jedoch mit dem Hofstaate erst am 23. d. Mts. früh die Rück⸗

yhreise nach Wien antreten.

kann. Dieser Zusammentritt dürfte, dem „Fr. J.“ zufolge,

ein Ballfest statt, das die Großherzoglichen Herrschaften mit .

Bürgermeister Westphal zum Deputirten für den bevorstehen⸗ .

Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 21. Januar,. Am Großherzoglichen Hofe ward gestern der Geburtstag der

Die Erörterungen über die Verlängerung des Kon⸗ ;

Die ein⸗

die Presbyterien werden ebenfalls ihre Gutachten abzugeben

schulgesetze bestimmten Normalgehalte für die Lehrer der

Elsas⸗Lothringen. Straß burg, 19. Januar. (Straßb. ö. Ztg.) Der bisherige Kommandant, Oberst von Redern, ist unter gleichzeitiger Verleihung des Charakters als General⸗

Die Erklärung 29 ezechischer Abgeordneter, welche in der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses verlesen wurde, lautet im Auszuger

Die Erklärung der eminenten Majorität der Bevölkerung Böh⸗ mens, der Majorität nach Volkszahl und Steuerleistung, daß sie die Rechtsgültigkeit der heute faktisch zur Geltung gebrachten Verfassung und die Kompetenz des Reichsrathes nach seiner Rechtsquelle und dermaligen Zusammensetzung in Bezug auf das Königreich und die Krone von Böhmen nicht anerkennen könne, stützt sich vorerst auf das historische Recht der politischen Nation von Böhmen, sie stützt sich auf das durch Ferdinands J. Wahlkapitulation für sich und seine Nachkommen begründete, durch zahlreiche Krönungseide, selenne Staatsakte wie namentlich die pragmatische Sanktion und Leopolds II. Majestätsbrief vom 12. August 1791 korroborirte zweiseitige Rechts- verhältniß zwischen der böhmischen Nation und der Allerhöchsten Dynastie.

Dieses zweiseitige Recht kann selbslverständlich durch keine ein⸗ seitige Oktroyirung rechtsgültig eine Abänderung erfahren und ist demnach die korrekte Zuftimmung einer vollberechtigten Vertretung der böhmischen Nation zu jeder Umwandlung ihres Staatsrechtes unentbehrlich.

Diese Rechtéverwahrung der Majorität Böhmens basirt ferner auf dem von Sr. Majestät Höchstselbst als unabänderliches Reichs— grundgesetz erlassenen AÄllerhöchsten Oktoberdiplom, welches die Ach⸗ tung des hiftorischen Rechtes und der Selbstregierung der einzelnen österreichischen Stagten verbürgt und sie blos mit den thatsächlichen Bedürfnissen der Monarchie ausgleichend verbinden will.

Die Anforderungen, welche die Böhmische Nation in Bezug auf die Achtung ihres historischen Rechtes und ihrer Selbstregierung stellt, stimmen im Wesentlichen überein mit dem Grundsatze des Aller⸗ höchsten Oktoberdiplomes, in welchem Se. Majestät die Gerechtsame und Freiheiten der Königreiche und Länder im Einklange mit der ö als unerschütterliche Rechtsgrundlage der Monarchie erklärte.

Die Böhmische Nation kann nimmer von der Hoffnung lassen, daß Se. Maßsestat ihr legitimer König eben so wohl diese seine feier⸗ liche Zusage einlösen, als auch das Staatsrecht Böhmens, welches sein erlauchter Vorfahre, der noch lebende König Ferdinand V. bei seiner Krönung beschworen hat, achten und wahren und dereinst un geschmälert auf seine Nachfolger, für deren legitimes Erbfolgerecht es ja die festeste Basis bildet, übertragen wird.

In dem koffnungsvollen Vertrauen, daß Se. Majestät weit ent— fernt sei, der treu bewährten böhmischen Nation das ehrwürdige Boll⸗ werk ihres Staatsrechts entziehen zu lassen, wird sie bestärkt durch das Allerhöchste Reskript vom 12. September 1871.

Ueber dessen huldvolle Aufforderung hat damals der Landtag des Königreichs Böhmen seine Vorschläge erstattet, wonach er auf dem Wege der Vereinbarung mit der Krone und mit den anderen öster⸗ reichischen Völkern eine dauerhafte, harmonische Organisation der Monarchie empfahl, welche die historisch wie natürlich berechtigte und dem Gedeihen der einzelnen Länder förderliche Autonomie nicht min⸗ der wahrt wie die nothwendige Einheit und Wehrkeaft der gesamm⸗ ten Monarchie.

