Landgendarmerie, keine Reisekosten, Tagegelder aber nur dann zu, wenn er beauftragt ist, an einem anderen Orte, als an welchem er stationirt ist, zeitweilige Wohnung zu nehmen. Der Minister des Innern erachtet es aber für billig und gerechtfertigt, den Gendarmen, wenn sie auf Reisekosten und Tagegelder keinen Anspruch haben, mit Rücksicht auf die ihnen durch die Mitbeauf⸗ sichtigung der Patrouillenbezirke der abkommandirt gewesenen Gendarmen erwachsenen vermehrten Dienstleistungen und Aus⸗ gaben eine, den Verhältnissen entsprechende Entschädigung durch Bewilligung außerordentlicher Remunerationen zuzuwenden.
— Zwischen Kronfideikommiß und dem König⸗ lichen Haus⸗ und Familienfideikommiß besteht, nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals (J. Senat) vom 4. Januar er., rechtlich kein Unterschied, dieselben bilden gleich⸗ mäßig das Privateigenthum der Königlichen Familie. — In einer vermögensrechtlichen Prozeßsache zwischen dem Königlichen Fiskus, vertreten durch das hiesige Polizei⸗Präsidium, Kläger, und dem Königlichen Kronfideikommiß, vertreten durch das Ministerium des Königlichen Hauses, Verklagter, welche vom Kläger bei dem hiesigen Stadtgericht anhängig gemacht wurde, erhob Verklagter den Einwand der Inkompetenz des hiesigen Stadtgerichts. Sowohl das Stadtgericht als auch das Kammer⸗ gericht verwarfen diesen Einwand, weil — wie das Erkenntniß des Kammergerichts ausführte — die Klage nicht gegen die Aller⸗ höchste Person Sr. Majestät des Königs, sondern als gegen den Fiskus, vertreten durch das Königliche Haus⸗Ministerium, gerichtet, anzusehen sei. Zu diesem Schlusse ist der Appellations⸗ richter aus der Voraussetzung gelangt, daß das Rechtsverhält— niß des Königs zum Kronfideikommiß nicht auf privatrechtlicher,
sondern auf staatsrechtlicher Grundlage beruhe und die zum
Kronfideikommiß gehörigen Güter, wie auch die Königlichen Fa⸗ miliengüter, mit Ausnahme der Chatullgüter, Domänengüter seien, deren Eigenthum dem Staate zustehe. Auf die Nichtig⸗ keitsbeschwerde des Verklagten erkannte das Ober⸗Tribunal auf Vernichtung des Erkenntnisses der zweiten Instanz, und er— achtete in der Sache selbst den Einwand der Inkompetenz seitens des Verklagten für begründet. „Das Königliche Haus⸗Mi⸗ nisterium ist“, wie das Erkenntniß des Ober⸗Tribunals unter Anderem ausführt, „nach dem Uebergange der Verwaltung der Domänen und Forsten auf das Finanz⸗Ministerium in Folge Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 17. April 1841 keine fiskalische Behörde mehr. Dasselbe vertritt den König und das Königliche Haus in den Angelegenheiten, welche die Verwaltung der Haus⸗ und Fideikommißgüter betreffen. Der Appellationsrichter verkennt aber auch die rechtliche Natur des Fideikommisses, indem er das— selbe als fiskalisches Gut ansieht und deshalb demselben die dem Fiskus beiwohnende juristische Persönlichkeit beilegt. Der Name Kronfideikommiß ist neueren Datums. Der Anhang §. 146 der A. G. O. spricht von Kronfideikommißgütern, in⸗ dem er den Prinzen des Königlichen Hauses in den diese Güter betreffenden Rechtsangelegenheiten die Sportelfreiheit gewährt. In der Allerhöchsten Kabinetsordre vom 16. Septem⸗ ber 1819 ist die Absicht der Errichtung eines immerwährenden Kronfideikommisses aus auszuwählenden Domänen unter Tren⸗ nung der Verwaltung von der Staatsanwaltschaft ausgesprochen. Eine Ueberweisung bestimmter Domänen an das Kronfideikommiß hat indeß nicht stattgefunden. Die Allerhöchste Verordnung vom 17. Januar 1820 wegen der künftigen Behandlung des gesamm⸗ ten Staatsschuldenwesens hat nur im Artikel III. die Domänen, Forsten und säkularisirten Güter, insoweit dieselben zur Aufbringung des jährlichen Bedarfs von 2,500,000 Thlr. für den Unterhalt der Königlichen Familie, den Hofstaat und sämmtliche prinzliche Hofstaaten, sowie auch für alle dahin gehörigen Institute u. s. w. erforderlich sind, von der Garantie für die Staatsschulden ausgeschlossen. Der Artikel 59 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 bestimmt so— dann, daß dem Kronfideikommißfonds die durch Gesetz vom 17. Januar 1820 auf die Einkünfte der Domänen und Forsten angewiesene Rente verbleibe. Die späteren, die Erhöhung dieser Rente betreffenden Gesetze vom 30. April 1859 und 27. Januar 1868 sprechen ebenfalls von einem Kronfideikommißfonds. Daraus, daß es zur Errichtung der in der Allerhöchsten Kabinets⸗ ordre vom 16. September 1819 vorgesehenen Stiftungsurkunde in Bezug auf die Ueberweisung von Domänen nicht gekommen ist, folgt jedoch nicht, daß die gesetzlichen Vorschriften von Fa⸗ milienfideikommissen keine Anwendung auf das Kronfideikommiß finden können. Zwischen Kronfideikommiß und Haus- und Fa⸗ milienfideikommiß besteht rechtlich kein Unterschied: es ist nur eine verschiedene Bezeichnung für ein und denselben Rechts⸗ begriff. Der Kläger ist in einem geschichtlichen Irrthum, indem er das Kronfideikommiß als eine noch landrechtliche Schöpfung ansieht. Der Appellationsrichter legt dem Edikte König Friedrich Wilhelms des J. vom 13. August 1713 eine diesem Gesetze nicht innewohnende Bedeutung bei, indem er annimmt, daß durch dasselbe das Privatrechtsverhältniß der Regenten zu dem Kron⸗ fideikommiß dergestalt verändert worden, daß dadurch eine Um— wandlung in Staatsgut im Gegensatz zu dem nach dem gemein— rechtlichen Rechtszustande im vollen Eigenthum des Regenten befindlichen Chatullgut stattgefunden habe. Das beregte Edikt bezog sich, wie bereits in einer früheren Entscheidung des Ober⸗Tribu⸗ nals nachgewiesen worden, nur auf die nenen Erwerbungen der beiden ersten Könige und ordnete nicht wer an, als ein durch das Recht auf unentgeltliche Rückforderung der Sache verstärktes Veräußerungsverbot in Betreff der neuen Erwerbungen des Gesetzgebers und seines Vaters, verbunden mit der konsequenten Verwaltungsvorschrift, die für diese neuen Erwerbungen jeden Unterschied zwischen Chatullgütern und Domänen aufhöb. Auch das Allgemeine Landrecht hat die zum Fideikommiß des König— lichen Hauses gehörigen Güter nicht in Staatseigenthum umge⸗ wandelt. Es bestimmt in §. 17 Tit. 13 Thl. II. ausdrücklich, daß Rechtsangelegenheiten, welche die Personen⸗ und Familien⸗ rechte des Landesherrn und seines Hauses betreffen, nach den Hausverfassungen und Verträgen bestimmt werden und macht nur im §. 18 in Bezug auf andere Privathandlungen und Ge⸗ schäfte derselben insofern eine Ausnahme, als diese Rechtsgeschäfte nach den Gesetzen des Landes beurtheilt werden sollen.“
— In dem freisprechenden Urtheile gegen einen Angeschul⸗ digten, welcher vor Vollendung seines 18. Lebensjahres eine strafbare Handlung begangen, ist nach einem Er— kenntniß des Ober⸗Tribunals vom 21. Januar er. stets zu bestimmen, ob der Angeschuldigte seiner Familie zu überweisen, oder in einer Erziehungsanstalt oder Besserungsanstalt unterge⸗ bracht werden soll, auch wenn gleichzeitig gegen den Angeschul⸗ digten wegen einer strafbaren Handlung, die er nach Vollendung des 18. Lebensjahres begangen, auf eine Strafe erkannt wird.
