1875 / 53 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 03 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

schließt sie obwohl Pogge⸗Roggow eindringlich davor warnt, sie nehme das Votum zur Grundlage ihrer Deliberation an. Der Landrath v. Rieben schloß darauf die Landtagssttzung, die Land⸗ schaft entfernte fich und die Ritterschaft berieth weiter über eine Vorlage, welche die alten Stände als ein Oberhaus neben dem Landtage einsetzen will.

28. Februar. Gestern setzte die Ritterschaft ihre Berathung über die Verfaffungssache fort. Der S. 1 des Entwurfs der ritterschaftlichen Mitglieder Die bisherigen Stände, die Ritterschaft und die Landschaft, bleiben auch ferner als politische Korporationen bei Bestand, und zwar in ihrer ganzen inneren und äußeren Organisation, so weil nicht zu Ver⸗ änderungen dieser Organisation ihre Zustimmung ertheilt wird wurde mit 121 gegen 68 Stimmen angenommen. Mit einer ãhnlichen Majorität (119 gegen 63 Stimmen) ertheilte die Ritter⸗ schaft dem 5. 3 ihre Zustimmung, welcher für Veränderungen der zu vereinbarenden Verfassung und des Modus der bestehenden direkten und indirekten Steuern die Genehmigung Seitens der Ritter⸗ und Landschaft vorbehält. Demnächst wurde das Ganze der Vorlage mit 110 gegen 87 Stimmen angenommen. Damit waren zu⸗ gleich zwei Unteranträge, der eine vom Kammerherrn v. Bülow⸗ Rodenwalde, der andere vom Kammerherrn v. Dertzen⸗Kotelow, erledigt. Beide kommen darin mit dem Hauptantrage überein, daß sie die Ritter⸗ und Landschaft als poktische Korporationen erhalten wollen. Herr v. Oertzen will dieselbe nur in etwas nähere Verbindung mit dem aus gewählten Abgeordneten zu bil⸗ denden Landtage bringen, welcher auch nach dem Hauptantrage neben der Ritter⸗ und Landschaft ins Leben gerufen werden und aus Abgeordneten der Ritterschaft, der Landschaft, der Stdtvertretungen und der Landgemeinden bestehen soll. Diese nähere Verbindung soll dadurch bewirkt werden, daß die Theilnahme der Ritter⸗ und Landschaft an der Landesgesetz⸗ gebung und der Feststellung des Haushalts⸗Etats sich nur in der Wahl von Abgeordneten aus ihrer Mitte zum Landtage äußern soll und Veränderungen der Organisation der Ritter⸗ und Landschaft an die sehr erschwerenden Bedingungen einer Verfassungsänderung gebunden werden. Der von Bülowsche Vorschlag unterscheidet sich von dem Vorstehenden wesentlich da⸗ durch, daß er unter den auf dem Landtage zu reprãsentirenden Elementen die Stadtvertretungen ausläßt.

Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 1. März. Die Regierung beabsichtigt die durch das Volksschul⸗ gesetz eingeführte Trennung der Schule von der Kirche, die in erster Instanz bereits durchgeführt ist, da der Pfarrer nicht mehr als solcher mit der Schulaufsicht betraut ist, auch in zweiter Instanz nunmehr herzustellen. Das Volksschul⸗ gesetz überträgt die staatliche Beaufsichtigung des Volksschul⸗ wesens dem Schulinspektor, doch war die Regierung ermächtigt, zunächst die seitherigen Schulephoren weiter fungiren zu lassen. Der Ernennung der Schulinspektoren, welche zusammen mit dem Bezirksdirektor das Schulamt bilden, wird demnachst entgegen⸗

gesehen.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 28. Februar. (Dr. J.) Der Landtag hat das dem weima⸗ rischen und eoburg⸗gothaischen nachgebildete Sch ulgesetz durch⸗ berathen. Die Sanktionirung derfelben ist nicht zweifelhaft und somit zu erwarten, daß das neue Gesetz mit dem neuen Schul⸗ jahre schon in Kraft treten kann. Die Vertretung der Schul⸗ gemeinde liegt dem Schulvorstande ob, zu dessen gesetzlich geord⸗ neten Mitgliedern der Geistliche nicht gehört, doch kann derselbe dazu gewählt werden. Die zweite Instanz bilden der Landrath und der Kreis⸗Schulinspektor, als oberste Instanz fungirt die oberste Schulbehörde. Gestattet sind konfesstonelle und konfessionslose Schulen. Der Besuch der Fortbildungsschule ist obligatorisch. Der Landtag wird nun noch die Kreisordnung erledigen und damit die Hauptaufgaben, es find ihm etwa 105 Vorlagen zu⸗ gegangen, erledigt haben.

Sach sen⸗Altenburg. Altenburg, 28. Februar. Nach dem städtischen Haushaltplan für 1875 ist die Einnahme der Kämmereikasse der Residenzstadt auf 211,637 MS, die Ausgabe auf 207, 7790 M etatistrt. Von der Einnahme muß die Stadt 93,987 6 durch städtische Abgaben aufbringen, wäh⸗ rend die Grundbesitzungen nur mit 12022 S, die sonstigen städtischen Gerechtsame nur mit 33776 6 Ertrag eingestellt sind. Unter den Ausgaben sind die Verwaltungskosten wegen der städtischen Behörden mit 51,689 S, das städtische Bau⸗ wesen mit 50, 903 MS, die Armenversorgung mit 26.006 , die Passtvzinsen mit 20,348 MS veranschlagt. Der Etat der beson⸗ deren städtischen Kirchen- und Schußkasse schließt mit S5 / 079 Mi Einnahme und 81, 133 M Ausgabe. Hierbei müssen 52, g34 MM der Einnahme, also weit über die Hälfte, ebenfalls durch direkte Steuern aufgebracht werden; der nächsthöchste Einnahmeposten an Schulgeldern ist nur mit einem Ertrag von 18000 MM. einge⸗ stellt. Die Besoldungen und Remunerationen für Kirchen⸗ und Schuldiener erfordern 5512 S6, die Befoldungen allein ,. „6 oder fast drei Mal soviel, als die Schulgelder ein⸗

ringen.

