1875 / 65 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 17 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Auslieferung stattfinden dürfe; die gewöhnlichen politischen Ver⸗ gehen fallen nicht darunter, nur das Attentat auf das Leben eines Fürsten oder eines Mitgliedes einer Fürstlichen Familie wird dort mit aufgezählt; wenn politische Vergehen mit anderen Verbrechen gepaart seien, welche Grund zur Auslieferung geben, dann dürfe die politische Art kein Hinderniß sein; seien politische Vergehen nicht mit anderen Verbrechen, die zu den Auslieferungs⸗ fällen gehören, verbunden, dann verhindere der Art. 2 die Aug⸗ lieferung, welcher ausdrücklich die Fälle bezeichne, wegen deren ste alle stattfinden dürfen. Der Justiz⸗Minister und der Minister der auswärtigen Angelegenheiten gaben die bestimmte Erklãrung ab, daß nur die in dem Art. 2 des Entwurfs aufgezãhlten Auslieferungsfälle und keine Auslieferung aus politischen Gründen in die Traktate mit anderen Mächten würden aufge⸗ nommen werden. Hr. 's Jakob zog hierauf sein Amendement zurück, und schließlich wurde der Gesetzentwurf von der Kammer mit Einhelligkeit der Stimmen angenommen. 16. März (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat die Gesetzvorlage, die fich auf die Amortistrung von 10 Millionen der Staatsschuld bezieht, mit 47 gegen 15 Stimmen an⸗ genommen. * Großbritannien und Irland. London, 15. März. Die Königin gab auf Windsor am Sonnabend ein Diner, bei welchem unter andern Gästen die Botschafter Oesterreichs und der Türkei zugegen waren. Am 17. ds. findet unter dem Vor— fit Ihrer Majestät ein Konseil statt. In Downing street wurde am Sonnabend eine Kabinetsberathung abgehalten, bei der sämmtliche Minister zugegen waren. Bezüglich der in Betreff der Appellations⸗Jurisdiktion des Hauses der Lords zu thuenden Schritte wird die Regierung, wie der „Ob⸗ server“ erfährt, erst nach den Osterferien zu einem endgültigen Entschlusse gelangen. Graf Schuwaloff, der russische Bot⸗ schafter, hat sich am Sonvabend auf einen kurzen Urlaub nach St. Petersburg begeben. 16. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses beantwortete Disraeli eine Interpellation von Wait in Betreff der Entschließungen, welche die Regierung An⸗ gesichts des auf die englische Expedition in Birma aus⸗ geführten Angriffs getroffen habe. Der Minister erklärte, der englische Gesandte in Peking, Mr. Wade, sei angewiesen worden, von der chinesischen Regierung eine strenge Untersuchung des Vorfalls zu verlangen und werde vor weiteren Schritten der Bericht des Gesandten abzuwarten sein. Cochrane kündigte darauf an, er werde am 16. F. M. eine Resolution einbringen, welche ausspreche, daß in Folge der Brüsseler völkerrecht⸗ lichen Konferenz und ihrer beabsichtigten Fortsetzung in St. Petersburg für England eine Veranlassung gegeben sei, sich von der Pariser Seerechts-Deklaration von 1856 loszusagen und dadurch diejenigen seerechtlichen Grundsätze wieder zur Gel⸗ tung zu bringen, welche für die Macht, die Integrität und die Unabhängigkeit Englands von so wesentlicher Bedeutung seien. Die Comiteéberathung über die Bill, betreffend den Stellen⸗ tausch in den Regimentern der Armee wurde zu Ende geführt, die Bill wurde, obschon Gladstone das Verfahren der Regierung sehr lebhaft angriff, unverändert angenommen. Die Times“ hestätigt die Mittheilung der, Morning Post“, daß Mr. Charles Lennox Peel, Sohn von Sir Laurence Peel und Privatsekretär des Herzogs von Richmond, an Stelle des verstorbenen Sir Arthur Helps zum Sekretär des Geheimen Raths ernannt werden wird. Das durch den Tod des Gene⸗ rals Sir Hope Grant erledigte Kommando der im Standlager von Aldershot stationirten Division soll dem Vernehmen nach General⸗Lieutenant Sir Thomas M. Steele erhalten. Der Prinz von Wales führte am Sonnabend den Vorsitz bei dem in Willis Rooms stattgefundenen 7. dreijährlichen Fest⸗ essen der Freunde und Gönner des von der Herzogin von Cam— bridge gestifteten Asyls für Soldaten wittwen. Seine Ansprache zu Gunsten der Anstalt hatte zur Folge, daß an der Festtafel die Summe von 16535 Pfd. Sterl. gezeichnet wurde. Unter den. Gästen befanden sich der Herzog von Cambridge, Prinz Christian von Schleswig-Holstein, Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar, Fürst Teck, über 190 Generale und Offiziere, sowie der Lordmayor und die Sheriffs von London und Middleser. Im Laufe einer Toastrede bemerkte der Herzog von Cambridge, daß seine Mutter, die Patronin der Anstalt, sich in sehr leidendem Zustande befinde.

Frankreich. Paris, 16. März. (W. T. B.) In Folge des Antrages Soubenran betreffend die Konversion der Morgan⸗ Anleihe in eine 5prozentige Rente wird der Finanz⸗Minister, wie die „Agence Havas“ mittheilt, in kürzester Frist, einen dem An⸗ trage entsprechenden Gesetzentwurf der Nationalversammlung vor⸗ legen und für die Berathung desselben die Dringlichken ver⸗ langen. Da in dem mit dem Hause Morgan u. Comp. abge⸗ schlossenen Vertrage über die Anleihe für den Fall einer Kon— version eine 5monatliche Kündigungsfrist stipulirt ist, wird der Finanz Minister ferner darauf dringen, daß die Vorlage vor dem 1. April d. J. erledigt werde, damit die Konversion zum 15. Oltober d. J. stattfinden kann.

Wie ein zweites Telegramm meldet, hat der Deputirte

Fürst im Vereine mit der Skupschtina den Thronerben bestim⸗ men kann. Falls derselbe, ohne den Nachfolger vorher bestimmt zu haben, stirbt, soll der Nation das Recht zustehen, den Fürsten zu wählen. wich von der Wahl ausgeschlossen bleiben. des Antrages soll die Dringlichkeit verlangt

der Deputirtenkammer stand pro 1876 auf der Tagesordnung. Ministerrathes, des Justiz⸗Ministeriums, des Ministeriums des Innern und des Finanz⸗Ministeriums wurden genehmigt.