— Der Ober⸗Präsident von Elsaß⸗Lothringen, v. Möller, ist heute früh aus Straßburg hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen. .
— Die gestern mit dem Courierzuge aus Dirschau um 6 Uhr 20 M. Vormittags fällige Post aus Rußland hat in Endt⸗ kuhnen den Anschluß verfehlt.
Die gestern mit dem Courierzuge aus Cöln um 7 Uhr 40 M. Vormittags fällige Post aus London ist ausgeblieben.
— S. M. S. „Kaiser“ ist am 13. d. M. in Greenhithe bei London, Behufs der Ueberführung nach Wilhelmshaven, in Dienst gestellt worden.
ö Mün ster, 18. Februar. (W. T. B.) Der „Westfälische Merkur“ veröffentlicht eine päpstliche Eneyklika an die preußischen Bischöfe, in welcher eine Verurtheilung der Mai⸗ gesetze ausgesprochen und die Exkommunikation der vom Staate angestellten Geistlichen erklärt wird.
Bayern. München, 17. Februar. (Allg. Ztg.) Se. Majestät der König hat dem Vernehmen nach die Einberufung des Landraths von Oberbayern im Monat März nach dem Antrag des Königlichen Staats⸗Ministeriums des Innern genehmigt. Den Gegenstand der Berathung wird die Erweiterung der Kreisirrenanstalt München bilden. — An die durch die Re⸗ signation des Domkapitulars Frhrn. v. Graverreuth erledigte Domkapitularstelle in Gichstätt ist der Pfarrer Anton Hotter in Wachenzell, Bezirksamts Eichstätt, ernannt worden.
— Im Gesetz⸗ und Verordnungsblatt Nr. 9 wird, wie be⸗ reits mitgetheilt, die Allerhöchste Verordnung, d. d. München, den 11. d. M, in welcher die Normen über die Aufrechnung der Tagegelder und Reisekosten bei auswärtigen Dienstgeschäf— ten der Beamten und Bediensteten des gesammten Civilstaats⸗ dienstes einer Revision unterstellt wurden, publizirt. Die Be⸗ stimmungen sind folgende:
Die Tagegelder für die einzelnen Beamten und Bediensteten werden hinsichtlich der Höhe in Klassen nach Maßgabe des Gehalts⸗ regulatives vom 23. Mai 1872 eingetheilt, und zwar haben hiernach Anspruch: a. die Staatsräthe und Präsidenten, dann Klasse J. auf ein Tagegeld von 19 ½é (11 Fl. 5 Kr.), b. Klasse Il. und III. auf ein solches von 14 MH. (8 Fl. 10 Kr.), C. Klasse IV. bis VI. und Klasse IX. auf ein Tagegeld von 11 SH (6 Fl. 25 Kr.), d. Klasse VII. und VIII., dann die Staatsanwaltsubstituten und Assistenten sämmtlicher Stellen, sowie Revisoren bei den Königlicken Stellen auf ein Tagegeld von 9 S½é (5 Fl. 15 Kr.), e. Klasse X. auf ein solches von 7 AM e (4 Fl. 5 Kr.), f. die Zoll- und Forstamts-⸗Assistenten, die Rechtspraktikanten bei den Verwaltungs— behörden und Gerichten, die Polizeianwälte in der Pfalz, die Kame⸗ ral⸗ und Baupraktikanten, die Baukandidaten und Bauassistenten, das Personal der Kategorien B 1 und B 2 des Besoldungsstatus bei den Königlichen Verkehrsanstalten, die Förster, Forstgehülfen, die Weg— meister, Aufschlageinnehmer, Rentamtsgehülfen und Schreiber bei den Gerichten, Behörden und Aemtern der inniren wie der Finanz-⸗Ver⸗ waltung auf ein Tagegeld von 6 M (3 Fl. 30 Kr.) und g. die Waldaufseher, Gefängnißwärter, dann Boten und Diener, so wie deren Gehülfen bei allen Stellen, Behörden, Aemtern und Kassen auf ein Tagegeld von 3 AM. (1 Fl. 45 Kr.). Beamte, welche in dem Besoldungs— regulative vom 23. Mai 1872 nicht aufgeführt sind, reihen sich den betreffenden Beamten geicher Kategorie an und für Bedienstete, welche vorstehend nicht bezeichnet sind, werden die Tagegelder gemäß der Tagegelder für die ihnen nach Art ihrer Verwendung gleichstehen⸗ den Bediensteten festgesetzt. Die Tagegelder werden auf so lange be— willigt, als das aufgetragene Geschäft — die Reisezeit mit einge⸗ rechnet — auswärts dauert. Für Dienstreisen, welche mit einem außergewöhnlichen Aufwande unvermeidlich verbunden sind, kann aus— nahmsweise die Aufrechnung der baaren Auslagen statt der regulativ— mäßigen Tagegelder bewilligt werden. Bezüglich der Dienstreisen der Königlichen Staats -Minister bleibt es bei den bisherigen Bestimmun— gen. Als Reisekosten dürfen insbesondere nur die wirklich entrichte⸗ ten Auslagmn in Aufrechnung gebracht werden. Bei allen Dienstreisen, welche ohne Nachtheil für den Reisezweck durch Benutzung von Eisenbahnen oder Dampfbooten zurückgelegt werden können, haben sich die Beamten und Be⸗ diensteten derfelben zu bedienen. Beamten mit Kollegialraths- und hoͤherem Range ist die Benutzung der J. Wagenklasse auf Eisen— bahnen und des J. Platzes auf Dampfboohen gestattet; die oben unter g. bezeichneten Bediensteten dürfen bei Eisenbahnen nur die Auslagen für die III. Wagenklasse und sofern die Benutzung von Eilzügen er— forderlich ist, für die 11. Wagenklasse, sowie auf Dampfbooten für einen Platz der II. Klasse in Aufrechnung bringen; alle übrigen Beamten und Bediensteten können sich bei Eisenbahnen der II. und auf Dampfbooten der J. Klasse bedienen. Die neue Verordnung tritt 14 Tage nach heute (11.) in Kraft- Aufrecht erhalten bleiben sedoch noch die besonderen Vorschriften bezüglich Verwesungen bei Rent— ämtern und im Forstwesen, für das niedere Dienstpersonal der Ver— kehrsanstalten, für das thierärztliche Personal, die Brandversicherungs⸗ Inspektoren, die Bezirksgeometer und das instabile Personal des Katasterbureaus.
