1875 / 34 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Feb 1875 18:00:01 GMT) scan diff

eine heimische Stätte. Zu höherem Schwunge hat sich die italische Kunst nie wieder erhoben, als unter ihrem Schutze unter den günstigen Einflüssen, die in Talenten, in großartigen Mitteln, in einem glücklichen Klima, in der ganzen Richtung der Zeit zu⸗ sammentrafen. Ihren politischen Einfluß erhöhten und ergänzten ihre weiten Handelsverbindungen im Orient, in Deutschland und den slavischen Ländern. Diese Bedeutung in ihrer geisti⸗ gen, politischen und materiellen Ausdehnung darzustellen, war es, was der künstlerischen Darstellung des Festes den Grund— gedanken geliehen hatte. .

Kurz nach 10 Uhr begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Carl, die Prinzessin Louise, der Prinz Alexander, die Prinzen August und Wilhelm von Württemberg nach den für Allerhöchst⸗ und Höchstdieselben bestimmten Plätzen unter dem Baldachin.

Von Sr. Majestät dem Kaiser und König erbat sich darauf der Primo Cameriere Graf A. Eulenburg mit dem Stabe, auf dem das Wappen der Medicäer zu sehen war, die Erlaubniß zur Einführung des Zuges in die Festhalle. An ihn schlossen sich 6 Camerieri an, im blauen italienischen Gewande, ebenfalls mit goldenen wappenverzierten Stäben; sie thaten den Dienst als Ceremo—⸗ nienmeister. Fanfaren kündigten das Nahen des medicäischen Hofes. Unter Vortritt von vier Pagen in roth und Silber eröffnete den Zug der Primo Cameriere (Graf A. Eulenburg). Ihm folgten die Ceremonienmeister (Freiherr von Romberg, Herr von Usedom, Graf Kleist⸗Tychow, Herr von Frankenberg⸗ Proschlitz, Graf Oeynhausen, Graf Wrangel). Drei anmuthige Kindergestalten (Prinzessinnen Charlotte, Victoria, Prinz Wal⸗ demar) gingen vor dem Fürstlichen Elternpaare einher. Die Me⸗ dicäerin repräsentirte Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin. Höchstdieselbe erschien in dem bekannten Kostüm des titianischen Bildes „La Bella“ im Palazzo Pitti in Florenz; das Gewand, in den Aermeln reich aufgepufft, war halb aus rothbraunem, halb aus blauem schweren Stoffe, der Schmuck bestand in schweren, breiten, silbernen Gürtelketten. Das Haupt hatte als Prunk nur eine kleine Perlenhaube; eine Flechte des Haares siel nach vorn rechts auf den Hals herab. Den Medicäerfürsten stellte Graf Harrach dar, in einem grauen Gewande, das mit den goldenen Lilien von Florenz gestickt war, und dessen hoch aufgebauschte Aermel mit hochrothem Atlas geschlitzt waren. Auf dem Haupte trug er ein dunkelsammetnes mit Edelsteinen geschmücktes Barett.

Im Gefolge des Fürstlichen Ehepaares befanden sich. der Garzon, der Leibpage, welcher den Helm des Fürsten trug, vier Pagen in blau und Gold, die Oberhofmeisterin (Prinzessin Biron von Curland), die Palastdamen (Frau von Normann, Gräfin Therese Bernstorff, Frau von Liebenau). Weiter im Gefolge gingen die Gäste all, die der Ruf des Medicäerhofes aus fernen Landen nach Italien geführt. Dieselben gingen paarweise und wurden reprä⸗ sentirt durch Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl, Höchstwelche von Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen geführt wurde, durch Ihre Hoheit die Prinzessin Marie von Sachsen⸗Meiningen, Höchstwelche an Seite Sr. Durch⸗ laucht des Prinzen Franz v. Arenberg ging. Es folgten Ma⸗ dame Aristarchi mit dem Grafen Gebhard Blücher von Wahlstatt, Ihre Durchlaucht die Fürstin Ferdinand Radziwill mit Sr. Durchlaucht dem Fürsten Putbus, Baronin von Schleinitz mit Herrn von Bissing, Gräfin A. Eulenburg mit Grafen Moritz Hohenthal. Den Beschluß des Hofes machten zwei Camerieri, Graf Götz Seckendorff und Herr von Mohl und vier Pagen.

Der Kronprinz war in rothen Sammet und Atlas gekleidet, nach dem Bilde des Earl Surrey in Hamptoncourt. Der Einsatz an der Brust und der Kragen um den Hals waren von schwarzem goldgestickten Sammet. Als Schmuck trug Höchstder⸗ selbe eine Originalkette des Schwanen⸗Ordens.

Als das Fürstliche Paar sich auf den Sitzen an den Pfosten zu beiden Seiten der Nische niedergelassen und der Hof sich gruppirt hatte, verkündeten 6 Herolde (Freiherr von Rosenberg, Graf Douglas, Herr von Oertzen, Freiherr von Ziegler, Herr von Bewerförde, Herr von Alvensleben) den Beginn des Me⸗ dicäerfestes in der Huldigung der Künste. Vier Trabanten (von Dieskau, Graf Solms⸗Sonnenwalde, Se. Durchlaucht der Prinz Solms⸗Lich, Graf Klinkowström, als Arquebusiere kündigten das Nahen der Ritter von der Laute an, der vier Troubadours (Baron Benckendorffs! Hr. von Burt, Hr. von Thadden, Mr. Gosselin), die im Gefolge 8 Sänger hatten, mit denen sie die Kunst der Lieder und Gefänge vor dem Me⸗ dicäerpaare kundgaben, in dem Vortrage eines alten Madrigals aus jener Zeit. Denen, die da lauteten, folgten diejenigen, so da formten in Gestalten von Farben oder Marmor. Die Dar⸗ steller dieser alten Künstler, zu deren Werken wir noch heute be⸗ wundernd aufschauen, waren Carl Becker, Encke, Knaus, Gustav Richter, Begas, Ewald, Knille, A. von Werner, A. Berg, Gentz, Willberg, Doepler, A. von Heyden, Meyerheim. Als Sprecher trat einer der Künstler vor das Fürstenpaar hin und gab im Namen seiner Kunstgenossen in einer lateinischen Rede Ausdruck von ihrer Begeisterung, ihrer Hingebung als Dank für die Förderung, die die Kunst durch sie erfahre. BDieser Ansprache war ein großes Album mit Zeichnungen von den be⸗ treffenden Künstlern beigefügt, das von der Fürstin dankbar an⸗ genommen wurde.