Sachsen⸗ Coburg Gotha. Coburg, 27. Februar. Se. Hoheit der Herzog ist gestern Abend von seiner Reise in Frankreich mittelst Extrazuges wieder hierher zurückgekehrt. Der hiesige Magistrat hat, unter Zustimmung der Stadtverord⸗ neten und nach Bestätigung des Herzoglichen Staats⸗Ministe⸗ riums, verschiedene Abänderungen der Stadt⸗Ordnung vom Jahre 1851 bezüglich des Eintritts in die Stelle eines Stadtverordneten und des Austritts aus derselben im letzten Re⸗ gierungsblatt veröffentlicht. Der wesentlichste Unterschied zwischen den fruheren und den jetzigen Satzungen besteht darin, daß nach den ersteren die Wahl eines Stadiverordneten erst dann vor sich gehen konnte, wenn mindestens der vierte Theil der Stimmberech⸗ tigten erschienen war, während nach den neuesten Bestimmungen die Anzahl der erschienenen Stimmberechtigten außer Berücksichti⸗ gung bleibt und derjenige als gewählt gilt, der mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Diese Einrich⸗ tung erschien deshalb geboten, weil die zur Vornahme einer Wahl vorgeschriebene Anzahl Stimmberechtigter im Wahltermine wiederholt nicht erschienen war und in Folge dessen Stadtbezirke nicht vertreten waren und die Stadtverordnetenversammlung nicht vollzählig war.

Schaumburg⸗Lippe. Bückeburg, 27. Februar. Die Landes verordnungen enthalten: Gesetz, betreffend Abände⸗ rung des 5. des Gesetzes vom 7. Mai 1870 wegen Entschädigung für geschehenen Wildschaden. Vom 19. Februar 1875. Gesetz, be⸗ treffend die Rechte dritter Personen in Auseinandersetzungssachen. Vom 20. Fehruar 1875. Gesetz, betreffend Aufhebung der Be stimmungen über die Nichteinklagbarkeit der Bier⸗, Branntwein⸗ und Weinschulden. Vom 22. Februar 1875. Gesetz, betreffend das polizeiliche Strafmandats verfahren. Vom 23 Februar 1875.

Bremen, 27. Februar. (5. N) Zum Baudirektor ist der . und Bau⸗Rath Franzius im preußischen Handels Ministerium, ein geborener Hannoveraner, ernannt, und trifft schon am 1. April hier ein. Er wird, während bisher Hoch⸗ und Wasserbau geschiedene Abtheilungen unter besonderen hefs waren, das gesammte Bauwesen des Staates unter seine Ober⸗ leitung nehmen, aber ohne die Pflicht, Pläne zu entwerfen und einzelne Bauten speziell zu leiten. ö.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 2. März. Die in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 25. Februar ein⸗ gebrachte Interpellation des Abg. Fux, betreffend das Schreiben des Ober⸗-Landesgerichts⸗Präfidenten v. Hein an den Baron v. Wittmann, als Präsidenten des Gerichtshofes im Prozesse Ofenheim, wurde heute vom Justiz⸗Minister beant⸗ wortet. Der Minister erklärte, das Schreiben sei ein vertrau⸗ liches Privatschreiben gewesen, das eine Rüge nicht enthalten . Der Vater des Barons v. Wittmann habe gebeten, von

er Aushändigung des Schreibens, welches niemals zu einer Beschwerde Anlaß gegeben haben würde, Abstand zu nehmen. Die Regierung sei von der Nothwendigkeit durchdrungen, die Unabhängigkeit des Richterstandes zu schützen. Ob der Prãsi⸗ dent v. Hein seine Befugnisse übersfchritten habe, darüber habe der Senat des obersten Gerichtshofes zu entscheiden, dessen Aus⸗ spruch herbeizuführen die Regierung nicht gesäumt habe.

Die „Oesterreichische Korrespondenz“ melder, daß Hof⸗2 rath Weber, der technische Konsulent des Handels⸗Ministeriums, mit dem Ablauf seines Anstellungsvertrages am 31. Mai d. J. aus dieser Stellung ausscheiden werde.

Sr. Majestät Korvette Dandolo“ ist nach 25tägiger Fahrt am 11. Februar d. J. von Gibraltar in Fort de France auf Martinigue angekommen.

Pest, 2. März. Das abgetretene Ministerium ist heute vom Kaiser in einer Abschiedsaudienz empfangen worden. Der Kaiser empfing darauf das neue Ministerium, dessen neu einge⸗ tretene Mitglieder den gesetzlichen Eid ableisteten.

3. März. Das „Amtsblatt“ veröffentlicht die Ent⸗ lassung des bisherigen und die Ernennung des neuen Mini⸗ sterium s. Der bisherige Minister⸗Präsident v. Bitto und der Justiz⸗Minister Pauler haben das Großkreuz des Leopoldordens erhalten. An Ghyezy hat der Kaiser ein Handschreiben ge⸗ richtet, in welchem er dessen aufopfernder Thätigkeit volle An⸗ erkennung zu Theil werden läßt und ihn ersucht, auch dem neuen Ministerium seine Unterstützung zu leihen. Auch den bis⸗ herigen Ministern, Grafen Zichn, Grafen Szapary und Bartal hat der Kaiser seine Anerkennung ausgesprochen.

Ueber das neue ungarische Ministerium schreibt das „Prag. Abendblatt“: Praͤsident desselben ist der gegen⸗ wärtige Minister am Kaiserlichen Hoflager Baron Bela Wenck⸗ heim. Das Portefeuille des Innern an Stelle des Grafen Szaparn übernahm der Führer der Linken Koloman Tisza, dessen Rede in der Budgetdebatte bekanntlich den ersten Anstoß zur Fusion der Deakpartei mit dem linken Centrum und zum Rücktritte des Kabinets Bitto gegeben hat. Finanz⸗Minister an Stelle Ghyezy' s, der die Wiederannahme des Portefeuilles ent⸗ schieden abgelehnt hat, ist der Deakist Koloman Szell. Der Landesvertheidigungs⸗Minister Szende und der Minister für Kroatien Graf Pesaesevich behielten ihre Posten. Das Justiz⸗ portefeuille an 66m des abtretenden Pauler über⸗ nahm der bisherlge Präsldent . Abgeordnetenhauses Bela Perezel; Handels⸗Minister an Stelle Bartals wurde das Mitglied der Linken Baron Ludwig Simonyi. Unterrichts Minister Trefort behielt sein Portefeuille; Kommuni⸗ kations⸗-Minister an Stelle des Grafen Zichy wurde der Abgeord⸗ nete Thomas Pechy, ein Anhänger der Linken. Das neue Kabinet besteht somit aus neun Mitgliedern, von denen fünf der Deakpartei, drei dem linken Zentrum, und einer, der Minister für Kroatien, der kroatischen Nationalpartei angehören. Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich ist, repräsentirt das neue Kabinet in der That eine Fusionsregierung, indem es in der Zahl und Stellung seiner leitenden Persönlichkeiten den nume⸗ rischen Verhältnissen und dem Gewichte der tonangebenden Par⸗ teien des Parlaments Rechnung trägt. Man hatte Anfangs, nicht ganz mit Unrecht, die Befürchtung gehegt, das neue Ministerium werde in staatsrechtlicher Beziehung ein radikales Gepräge tragen, indem die eigentliche Leitung in die Dände Tisza's und seiner Partei übergehen, die Männer der Deakpartei aber nur als Staffage dienen, 8. h. eine untergeord⸗ nete Rolle spielen würden. Diefe Besorgniß erscheint nun zer⸗ streut, nachdem nicht blos der neue Minister⸗Präsident, sondern auch die Mehrzahl der übrigen Kabinetsmitglleder den Reihen der Deakpartei entnommen sind, und die Persönlichkeiten dersel⸗ ben eine solche Summe von politischer Kapazität repräsentiren, daß sie dem neuen Kabinete trotz der hervorragenden geistigen Potenz Koloman Tisza's, der das so wichtige Portefeuille des Innern inne hat, unter allen Umständen ein vorwiegend deak⸗ tistisches Kolorit sichern.

