hier eingetroffenen Großherzog von Sachsen. — Heute Abend findet eine musikalische Soirée im Königlichen Palais statt. Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin besuchte das Augusta⸗ =. und das hiesige Ursuliner Erziehungsstift. — Ihre önigliche Hoheit die Großherzogin von Baden begleitete heute Ihre Majestät die Kaiserin⸗Käönigin zur Kaiserin von Rußland.
— Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin begaben Sich gestern Vormittag um 116 Uhr in das Königliche Schloß und machten daselbst den hier angekommenen fremden Fürstlichen Herrschaften einen Besuch. Um 3 Uhr besuchte Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden die Kunstausstellung von Sachse.
Im Laufe des Abends begah Sich Höchftderselbe in die Vor stellung des Schauspielhauses und demnächst zum Empfang Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen nach dem Anhalter Bahnhof.
Die hier eingetroffenen Fürstlichen Herrschaften machten Gegenbesuche im Kronprinzlichen Palais.
— Se. Majestät der Kaiser und König haben von dem Professor an der Universität Leipzig, Königlich sächsischen Geheimen Rath Dr. Roscher, ein Exemplar von dessen neuestem Werke: „Geschichte der National⸗Oekonomik in Deutschland“ an⸗ zunehmen und dem Verfasser aus diesem Anlaß mittelst eines anerkennungsvollen Allerhöchsten Schreibens die Inftignien des Rothen Adler⸗Ordens zweiter Klasse zu übersenden geruht.
Der in der gestrigen Sitzung des Herrenhauses zu 39 (jetzt 38) gestellte Antrag des Herrn Becker (Halber⸗ adt) lautet:
a. im Absatz 1 die Worte „oder in öffentlichen, obrigkeitlich be⸗ stätigten Sparkassen, oder bei der Dentschen Reichsbank“ zu streichen, dagegen aber
b. zwischen Absatz J und 2 folgenden Absatz einzuschieben: „Gel⸗ der, welche in dieser Weise nach den obwaltenden Umständen nicht angelegt werden können, sind bei der Reichsbank oder bei öffentlichen, obrigkeitlich bestätigten Sparkassen zinsbar zu belegen.“
An der sehr lebhaften Diskussion betheiligten sich die Herren Graf Zieten⸗Schwerin, Becker (Halberstadt), v. Dechend, Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode, Graf zur Lippe, Wilckens, Wever, Henrici, v. Witzleben, wie auch der Justiz-Minister Dr. Leonhardt und der Geheime Justiz⸗Rath Kurlbaum II. Dann wurde der Antrag Becker angenommen, das Al. 4 des Kommissionsantrages ge⸗ strichen und mit diesen Aenderungen der Kommissionsantrag an⸗ genommen.
Den 5. 39 beantragte die Kommission folgendermaßen zu fassen: ja „Der Vormund darf Vermögensgegenstände des Mündels nicht in seinem Nutzen verwenden und nicht ohne Genehmigung des Gegen⸗ vormundes oder des Vormundschaftsgerichts in Gebrauch nehmen. Er hat das trotzdem in seinem Nutzen verwendete Geld von der Ver— wendung an zu verzinsen Den Zinsfuß bestimmt das Vormund⸗ schaftsgericht nach seinem Ermessen auf acht bis zwanzig vom Hundert.
Eine Hypothek oder Grundschuld, welche auf einem Grundstücke des Vormundes haftet, darf derselbe für den Mündel nicht erwerben.“
Hierzu beantragte Herr Wilckens bie Worte:
und nicht ohne Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts in Gebrauch nehmen“
zu streichen. Nach einer kurzen Debatte, an der sich die Herren Wilckens, Wever und Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt be⸗ theiligten, wurde der Antrag Wilckens und demnächst der An⸗ trag der Kommission angenommen.