(W. T. B.) Die Mittheilungen, daß die zweite inter natio⸗ nale Konferenz über das Kriegsvölkerrecht im Mai d. J. hier zusammentreten werde, Seite als unbegründet und jedenfalls als sehr verfrüht bezeichnet. Das Journal „Rußki mir“ die Verwaltung in Turkestan auf drei Monate worden.

der nächsten Montagssitzung des Folkethings gedenkt Graf Holstein⸗Ledreborg einen Gesetzvorschlag über Abänderung des Gesetzes über Wahlen zum Reichstage einzubringen.

Der italienische Gesandte Nigra gab am 14. d. M. zur Feier des Geburtstags des Fönigs Vietor Emanuel ein Diner, welchem der Marschall und die Mar⸗ schallin Mae Mahon, der Minister des Aeußern und die Spitzen des diplomatischen Corps beiwohnten.

Versailles, 16. März. (W. T. B.) Nationalver⸗ sammlung. Der Herzog von Audiffret⸗Pasquier sprach dem Hause seinen Dank für die auf ihn gefallene Wahl zum Prä⸗ sidenten aus. Der Redner gedachte dabei der großen Vortheile des parlamentarischen Regierungssystems, welches so viel zu der Wohlfahrt und dem Ruhme Frankreichs beigetragen und die Ueberwindung der dem Lande in den letzten Jahren auferlegten Prüfungen erleichtert habe. Es werde stets der gegenwärtigen Nationalversammlung zur Ehre gereichen, daß sie es gewesen, welche dem Lande seine verfassungsmäßigen Freiheiten wieder— gegeben und denselben Achtung verschafft habe. Die Rede wurde von der Linken und den Centren mit lebhaftem Beifall auf genommen. Die National versammlung wählte darauf Duclere (Linke) zum Vize⸗Präsidenten und begann dann die Diskussion über die an eine Anzahl von Beamten des Kaiserreichs gezahlten Pensionen. Morgen wird sich die Versammlung mit demselben Gegenstande beschäftigen.

Die Majorität der Kommission, welche zur Prüfung des Antrages Ploeuc bezüglich der Mitgliedschaft von Auslän⸗ dern bei den Verwaltungsräthen der franzoösifchen Eisenbahn⸗ gesellschaften niedergesetzt ist, ist der Annahme dieses Antrages entgegen. Die Kommifsion zur Prüfung des Antrages wegen der Ferien der Nationalversammlung hat vorgeschlagen, dieselben für die Zeit vom 20. März bis 1. April festzusetzen.

Syanien. Madrid, 16. März. (W. T. B.) Durch Königliches Dekret sind dem Herzoge von Montpensier die Grade, die derselbe früher in der spanischen Armee inne hatte, sowie die Ehren und Auszeichnungen, die er früher besaß, wie⸗ der verliehen worden.

Aus carlistischer Quelle stammende Depeschen über Paris, 16. März Abends, versichern, daß die Carlisten die Höhen von San CEhristoval und den Monte Esquinza mit dem Ba⸗ jonnet genommen haben.

San Sebastian, 16. März. (W. T. B.) Die Kar⸗ listen haben nach hier eingegangenen Meldungen in einer Stärke von 9 Bataillonen einen naͤchtlichen Angriff auf die Redoute von Zuduagaray gemacht, sind aber nach einem zwei⸗ stündigen Kampfe mit großen Verlusten zurückgeworfen.

Italien. Im ganzen Lande ist am vergangenen Sonntag, den 14. März, die doppelte Geburtstagsfeier des Königs und des Kronprinzen begangen worden. In Rom hielt Prinz Umberto eine Parade der Garnison und Der National⸗ garde ab, welcher die Kronprinzessin und ihr ältester Sohn, der Prinz von Neapel, der deutsche Gesandte und sämmtliche Mili⸗ tärbevollmächtigte beiwohnten. Ungeachtet der ungünstigen Witterung war die Bethelligung der Bevölkerung eine außer⸗ ordentliche. Aehnlich verlief die Feier in den Provinzialstädten. In Mailand und Venedig celebrirten die Erzbischöfe ein Tedeum in den Kathedralkirchen.

Türkei. Kon stantinopel, 16. März. (W. T. B.) Die Banque Ottomane hat fernerweit 2,6, Millionen desjenigen Betrages der letzten türkischen Anleihe übernommen, bezůg⸗ lich dessen ihr das Optionsrecht zugestanden war. Zugleich wer⸗ den von ihr Verhandlungen gepflogen, um eine Prolongation des Zeitpunktes zu erlangen, dis zu welchem ihr wegen der übrigen 5 Millionen das Dptiongrecht zusteht.

Belgrad, 17. März. (W. T. B.) Zwei Abgeordnete der Skupschtina haben anläßlich der Verfassung einen Antrag eingebracht,

und sechzig der Revision

heit ist dem Senate vorgelegt worden. Nach derselben ist der Vertrag, wonach Spanien Behufs Beilegung der noch obwal⸗ tenden Differenzen sich zur Zahlung einer Summe von 80 000 Dollars an die Vereinigten Staaten verpflichtet, am 9. d. von den Vertretern der beiderseitigen Regierungen unterzeichnet und unter dem 11. ratifizirt worden. Gleichzeitig ist die Aner⸗ 6 des Königs Alfons durch die Vereinigten Staaten erfolgt

Rio de Zaneiro, 16. März. (W. T. B.) Der Kaiser hat heute die außerordentliche Sitzung der Kammer eröffnet. In der Thronrede wird der vortrefflichen Beziehungen der Regierung zu den auswärtigen Mächten und der erfolgten definitiven Re⸗ gulirung der Grenze mit Paraguay, sowie der mit dem deutschen Reiche, Frankreich, Italien und Belgien abgeschlossenen Postver⸗ träge gedacht. Ueber die religiöse Bewegung in einigen Theilen des Landes äußert sich die Thronrede dahin, daß in den vier nördlichen Provinzen des Landes Ruhestõrungen vorgekommen seien, indem Banden von Aufrührern, welche durch religiösen Fanatismus aufgeregt und von Vorurtheilen gegen den Gebrauch des neuen metrischen Gewichts und Maßsystems eingenommen gewesen seien, die Archive der Verwaltungsbehörden und die dort aufbe⸗ wahrten Normalmaße und Gewichte zerstört hätten. Die Ord⸗ nung sei jedoch bald wiederhergestellt und die Bewegung durch den Beistand, welchen die wohlgesinnten Bürger den Behörden geleistet hätten, in kurzer Zeit unterdrückt worden.

Vereinswesen.