Agram, 1. März. Die Kommission für die Investitio⸗ nen an der Grenze ist hier zusammengetreten. Außer den Ver⸗ tretern aus der Grenze ist in derselben das ungarische Finanz⸗ Ministerium, das Reichs⸗Kriegs⸗Ministerium, die Grenz⸗Landes⸗ regierung und die kroatische Landesregierung vertreten. Die Kommisston hat die bisherige Manipulation mit den aus den Wälderverkäufen gelösten Millionen zu prüfen und einen een betreffs der weiteren Investirung des Geldes einzu⸗

ringen.

Belgien. Brüssel, 2. März. (W. T. B.) Der Deputirte Lehardy Beaulieu richtete in der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer das Ersuchen an die Regierung, die diplomatischen Aktenstücke, betreffend die St llung, welche Bel⸗ gien zu dem deutsch⸗französischen Kriege und während desselben eingenommen habe, der Kammer vorzulegen. Derselbe forderte ferner die Regierung auf, bei den bevorstehenden internationalen Konferenzen in Petersburg möglichst dahin zu wirken, daß durch einen besonderen Artikel der auf Grundlage der Konferenz⸗ berathungen abzuschließenden Konvention die Üinverletzlichkeit der neutralen Staaten sanktionirt und ihr ein wirksamer Schutz ver⸗ liehen werde. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten verhieß darauf, die fraglichen Aktenstüͤcke demnächst vorzulegen.

Großbritannien und Irland. London, 27. Fe⸗ bruar. Die Königin kehrte gestern in Begleitung des Prinzen . und der Prinzessin Beatrice von Osborne nach Windfor zurück.

Der österreichisch⸗ ungarische Botschafter am hiesigen Hofe, Graf Beu st, traf gestern von Dresden hier ein, um seine diplo⸗ matischen Funktionen wieder aufzunehmen. 8

Der Gemeinderath der City von London hat beschlossen, zu dem Hülfsfond zur Linderung der Hungersnoth in Kleinasien die Summe von 500 Pfd. Sterl. beizusteuern.

Der Veröffentlichung des Armeebudgets ist rasch die des Flotten budgets gefolgt. Dasselbe giebt die Bedürfniffe der Flotte für das kommende Fiskaljahr auf 10,784 644 Pfd. Ster! gegen 10440, 195 Pfd. Sterl. im vorigen Jahre an, 8. h. eine Zunahme von 344,539 Pfd. Sterl., die sich auf folgende Rech⸗ nungsposten vertheilt: Sold für Seeleute und das Marine⸗ soldaten⸗Corps 327 495 Pfd. Sterl.; Viktualien und Bekleidung 21,947 Pfd. Sterl.; Admiralitätsamt 5805 Sterl. Küstenwache und Flottenreserve 25, 194 Pfd. Sterl. ; Werften und Marinehöfe 68,743 Pfd. Sterl.; Viktualienhöfe 2163 Pfd. Sterl.; medizinische Anstalten 943 Pfd. Sterl.; Marine⸗Division 148 Pfd. Sterl. ; Marinevorräthe 85, 845 Pfd. Sterl.; Dampf⸗ maschinen und Schiffe die auf Privatwerften gebaut werden 3.929 Pfd. Sterl. . Medikamente und Hospitalvorräthe 2585 Pfd. Sterl. Standrecht und Rechtspflege 299 Pfd. Sterl. diverse Dienste 25, 413 Pfd. Sterl.; . und Pensionen 18045 Pfd. Sterl.; militärische Penflonen und Diäten 24,691 Pfd. Sterl. Die Posten, die mit einer Abnahme fungiren, sind: Wissenschaftlich. Branche 5796 Pfd. Sterl.; neue Werke,

auten u. s. w. 29, 301 Pfd. Sterl.; Civilpenstonen und Diäten 4141 Pfd. Sterl. . Truppenbeförderung 3510 Pfd. Sterl. Die Zahl der Offiziere und Seeleute beträgt 46,000 und die der Mannschaften des Marinesoldaten⸗Corps 14 000, in jedem Falle dieselbe Anzahl wie im vorigen Zahre.

Frankreich. Paris, 2. März. (W. T. B. Buffet hatte heute Nachmittag eine längere Konferenz mit dem Marschall Mac Mahon und darauf eine Besprechung mit dem Herzog von Broglie und dem Herzog Decazes. Wie es heißt, haͤtte Buffet sich nunwehr bereit erklärt, die Neubildung des Kabinets zu übernehmen. .

Ein Telegramm der der „Agence Havas“ meldet: Buffet hat bei der mit dem Marschall⸗Präsidenten heute Nachmittag stattgehabten Besprechung die Bildung des neuen Kabinets noch nicht übernommen, sondern gebeten, die Sache sich noch weiter überlegen, auch mit einigen einfluß⸗ reichen Deputirten erst noch Rücksprache nehmen zu dürfen. Die Meldung einiger Zeitungen, die Kaiserin von

Rußland sel bereils von San Remo abgereist, ift unbe⸗

gründet.

Versailles, 2. März. (W. T. B. Nationalver⸗ sammlung. Der Justiz⸗Minister sprach den Wunsch aus, daß die Berathung des Savary'schen Berichtes über die Wahl des Bonapartisten Bourgoing im Departement de la Nievre auf die Tagesordnung der morgigen Sitzung gesetzt werde. Savary beantragte, die Debatte bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums aufzuschieben. Die Versammlung beschloß darauf, die Digkussion über den Bericht zu vertagen, bis die Formation des Kabinets sich vollzogen habe.