Den 5§. 40 empfahl die Kommission in folgender Zassung zur Annahme:
„Der Vormund darf: 1) die Veräußerung von Werthpapieren, 2) die Einziehung, Abtretung oder Verpfändung von Kapitalien, so⸗ fern dieselben nicht bei Sparkassen angelegt sind, 3) die Aufgabe oder Minderung der für eine Forderung bestellten Sicherheit nur mit Ge⸗ nehmigung des Gegenvormundes vornehmen. ᷣ
Die Genehmigung des Gegenvormundes kann durch die Ge⸗ nehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt werden.“
Hierzu beantragte Herr Wilckens folgende Fassung:
„Der Genehmigung des Gegenvormundes bedarf es 1) zur Ver- äußerung 2., 2) zur Einziehung ꝛc., 3) zur Aufgabe ꝛc.“
Dieser Antrag wurde ohne Diskussion angenommen.
Ohne Diskussion wurden ferner die 5§. 1 bis 49 nach der
von der Kommission empfohlenen Fassung angenommen. Für den 8 50 empfiehlt die Kommission folgende Fassung:
Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen.
Das Vormundschaftsgericht ist befugt, gegen den Vormund und den Gegenvormund Ordnungsstrafen zu verhängen. Eine Ordnungs⸗ strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.
Hierzu hatte Herr Becker (Halberstadt) einen Antrag ge⸗ stellt, den die Herren Graf Brühl, Graf Udo zu Stolberg⸗ Wernigerode und der Antragsteller vertheidigten, während die Herren Gobbin, Dr. v. Goßler, der Referent und der Regie⸗ rungskommissar, Geheimer Justiz⸗Rath Kurlbaum II. ihn be⸗ kämpften. Bei der Abstimmung wurde der Antrag verworfen und die Fassung der Kommission angenommen.
Ein Antrag auf Vertagung wurde um 33 Uhr angenom⸗ men und beraumte der Präsident, indem er dem Hause in Aus⸗ sicht stellte, wenn die Vorlagen, die dringend erledigt werden müssen, noch in dieser Woche durchberathen werden sollen, daß dann Abendsitzungen zur Hülfe genommen werden müßten, die nächste Sitzung auf heute Vormittag 11 Uhr an.
— In der heutigen (12.) Sitzung des Herrenhauses, welche der Erste Vize⸗Präsident, Herr v. Bernuth, um 11 Uhr 20 Minuten eröffnete, und welcher der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt und die Regierungs⸗Kommissarien, Geh. Justiz⸗Räthe Furlbaum II. und Dr. Stölzel, beiwohnten, trat das Haus so⸗ fort in die Fortsetzung der gestern vertagten Spezialdiskussion über den Gesetzentwurf, betreffend das Vormundschaftswesen, ein. Die Debatte begann bei §. 51 und wurde wegen der hierzu vorliegenden Amendements die Diskussion über die §§. 51, 52 und 53 gleichzeitig eröffnet. Dieselben lauten:
§ 51. Dem Vormnadschaftsgericht fteht für jede Gemeinde oder für einen örtlich abzugrenzenden Gemeindetheil ein Gemeinde⸗ mitglied, und für jeden Gutsbezirk ein Angehöriger desselben, als Waisenrath zur Seite. Für benachbarte Gemeinde- oder Gutsbezirke kann dieselbe Person zum Weisenrath bestellt werden.
Der Waisenrath bat die Aufsicht über das persönliche Wohl des Mündels und über dessen Erziehung zu führen, insbesondere Mängel oder Pflichtwidrigkeiten, welche er bei der körperlichen oder sittlichen Erziehung des Mündels wahrnimmt, anzuzeigen, auch auf Erfordern über die Person des Mündels Auskunft zu ertheilen.
Er hat diejenigen Personen vorzuschlagen, welche im einzelnen ie zur Berufung als Vormund oder Gegenvormund geeignet erscheinen
§5. 52. Das Vormundschaftsgericht hat den Waisenrath des Bezirks, in welchem der Mündel wohnt, von der einzuleitenden Vor⸗ mundschaft in Kenntniß zu setzen und ihm den bestellten Vormund namhaft zu machen.
Von einer Verlegung der Wohnung des Mündels in eine andere Gemeinde oder einen anderen Bezirk hat der Vormund den Waijen⸗ rath zu benachrichtigen. Dieser hat den Waisenrath des neuen Auf⸗ enthaltsortes in Kenntniß zu setzen.
