und zwar, wie sich nach der erhobenen Anklage gegen den Geistlichen S. wegen gesetzwidriger Vornahme geisilicher Amtshandlungen (auf Grund des 5§. 23 des Gesetzes vom 11. Mai 1873) herausstellte, nicht, weil er mit der Ernennung ein⸗ verstanden war, sondern weil er die verspätete Anzeige als eine den betreffenden Vorschriften nicht entsprechende auffaßte. Nichts⸗ destoweniger sprach das Appellationsgericht zu Stettin den An⸗ geklagten frei, weil der Ober⸗Präsident innerhalb 30 Tagen nach der Anzeige Einspruch gegen die Anstellung des S. nicht erhoben hat und der Umstand, daß Seitens des Ober⸗Präsi⸗ denten die Mittheilung nicht als vorschriftsmäßig anerkannt wurde, für die richterliche Feststellung der Thatsache, daß dieses Schreiben dem Ober⸗Präsidenten den Kandidaten unter Bezeich⸗ nung des Amtes benennt, nicht entscheidend ist'. Auf die Nich⸗ tigkeitsbeschwerde der Ober⸗Staatsanwalschaft zu Stettin verwies das Ober⸗Tribunal unter Vernichtung des zweitinstanzlichen Erkennt⸗ nisses die Sache zur anderweiten Verhandlung und Enischeidung an ein anderes Appellationsgericht. ‚Der Appellationsrichter über⸗ sieht, führt das Ober⸗Tribunals⸗Erkenntniß aus, „daß die in §. 15 vorgeschriebene Anzeige nicht allein ausdrücken muß, wer nach dem Willen des geistlichen Oberen fertan der Inhaber des erledigten geistlichen Amtes sein solle, sendern auch, daß die betreffende Persönlichkeit noch nicht ernannt, vielmehr von dem geistlichen Oberen zur Ernennung nur erst designirt sei. Hieraus ergiebt sich aber ferner die Nothwendigkeit, daß die Anzeige in einer Weise abgefaßt sei, welche dem Bber⸗Prä⸗ sidenten in unzweideutiger Weise zu erkennen giebt, daß es in der Absicht des Anzeigenden gelegen habe, die Anzeige zur Erfüllung der nach F§. 15 a. 4. O. ihm obliegenden Verpflich⸗ tung vor der erfolgten Ernennung zu machen.“
— Die Verbindung zwischen dem europäischen Festlande und Island wird auch in diesem Jahre durch regelmäßige Postdampfschiffahrten von Dänemark aus unterhalten werden. Die Abfahrt erfolgt von Kopenhagen planmäßig am 1. März, 17. April, 28. Mai, 7. Juli, 16. August, 77. September und 8. November, und landen die Schiffe nach zwölf bis vierzehntägiger Fahrt in Reykjavik auf Island. Die Rückfahrt von Reykjavik erfolgt in 6 bis 9 Tagen nach Ankunft der Schiffe, nämlich am 24. März, 7. Mai, 17. Juni, 27. Juli, 5. September, 18. Oktober und 29. November. Die ganze Reise von Kopenhagen nach Reykjavik und zurück, einschließlich des Aufenthalts von 6 bis 9 Tagen in Island, erfordert danach einen Zeitraum von etwa 5 Wochen. Die Schiffe legen sowohl auf der Hinfahrt, als auf der Rückfahrt in Thorshavn (Faröer) an. Auf der Hinfahrt legen die am 1. März, 17. April, 27. September und 8. November von Kopenhagen abgehenden Dampfer in Lerwick, die anderen in Leith an.
— Der General⸗Major August Graf zu Sol ms⸗Wilden⸗ fels, Commandeur der 29. Kavallerie⸗Brigade, hat sich nach beendigtem Urlaub in seine Garnison Freiburg in Baden zurück⸗ begeben.
Bayern. München, 27. Februar. Der vieljährige Vor⸗ stand der General⸗Zoll⸗Administration, Ministerial⸗Rath von Meixner, wurde, seiner wegen vorgerückten Jahren gestellten Bitte entsprechend, in den Ruhestand versetzt.
— Der jüngst in Bamberg gegründete sozial-demo⸗ kratische Wahl verein wurde dem „Tgbl.“ zufolge durch Magistrats⸗Beschluß vom 19. d. M. aufgeloͤst.
— (W. T. B.) Der Redacteur der „Neuen freien Volks⸗ zeitung“! Joseph Forster, wurde heute vom Schwurgerichte wegen Beleidigung des Deutschen Kaisers in contumaciam zu einer Gefängnißstrafe von 10 Monaten verurtheilt.
Sachsen. Dres den, 27. Februar. Das „Dr. J.“ meldet: Im Palais Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Georg hat heute Mittag 12 Uhr in Anwesenheit Ihrer Majestäͤten des Königs und der Königin, der Königin Mutter und der Königin Marie die Taufe des neugeborenen Prinzen stattgefunden, welcher die Namen: Albert, Karl, Anton, Lud⸗
— Wie dem „Fr. J.“ mitgetheilt wird, hat der Gesetz⸗ gebungs⸗Ausschuß der Zweiten Kammer in seinem neuesten Bericht über das Gesetz, betreffend die Pensionirung der widerruflich angestellten Beamten, anhangsweise den Antrag ge⸗ stellt, die Staatsregierung zu ersuchen. „die Bestimmung des Gnadenquartals auch für die Hinterbliebenen solcher Beamten, welche bereits vor Erlaß der neuen Ruhegehaltsgesetze in Ruhe⸗ stand versetzt worden sind, in Anwendung zu bringen.“
— Am 25. ds. wurde den Stadtverordneten die Vorlage des hiesigen Kreis amtes wegen Reorganisation der hiesigen Po⸗ lizei und Einführung des Instituts der Schutz mannschaft in hiesiger Stadt und Bessungen vorgelegt. Darmstadt soll in vier Polizeireviere eingetheilt werden, 40 Schutzmänner sowie 12 Nachtwächter erhalten, wodurch die Kosten für die Polizei sich von 34,000 ½ις auf etwa 70, 000 M erhöhen dürften.
— Wie aus Bensheim, 26. Februar, gemeldet wird, ist der Abgeordnete zur Zweiten Kammer Heinzerling, welcher in Folge seiner Ernennung zum Hofgerichts⸗Rath sich einer Neu⸗ wahl unterziehen mußte, heute wiedergewählt worden.
Mecklenburg. Schwerin, 27. Februar. Von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog ist dem hiesigen Krieger⸗ Verein eine Fahne verliehen worden.