Aus Versailles, 3. März, erhält W. T. B. folgende Nachrichten: Bei der gestrigen Unterredung mit dem Marschall⸗ Präsidenten erklärte Buffet nach den nunmehr vorliegenden ge⸗ naueren Information der „Agence Havas“, daß er die Formi⸗ rung des Ministeriums zur Zeit nicht übernehmen könne, da er seine Anwesenheit in der Nationalversammlung als Präsident der⸗ selben für nothwendiger halte. Er werde indessen seinen Einfluß bei den maßgebenden Persönlichkeiten geltend machen, um die Konstituirung des Kabinets herbeizuführen, ohne daß er selbst in dasselbe einzutreten brauche. Ueber das Programm des neuen Ministeriums und die Personen, aus welchen dasselbe bestehen soll, befinden sich der Marschall Mae Mahon und Buffet, der »Agenee Havas“ zufolge, vollkommen im Einvernehmen und entbehren die entgegenstehenden Mittheilungen mehrerer Blätter durchaus der Begründung. Gestern Abend hat Buffet keine neue Unterredung mit dem Marschall⸗Präsidenten gehabt und letzterer auch keine anderen politischen Persönlichkeiten empfangen.

Türkei. Konstantinopel, 3. Marz. (B. T. B.) Die Veröffentlichung des Budgets wird demnaͤchst erwartet. Wie verlautet, wird das Defizit iCn demselben auf 6-7 Millionen

berechnet.

Belgrad. 27. Februar. Die Skupschtina hat die Berner Postkonvention angenommen. Ferner wurde ein Antrag eingebracht, wonach das Handelsgesetzbuch und die Kon⸗ kursordnung so reformirt werden mögen, daß sie denen anderer Länder entsprechen. Der Belgrader Bürgermeister wurde wegen unregelmäßiger Finanzgebahrung abgefetzt.

Das Budget für das Jahr 1875 zeigt nach der .A. A. C.“ folgendes übersichtliche Bild der Einnahmen und Ausgaben. Direkte Steuern 19, 420, 000 gute Piaster (ein guter Piaster 20 Kr. 6. W.); indirekte Steuern 7,420 000 P. Idar⸗ unter Zölle 5 300, 000 P. Verzehrungsstener 1,206, 000 P., Ab⸗ gaben auf Salz und Tabak 500, 600 P.); Taxengebühren L940 0990 P. ; Post⸗ und Telegraphen⸗Einnahmen 700, M00 P. ; Stempel steuer 900 909 Pe; von den Regierungssparkassen und

der Hypothekarbank 450 0060 P. Der Rest vertheilt sich auf ver⸗

schiedene kleinere Positionen. Das Ausgabebudget zeigt folgende Posten; Civilliste 1,200, 900 P.; Parlament 160,000 P. ; Staats⸗ rath 417000 P.; allgemeine Kredite (Tribut der Pforte) L330. 0009 P.; Pensionen 97, 218 P.; Hofbeamte 26, 400 P.; die Ministerien: Justiz (sammt dem Staatsrechnungs⸗-Controlhof) 3,583,442 P., Kultus und Unterricht 4421, 872 P., Aeußeres 1055076 P., Inneres 6,988, 472 P., Finanzen 3,446, 822 P., Krieg 11,049 208 P.; Kommunikationen 2,962,868 P. Die Gesammteinnahmen belaufen sich auf 36,920, 9000 P., die Gesammtaus gaben auf zb. 870,940 P., Ueberschuß 49. 060 Piaster.

Rumänien. Bukarest, 3. März. (W. T. B. Die Regierung hat der Kamm er einen dringlichen Gesetzentwurf vorgelegt, nach welchem wegen der durch Schneefall veranlaßten anhaltenden Störung des Verkehrs die Termine in den Prozessen verlegt und die Fristen verlängert werden sollen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 24. Februar. Der Reichstag hat heute in gemeinschaftlicher Sitzung die Theuerungszulage für Beamte, welche 5000 Kronen und mehr Gehalt beziehen, mit 155 gegen 141 Stimmen ver⸗ weigert. Die Titel J1—3 und 5—9 sind von beiden Kammern genehmigt, Titel Nr. 4 wurde nur von der Ersten Kammer und 10 nur von der Zweiten Kammer bewilligt. Die Erste Kammer hat heute Abend den Haupttitel 7 in allen Punkten, wie vom Ausschuß vorgeschlagen, angenommen.

Sobald es dem Chef der Flottenstation Stockholm thunlich erscheint, sollen auf Befehl des Königs am Bord der Korvette „Lagerbjelke! vorbereitende Uebungen für die Mann⸗ schaften der Crerzierschule vorgenommen werden und soll das Fahrzeug alsbald vollständig ausgerüstet werden, um am 2. Mai auf Uebungs⸗Ezpedition ausgehen zu können. Ferner sollen 3 Panzerboste und 6 Kanonenboote auf Expeditionen ausgesandt werden.

Auf Anordnung des Königs sollen im Laufe dieses Sommers durch Sachverständige genaue Untersuchungen Über

Quantität und Qualität der in Gelivare und Jukkasgzärv befind⸗ lichen Eisenerzlager angestellt werden. Nach geschehener Un⸗ tersuchung und Meffung sollen Karten angefertigt und genügende Srzproben einer genauen Analyse unterworfen werden. Der Chef für Schwedens geologische Untersuchungen ist beauftragt worden, zu diesem Zweck paffende Ingenieure bestimmen und die Untersuchungen selbst zu uͤberwachen.

Der Ausschuß des norwegischen Storthings hat sich mit 5 gegen 4 Stimmen für den AÄnschluß an die fkandina⸗ vische Münzkonvention erklärt.

Norwegens Theilnahme an der Ausstellung in Phi⸗ ladelphia im nächsten Jahre wird ungefähr 35, 000 Species kosten. Von dieser Summe wurden im vorigen Jahre 5000 be⸗ willigt. Es werden jetzt 30 000 und außerdem 6000 für die Absendung einiger Techniker nach Philadelphia verlangt.

Dänemark. Kopenhagen, 25. Februar. Der Finanz⸗ Minister hat heute im Folkething den Vorschlag zum pro⸗ visorischen Finanzgesetz für das Finanzjahr 1875 76. vorgelegt. Bei der Vorlegung bemerkte der Minister, daß, da das Finanzgesetz außer allem Zweifel nicht vor dem 1. April fertig werden dürfte, so geschehe die jetzige Vorlegung eines zeit⸗ weiligen Finanzgesetzes, im Wortlaut üͤbereinstimmend mit den früher angenommenen Vorschlägen dieser Art, nur mit dem Unterschiede, daß der jetzt vorgelegte Vorschlag auf zwei Monate lautet, während die früheren nur auf einen Monat lauteten.