Aber auch der Orient hatte seine Gaben gesandt, bestehend in kostbaren Gefäßen und drei Sklavinnen (Frau von Winter⸗ feld, geb. von Roeder, Frau von Kurowsky, geb. von Kuhnheim, Fräulein von Faber du Faur). Die Abgesandten waren Herr Rudolf von Winterfeld, Herr Graf Louis Perponcher, Herr Hugo von Winterfeld, Graf Heinrich von Lehndorff, Graf Fritz Per⸗ poncher, Mr. Beauchamp⸗Walker, Herr von Pfuel⸗Wilkendorf, Herr von Hahnke, Freiherr A. von Rosenberg, Graf Wendt zu Eulenburg, Herr von Chappuis, Graf Otto Dönhoff, Herr Ernst von Prittwitz. Unter den Klängen des türkischen Marsches aus Beethovens „Ruinen von Athen“ hatte die Gesandtschaft ihren Eintritt genommen.

Auch Deutschland hat seine Vertreter an die Ufer des Arno gesandt. Zwei Offiziere und 20 Landsinechte die eine Hälfte in roth und gelb, den Medicäerfarben, die andere in weiß, schwarz und gelb führten die deutsche Quadrille ein. Erster Offizier Herr von Hülsen, zweiter Offizier Graf Lynar, Landsknechte: Herr von Kessel, Graf Pfeil, Graf Kanitz, Herr von Schlichting, Herr von Natzmer J., Herr von Liebenstein, Herr von Wolffersdorf, Herr von Herwarth, Graf Schwerin, Herr von Schenk III., Herr von Meyerink, Herr von Loebenstein, Herr von ztohr, Graf Rothkirch⸗Trach, Herr von Bonin, Herr von Krosigk, Herr Stumm, Graf Ein⸗ siedel II., Graf von der Schulenburg, Se. Erlaucht Botho Graf zu Stolberg⸗ Roßla. Die QAuadrille bestand aus 12 Paaren: Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Marie und Se. Durchlaucht Prinz Friedrich zu Hohenzollern, Fräulein Jenny von Türckheim und Herr Dietrich von der Schulenburg, Baronin

keineswegs für die

Nothomb und Graf Hans von Schlippenbach, Comtesse Armgart von Oriolla und Herr Hans von Wurmb, Baronin von Zedlitz und Freiherr Otto von Senden, Gräfin Arnim⸗Zychow und Freiherr Justinian von Günderode, Comtesse Jenny Pückler und Herr Werner von Blumenthal, Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Elisabeth und Herr Max von Blumenthal, Frau von Chappuis und Herr Lebrecht von Kotze, Frau Marie von Bonin und Graf Eberhard von Haugwitz, Baronin von Spitzemberg und Graf Friedrich zu Eulenburg, Fräulein Margarethe von Esebeck und Graf Wilhelm von Hohenau. Unter den Klängen eines deut— schen Walzerthemas ging in einfachen Figuren die Quadrille vor sich, die als ein Tanz im Freien zu denken war. Wo andere Länder huldigend sich vor dem Fürstenpaare neigen, durfte das Mutterland nicht zurückbleiben, dem das Fürstenhaus entsprossen, unter dessen Sonne seine Macht und Größe sich zu so voller Blüthe erschlossen, Italia: schwirrende Töne einer Tarantella, klingende Tambourins. Im be⸗ schwingten Schritte erschien eine Tochter des Südens (Gräfin Karolyi), den farbeprächtigen Zug der sonnigen Kinder ihres Heimathlandes anzukündigen. Dieselben dem Fürstenpaare vor⸗ stellend, trat sie bei Seite, und nun begann der Tanz der Kin⸗ der Italiens in raschen, bewegten Rythmen, in die sich die Melodie der Mandolinata verwebte, mit südlicher Verve und nationaler Begeisterung. Die italienische Quadrille bestand aus: Fräulein von Losn Baron Trauttenberg; Comtesse Marie Bismarck Herr Oskar von Rabe; Frau von Radowitz Herr von Soveral; Fräulein von Wallenberg Herr von Somnitz; Comꝛesse Marie Gontaut Freiherr von Kageneck; Fräulein von Bonin Herr von Corvin; Fräulein von Quaade Baron Scholl; Comtesse Margarethe Pourtalè's Graf B. Gontaut. Kaum waren sie entschwunden, solmeldeten die Bewegungen der Herolde einen neuen Zug an. Eine Marschmelodie, kom⸗ ponirt vom Grafen Redern, kündigte die Nahenden an eine slavische Quadrille: Gräfin Fritz Perponcher Se. Königliche Hoheit Erbgroßherzog von Mecklenburg⸗Strelitz; Gräfin Pückler⸗ Haugwitz Se. Hoheit Herzog Paul von Mecklenburg⸗Schwerin; Frau von Alten Se. Durchlaucht Prinz Heinrich XIX. Reuß; Gräfin Marie Schlippenbach Se. Durchlaucht Prinz Hein⸗ rich XVIII. Reuß; Frau von Arapoff Herr von Dachröden; Comtesse Adele von Gontaut Graf Conrad Kanitz; Com⸗ tesse Anna Lehndorff Graf Karl Eulenburg; Fräu⸗ lein Aglas von Senden Freiherr von Schele. Wie heiter die italienischen Lauten ertönten, so eigen⸗ thümlich, schwermüthig waren diese Rythmen, unter denen die Bewohner aus dem Land der einstigen Stythen, aus dem Dacier— lande einzogen. Originell-glänzend, fremdartig, phantastisch war die Tracht, in der sie erschienen, und so auch die Bewe⸗ gungen des Tanzes, in die sie ihre stumme Ovationen kleideten. Damit war der charakteristisch-historische Theil des Festes zu Ende. Sämmtliche an dem Aufzuge Theilnehmende durchzogen noch einmal den Saal und die davor liegende Galerie und be⸗ gaben sich dann mit den Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften in die vorderen Gemächer des Palais. Gegen Mitternacht wurde das Souper an Buffets eingenommen und nach demsel⸗ ben begann der Gesellschaftstanz. Um 2 Uhr war das Ende dieses phantasievoll erfundenen und ausgeführten Maskenfestes, das den Höhepunkt der diesjährigen Festsaison am Hofe bildete.