— (W. T. B.) Landtag. Die Ritterschaft berieth heute über den von dem Verfaffungscomits am 24. dieses Monats erstatteten Bericht und beschloß mit 110 gegen 82 Stimmen, den gestern erwähnten Verfassungsentwurf der ritter⸗ schaftlichen Majorität anzunehmen. In der Plenarversammlung wurde sodann beschlossen, den Comitsbericht mit den darauf ge⸗ faßten Standesbeschlüssen den landesherrlichen Kommissarien mitzutheilen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 28. Februar. Der Großherzog hat seinen Kabinetssekretär und Kammerherrn Grafen von Wedel zum Hausmarschall ernannt.
— Mit dem 22. Februar haben in dem zum XI. Armee⸗ Corps gehörigen Garnisonen die 14tägigen Uebungen der Re⸗ kruten mit dem nunmehr zur Vertheilung gebrachten Mauser— gewehr begonnen.
Sach sen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 26. Februar. (Fr. J.) Der Landtag hat sich auch noch mit einem Wahlreglement zu befassen. Es ist zwar das neue Landtagswahlgesetz schon unterm 7. Mai 1873 publizirt worden; zur Ausführung desselben hat aber die Regierung das vorgedachte Reglement aufgestellt und dem Landtag zur Genehmigung vor⸗ gelegt. Dasselbe ist meist eine Nachbildung des Reichstagswahl⸗ gesetzes, besätimmt aber außerdem, daß das Land in 16 Kreise für die allgemeinen und in 6 Kreise für die Wahlen der Höchst⸗ besteuerten zerfällt, nämlich in zwei für die größeren Grundbesttzer und in vier für die sonst Höchstbesteuerten. Wer in mehreren Klassen wahlberechtigt ist, kann nur in einer derselben, die er bestimmen kann, sein Wahlrecht üben. Zu den Großgrund⸗ besitzern gehört Jeder, der jährlich 20 Thaler Grund⸗ oder Ge⸗ bäudesteuer entrichtet; zwei Wahlkreise derselben wählen je zwei Abgeordnete. Zu den sonst Höchstbesteuerten, die in vier Wahl⸗ kreisen vier Abgeordnete wählen, gehören diejenigen, die aus der KLlassensteuer in die Einkommensteuer vorgerückt sind. — Sicherem Vernehmen nach wird im Laufe des Juni die Vorsynode für das Herzogthum Meiningen einberufen werden.
Reuß. Greiz, 25. Februar. Der Landtag des Fürstenthums ist nach Erledigung aller Vorlagen heute verab⸗ schiedet worden. Derselbe hat in seinen letzten Sitzungen noch einige Gesetzvorlagen, u. A. die Gefetze betreffs der Erbschafts⸗ steuer und wegen Feststellung der terminlichen Grund⸗ und Ein⸗ kommensteuer angenommen, den Staatshaushaltsplan mit den durch Beschluß zu einigen Positionen bedingten Aenderungen genehmigt und in Anschluß an die Verhandlungen wegen Auf⸗ bringung des Bedarfs einstimmig beschlossen, die Staats⸗ regierung zu ersuchen, mit andern Regierungen dahin zu wirken, daß entweder die Reichs⸗Matrikularbeiträge durch
wig, Wilhelm, Victor erhalten hat. Taufzeugen waren: Se. Kaiserlich Königliche Hoheit der Erzherzog Karl Ludwig (Höchst—⸗ welcher Vormittags aus Wien hier eingetroffen ist), Ihre Kaiser⸗ lich Königliche Hoheit die zur Zeit am hiesigen Königlichen Hofe weilende Erzherzogin Antoinette, Prinzessin von Toskana, Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin May in Bayern und Se. Hoheit der Herzog Wilhelm von Braunschweig. Dem Taufakte, welcher von dem Hofkaplan Präses Bernert vollzogen wurde, wohnten noch bei: der am hiesigen Königlichen Hofe beglaubigte außer⸗ ordentliche Gesandte Sesterreich⸗ Ungarns, Freiherr v. Franken⸗ stein nebst Frau Gemahlin, die aktiven Herren Staats⸗Minister und der Minister des Königlichen Hauses, der Königliche große Dienst und die Zutritts damen Ihrer Königlichen Majeftäten. Morgen (Sonntag) wird die glückliche Entbindung Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Frau Prinzessin Georg in allen hiesigen Kirchen (in den Kirchen außerhalb Dresdens aber Sonntag den 7. März) durch ein Le Deum und ein besonderes Dankgebet gefeiert werden.
Nach den gestern und heute im Königlichen Palais am Taschenberge ausgelegten Bulletins befinden sich die Prinzessin Georg und der neugeborne Prinz durchaus wohl.
Der Prinz Georg hat aus Anlaß des glücklichen Ereig— nisses dem Ober⸗Bürgermeister 600 M zur Vertheilung an Arme hiesiger Residenz behaͤndigen lassen.
HGessen. Darm stadt, 26. Februar. In Folge der in der Eintheilung der Kreise in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen stattgehabten Aenderungen (in Rheinhessen ist die frühere Eintheilung unverändert geblieben) ist an Stelle der 1872 veröffentlichten Landwehr⸗Bataillons⸗ und Compagnie⸗ Bezirkseintheilung eine veränderte Eintheilung des Großherzog—⸗ thums angeordnet worden, wonach die Land wehr⸗Batail⸗ lonsbezirke mit der neuen Umgrenzung der ihnen zugetheilten Kreise zusammenfallen, die Landwehr⸗Compagniestationen Grün⸗ berg, Nidda, Neustadt und Lindenfels aufgehoben und Com⸗ pagniestationen zu Lich, Reinheim, Höchst i. O. und Wald⸗ Michelbach errichtet worden sind. Das soeben ausgegebene „Re⸗ gierungsblatt“ publizirt das Detail der neuen Eintheilung.