Das Landsthing hat heute einstimmig den Gesetzvor⸗ schlag über die Anlage mehrerer Gisenbahnen auf Seekand bei dritter Lesung angenommen; derselbe geht jetzt an das Folkething zurück.

Nach der am 9. Januar erfolgten Auflösung des Kolonialrath s der westindischen Infeln St. Thomas und St. Jan haben am 21 und 22. Januar die Neuwahlen statt— gefunden, in denen die Opposition wieder gesiegt hat.

Amerika. New⸗Jork, 2. März. Der Senat in Washington hat die Einkommen⸗Bill mit 30 gegen 29 Stimmen abgelehnt. :

2. März. (W. T. B.) Auf dringende Befürwortung des Präsidenten Grant und des Schatzsekretärs Bristow hat der Senat über die Ein komm en⸗Bil!t eine nochmalige Abstim⸗ mung eintreten lassen, in welcher das Gesetz angenommen wurde. Im Repräsentantenhause wurde mit 149 gegen 80 Stimmen eine Resolution angenommen, welche sich gegen eine Intervention der Bundesregierung in Arkansas ausspricht. Nach einer Mel— dung aus Kuba hat der General⸗Kapitän Concha Havana ver— lassen.

ö Aus Philadelphia wird der ‚Times“ vom 28. ult. per Kabel gemeldet: Der Senat hat mit 38 gegen 26 Stimmen die Gesetzvorlage, betreffend die Bürgerrechte in der vom Reprä⸗ sentantenhause angenommenen Form passirt. Vier Republi⸗ kaner stimmten mit der Minorität. Die Vorlage geht nun an den Präsidenten. Das Repräsentantenhaus hat nach einem langen Konflikt mit der Minorität um Mitternacht das Zwangsgesetz zur Regelung der Wahlen im Süden mit 135 gegen 114 Stimmen angenommen. Vor der Annahme erfuhr die Vorlage einige Modifikationen. Die Projektirte Suspenston der Habecas Corpus- Atte wurde auf Louisiania, Arkansas, Mississippi und Alabama beschränkt und das Gesetz nur für zwei Jahre wirksam gemacht. Dreiunddreißig Republikaner stimmten mit den Demokraten gegen die Vorlage, die nun an den Senat geht. Aus Rew-⸗gork meldet eine Kabeldepesche vom 1. s.: In Folgs einer Ansammlung von Eis stehen die Ortschaften Skuylkill und Manayunk im Kreise Philadelphia unter Wasser. Theile der Eisenbahn und einige Fabriken sind überschwemmt und mehrere Telegraphen⸗ stationen zerstört worden. Man berechnet, daß 15,006 Hand⸗ werker obdachlos geworden find.

Asien. Aus Kalkutta wird vom 26. d. M. telegraphirt, daß die indischen Budgetrechnungen in sehr vorgerücktem Zustande sind und dem Conseil in Kurzem vorgelegt werden dürften. Die Hungersnothberichte und der Erlaß des Vize⸗Königs darüber sind veröffentlicht worden. Die veranschlagten Gesammt— kosten der Hungersnoth werden 6 500, 000 Pfd. Sterl. nicht übersteigen. Circa 100 000 Tonnen Reis verblieben, nachdem die Unterstützungsoperationen zu einem Abschluß gebracht wor⸗ den waren. Die Gesammtquantität des nach den nothleidenden Distrikten transportirten Getreides betrug ca. 1 Million Tonnen. Handels statistiken rechtfertigen die Politik eines Nichtverbots der Reisausfuhr. Der Vize⸗König stattet den Unterregierungen, so⸗ wie den Unterstützungsbeamten seinen Dank ab.

Sir Jung Bahadoor erholt sich langsam von den Wir⸗ kungen seines jüngsten Unfalles. Die Mahrattas in Puna und Kurradschi haben beschlossen, der Regierung eine Denkschrift zu Gunsten der Erhaltung der Unabhaͤngigkeit von Baroda zu übersenden. Die Luschais, gegen welche vor etwa 2 Jahren eine Expedition ausgesandt wurde, fangen wieder an, Verlegen⸗ heiten zu bereiten. Die Erträge der Opiumernte übersteigen den Voranschlag um 753,553 Pfund. Die birmanisch⸗chinesische Gxpedition verließ Bhamo am 25. Januar via der Sawadi⸗ route. Der Bomban Gazette“ zufolge starb in Gwalior vor . das Individuum, das den Rana Sahib personifizirt

atte.

Afrika. Einem Telegramm aus Khartoum vom 22. Ja⸗ nuar entnimmt die Londoner Arm u. Nan Gazette“, daß Oberst Gordon zur Zeit in seiner Station unweit des Berges Ragaft weilte und daß Abu Saud beim Vizekönig in Ungnade gefallen war. Mr. Russell, Mr. Maropoli und Kapitän Bur⸗ naby waren wohlbehalten in Khartoum angekommen, während Mr. Gassi als Vakeel für Oberst Gordon fungirte. Auf ihrer Reise von Suakin nach Berber begegneten sie in der Wüste einer Sklaven⸗Karawane und hielten sie an, aber die Kaufleute entkamen in der Nacht. Sie wurden indeß von Berber aus verfolgt und mit den Sklaven gefangen genommen und er— warten nun in Ketten das Urtheil des Khedipe.

Nach Berichten aus Capetown vom 5. d. Mts. wird

Das Cap⸗Parlament am 14. April zusammentreten. Die

Depeschen über die Langalibalele⸗Affairs waren veröffentlicht worden. Der Häuptling foll auf freien Fuß gesetzt, aber am Cap unter Ueberwachung gestellt werden. Die Cap⸗Regierung

erklärt dies für unthunlich. Das Publikum glaubt, er werde nach Natal zurückgeschickt werden. Der Postdampfer Kafir!

brachte die Nachricht von dem Ausbruch von Unruhen nördlich von Mosambique in Thombaset, auf Grund dessen die König⸗ lichen Schiffe ‚Rifleman“ und „Nassau“ mit 100 Matrosen dahin abgingen.