Der Bundesrath, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, und der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

In der heutigen (9) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher am Ministertische die Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, Dr. Achenbach, Dr. Falk und Dr. Frieden⸗ thal und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, theilte der Präsident v. Bennigsen mit, daß von dem Finanz⸗Minister ein Schreiben, betreffend die Rechnungen der Kasse der Ober⸗Rech⸗ nungskammer für 1873, von dem Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenheiten dem Handels⸗Minister verschiedene Nachweisun⸗ gen eingegangen und von dem Abg. Dr. Virchow ein An⸗ trag wegen Vorlegung eines Gesetzentwurfs, betr. die Reform der Gemeinde⸗, Kreis⸗ und Provinzialordnung für Rheinland und Westfalen eingebracht sei. Hierauf trat das Haus in die erste Berathung des Entwurfs einer Provinzialordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen, sowie des Entwurfs eines Gesetzes, betr., die Verfassung der Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren ein. Auf der Redner⸗ liste standen überhaupt 26 Redner, und zwar 14 gegen, 12 für die Vorlage eingeschrieben. Zunächst sprach Abg. Pr. Virchow gegen den Präsidenten die Bitte aus, zu gestatten, daß auch der von ihm eingebrachte Antrag in die Diskussion hineingezogen werde. Der Präsident v. Bennigsen entsprach diesem Ersuchen und ertheilte sodann dem Abg. v. Heeremann gegen die Gesetz⸗ entwürfe das Wort.

Für die Vorlage sprach sodann der Abg. v. Koeller, insbe⸗ sondere für die Beibehaltung der Regierungs⸗Präsidenten, welche ein nothwendiges Mittelglied zwischen dem Ober⸗Präsidenten und den Centren der Verwaltungsorgane seien; und für die getrennte Aufrechterhaltung des Verwaltungsgerichts und des Bezirksaus⸗ schusses, wie sie die Vorlage statuire. Auch der Abg. Miquel erklärte die Grundprinzipien der Entwürfe im Allgemeinen für die richtigen und sprach der Regierung seinen Dank für die Energie und Konsequenz aus, mit welcher sie in den neuen Vorlagen den mit der Kreisordnung begonnenen Bau im Sinne der Selbstverwaltung weitergeführt habe. Einzelne Bestimmungen werde die Kommission allerdings noch einer ernsten Prüfung zu unter⸗ werfen haben, zumal die Regelung gerade der vorliegenden Materie und die Wahl des einzuschlagenden Weges überaus schwierig sei. Der größte Widerspruch gegen die Prinzipien der Kreisordnung liege aber in dem Regierungs⸗Präsidenten und der nach der Vorlage ihm zugewiesenen Stel⸗ lung. Der Regierungs⸗Präsident sei nur soweit beizubehalten, als nothwendig, auch dann aber immer mit dem Bewußtsein, daß er ein Uebel sei. Redner sprach die Erwartung aus, daß auch die Regierung diese Ansicht aeceptiren werde. Wenn das Zwischenglied des Regierungspräsidenten vielleicht für die Rhein⸗ provinz und Schlesien nothwendig erscheinen könnte, so doch andern Provinzen, namentlich nicht für Hannover und Schleswig⸗Holstein. Grundgedanke des Resorm⸗ werks sei nicht die Nebeneinanderstellung der staatlichen Behörden und der bürgerlichen Elemente, sondern der Ersatz der ersteren durch die letzteren. Und dieser Grundgedanke müßte gleich⸗ mäßig und gleichzeitig auf alle Provinzen Anwen⸗ dung finden, namentlich auch auf die Rheinprovinz und Westfalen. Nur dürfte man in den westlichen Provinzen nicht blos die Provinzialordnung einführen, sondern müßte auch die

Kreis⸗ und Gemeindeorganisation reformiren. Andernfalls würde der Staat geradezu in zwei Stücke zerrissen und eine einheitliche Gesetzgebung unmöglich. Bei Schluß des Blatts nahm der Abg. Schlüter das Wort.

In der Sitzung der statistischen Central⸗Kom⸗ mission, Mittwoch den 10. er., werden zur Berathung ge⸗

langen: 1) eine Denkschrift über die Geisteskranken in den Irrenanstalten während der Zeit von 1852 —1872 und

s

ind ihre

Zählung im ganzen Staat am 1. Dezember 1871 nebst Vor⸗ schlägen zur Gewinnung einer deutschen Irrenstatistik; 2) eine Denkschrift, betreffend die theilweise Aenderung des gegenwär⸗ tigen Verfahrens der Marktpreisnotirungen vom 1. d. M. ab. In der Sitzung der II. Abtheilung des Ober⸗Tri⸗ bunalssenats für Strafsachen, unter dem Vor⸗ sitze des Vizepräsidenten, Wirklichen Geheimen Ober ⸗Justiz⸗ raths Dr. Grimm vom 4. Februar er., 96 Uhr, gelangte der Kassationsrekurs des katholischen Geistlichen Franz Schneider, zur Verhandlung. Derselbe, zu wiederholten Malen wegen Verletzung der Maigesetze bestraft, kehrte, nachdem er im Oktober 1874 aus dem Regierungsbezirke Trier ausgewiesen worden, heimlich wieder zurück nnd nahm an den beiden aufeinander folgenden Sonntagen vom 25. Okto⸗ ber und 1. November 1374 abermals in der Laurentius⸗ kirche zu Trier geistliche Amtshandlungen vor. Wegen dieser Handlungen vom Zuchtpolizeigericht zu Trier am 4. November 1874 zu einer Geldstrafe von 100 Thlrn. event. zu einem Monat und einer Woche Gefängniß in contuma— ciam verurtheilt, legte der Angeklagte Berufung bei der Zuchtpolizei⸗Appellations kammer ein, welche jedoch gleichfalls in contumaciam, da Angeklagter bei den gerichtlichen Verhand⸗ lungen nicht anwesend war, verworfen wurde, und meldete so⸗ dann den Kassations⸗Rekurs beim Ober⸗Tribunal an. Nach⸗ dem in der Sitzung vom 4. Februar er. Ober⸗Tribunals⸗Rath