Die böhmische Nation sieht heute noch der Allerhöchsten Erledi⸗ gung ihrer Vorschläge, so wie der weiteren kompetenten Behandlung derselben entgegen.

Durch Anerkennung einer legislativen Gewalt des dermaligen Reichsrathes über die Staats« und Verfgssungstechte des Königreichs Böhmen würden wir uns dem gerechten Vorwurfe aussetzen, daß wir unser Laudesrecht aufgeben und jene zwischen der Nation und ihrem legitimen Fürsten angebahnte Verhandlung selbst abschneiden.

Die böhmische Ration verwahrt sich ferner durchaus dagegen, daß man ihr die Entscheidung über ihr eigenes Recht auf jenem Wege aufdränge, den man den „verfassungsmäßigen“ nennt .

Außer diesen rechtlichen, politischen und natienal'ökonomischen Gründen als treue Böhmen, aufrichtige Freunde Oesterreichs und loyale Anhänger der Allerhöchsten Dynastie und im wahren Sinne des uns verlichenen Mandats, festhaltend an den Grundsätzen, welche der Landtag von Böhmen mit einer Zweidrittel⸗Majorität in den Fundamentalartikeln ausgesprochen hat, sehen wir uns verpflichtet, unsere Theilnahme am Reichsrathe nach seiner Rechtsquelle, der- maligen Zusaminensetzung und Kompetenz abzulehnen und zu er— klären, daß wir nach wie vor seine Beschlüsse, zumal jene, welche das Staats, und Verfassungsrecht des Königreiches Böhmen betreffen, nicht für kompetent und verbindlich anerkennen. .

Pest, 20. Januar. Im Oberhause interpellirte Nyary den Verkehrs-Minister, ob er zur Vermeidung von Entschä⸗— digungsforderungen der subventionirten Eisenbahnen eine Gesetz⸗ vorlage einzubringen gedenke, und ob er geneigt sei, die jähr⸗ lichen Voranschläge derselben im vorhinein durch die Regierung oder durch eine Fachkommission überprüfen zu lassen. Es wur⸗ den hierauf Kommissionsberichte entgegengenommen und die Verhandlung über die Vorlage, betreffend die Grundsteuerkataster,

auf Sonnabend anberaumt.

Schweiz. Genf, 21. Januar. (W. T. B.) Der Staatsrath des Kantons hatte angeordnet, daß die Kirche in Compescières dem Kultusdepartement zum Zweck der Taufe eines Kindes, welches altkatholischen Eltern angehört, zur Verfügung gestellt werde. Anläßlich dieser Taufe und einer zweiten in Bar donnex ist es indeß in diesen beiden Gemeinden zu Ruhestörungen gekommen. Der Staatsrath hat deshalb die militärische Be⸗ setzung beider Orte verfügt, niehrere Verhaftungen vornehmen lassen und die Maires der beiden Orte ihrer Stellen enthoben.

Großbritannien und Irland. London, 20. Januar. (A. A. C.) Ueber das Befinden des Prinzen Leopold wurde gestern folgendes Bulletin ausgegeben: „Prinz Leopold hat gestern Nacht mehrere Stunden geschlafen. Der Blutfluß kehrte gestern Nachmittäg und heute fruͤh zurück. Obwohl etwas schwächer, ist in dem Befinden Sr. Königlichen Hoheit keine wesentliche Veränderung eingetreten.“ William Jenner. Wm. Hoffmeister. Wm. Marshall. ; .

Herr Disraeli hat an seine Parteifreunde im Parla⸗ ment das nachstehende Rundschreiben erlassen: Downing street, 15. Januar 1875. Der Zusammentritt des Parlaments ist für Freitag, den 5. Februar, festgesetzt worden, an welchem Tage das Haus der Gemeinen unverzüglich zu der Erwägung wichtiger Geschäfte schreiten wird. Ich nehme mir daher die Freiheit, Sie zu ersuchen, bei dieser Gelegenheit anwesend zu sein.“ An die Mitglieder der Opposition ift bis jetzt, wahr⸗ scheinlich Mangels eines Führers, noch kein derartiges Schreiben ergangen.