Das Hülfs-Comits für die durch den Brand der Stadt Meinin⸗ gen Beschädigten veröffentlicht unterm 4. d, ein Dankschreiben, das im. Wesentlichen lautet: Das Unglück war schwer, viele Verluste schienen, viele bleiben unersetzlich, und mit ernften Gefahren drohte der Winter. Ihr treuen Helfer habt die Gefahren abgewendet, sergtet schnell und überreich für Kleidung und Nahrung, gabt Mittel für Wohnung und Werkzeug, habt viele Thränen getrocknet; an Eurer Hand erhebt sich die Schwesterstadt aus ihren Trümmern, an Eurem echt menschlichen, echt vaterländischen Brudergeiste rafften sich die Unglücklichen zu neuer Hoffnung und Regfamkeit auf. Diesen herr⸗ lichen Geist brachte unsere deutsche Prefse thatkräftig und umsichtig mit. Selbstverleugnung und bereitwilligen Opfern zum Ausdruck, und gebührt ihr der innigste Dank. Euch edlen Helfern Allen danken wir aus vollster Seele; was Ihr gethan, wird unsere Stadt von Geschlecht zu Geschlecht in unauslöschlicher Erinnerung bewahren; sie gelobt Euch Treue um Treue. Ein genauer Geschäfts und Rechenschaftsbericht über die Gaben, welche auch jetzt noch nicht zu fließen aufgehört, wird durch den Druck verbreitet werden.

Statistische Nachrichten.

Nr. 10 der Statistischen Correspondenz, heraus gegeben von Dr. E. Engel in Berlin, hat folgenden Inhalt: Zur Provinzial⸗ Kreis- und Kommunal⸗Finanzstatiftik in Preußen. Die öffentlichen Volksschulen der Stabt Pest in den Schuljahren 1871,72 und 1872/73. Die Seefischerei Frankreichs im Jahre 1873. Die ö zur Hebung der Metall! und Maschinen,Induftrie

ußlands. Nach der vorläufigen Feststellung des städtischen statistischen Bureaus betrug in der Woche vom 28. Februar bis 6. März die Zahl der Gestorbenen in Berlin 544, darunter 293 männliche, 251 weibliche Personen; 150 unter, 394 über ein Jahr.

Sewerbe und Handel. J

In der Generalversammlung der Birkenwerder Aktien Gesellschaft für Baumaterial wurde die Bilanz mit der , Dividende genehmigt und der Verwaltung Decharge ertheilt.

== Dem Aufsichtsrath der Bergwerks Gesellschaft Hibernig und Shamrock wurde Seitens der Direktion der Geschäftsabschluß pro 1874 vorgelegt und die Vertheilung von 7 * Dividende beantragt. Der Aufsichtsrath beschloß, nur 6 * zur Aus=

dem zufolge der

zahlung zu bringen, den Rest h Abschreibungen und Reservestellungen

Jedoch soll die Familie des Fürsten Karageorgie⸗ Für die Berathung werden.

Bu karest, 17. März. (W. T. B.) In

gestern die Budgetvorlage

Die Spezialbudgets des

Numänien.

Rußland und Polen. St. Peters burg, 16. März.

werden von gutunterrichteter

ist wegen eines Artikels über suspendirt

Dänemark. Kopenhagen, 13. März. (5. N.) In

Wolows ki den Bericht über Kündigung der Anleihe Morgan der Nationalversammlung bereits vorgelegt.

Amerika. Washington, 16. März. (W. T. B.) Die

au der hie sigen Börse hat leicht vollzogen. Reporte bei einigen Kreditgesellschafts Aktien, Monats sehr erheblich gestiegen waren, Anfangs sehr beträchtlich; im 6 des Liquidationsgeschaͤfts sind dieselben indeß niedriger gewor⸗ en. mäßige und zwar im mittleren Durchschnitt Lombarden L,4, für Italiener Gis; Deport 67 Frs.

über den beantragten Umfang hinaus zu verwenden. Es wird telegraphisch aus London gemeldet: Die Passiva

des Hauses J. C im Thurn C Comp, welches gestern fallttt hat, übersteigen der „Daily news“ zufolge 3

Millionen Pfd. Sterl.

Die Times“ schätzt dieselben auf 4 Millionen. Die

„Daily news“ er⸗

fährt, daß große Summen aus Blankokrediten beständen und daß ein bedeutend geringerer Betrag als der Bruttobetrag der Passiva sich sckließlich herausstellen werde. sehr reduzirt werden, Aecepte hauptsächlich durch ausländische Häuser in wenigen Tagen eingelöst werden wird.

Wahrscheinlich werden die Passiva weil man erwartet, daß eine Million Pfd.

Paris, 16. März. (W. T. B.. Die Medioliguidation sich im Allgemeinen sehr glatt und Was die Prolongationssätze anbetrifft, fo waren die die seit Anfang des

Für die übrigen Werthe waren die gezahlten Reports nur Hmitt für Franzosen 16, für für Crédit mobilier betrug der

Verkehrs ⸗Anstalten.

der Generalveisammlung der Großen Berliner

In

4 vom 16. d. M. waren 580, 000 Thlr. Kapital vertreten. Versammlung mit Befriedigung entgegengenommen. Nach den von der Verwaltung abgegebenen Erklärungen wäre die Einführung der

ö : j ; g rg. Linien der Pferdebahn in das Innere diplomatische Korrespondenz uber die Virginius⸗ Angelegen⸗ i

Die Bilanz und der Geschäftsbericht wurden von der

der Stadt schon für dieses Jahr n Aussicht genommen.

Weltaus stellung in Philadelphia.

Laut Mittheilung der General⸗Direktion ist die Eröffnung der Weltaus stellung in Philadelphia vom 19 April auf den 109. Mai 1876 und deren Schluß vom 19. September auf den 10. Oktober verlegt worden.

Indem die unterzeichnete Kommission sich für den Fall, daß dem⸗ zufolge auch andere der in dem Allgemeinen Reglement für aus⸗ ländische Aussteller festgesetzten Termine eine Aenderung erfahren sollten, weitere Mittheilung vorbehält, bemerkt dieselbe, daß sie viel⸗ fachen an sie ergangenen Anträgen entsprechend, Anmeldungen für die Beschickung der Ausstellung noch bis zum

1. April d. Js. entgegennehmen wird. Berlin, den 17. März 1875. . Die Reichs⸗Kommisston für die Weltausstellung in Philadelphia 1876. Dr. Jacobi.