Struckmann über den bisherigen Gang des Prozesses referirt,

und Ober⸗Staatsanwalt Dr. Oppenhoff als Vertreter der General⸗Staatsanwaltschaft für Verwerfung des Kassations⸗ Rekurses gesprochen, verkündete nach kurzer Berathung des Kolle⸗ giums der Vorsitzende das Urtheil, nach welchem der Kassations⸗ Rekurs zu verwerfen und die Kosten des Rechtsmittels dem Imploranten zur Last zu legen sind.

Ein Vertrag, durch welchen der Besitzer eines Grund⸗ stücks die Verpflichtung übernimmt, daß auf demselben ein ge⸗ wisses Gewerbe nicht betrieben werde, verstößt, nach einem Er⸗ kenntniß des Ober ⸗Tribunals vom 15. Januar er., nicht gegen die Reichs⸗Gewerbe⸗Ordnung.

Der vorsätzlichen Körperverletzung macht sich nach einem Erkenntniß des Ober⸗-Tribunals vom 21. Ja⸗ nuar cr. auch der schuldig, welcher durch einen, in eine Menschen⸗ menge gezielten Schuß eine Person verletzt, ohne die Absicht ge⸗ habt zu haben, gerade die verletzte Person zu treffen.

Der Kommunal-Landtag der Kurmark hielt seine zweite und dritte Plenar⸗Versammlung am 27. Januar und 4. Februar. In denselben gelangten die ferner eingegangenen Sachen zur Vertheilung an die Ausschüsse, welche inzwischen bereits ihre Arbeiten begonnen und 31 der ihnen zugetheilten Sachen erledigt hatten.

Diese Ausschußgutachten gelangten sämmtlich zur Be⸗ rathung des Pleni und wurden nach deren Vorschlägen er⸗ ledigt.

Wegen Erkrankung des Vorsitzenden fiel die Leitung der Verhandlungen dessen Stellvertreter, dem Major a. D. und Domherrn von dem Knesebeck, zu.

Die Ausschußgutachten betrafen neben einer Reihe von Bitt⸗ gesuchen und Anträgen Einzelner und Kommunen und Feuer⸗ Sozietäts⸗-Angelegenheiten die Verwaltungsberichte und Rech⸗ nungen der ständischen Institute, namentlich der beiden Feuersozietäten für die Städte und das Land, der Land⸗ armenverwaltung, der Kurmärkischen Hülfskasse und des Kriegs⸗ schuldenwesens.

Aus den letzteren ist hervorzuheben, daß der Kurmark am Schlusse des Jahres 1873 noch eine Kriegsschuldenlast von 4,796,583 Se 1,598,861 Thlr. verblieb, von der im Jahre 1874, dem zweiten der 6. Tilgungsperiode, Seitens der Kurmark 202,062 S 67,354 Thlr. getilgt worden sind, so daß in dem laufenden und den folgenden Jahren noch zu tilgen bleiben 4,594,521 S6 1,531,507 Thlr. .

Eine Petition des 46. Kommunal-Landtags wegen Ueber⸗ nahme dieser Kriegsschuld auf die von Frankreich gezahlte Kriegs⸗ kostenentschädignng liegt dem Landtage der Monarchie vor, ist aber wegen Schlusses der letzten Session nicht zur Berathung gekommen.

Der Vorsitzende des Kommunal⸗Landtages hat die Petition für die gegenwärtige Sitzung des Landtages der Monarchie bereits wieder aufgenommen und die weitere Bearbeitung dieser Angelegenheit dem dritten Ausschusse übertragen, dessen Gutach⸗ ten demnächst zu erwarten steht.

Der General⸗Major und Inspecteur der Kriegsschulen von Hartmann ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.

Die im August v. J. begonnene Decentralisation des städtischen Steuereinziehungsamtes ist nunmehr dahin durchgeführt, daß die ganze Stadt in 13 mit den Grenzen der Standesämter zusammenfallende Bezirke getheilt ist, für welche:

J au ßerhalb des Rath⸗ auses

bereits errichtet sind, resp. noch errichtet werden sollen. In

denselben können die Steuerreste, die laufenden städtischen, sowie

die Staats⸗Klassensteuer und Vorausbezahlungen hierauf ent⸗

richtet werden, und sind die betreffenden Kassen zu diesem Be⸗

hufe an den Wochentagen von 9 bis 1 Uhr geöffnet.

Für jetzt befinden sich die bezüglichen Steuer⸗Annahme⸗ stellen: Abtheilung J. für die Stadtbezirke Nr. 1 bis 20 und 22, Berlin, Alt⸗Köln, Friedrich⸗Werder und Dorotheenstadt: im Rathhause, parterre, Zimmer 56.

Abtheilung II. für die Stadtbezirke Nr. 23 bis 40, Friedrich⸗ stadt: ebendaselbst.

Abtheilung III. für die Stadtbezirke 45 und bis 53 Friedrich- Vorstadt J. und Schöneberger Revier, und .

Abtheilung IV. für die Stadtbezirke Nr. 41 bis 44 und 54 bis 60, Friedrich⸗Vorstadt II. und Tempelhofer Revier: ebendaselbst.

Abtheilung V. für die Stadtbezirke Nr. 61 bis 76, Louisen⸗ stadt J.: Naunynstraße Nr. 32, 1 Treppe.

Abtheilung VI. für die Stadtbezirke Nr. 77 bis 101. Louisenstadt II. und Neu⸗Köln vorläufig im Rathhause: parterre, Zimmer 56. ;

Abtheilung VII. für die Stadtbezirke Nr. 102 bis 123. Stralauer Revier: Krautstr. Nr. 49, 1 Treppe.