— Durch Königliche Entschließung wurden, als Theile der Dienstverhältnisse in der Königlich bayerischen Armee „eine neue Instruktion für die Dienstes- ꝛc. Stellen des Trains“, dann neue „Vorschriften für den Garnisons⸗Wachtdienst“ genehmigt.
— In seiner gestrigen Versammlung hat der Klub der patriotischen Fraktion an Stelle seines früheren Vorstandes, des Abg. Dr. Freitag, den Abg. Ober⸗Appellrath Kurz zu seinem Vorstand gewählt.
— Se. Majestät der König hat dem bayerischen Frauen⸗ verein auf Grund der Satzungen vom Jahre 1870 Korpora⸗ tionsrechte verliehen.
— Aus Kissingen, 15. Februar wird gemeldet, daß die Badefrage entschieden sei. Die sämmtlichen ärarialischen Bade⸗ Objekte, einschließlich der Wasserversendung, wurden unter Aus⸗ schluß jeglicher Konkurrenz an den früheren Landtags⸗-Abgeord⸗ neten Advokaten Hofrath Streit in Würzburg auf eine lange Reihe von Jahren verpachtet.
Baden. Karlsruhe, 15. Februar. Der Oberschul⸗ rath hat mit Ermächtigung des Ministeriums des Innern den Direktoren und Vorständen an den Mittelschulen für dieses Jahr freigestellt, behufs der Feier eines Schulfestes am Geburtstag des Deutschen Kaisers (22. März) die Osterferien erst mit Grün donnerstag beginnen zu lassen und dafür die ganze Pfingstwoche freizuge ven.
Mecklenburg. Malchin, 15. Februar. (H. N.) Die Zahl der Landtag s-Mitglieder hat sich bis auf einige 60 vermindert.
Ein schwerinsches Reskript vom 10. d. M. proponirte, die Publikation der Eintragungen in das Handelsregister durch das »Central-Handelsregister“ (Beilage zu dem „Reichs- und Preußischen Staats⸗Anzeiger“) obligatorisch zu machen. Stände erklärten sich damit einverstanden.
Die Deputation der Schuldentilgungs⸗Kommission berichtete, daß die Schuld der Salomon Heine'schen Anleihe sich jetzt auf 2,632, 9000 M. Beo. und die Schuld der Chaussee⸗ und Wasser⸗ baukasse sich auf 183, 388 Thlr. 16 Sch. Ert. belaufe. An Aktivis waren vorhanden 1) Aktien der Berlin⸗Hamburger Eisenbahn Litt. A. 66000 Thlr. und 2) Obligationen der Sal. H. Anleihe 737500 M. Beo. Von der Sal. H. Anleihe werden zum 1. August d. J. noch ausgeloost 37,500 M. Beo, so daß die Schuld dann noch 2,594,500 M. Beo. beträgt.
Zur Hebung der mecklenburgischen Pferdezucht proponirt ein schwerinsches Reskript: die Regierung wolle die bisher gezahlten 9000 R.⸗M. auf weitere 5 Jahre bewilligen, wenn Stände oder speziell die Ritterschaft ebenfalls 9000 R. ⸗M. dazu hergeben. Dieses Reskript wurde nebst vielen anderen, die heute eingegan⸗ gen sind, an die betreffenden Comitès abgegeben. Zur Ver⸗ handlung kam aber ein Vortrag des Landeseinnehmer Koeve. Derselbe führt aus, daß er seit 1868 angewiesen sei, preußisches Papiergeld, sowie Noten der preußischen Hauptbank in Zahlung anzunehmen. Wenn nun bis zum 1. Januar 1876 alles auf Thaler lautende Papiergeld eingezogen werden solle und er dasselbe bis zum letzten Augenblick annehmen müsse, so könnten leicht Inkonvenienzen und selbst pe⸗ kuniäre Nachtheile dadurch entstehen. Er schlage vor, daß bei der Kontributions⸗Erhebung im April kein solches Papiergeld mehr angenommen werde. Pogge Blankenhof meinte, dann müsse dies Verbot auch auf die Rostocker Banknoten ausgedehnt wer—⸗ den. Nach einiger Diskussion wurde der engere Ausschuß potestivirt, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann auf Thaler lau⸗ tendes Papiergeld nicht mehr in Landeskassen angenommen wer⸗ den darf, auch soll der Großherzog ersucht werden, eine gleiche Verfügung zu erlassen.