Die Kupferstichsammlung der Königlichen Museen in Berlin. Beschrieben von J G. Wesse ly. Leipzig, Verlag von ö Vogel. 1575. (Vorgelegt durch die Ed. Quaassche Kunsthandlung in Berlin) Während das Studium der meist en Abtheilungen der Berliner Museen durch wissenschaftliche Kataloge unterstützt wird, fehlte es bisher an einem entsprechenden Handbuch für die reichen Sammlungen des Kupferstichkabinets, Die genannte Arbeit von Wessely beabsichtigt, diesem Mangel abzuhelfen, indem sie eine Auswahl von 1954 der hervorragendsten Blätter katalogisirt und durch eine sorgfältige Beschreibung namentlich derfenigen Nummern, die bis jetzt in den vorhandenen Werken überhaupt noch nicht oder aber nur mit mangelhafter Angabe ihrer Abdrucksgattung zu finden waren, zugleich eine Ergänzung der bezüglichen Literatur darbietet.

deutendsten beschränkt, rechtfertigt der Verfasser selber durch einen Hinweis auf den Reichthum der Berliner Sammlung, die, im 1835 durch den Ankauf der Naglerschen Kollektion begründet, jetzt bereits circa eine Million Rummern umfaßt. Durch schaftlichen Charakter ist die Anlage der ganzen Arbeit bestimmt. Sie wendet sich an den, der in dem-⸗Fache heimisch ist, nicht eiwa an denjenigen, der eine Einführung in das Studium der bezüglichen Kunstzweige wünscht. Charakteristik der einzelnen Gattungen und Perioden des Kupfer- stichs 2c. absieht, schichte der Sammlung sofort zu der beschreibenden Aufzählung der einzelnen Blätter über, die er in vier historischen Abtheilungen und innerhalb derselben nach den verschiedenen Schulen anordnet. durchweg rühmenswerth knapp und präcis soweit dies thunlich war, Werke von Passavant, Bartsch 2c, verwiesen. erwähnten Meister fördert die Freunde des Kupferstichs willkommen sein und der Berliner Samm. lung neue Freunde zuführen wird.

wieder zahlreiche Geschenke eingegangen, wichtigsten erwähnt werden können. kannte Rentmeister Wallbaum aus Gusow hat eine vorgeschichtlicher Fundstücke aus den Kreisen 2st ⸗H Lebus und Guben, Gegenstände aus dem Kreise Königsberg i. R, ) drei werthvolle, nahe Spandau ausgegrabene Bronzegefäße, die Eigen⸗ thümer Tühbecke und Strecklein in Stralau dort gefundene wendische

Jahre

ihren wissen⸗

Indem der Verfasser demgemäß von einer a

geht er nach einem kurzen Rückblick auf die Ge—

Bei der gehaltenen Beschreibung ist, stets auf die einschlägige Literatur, die Ein Register der Brauchbarkeit des Buches, das jedem

Für das Märkijche Musenm sind in den letzten Tagen von denen hier nur die er als eifriger Sammler be⸗

interessante Folge

abgehalten werden. dem Marktplatze ausgestellt die Aufführung des Tonwerkes „Die Glocke großen protestantischen Kirche. Die Häuser werden beflaggt, Festzůge der Vereine ꝛc. veranstaltet.

beim Abbruch des Hauses, Jüdenstraße 25, gefundenen merk— . Grundsteine, au Sandsteinrelief und der Banquier Brendel eine Kalksteinplatte mit Patrizierwappen, aufgefunden im Hause Königstraße Nr. 9, ge⸗ schen kt haben. stch eine hohl klingende Stelle in

die Firma Phaland und Dietrich

ein Oranienburgerstraße 13 / 14

dem Grundstücke gefundenes

Bei näheren Nachforschungen in letzterem Hause fand der Brandmauer von der Straße

us links im Erdgeschoß vor, die nach Entfernung einer oberflãch⸗

e, Uebermauerung einen alten gehauenen Altar mit Kruzifix ꝛc. zeigte. die Entfernung dieser intereffanten Reliquie aus der katholischen Vor⸗ zeit Berlins ohne erhebliche Belästigung auszuführen, ist die Herausnahme des

blieben, derselbe aber auf alle Schenkungsurkunde der Stadt Berlin übereignet worden.

Nachdem sich der Magistrats Kommissarius überzeugt, daß

des jetzigen Miethers nicht Altars vor der Hand unter⸗ Fälle bereits jetzt durch förmliche

Das „Glocken fest“

in Frankenthal soll am 10. April Dabei

soll die Glocke während zwei Tagen auf werden. Der Haupttheil des Festes ist von Romberg in der

avelland, Teltow, der Stadtverordnete Dr. Virchow mittelalterliche

der Direktor Hiltl

Daß ein derartiges Unternehmen sich auf eine Auswahl des Be—

Objekte gestiftet. nicht minder bereichert,

Die Sammlung altberlinischer Gedenksteine ist indem Hr. Frieske die vielbesprochenen,

Berlin:

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kesse lh. Druck W. Elsner. Drei Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage).

daß der eine Richter die freiwillige Gerichtébarkeit, der andere die

zum Deutschen Reicht⸗An

M GS.

Landtags Angelegenheiten.

Berlin, 17. März. In der Sitzung des Herren hauses am 15. d. M. nahm der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt in der Spezialdiskussion über 5. 1 des Vormundschafts⸗ gesehe nach dem Herrn v. Goßler das Wort: .

eine Herren! Ich möchte dem Herrn v. Wedell erwidern, daß ich ihn in keiner Weise angegriffen, sondern ausdrücklich erklärt habe, ich wünsche mich mit ihm über einzelne Punkte zu verständigen. Er hatte gesagt, der Entwurf beruhe auf neuen Prinzipien. Ich habe darauf erwidert, es komme darauf an, was man darunter verstehe. Die Prinzipien seien, abgesehen von dem landrechtlichen Gebiete, keine neuen, ste seien nur für das landrechtliche Gebiet neu. Meine Herren, auf die Frage, ob die Vormundschaftsführung an den Einzel⸗ richter oder das Kollegialgericht zu verweisen sei, will ich nicht ein- gehen, denn ste wird generell gar nicht verhandelt. Nur in gewissen Fällen soll eine kollegiale Behandlung eintreten, darüber hat man sich genügend erklärt. Ich möchte nur zur Charakteristik des Eut- wurfs Folgendes anführen. Meiner Ueberzeugung nach sind die Vor⸗ mundschaften der Regel nach viel besser aufgehoben bei dem Einzel richter wie bei Kollegien. Die kollegiale Behandlung einer Sache durch Juristen empfiehlt sich, wenn es sich um streitige Rechtssachen handelt, namentlich, wenn es sich um juristische Analyse oder juristische Konstruktionen handelt. ; ;