— Das Großherzogliche Ministerium des Innern hat fol⸗ gendes Reskript an die Großherzoglichen Kreisämter erlassen:
Um die Cirkulation der Scheidemünzen der neuen Währung, beziehungsweise der dieser entsprechenden Scheidemünzen möglichst zu fördern, sehen wir uns veranlaßt, zu bestimmen, daß die Gemeindeeinnehmer Zahlungen an Privaté in Scheidemünzen der bisherigen Währung, Fälle absoluter Nothwendigkeit ausgenommen, nicht mehr leisten, daß sie vielmehr die in die Gemeidekassen fließen⸗ den Scheidemünzen der bisherigen Währung so oft es angeht, bei den dazu bestimmten Stellen gegen der neuen Währung entsprechende Scheidemünzen umtauschen und lediglich die letzteren zu den in Schei⸗ demünze an Pripate zu leistenden Zahlungen verwenden. Sie wollen
Einführung indirekter Reichssteuern vor Allem einer Börsen⸗ steuer, Eisenbahnbilletsteuer und dergl. gänzlich beseitigt oder doch wenigstens ein angemessener Beitragsfuß dafür festgestellt werde. Bei Motivirung des Antrags wurde hervorgehoben, daß diese Matrikularbeiträge für das Land, welches in Erman⸗ gelung anderer Hülfsmittel zur Bestreitung des Staatsbedarfs lediglich auf die Steuerkraft angewiesen sei, an sich sehr drückend sei, in der Aufbringung derselben nach der bloßen Kopfzahl aber bei der großen Verschiedenheit des Wohlstandes der ein⸗ zelnen Bundesstagten eine Unbilligkeit erblickt werden müsse. Die thunlichste Berücksichtigung dieses Antrags ist Seitens der Regierung zugesichert worden.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 27. Februar. Das Reich s⸗ Gesetz blatt veröffentlicht eine Verordnung des Ackerbau— Ministeriums vom 13. Februar 1875, betreffend die Prüfung für den technischen Dienst in der Staats forstverwaltung.
— Im Hexrenhause wurde gestern eine Reihe von Gesetzentwürfen, darunter die Regierungsvorlage, betreffend die Eröffnung von Spezialkrediten sür das Jahr 1855 und die Be⸗ handlung der für das Jahr 1874 bewilligten Spezialkredite zu Zwecken des Eisenbahnbaues, ferner der Gefetzentwurf, betreffend die Taggelder und Reisegebühren der Mitglieder der reichsräth⸗ lichen Delegation bei deren Einberufung nach Budapest, ohne Debatte in zweiter und dritter Lesung angenommen. Hierauf wurden die Wahlen in die Delegation vorgenommen.
= Im Ab geordnetenhaguse wurde dem Handels⸗Mi⸗ nister Pr. Banhans in seiner Eigenschaft als Abgeordneter ein achtwöchentlicher Urlaub ertheilt. Dr. Hoffer richtete im Namen seiner politischen Parteigenossen an den Obmann des konfessio⸗ nellen Ausschusses mit Rückficht auf die baldigst bevorstehende Vertagung des Reichsrathes die Anfrage, wie weit die Angele⸗ genheiten, betreffend die Regelung der Verhältnisse der Altka⸗ tholiken, die Erlassung eines allgemeinen Ehegesetzes und die Ausweisung der Jesuiten aus Oesterreich im Schooße des Aus⸗ schusses gediehen seien und ob noch in dieser Session die be⸗ züglichen Vorlagen vor das Plenum gelangen werden. Abg. 3 p. Hopfen, als Obmann des konfessionellen Ausschusses, erklärte:
Betreffs des Antrages Klepsch auf Erlassung eines Gesetzes zur Regelung der Verhältnisfe der Altkatholiken ist ein darauf bezuglicher Gesetzentwurf im Schooße des Ausschusses bereits beschlossen und der Berichterstatter des Ausschusses mit der Ausarbeitung des Berichtes beschäftigt. Es würde der betreffende Bericht bereits vorliegen, wenn nicht der betreffende Berichterstatter durch Krankheit verhindert worden wäre, die darauf hezüglichen Arbeiten zu liefern. Was die Vorlage eines Gesetzentwurfes, betreffend die obligatorische Civilehe, betrifft, muß ich mittheilen, daß die dabei maßgebenden Prinzipien zu den
die Ihnen untergebenen Gemeindeeinnehmer hiernach bedeuten. v. Starck. Rautenbusch.
weitgehendsten und eindringlichsten Diskusfionen im Schooße des Aus—
schusses, in welchem ja sämmtliche Parteien des Hauses vertreten sind, eine Einigung über diese so hochwichtigen Prinzipien nicht so leicht zu erzielen war. Ich kann berichten, daß in der gestern stattgehabten Sitzung des konfessionellen Ausschusses beschlossen wurde, in nächster Sitzung in die Sezialdebatte üter einen vom Subcomits vorgelegten Entwurf einzugehen. Der An⸗ trag, betreffend die Ausweisung des Jesnitenordens, befindet sich noch in der Vorberathung des Subcomits. Die bereits zur Gesetzeskratt gelangten konfessionellen Gesetze zeigen, daß der kon⸗ fesstonelle ichn seine Aufgabe ernst nimmt und mit regem Eifer gearbeitet hat. Wenn man bedenkt, daß diese Gesetze von so außer ordentlicher Tragweite sind und eines eingehenden Studiums bedürfen, so ist die Inanspruchnahme eines längeren Zeitraumes gerechtfertigt, um so mehr, wenn man den Umstand beruͤcksichtigt, daß die Mit glieder des konfessionellen Ausschusses in verschiedenen Ausschüssen des Hauses thätig sind, so 4j es nicht möglich wird, so oft, als ich es vielleicht wünschte, vollzählige Ausschußsitzungen zusammenzubringen. Die Kumulirung von Ausschußsitzungen, denen dieselben Mitglieder angehören, bringt Schwierigkeiten mit sich, die zu überwinden ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Das Abgeordnetenhaus nahm sodann das Börsengesetz mit einigen unwesentlichen Aenderungen an, ferner in dritter Lesung die Vorlagen, betreffend die Regulirung der Flüsse Mur und Narenta nach den Ausschußanträgen und stimmte der Konsular⸗ Konvention zwischen Italien und Oesterreich⸗Ungarn zu. Pest, 1. März. (W. T. B.) Das neue Ministerium ist, nunmehr konstituirt und besteht aus Freiherrn Bela v. Wenck⸗ heim, Minister⸗Präsident und Minister am Hoflager des Kaisers, Tisza Minister des Innern, Szell Finanz⸗Minister, Pech Mi⸗ nister für öffentliche Arbeiten und Kommunikationen, Simonyi Handels⸗Minister, Szende Minister für Landesvertheidigung, v. Tréfort Unterrichts⸗Minister, Bela Perezel Justiz⸗Minister, Pejacsewitsch Minister für Kroatien und Slavonien.
Schweiz. Bern, 27. Februar. (W. T. B.) Die hiesi⸗ gen Mitglieder der römisch-⸗katholischen Kirche haben sich als besondere Gemeinde konstituirt und die Wahl eines eigenen Kirchengemeinderaths vorgenommen.
— 1. März. (W. T. B.) Die vom hiesigen Großen Rathe für das Berner ESisenbahnnetz beschlossene Staats⸗ subvention von 16 Millionen ist bei der gestrigen Volksab⸗ stimmung mit 36,000 gegen 22, 000 Stimmen genehmigt worden.