Die Königin hat Don Joaquim Marcos de Sa⸗ trustegui zum General-Konsul und Don Manuel Colarte zum Vize⸗Konsul für Spanien in London bestätigt.

Die britische Regierung hat, dem Vernehmen, nach eine Summe von 10, O00 Pfd. Sterl. bewilligt, die zwischen den Universitäten von Edinburgh und St. Andrews zur Errichtung neuer Lehrstühle getheilt werden soll. Wie die „Times“ erfährt, hat der Praͤsident der Royal⸗Society die An⸗ zeige erhalten, daß die Regierung bereit ist, die Summe von j0690 Pfd. Sterl. zu den Kosten der Expedition zur Beobachtung

der im April stattfindenden totalen Sonnenfinsterniß bei⸗

zutragen.

In Irland scheint allmählich die Ruhe zurückzukehren. So enthält die neueste Nummer der „Dublin Gazette“ eine Proklamation des Vize⸗Königs von Irland, welche frühere Proklamationen, die die Grafschaften Mayo, Tipperary

und gewisse Kirchspiele in den Grafschaften Limerick und Ros⸗ common unter die Bestinmungen des Art. 2 des Friedens⸗ erhaltungs⸗Akts stellten, widerruft.

Canada. Aus Toronto wird vom 19. d. M. per Ka⸗ bel gemeldet, daß die Wahlen für die Legislatur von Ontario in die Erwählung von 50 Ministerialisten, 33 Kandidaten der Opposition und 4 unabhängigen Mitgliedern resultirt haben.

Frankreich. Versailles, 21. Januar. (W. T. B.) Nationalversammlurg. Erste Berathung des von dem De⸗ putirten Ventavon beantragten Gesetzentwurfs, betreffend die Uebertragung der Gewalten. Ventavon erstattete selbst Bericht über den von ihm vorgeschlagenen Gesetzentwurf, be⸗ gründete denselben im Einzelnen und hielt ihn nach jeder Rich⸗ tung hin aufrecht. Lenoel von der Linken sprach sich gegen Ventavons Gesetzvorlage aus, weil durch dieselbe der Zeitpunkt zur definitiven Errichtung der Republik verschoben werde. La⸗ combe erklärte sich für Einführung der Monarchie und forderte alle Konservativen zum einmüthigen Zusammengehen auf. Ca⸗ rayon⸗Latour von der äußersten Rechten verlangte die Monarchie unter dem Scepter des Grafen von Chambord. Derselbe griff dabei die Anhänger der Republik und des Kaiser⸗ reichs gleich heftig an, sprach aber vom Marschall⸗-Präsidenten mit großer Ergebenheit. Als Carayon⸗Latour im Laufe seiner Rede den im Prozesse des Grafen Arnim zur Verlesung gekom⸗ menen Brief des Fürsten von Bismarck von der Rednerbühne verlesen wollte, in welchem es heißt, daß die Einführung der Monarchie dem Ansehen und den Allianzen Frankreichs förder⸗ lich sein könnte, entstand Seitens der Mitglieder aller Fraktionen, mit allein iger Ausnahme der äußersten Rechten, ein so heftiger Lärm, daß die Stimme des Redners nicht mehr verstanden wer⸗ den konnte. Carayon⸗Latour verließ die Rednertribüne darauf mit der Erklärung, daß die Legitimisten die Annahme der kon⸗ stitutionellen Gesetzentwürfe ablehnen, dem Marschall Mae Mahon aber alle Mittel zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe zugestehen würden. Die Welterberathung wurde auf morgen vertagt.

Italien. Rom, 21. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte der Präsident des Ministerrathes und Finanz⸗Minister Minghetti die Gesetz⸗ vorlagen ein, welche die vorzunehmenden öffentlichen Arbeiten, die Befestigungen, die Straßenbauten in den südlichen Provinzen und die Verbesserung der Beamtengehalte betreffen. Der Minister gab dabei ein Exposé über die finanzielle Lage und schlug zur Deckung der außerordentlichen Ausgaben eine Reorganisirung der Tabaktarife vor; auch stellte er eine Reform der Konsumtionssteuer in Aussicht und sprach dabei die Hoffnung aus, daß hierdurch und durch die Einnahme, die sich in Folge der Revision der Handelsver⸗ träge ergeben würden, eine Mehreinnahme von mindestens 20 Millionen erzielt werden könne. Eine Verbesserung der beste⸗ henden Steuern sei dabei noch gar nicht in Anschlag gebracht. Ferner wurde vom Finanz⸗Minister sowohl für die Ausfuhr⸗ wie für die Einfuhrzölle die Goldzahlung vorgeschlagen und darauf hingewiesen, daß die Herstellung des Gleichgewichts im Staats⸗ haushalte im Laufe der jetzigen Sesston um so nothwendiger sei, als zu Ende dieses Jahres nur noch 60 Millionen Papier⸗ geld als letzte Hilfsquelle verblieben. Sämmtliche Gesetzvorlagen wurden nach dem Antrage des Ministers an eine Kommisston verwiesen.