, i fg, Finessen hat die Vormundschaft nichts zu thun. Der Vormundschaftsrichter möge ein juristisch gebildeter Mann sein, der verständig ist, die Lebengverhältnisse kennt und Wohlwollen hat für die Gerichtseingesessenen. Der Einzelrichter soll ihr Schutz und Schirmherr sein, die Gerichtseingesessenen sollen an ihn sich wenden als an ihren Vertrauensmann, er soll ihre Verhaͤltnisse kennen, ihre Individualität erkennen und würdigen. Nun muß ich allerdings an⸗ erkennen, daß es Vormundschaften giebt, für welche eine ganz andere Einrichtung sich empfehlen kann, Vormundschaften, welche an sich nicht geeignet sind für einen Einzelrichter, er mag so gut fein, wie er wolle. Das sind Vormundschaften, die einen sehr bedeutenden Um⸗ fang haben, also z. B. wenn ein großer Grundbeßtzer stirbt, der weit⸗ läufigen Grundbesitz, gewerbliche Anlagen hinterläßt, oder wenn ein größerer Handel⸗ oder Gewerbtreibender stirbt. Für alle diese Fälle 3 ganz andere Vorkehrungen getroffen werden; Sie finden die⸗ selben in den Vorschriften über den Familienrath; das ist auch der Gedanke des Entwurfs; es sollte für solche außerordentliche Verhält⸗ nisse eine entsprechende Organisation eintreten. Das stimmt mit den Kommissionsanträgen überein; der Gedanke ist in diesen noch er—

eitert. ; ö Wie der Entwurf jetzt liegt, kann man sagen, daß derselbe den verschiedensten Verhältnissen Rechnung trägt und somit jedes Beden⸗ ken schwinden muß, i. kollegiale Berathung der Vormundschafts⸗ en wegfallen zu lassen. . ;

35. Ich i. unk! noch zu erklären gegen den Antrag, welcher in Nr. 54 unter J. gestellt ist. Mit diesem Antrage kann ich mich nicht einverstanden erklären, muß Ihnen vielmehr aus verschiedenen Grün— den anheim geben, den Antrag nicht anzunehmen. Zuvörderst scheint mir der Antrag fehlerhaft insofern zu sein, als seine Tragweite nicht zu übersehen ist. Wenn man den Bericht liest und den voraufgehen— den Absatz 2, möchte man meinen, daß der Antrag im Zusammen—⸗ hänge steht mit dem Absatz 2; dann würde er aber zu verbinden sein mit dem Absatz 2 in entsprechender Fassung. So wie der Aan. trag liegt, bezieht er sich auf Absatz' 1. Was soll denn nun in Be— treff des Absatzes 1 durch den Absatz 3 gewonnen werden?

Es kommt bei den Einzelgerichten, wie diese in den. neu erwor · benen Provinzen bestehen, vor, daß bei ihnen mehrere Richter thätig sind und die Thätigkeit der mehreren Richter getheilt ist theils geographisch theils fachlich. Wenn nun bei einem mit mehreren Richtern besetzten Einzelngerichte die Geschäfte etwa so getheilt sind:

treitige zu besorgen hat, ist das zulässig oder unzulässig? Ich würde ö. N annehmen; denn der Absatz 3 trifft den Fall nicht, weil er sagt: der Geschäftsbezirk des Einzelrichters ist örtlich abzu— grenzen. Auch in dem vorgedachten Falle ist der Geschäftsbezirk des Einzelrichters geographisch abgegrenzt. Der Gedanke jcheint aber darauf zu führen, daß, wenn mehrere Richter bei einem Gexichte an⸗ gestellt sind und verschiedene Bezirke haben, jeder auch alle Sy schẽ te insonderheit die Vormundschaftssachen seines Bezirks haben soll. Wie ist das gemeint? ; . J ba die Frage kommt für mich nicht sehr in Betracht. Ich will den Fall einfach nehmen, wie er am nächsten liegt, im Zusam— menhange mit dem Absatz 2. Also bei einem Gerichte sind mehrere Richter mit den Vormundschaftssachen beauftragt, mit diesen speziell beauftragt. Es kommen besonders die Kreisgerichte in Betracht und das Stadtgericht in Frankfurt. Hier soll nun zwischen mehreren Rich- tern die vormundschaftliche Thätigkeit nicht getheilt werden nach Sachen, nach Buchstaben u. s. w, sondern immer geographisch. Ich sehe für diese Vorschrift gar keinen rechten Grund. Sollte aber in einzelnen Fällen ein solcher Grund vorliegen, so frage ich, wie soll es gerechtfertigt werden. dem Justiz⸗ Minister hier Schrauben anzulegen, ihm die freie Bewegung, jedes Ermessen abzu—⸗ schneiden? Dafür liegt nicht der mindeste Grund vor. Wenn die Sache überhaupt Bedeutung hätte, so durfte gar keine Ausnahme statuirt werden. Aber diese Ausnahme wird statuirt, wenn nämlich das Kreisgericht mehr wie 50,000 Seelen hat. Dann soll der Justiz⸗ Minister freie Hand haben. Dann frage ich, welchen Unterichied macht es, ob das Gericht 40., 509. eder 60, 009 Seelen hat. Ov so oder anders zu verfahren sei, richtet sich nicht nach der zufälligen Menge von Seelen, sondern nach anderen Verhältnissen. ö Es tritt aber noch ein besonderes Bedenken hervor, das mir vollständig durchschlagend zu sein scheint. Es wird angenommen und das als Regel, denn sonst weiß ich nicht, wozu die Verschrift über; haupt dienen soll, daß bei Kreisgerichten bis zu 50, C00 Seelen mehrere Richter für die Vormundschaften zu bestimmen seien. Ich bin dagegen der Meinung, daß zumal nach der neuen Vormundschafts⸗ ordnung ein Richter mit den Vormundschaften eines Bezirkes von 50 000 Seelen beschäftigt, mit sehr mäßiger Beschäftigung versehen ift. Bestände die betreffende Vorschrift, so würde man später sagen können, die Landesvertretung sei davon ausgegangen, daß bei Bezirken mit nicht mehr als 50, 000 Seelen mehrere Richter mit den Vormund schaftssachen zu beauftragen seien. Das könnte zu höchst unangeneh⸗ men Mißverständnissen führen. Dieser letzte praktische und durch= schlagende Grund wird, glaube ich, genügen, Sie zu veranlassen, den Antrag nicht zu acceptiren. —⸗

Nach dem Grafen v. Rittberg ergriff der Justiz⸗Minister noch einmal das Wort: .