Großbritannien and Irland. London, 1. März. (W. T. B.) Der „Times“ wird aus Wien vom 27. v. Mts. gemeldet, daß die spanische Regierung der Pforte binnen Kurzem die von letzterer verlangten Lufklärungen über die Notifizirung der Thronbesteigung des Königs Alfons an den Fürsten Karl von Rumänien ertheilen und darin namentlich hervorheben werde, daß der Empfang des spanischen Gesandten an der rumänischen Grenze lediglich aus der Initiative der rumänischen Regierung hervorgegangen und als ein bloßer Akt der Courtoiste zu betrachlen sei. — Dasselbe Blatt erfährt aus Konstantinopel, daß in Ge⸗ mäßheit der in dem Vertrage der türkischen Regie⸗ rung mit der Banque ottomane getroffenen Modiftka⸗ tionen ihr bestimmte Einnahmen überwiesen worden seien, welche zur Verzinsung und AÄmortisirung der auswärtigen Staatsschuld ausreichend seien. Der Regierung sei ferner durch die abgeänderten Bestimmungen des Vertrages die Befugniß eingeräumt worden, auch mit anderen Kontrahenten außer der Banque ottamang eine Anleihe abschließen zu dürfen.
Frankreich. Paris, 27. Februar. Heute fand im Palais Elysée der Empfang des spanischen Ge⸗ sandten, Marquis de Molins, statt. Der Gesandte hob in seiner Anrede an den Marschall Mac Mahon hervor, daß er beauftragt sei, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Frank⸗ reich und Spanien aufrecht zu erhalten und, wenn möglich, fester zu knüpfen. Die französische und die spanische Nation seien zwar durch die Pyrenäen getrennt, aber durch die Ver⸗ wandtschaft der Abstammung und der Sprache brüderlich ge⸗ einigt. Der Gesandte gab am Schlusse seiner Rede der person⸗ lichen Dankbarkeit des Königs Alfons für die ihm in Frank⸗ reich zu Theil gewordene Gastfreundschaft Ausdruck. Der Marschall Mac Mahon sprach in seiner Antwort seine leb⸗ haften Wünsche für das Gedeihen und den Frieden Spaniens aus. — Aus Versailles, 27. Februar, Abends, wird tele⸗ graphirt: Die Fraktionen der Linken wollen, dem Vernehmen der „Agence Hapas“ zufolge, einem Ministerium, dessen Mit⸗ glieder nicht der Majorität entnommen werden, ihre Unterstützung versagen. Falls bei der bevorstehenden Neuwahl des Präsidiums der Nationalversammlung Dufaure die Kandidatur ablehnen sollte, beabsichtigt die gesammte Linke Kasimir Perier für die Präsidentschaft vorzuschlagen. — 28. Februar. (W. T. B.) Das Gesetz über die Organisirung der öffentlichen Gewalten und das Senatsgesetz sind heute durch das „Journal offieiel“ publi⸗
zirt worden.
— Der Präsident Buffet hat die Nachricht hierher gelangen lassen, daß er Montag oder Dienstag in Berfailles ein⸗ treffen wird. In Betreff der Uebernahme der neuen Kabinets⸗ bildung hat der Präsident Buffet bis jetzt weder die Annahme des ihm gewordenen Antrags erklärt, noch auch eine Ablehnung desselben ausgesprochen. Die Neuwahl des Bureaus der Nationalversammlung wird, neueren Nachrichten zufolge, voraussichtlich nicht vertagt, sondern in der morgenden Sitzung vorgenommen werden. Alle Gruppen der Nationalversammlung mit Ausnahme der äußersten Rechten und der Bonapartisten werden der „Agence Havas“ zufolge für die Präsidentschaft Buffets stimmen.
Spanien. Madrid, 27. Februar. (W. T. B.) Der König hat heute die Gesandten Englands und Schwe⸗ dens empfangen. — Nach hier eingegangener amtlicher Mel⸗ dung haben die Carlisten in einer Stärke von 5 Bataillonen und 5. Geschützen einen Angriff auf die Stellungen der Regie⸗ rungstruppen am Mont April bei Puente nuevo (unweit Bilbao) gemacht. Der Angriff wurde abgeschlagen und erlitten die Carlisten erhebliche Verluste.
— Aus San Seba tian, 28. Februar, Morgens, wird über den Angriff der Carlisten auf die Stellungen der Regie⸗ rungstruppen bei Bilbao weiter gemeldet: Der Angriff fand am 26. d. Morgens statt. Sieben Bataillone mit 12 Geschütz en unter Anführung des Carlisten⸗Chefs Berriz gingen gegen die Poßtio⸗ nen der Regierungstruppen bei Puente nuevo und Arbolancha auf dem rechten Ufer des Nervion vor. Die Posttionen mußten von den Regierungstruppen drei Mal aufgegeben werden, blieben aber schließlich nach einem hartnäckigen Kampfe im Besitze der⸗ selben. Das Gefecht murde erst gegen Abend eingestellt. Die Carlisten zogen sich auf Echevari zurück, das sie erst in der Nacht erreichten. Sie haben beträchtliche Verluste erlitten. Die Garnison von Bilbao hat 150 Mann verloren. Lona hat
schusses, geführt haben und das bei der Zusammensetzung des Aus⸗
Verstärkungen nach Bilbao geschickt.
— Nach in Bayonne, 28. Februar, Morgens, eingegangenen Nachrichten treffen die Carlisten unter Führung Lizzaraga s umfassende Vorbereitungen zu einem Angriff auf die Stadt Puycerda. Sie verlangen die Uebergabe des Platzes und drohen im Falle der Verweigerung derselben und der Einnahme der Stadt mit der Einäscherung. Alle Verbindungen nach aus⸗ wärts sind abgeschnitten.
86 28. 2 (W. T. B) Das Journal Es pana cattolica“ ist wegen Veröffentlichung eines Hirtenbriefes des Bischofs von Jaen, in welchem anscheinend nur die Intoleranz gegen Andersgläubige gepredigt wurde, in Wirklichkeit aber auch Angriffe auf die Autorität des Königs enthalten waren, suspen⸗ dirt worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg 26. Fe⸗ bruar. Der „Golos“ berichtet über einen im Marine⸗Ressort zu Stande gekommenen Beschluß, nach welchem in Kronstadt eine Offtziersklasse und eine Schule für Untermilitärs zum Unter⸗ richt in der Behandlung von Schiffsminen eingerichtet werden soll. h
— Zur Einschränkung der Getränkeverkaufsanstal⸗ ten im Reich soll das Ministerium des Innern nach der „Mosk. Ztg.“ beabsichtigen, jeder Kreislandschaft das Recht zu⸗ zugestehen: a) die Zahl der Getränkeverkaufsanstalten (der Schen⸗ ken, Trakteurs und Einfahrten) und die Dertlichkeiten, an welchen ihre Eröffnung statthaft ist, zu bestimmen; b) in den Wolostgemein⸗ den auf volle Tausend männlicher Revistonsseelen nur je eine Berkaufsstätte zu gestatten; ) endlich soll jede Landschaft im Laufe des Oktobers der Kreissteuerverwaltung über ihre bezüg⸗ lichen Beschlüsse Anzeige machen, damit diese zum Nutzen der Krone die Rechte . Ankauf der Patente an den angegebenen
unkten versteigern kann.