Nr. 4 des Marine⸗-Verordnungs-Blattes“ hat fol⸗ genden Inhalt:; Instruktion für das Schießen mit Revolvern.— Auswahl der Geschosse zu den Transportübungen mit selbigen an Bord. Die Zulage der Maschinistenmaate in der Stelle als

Leitende Maschinisten. Vergütigungssatz für die leichte Fourage⸗ Ration pro Januar und Februar 1875. Form der Vorschlags liffen zur Ertheilung der Allerböchsten Genehmigung zur Anlegung fremd⸗ herrlicher Orden ꝛc. Beförderung überetatsmäßiger Pferde einzeln versetz er oder kommandirter Offiziere auf Eisenbahnen. Verfahren beim Putzen der neusilbernen . der verschiedenen Laternen an Bord. Instandhaltung der Maschinen und Vorrichtungen zum Drehen der Thürme an Bord S. M. Schiffe. Bestimmungen über Behandlung der Maschinen mit Oberflächen · Condensatoren und Ueberhitzungsapparaten. Verzeichniß derjenigen Bücher, welche S. M. Schiffen und Fahrzeugen bei Indienststellungen in einer Bücher kiste mitzugeben sind, beigefügt.

Das „Beiheft zum Militär Wochenblatt, heraus⸗ gegeben von v. Witzleben, General⸗Lieutenant z. D., 1875, 1. und 2. Heft (Berlin 1875, Ernst Siegfried Mittler und Sohn) hat fol⸗ genden Inhalt: Der preußische Feldzug in Holland 1787. Mit be— sonderer Rücksicht auf die Beschaffenheit und Vertheidigungsfähigkeit des Landes, von Th. Frhr. v. Troschke, General. Lieutenant z. D. Mit einer Karte.

Statistische Nachrichten.

„Das Königlich bayerische Staats-Ministerium der Justiz in München hat die Exgebnisse der Strafrechtspflege im König—⸗ reich Bayern während des Zahres 1873 veröffentlicht. Da⸗ nach sind von den Gerichten des Königreichs im Ganzen 9,199 strafbare Handlungen abgeurtheilt. Hierunter befanden sich 135,731 Uebertretungen der Forstgesetze, während von den übrigen 293,468 strafbaren Handlungen 51Iöz oder 16,3 als Verbrechen, 59,021 oder 201 als Vergehen und 229,344 oder 75, is als Uebertretungen erklärt werden. Die Zahl der im Königreiche und in den einzelnen Regierungsbezirken abgeurtheilten strafbaren Handlungen überhaupt und Verbrechen insbesondere, verglichen mit dem Stande der Bevölkerung, ergieht, daß je eine strafbare Handlung trifft im Königreiche auf 1633, in der Pfalz auf 12,59, in Oberbayern ö . in Niederbayern auf 1537, in Unterfranken auf 16,9, in Mittelfranken auf 1816, in Oberpfalz auf 21,565, in Oberfranken auf 2167, in Schwaben auf 21,99 Köpfe der Bevölkerung, dann je ein Verbrechen im Königreiche auf 950 3, in Schwaben auf 621,2, in Oberbayern auf 44m, in Niederbayern auf S809, *, in Unterfranken auf 980412, in Mittelfranken auf 1123023, in Oberpfalz auf 1149, x, in Oberfranken auf 12991 und in der Pfalz auf 1922. Köpfe der Bevölkerung. Im Vergleich zu 1872 bat die Zahl der straf baren Handlungen um 35,258 oder 1357 und zwar die der Verbrechen um 1548 oder 3 der Vergehen um 2801 oder 5, oz, der Uebertre⸗ tungen um 30, 909 oder 15,5 * zugenommen.

Unter den in 1873 abgenrtheilten Verbrechen waren mehr als die Hälfte (62,3 *) Diebstähle; diesen folgen: Betrug mit U,sa x, Verbrechen gegen die Sittlichkeit mit 6, *, Meineide mit 4 x, mrkundenfälschungen mit 437 *, Amtsverbrechen mit 3, s , Körper⸗ verletzungen mit 2,63 B. Unter den Verg eh en befinden sich 58, 751 oder 99,54 *, Verfehlungen gegen das Reichsstrafgesetzbuch 265 oder Ous 8. Zuwiderhandlungen gegen Spezialgesetze' und Got x Ver⸗ gehen gegen das Militänstrafgesetzbuch. Unter den einzelnen Arten von Vergehen stehen obenan Beleldigungen mit 2733 * diesen fol⸗ gen: Körperverletzungen 26 23, Diebftähle 195, Sachbeschãdigungen 55s, Unterschlagungen 4 n, Betrug und Untreue 3,93. Vergehen wider die öffentliche Ordnung 331, Widerstand gegen die Staatsgewalt 1531, Hehlerei 1, ss, unbefugtes Jagen, Fischen 2c. 20 xv. Von den Ueber⸗ tretungen entfallen 132,306 oder 577 auf das Reichsstrafgesetz= buch, 86, 381 oder 37, , auf das Polizeistrafgesetzbuch und 16,657 oder 6 x auf Spezialgesetze.

Abgeurtheilt wegen strafbarer Handlungen wurden 284,907 Per⸗ sonen (27,421 mehr als in 1872) und sind hiervon 36.515 oder 10, * freigesprochen. Verurtheilt wurden 254,392 Personen und zwar: 16 zur Todetstrafe, 1615 oder Os zu zeitlicher Zuchthausstrafe, 4 zu Festungshaft, 25.715 oder 16 u r zu Gefängniß, S557 oder 355 * zu Hnaft⸗, 142 485 oder 56, z zu Geldstrafen und 596 oder O2 z zu Verweis. Zu Haft neben anderen Freiheitzstrafen wurden 3404 Personen, zu Geldstrafen ueben Freiheitsstrafen 1340 Personen vexurtheilt. Auf Buße wurde gegen 156 erkannt, die bürgerlichen Ehrenrechte wurden 1268 Personen oder G, * aller Verurtheilten abgesprochen. Von den letzteren gehörten 201,543 oder 794 x dem männlichen und 52449 eder 108 dem weiblichen Geschlechte an. Von den Verurtheilten waren 24,939 oder 9.3 * verhaftet.