Ich bin über die Tragweite des Antrags durch das, was ich ge⸗ hört habe, nicht aufgeklärter, als früher. Ich entnehme allerdings jetzt, daß die Absicht dahin geht, das dritte Alineg auch Platz greifen zu lassen, gegenüber der Bestimmung deg ersten Alinea, also auch für den Fall, wenn es sich um Einzelrichter handelt, auf dem Lande oder in der Stadt. Ich muß nun anerkennen: wenn man Einzelgerichte bildet und von dem Grundsatze ausgeht, daß es zulässig sei, ein sol—⸗ ches mit mehreren Richtern zu besetzen, von denen ein Jeder als Ein. zelrichter handelt, es sich empfiehlt, wenn die Geschäftsvertheilung nach geographischen Bezirken erfolgt. In diesem Falle nämlich erreicht man, daß der Einzelrichter mit den Gesammtgeschäften und Verhält-

Er ste Beilage

Berlin, Mittwoch, den 17. März

nicht davon abhängig sind, ob das Amtegericht 50 0069 Seelen . oder nicht. i n. unter Anderem auf die Persönlichkeit des Richters an. Unter den mehreren Einzelrichtern kann der eine um mich kurz auszudrücken ein Stockjurist sein, während der andere ein Mann ist, der dem Leben näher steht, ein praktischer Mann ist. Es könnte sich empfehlen, diesem letzteren die vormundschaftlichen Ge= schäfte zu übertragen. Eine solche Organisatien der Einzelgerichte besteht nicht allein in Hannover, sondern auch in den Provinzen Hessen, Nassau und Schleswig⸗Holstein. In den letzteren Provinzen wurde diese Organisation, wie der Herr Vorredner bemerkt hat, durch Verordnungen unter seiner Kontrastgnatur eingeführt. In sämmt= lichen Verordnungen ist der Minister nicht beschränkt, welmehr ist ihm freie Hand gelassen, wie dies auch in Hannover der Fall ist. Es beißt in jenen Verordnungen gleichlautend Folgendes: Sind an einem Amtsgerichte mehrere Amtsrichter angestellt, so können die Geschäfte unter ihnen entweder nach Gattungen oder nach abgegrenzten Bezirken vertheilt werden. Es steht die Vertheilung der Geschäͤfte also in der Hand des Ministers oder der ihm untergebenen Organe. Eine gleiche Befugniß hat der Minister in den alten Provinzen. Ich frage, welche Gründe liegen vor, hier dem Minister biese Befugnisse streitig zu machen? Den Traditionen des Hauses entspricht es nicht, wenn ein solches Bestreben laut wird. Dasselbe ist mir aber schon einmal entgegengetreten; der damalige Antrag wurde jedoch im Hause abgelehnt. ü

Zu 5§. 11 erklärte der Ju stiz⸗Minister nach dem Herrn Dr. Beseler: ;

299 will formelle Bedenken gegen den Antrag nicht geltend machen; dieselben würden sich schon heben lassen. Ich will mich auch in der Sache selbst nicht gegen den Antrag erklären; es mag zweifelhaft sein, ob der Antrag besser anzunehmen oder abzulehnen ist. Es handelt sich um einen Punkt, welcher das Justiz⸗-Ministerium sehr lang be⸗ schäftigt hat. Die Angelegenheit ist aufs Eingehendste geprüft. Wenn ich nicht irre, waren die entsprechenden Vorschriften auch in dem ersten publizirten Entwurf enthalten, später sind sie aus diesem Entwurf entfernt, um im größeren Zusammenhange in einem besonderen Gesetz, entwurf behandelt zu werden. Dieser ist ausführlich motivirt mit Rücsicht auf die historischen Verhältnisse und die Lage der jetzigen Gesetzgebung Preußens, in dem übrigen Deutschland und in anderen Staaten. Schließlich aber haben wir die Kühnheit nicht gehabt, den

f thun. ; 3 bei der Frage wohl weniger auf den alten Unterschied zwischen germanischen und römischen Prinzipien an, als auf die sitt⸗ liche und rechtliche Anschauung des Volkes. Es scheint mir hier eine Frage vorzuliegen, zu deren Beurtheilung die Landes vertretungen anz vorzugsweise berufen sein dürften und diese der festen Meinung sind, daß wir den Schritt thun sollen, welcher in, dem Antrage enthalten ist, so glaube ich nicht, daß die Königliche Regierung erhebliche Be⸗ denken erheben würde.

Auf eine Replik des Herrn Dr. Beseler entgegnete der ust i z⸗Minister: . .

8 a inc 5 4, Ich will auf die Sache nicht weiter eingehen, muß mich jedoch erklären über das Verhältniß, in welchem ich zur Frage ftehe. Herr Geheime Rath Beseler täuscht sich, wenn er an— nimmt, daß der Herr Regierungskommissar etwas Anderes gesagt habe, als was, meine, des Ministers Meinung ist. Der Regierungskom— missar vertritt die Regierungs vorlage. Das ist seine Sache, Ich stimme für die Regierungsvorlage, demgemäß gegen den Antrag; denn ich habe auch jetzt nicht den Muth, mich zu dem Antrage zu be— kennen. Ich schene mich nicht, über die Sache mich dahin a g, Die Entwickelung des Gesetzentwurfes ergiebt, daß ich mich früher für die Idee, die Herr Beseler verfolgt, interessirt habe. Im Laufe der Zeit habe ich mich jedoch davon überzeugt, daß dieselbe eine sehr gefährliche ist. Ich scheue mich nicht, in der Gesetzsebung kühne Schritte zu thun; dieser Schritt wollte mir jedoch zu kahn erscheinen, deshalb kann ich mich noch nicht zu dem Antrage be— kennen. Dem widerspricht nicht, wenn ich gesagt habe: sollte die Landesvertretung der Ansicht beipflichten, so glaube ich nicht, zaß die Regierung Grund haben werde, derselben entgegenzutreten. Ich habe bemerklich gemacht, daß ich die Landesvertretung vorzugsweise für be⸗ rufen erachte, über derartige Fragen zu urtheilen. Vielleicht wird Herr Graf von Brühl jetzt sagen, daß ich ein sehr liberaler Mann sei. Die Verhältnisse liegen verschieden. Ich habe nie gesagt, daß die Landesvertretung nicht vorzugsweise berufen sei, de lege condenda zu urtheilen. Nur über die faktische Voraussetzung des Bedürfnisses für das neue Gesetz . ich die Gerichte des Landes als besonders berufen bezeichnen zu sollen. . ; f

. . . ich gesagt habe, wird, wie ich glaube, nicht weiter behauptet werden können, daß irgend welche Differenz zwischen dem Regierungskommissar und mir, als Justiz-Minister, obwaltet.