Abtheilung IIII. für die Stadtbezirke Nr 124 bis 137. Kö— nigstadt: Kleine Frankfurterstr. Nr. 6, parterre. Abtheilung IX. für die Stadtbezirke Nr. 138 bis 153. dauer Revier: Johannisstr. Nr. 7, parterre— ; Abtheilung X. für die Stadtbezirke Nr. 154 un! Rosenthaler Vorstadl: Joa parterre. Abtheilung XI. für die Stadtbezirke Nr. bis 162 un stadt: Bergstr. Nr. 56, parterre t )

23 * ö (himstr My chimstr. Nr,

bis 185. Oranienburger Vorsta

Abtheilung XII. für die Stadtbezirke Nr. 21 und 186 bis 196 Friedrich⸗Wilhelmstadt und Moabit: Albrechtstr. Nr. 2! varterre.

Abtheilung XIII. für die Stadtbezirke 197 bis 216. Wedding und Gesundbrunnen: vorläufig im Rathhause Zimmer 5/6, parterre.

Posen, 8. Februar. 8.) Von dem hiesigen Appellationsgerichte hat heute die Verhandlung in der Appellationssache des Weihbischofs Janiszews ki wegen un— befugter Ertheilung des Sakramentes der Firmung am Peter⸗ und Paultage in der Posener Domkirche stattgefunden. Das Erkenntniß der ersten Instanz, welches auf 6 Monate Gefängniß lautet, wurde lediglich bestätigt. V

Sachsen. Dresden, 8. Februar. Der König und die Königin, der Großherzog und die Großherzogin von Toscana, sowie der Prinz und die Prinzessin Georg haben am Sonn- abend Abend einem Ballfeste bei dem Staats-Minister General der Kavallerie von Fabrice beigewohnt. Ebenso haben Ihre Majestäten, der Großherzog und die Großherzogin von Toscana und der Prinz Georg gestern Abend an einem Ih dausant bei dem Staats⸗Minister Abe ken Theil genommen.

Württemberg. Stuttgart, 6. Februar. Der am 8. März hier zusammentretende Landtag wird sich hauptsäch— lich mit den Etatsberathungen zu beschäftigen haben. Zunächst ist in Folge des Todes des Präsidenten Weber das Präsidium der Abgeordnetenkammer neu zu bestellen. Drei Mandate, für Cannstatt, Tübingen und Blaubeuren, sind erledigt. Die Kammer der Standesherren hat ein Mitglied, den Herzog Eugen Erdmann von Württemberg, durch den Tod verloren.

Hessen. Darm stadt, 5. Februar. (Fr. J) Heute trat der Gesetzgebungs-Ausschuß der Zweiten Kammer zu— sammen, um den Gesetzentwurf über die Pensionirung der wider— rechtlich angestellten Beamten zu berathen, beziehungsweise den Bericht darüber festzustellen. Sicherem Vernehmen nach wurde der vom Referenten Abg. Dumont verlesene Entwurf in der Hauptsache gebilligt und wird nach einigen unbedeutenden redak— tionellen Aenderungen in der Kürze in Druck gehen. Der Land⸗ tags⸗Abgeordnete für Alsfeld, Bürgermeister Ramspeck, hat die Niederlegung seines Mandats bei dem Präsidium Zweiter Kam— mer angezeigt.

J. Februar. Die von verschiedenen Zeitungen gebrachte Nachricht, als stehe der Zusammentritt der zweiten Kammer, lediglich zur sofortigen Erledigung der Kirchengesetze, in aller nächster Aussicht, erweist sich als grundlos, indem wegen dieser Gesetze allein (deren Erledigung in einem, höchstens zwei Tagen erfolgen kann) eine Einberufung nicht beabsichtigt ist. Es sollen vielmehr vorher noch eine Reihe von dringenden Gegenständen, z. B. die Eisenbahn⸗Vorlagen, die Regierungs⸗Proposition wegen eines Anlehens der evangelischen Kirche, der Entwurf eines Pensions⸗Gesetzes für die widerruflich angestellten Beamten, die Vorlage wegen des Neubaues des Gießener Gymnasiums, die Theater⸗Vorlage ꝛc. zuvor in den Ausschüssen berathungsreif gemacht werden.

Offenbach, 6. Februar. Die Mittheilung auswärtiger Blätter, daß der Bruder des Don Carlos, Don Alfonso, nebst seiner Gemahlin, Donna Blanca, im Palais des Fürsten von Isenburg-Birstein hierselbst verweile, entbehrt, der „Offen—⸗ bacher Zeitung“ zufolge, der Begründung.

Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 7. Februar. Eine Ministerialbekanntmachung vom 3. d. M. weist auf einen Antrag der Weimarischen Bank die Staatskassen an, von jetzt an keine Weimarischen Banknoten zu 10 Thlr. mehr anzunehmen, damit deren Zurückziehung aus dem Verkehr mög— lichst beschleunigt werde. Aus gleichem Grunde dürfen die Staatskassen die Appoints zu 20, 50 und 100 Thlr. nur noch bis zum 1. November d. J. in Zahlung annehmen.

Braunschweig. Braunschweig, 7. Februar. Die Gesetz⸗ und Verordnungs⸗Sammlung veröffentlicht eine landes⸗ herrliche Verordnung, die Veränderung der Titel von Bau— beamten und Diätarien betreffend, d. d. Braunschweig, den 26. Januar 1875. Den im Herzoglichen Staatsdienste angestell— ten Kreis-Baukonducteuren ist nach dieser Verordnung der Dienst⸗ titel: „Herzoglicher Baumeister“, den im Herzoglichen Staats— dienste diätarisch beschäftigten Baukonducteuren der Titel: Bau— meister“, und den im Herzoglichen Staatsdienste diätarifch be—⸗ schäftigten Baueleven der Titel: „Bauführer“ beigelegt worden.