Vom ritterschaftlichen Amte Güstrow wurde noch ein von Herrn v. Pentz auf Gremmelin eingereichter Antrag zur Ver⸗ fassungs⸗Modifikation vorgelegt. Herr v. Pentz schlägt das Zweikummersystem vor. Der jetzige Landtag soll die erste Kammer bilden und die Geschäfte des engern Ausschusses über⸗ nehmen. Die zweite Kammer soll aus allgemeinen Wahlen nach einem Census hervorgehen. Ohne Debatte wurde be—
schlossen, diesen Antrag auf sich beruhen zu lassen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 17. Februar. Im Abge⸗ ordnetenhause beantwortete der Unterrichts⸗-Minister die In⸗ terpellation des Abg. Weber wegen der behördlichen Entfernung der Landkarten der Länder der böhmischen Krone aus den mäh⸗ rischen Volksschulen dahin, daß diese Karten Mähren und Schle— sien als Theile des böhmischen Staates bezeichneten, somit geeig⸗ net erschienen, die Jugend zu beirren und daß sie als politische Agitationsmittel dienten, deren Beschlagnahme deshalb gerecht— fertigt gewesen sei. Das Haus agnoszirte hierauf verschiedene Wahlen. Sodann fand die Generaldegatte über die Abänderung der Geschäftsordnung statt. In derselben sprach Schrank den Wunsch nach weiteren Aenderungen aus. In der Spezialdebatte erklärte sich Meznik gegen die Bestimmung, wonach für Abgeordnete, welche die Angelobung nur vorbehaltlich leisten wollen, Neuwahlen vor⸗ genommen werden sollen, als gegen die böhmische staatsrechtliche Opposition gerichtet, die wohl unter gewissen Umständen, bei gegebenen Garantien, an den Berathungen des Hauses theil⸗ nehmen könnte. Diese Möglichkeit werde durch Annahme der Bestimmung vereitelt. Man müsse Alles thun, um Böhmen heranzuziehen. Ohne Böhmen gäbe es kein konsolidirtes Oester— reich. Eine längere Debatte entstand bei den §§. 25 und 27. Mehrere Redner befürworteten die Oeffentlichkeit der Ausschuß⸗ sitzungen gegenüber den nicht im Ausschusse sitzenden Abgeord⸗ neten, ebenso die unbehinderte Publikation der Ausschußsitzungs—⸗ berichte. Der diesbezügliche Antrag wurde dem Ausschusse zur Berathung zugewiesen.
Agram, 17. Februar. Das Amtsblatt bringt eine Regie⸗ rungsverordnung über die Arrondirung der Komitate, resp. Vizegespanschaften, den territorialen Umfang und den Sitz der Königlich städtisch⸗delegirten und der Königlichen Bezirks⸗ gerichte so wie der Komitatsgerichtstafeln. Der Zeitpunkt des Inslebenstretens der Vizegespanschaften wird mittelst besonderer Verordnung bestimmt werden. Die Arrondirung der Komitate ist bis zur Vereinigung der Militärgrenze mit dem Provinziale als provisorisch zu betrachten.
Großbritannien and Irland. London, 16. Februar. Sir William Jervois, Oberst im Königlichen Genie-Corps, ist an Stelle des zum indischen Bauten-Minister beförderten Sir Andrew Elarke zum Gouverneur von Singapore ernannt worden.
— Wie der „Globe“ erfährt, wird das Flotten-Budget für 1875/76 einen Etat für 17,000 Mann der Flottenreserven aller Klassen enthalten, darunter 500 Mann der dritten Klasse, deren Bildung unter Erwägung ist, indem man glaubt, die Re⸗ kruten für diese Klasse an Bord der Ausbildungsschiffe für die Handelsmarine finden zu können. Die vor einiger Zeit gebildete zweite Klasse wird unter der Fischerbevölkerung immer populärer, und man hofft, daß sie während des kommenden Finanzjahres 5000 Mann stark werden wird.
— 18. Februar. (W. T. B.) Unterhaus. Auf eine bezügliche Anfrage Hopwoods erklärte der Marine⸗Minister, die Admiralität habe die Benutzung des Staats⸗Trockendocks für das deutsche Panzerschiff „Kaiser“ gestattet, weil ein Privatdock zu dessen Aufnahme nicht verfügbar gewesen sei. Es sei das ein Akt einfacher Höflichkeit zwischen zwei befreundeten Nationen und deshalb auch die unentgeltliche Benutzung des Staats⸗ Trockendocks eine selbstverständliche Sache. — Der aus dem Tichbornprozeß bekannte und in Stoke am Trent gewählte Advokat Kenealy hat heute seinen Sitz im Unterhause ein⸗ genommen.
— Disraeli brachte in der heutigen Sitzung des Unter— hauses den in der Dienstagssitzung angekündigten Antrag ein, das Haus möge die Wahl von John Mitchell für ungültig erklaͤren. Das irische Mitglied O'Shaugnessee beantragte, die Diskussion des An⸗ trages zu vertagen, um den Parteigenossen Mitchells Frist zur weiteren Berathung über die Angelegenheit zu gewähren. Der Marquis von Hartington, Forster und Lowe traten für die Verweisung des Antrages an eine Kommisston ein. Disraeli bestand aber auf sofortiger Berathung seines Antrages, damit die Würde des Hauses gewahrt bleibe. Die Vertagung der Debatte wurde darauf mit 269 gegen 102 Stimmen abgelehnt, ebenso auch die von dem Marquis von Hartington formell beantragte Ueber⸗ weisung des Antrages Disraeli an eine Kommission verworfen und letzterer sodann angenommen.
Frankreich. Paris, 17. Februar. Der Senatsent⸗ wurf, welchen Wallon, der als Vermittler zwischen der Rechten und der Linken auftritt, ausgearbeitet hat, lautet in seinen Haupt⸗ punkten wie folgt:
Art. 1. Der Senat besteht aus 300 Mitgliedern, 225 werden von den Departements und den Kolonien ernannt. Algerien ernennt 2 Senatoren und jede unserer drei großen Kolonien einen, das Gebiet von Belfort ebenfalls einen. Die Departements von weniger als 200,000 Einwohnern ernennen einen Senator, die von 2⸗ bis 400000 zwei, die von 4 bis 600,900 drei, die von 6 bis 800,000 vier und die über 800,000 fünf. 75 werden ein erstes Mal von der National versammlung ernannt. Art. 2. Die von den Departements ge— wählten 2656 werden nach Wahllisten von einem Wahlkollegium er— nannt, welches aus Mitgliedern des Generalraths, aus Mitgliedern
des Arrondissements und aus einem Delegirten einer jeden Gemeinde besteht. Die Senatoren werden auf neun Jahre ernannt und nach Dritteln erneuert. Die, welche von der Ver saämmlung ernannt werden, sind unabsetzbar. Im Falle des Todes oder der Demission schreitet der Senat zu ihrer Ersetzung. Art. 3 (unerheblich). Art. 4 (wie der ehemalige Art. 12 der Kommission) enthält die Befugniffe des Senats. Art. 5 (wie der ehemalige Art. i3 der Kommsssion) konftituirt den Senat als Gerichtshof für den Präsidenten der Republik, die Mi— nister und die Attentate gegen die Sicherheit des Staates. Art. 6. Es wird zur Wahl des Senatz einen Monat vor dem Tage ge⸗ schritten, welcher für die Auflösung der Nationalversammlung fest⸗ gesetzt wird. Er wird an dem Tage, wo die National versammlung fich trennen wird, in Funktion treten.