In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeord⸗ neten, in der Generaldiskussion über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Sinstellung der Leistungen aus Staats⸗ mitteln für die römisch katholischen Bisthümer und Geist lichen, nahm der Minister der geistlichen . Angelegen⸗ heiten Dr. Falk nach dem Abg. Reichensperger das Wort:

Der vorliegende Gesetzentwurf, meine Herren, spricht aus, daß der katholische Klerus Mittel von Seiten des Staates so lange nicht mehr erhalten soll, als bis er die Gesetze des Staates anerkeune, und ferner, daß der Staat zur Geltend, machung seiner Ansprüche ihm seinen starken Arm nicht leihe, es sei denn, daß die eben von mir angedeutete Voraussetzung seingetret sei. Der Grund des vorgeschlagenen Gesetzentwurfes liegt in dem Wider— stande, in dem Ungehorsam, den der Klerus dem Staate, seinen Ge⸗ setzen gegenüber leistet. Der Hr. Abg. Reichensperger hat uns freilich in diesem Augenblick ausgeführt, daß ein solcher Ungehorsam gar nicht vorliege, daß vielmehr Bischöfe und Klerus ganz und gar nach den Gesetzen des Staates handelten, indem er uns einen Paragraphen des Landrechts, wie er selbst heute anerkannt hat, des wiederholten, vor. trug, indem er ferner ausführte, nach einem anderen Paragraphen, es könne Jeder nach seiner Religion thun, wie er wolle, nämlich nach demjenigen, was ihm Religion dünke oder scheine, und dem gegen⸗ über findet der Herr Abgeordnete in dem Landrecht die Vorschrift,

jede Kirchengesellschaft ist verpflichtet, ihren Mitgliedern Gehor⸗ fam gegen die Gesetze einzuflößen«; dem gegenüber findet der Herr Abgeordnete die Bestimmung „alle Oberen der Geistlichkeit sind dem Staate zu vorzüglicher Treue und Gehorsam verpflichtet‘; und dann steht im Artikel 12 der Verfassungsurkunde, daß die Religionsfreiheit den bürgerlichen und staatshürgerlichen Pflichten und ich meine doch, dazu gehört auch die Pflicht, die Gesetze zu befolgen , Abbruch thun darf. Dem gegenüber liegen nun Gesetze vor desselben Gesetzgebers, und das ist doch der Staat, der bestimmte Anforderungen stellt an die Bischöfe und an die Geistlichkeit. Und doch kommt der Herr Abgeordnete zu jener Schlußfolgerung! Ja, meine Herren, wenn ich wollte diese logischen Sprünge, machen 3 so fürchte ich, meine Logik braͤche dabei den Hals. Meine Herren! Das ist der Eindruck, den ich in dieser Beziehung von den Ausführungen des Hrn. Abg. Reichengperger habe. Es ist wirklich doch ein seltsames Ünterfangen, mit derartigen interessanten Wendungen, will ich es mal nennen gewissermaßen aus der Welt hinaus zu deduziren, wa alle Tage draußen geschieht und wovon alle Tage, wenigstens in

zeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1875.