Ferner veröffentlicht die „Ges. u. Ver. S.“ eine Bekannt⸗ machung des Reglements über die Prüfung der Bewerber um Baubeamtenstellen, d. d. Braunschweig, den 26. Ja⸗ nuar 1875.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meinin⸗ gen, J. Februar. Den Landtag beschäftigt gegenwärtig vor— zugsweise der Kreis- und Gemeindegesetz-Entwurf. Der von der Regierung bisher aufrecht gehaltene Entwurf gründet sich auf Gleichstellung der Stadt- und Landgemeinden, dehnt das schon für die Landgemeinde bestehende Steuerstimmrecht auf die Stadtgemeinden aus und hält das Bestätigungsrecht der Orts— vorsteher fest. Der Referent beansprucht für die Zukunft die bisherige Selbständigkeit und Unabhängigkeit, insbesondere für die 7 größeren Städte, nicht blos rückfichtlich der Gemeinde⸗ sondern auch Polizeiverwaltung unter unmittelbarer Ober⸗— aufsicht des Ministeriums, sowie die Beibehaltung des gleichen, einfachen Kopfstimmrechts. Das Bestätigungs⸗ recht der Ortsvorsteher findet Widerspruch; es wurde sogar vorgeschlagen, daß die Absetzbarkeit der Beamten in den 7 größeren Städten, fowie der Krelsbeamten nur auf Grund vorausgegangenen rechtlichen Verfahrens erfolgen könne. Allge⸗ meine Zustimmung fand die empfohlene Errichtung eines Ver⸗ waltungs⸗Gerichtshofes für gemischte, nicht rein öffentliche, son⸗ dern in das Gebiet der Privatinteressen eingreifende Angelegen⸗ heiten. Der Landtag hat den Antrag wegen Wegfalls des Srbhuldigungseids angenommen. Bei der betreffenden ständischen Diskusston betheiligte sich das Ministerium nicht.

Morgen und übermorgen findet die Auszahlung der Unterstützungen an die Mobiliar⸗Beschädigten, soweit solche nicht durch Abgabe von Kleidungsstücken oder von Dritten be⸗ riedigt worden sind, statt. Auch die Ueberweisung und Ver⸗ steigerung der Bauplätze an die Abaebrann ken ist erfolgt. 15 Bauplätze sind unverkäuflich geblieben und sollen am 15. d. M. öffentlich an die Abgebrannten verstrichen werden.

Sach sen⸗ Coburg Gotha. Gotha, 6. Februar. Prinz Philipp von Coburg-Eohary und Prinzeffin

Louise zu Sachsen sind heute Abend hier angekommen. Die zwei Tage hier verweilenden Neuvermählten geleiteten die Her— zogin nach Schloß Friedenstein. Der Herzog von Cob uͤrg⸗ Gotha ist von Brüssel nach England gereist.

Anhalt. Dessau, 5. Februar. Der Herzog, die Her⸗ zogin und die Prinzessin Slisabeth find von ihrem Be— suche am Berliner Hofe hierher zurückgekehrt.

Der Wiedereröffnung der Verhandlungen des Land⸗ man in allen Kreisen mit um so größerer Span— gegen, als es sich dieses Mal nicht blos um die Be—⸗ des Etats und von Gesetzen untergeordneter Bedeutung, auch um die Vorlage einer neuen pr esbyterial⸗sy⸗ Kirchenverfassung handelt.

Bremen, 4. Februar. (H. N.) An der gestrigen Fort⸗ berathung des Budgets in der Bürgerschaft nahm Bürger— meister Gildemeister als Senats⸗Kommissar nach seiner Rücktehr von Berlin wieder Theil. Er beantwortete eine an ihn gerichtete Frage wegen Verwirklichung des Uebereinkommens mit Preußen und Oldenburg in Betreff des Weser-Fahrwassers und Der zu dessen Sicherung gehörigen Anstalten dahin, daß die preußische Regierung nunmehr zwei Kommissare für die Verhandlungen ernannt habe. Bei einem andern Posten wurde beschlossen, den Senat zu ersuchen, er wolle Sorge dafür tragen, daß Wein und Bier zukünftig nur in geeichten Maßen verkauft und ausge— schenkt würden. Die Deputation für den Raths keller beabsich⸗ tigt, bei der guten Ernte des vorigen Herbstes 400 000 Mark statt 200, 000 für den Ankauf neuer Weine zu verwenden. Da sedoch ein motivirender Bericht noch nicht vorlag, lehnte die Bürgerschaft eine sofortige Erhöhung des Postens ab, worauf derselbe von der Tagesordnung vorläufig entfernt ward.

Desterreich⸗Ungarn. Pest, S8. Februar. Wie von gutunterrichteter Seite verlautet, gehören alle Nach⸗ richten über die Ministerkrisis, wobei Namen von aus— tretenden seitherigen oder von neu eintretenden Ministern ge⸗ nannt werden, dem Gebiete der Erfindung an. Die Deakpartei beabsichtigt, zunächst einen Majoritätsbeschluß darüber herbei⸗ zuführen, daß die Budgetvorlage der Regierung als Grundlage für die Spezialdebatte angenommen werde und erst, wenn dies geschehen, begiebt sich Ministerpräsident Bitto nach Wien, um dem Kaiser über die Lage Bericht zu erstatten.

In der Sitzung des Abgeordnetenhauses hielt der Minister⸗Präsident Bitto eine längere Rede, in welcher 'er aus— führte, daß die Erhöhung der Steuern das einzige Mittel sei, um das Gleichgewicht im Budget herzustellen. Größere Er⸗ sparnisse im Budget der gemeinsamen Armee herbeizuführen, erklärte der Minister-Präfident für unmöglich.

. 9. Februar. (W. T. B.) Erzherzog Johann Sal— vator ist, wie das Armee⸗Verordnungsblatt meldet, unter Aufhebung seiner bisherigen Verwendung bei der Artillerie, zu einem Infanterie⸗Regiment versetzt worden.

Schweiz. Genf, 8. Februar. (W. T. B.) Die heute statt⸗ gehabten Wahlen des Verwaltungsraths der Notredame⸗Kirche sind sämmtlich zu Gunsten der Altkatholiken ausgefallen.

