1875 / 21 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 25 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Der Abg. v. Benda erachtete das Gesetz für eine durchaus noth⸗ wendige Grundlage der künftigen Etats berathung und sprach die Er⸗ wartung aus, daß schon in nächster Session ein definitives Gesetz über den Rechnungshof für das Deutsche Reich zu Stande kommen werde. Der Abg. Rickert äußerte Zweifel, ob die Bestimmungen des Oberrechnungkammer⸗Gesetzes für Preußen ohne Weiteres auch auf das Reich Anwendung finden; er habe deshalb zum Zwecke der Klarstellung ein Amendement eingebracht. Da daffelbe noch nicht

zur Vertheilung gelangt sei, so ersuche er den Präsidenten

von Forckenbeck, die zweite Berathung des Gesetzentwurfes heute auszusetzen und auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzun⸗ gen zu setzen. Diesem Ersuchen des Abg. Rickert wurde entsprochen, nachdem der Präsident des Reichskanzler⸗ amts Staagts⸗Minister Dr. Delbrück sich dafür erklärt hatte. Hierauf trat das Haus in die zweite Berathung des Ent⸗ wurfs eines Bankgesetzes auf Grund des Berichtes der III. Kommission (s. Nr. 20 d. Bl.) ein. Von den allgemeinen Bestimmungen wurden die §5§. 1—8 ohne erhebliche Debatte an⸗ genommen; nur zu dem ersten Alinea des 5. 4: „Jede Bank ist verpflichtet, ihre Noten sofort auf Präsentation zum vollen Nennwerthe einzulösen;“ wurde folgender von dem Abg. Spielberg beantragter Zusatz an— genommen: ; „auch solche nicht nur an ihrem Hauptsitze, sondern auch bei ihren Zweiganstalten zum vollen Nennwerth in Zahlung anzu⸗

nehmen. t Zu 5§. 9, welcher von der Kontingentirung handelt, waren

zahlreiche Amendements eingebracht, in deren Diskussion das Haus bei Schluß des Blattes eintrat.

Nach der Terminologie des allgemeinen Landrechts müßssen zwar unter Kirchendienern im weitesten Sinne auch die Kirchen vorsteh er mit verstanden werden, indessen liegt nach einem Spezialerlaß des Ministers des Innern vom 14. v. M. u. J. doch den betreffenden Bestimmungen der Städteordnung vom 30. Mai 1853 diese Begriffsbestimmung nicht zum Grunde. Wie aus den legislatorischen Verhandlun⸗ gen über die letztere auf das Unzweideutigste hervorgeht, sind unter den Kirchendienern im Sinne der §5§. 17 und 36 1. c. dieselben Personen zu verstehen, der Diensteinkommen nach §. 4 ibid. eine bedingte Immunität von städtischen Auf⸗ lagen genießen sollte (Cf. Stenogr. Verh. der Zweiten Kammer pro 1852, 1855. S. 895, und der Ersten Kammer S. 179.)

Da die Kirchenvorsteher zu der Kategorie besoldeter Kirchen⸗ diener nicht gehören, sondern lediglich ein Ehrenamt bekleiden, so ist deren Ausschließung von der städtischen Verwaltung und Vertretung im Gesetze nach dem Erlaß des Ministers nicht be⸗ gründet.

Nach einem Spezialerlaß des Ministers des Innern vom 27. v. M. u. J. ist nach 5.2 des Gesetzes vom 9. März 1874 jedes Magistratsmitglied verpflichtet, das ihm von dem Bürgermeister übertragene Amt eines stellvertretenden Standesbeamten zu übernehmen, andererseits aber durch den Wortlaut des alleg. 8. 2 die Bestellung eines besonderen stellvertretenden Standesbeamten auch in dem Falle nicht ausgeschlossen, wenn der Bürgermeister oder ein Magistrats⸗ mitglied die Geschäfte des Standesbeamten führt.

Pachtverträge über ländliche Grundstücke, auch über einzelne Aecker oder andere Pertinenzstücke eines Landgutes erfordern nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals vom 4. Dezember 1874, selbst wenn das jähr⸗ liche Pachtgeld die Summe von 50 Thlr. nicht über⸗ steigt, zur Rechts gültigkeit schriftliche Form. Wird diese Form nicht erfüllt, so hat der durch Uebergabe vollzogene Ver⸗ trag nur auf ein Jahr Gültigkeit und kann mit Ablauf eines jeden Jahres nach vorheriger gesetzmäßiger Aufkündigung wieder aufgehoben werden.

Der Bundesrathsbevollmächtigte Königlich bayerische Staats⸗Minister Dr, von Fäustle ist nach München abgereist.

Dem Kaiserlich Deutschen Gesandten in Rom, Herrn von Keudell, ist dieser Tage ein Unfall zugestoßen; derselbe stürzte auf einem Spazierritt mit dem Pferde. Die Verletzung des Gesandten ist jedoch glücklicherweise nur eine leichte.

Zur Abstattung persönlicher Meldungen sind hier ein— getroffen: der General⸗Lieutenant von Hartmann, Comman— deur der 3. Division, von Stettin, der General-Lieutenant von Bergmann, Inspecteur der 3. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion, von Hannover, und der General-⸗Major von Loos, bisher Kom— mandant von Frankfurt a. M., von Wesel.

Der General⸗Lieutenant z. D. von Redern ist hier angekommen.

Der General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers von Rußland Fürst Boris Galitzin ist gestern Abend aus Paris hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.

Am 23. d. M. starb hier nach längerer Krankheit der General⸗Telegraphen⸗Direltor, General⸗Major Meyd am. Die Beerdigung findet am Mittwoch, den 27. d. M., Vormittags II Uhr, von der Leichenhalle des Garnison⸗Kirchhofes hinter der Hasenhaide aus auf diesem mit militärischen Honneurs sstatt.