— 18. Februar. (W. T. B.) Das linke Centrum hat in seiner heutigen Sitzung den Antrag Wallon, nach welchem die Wahl der Senatsmitglieder durch die Generalrãthe, die Arrondissementsräthe und durch einen Delegirten von jedem Munizipalrathe erfolgen soll, einstimmig angenommen.
19. Februar. W. T. B.) Das „Journal officiel“ enthält eine Bekanntmachung, wonach der Zinsfuß für die Schatzbons mit einjähriger Verfallzeit auf 4, und für die Bons mit 6⸗ bis 11 monatlicher Verfallzeit auf 3 pCt. festgesetzt wird.
— (Telegramm der „Agence Havas“) In einer heute stattgehabten, von Delegirten des linken und des rechten Centrums und der Gruppe Lavergne-Wallon beschsckten Versammlung ist man betreffs des Senatsgesetzes zu einem Einverständniß gelangt. Von allen drei Parteigruppen ist, nachdem der Marschall-Präsident auf die Ernennung eines Theils der Senatsmitglieder verzichtet hat, ein Uebereinkammen dahin getroffen worden, daß die National— versammlung 75 ständige Mitglieder des Senates er— nennt, deren Amt ein stetiges unwiderrufliches ist, während die übrigen 225 Senatoren — und zwar zwei von jedem Departement von den Generalräthen, den Arrondissements⸗ räthen und einem Delegirten von jedem Munizipalrathe gewählt werden sollen. Die Linke und die äußerste Linke treten morgen zur Berathung zusammen. In Deputirtenkreisen rechnet man mit ziemlicher Sicherheit auf eine allgemeine Verständigung, in— deß stößt die Bestimmung über die ständige Mitgliedschaft der von der Nationalversammlung ernannten Senatoren bis jetzt noch auf einigen Widerspruch. Ein Theil des rechten Centrums allein hat lediglich aus Furcht vor den Bonapartisten ein Ein— verständniß mit der Linken acceptirt.
Versailles, 18. Februar. (W. T. B.) In der heuti— gen Sitzung der Kom mission für die konstitutionellen Vorlagen erklärte der Minister des Innern, General Chabaud Latour, daß die Regierung den von der Kommission gemachten Vorschlag, welchem zufolge ein Drittheil der Mitglleder des Senats durch die Regierung ernannt werden sollte, fallen lasse und statt dessen die Ernennung dieses Drittheils durch die Na— tionalversammlung vorschlage. Die Kemmission tritt morgen zur weiteren Berathung uber die heutigen Erklärungen der Re— gierung nochmals zusammen.
Spanien. Madrid, 18. Februar. (W. T. B.) Die Gesandten Frankreichs, Oesterreichs, Portugals und Rußlands haben dem König Alfons gestern ihre Accre— ditive überreicht und wurden gegenseitig die freundfchaftlichsten Versicherungen ausgetauscht. Der russische Gesandte sprach im Namen des Kaisers Alexander den Wunsch aus, daß die Regie— rung des Königs Alfons, welche unter so glücklichen Auspicien begonnen habe, einen gedeihlichen Fortgang nehmen möge. Der König erwiderte mit dem Ausdruck seiner herzlichsten Wünsche für die Regierung des Kaisers von Rußland. — Der Graf von Molins wird heute auf seinen Gesandtschaftsposten nach Paris abgehen.
19. Februar. (W. T. B.) Zu Gesandten sind designirt: Für London Rances, für St. Petersburg Bedmar, für Rom Coello, für den Haag Areicolar, für Wien der Herzog von Tetuan. —
Türkei. Belgrad, 17. Februar. (W. 3.) Der Finanz— Minister unterbreitete der Skupschting das Budget für 1875. Die Einnahmen betragen darnach 36, 920 060 gute Piaster, die Ausgaben 36,8 10,9460 Piaster. Der Voranschlag schließt also mit einem Ueberschusse von 49,060 Piastern.
Rußland und Polen. St. Peters burg, 15. Februar. Der Kaiser hat dem „Russ. Inv.“ zufolge am J. Februar den Generalstab besucht, wo Sr. Majestät in einem der Säle durch den General-Gouverneur von Turkestan, General⸗Adjutan⸗ ten von Kauffmann, verschiedene Chiwassche Schmucksachen vorgestellt wurden, welche nach der Einnahme von Chiwa nach St. Petersburg gebracht wurden. Es sind dies meist Damen schmuckgegenstäande und bilden dieselben durch die Originalitãt ihrer Zeichnung, so wie durch die besondere Zusammenstellung der Farben bemerkenswerthe Proben Chiwa'schen Geschmacks. Im Ganzen sind es gegen 150 Gegenstände, die meist mit aus⸗ erlesenen Perlen, Türkisen und anderen Edelsteinen geschmückt sind. Nachdem der Kaiser diese Schmucksachen besichtigt und die Erklärungen des General⸗Adjutanten von Kauffmann gnädigst entgegengenommen hatte, befahl Se. Majestät, daß die ganze Sammlung bei dem ethnographischen Interesse derselben' der Kaiserlichen Russischen Geographischen Gesellschaft zur Dis position gestellt werde, um auf dem bevorstehenden Kongreß für geogra⸗ phische Wissenschaften in Paris ausgestellt zu werden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 14. Februar. Der Konstitutions-Ausschuß hat den Antrag Malmbergs, das Minimum des Einkommens der zur Wahl berechtigten Per⸗ sonen von 800 auf 600 Kronen herabzusetzen und ein gleiches aktives und passives Wahlrecht allen denen zu bewilligen, welche nach §. 14 der Reichstags-Ordnung kompetent sind, sich bei der Abgeordnetenwahl zu betheiligen, fobald dieselben auf letztge⸗ nanntes Einkommen abgeschätzt und die Kenntnisse besitzen, welche das Volksschulgesetz als Minimum bestimmt, zur Annahme nicht empfohlen. Dasselbe geschah mit dem Antrag Helanders, wegen Aenderung des 5§. 135 der Reichstags-Ordnung, daß die Eintheilung der Städte unter 16000 Einwohner in Wahlkreife in Zukunft alle 9 Jahre, anstatt der jetzigen 10 Jahre zu ge— schehen habe.