553. Das Amt des Waisenraths ist ein unentgeltliches Gemeindeamt.
An Orten, in welchen für einzelne Zweige der Gemeindeverwal tung besondere Organe bestehen, kann durch Beschluß der Gemeinde⸗ behörde das Amt des Waisenrathes mit einem jener Organe ver⸗ bunden werden. Dem Vormundschaftsgericht ist von dem Beschlusse Mittheilung zu machen.
Hierzu beantragten die Herren v. Voß und Genossen:
1 dem 5 51 folgende Fassung zu geben:
Dem Vormundschaftsgericht sind für jede Gemeinde oder für örtlich abzugrenzende Gemeindetheile ein oder mehrere Gemeinde⸗ glieder und sind jedem Gutsbezirk ein oder mehrere Angehörige des⸗ selben als Waisenräthe zur Seite zu setzen. s
Für benachbarte Gemeinde oder Gutsbezirke können dieselben Personen zu Waisenräthen bestellt werden.
Das Amt eines Waisenraths ist ein unentgeltliches Gemeindeamt. . nähere Einrichtung ist, soweit nöthig, durch Ortsstatut zu regeln. g
Durch Gemeindebeschluß kann das Amt des Waisenraths auch an kirchliche Gemeinde⸗Organe mit deren Einwilligung übertragen und, wenn für einzelne Zweige der Gemeinde⸗Verwaltung be⸗ e . dazu geeignete Organe bestehen, mit den letztern verbunden werden.
Dem Vormundschaftsgericht ist von dem Statut, beziehungswelse Gemeindebeschluß, Mittheilung zu machen.
2) aus den Absätzen 2 und 3 des 5§. 51 einen neuen §. 52 bilden.
37 den 5§. 52 der Kommisstons⸗Vorlage als 5§. 53 bezeichnen.
An der Diskussion betheiligten sich die Herren Graf Brühl, v. Voß, Beyer, der Referent und der Regierungs⸗Kommissar Geheimer Justiz⸗Rath Dr. Stölzel, dann wurden vom Hause die ersten drei Alinea des Antrags v. Voß Nr. 1 angenommen, die letzten drei dagegen geschlossen, aus den beiden letzten Alineag des Kommissionsantrages ein neuer §. 52 gebildet, der 5§. 52 des Kommisstonsantrages als §. 53 und der §. 53 nach Strei⸗ chung des ersten Alinea als §. 54 angenommen.
Die folgenden beiden Paragraphen wurden ohne Diskussion nach der Fassung der Kommission angenommen. Den 5. 57 schlug die Kommission vor, in folgender Fassung anzunehmen:
Der Vater, die Mutter, der Ehemann und die Großeltern des Mündels sind von der Rechnungslegung während der Verwaltung frei. Der Vater und die Mutter sind berechtigt, in der 8. 16 Nr. 2 be⸗ stimmten Form den von ihnen benannten Vormund von der Rech- nungslegung während der Verwaltung zu befreien.
In Fallen, in denen keine Rechnungslegung stattfindet, hat der Vormund auf Erfordern des Vormundschaftsgerichts alle zwei Jahre oder in längeren Zwischenräumen eine Ucbersicht des Vermögens⸗ bestandes einzureichen, welche vorher dem Gegenvormund vorzulegen und von diesem mit seinen Bemerkungen zu versehen ist. Der Vater des Mündels ist von dieser Verpflichtung frei.
Absatz z unverändert in der Fassung der Regierungsvorlage.)
Hierzu beantragten: Herr Gobbin: In Alinea 2 hinter „Gegenvormund“ hinzuzufügen: „unter Nachweisung des Be⸗ standes' und Herr Becker (Halberstadt) statt der Worte: „Nach⸗ weisung des Vermögensbestandes“ zuzusetzen: Einreichung der Vermögensübersicht. Nach kurzer Diskussion, an der sich die Herrn Gobbin, Wever, Dr. v. Goßler und der Justiz⸗Minister be⸗ theiligten, wurden diese beiden Anträge angenommen.
Den 5. 58 empfahl die Kommission in folgender Fassung anzunehmen: e
„Vormünder, welche für den Mündel ein erhebliches Vermögen zu verwalten haben, können von dem Vormundschaftsgerichte zur Stellung einer Sicherheit angehalten werden. Die Art und der Um⸗ fang der Sicherheit wird nach richterlichem Ermessen bestimmt; sie kann jederzeit erhöhet, gemindert oder erlassen werden.