Breslau, 23. Januar. Am heutigen Vormittage 9 Uhr wurde die ordentliche Provinzialfynode Schlesiens im hiesigen Ständehause zunächst mit einem in Vertretung des erkrankten General- Superintendenten Dr. Erdmann, von dem Konsistorial⸗Rath Weigelt gesprochenen Gebet eingeleitet und darauf durch folgende Ansprache des Konsistorial-Präsidenten Wunderlich eröffnet:

Hochzuverehrende hochwürdige Herren! Wir stehen heute an einem für die Entwickelung der schlestschen Provinzialkirche hochwich⸗ tigen Abschnitte. ;

Nach langem Ringen und schweren Kämpfen für den weiteren Ausbau synodaler Institutionen in den östlichen Provinzen der preu⸗ hischen Landeskirche ist durch Allerhöchsten Erlaß vom 19. September 1873 eine Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung ins Leben gerufen, welche, wie die auf Grund dieser Ordnung erfolgten Wahlen beweisen, von allen Gemeinden acceptirt worden ist. Freilich hat damit unsere Kirchenverfassung noch nicht ihren Abschluß erreicht. Aber die Unter⸗ stufe, die Organisation der Einzelgemeinde ist wenigstens als ab⸗ geschlossen zu betrachten, da sie, so weit dies erforderlich war, ihr Supplement in dem Staatsgesetz vom 25. Mai 1874 erhalten hat.

Im verflossenen Sommer haben auch bereits die Kreissynoden

etagt, und heute sind Sie, meine Herren, hier versammelt, um als itglieder der ersten, ordentlichen Provinzial synode über hochwichtige Angelegenheiten der Kirche zu bergthen.

Mit meinem Einladungsschreiben vom 6. d. M. habe ich Ihnen zu Ihrer näheren Information bereits das Proponendum des Tyan— gelischen Ober- Kirchenraths, betreffend die Aufhebung der Stol⸗ gebühren, zugehen lassen. Das Königliche Konsistorium wird Ihnen den Entwurf des von einer Kommission der außerordentlichen Pro⸗ vinzialsynode des Jahres 1869 ausgearbeiteten Gefangbuchs für die Provinz Schlesien zur Prüfung und eventuellen Beschlußfaffung über

die Modalitäten der Einführung des neuen Gesangbuchs überreichen. Außerdem werden Ihnen einige Statuten für Lokalgemeinden zur Prufung vorgelegt werden.

Ich bin überzeugt, daß Sie an alle diese Aufgaben mit dem der Wichtigkeit der Sache gebührenden Eifer herantreten werden, und hoffe ebenso zupersichtlich, daß Sie bei sämmtlichen Verhandlungen den Geist christlicher Liebe bethätigen, und dadurch es ermöglichen werden, daß ursprünglich divergirende Ansichten auf dem Wege freundlicher Diskussion mehr und mehr zum Ausgleich gelangen.

Als eine der wichtigsten Aufgaben für Ihre Thätigkeit glaube ich die Wahl der Abgeordneten zur Generalsynode bezeichnen zu dürfen. Diese Synode soll erst das schützende Dach über unsere Synodalverfassung breiten. Es ist daher von unberechenbarer Be— deutung, daß gerade in die se Versammlung echt christliche Männer von weitem Blick und klarem Verstindniß der Bedürfnisfe der Ge— sammtkirche wie der Einzelgemeinden gewählt werden.

Gebe Gott der Herr, daß Sie bei dieser Wahl die richtigen Männer auffinden, damit auch der Abschluß unserer Synodalverfaffung zum Segen der Kirche gereiche. Das walte Gott! Und somit er— kläre ich die erste ordentliche Provinzialsynode Schlesiens für eröffnet.

Zu provisorischen Beisitzern wurden hiernächst die Konfi—⸗ storial⸗Räthe Dr. Richter und Lange bestellt und hierauf der Personalbestand der Synode festgestellt.

Von den eingeladenen 97 Deputirten (33 gewählten, einem von der theologischen Fakultät bestellten und 13 landesherrlich ernannten) waren zwei am heutigen Erscheinen verhindert, mit— hin anwesend 95.

Konsistorial⸗Rath Dr. Richter referirte alsdann Namens des Konsistoriums über die Legitimation der Mitglieder, welche trotz einiger in den Wahlverhandlungen vorhandener Mängel und eines gegen die Wahl des weltlichen Deputirten der Kreis⸗ synode Sprottau eingelegten Protestes von ihm für ausreichend erklärt wurde. Die somit vorläufig als legitimirt geltenden 95 erschienenen Mitglieder wurden sodann mit dem vorgeschriebenen . von dem Vorsitzenden durch Handschlag ver— pflichtet.

Nachdem hierauf der Letztere dem Bedauern darüber Aus—⸗ druck gegeben hatte, daß der General⸗Superintendent der Provinz durch Krankheit verhindert sei, für jetzt an den Verhandlungen Theil zu nehmen, erfolgte die Wahl des Präses.

Von 95 Stimmen erhielt Graf Rothkirch⸗Trach auf Pan— thenau 50, Wirklicher Geheimer Rath und Appellationsgerichts⸗ Präsident Graf von Rittherg aus Glogau 44, Pastor Rambach aus Graase 1; somit ist Ersterer gewählt. Die Bestätigung desselben durch den Evangelischen Ober⸗Kirchenrath wurde von dem Vorsitzenden vorbehalten.

Synode beschloß, sofort mit der Wahl der übrigen Vor— standsmitglieder vorzugehen und zwar 6 Synodal⸗Assessoren und eben so viel Stellvertreter zu wählen.

Demnächst wurden gewählt:

J. zu geistlichen Synodal⸗Assessoren: 1) Superintendent Stiller aus Koischwitz, 2) Pastor Weikert aus Gr. Wandris, 3) Superintendent Rolffs aus Schweidnitz;

II. zu weltlichen Synodal⸗Assessoren: 1) Landrath a. D. von Roeder auf Ober⸗Ellguth, 2) Prov. Schulrath a. D. Geh. Rath Dr. Scheibert aus Jannowitz, 3) Ober⸗-Amtmann Seiffert aus Rosenthal; Hen en , , n ,

III. zu geistlichen Stellvertretern: 1) Sup. Ueberschaer aus Oels, 2) Sup. Gamper aus Marklissa, 3) Sup. Lic. Köl⸗ ling aus Roschkowitz; ͤ

JV. zu weltkich en Stellvertzetetn: I) Landrath v. Lösch auf Langhellwigsdorf, 2) Buron v. Czettritz Neuhaus auf Kolb⸗ nitz, 3) Direktor Dr. Brettschneider aus Saarau.