— Die Zweite Kammer hat die Haupttitel II. und III. des Etats für 1876 genehmigt, jedoch den vorjährigen Beschluß, daß Beamten mit einem Einkommen über 5609 Kronen keine Theuerungszulage zu bewilligen sei, mit 128 gegen 44 Stimmen aufrecht erhalten. — Ebenso wurde die vom Ausschuß zur An⸗ nahme empfohlene Regierungsvorlage vom 22. Januar, be⸗ treffend die Aenderungen, welche durch die im vorigen Jahre neu eingeführte Schiffsmesfung in der Zolltare und dem damit in Verbindung stehenden Gesetz erforderlich waren, genehmigt.
2 — Von Herrn Wallenberg wurde ein Antrag wegen Ab⸗ änderung des §. 5 der Verfaffung dahin gestellt, daß der König
aus den Staatsraths mitgliedern den Minister⸗Präsidenten ernen— nen möge.
Dänemark. Kopenhagen, 17. Februar. In den ver⸗ flossenen 190 Monaten des Zinanzjahres 1874-75 hat der Einfuhrzoll und die Stempelabgabe für Spielkarten 15,330,587 Kronen gegen 13,689, 604 Kronen im entsprechende n Zeitraume des vorigen Finanzjahres eingebracht. Die C e sammt⸗ Sinnahmen für Zoll⸗, Branntwein⸗ und Schiffs⸗Abgaben betrug 17, 8139, 488 Kr. gegen 16,001,892 Kr. in den genannten 10 Monaten des Finanzjahres 1873 = 74; es entstand demnach eine Mehreinnahme von 1,B847,596 Kr. Die Kriegssteuer hat in den gedachten 10 Monaten des laufenden Finanzjahres 2, S7 8, 7132 Kronen gegen 2,755,792 Kronen im vorigen Jahre eingebracht, also eine Mehreinnahme von 122,940 Kronen.
Amerika. New⸗Jgork, 18. Februar. (W. T. B.) Die Vorlage betreffend die Wiederaufnahme der Zahlungen in Baar vom 1. Januar 1879 ab ist vom Senat heute ge⸗ nehmigt worden. — Die hiesigen Zeitungen enthalten Mitthei⸗ lungen aus Kuba, nach welchen die Insurrektion im Distrikt CTincovillas Fortschritte macht. Der General⸗Gouverneur Concha hat die Leitung der Operationen gegen die Insurgenten über⸗ nommen und haben neuerdings heftige Zusammenstöße statt⸗ gefunden. Gonzales hat Manacas genommen. Die Spanier verloren dabei 150 Mann.
— Aus Südamerika liegen der „A. A. C.“ vom 16. Fe— bruar folgende Meldungen vor:
Die Nachrichten der neuesten Post betreffen in erster Reihe den traurigen Zustand der Angelegenheiten in Montevid eb. Am Sonn⸗ tag den 10. Januar brach in der Kirche anläßlich der Alkaldewahl ein blutiger Krawall aus, wobei nach den Berichten der „Anglo Vrazilian Times“ neun Personen getödtet und 40 verwundet wurden Einige der Verwundeten wurden hierauf kalten Blutes hin⸗ geschlachtet. Der Krawall ereignete sich zwischen den Neto⸗ Und Prineipista Zweigen der Colorado⸗ Partei. Die Minister ver⸗ langten die Vestrafung der Neto⸗Funta und die kriegsrecht⸗ liche Verfolgung der Truppen-⸗Commandeure wegen Pflicht⸗ vernachlässigung, und da der Präsident diesen Forderun⸗ gen nicht stattgeben wollte, dankten sie ab. Am 14. wurde ein neues Kabinet gebildet, aber die Natos brachten während der Nacht eine militärische Revolution zu Stande, setzten den Präsidenten Allauti ab und ernannten Pedro Barola zum provisorischen Präsidenten. Der abgesetzte Präsident suchte bald darauf seine Zuflucht in einem brasi⸗ lianischen Panzerschiff und die leitenden Mitglieder der Blancos Principitas flüchteten aus der Stadt. Seit dem Krawall ruhen in Montevideo sämmtliche Geschäfte und am 12. wurde das Zoll⸗ amt geschlofsen. In der Argentinischen Republik herrscht durchweg der Frieden. Genera! Mitre wird noch immer ge— fangen gehalten und sieht seinem Prozeß entgegen. Alle Theilnehmer an der letzten Revolution sind nach ihrer Heimath zurückgekehrt. Die gegenwärtige Regierung wird populär und die Nachrichten aus dem Innern lauten günstig. Die Grenzfzagen zwischen Para⸗— gugy und Chäli befinden sich auf dem Wege der Regelung. Die Gouverneurswahl naht, aber es werden keine Ruhestörungen besorgt. — Mon ssignor Fexrrini, der päpstliche Nuncius am brasilanischen Hofe, ist in Rio de Janeiro am gelben Fieber gestorben.
Asien. In Calcutta sind am 15. ds. die Instruktionen der indischen Regierung an die Kommission, welche ernannt wurde, um dem Guicowar von Baroda den Prozeß zu machen, amtlich veröffentlicht worden. Darnach ist derselbe an⸗ geklagt, persönlich oder durch seine Agenten geheime Verbindun⸗ gen mit der Dienerschaft des Präsidenten, Oberst Phayre, unter= halten, sie bestochen und das eigentliche Vergiftungsattentat gegen den Qbersten angestiftet zu haben. Sir Richard Couch, der Präsident der Kommisston, ist angewiesen, nur diese Anklage⸗ punkte und keine andern zu unterfuchen, indeß mit der vollen Befugniß, Zeugenaussagen entgegenzunehmen oder zu verwerfen, und überhaupt den ganzen Gang der Unterhandlungen zu leiten.
Afrika. Aegypten. Der Khedive hat den Posten eines Direktors des öffentlichen Unterrichts in Aegypten, Herrn Edward Thomas Rogers, dem ehemaligen britischen Konsuͤl in Cairo, angetragen, und Hr. Rogers hat sich nach England be— geben, um die Genehmigung des Auswärtigen Amtes zur An⸗ nahme dieses Postens zu erlangen.