Kosten, welche aus der Stellung der Sicherheit erwachsen, sind aus dem Vermögen des Mündels zu entrichten.
Der Vormund kann seine Entlassung verlangen, wenn er zur Stellung einer Sicherheit angehalten wird.“
Hierzu beantragte Herr Beseler: das letzte Alinea zu streichen, und das Haus trat diesem Antrage ohne Diskussion bei. (Schluß des Blatts.)
— Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde hinsichtlich der Beschwerde des Abg. Wolff uber die in seiner Wohnung in Cöln vorge⸗ nommene Haussuchung der Antrag der Justizkommission mit einem Zusatz angenommen:
„Das Haus wolle beschließen:
I) die am 12. März 1875 bei dem Abg. Th. Wolff in dessen Wohnung zu Cöln von der Königlichen Polizeibehörde daselbst vor— genommene Haussuchung widerspricht zwar nach Lage der Sache dem Art. 84 der Verfassungsurkunde; die Beschwerde des Abg. Wolff wird jedoch durch die von der Königlichen Staatsregierung auf Grund der eingeforderten amtlichen Berichte gemachten thatsächlichen Mittheilungen für erledigt erachtet.“
27) Die Staatsregierung aufzufordern, zur Ver⸗ hütung ähnlicher Fehlgriffe der Behörden, die Person des Abgeordneten den Gerichten und Polizeibehörden des Wohnorts desselben mitzutheilen.“
Dann erledigte das Haus eine Reihe von Petitionsberichten. — Die Petitionen mehrerer jüdischer Gemeinden, den Juden den Austritt aus einer Synagogengemeinde ohne gleichzeitigen Aus⸗ tritt aus dem Judenthum zu ermöglichen, wurden durch folgenden Beschluß erledigt:
„Die Petitionen der Staatsregierung mit der Aufforderung zu über⸗ reichen, dem Landtage noch im Laufe der gegenwärtigen Session eine Vorlage zu machen, durch welche den Inden in allen Theilen der Monarchie der Austritt aus einer Religionsgemeinde aus konfessionellen Bedenken und ohne gleichzeitigen Austritt aus dem Judenthum er⸗ möglicht wird, und die in einzelnen Landestheilen etwa entgegen⸗ stehenden gesetzlichen Bestimmungen aufgehoben werden.“
Eine Petition der Amtsvorsteher des Kreises Wanzleben führt Beschwerde über die ihnen entzogene Berechtigung zur Er⸗ theilung der Bauerlaubniß bei Neubauten u. s. w. Die Kom⸗ mission für das Gemeindewesen beantragte, die Petition der Re⸗ gierung zur Berücksichtigung zu überweisen; das Haus tritt diesem Antrage bei.
Dann erledigte das Haus noch einige Petitionen durch Uebergang zur Tagesordnung und verwies den Antrag des Abg. Reichensperger, betreffend die Strafandrohung Seitens der Bezirksregierungen, ohne weitere Debatte an die ad hoc um 7 Mitglieder zu verstärkende Justizkommission. — Schluß 41M Uhr.
— In der heutigen (33.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, der am Ministertische der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. Falk, mit dem Regieruugs⸗RKommissaren Ministerial⸗Direktor Dr. Förster und Geh. Regierungs⸗Rath Lucanus beiwohnten, begann die zweite Berathung des Gesetz⸗ Entwurfs, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch⸗katholischen Bis⸗ thümer und Geistlichen. 5. L lautet:
In den Erzdiözesen Cöln, Gnesen und Posen, den Diözesen Culm, Ermland, Breslau, Hildesheim, Osnabrück, Paderborn, Münfter, Trier, Fulda, Limburg, den Delegaturbezirken dieser Diözesen,
sowie in den preußischen Antheilen der Erzdiözesen Prag, Olmütz, Freiburg und der Diözse Mainz werden vom Tage der Verkündung dieses Gesetzes ab sämmtliche, für die Bisthümer, die zu denselben gehörigen Institute und die Geistlichen bestimmte Leistungen aus Staatsmitteln eingestellt. — Ausgenommen von dieser Maßregel bleiben die Leistungen, welche für Anstaltsgeistliche bestimmt sind. — Zu den Staatsmitteln gehören auch die unter dauernder Verwaltung des Staats stehenden besonderen Fonds.“
Der Abg. Dr. Petri beantragte statt „An stalts geistliche“ zu setzen Militärgeistliche“.