Schluß der Sitzung gegen 2 Uhr. Morgen früh 9 Uhr sindet Synodal⸗Gottesdienst in der Clisabethkirche, die nächste Sitzung Montag 9 Uhr statt.

Bayern. München, 22. Januar. Die „Allg. 3tg.“ schreibt: Im Gegensatze zu unserer Mittheilung vom 17.8. in Betreff des Standes der Ostbahn⸗Verkaufsangelegenheit wurde dem Korr. v. u. f. Deutschland? dieser Tage von hier mit⸗ getheilt, daß die Differenz des Kaufpreisangebots der Staats—⸗ regierung gegenüber der Forderung des Verwaltungsrathes eine keineswegs ganz geringe sei, da die letztere, auf S. 8 (respektive F. 41) der Satzungen fußend, den Durchschntt des Frank— furter Courses (der Ostbahn⸗ Aktien) der letzten 10 Jahre berechnet. Diese Behauptung beruht jedoch sicher auf einem Irrthum; denn, abgesehen davon, daß nach einer solchen Durchschnittsberechnung die Forderung des Ver⸗ waltungsraths sich so hoch stellen müßte, daß von einem Ankauf der Ostbahnen dermalen kaum weiter die Rede sein könnte, be— zieht sich die Bestimmung des citirten Paragraphen auch nur auf den Fall, wenn nach Ablauf der Zinsengarantiezeit und diese dauert bis Ende 1904 der Staat von dem vorbehaltenen Rechte der Ablösung der Ostbahnen Gebrauch machen sollte. Dieser Fall liegt aber nicht vor, denn nicht um eine Ablösung, sondern um einen Ankauf der Bahnen nach freier Uebereinkunft handelt es sich dermalen, und daß eine solche Uebereinkunft im beiderseitigen Interesse in kürzester Zeit zu erzielen sein wird, dies wird uns wiederholt versichert.“

Am 23. d. M. verstarb in Nürnberg der frühere Justiz-Minister Carl Freiherr von Mulzer, Königlich baye⸗ rischer Kammerherr, Staatsrath im außerordentlichen Dienste und quiesc. Appellationsgerichts⸗Präsident, Großkreuz des Ver⸗ dienst⸗ Ordens vom hl. Michael. Derselbe am 4. April 1805 zu Wetzlar geboren, war der Sohn des im Jahre 1831 in Pas⸗ sau verstorbenen Regierungs⸗Präsidenten Frhrn. v. Mulzer. Mulzer wurde am 24. April 1859 in das neugebildete Mmi⸗ sterium als Justiz⸗Minister berufen. Sein Name ist mit der Geschichte der Gesetzgebung Bayerns eng verknüpft; die Trennung der Justiz von der Verwaltung, sowie über⸗ haupt die so wichtige legislatorische Reformen anbahnende Gerichts verfassung vom 10. November 1861 fallen unter das Ministerium Mulzer. Nach dem Tode Königs Max II. stellte Freiherr von Mulzer das Gesuch um Enthebung von seinem Ministerposten, und wurde unter Willsahrung dieses Wunsches am J. August 1864 zum Präsidenten des Appellationsgerichtes von Niederbayern ernannt. Ein Augenleiden zwang ihn, im Jahre 1867 um seine Pensionirung nachzusuchen.

Hessen. Darmsta dt, 20. Januar. Die „Darmst. Ztg. meldet: Die Großherzogliche Regierung hat der Zweiten Kammer der Stände den mit der Königlich preußischen Regie⸗ rung wegen Führung der Berlin⸗Wetzlarer Bahn durch Groß⸗ herzoglich hessisches Gebiet, und über die Anlage einer Zweigbahn von Kinzenbach in das Bieberthal abgeschlossenen Staatsver⸗ trag d. d. 27. Dezember 1874 nebst Schlußprotokoll von gleichem Datum zur Zustimmung vorgelegt. Inhaltlich dieses Vertrages wird die in Rede stehende Bahn das diesseitige Gebiet in der Richtung von Lollar nach Kinzenbach durchschnelden, von welch letzterm Orte aus eine Zweigbahn zu dem in Bieberthal ge⸗ legenen Erzfundstätten in Aussicht genommen ist. Bei Lolkar und Kinzenbach sollen Stationen für den Personen⸗ und Güter⸗

verkehr angelegt und die betreffenden Anlagen bei Lollar mit der Main⸗Weserbahn in Schienenverbindung gebracht werden, durch welche Bestimmung die Interessen der Stadt Gießen so weit als thunlich gewahrt worden sind.

Das soeben ausgegebene „Regierungs- Blatt“ enthält das Gesetz vom 11. Januar d. J. über das neuzuschaffende oberste Verwaltungsgericht (Verwaltungs⸗-Gerichtshof) als Schlußstein zu dem neuen, im Uebrigen vollendeten Verwal⸗ tungs Organisationsgebäude. Danach wird dieses Gericht zusam⸗ mengesetzt ) aus Verwaltungsbeamten, welche ein höheres Ver⸗ waltungsamt, das juristische Bildung voraussetzt, bekleiden oder bekleidet haben, oder Professoren der juristischen Fakultät oder der staatswissenschaftlichen Fächer an der Landes⸗Universttät, und 2) aus richterlichen Beamten, welche Mitglieder von Kollegialgerichten sind oder gewesen sind. Die Mitglieder des Verwaltungs⸗Ge⸗ richtshofs werden auf Vorschlag des Gesammt⸗Ministeriums für die Dauer der Bekleidung ihres Haupt⸗Amts, oder, wenn sie als Pensionäre zu diesen Funktionen berufen werden, auf Lebens⸗ zeit oder für die Zeit, bis ihnen von Neuem ein Hauptamt übertragen werden wird, ernannt. Das im Ganzen fs Artikel enthaltende Gesetz tritt in Kraft, sobald der bisherige „Admi⸗ nistrativ⸗Justizhof! seine amtliche Wirksamkeit einstellt, und von diesem Zeitpunkt an ist auch der „Staatsrath“ aufgehoben. Eine gleichzeitig erschienene Bekanntmachung bestimmt, daß die für 1874 ernannt gewesenen außerordentlichen Staatsraths⸗ Mitglieder bis zu jenem Zeitpunkt noch in Funktion bleiben sollen.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meinin⸗ gen, 22. Januar. Nachdem der tagende Landtag vor Weih⸗ nachten bereits den Staatsdienern eine Besoldungserhöhung von 20 Proz, den Forstbeamten bis zu 33 Proz. gewährt hat, ist von demselben in seinen mit Anfang dieser Woche wieder auf⸗ genommenen Sitzungen auch das Besoldungsgesetz der Henne chullehrer geregelt worden und zwar in folgender

eise:

Es erhalten in den Städten J. Klasse die Schuldirektoren 1900 6, die 2 am niedrigsten besoldeten Lehrer je 900 M, 2 höher besoldete Lehrer je 1906 S6, alle übrigen je 1200 „Sςů; in den Städten II. Klasse die Schuldirektoren 1803 66, der am Niedrigsten be⸗ soldete Lehrer 850 , ein höher besoldeter Lehrer 10900 , alle übrigen aber je 1150 Æν; in anderen Orten mit 4 oder mehr Lehrern die Rektoren 1550 Sς, der am niedrigsten besoldete Lehrer 725 6, ein höher besoldeter Lehrer 850 MSM, alle übrigen je 50 (6; an Hrten mit weniger als 4 ordentlichen Lehrern, und zwar wenn der Schulbezirk weniger als 300 Bewohner zählt, werden ge⸗ zahlt 675 , bei größerer Einwohnerzahl 900 06. Bei Schulen mit 2 Lehrern erhält der erste 900 M., der zweite 675 S; dei Schulen mit 3 Lehrern der erste 9090 , der zweite 750 „M, der dritte 875 Außerdem sollen Alterszulagen gewährt werden, und zwar ohne Un⸗ terschied zwischen Stadt und Land nach 5jähriger Dienstzeit 70 n, nach 10jähriger Dienstzeit 160 , nach 15sähriger Sienstzeit 150 Mt, nach 20jähriger Dienstzeit 200 6, nach 30jähriger Dienstzeit 300 .

DasRegierungsbl. für das Herzogthum Sachsen⸗Meiningen veröffentlicht ein Ausschreiben des Herzoglichen Staats— Ministeriums Abtheilung des Innern, vom 11. Januar 1875, die Schonzeit des Wildes betreffend.

Ferner folgendes Gesetz vom 5. Januar 1875, be⸗ treffend die Tagegelder und Transportkosten der Land— tagsabgeordneten:

Art. J. Die Tagegelder der Landtagsabgeordneten werden aus Neun Mark für den Tag festgesetzt.

Art. 2. Außerdem wird denselben der nöthige Aufwand von Transportkosten erstattet, und zwar da, wo Eisenbahn— und resp. Postverbindungen benutzt werden können, das Fahr⸗ geld für die zweite Wagenklasse bezüglich das Postgeld.

Art. 3. Gegenwärtiges Gesetz tritt vom 1. Januar 1875 ab in Kraft.

HDesterreich⸗üngarn. Wien, 23. Januar. Der Kaiser trifft morgen von Ofen in Wien ein.

Im Herrenhause fand heut die zweite Lesung des Gesetzentwurfes über die Exrichtung des Berwaltungsgerichts⸗ hofes statt. Der Abg. Hye beantragte die Zurückleitung an die Spezialkommission behufs Vornahme einiger Verbesserungen. Der Minister Unger will den Verwaltungsgerichtshof nur als Kassationshof und trat den Anschauungen Hyes entgegen, dessen Anträge indirekt auf die Aufhebung des §. 15 des Skaats⸗ grundgesetzes abzielen. Der Minister sagte, der Verwaltungsgerichts⸗ hof sei berufen, eine Rechtsverletzung der Verwaltung wieder herzustellen, er sei keine administrative oberste Berufsinstanz und stehe nicht innerhalb der Verwaltung. Nur der Verwaltungs⸗ gerichtshof als Kassationshof sei beispielsweise im Stande, ein Gegengewicht gegen partelische Entscheidungen eines Landesaus— schussss zu bieten. Der Minister legte Gewicht darauf, daß die Mitglieder desselben nicht den Vertretungskörpern angehören dürfen, sondern vom Kaiser ernannt werden und empfahl schließlich die Annahme der Vorlage in der jetzigen Gestalt. Der Minister Lasser hielt den Verwaltungsgerichtshof nicht für ab⸗ solut nothwendig, aber für nützlich; es müsse dafür gesorgt werden, daß die neue Einrichtung nicht hemmend oder verlangsamend in die Verwaltung eingreife— Hye zog hierauf seinen Antrag zurück und behielt sich vor, seine Amendements in der Spezialdebatte einzubringen. Das Haus trat sodann in die Spezialdebatte ein und nahm den Gesetzentwurf mit einigen Amendements an. Die Konsularkonvention mit Italien wurde ebenfalls angenommen und die Kaiserlichen Verordnungen über die Suspension und Wiederherstellung der Bankakte genehmigt.

Das Abgeordnetenhaus berieth über die Petition der Eisenindustriellen und nahm nach längerer Debatte den An⸗ trag des Ausschusses an, die Regierung aufzufordern, das Eisenbahnprogramm mit größter Beschleunigung vorzulegen. Bonda interpellirte wegen einer in Ragufa staltgefundenen Ent⸗ führung einer österreichischen Staatsbürgerin durch einen türki⸗ schen Unterthanen. !

(Prag. Abendbl.) In Pest fand am 20. d. M. ein Ministerrath statt, welcher sich mit den Maßnahmen zur Rege⸗ lung der Kreditverhältnisse des Landes, hauptsaͤchlich mit der Wucherfrage, befaßte. Wie trübe es in wirthschaftlicher Be⸗ ziehung bereits in Ungarn aussieht, das zeigt das namhafte Sinken der Wähleranzahl anläßlich der eben im Zuge befind⸗ lichen Wählerkonskription. Wegen großer Ste uerrückstände mußte nämlich eine namhafte Anzahl Wahlberechtigter aus den Listen gestrichen werden. In einzelnen Komitaten, wie z. B. im Borz⸗ zoder, beträgt das Minus an 40 Prozent sämmtlicher Wähler.

Pest, 22. Januar. Unter dem Vorsitze des Kaisers finden täglich Berathungen über das Honved⸗Dienstregle⸗ ment statt, die demnächst zu Ende gefuhrt werden.