— Ein Telegramm aus der Capstadt vom 25. meldet:
In Natal ist große Aufregung durch Earl v. Carngrvons De— pesche und Bischof Colenso's Broschüre über die Langalibalele⸗Affaire verursacht worden. Nach der übereinstimmenden Ansicht der Cap⸗ Zeitungen wird Langalibalele von den Behörden der Cap⸗-Kolonie der Regierung von Natal übergeben und wird letzterer unter gewiffen Umständen in Freiheit gesetzt werden. Bischof Colenso hatte eine zweistündige Unterredung mit dem auf der Robben Insel internirten Häuptling. Das Kriegsschiff Sapphor ist am Cap angekommen. Es legte am 7. Januar in Tristan d'Acunsa an, entdeckte aber nichts von irgend welchen Ueberlebenden des abgebrannten Auswan— dererschiffes ‚Cospatrick.“
Australien. Die Parlamentswahlen in Süd⸗Australien haben, wie aus Adelaide vom 15. 8. telegraphirt wird, in einer Majorität für die Regierung resultirt. Sämmtliche Mi⸗ nister wurden wiedergewählt. Die süd-australische Ernte ist so günstig ausgefallen, daß einer ungefähren Schätzung nach 200.060 bis 20, 000 Tonnen Brodstoffe für den Czport dis⸗ ponibel sein werden.
Statistische Nachrichten.
Das neueste Heft (Nr. IV. von 1874) der „Zeitschrift des Königlich Preußsschen Statistischen Bureaus“ enthälk einen gtuff?⸗ des Regierungs Assessor A. Schwietzke über die in den Provinzen Cre fen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen in Folge der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 ge— bildeten Amtsbezirke. Die Gesammtzahl derselben beträgt 5667, und zwar kommen hiervon auf die Provinz Preußen 1763, auf die Mark Brandenburg 922, auf Pommern 672, Schlesien 1565 und Sachsen 745 Auf die einzelnen Regie⸗ rungshbezirke dieser Provinzen vertheilen sich die neugebildeten Amtsbezirke, wie folgt: Königsberg 66!l, Gumbinnen 454, Danzig 28, Marienwerder 430; Potsdam 450, Frankfurt 2; Stettin 256. Cöslin 323, Stralsund 83; Breslau 646, Liegnitz 47, Oppeln 502; Magdeburg 349, Merseburg 300 und Erfurt 105. Die Zahl der in den einzelnen Kreisen errichteten Amtsbezirke ist durch die Größe der ersteren, die Dichtigkeit der Bevölkerung und das Verhältniß diefer beiden Faktoren bestimmt. Während der Flächeninhalt der Kreise einschließlich der Städte unter 2000 Einwohnern von 226,562 Hek— taren (Konitz, Regierungsbezirk Marienwerder) bis 12,152 Hektaren Zabrze, Regierungsbezirk Oppeln) wechselt, schwankt die ortsanwesende Bevölkerung derselben (Zählung vom J. Dezember 1871) zwischen 06. 032 (Ratibor, Regierungsbezirk Oppeln) und 14,823 (Ziegenrück, Regierungs- bezirk Erfurt). Die Anzahl in den einzelnen Kreisen eingerichteten Amtsbezirke endlich steigt von 6 (Weißensee, Regierungsbezirk Erfurt: 2,169 Hektar Flächeninhalt und 26,818 Einwohner), 7 Ziegenrück: 20960 Hektar und 14,823 Einwohner), je 8 (Spremberg, Regierungs⸗ bezirk Frankfurt: 31919 Hektar und 23,505 Einwohner; Zabrze: 12152 Hektar, und I8, 857 Einwohner; Raumburg 15,659 Hektar und 26,08 Einwohner) u. s. w. bis 51 (Königsberg, Regierung
bezirk Frankfurt: 1533376 Hektar und 90,497 Ein wohner) und 56 (Stolp, Regierungsbezirk Cöelin: 222, 954 Hektar und 9,755 Ein— wohner). Aus diesen Angaben ist schon ersichtlich, daß auch die durch⸗ schnittliche Einwohnerzahl der Amtebezirke der einzelnen Kreise lebhaften Schwankungen unterworfen ist. Den höchsten Durchschnitt (14857) weisen die Amtsbezirke des Kreises Zabrze auf, daran schließt sich Beuthen mit 3685 und Kattowitz mit durchschnittlich 3505 Ein- wohnern im Amtsbezirk. Zwischen 3000 bis 2000 schwanken die Amtsbezirke von 31 Kreisen, zwischen 2000 bis 1000 von 170 Kreisen. Weniger als duzchschnittlich 1630 Einwohner zählen die Amtabezirke der Kreise Fischhausen, Friedland, Prenzlau, Dramburg, Steinau 3. d. Or, Sangershausen; darunter uͤmmt Friebland in ber Provinz Preußen mit 767 Einwohnern die letzte Stelle ein. Unter den Regie⸗ rungsbezirken zeigt Oppeln mit durchschnsttlich 2134 Einwohnern im Amtsbezirk den höchsten, Königsberg mit 1194 den niedrigsten Stand. — Nach einer amtlichen Mittheilung des statistischen Bureaus der Steuerdeputation zählte Hamburg (Stadt und Vorstädte im ,,,, 2 . und 255,300 Einwohner lgegen ; im Jahre 3). er hamburgische Sta 327, 500 Einwohner. 7 . Nach offiziellen Nachweisen belief sich die Bevölkerung der Stadt Rom am 1. Janüar 1874 auf 248,357 Seelen, und am 1. Jannar 1875 betrug sie 256,163; sie ist demnach im Laufe dieses Jahres um 7856 gewachsen. — . = Nach der ‚Mosk. Ztg.“ bestand die griech isch ⸗ orthodoxe Kirche Rußlands im Jahre 1873 aus 55 Diözesen, welche unter 3. Metropoliten, 19 Erzbischöfen und 35 Bischöfen standen. Es giebt 397 Klöster mit 4678 Mönchen und 4212 Laienbrüdern, 130 Klöster mit 3061 Nonnen und 190,519 zeitweiligen weiblichen Einwohnern, 37,630 Kirchen und 13,282 Kapellen. In dem einzigen Jahre 1875 wurden 404 neue Kirchen und 131 neue Kapellen gebaut. Die Geist⸗ lichkeit umfaßte 1075. Erzpriester, 35, 919 Priester 12372 Diakonen und 54708 Kirchendiener u. s. w. Fromme Gaben flossen ein 10725546 Rubel. Die Kirche zäblt 54 062963 Mitglieder. Zur rechtgläubigen Kirche wurden S549 Individuen bekehrt, darunter 3199 Buddhisten.
Kunst, Wisse: schaft und Literatur.
Am Sonnabend Nachmittag 5 Uhr wird im wissenschaft— lichen Verein in der Singakademig Hr. Prof. Dr. v. Treitschke einen Vortraz über „Samuel von Pufen dorf halten.