9 — ö. He genf erandrows erhält die russische „St. P. 3.“ einen Brief, demzufolge eine Abtheilung unter dem Kommando des Oberst Iwanow am J. Januar aus dem Fort ausgerückt ist; um auf das linke Ufer des Amu⸗ Darja hinüber zu gehen. Der Zweck der Expedition ist, die Turkmenen zu zwingen, die ihnen durch den Vertrag mit Chiwa auferlegte Kontribution zu bezahlen und sie für ihre Absicht, des Raubes wegen in das russische Gebiet eindringen zu wollen, zu füchtigen. .
nah ö 28. Februar. (W. T. B.) Der Adjunkt im Ministerium des Aeußern, Wirklicher Geheimer Rath von Westmann, ist vorgestern auf einer Soire beim Großfürsten Thronfolger von einem Schlaganfall betroffen worden. Die Funktionen desselben sind dem Geheimen Rath Strimooukhow übertragen worden.
Dänemark. Kopenhagen, 26. Februar. (S. N.) Das Folkething hielt mit 52 gegen 40 Stimmen den Vorschlag der Linken, betreffend die Aufnahme der Gagenzulagen in das Budget fest, trotzdem der Konseilspräsident auch dann die Auf⸗ lösung in Aussicht stellte, weil es ein Versuch sei, dem Folkething eine verfassungswidrige Suprematie beizulegen. Die dritte Be⸗ rathung bleibt abzuwarten.
Asien. Aus Calcutta wird der „A. A. C.“ vom
28. ds. telegraphiri: .
„Die ö nh gegen den der Theilnahme an dem Versuche, den Oberst Phayre zu vergiften, angeklagten Guieo⸗ war von Baro da wurde heute eröffnet. Der erste Zeuge, der ver ⸗ hört wurde, war Mrs. Phayre's Ayah, Namens Aming. Dieselbe be⸗ kundete, den Guicowar in seinem Palast bei drei verschiedenen Gele⸗ genheiten während der Konferenz der Baroda-Kommission besucht zu haben und von ihm befragt worden zu sein, welcher Art die Gesin⸗ nungen des Obersten und seiner Frau gegen ihn betreffs der Kommission und seiner Heirath mit Luxmibai seien. Er gab ihr auch den Auftrag, ein Wort zu seinen Gunsten einzulegen. Die Zeugin empfing bei feder Gelegenheit Geldgeschenke von dem Guicowar, und sie wurde gefragt, ob, im Falle irgend ein Zauber. gebraucht werden sollte, er das Herz des Sahibs werden würde. Die Zeugin sagte dem Gnico, war, daß der Oberst ihm wohlgeneigt sei. Von Mr. Serjeant Ballantine, dem Vertheidiger des Guicowar, einem Kreuzverhör unterworfen, erklärte Amina, daß bei diesen Unterredungen mit dem Guicowar niemals von Gift die Rede war, aber sie habe sich unter dem Eindrucke befunden, daß der Maharajah beabsichtigte, der Ver⸗ giftung des Obersten Phayre Vorschub zu leisten.
— Eine weitere Kabeldepesche aus Caleutta meldet:
Mr. Scolbe eröffnete die Verhandlungen mit einer langen Rede in welcher er bemerkte, daß die Anklage auf zwei Punkte beschränkt werden würde, nämlich, daß der Guikowar mit der Dienerschaft des Residenten intriguirte und versuchte, den Oberst Phayre zu vergiften. Bezüglich des ersten Punktes wuͤrde er nachweisen, daß. mehrere Dienstboten Bestechungen empfangen hätten, um als Spione im Hause des Residenten zu fungiren, darunter Mrs. Phayre s Ayah. Sie besuchte den Guikowar drei Mal und in ihrem Hause wurden ngch ihrer Verhaftung Briefe gefunden, aus denen erhellt, daß ihre Be⸗ fuͤche einen augenscheinlich unlauteren Zweck hatten. Serjeant Bal⸗ iantine erklärte hier, er werde dagegen protestiren, daß diese Briefe als Beweise angesehen werden. Mr. Scoble behauptete, daß sie Beweise seien und ging dann an eine graphische Schilderung der Fälle, die für Oberst Phayre durch die Vergiftung des Sherbets Jehegt wurde. Der Königliche Abvokat wurde durch Damodur Punks Geständniß den Nachweis führen, daß der Guikowar das Gift bestellt, es bezahlt, und um den Ankauf desselben zu verheim— lichen, die Staatsrechnungen gefälscht habe. Damodur Punts Zeug⸗ niß würde von zwei Akkomplicen bestätigt werden. In der Sitzung am 24. wurde das Verhör von Mrtz. Phayre's Ayah und das von drei guderen Zeugen zu einem Abschluß gebracht. Alle, leugneten anf das Bestimmteste, daß der Guikowar Oberst Phayre's Namen in Verbindung mit irgend einem Vergiftungsprojekt erwähnte.