Neber die spanische Kriegsflotte entnehmen wir der Köln. Ztg,“ folgende Mittheilungen: Die spanische Kriegẽsflotte besteht nach den neuesten offiziellen Ausweisen zur Zeit aus 7 Pan⸗ zerfregatten von insgesammt 5g00 Pferdekraft und mit 145 Geschützen, 10 Schraubenfregatten mit 5409 Pferdekraft und 413 Geschützen, 8 Sa raubenkorvetten mit 809 Pferdekraft und 17 Geschützen, 21 Schraubenavisos mit 2340 Pferdekraft und 51 Geschützen, 20 Rad⸗ dampfern mit 5509 Pferdekraft und 1099 Geschüßen, 3 Panzerthurm⸗

schiffen mit 1800 Pferdekraft und 9 Geschützen und 48 Schrauben⸗ Kanonenbooten mit 4049 Pferdekraft und 48 Geschützen. Dieselbe umfaßt somit 114 Schiffe und Fahrzeuge von insgesammt 25,180 Pferdekraft und mit 93 Geschützen, wobei sich 7 Schraubentrans⸗ portschiffe von 1260 Pferdekraft und 14 Geschüͤtzen und 2 Tender schiffe von 300 Pferdekraft und mit 4 Geschützen nicht mit einge⸗ rechnet befinden. Der Jahresetat der spanischen Kriegsmarine wird in dem letzten Jahresbudget zu 16716910 Pesetas (I Peseta O64 Reichsmark) , wovon 6.019.019 Pesetas fuͤr die Besoldung der Offiziere, Beamten und Mannschaften und 4,697, 000 Pesetas für die Erhaltung des Materials angesetzt sind. Der Offi⸗ zier⸗ und Mannschaftstand wird zu 398 Offizieren, darunter einige 29 im Admiralsrang, 2560 Seekadetten, 14. 060 Unteroffizieren und Matrosen, 5500 Mann Marinekanoniere und Seesoldaten und einem Beamten⸗ und Arbeiterpersonal von 15 Köpfen angegeben.

—= Schwedens Handelsflotte zählte bei Schluß des Jahres 18733; 3909 Fahrzeuge mit 1532 317 Neu-Laften und hat sich seit 1372 um 236 Schiffe vermehrt. Segel⸗Fahrzenge waren darunter 3335 mit 117069 Nen ⸗Lasten und 565 Dampfer mit 15.778 Neu. Lasten und 195767 Pferdekraft.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Leinethurm, eins der früheren Außenwerke der Stadt Einbeck, und zwar an dem sonstigen Leine⸗Uebergange bei Oexheim, im Jahre 1334 von dem Erbauer des Münsters, Namens Moldram, aus Sandstein aufgeführt, wird jetzt niedergerissen. Das, mit einer theils im Innern der Umfasfungsmauer, theils an der Innenfläche derselben hinaufführenden Wendeltreppe versehene schöne runde Gebäude hatte einen Durchmesser von etwas über 22 und eine Mauerhöhe von 39 Fuß; es gipfelte in einem niedrigen Kegeldach von Schiefer, hatte nach drei Seiten Pechnasen, und zei⸗ gen gothische Minuskeln die Inschrift: moldram make det war do men schref m. ccc. x1. III. hans mulre vor war.“

A. Langes Geschichte des Materialismus und Kritik feiner Bedeutung in der Gegenwart (Verlag von J. Bädeker in Iserlohn) wird durch das Erscheinen der 2. Dälfte des II. Bandes in der durchaus umgearbeiteten zweiten Auflage demnaͤchst vollständig. Diese Schlußliefe rung enthält die Fortsetzung der Naturwissenschaften, die Abschnitte der Mensch und die Seele: Die Stellung des Menschen zur Thier welt. Gehirn und Seele. Die naturwiffenschaftliche i nie W Die Phystologie der Sinnesorgane und die Welt als Vorstellung. Der ethische Materialismus und die Religion: Die Volkswirthschaft und die Dogmatik des Egoismus. Das Chriftenthum und die Aufklärung 2. In England und in Frankreich werden Uebersetzungen dieses epochemachenden Werkes erscheinen.

Der Gemeinderath von Stuttgart hat sich am 25. v. M in öffentlicher Sitzung darüber schlüssig gemacht, welche Ehrengabe er zum fünften deutschen Bundesschießen widmen wolle. Ober Bürgermeister Dr. Hack erstattete darüber Bericht Namens der

Abtheilung des Innern, welche in ihrer Mehrheit den Antrag be⸗ schlossen hatte, hierzu 2500 Fl. in der Art zu verwenden, daß fuͤr 100

l ein Kunstwerk gus Silber hergestellt werde. Nach dem von dem

tadtzaurath Wolff gefertigten Entwurf würde eine silberne Kassette durch Gebr. Föhr in Stuttgart angefertigt, welche in reicher erhabener Arbeit auf der einen Seite das Stadtwappen von Stuttgart, auf der an⸗ dern die Dedikation der Stadtgemeinde zeigt, in der das 5. deutsche Bundesschießen abgehalten wird. An den 4 Ecken werden Schützen angebracht in der Tracht verschiedener Zeiten. Ueber agt wird der Deckel von der Statuette des hl. Urbanus, des Schutz patrons der Stuttgarter Weingärtner. Das Ganze ist in edlem Stil gehalten und reich mit Ornamenten in getriebener Arbeit geschmückt. Die weiteren 400 Fl. sind zu Geldprämien bestimmt. Biese Vorschlãge wurden angenommen.

Die Königin von Großbritannien und Irland hat auf den Vorschlag des Premierministers dem Archäologen Word in An⸗ erkennung seiner Arbeiten in Ephefus und der ausgezeichneten Dienste, die er der Wissenschaft und der Geschichtskunde durch die Entdeckung der Ruinen des Tempels der Diana, sowie durch die Erwer⸗ bung einer höchst werthvollen Sammlung von Skulpturen, nebst griechischen und römischen Inschriften für das British⸗Museum, so⸗ wie im Hinblicke darauf, daß er in der Erlangung dieser Resultate seine Gesundheit einbüßte, eine Staatssubventisn von 8. 309 jährlich ausgesetzt.

Professor Max Müller von Oxford hat sich nach Italien begeben, um dort den März und April aus Gesundheitsrücksichten zuzubringen.

In Cam bridge starb am 28. Februar Dr. Robert Willis, Professor der natürlichen und erperimentalen Philosophie an dortiger Universität, im Alter von 74 Jahren. Der Verstorbene, Mitglied vieler gelehrten Gesellschaften im In⸗ und Auslande, be⸗ kleidete diese Professur seit 1826.

= Im Auftrage des deutschen „Vereins zur Verbreitung ge⸗ meinnütziger Kenntnisse in Prag‘ hat der Berliner Pädagoge Dr. Brüllow (Verfasser der „Rathschläge an Estern für das körper liche und geistige Gedeihen ihrer Kinder“) eine neue beachtungswerthe populäre Schrift verfaßt, die den Titel führt: Die Bedeutn ng der Familie für das Individunm, die Gemeinde unk den Staat.“

Ein Veteran unter den frauzösischen Künstlern, der Kupfer— stecher Fean Nicolas Langier, ist zu Argenteuil bei Paris, wo er seit lange wohnte, im Alter von 96 Jahren gestorben. Langier war zu Toulon 1785 geboren, erhielt bereits 1817 die zweite, 1831 die erste Medaille, 1835 das Kreuz der Ehrenlegion. Unter“ seinen Stichen sind zu nennen: Die Pefstkranken zu Jaffa nach Gros, der Zephir nach Prud'hon, die Belle Jardinsère nach Rafael, St. Anna nach Leonardo da Vinci, Leonidas nach David, ein Porträt Napo⸗ leons, ein Porträt Washingtons. Eins seiner letzten Werke war ein Stich nach Tizian, die Madonna mit dem Kaninchen, im Jahre 1859 aus gestellt.