Der Finanz⸗Minister Minghetti erwähnte in seinem heu⸗ tigen finanziellen Exposé unter den zur Deckung der außerordentlichen Ausgaben bestimmten Maßregeln auch noch eine Schatzoperation. Letz tere foll nun, wie sich aus den der Kommission gemachten Mitthei⸗ lungen ergiebt, darin bestehen, daß von den fur die Jahre 1875 und 1876 zur Ziehung bestimmten Tabaks-Obligationen zwei Serien erst in den Jahren 1882 und 1883 amortisirt werden.

Amerika. Washington, 20. Januar. (W. T. B.) Der Präsident hat eine Botschaft an den Kongreß gerichtet, in welcher er eine Verbesserung der zum Schutze der Küsten be⸗ stimmten Vertheidigun gsmaßregeln anempfiehlt.

Dem „Reuterschen Bureau“ sind über Rio vom 18. d. weitere Nachrichten aus Montevideo zugegangen, nach welchen dork die befürchtete Revolution ausgebrochen ist. Der Präsi⸗ dent Elauri und die Regierung sind gestürzt; Pedro Varrela ist mit dem provisorischen Präsidium betraut. Die Stadt Monte⸗ video ist ruhig.

Nr. 7 des „Amts-Blatts der Deutschen Reichs— vostverwaltung“ hat folgenden Inhalt: General ⸗Verfügung vom 20. Januar 1875. Neue Auflage der Instruktion zur Vornahme statiftischer Ermittelungen über den Postverkehr. General ⸗Ver⸗ fügung vom 19. Januar 1875. Leitung der Briefsendungen nach Konstantinopel. General-Verfügung vom 19. Januar 1875. Das Gewicht der frachtpflichtigen Postsendungen auf der Eisenbahn Anger⸗ münde⸗ Schwedt.

Das Bahnpolizei⸗-Reglemenk und die Signal-Ord⸗ nung für die Eisenb ahnen Deutschlands vom 4. Januar 1875 ist im Verlag der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) erschienen.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Die 8. Kommission des Deutschen Reichstages hat jetzt den Berscht über den Entwurf eines Bankgesetzes vorgelegt. Wir werden die Abänderungen des Gesetzentwurfs, welche die Kem⸗ mission vorschlägt, morgen mittheilen.

Landtags⸗ Angelegenheiten.

Dem Hause der Abgeordneten ist ein Gesetzentwurf, betreffend den standesherrlichen Rechtszustand des Her⸗ zogs von Arenberg wegen des Herzogthums Arenberg⸗ Meppen, vorgelegt worden. Der Gesetzentwurf ist früher bereits dreimal zur Vorlage gelangt.

Statistische Nachrichten.

In der Woche vom 10 bis 16. Janugr wurden in Berlin laut Rachweis des städtischen statistischen Bureaus bei den dreizehn Standes ämtern der Stadt 373 Ehe sch ließ un gen vollzogen. Lebendig⸗ geburten wurden 830, Todtgeburten 36, Sterbefälle 519 eingetragen.

Aus dem in den Württemb. Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde (s. Nr. I28. Bl.) veröffentlichten Auffatz des Oher⸗Finanz⸗ Rath v. Riecke zur Geschichte der Preise und Löhne in Württemberg theilen wir nachstehend einige der hauptsächlichsten Daten

mit. Aus der Uebersicht über die mittleren Fruchtpreise in Württemberg während der Jahre von 1833 bis 1876 ergiebt sich, daß das Jahr

1836 fär Keinen, Dinkel und Roggen mit bezw. 9 Fl. 27 Kr., 481. 4 Kr. und 6 Fl. 22 Kr. pro Scheffel (— 132 Hektoliter), und das Jahr 1841 für Gerste und Hafer mit bezw. 5 Fl. 45 Kr. und 3 Fl. Il Kr. pro Scheffel das billigste gewesen ist; am höchsten standen die Preise für den Scheffel in den Jahren: ; 1854. 1873.