Die Verhandlungen wegen der ru mänischen Zoll— kon vention nehmen, dem „Pester Lloyd“ zufolge, einen gün⸗

stigen Fortgang. Dieselben werden in Wien mit dem rumäãni⸗ schen Agenten Costaforu direkt gepflogen.

23. Januar. Das Abgeordnetenhaus setzte den Beginn der Budgetdebatte auf Mittwoch fest. Hierauf wurden Petitionen verhandelt. .

Im O berhau se wurden die Handelsverträge und eine Gesetznorlage über Krankenpflegekosten angenommen. Montag wird die Grundsteuervorlage verhandelt.

25. Januar, (W. T. B. Der Finanz⸗Minister Ghyezy hat gestern Abend in der Konferenz der Deakpartei sein bekanntes Fina nz expos 6 vorgelegt und dabei die Erklärung abgegeben, daß die Regierung das Defizit jedenfalls vermittelst einer Erhöhung der Steuern um einen Betrag von 13 Millionen decken werde. Isedenyi beantragte, das Budget an den Finanzausschuß mit der Instruktion zurückzuverweisen, eine größere Ersparung von Ausgaben im Auge zu behal⸗ ten. Baron Sennyey erklärte, er nehme das Budget in dessen Grundzügen an und werde sich darauf beschränken, einige Bedenken gegen die eingeschlagene Finanzpolitik im Hause vorzubringen. Der Minister⸗Präsident Bitto betonte wieder- holt, daß die Regierung auf Votirung der Steuervorlage be⸗ stehen müsse, worauf Baron Senney und Uermenyi die Ver⸗ sicherung abgaben, daß von ihnen keine Ueberraschung vorbereitet werde. Nach dreistündiger Debatte wurde zuletzt beschlossen, den Bericht des Finanzausschusses, unter Ablehnung des Antrages 3sedenyi, als Grundlage für die Spezialdebatte anzunehmen.

Großbritannien und Irland. London, 25. Januar. (W. T. B. Der spanische sesandte hat dem auswärtigen Amte am 23. d. M. ein eigenhändiges Schreiben des Königs Alfons zugestellt, in welchem derselbe der Königin seine Thronbesteigung anzeigt und die Versicherung hinzufGgt, daß es sein Bestreben sein werde, die verfassungsmäßige, bürger⸗ liche und religiöse Freiheit des Königreichs, zu dessen Regie⸗ rung er berufen worden, zu erhalten und auszubauen.

Frankreich. Paris, 24. Januar. (W. T. . der Frage über die Gesetzvorlage, betreffend die Bil⸗ dung eines Senates, herrschen, wie die „Agence Havas“ meldet, bei der Partei der Linken sehr ver⸗ schiedene Ansichten, die gesammte Partei ist indeß ent⸗ schlossen, für die zweite Lesung dieser Vorlage zu stimmen. Der Herzog von Padua (Bonapartist) tritt als Kandi⸗ dat für das Deputirtenmandat in dem Departement Seine⸗et⸗ Oise auf. In feinem Wahlprogramm erklart derselbe, daß er die dem Marschall⸗Präsidenten von der Nationalversammlung verliehenen Gewalten stets achten werde, daß aber mit dem Ab? lauf derselben der französischen Nation das Recht zurückgegeben werde, über die zukünftige Regierungsform zu entscheiden.

Spanien. Madrid, 23. Januar. (W. T. ö König will, wie in militärischen Kreisen verlautet, betreffs der zu den Carlisten übergegangnen Offiziere eine allgemeine Am⸗ nestie erlassen von welchen nur diejenigen ausgeschlossen sein sollen, die Angesichts des Feindes resp. im Gefecht zu den Carlisten übergetreten sind. Der Herzog von Sevikla hat sich für König Alfons erklärt. Es find Königliche De⸗ krete erlassen, durch welche der Rangunterschied des hohen und des niederen Adels (Ritter und Hidalgos) wiederhergestellt und die Wiedereinführung der Generalr äthe angeordnet wird. Den Vorsitzenden der letzteren ernennt die Regierung. Auch die Ableistung des Treueides durch die präkonisirten höheren geistlichen Würdenträger ist wieder eingeführt.

Aus Paris, 23. Januar, Abends, wird tele— graphirt: Der „Moniteur“ meldet, daß König Alfons heute eine Revue abgehalten habe und von den Truppen mit großem Enthusias mus empfangen worden sei. Ueber König Alfonso's Proklamation an die Nation wird mitgetheilt, daß dieselbe alle Spanier ohne Unterschied der Parteien auffordere, sich um die konstitutionelle Monarchie zu schaaren. Den baskischen Provinzen verspricht der König aus⸗ drücklich die Fueros aufrecht erhalten zu wollen. Den gegne⸗ rischen Parteien wird ein Generalpardon angeboten; jede Feind— seligkeit solle vergessen werden. Die carlistischen Offiziere, welche durch revolutionäre Umtriebe in das Lager des Don Carlös getrieben wurden, fordert der König auf, zurückzukehren und sich wieder an die Seite ihrer alten Kampfgenossen zu stellen.

= 256. Januar. (W. T. B.) Die Regierung hat in dem Wunsche, den von der deutschen Reichsregierung betreffs der Brigg „Gustav“ erhobenen Reklamationen nach seder Richtung gerecht zu werden, einen Spezial⸗Kommisfär nach Zarauz abgeschickt, der an Ort und Stelle über die näheren Umstände bei dem Angriffe der Carlisten auf das deutsche Schiff weitere Erhebungen vornehmen soll. Nach Mittheilungen aus Regie⸗ rungskreisen ist die Haltung der Kurie gegenuber dem nenen König Alfons fortdauernd eine äußerst freundliche und entgegen⸗ kommende.