Niederlande. Haag, 8. Februar. (W. T. B.) Der neue General⸗Gouverneur von Niederländisch Ost⸗ indien, van Lansberge, ist heute auf seinen Posten abge⸗ reist. Aus Atchin wird vom 3. d. M. gemeldet, daß die Niederländer die feindlichen Stellungen bei Mandarsa Poeti mit geringen Verlusten genommen haben. Der Gesundheitszustand der Truppen war wenig befriedigend

Leyden, 8. Februar. (W. T. B.) Die 300jährige Säkularfeier der Gründung der Universität Leyden ist heute durch einen festlichen Akt in der St. Peterskirche be⸗ gangen worden. Der König, die Königin, die Prinzen Friedrich und Alexander und der Fürst und die Fürstin von Wied waren bei der Feier anwesend, an der sich zahlreiche De— putationen wissenschaftlicher und künstlerischer Korporationen aus dem Inlande und dem Auslande betheiligten. Die Festrede wurde von Professor Heynsius gehalten. Nach der Feier fand Empfang beim Könige im großen Saale der Universität statt.

Großbritannien und Irland. London, 6. Februar. Der Leibarzt der Königin, Sir William Jenner, hat Osborne verlassen. Im Falle das Befinden des Prinzen Leopold fortdauernd sich bessern sollte, gedenkt der Hof am 17. d. nach

(W. T B)

von den Hochzeitsfeierlichkeiten in Bruͤssel nach Marlborough— House zurückgekehrt.

Die „London Gazette“ veröffentlicht eine Verfügung der Regierung, welche die Fidschi⸗Inseln unter dem Namen „Kolo⸗ nie von Fidschi‘ in eine besondere Kolonie vereinigt und Sir Arthur Hamilton Gordon, vormaligen Gouverneur von Mauritius, zum Gouverneur und Commandeur en chef der neuen Kolonie ernennt. Das amtliche Blatt meldet ferner die Ernennung des Herrn Henry Michael Jones, bisherigen General⸗Konsuls in Tabriz, zum britischen General⸗Konful im Königthum Norwegen mit dem Wohnsitz in Christiania.

Ein Erlaß des geheimen Raths enthält die neuen Be⸗ stimmungen mit Bezug auf die Stellung der Aerzte in der Marine. Darnach sollen sie in zwei Grade Flotten⸗ ärzte und Stabsärzte eingetheilt werden und Uniformen er⸗ halten, die ihren Grad erkennen lassen.

Die im vorigen Jahre zur Prüfung der Staats—⸗ diener⸗Verhältnisse niedergesetzte Königliche Kommission hat dem Schatzkanzler einen Bericht erstattet, der gewisse Vorschläge enthält, die beträchtliche Veränderungen in der Organisation der englischen Regierungs⸗Departements involviren.

Wie die „Times“ unter ihren militärischen Nachrichten mittheilt, soll das Königliche Artillerie⸗Regiment, das gegenwärtig aus einer Brigade reitender Artillerie, zwei Bri⸗ gaden Feldartillerie und einer Brigade Festungsartillerie besteht, um vier neue Brigaden bereichert werden.

In der Westminster-Abtei fand heute die feierliche Beisetzung der Leiche des verstorbenen Komponisten Sir Stern⸗ dale Bennett statt.

Canada. Das Parlament des Dominion wurde am 4. d. M. in Ottawa eröffnet. Der General⸗Gouverneur befür⸗ wortete in seiner Rede die Annahme einer Gesetzvorlage für die Bildung eines obersten Gerichtshofes, ein Insolvenzgesek, die Her⸗ stellung einer Regierung im Nordwesten, und Gesetzvorlagen mit Bezug auf Assekuranz und Verlagsrecht. Er erwähnte der So⸗ lidität des canadischen Handels, der Wohlfahrt des Landes, des Fortschrittes der Vermessungen der Paecifie⸗Eisenbahn, sowie des zeitigen Beginnes der Linie. Im Weiteren beglückwünschte er das Parlament zu der Unterhandlung der Indianerverträge und der guten Wirkung der berittenen Polizei im Nordwesten.

8. Februar. (W. T. B.) Unterhaus. Sir Edward

Stanhope erstattete Bericht über die Adresse auf die Thron⸗

rede. Im Laufe der Debatte widerlegte Disraeli mehrere gegen die Regierung gerichtete Angriffe der Opposition, besonders die

Behauptung, daß die Armee sich nicht in dem gewünschten guten

Zustande befinde. Der Premier wies ferner nach, daß die Stelle

der Thronrede, in welcher von den guten Beziehungen Englands zu den fremden Mächten die Rede ist, wohl begründet sei und

sprach seine Ueberzeugung aus, daß der europäische bewahrt werden werde. gierung werde darauf gerichtet sein, dieses so sehnli gewünschte i .

Estella

Windsor zurückzukehren. Der Prinz von Wales ist heute

Friede Das unausgesetzte Bestreben der Re⸗

erreichen. Die

not vo 9* L 1IIF welteren Verlaufe

; Adresse wurde darauf angenommen. . der Sitzung kam die Verbreitung

5

des Koloradokäfers durch die Einfuhr von amerikanischen Kar⸗

ffeln zur Sprache. Regierungsseitig wurde erklärt, man sei

mit einer Untersuchung der Sache beschäftigt, bis jetzt hätten nur d s ö was 2 i ö —⸗—

thatsächlich Maßregeln gegen die Ein⸗

2 sSorroicqkR 11M Ref z gr esterreich und Belgien

fuhr von amerikanischen Kartoffeln getroffen und scheine es, als

ob die durch den Koloradokäfer drohende Gefahr übertrieben

werde.

Spanien. Madrid, 8. Februar. (W. T. amtliche Bekanntmachung der Regierung verbietet die lungen von politischen Vereinen. Aus dem wird gemeldet, es stehe ein Sturm auf Santa Barbara demnächst bevor. Der „Agence Havas“ wird aus Bayonne aus anscheinend

carlistischer Quelle gemeldet, daß die Carlisten auf dem Kriegs⸗

schauplatze in Guipuzeoa das verlorene Terrain wiedergewonnen hätten und daß die Königlichen Truppen durch überlegene Streit⸗ kräfte genöthigt worden seien, die von ihnen besetzten Höhen um Andoain zu verlassen, über den Fluß Oria zurückzugehen und Zarauz und Guetaria wieder aufzugeben. Die Nachricht von der Einnahme Estellas habe, wie von der „Agence Havas“ mitgetheilt wird, noch keine Bestätigung gefunden.