Kernen. mit 24 Fl. 55 Kr. 25 Fl. 20 Kr. 22 Fl ö . 25 won, ö . ö Hafer 3 6 / 23 * ö 9 46 *. 7 h 16 Die Theuerung des Jahres 1873 erklärt sich daraus, daß das Jahr 18572 nur eine mittelmäßige Ernte, das Jahr 1873 dagegen eine entschiedene Mißernte brachte, wobei auch der sinkende Geldwerth in den letzten Jahren mit in Anschlag zu bringen ist. Daß die Ge⸗ treidepreise in der letzten Zeit der Noth nicht noch erheblich höher ge⸗ stiegen sind, ist wohl nur der jetzigen Entwickelung des Verkehrs⸗ wesens zu danken. Was die Durchschnitts⸗Markipreise der übrigen Lebensmittel anbelangt, so kostete:

1572 1873 1872 1873

Fl Kr. Fl. Kr. ; r. Cr.

Erbsen. Ctr. Ss 412 9 15 Mastochsen⸗ 2 , ] 5 20 Bohnen 811 827 Kuh- ; , Kartoffeln. 1 56 219 Schweine- 23 weill ö .

Nächst den Getreide⸗ und Lebensmittelpreisen interessixen zumeist die Holzpreise. Die Zusammenstellung derselben reicht bis an den Anfang des Jahrhunderts. Die höchsten Holzpreise in der ganzen mit 1860 beginnenden Periode weist das Jahr 1873 auf, und zwar so⸗ wohl beim Stammholz, ais auch beim Brennholz, mit Ausnahme jedoch des eichenen und buchenen Reisigs, welches 1871 bezw. 1872 noch etwas höber stand, und mit Ausnahme der Nadelholz-Sortimente, welche schon 1565 höher standen. Bei letzteren ist indessen die stei⸗ gende Tendenz gleichfalls vorhanden; daß die Preise aber nicht gerade im letzten Jahre ihren höchsten Standpunkt erreichten, liegt daran, daß in Folge von Naturereignissen, z. B. allein durch den Windbruch am 26. Okteber 1870, mehr als der dreifache Betrag eines Jahres⸗ erzeugnisses von Nadelholz auf den Markt geworfen werden mußte. Die Holzpreise der Gegenwart sind durchweg 33 bis 4 Mal höher, als im Anfang des Jahrhunderts, und 2tz bis 3 Mal höher, als im Jahre 18560. Die Lohnsätze in den württembergischen Fabriken und Handwerken haben, wie überall, eine stätige Steigerung erfahren. Rachweise liegen uns darüber seit dem Jahre 1830 vor. Der durch- schnittliche Lohnsatz betrug in nachstehenden Jahren:

1 . .

andes⸗ Landes Landes⸗ durchschn. durchschn. durchschn. Stuttgart. Fl. 47 Kr. 1 FI. 17 Kr. 1F1. 41 Kr. Fl. Kr. Handwerken 3991 Tagearbeiten 30. „51, 1.19, 1. 45 Der durchschnittliche Aufschlag der Löhne bis 1872 beträgt

gegen 1830/39 gegen 1860/65

bei den Fabriken.. 1142 31 *

„Handwerken 124 *

Tagearbeiten 133 * ö

Die in vorstehenden Zahlen ausgedrückte Lohnsteigung ist an sich

zwar sehr bedeutend, muß jedoch, um nicht überschätzt zu werden, gegen die Steigung der Preise sämmtlicher Lebengbedürfnisse gehörig abgewogen werden. Das hierüber vorhandene Material beschränkt sich auf Nachstehendes: Es betrug der Aufschlag der Preise im

Jahre 1872 . .

e den Heath ch . ö a, ei den Brotfrüchten.. 55 x dem gleich 167 2* w Bier (1830/39). 4 * S6 0/65) 36 * Holz (1830/39). 50 * (1860/65) 15 *

bei den Fabriken

n

also:

7 2

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von der bereits angekündigten, im Verlage von Duncker und Humblot in Leipzig erscheinenden Allgemeinen Deut⸗ schen Biographie, welche auf Vergnlassung und mit Unter stützung der historischen Kommission bei der Königlichen Akademie der Wissen⸗ schaften in München von dem Freiherrn R. v Liliencron in München und dem Professor 5 X. Wegele in Würzburg heraus- gegeben wird, liegt nun die J. Lieferung, enthaltend die Arti⸗ kek Petrus van der Aa bis Elise Gräfin von Ahlefeldt⸗ Taurwig vor. Die Allgemeine Deutsche Biographie hat mit den übrigen Publikationen der historischen Kommission den Charakter strenger Wissenschaftlichkeit und Zuverlässigkeit gemein. Zu eingehen⸗ den eigenen Stadien wird der Unterweisung suchende durch die literarifchen Nachweise am Ausgange jedes einzelnen biegraphi⸗ schen Artikels bequem hinübergeleitet: so ist die Encyklopädie! fuͤr die Pflege aller Einzelwissenschaften bestimmt. Zugleich aber wendet sie sich auch an die ausgedehnten Kreise der Freunde geschicht⸗ licher Bildung in der deutschen Nation überhaupt, denen sie keines⸗ wegs einzig als Fundstätte des Wissens, vielmehr auch als Quelle literarischen Genusses dienen will. Schon die größeren Artikel der ersten Leeferung thun dar, daß diese Biographie darauf ausgeht, aus den bestimmten Zügen treuer Ueberlieferung eine Reihe wirklich lebens- voller Bilder zu gestalten, welche Verstand und Gemüth des Lesers beschäftigen, ihn menschlich ansprechen und stitlich erheben. Denn der vornehmfte Zweck der Allgemeinen Deutschen Biographie ist, den nationalen Sinn der deutschen Mit! und Nachwelt zu befriedigen durch die Freiheit eines leichten Verkehrs mit der Fülle bedeutender Gestalten unserer Vorwelt, die nun auch insgesammt hereintreten wollen in die geistige Gemeinschaft, welche die lebendigen Glieder unseres Volkes verbindet. Die Allgemeine Deutsche Biographie ist auf etwa 100 Lieferungen (von ca. 10 Bogen Lex - 8 oder auf 26 Bände ea. 50 Bogen) berechnet. Von diesen sollen jährlich 10 KÄeferungen oder 2 Baͤnde erscheinen, so daß das Werk in zehn Jahren vollendet sein würde. Das Manuskripr für die ersten Bände fegt vor. Der Preis einer Lieferung ist auf 2 Mark 40 Pf., eines Bandes auf 12 Mark festgesetzt.

Der Aufsatz über die „älteren Siegel der Stadt Stralsund“, aus Syndikus Brandenburgs hinterlassenen Papieren und nach den Hriginalen der Archive herausgegeben von Dr, F. Fa- bricius, Mitglied der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde, ist als Separatabdruck gus der Viertel jahrsschrift des Vereins „Deutscher Herold! bei S. Bremer in Stralsund erschlenen. Der kleinen Schrift sind die Abbildungen von 12 der in—⸗ teressantesten Siegel beigegeben.

Von Grossers kleiner Gesetz Sammlung ist so eben Nr. 2: Der Richter zwischen Miether und Vermjetker, die Rechts⸗ verhältnisse zwischen Miether und Vermiether, für Jedermann ver⸗ ständlich erlautert und erklärt, so wie durch die bis auf die neueste Zeit ergangenen Bestimmungen ergänzt, von Carl Wolff, Anwalt, in dritter revidirter Auflage bei Eugen Grosser erschienen.

Das Tagebuch des Nordpolfahrers Otto Krisch (Maschinisten und Bffiziers der II. österreichisch. ungarischen Expedition) ist die erste in weitere Kreise dringende Publikation, welche genau ge= führte Aufschreibungen über die bestandenen Gefahren und Abenteuer, wahrhaftige Schilderungen des Bordlebens der 1I. österreichisch unga⸗ rischen Nordpolexpedition, und auch sämmtliche Maschinendaten enthaͤlt, welche mit Rücksicht auf eigenthümliche Orts. und abnorme Tempe- raturverhältnisse für jeden Ingenieur und Maschinisten von besenderem Interesse sein dürften.

Die unter der Redaktion des Kapellmeisters J. M. Ziehrer in

Wien erscheinende ‚„Deutsche Mnusik⸗Zeitung“, weiche sich die