Zum Worte meldeten sich 13 Redner und zwar 3 gegen den 5. 1: Freiherr v. Wendt, Windthorst (Meppen), Thissen; 10 Redner für den 5. 1: Werner, Dr. Gneist, Jung, Dr. Loewe, Windthorst (Bielefeld), Dr. Petri, Dr. Roepell, Richter (Sanger⸗ hausen), v. Bismarck (Flatow), v. Kardorff.
Der Abg. Frhr. v. Wendt erklärte sich gegen 5§. 1, indem er zur Begründung seines Widerspruches die ganze päpstliche Encyklika unter dem heftigsten Widerspcuch des Hauses verlas; von der Verlesung war wegen des Geräuschs und der Unruhe im Hause nichts zu verstehen, ein großer Theil der liberalen und konservativen Mitglieder verließen den Saal. Der Präsident von Bennigsen mußte dem Redner allerdings das Recht zu⸗ gestehen, dies Aktenstück, dessen Verlesung er für noth⸗ wendig hielt, verlesen zu dürfen, obwohl es vielleicht bei dem deutlich ausgesprochenen Wunsche des Hauses besser gewesen wäre, dieselbe zu unterlassen; außerdem sprach der Präsident die Ansicht aus, daß die Verkündigung von der Rednertribüne nicht etwa an die Stelle der Ver⸗ kündigung durch die Bischöfe treten solle. (Lebhafter Beifall.) Der Redner setzte dann seine Rede gegen 5. 1 fort, blieb aber bei der fortdauernden Unruhe im Hause unverständlich. Der Ministerial⸗Direktor Dr. Foerster wies dann die einzelnen Vor⸗ würfe des Vorredners zurück. Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Werner für 5. 1.
— Nach einem Reskript des Ministers des Innern steht den Kreisdeputirten zwar weder nach der früheren Gesetz⸗ gebung, noch nach der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 ein Anspruch auf Gewährung von Diäten für die Vertretung des Landraths in Behinderungsfällen oder während der Vakanz der Stelle zu, da sie diese Funktion als ein Ehrenamt in ihrer Eigenschaft als Kreisdepunirte wahrzunehmen haben. Indeß ist den Kreisdeputirten, in Rücksicht auf die Aufwendun⸗ gen, zu denen sie die Wahrnehmung der Geschäfte des Land⸗ rathsamtes als eines Staatsamtes nöthigt, als Entschädigung eine Remuneration in Form von Diäten zu 2 Thlr. täglich aus der Staatskasse bisher gewährt worden, und es ist nicht die Absicht, hinsichtlich daser Einrichtung in Zukunft eine Aenderung eintreten zu lassen.
— Die Unterlassung der Kautionsbestellung für eine bis zum 1. Juli 1874 neu begründete Zeitung fällt, nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 24. Februar er. auch nach Emanation des Reichs⸗Preßgesetzes unter die Straf⸗ bestimmung des preußischen Preßgesetzes.
— Se. Durchlaucht der Fürst Heinrich XIV. Reuß j. L. traf gestern Abend in Begleitung des Flügel⸗Adjutanten Haupt⸗ mann v. Kracht aus Gera hier ein und stieg im Hotel Royal ab.
— Der General⸗Major von Wulffen, bisher Comman⸗ deur der 10. Infanterie⸗Brigade, ist zum Kommandanten von Breslau ernannt worden und aus Anlaß dieser Ernennung zur Abstattung persönlicher Meldungen von Frankfurt a. d. O. hier eingetroffen.
— Der General⸗Major von Bo nin, Commandeur der 55. Infanterie⸗Brigade, hat sich nach beendigtem Urlaub nach Karlsruhe zurückbegeben.
— Der Seconde⸗Lieutenant à la suite der Armee Herr⸗ mann Fürst von Hatzfeldt ist hier angekommen.
— Der Kaiserlich russische Ceremonienmeister v. Rjewsky, welcher gestern früh hier eintraf, hat Abends seine Reise nach St. Petersburg fortgesetzt.