Neigung, fortwährend mit ihrer Person hinauszutreten in einer Weise,

die keinen Zaeifel läßt an direkter Verletzung des Gesetzes, auch an einem aktiven Widerstand etwas nachgelassen haben; es ist ja eine Wahrnehmung, daß lange nicht mehr so viel widergesetz liche Anstel⸗ lungen eintreten, als früher; aber, meine Herren, glauben Sie doch ja nicht, daß daraus für Jemand auf meinem Standpunkt sich auch nur mit der leisesten Annäherung, der Schluß ergeben könnte, daß ein Nachlassen des Widerstandes vorhanden ist. ; Meine Herren! Es handelt sich nur um eine andere Taktik. Ehe jene Gesetze vom Mai v. J. erlassen wurden, namentlich jenes Gesetz wegen Deklarirung gewisser Bestimmungen früherer Gesetze, da traten angeblich aus eigenem Antriebe die niederen Geist⸗ lichen in den Vordergrund und nahmen ihren Herren Oberen die Un⸗ bequemlichkeit der Verantwortung ab. Diese Art der Taktik ist auch sonst zum Vorschein gekommen. In Wahrheit hat sich an dem Zu- stand nichts geändert. Ich mag eher sagen, daß eine größere Zahl von einzelnen Geistlichen die Leiden des Strafgesetzes und anderer Gesetze auf sich genommen haben, alg es früher geschah, als die Bischöfe selbst überall eintraten. Dieses Moment aber ist ein solhez, welches ausdrückt, daß der zu bekämpfende Widerstand in Rich⸗ tungen, die auch Kses Gesetz im Auge hat, vielleicht stärker geworden ist als früher. Es ist auch die Agitation in die Masse hinein keines⸗ wegs überall eine schwächere geworden, wenn ste auch vielleicht nicht überall mit großem Erfolg gekrönt war, wenigstens nicht mit dem Erfolg, den man wollte. Aber, meine Herren, Vorgänge, wie wir sie in Trier gesehen haben, Vorgänge, wie sie sich knüpfen an die Art der Thätig⸗ keit der zurückkehrenden ausgewiesenen Geistlichen und dergleichen zeigten doch, daß man in der That sich mit Argumentationen, wie sie ö. mir vorhin zurückgewiesen wurden, wirklich nicht abgehen darf. Es ist auch ein weiteres Moment vorhanden ung freilich bin ich hier wieder im schneidendsten Widerspruch mit dem Herrn Reichensperger, der uns doch auch wieder in recht seltsamer Uebertreibung eben erzählt hat, die Katholiken in Pier n besäßen nur noch die Freiheit, zu denken, zu glauben, und die Freiheit, jede Unbill zu tragen. öit! hört! im Centrum. . . 6 Herren! Ich Hleibe bei der wiederholt ausgesprochenen Behauptung: es ist cine Unwahrheit, und wie ich früher schon einmal jagte, von manchen Stellen her geradehin eine Lüge, daß die geen. ßischen Gesetze .. (Große Unruhe im Centrum, Rufe: Zur Ord⸗ nung) (ich habe ja gesagt, von manchen Stellen“, nicht von Ihnen gesprochen; vor Jahr und Tag habe ich dieselben Worte gebraucht, die ich in diesem Augenblicke aussprach, und der Herr Präsident hatte, soviel ich mich erinnere, dieselbe Auffaffung, wie er sie heute hat,) diese Wiederholung des Wertes: es handelt sich bei den preußischen Gesetzen um die Verfolgung der Kirche, um die Vernichtung des Glaubens, denn, meine Herren, es läßt sich nicht oft genug wieder⸗ sagen: wir haben in unserm Nachbarstaat Oesterreich dieselben Gesetze und zum Theil viel ernstere, (Nein! im Centrum.) und zwar auch als Staatsgesetze, einseitig beschlossen, nicht in Ver⸗ einbarung mit der römischen Kurie, und doch kann diesen Gesetzen jenseits der schlesischen Grenze ein preußischer Bischof gehorsamen. Und doch erlaubte der Papst vor nicht all zu langer Zeit einem der auflehnendsten Bischöfe, dem Bischof Rüdiger von Linz, dem Gesetz Gehorsam zu leisten. Nun, meine Herren, es mag ja mit jener, ich wiederhole es, wunderbaren Logik vorüber sein, die Behauptung aus⸗ zusprechen, in Preußen ist es Verfolgung der Kirche, in Desterreich ist dasselbe aber keine Verfolgung der Kirche; aber für eine so ge⸗ wöhnliche Logik wie die meine, bleibt es eben unbegreiflich. n Meine Herren! Die Motive nehmen Bezug auf die Enzyklika, die mit den Worten „quod nunquamè anfängt. Es ist in öffent⸗ lichen Blättern mit vollem Recht hervorgehoben worden, daß das Er⸗ gehen dieser Enzyklika einen entscheidenden Einfluß auf die gegen wärtige Vorlage nicht gehabt habe, daß die Staatsregierung viel⸗ mehr durch den sonstigen Zustand im Lande, wie ich ihn angedeutet habe, sich vollkommen berechtigt geglaubt haben würde, Ihnen diese Vorlage zu machen, auch wenn die Enzyklika nicht erlassen wäre. Aber, 3 gezeitigt hat die Encyklika diese Vorlage, ich glaube, meine Herren, ste mußte diese Vorlage zeitigen. Die Staatsregierung hat nicht, wie neulich der Hr. Abg. v. Schorlemer-Alst sagte, große Furcht vor der Encyklika bekommen J . ,,. 2 sie hat ste sehr uinst genommen und wird sie des Weiteren so nehmen. . . ten n, Herren! vergegenwärtigen Sie sich doch einmal das eigen thümliche procedere, welches mit Mittheilung dieser Encyklika vor⸗ genommen ist. Der Hr. Schorlemer⸗-Alst wahrte sich neulich dagegen, daß alle möglichen Preßäußerungen seiner Fraktion zur Last gelegt würden, indem er ja wohl ausdrückte, daß auf solche Stimmen nicht immer zu viel gegeben werden dürfe. In diesem Falle, befindet sich die Staatsregierung aber einer Erfahrung gegenüber, die sie nöthigt, diese Preßstimmen ganz genau ins Auge zu fassen; denn, meine Herren, es ist allein die Presse gewesen, welche diese Encyklika publi⸗ zirt hat, und bei einer Unlersuchung, die über die Art. wie das erste Blatt, das die Encyklika veröffentlichte, in deren Besitz ge⸗ langt sei, gepflogen wurde, ist feftgestellt: daß die Redaltion des Westfälischen Merkur‘ unter dem Poststempel „Rom den lateinischen Abdruck dieser Encyklika, versehen mit dem päpstlichen Siegel, erhalten hat. Demnächst ist dann der deutsche Abdruck in dem „Merkur“ und, so viel ich weiß, in überein stimmender Weise in dem Hauptorgan der vor mir sitzenden Herren, der hiesigen Germania“, ebenfalls verkündet worden. Nun, meine Herren, nehmen Sie dazu die scharfe Weise, in welcher der deutsche Text überall lautet, wo nicht von einem in soweit«‘, sondern von einem da“ die Rede ist, wo von „ungültigen Ge etzen ; die Rede ist, wo von dem verletzenden, hetzenden Worte Sklave“ in der deutschen Uebersetzung die Rede ist. Dieselbe Presse, die allein berufen wird, dieses Skriptum aus Rom zu veröffentlichen, versieht es in derartiger Weise mit Uebersetzung und versieht es mit jenem neulich hier schon zum Theil angedeuteten Kommentar. Nun, meine Herren, da liegt die Sache in der That so, daß die Staatsregierung die gewollte Publikation in der Form finden muß, welche gewendet worden ist, nämlich in der Presse und allein in der Presse; *. ist eben eine moderne Weise, wie man derartige Skripturen aus Rom gegenwärtig der katholischen Christenheit zur Kenntniß bringt. * egenüber soll nun die Staatsregierung nicht ernstes Gewicht auf die orte legen, mittelst deren, und unter deren Begleitung derartige Schriftstuͤcke verkündet werden? Meine Herren, der Erfolg, den die Encyklika etwa haben konnte auf die Gemüther im Lande, der ist vollständig damit erzeugt worden, und erzielt, wie es nur geschehen konnte, den kann die Staatsregierung nicht ändern; aber hinterher soll sie sich beruhigen und meinen, es habe nichts zu bedeuten mit diesem Erfolg? ste soll sich beruhigen mit Jaterpreta⸗ tionen über nt pote quae und über leges irritas? Ja, meine Herren, können Ei wirklich der Staatsregierung so etwas zutrauen? Wag wäre das wohl für eine Staatsregierung, die erst den Schaden im Lande entstehen ließe und sich hinterher mit diaglektischer oder philologischer Auseinandersetzung ihr Gewissen beruhigen wollte? Wer wird denn draußen diese philologischen Auseinandersetzungen und ähnliche Dinge verstehen? Die deutschen Worte, die in der Ueber⸗ etzung stehen, und den Kommentar der Presse hat jeglicher enn verstanden, der ist hingusgetragen in jedes Haus im Lande; aber hier diese akademischen Erörterungen, ich denke, meine Herren, die sind wahrhaftig ohne allen und jeden Eindruck geblieben. Aber die Staatsreglerung, der in vollem Ernft zugemuthet werden könnte, sich damit zu beruhigen, die müßte wirklich nahe sein an der Gren der Abdankung. Meine Herren, die Staatsregierung hat die Encvklika

i betreffenden Gerichtseingesessenen bekannt wird und diese elner gen ,. Grundsatz *. doch seine Ausnahmen, welche

dieser Saal hier wiederhallte. Es mag ja bei . . ö des in Rede stehenden Klerus die

ernst genommen, und sie mußte sie ernst nehmen, denn in jenen deut