Peralta, 23. Januar. (W. T. B.) König Alfons hat gestern eine Ansprache an die Bewohner der Pro⸗ vinzen Bisegyag und Navarra erlassen, in welcher er den lebhaften Wunsch kundgiebt, daß der Friede im Lande wieder⸗ hergestellt werde. Es wird vom König in dieser Ansprache be⸗ sonders hervorgehoben, daß seine Thronbesteigung wie dies seinen Wünschen entsprochen ohne jedes Blutvergießen mög⸗ lich gewesen sei. Wenn es sich Seitens der Bewohner von Bis⸗ eaya und Navarra ihm gegenüber um einen Streit über die faktische Gewalt handle, so bleibe allerdings nichts als der fortgesetzte Krieg übrig. Gelte ihr Kampf aber der monarchischen Treue, der Anhäng⸗ lichkeit an die Monarchie, so sei er der Repräsentant der Dhynastie, gelte derselben dem katholischen Glauben, so fei er ein katholischer König. Er werde die Unbilden, die die Kirche erfahren, wieder gut zu machen suchen und er werde ein durchaus konstitutioneller König sein. Er biete ihnen den Frieden an, die Bewohner beider Provinzen würden ihre Freiheiten behalten und ihren früheren Wohlstand wieder erlangen. In einer an die Armee erlaffenen Proklamation weist der König darauf hin, daß die Armee Spaniern und Landsleuten gegenüberstehe und daß er zu Gunsten der Wiederherstellung des Friedens, nicht aber für den Ruhm der Waffen, ihre Energie in Anspruch nehme. Wenn sein Aufruf an die ihm feindlich Gegenüberstehenden nicht beachtet werde, bleibe nur der Kampf übrig. Gott werde mit denen sein, die den Frieden wollten, nicht mit denen, die die Waffen gegen das Vaterland trügen.

Italien. Rom, 23. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirten kammer beantwor⸗ teten die Minister der Justiz und des Innern die Inter— pellation des Deputirten Cairoli über die in Billa Ruffi vorgenommenen Verhaftungen und legten die Gründe dar, aus denen dieselben nothwendig erschienen wären. Cairoli erklärte darauf, durch die Antworten der Minister nicht zufrieden gestellt zu sein, und beantragte die Annahme einer

Tagesordnung, durch welche dem Ministerium ein Tadels votum ertheilt wird. Die Kammer beschloß, über diese Tagesordnung am Montag in Verathung zu treten.

(W. T. B.) In einer von Studirenden der hiesigen Universitãät abgehaltenen Versammlung war die Zu⸗ stimmung zu der Demonstration ausgesprochen worden, welche die Studirenden der Universität Turin gegen den Unterrichts⸗ Minister Bonghi bei dessen kürzlicher Anwesenheit in Turin ins Werk gesetzt hatten. Die Regierung hat in Folge dessen ein Dekret erlassen, wonach der 5. und 6. Kursus der medizi⸗ nischen Fakul tät der hiesigen Universttät geschlossen wird. 24. Januar. (W. T. B.) Garibaldi ist heute hier eingetroffen und auf dem Bahnhofe von dem Syndikus und dem Munizipalrath empfangen worden.

Sicherem Vernehmen nach betrifft die bereits erwãhnte Schatzoperation des Finanz⸗Ministers Minghetti den Abschluß einer Konvention mit der Ta baks regie, wonach die letztere von den in diesem Jahre und im Jahre 1876 zur Ausloosung gelangenden Serien ihrer Obligationen zwei für Rechnung der Regierung amortisiren und dafür zwei neue, in den Jahren 1882 und 1883 verfallende Serien erhalten soll. Die Qperation ist somit eine Prolongation der Rückzahlung von 100 Millionen Franes, welche die Tabaksregie der Regierung vorstreckte. Die Generalversammlung der Tabaklsregie wird hier⸗ über am 27. d. Beschluß fassen.

Rumänien. Bu karest, 23. Januar. (Wien. Stg.) Die Kamm er, welche gestern wieder zusammentrat, hat die Gesetz⸗ vorlage bezüglich der Unterstützung der Einwohner der durch die Mißernte , Distrikte angenommen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. Ja⸗ nuar. (W. T. B.) Gestern fand im Winterpalais ein großer Ball statt, welchem alle hier anwesenden Mitglieder des Kaifer⸗ lichen Hauses beiwohnten. Das diplomatische Corps war, bis auf den durch Unwohlsein abgehaltenen englischen Botschafter, Lord Loftus, vollständig vertreten; auch die Damen desselben nahmen an der Festlichkeit Theil.

Schweden und Närwegen. Stockholm, 18. Januar. (S. N.) Der Reichstag wurde, wie bereits telegraphisch ge⸗ meldet, mit gewohnter Feierlichkeit eröffnet. Dem vorgelegten Budget zufolge sind die Einnahmen zu 67,507, 000 Kr., und die Ausgaben zu 79,554,919 Kr. veranschlagt. Die Differenz, nämlich 12,047,919 Kr., soll durch Beiträge von Seiten des Reichsschuldencomtoirs ausgeglichen werden. = 3u Obigem mag, nach „Steckh. Dagblad“, noch hinzugefügt werden, daß das Budget am Schlusse des Jahres 1875 einen Ueberschuß von 6. Millionen Kronen ausweist, über dessen Anwendung die Re⸗ gierung sich vorbehält, später Vorschläge zu machen. Zu Eisenbahnanlagen und Anschaffung von Eisenbahnmaterial wird die Aufnahme einer Anleihe von 17 Millionen verlangt werden, und wenn man hierzu die Beträge legt, welche nach dem Beschluß früherer Reichstage geliehen werden sollen, so wird die ganze im Budget berechnete Anleihesumme sich auf a. 23 Millionen Kr. belaufen, die theils zu Eisenbahnanlagen, theils zur Amortisation älterer Eisenbahnanleihen verwendet werden soll. Der Vorschlag zur Heeresorg anisation soll dem Vernehmen nach im Februar zur Berathung kommen. Der jetzt versammelte Reichstag wird sich auch mit einer wichtigen Administrationsfrage zu beschäftigen haben, indem, wie man er— wartet, ein Vorschlag zur gänzlichen Umbildung des Kommerz⸗ Kollegiums zur Verhandlung kommt.

Der bisherige Konsul für Schweden und Norwegen in Frankfurt am Main, Baron R. v. Erlan ger, ist von Sr. Maje⸗ stät dem König zum General⸗Konsul für Schweden und Norwegen in Frankfurt am Main ernannt worden.

Das großartige Asfyl für alte Leute, welches die ver⸗ wittwete Königin Jo sephine in Stockholm errichten läßt, und welchem sie den Namen „Andenken an Oskar den Ersten“ gegeben hat, soll Personen über 50 Jahre aufnehmen, welche ein ordentliches Leben geführt haben Und an keiner unheilbaren oder anderen Krankheit leiden, die besondere Pflege erfordert. Jeder Insasse erhält ein Zimmer mit Licht, Wärme und Mobi— lien sowie täglich 3 Mahlzeiten.