Die Nr. 19 des „Amts-Blatts der Deutschen Reichs⸗ Post-Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: General⸗Verfügung
vom 25. Februar 1875. Unterbrechung der Seepostverbindung mit
Dänemark.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
rofessor Dr. Wach, früher in Tübingen und Rostock, ist als ,. des Civilprozesses und Kriminalrechts (Kriminalprozesses) nach Leipzig berufen worden und hat angenommen. — Der römische Kunstyerleger Kavaliere Peter von Brggnoli läßt gegenwärtig die Rafgelschen Fresken im Vatikan aufs Neue in Kupfer stechen; auch die Tapeten sinden auf diese Weise Vervielfäl⸗ tigung. Die Zeichnungskopien, welche dazu pöthig sind, werden unter Aufsicht der Professoren Mercuri, Conseni, Rhoden, Seitz, zum Theil durch Vincent Pasqualoni gefertigt. Die Kupferplatten selbst werden von Seifert, Langer, Ufer und anderen tüchtigen Meistern ausgeführt. Die Diaputa, die Konstantinschlacht und der Parnaß sind bereits vollendet. ,, J — Wie im verflossenen Jahre die 5o0 jährige Ju belfeier Petrarca's begangen ö so soll in diesem Jahre eine gleiche Ehre Boccacio dem berühmten Sänger des „ Dekameron“, wider= fahren. Das Recht, die Wiege des großen Dichters zu sein, nimmt
von Paris gewandt hat, um denselben zur Abordnung einer Deputa—= tion zu bestimmen, da die Mutter des Boccgcio eine Pariserin gewe⸗ sen sei. Das erstere wird aus dem 36 Verse der lateinischen In= schrist auf dem Grabmal des occacio geschlossen, welcher lautet: Patria Certaldum, Studium fuit alma poesis. Französische Untersuchungen neuerer Zeit lassen den Dichter im Jahre 1313 ent- weder in Paris oder in Florenz geboren sein und führen als Unter⸗ stützung für den ersteren Ort an, daß ungefähr um das Jahr 1310 ein florentinischer Kaufmann, ein Seidenwaarenhändler, mit Namen Boccacio di Chellino in Paris gewohnt habe. Ueber das Wohnhaus findet sich nur in einem ifalienischen Werke eine Andentung, der zu⸗ folge daffelbe in der Rue Saint⸗Honors oder in der Rue de la Lin⸗ gerie in der Gegend der „Hallen“ gestanden haben soll. Hier habe sich jener Florentiner mit einer Spitzenarbeiterin verheirathet und sei der Dichter geboren. Tag und Monat der Geburt finden sich nir= gends angegeben; dagegen wird in verschiedenen Quellen als der Todes. tag der 21. Dezember 1575 deutlich bezeichnet. Der Tag des Jubiläums ist noch nicht bestimmt. — Der Verein ven Liter gturfreunden in Wien schreibt einen Preis von 100 Gulden östr. W. in Silber auf die beste Beant⸗ wortung der nachstehenden Frage aus:; Welche Bedingungen in In⸗ halt und Form hat der Roman zu erfüllen, um unter die höheren Kunstgattüngen gereiht zu werden, und welche der seit 1348 in Deutsch= land veröffentlichten Romane entsprechen jenen aufgestellten Bedin⸗ gungen?“ — Aus dem Haag schreibt man: In der in Amsterdam abge⸗ haltenen Versammlung von Delegirten sämmtlicher Ausschüsse für die Errichtung der Thorbecke⸗Statue wurde der Antrag des Fentral⸗ Ausschusses, das Denkmal in Amsterdam zu errichten, einhellig zum Beschluß erhoben. Die Verwendung der noch verfügbaren 2 bis 28000 Fl. wurde der Centralkommisston anheim gegeben, doch ward dieselbe, dem Verlangen des Senats der Leydener Universität gemäß, ermächtigt, das Bild des verewigten Staatsmannes für die betreffende Anstalt anfertigen zu lassen. . — Ein Zeichen des eingetretenen Todes hat, wie die „Gazette des Hopitaux“ meldet, Professor Bouchut, neuerdings in der Thermometrie gefunden. An einer Anzahl ven eg. 100 Beobach- tungen an Lebenden, Todten und todtenähnlichen Zuständen hat er ge⸗ funden, daß 20 Grad Celsius diejenige Temperatur ist, über welche hinaus die Temperatur eines wirklich Todten nie geht. Um dies eichen auch für Laien verwerthbar zu machen, hat Bouchut ein ein⸗ faches Alkoholthermometer konstruirt, in welchem die Grade unter * 200 C. durch einen gefärbten Papierstreifen verdeckt werden; die Alkoholsäule wird also erst sichtbar, wenn sie über 200 getreten ist und dieses Sichtbarwerden würde mithin auch für den Ungebildeten ein deutliches, erkennbares Zeichen sein, daß Leben noch wahrscheinlich vorhanden ist. Bouchut nennt das Instrument Nekrometer. Des Verfassers Arbeit hat den hierfür ausgesetzten Preis erhalten.
— Die irdische Hülle des vor einigen Tagen verstorbenen be— rühmten Geologen Sir Charles Lyell wird in Folge einer von den Präsidenten und andern Mitgliedern der größeren wissenschaft⸗ lichen Gesellschaften in London unterzeichneten Petition an den Dechanten Stanley am 27. d. M. in der Westminster-⸗Abtei beftattet werden. .
— Der „Daily Telegraph“ veröffentlicht einen Brief von Stanley, der bekanntlich auf Kosten des genannten Blattes und des „NewYork Herald“ eine wissenschaftliche Expedition nach dem Inneren Afrikgs unternommen hat. Der Brief ist vom 13. Dezember aus dem Distrikte Mywapwa im Lande Usagara datirt. Nachdem Stanley in Bazamoyo einige Unannehmlichkeiten mit seinem wüsten Negergefolge gehabt hatte, brach er pon dort auf und legte die große Strecke bis Mpywapwa in nur 25 Tagen zurück. Auf seiner ersten, zur Aufsuchung Livingstone's unternommenen Reise hatte er zu derselben Strecke 57 Tage, und Lieutenant Cameron, der allerdings mehrere Unfälle durchzumachen hatte, viel Monate gebraucht. Der Gefundheitszustand der Expedition läßt nichts zu wünschen übrig, die Weißen ertragen die Strapazen sehr gut, obwohl die Hitze in den Kindschanyebenen so groß war, daß selhst die Hunde erlagen. Von großem Nutzen ist Stanley das zerlegbare, nach seinen eigenen An= gaben gebaute Boot „Lady Alice“, mit dessen Hülfe sie leicht den Kindschanyfluß passirten. Stanley hatte vor, am 14. Dezember von Mpwapwa aufzubrechen, durch das Land der Uzoözos zu ziehen, hin⸗ ter Mounti die Straße von Unyanjembe zu verlassen, die von Tabora einzuschlagen und auf den Victoria⸗Nyanzasee loszumarschiren.