Weiter wird der „Agence Haas“ aus Bayonne berich⸗ tet, daß die Carlisten ihre Stellungen vor Estella noch besetzt halten. Nach in Bayonne verbreiteten Nachrichten sind neue Unterhandlungen über ein Convenio mit den Carlisten im Gange und wird der Abschluß desselben als nahe bevorstehend betrachtet. Der König Alfons ist in Pampelona von der Beyöl— kerung mit den lebhaftesten Kundgebungen empfangen worden. Derselbe wird am Sonnabend von dort nach Madrid behufs einer Besprechung mit dem Grafen v. Molins zurückkehren. Ketzterer hat den Posten als Gesandter in Paris definitiv ange⸗ nommen und wird zum 20. d. M. in Paris erwartet.

Ein späteres Telegramm meldet: Nach einer Mittheilung der amtlichen, Gaceta“ haben die Vorposten des linken Flügels der vor Estella operirenden Armee bei Lacar (unweit Oteiza) eine kleine Schlappe erlitten, welche dadurch veranlaßt wurde, daß die Besatzung von Laar sich nach der Einnahme von Puenta la Reina allzu sicher fühlte. Die „Gaceta“ bemerkt, daß dieser Unfall auf den Gang der Gesammtoperationen keinen nachtheiligen Einfluß geübt habe. Die Beschießung des Forts Santa Barbara wird fortgesetzt.

9. Februar. (W. T. B.) Der König hat bereits gestern Pampelona verlassen und ist in Taf alla eingetroffen.

Italien. Rom, 5. Februar. (W. T. B) Am 29. v. M. gab der deutsche Gesandte v. Keudell einen Ball, welchem der Kronprinz Humbert, die Prinzessin Margarethe, der Minister⸗ Präsident Minghetti und die meisten anderen Minister, sowie der gesammte Hofstaat, die hier accredirten Gesandten und eine große Anzahl von Deputirten beiwohnten. ;

Gestern machte der Minister-Präsident dem General Garibaldi einen Besuch und unterhielt sich lange Zeit mit ihm über den von ihm eingebrachten Antrag auf Kanalistrung des Tiberstromes und über die Üürbarmachung der römischen Cam⸗ pagna. Die Projekte sollen der Begutachtung einer Kommission unterbreitet werden, in welcher Garibaldi selbst, der Minister⸗ Präsident, der Abgeordnete und Präsident der Mailänder Kon— struktionsbank Brioschi und der Gutsbesitzer Ferri sitzen sollen. General Garibaldi schlägt vor, einen 30, 000 Meter langen und 150 Meter breiten Kanal zu graben, welcher 10 Meter tiefer wird als die Meeresoberfläche und die Tiber oberhalb Roms von der Stadt ab und in der Gegend von Ostia ins Meer hineinleitet. Da der Grund des Kanales tiefer werden soll als die Meeresfläche, so würde nach Geitungsberichten) das Meerwasser in den Tiberkanal eintreten, dieser wie die Themse schiffbar und Rom ein Seehafen wie London werden. Die Luft der Stadt Rom würde dadurch von schlechten Ausdünstungen befreit, die Fieber würden aufhören, die Campagna würde mit Bäumen bepflanzt und wie in den Zeiten der alten römischen Republik sich wieder mit Dörfern und Städten bedecken. Die Kosten des Riesenwerks würden sich auf 100 bis 120 Millionen Franken belaufen, welche durch Privatspekulation aufgebracht werden würden, wogegen die italienische Regierung wenigstens 5 Prozent Zinsen garantirt, die durch die Schiffszölle und den erhöhten Ertrag der Campagna gedeckt werden follen. Gari— baldi hat sich auch mit einem Schreiben an den Fürsten Torlonia, der bekanntlich mit einem Kostenaufwand von 35 Millionen den See von Fucino trocken gelegt hat, gewendet, um dessen Unterstützung für seine Projekte einer besseren Be⸗ bauung und Nutzbarmachung der römischen Campagna und der Anlegung eines Kanals bis nach Fiumicinio zur Korrektion der Tiber zu erlangen.

Die Kommission, welche mit der Prüfung und Bericht⸗ erstattung über den die Maßregeln zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit auf der Insel Sieilien betreffenden Gesetzentwurf betraut ist, hat einstimmig beschlossen, eine neue Untersuchung über die Zustände auf der Insel Sicilien anstellen zu lassen. Ferner beschloß sie mit einfacher Majorität, mehrere Bestimmungen des Gesetzentwurfs, welche auch auf die anderen Provinzen des Königreichs anwendbar sein sollten, zu streichen. Die Minorität der Kommission will der Kammer einen Gegenentwurf vorlegen.

Türkei. Konstantinopel, 8. Februar. (W. T. B.) Der Sultan hat mittelst Schreibens an den Großvezir die Einsetzung einer Spezialkommission verfügt behufs Regelung der Differenzen, welche bei der Ausführung der von dem Baron Hirsch übernommenen Gisenbahnbauten ent⸗ standen sind. Der Sultan hat zugleich angeordnet, daß der Baron Hirsch mit der Ausführung aller in der europãischen Türkei zu erbauenden Eisenbahnlinien betraut werden soll.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 3. Februar. Die Verwaltung der Staats⸗Eisenbahnanla gen hat, der „Post og Inr. Tid.“ zufolge, im verflossenen Jahre im Staats⸗ comtoir die Gesammtsumme von 8, 225,900 Kronen zu Eisen⸗ bahnanlagen erhoben.

Der Staatsausschuß hat heute die Etateinkünfte für das Jahr 1876 in allen Positionen, wie von der Regie⸗ rung in Vorschlag gebracht, angenommen. ö