Die Thronrede, mit welcher der König am 18. den Reichstag eröffnete, lautet, wie folgt:

Gute Herren und schwedische Männer!

Sie nehmen Ihr durch das Grundgesetz bestimmte Amt in einer Zeit des äußeren Friedens und der Freundschaft mit allen fremden Mächten wieder auf. Dieses glückliche Verhältniß neben einer innern Ruhe und ungestörten gedeihlichen Entwickelung des Reiches, wird Ihre Berathungen in wichtigen Staatsangelegenheiten erleichtern.

Etwas mehr als ein und ein halbes Jahr ist verflossen, seitdem Sie den Wunsch geäußert, daß das Vertheidigungswesen des Reiches in Zusammenhang mit der Abschaffung der Grundsteuern, auf den Grund der allgemeinen Wehipflicht umgeschaffen und aufgebaut wer⸗ den möge. Indem ich auf Ihre ernsthafte Mitwirkung zur Erhaltung einer in der Wirklichkeit zufriedenstellenden Heeresordnung rechne, habe ich ohne Verzug die Arbeiten vornehmen lassen, welche zur Entwicke⸗ lung der beiden, Ihren Wünschen zufolge vereinigten Fragen unum— gänglich erforderlich sind; diese Arbeiten sind auch seitdem ohne Ab⸗ bruch fortgegangen.

Verschiedene Vorschläge zu einer neuen Ordnung sowohl für die Land- und Sceevertheidigung, als auch für neue Gesetze über die all⸗ gemeine Wehrpflicht sind jetzt entworfen und von sachkundigen Männern sorgfältig geprüft.

Ein auf meinen Befehl bekannt gemachtes Gutachten über Ab⸗

schaffung der Grundsteuern ist nach grundgesetzlicher Bestimmung dem betreffenden Amte zur Bereitung überliefert; aber die in hohem Grade verwickelte Beschaffenheit des wichtigen Stoffes hat noch nicht den Abschluß dieser Bereitung zugegeben. Da Sie, indessen selbst die AÄbschaffung der Grundsteuern von einer, befriedigenden Lsung der Frage über das Umbilden des Ver— theidigungswesens beruhend gemacht haben und in allen Fällen der jetzt vorliegende Vorschlag in letztgenanntem Zwecke nicht berücksich⸗ tigt ist, zur Ausführung gebracht zu werden, che die Frage über die Grundsteuer abgemacht ist, so trage ich kein Bedenken, Ihnen schon beim gegenwärtigen Reichstage die vollendeten Theile dieser weit⸗ umfassenden Angelegenheit vorzulegen. Mit vollem Vertrauen zu Ihren vaterländischen Gesinnungen und Ihrem aufrichtigen Willen, die Vertheidigung unseres Vaterlandes zu sichern, erwarte ich den Ausgang Ihrer Ueberlegungen.

Ein neuer Haupttheil des großen Unternehmens, welches vor 29 Jahren eingeleitet wurde, ist vor Kurzem mit der Eröffnung der östlichen Stammbahn vollendet worden, und die bedeutenden Staats= zuschüsse, welche ich . Beförderung des Verkehrs auf den Staats bahnen von Ihnen verlangen werde, sind eine Folge des vermehrten Geschäftsverkehrs. .

Mit dem Bedarf des Stgats sind auch die Mittel zur Erfüllung gewachsen, und der ganze Betrag der Staatseinkünfte des letztver⸗ . Jahres überschießt bedeutend die von Ihnen berechnete

umme.

Hiermit erkläre ich diese Reichsversammlung als eröffnet, und indem ich den Segen Gottes über Ihre Arbeiten herniederrufe, ver- bleibe, ich Ihnen, gute Herren und schwedische Männer, mit aller königlichen Gnade stets gewogen.

Amerika. New⸗Rork, 25. Januar. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach wird dem Kongreß eine Re solution unterbreitet werden, in welcher die von Kellog eingeseßte Re⸗ gierung von Louisiang anerkannt wird. General Sheridan bleibt bis auf Weiteres auf seinem Posten in New-Orleang. Die Legislative von Kansas hat bezüglich des Vorgehens des Prãsidenten Grant und des Generals Sheridan in Louisiana ihre ausdrückliche Billigung ausgesprochen. = Die Finanzkom mis⸗ sion hat ihre Berathungen betreffend die Kaffee⸗ und Thee⸗ steu er bis dahin vertagt, wo die vom Schatzsekretär Bristow vorbereitete bezügliche Bill eingegangen sein wird.

—= Der „A. A. C. liegen folgende Nachrichten aus Süd⸗ am erika vor:

Die „Anglo-Brazilian Times“ vom 23. Dezember berichtet: Die Ruhestörungen im Norden dauern noch immer fort, aber einige der unruhigen Bezirke sind von Truppen ⸗Abtheilungen oder Freiwilligen⸗ Corps besetzt und beruhigt worden. In Pern am buco soll sich der erste bewaffnete Widerstand gegen aufruͤhrerische Bewegungen laut telegraphischer Meldung in Bonito ereignet haben, wo eine kseine Ab⸗ theilung Polizei, in dem Rathhause verbarrikadirt, auf ihre Angceifer feuerte und sie versprengte, wobei ihr Anführer getödtet und mehrere Andere verwundet wurden. Der Kongreß hat ein Gesetz angenommen, welches verfügt, daß die in der Bank voön England deponirkten Fonds, resultirend aus der von George Earl Church im Ramen der Republik Bolivia kontrahirten Anleihe, ausschließlich zur Schiff barmachung der östlichen Flüfse und zum Bau der Madeira“ und Mamore⸗Eisenbahn verwendet werden sollen.