In San Francis co riefen am Sonntag, den 7. Februar, Abends, mehrere leichte Erdstöße einige Aufregung hervor, verur⸗ achten jedoch keinerlei Schaden.

Gewerbe und Handel.

Mit dem 1. April d. J. wird in Berlin ein neues Börsenblatt, die Deutsche Börsen⸗ und Handels-⸗Zeitung“, erscheinen. Herausgeber derselben sind die als Inhaber des Berliner Börsen⸗ Burgau, eines Instituts, das über die Lage der verschiedenen Aktien⸗ gesellschaften aus den besten Quellen geschöpfte Auskunft ertheilt, in den westesten Kreisen bekannten Herren E. Billig und J. Lehmann. Beide Herren waren, als Salings Börsenblatt noch unter der Leitung des bewährten Mannes stand, der ihm seinen Namen gegeben, Redac⸗ teure desselben. Die neue Zeitung soll im Salingschen Geiste redigirt werden; es steht daher zu hoffen, daß dieselbe die Erbschaft des ein— gegangenen zum Heile der vielen, durch die jetzigen Börsenverhältniffe Geschädigten antreten werde.

In der gestrigen Sitzung des Kuratoriums der Preußischen Hypotheken Aktienbank (Spielhagen wurde die vorjaͤhrige Bilanz vorgelegt und beschlossen, der Generalverfammlung eine Divi— dende pro 1874 von 123 in Vorschlag zu bringen. In den beiden ersten Monaten des laufenden Jahres wurden bereits für 7, 500, 000 Pfandbriefe verkauft.

Bei der Verwaltung der hiesigen Aktien-Gesellschaft für Fabrikation von Eisenbahnbedarf ist nunmehr der längst vorbereitete Antrag auf Liquidation des Gesellschaftsvermögens unter Deposition von 300 000 Thlr. N. Aktien thatsächlich ein ˖ gegangen.

Die Gesammteinnahmen des Berliner Aguarium be⸗ trugen nach dem Geschäftsbericht pro 18574: 59, 247 Thlr., von denen neben den Abschreibungen ein Reingewinn von 14 474 Thir. verbleibt. Von dem Reingewinn sind dem Reservefonds 10 3 überwiesen wor— den, an Tantismen wurden insgesammt 11 5 vertheilt, die Dividende beträgt 4 x. ;

Der Geschäftsbericht des Böhmischen Brauh auses pro 1874 liefert folgende Daten: Produzirt wurden im Jahre 1874 125,388 Tonnen, von welchen an die Kundschaft 109.206 Tonnen ab- gegeben sind. Gegen 1873 haben sich die Einnahmen für Bier und Nebenprodukte von 580, 682 Thlr. auf 815,842 Thlr. gehoben, dage⸗ gen sind auch die Kosten für Gerste pro Tonne um ca. 8 Sgr. und für Hopfen um ca. 4 Sgr. gestiegen. An Malz wurden in i873: 48,B883 Ctr., dagegen in 1874: 72652 Ctr. verschrotet. In 1870 be— gann die Brauerei mit 6 Keller⸗Abtheilungen, während jetzt deren 35 zur Verfügung stehen. Aus der Bilanz heben wir noch hervor, . das Grundstüuͤch mit 200,685 Thlr. und die Gebäude mit L654. 55 Thlr. zu Buche stehen, Maschinen und Utensilien 135, 964 Thlr., Gas und Wasserleitung 235,686 Thlr., Pferde und Wagen und Mobilien 23,932 Thlr., Fastagen 205,309 Thlr, Bier und Außenstände 242.567 Thlr., Gerste und Hopfen 82514 Thlr. Kassa 18924 Thlr., noch reftirende Einzahlung auf die IJ1. Emission 187,500 Thlr. und Bestand an Effekten 12.852 Thlr. Das Aktienkapital beträgt 11009000 Thlr., Hypotheken 506 606 Thlr., diverse Kreditoren 317563 Thlr, laufende Accepte 108,746 Thlr. und Reservefonds 14310 Thlr. Es wurde ein Bruttogewinn von 207,296 Thlr. erzielt. Hiervon wurden für Amortisationen 50 423 Thlr., Hy⸗ pothekenzinsen 26 885 Thlr., Handlungsunkosten 9h77 Thlr. und son— stige Zinsen 15,311 Thlr. verwandt. Der nun verbleibende Rein⸗ gewinn von 105,098 Thir. vertheilt sich wie folgt: dem Reservefonds 5254 Thlr, dem Geschäftsinhaber 16,509 Thlr. und dem Aufsichts⸗ rath 5254 Thlr. Die Aktionäre erhalten auf die voll eingezahlten Aktien 19x. Dividende.

Der Geschaftsbericht der Königsberger Vereinsbank bringt die Mittheilung, daß die 80 * angekauften Aktien und In⸗ terimsscheine im Betrage von 400, 000 Thlr. eingezahlten Kapitals geliefert und vernichtet sind. Der durch diese Manipulation erzielte Netto⸗ Gewinn von 80 000 Thlr. hat auf folgende Weise Verwendung gefunden: zur Deckung des Defizits 57,518 Thlr., zur Wiederher⸗ stellung des Reservefonds 11,373 Thlr., der Spezialreserve über- wiesen 3608 Thlr., für Aktien ⸗Anfertigung und Stempel 25900 Thlr., . 80 000 Thlr., wodurch das Aktienkapital von 1009 065

hlr. und der frühere Reservefond in seiner ursprünglichen Höhe wieder hergestellt und eine neue Spezialreserve gebildet ift. Im ver⸗ flossenen Jahre hat sich das Institut ausschließlich auf das reguläre 2 beschränkt. Die Dividende erreicht 56 oder 11 Thlr. pro Aktie.

Der Aufsichtsrath der Badischen Bank in Mannheim hat die Dividende für das Geschäftejahr 18374 auf 6x oder 38 M pr. Aktie (in 1873: 7 *) festgesetzt. .

Die der B. B. Z. zufolge bereits festgestellte Bilanz der Oberhessischen Bahnen pro 1874 ergiebt einen Ueherschuß von So 900 A, hiervon haben 56,571 4 in den Reservefondz überzugehen, wahrend der Rest dem Erneuerunggfonds zu überweisen ist.