— Der französische Unterrichts⸗Minister hat folgendes Schreiben an den Direktor der schönen Künste gerichtet; Paris, den 22. Februar 1875. Herr Direktor! Meine Aufmerksamkeit ist soeben auf die Vernachlässigung gelenkt worden, welcher im Kirchhof Pore⸗ Lachaise die Gräber Molisre's und La Fontaines preis⸗ gegeben sind. Es scheint mir für die Ehre der Wissenschaft un⸗ erläßlich, daß einem solchen Zustande ein Ziel gesetzt werde. Sie werden daher auf dem Dringlichkeitswege mir über diesen Gegenstand einen Bericht zukommen lassen und sich dabei vor Allem mit der Frage beschäftigen, ob wir uns mit einfachen Verbesserungen he⸗ gnügen sollen oder ob es nicht statthafter wäre, Molisre und La Fontaine Denkmäler zu errichten, die zugleich dieser großen Dichter und Frankreichs würdig wären, zu dessen berühmtesten Söhnen sie gehören. Genehmigen Sie 2c. Der Minister des öffentlichen Unter⸗ richts, des Kultus und der schönen Künste, A. de Cumont.
— Die Ausgrabungen am Esguilin in Rom schreiten erfolgreich vorwärts. Die letzten bedeutenden Funde sind zwei Mar⸗ morfiguren etwas unter Lebensgröße und eine silberne Statuette. Die Marmorbilder sind von vorzüglicher Arbeit. Be l Arr im Uebrigen sind sie gut erhalten. Die eine Statue, eine weibliche Figur vor dem Bade darstellend, mag der Schule des Pasiteles an⸗ gehören. Die andere Figur, bekleidet und mit schwermüthig zur Seite geneigtem Haupt, dürfte als eine Muse zu deuten sein. Tie tiefliegenden Augen erinnern auffallend an die Psyche von Capua im Museum zu Neapel. Die werthvollen Funde haben bereits auf dem Kapitol eine passende Aufstellung gefunden.
— In Stockholm starb am 22. d. die, bekannte schwedische Opern⸗ und Konzertsängerin Louise Michaeli, geb. 1830.
— Die Nr. 157 des Notizblatt des Vereins für Erd- kunde und verwandte Wissenschaften zu Darmstgdt und des- mittelrheinischen geologischen Vereins (II. Folge. IV. Heft) hat folgenden Inhalt: Uebersicht des Flächengehalts und der Areal⸗Vertheilung nach Kulturarten im Großherzogthum Hessen. — Uebersicht des Postverkehrs im Großherzogthum Hessen im Jahre 1873. — Verkaufte Fruchtquantitäten und jährlicher Durchschni tte · preis aus den Fruchtmärkten im Jahre 1874. — Verzeichniß derjeni⸗ gen Gemarkungen im Großherzogthum Hessen, in welchen im Jahre 1874 Tabak gebaut wurde, hf Angabe der ausgestellten Flächen, so⸗ wie der Tabakssteuer. — Zusammenstellung der aus dem Großherzog⸗ thum Heffen nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika expor⸗ üirten Waaren. — Monatlicher Durchschnittspreis der Fruchtmärkte im November und Dezember 1874. — Meteorologische Beobachtungen im Dezember 1874. — Sterbefälle und Todesursachen im Dezember 1574. — Angelegenheiten des mittelrheinischen geologischen Vereins.
— Die Nummern s bis 16 der Wissenschaftlichen Beilgge der Leipziger Zeitung enthalten folgende größere Aufsätze: Friedr. Wilh. Joseph v. Schelling. Briefe aus Paris. — Theatta⸗ fisches und Dramaturgisches. -Eine Eberiagd in Ungarn. Die Arbeit im Strafhanse. — Mustkalische Zustande in Leipzig. — Die Arbeiter- frage. — Die deutschen Nordpolfahrten in den Jahren 1869 1871. — Friedrich v. Hardenberg (gen. Novalis) eine Nachlese aus den Quellen des Familienarchipvz. — Daz Kostümballfest im Kronprinz- sichen Palais zu Berlin. — Briefe aus Südafrika von Ernst v. Weber (Reue Folge). — Pariser Briefe: ein großartiges Unternehmen. — Reuters Leben und nachgelassene Schriften. «Prof. Dr. Schmoller, Straßburgs Blüthe und die volks wirthschaftliche Revolution im
Beiden fehlen die Arme,
Land⸗ und Forstwirthschaft. Die preußische Staatsforstverwaltung ist bemüht, das nteresse der Landeskultur auch dadurch zu fördern, daß sie zum r,. für Privatwaldung en gutes Pflanzmaterial erzieht und Pflanzen an Privatbesitzer, Gemeinden ꝛc. zum Selbftkostenpreise überläßt. . . 5 sind auf diese Weise im Jahre 1874 aus den Sta atsforsten abgegeben:
Laub⸗ Nadel⸗ in holz holz Summa Hunderte 57.027 179,043 25A 82 103,469 13,368 214,828 9, 134 108,549 15,047 11,807
59 3873 1523515 258.596 1õ8, 1354 14.527 2465.75 16 577 115.230 17 466 12 513
in der Provinz Preußen ö 1 Pommern Posen Schlesien. Sachsen⸗ Schleswig ⸗Holstein Hannover. w 96 n f . essen · Nassan
Rheinprovind. 6,531 7,977
in Summa 60450 744,585 S065, 035 während in den früheren fünf Jahren abgegeben sind; 1573; 935,936, a. 382,519, 1871: 319,491, 1870: 210, 664, 1869: 204,275. — In den Regierungsbezirken Königsberg, Danzig und Posen ist die Hoffnung auf gute Ueberwinterung der Saaten begründet. Mangel an Futlser hat die Beschränkung des Viehst andes zur Felge gehabt. Im Regierungsbezirk Königsberg ist zwar die Kartoffelernte ziemlich reichlich ausgefallen, jedoch faulen die gewon⸗ nenen Früchte ziemlich stark. Im Regierungsbezirk Posen ist der Wassermangel beseitigt. . — Wie dle „Straßb. Ztg.“ mittheilt, sind der Gesellschaft für Ackerbau, Wissenschaften und Künste für Unter⸗Elsaß von Brauern und Malzfabrikanten Straßburgs und der Umgegend 3090 Frs. zur Verfügung gestellt worden, um Prämien von 20-209 Fre. für den Anabau der zur Bierbereitung vorzüglih geeigneten sogenannten Che⸗ valier⸗Gerste ertheilen zu könneß. An dem Konkurs kann sich jeder Ackermann des Unter-Elsaß, sobald er eine Quantität von mindestens 300 Kilogr. dieser Gerste produzirt, betheiligen.
Gewerbe und HSandel.