Der »Buenos Ayres Standard“ vom 15. Dezember meldet, daß 30009 Mann der ehemaligen Rebellenarmee in ihre Heiniath entlassen wurden. Dreihuntert Offiziere wurden nach Buen os Ayres gebracht, um dort abzuwarten, was die Rezierung über sie beschließen wird. Einige Journale fordern ein strenges Urtheil; aber die allgemeine Stimmung begünstigt ein einfaches Verbannungsdekret gegen die Ge⸗ nerale Mitre und Rivas und andere Führer. Der JJ. ist für einen Staats feiertag in sämmtlichen 14 Provinzen anberaumt zur Feier der vollständigen Wiederherstellung des Friedens in der Republik. Die Namen der Generale Mitre, Ripas, Arredondo, Gelly, Obes und Ivanowgki sind in der Armeeliste gestrichen worden. Die Regierung hat den Belagerungs zu stand noch nicht aufgehoben, aber die meisten seiner Wirkungen beseitigt. Tie Zollausweise in Paraguay zeigen, daß seit dem Schluß des Krieges um 50 R zugenom⸗ men haben.

In Carl Heymanns Verlag hierselkst sind erschienen:

Bahnpolizei⸗Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands. Nebst dem Rundschreiben des Reichs Eisenbahn⸗Amtes an die sämmtlichen Bundesregierungen exkl. Bayerns). Publizirt im „Centralblatt für das Deutsche Reich“, III. Jahrgang, Nr. 2. vom 8. Januar 1875. w Sisnglordnung für die Eisenbahnen Deutschlandz. Nebst dem Rundschreiben des Reichs⸗Eisenbahn⸗Amtes an die sämmtlichen Bun⸗ desregierungen (exkl., Bayerns). Publizirt im „Centralblatt für das Deutsche Reich“, III. Jahrgang, Nr. 2 vom 8. Januar 1875.

Bekanntmachung. Auszug aus dem Bahnpolizei⸗Reglement vom 4. Januar 1875 und dem Betriebs⸗Reglement vom 11. Mai 1874 für die Eisenbahnen Deutschlands.

Statistische Nachrichten.

Nach den Aufstellungen des Kaiserlichen statistischen Amts hat die Wechselstempeisteuer im Deutsch en Reiche im Jahre 1874 einen Ertrag von 2,347,160 Thlr. gegen 2,616, 462 Thlr. in 1873 und 2379, 630 Thlr., in 1872 geliefert; ste hat sonach gegen 1873 einen Ausfall von 269,302 Thlr., gegen 1872 einen sylchen von 32,470 Thlr. ergeben. Wenn man nach dem Maßstabe von Thlr. Steuer 1000 Thlr. Wechsel den Wechselverkehr berechnet, so, ergiebt derselbe für 1876 einen Gesammtumfatz von 16943 Min Thlr. gegen 52325 Mill. Thlr. in 1873 und 47395 Mill. Thlr. in 1372. Daß diese Berechnung nicht vollständig zutreffend sein kann, ist selbstverständlich, immerhin wird sie aber ein gewiffes Interesse beanspruchen können; sie ergiebt, daß der Wechselverkehr des Jahres 18974 gegen denjenigen des Vorjahres sich um ca. 558 Mill. Thlr. vermindert hat. Fast die Haͤlfte der Abnahme des Verkehrs entfällt auf Berlin allein, und es ist von Interesse, näher zu verfolgen, wie sich hier in den einzelnen Monaten von 1874 und 1873 die Wechsel⸗ stempelsteuer und der Wechselumsatz gestaltet haben; dies ergiebt fol- gende Uebersicht:

Wechselst empel st eu er: Wechselum satz: Monat. 1874. 1873. 1874. 1873. Januar. 28, 862 Thlr. 35, 126 Thlr. 575 Mill. Thlr. 702 Mill. Thlr. Februar. 20 839 42, 135 . k März. . . 22,640 34,901 ö April .. . 2, 006 30, 950 i,. Mai ... 24,319 26,193 6 . Juni .. . A766 35,938 3, 71,0 Juli . . . 22, 880 29,193 5, 58,4 August . 21,624 39,272 3, 78,65 Septbr. . 20, 647 37,507 7h, Oktober. 23, 180 30, 160 z 603 Novpbr. . 20450 25,293 . he,. . Der..., . , . Zusamm. G37 Thir. Z dd. z Thĩr. d d c NT Tir TI Mill. Thlr.

Der Wechselverkehr Berlins, soweit er sich aus dem Ertrage der hier aufgekommenen Wechselstempelsteuer berechnen läßt, ist hiernach im ahgelaufenen Jahre um eirca 250 Millionen Thaler geringer, als in 1373 gewesen. Es zeigt sich in dieser Ziffer recht deutlich der Einfluß, welchen die mißlichen Geld⸗ und Kreditoerhältnisse auf den hiesigen Platz ausgeübt haben; dieselben sind auch anderswo, aber nicht in so auffallender Weise hervorgetreten. So weisen von den Ober, Post⸗Direktionsbezirken des Reichs -Postgebsets u. 4. an Steuer⸗ einnahme weniger nach: Hamburg 25,005 Thlr. 500 Mill. Thlr. Wechsel), Frankfurt a / M. 18965 Thir. 354 Mill. Thlr. Wechsel), Cöln 14,139 Thlr. (— 29,“ Mill. Thlr. Wechfel, Düffeldorf 13 956 Thlr. 261 Mill. Thlr. Wechsel, Danzig 11,527 Thlr. ( 286 Mill. Thlr. Wechseh, Leipzig 10,870 Thlr. 21 ill. Thlr. Wechsel, Liegnitz lo,i21 Thlr. 202 Mill. Thlr. Wechse ), Posen 2638 Thlr. (— 192 Mill. Thlr. Wechseh, Bremen Y557 Thlr. 1941 Mill. Thlr. Wechseh, Breslau 7347 Thlr. 145 Mill. Thlr. Wechseh. In den übrigen Bezirken des Reichs Postgebiets waren die Differenzen zwischen beiden Jahren von weniger Be— deutung. Mehreinnahmen von einigem Belange weisen dagegen Bayern und Württemberg nach, ersteres 11,990 Thlr. . . Thir. Wechsch, letzteres 358 Chir. = 7. Mill. Thll. Wechfeh;

Kunst, Wissenschaft ünd Literatur.

Der, bald nach dem Regierungsantritt König Friedrich Wil helm IV. vor 33 Jahren angefangene Bau des Cam 3 Santo am Dome soll jetzt wieder aufgenommen werden. er diesjährige Staatshaushalt enthält eine . von 600,000 Mark als . Rate zu diesem Zweck.

Bei, E. A Seemann in Leipzig ist unter dem Titel „Das Königliche Schloß in Berlin“ ein hel iographisches

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