— Aus CFrefeld, 15. Februar, wird der „Köln. Itg.“ geschrie⸗ ben: Die Enthüllung des Krieger-Denkmals =. Friedrichsplatz in Crefeld ist in der letzten Stadtverordneten⸗Ver⸗ sammlung auf den 10. Mai d. J. festgesetzt worden. Zur Feier werden Einladungen ergehen an den Ober-Präsidenten zu Coblenz und Chef -⸗Präsidenten zu Düsseldorf, sowie an das Kommando des 17 In⸗ fanterie⸗Regiments. ö
— Der am 17. in Bonn veistorbene Astronom Professor F. W. August Argelauder war am 22. März 1799 zu Memel geboren. Auf der Univeisität Königsberg studirte er Anfangs Kameralwissen⸗ schaften, wurde aber bald ein eifriger Schüler Bessels und 1820 dessen Gehülfe an der dortigen Sternwarte. Drei Jahre darauf ward er nach Abo (Finnland) berufen; dort wie in Helsingfors, wohin er 1832 übersiedelte, beschäftigte er sich vorzugswesse mit der Beobachtung der⸗ jenigen Fixsterne, welche eine starke Eigenbewegung zeigen, und wies deren 390 auf, die von 1755 bis 1830 sich mehr als 15 Sekunden nach der Richtung des Herkulesbildes vorwärts bewegt haben. Im Jahre 1837, als seine Schrift über die Bewegung des Sonnensystems erschien, erhielt er einen Ruf nach Bonn, wo eine Sternwarte errichter wurde, die aber eist 1845 vollendet war. Hier setzte er seine Studien am Himmel eifrig srt und widmete sich insbesondere der Unter— suchung des Lichtwechsels der veränderlichen Sterne. In seiner „Urano—= metrie, gah er mustergültige Bestimmungen der Sterngrößen. Sein kürzlich vollendeter Himmelsatlas, der sämmtliche Sterne 129, Größe umfaßt, ist auf eigenen Ortsbestimmungen begründet und nimmt den ersten Rang unter allen Himmeleskarten ein.
— Die „Kulturgeschichte in ihrer natürlichen Ent— wicklung bis zur Gegenwart“ von Fr. v. Hellwald (Augs— burg, Lampart u. Co liegt nach dem Erscheinen der 10. und JI. Lieferung nunmehr vollständig vor. Das letzte Heft führt die fran⸗ zösische Revolution zu Ende, giebt dann ein Bild von der politischen Entwickelung Europas bis zur Gegenwart, bespricht darauf die ali— gemeinen Erscheinungen der Kolonial-Kultur und des germanischen und des romanischen oder lateinischen Amerika im Besonderen. Daran reihen sich Gesammtüberblicke über die moderne materielle Kultur und die geistigen Triumphe der Neuzeit und eine Schlußbetrachtung über die Ideale und die Wissenschaften.
Der als Herausgeber des „Ausland“ bekannte Verfasser des Werkes hat dasselbe dem Vertreter der Descendenztheorie, Ernst Häckel in Jeng gewidmet und den Versuch gemacht, dessen Lehre von der naturlichen Entwickelung auf die Kulturgeschichte anzuwenden. Sein Grundsatz lautet: Alle Kulturentwickelung ist ein Naturprozeß, den auch keine anderen als die ewigen Naturgesetze beherrschen. Von dieser Anschauung ausgehend, hat Hellwald den umfangreichen Stoff geordnet, oft mit scharfem, von herkömmlichen Ansichten weit ab— weichenden Urtheil, sodaß der Leser, wo er ihm nicht zustimmen kann, mindestens zur reiflichen Prüfung seiner bisherigen Meinung veran— laßt wird. Fesselt die Arbeit durch die Kühnheit, mit der der Ver— fasser auftritt, so üherrascht andererseits der außerordentliche Sammel⸗ fleiß, von dem das Werk Zeugniß ablegt. Das genaue alphabethische Sachregister ist eine willkommene Zugabe.
— Der Senat der Universität Heidelberg hat ein Wohnungskommissariat“ im Universitätsgebäude errichtet und dasselbe unter eine tüchtige Leitung gestellt. Dasselbe soll die Anmeldungen von Wohnungen und Kosttischen entgegennehmen und prüfen, mit den Vermiethern und Kostgebern die Preise vereinbaren, und wird den Studirenden, welche sich an dasselbe wenden, auf diese Weise preiswürdige Wohnungen und Kosttische nachwelsen. Den Anlaß zu dieser Einrichtung gab die der Universität ungünstige, viel⸗ fach verbreitete Meinung, daß in Folge einer unverhältnißmäßigen und ungerechtfertigten Preissteigerung der Wohnungen und sonstigen Lebensbedürfnisse der Besuch der Universität Heidelberg nur noch reichen Studenten möglich sei. ö
— Die an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universttät Tübingen erledigte ordentliche Professur für Zoologie und verglei⸗ chende Anatomie ist dem Dr. Eimer, Professor am Polytechnikum in Darmstadt und Direktor des dortigen Naturalienkabinets, übertra⸗ gen worden.
Unter dem Titel: Zwei Herren von Bülow. Zeitbilder aus verschiedenen Jahrhunderten“ von Richard Reinhard, Licent. der Theologie und Pfarrer ist im Verlage von Otto Gülker und Comp. hierselbst neuerdings ein lesenswerther historischer Roman erschienen, welcher in gefälliger, ansprechender Form die Le— bensgeschicke von zwei Persönlichkeiten unter steter Beziehung auf die betreffenden jedesmaligen allgemeinen Zeitverhältnisse erzählt. Beide Personlichkeiten gehören einer bekannten mecklenburgischen Familie an, welcher im Laufe der Zeiten schon manche hervorragende Männer ent- sprossen sind. — Die erste Hälfte des Buches giebt Züge aus dem Leben des Hartwig von Bülow, der während des 30jährigen Kriegs uerst als Vertrauter des Herzogs Bernhard von Weimar, dann unter zaner und Torstenson sich auszeichnete, im schwedisch polnischen Kriege bis zum General Lieutenant emporstieg und nach dem Frieden zu Oliva als Gouverneur von Neuvorpommern 1667 starb. — Das zweite Lebensbild ist das von Werner Hellmuth von B, eines heitern, gemüthvollen Mannes, der als Student in Jena Mitglied des Tu⸗ gendbundes ist, manchen derben aber ergötzlichen Streich ausführt, jedoch in der Stille manche Wohlthat übt, in den Jahren 1815/15 wegen Lahmheit zum Kriegsdienste untauglich, dem Vater— lande anderweitig seine Schuld abtrug, dann in ůè es bis
zum Landdrosten brachte, als welcher er 1839 starb.