Berlin. Das Amtsblatt veröffentlicht folgende Polizeiverord⸗ nung, das Verbot der Mißhandlung von Schlachtvieh und Geflügel betreffend: Auf Grund der SS. 3. 6 und I des Ge⸗ setzes über die Polizeiverwaltung vom 11. Marz 1850 (G. S. 1850 S. 265) verordnet das Polizei⸗Peäsidium nach Berathung mit den Ge⸗ meindevorständen für die Städte Berlin und Charlottenburg in Er— wägung der Polizeiverordnungen vom 1. Mai 181 Intelligenzblatt Nr. 269) und vom 1. August 1873 (Berliner Intelligenzblatt Nr. 215), was folgt: ö ö ⸗
§. 1. Die mittelst Eisenbahn oder Fuhrwerk transporkirten, so-⸗ wie die auf den Markt gebrachten oder dort befindlichen Kälber, Schafe und Schweine dürfen nicht geknebelt oder gefesselt werden.
§. 2. Die zur Beförderung von Vieh benutzten Fuhrwerke müssen so geräumig sein, daß die Thiere, ohne gepreßt oder geschnürt zu werden, nebeneinander stehen oder liegen können. ö .
An Raum ist zu nehmen: 1 Quadratmeter auf 2 Kälber, 1Quadratmeter auf 3 Schafe, 2 Quadratmeter auf 3 Schweine ge⸗
öhnlicher Art. . ne, Geflügel jeder Art darf nur in Käfigen oder anderen luftigen Behältern befördert werden, für deren ausreichende Geräumig—= keit die Bestimmung des 5§. 2 Alinea 1 gilt. Der Transport in Säcken ist untersagt, ebenso das Zusammenbinden einzelner Thiere, sowie das Tragen der Thiere an den Füßen. .
§. 4. Bei der Beförderung des Schlachtviehes, mag dieselbe durch Tragen, Treiben oder Fahren stattfinden, und bei der Be⸗ handlung deffelben ist jedes brutale Benehmen gegen die Thiere, ins⸗ . das Hetzen von Hunden ohne Maulkörbe auf dieselben, heftiges Zerren an Leitseilen, Prügeln mit Knütteln, Stoßen mit Fäuften und Füßen untersagt. Beim Ein⸗ und Ausladen sind die Thiere zu heben, nicht zu werfen. .
§. 5. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnungen werden, soweit sie nicht auf Grund des Strafgesetzhuchs eine höhere Strafe nach sich ziehen, mit Geldbuße von 1 bis 30 Mark oder verhältniß— mäßiger Haft geahndet. ;
Berlin, den 13. Februar 1875.
Königliches Polizei⸗Präsidium.
— Im Anschlusse an die gemeinschaftliche Bekanntmachung vom 24. Dezember 1874 bringen das Polizei⸗Präsidium und der Magistrat, jetzt durch das Amtsblatt, ein Verzeichniß derjenigen 278 tra ßen und Plätze zur öffentlichen Kenntniß, welche für den Fall der un⸗ entgeltlichen Abtretung des zur Anlegung der Straße erforderlichen Terrains noch im Jahre 1875, innerhalb der durch den Etat gezoge⸗ nen Grenzen, mit Pflaster und Entwässerungs⸗Anlagen ver= sehen werden sollen. Die betheiligten Grundbesitzer sind ersucht. das Erbieten zur Landabtretung schleunigst und spätestens bis zum 31. Mai d. J. an das Polizei⸗Präsidium richten, und die von einem Feldmesser gefertigten Situationspläne in drei Exem⸗ plaren beifügen zu wollen. Die Behörden geben sich der zuversicht⸗ lichen Erwartung hin, daß die Offerten zur Landabtretung, welche im eigenen Interesse der Grundbesitzer liegt, und allein eine ordnungs⸗ mäßige, der Haupt- und Residenzstadt angemessene Bebauung ermög— licht, rechtzeitig eingehen werden, da es andernfalls unmöglich sei, die nöthigen technischen Vorarbeiten zn treffen.
— Die Fabrikation plastischer Metall buchstaben wird seit etwa 30 Jahren in Berlin betrieben, wo ein Franzose Ramens Thouret sich um deren Einführung verdient gemacht hatte. Aus dem Thouretschen Geschäft ist die jetzt bekannte Firma Loch und Bein in Berlin hervorgegangen, deren Metall- und Glaz— buchstaben-Fabrik sich im Laufe von etwa 20 Jahren einen europäi—⸗ schen Ruf erworben hat. Die Welt-Industrie-⸗Ausstellungen zu
ondon, Paris, Wien und Moskau, sowie alle namhaften Provinzial= Gewerbe Ausstellungen sind von der Firma Koch und Bein beschickt worden und haben Gelegenheit gegeben, die Fortschritte auf dem Ge⸗ biete der Zink⸗Wappen⸗ und Medaillen⸗Gießerei zu verfolgen. Bei dem Einzuge der flegreichen Truppen im Juli 1371 war bekanntlich vor dem Geschäftshause der Firma GBrüderstraße 29) ein von vier Säulen getragener Kuppelbau, ein Sieges tempel aufgestellt, welcher mit den Wappenschildern saͤmmtlicher deutscher Fürsten und freien Städte, mit denkwürdigen Worten aus den Depeschen Sr. Majestät des Kaisers und Königs, in Silberschrift auf Glas, sowie etwa 200 Kronen, Wappen und, Adler von vergol⸗ detem Zinkguß geschmückt war. Auch für die voriährige Berliner Bau . Ausstellung, deren Vorstand, besonderen Werth auf. die Publika⸗ tion der Firmen legte, hat die Firma Koch u. Bein zahlreiche, in die Augen fallende, elegante Firmenschilder geliefert. Zur Ausführung der Polizeiverordnung, daß Niemand Wappen und Firmenschilder an öffentlicher Straße anmachen dürfe, ohne vorher die Erlaubniß dazu einzuholen, läßt die genannte Firma die betreffenden Schriftgattungen, Medaillen und Wappen vorschriftsmäßig in den verschiedenen Größen und Kompositionen anfertigen und hält. dieselben meist vorräthig. Die Fabrik besitzt musterguͤltige Vorschriften der europäischen, der hebräischen und türkischen Schriftarten. In neuerer Zeit bürgert sich die Bezeichaung von Straßen und Stationen ⸗Namen durch Metall⸗ buchstaben immer mehr ein, weil diese, abgesehen von größerer Deut⸗ lichkeit, noch den Vortheil bieten, daß sie mit Leichtigkeit erneuert und sowohl auf Holz, als auf Stein, Glas ꝛc. dauerhaft befestigt werden können. ö. J
— In der Sitzung des Aufsichtsraths der Centralbank für 3 und 5 vom 26. v. M. wurde die Bilanz pro
bie kleine toskanische Stadt Certaldo in Anspruch, die sich auch be—⸗ reits, wie man der Magdeb. Ztg. schreibt, an den Munizipalrath
XIII. Jahrhundert.
1874 vorgelegt und festgestellt. Der Aufsichtsrath wird der General⸗