Stettin, 13. März. In der heutigen Sitzung des Kom⸗ munallandtages kamen u. A. folgende Vorlagen zur Be⸗ rathung: ö
Schreiben des Ober⸗Präsidenten vom 11. Januar 1875 (Nr. 140) nebst Bericht des Provinzial⸗Schulkollegiums von Pommern in Stettin, vom 29. Dezember 1874, betreffend das Provin zial-Taubstummeninstitut in Stettin und 1) die fernere Gewährung des dem Institut bis inkl. 1875 be⸗ willigten jährlichen Zuschusses von 1200 Thlr.. 2) die Bewilli⸗ gung eines einmaligen außerordentlichen Zuschusses von 400 Thlr. zur Beschaffung der zur Einführung des Unterrichts im Zeichnen und Modelliren und einiger andern dringend nothwendigen Schulausrüstungsgegenstände, und 3) einen event. in Aussicht zu stellenden Beitrag zu einem Ruhegehalte für den Vorsteher Böttcher. — Der Landtag bewilligt dem Provinzial⸗Taub⸗ stummeninstitut zu Stettin die fernere Gewährung des bis inkl. 1875 bewilligten jährlichen Zuschusses von 1200 Thlr. — 3600 auch für das Jahr 1876, lehnt dagegen den weiter beantragten außerordentlichen Zuschuß von 400 Thlr. — 1200 M, so wie einen eventuellen Beitrag zum Ruhegehalt für den Vorsteher Böttcher ab. Der Beschluß ist vollzogen.
Bericht des Direktors für das Landarmenwesen in Alt⸗ pommern vom 4. Juni 1874 (Nr. 356 3), mit welchem der⸗ selbe den von dem Direktor Lenz unterm 10. März 1874 er⸗ statteten Jahresbericht über die Verwaltung der Landarmen⸗ Anstalt zu Neustettin pro 1873 nebst der dazu gehörigen General⸗Uebersicht in Abschrift überreicht. — Der Landtag hat von dem vorgelegten Verwaltungsbericht der Landarmen⸗AUnstalt Neustettin pro 1873 Kenntniß genommen.
Schreiben des Kuratoriums der Pommerschen Pro⸗ vinziat⸗Blindenanstalten vom 26. Mai 1874 (Nr. 171), mit welchem dasselbe Abschrift 1) des Kassen⸗ Auszuges aus der Jahresrechnung der Pommerschen Provinzial⸗ Blindenanstalt für Knaben pro 1873, 2) des Kassen⸗Abschlusses der Victoria⸗Stiftung für blinde Mädchen pro 1873, und 3) der dazu gezogenen Kalkulatur⸗Monita nebt der Beant⸗ wortung derselben zur Kenntnißnahme überreicht. — Die Rech⸗ nungen über die Provinzial⸗Blindenanstalt für Knaben, und über die Victoria⸗Stiftung für blinde Mädchen pro 1873 gehen nach genommener Kenntniß zu den Akten. Der Beschluß ist vom Vorsitzenden und Referenten vollzogen.
Beschlüsse der Altpommerschen Landstube vom 17. und 19. No⸗ vember und 15. Dezbr. 1874, betr. die Einigung der Kommunal⸗ stände Altpommerns mit den Kreisen Dram burg und
Schivel bein wegen gemeinschaftlicher Tragung der durch
die Irrenpfle ge entstehenden Armenpflegekosten. — Der Land⸗ tag genehmigt das von der Landstuge mit den Freisen Dram⸗ burg und Schivelbein wegen gemeinschaftlicher Tragung der
durch die Irrenpflege in den Anstalten zu Rügenwalde und Ueckermünde entstehenden Kosten und Uebernahme dieser Kosten vom 1. Januar er. ab auf den Landarmenfonds getroffene Ab⸗ kommen. Der Landtag beschließt demgemäß, unter Modifikation des Nr. 2 des Konklust des 45. Kommunal⸗Landtages ad Prop. C. 25 gefaßten Beschlusses vom 11. März 1874, vom 1. Ja⸗ nuar er. ab die Kosten der öffentlichen Fuͤrsorge für die heil⸗ baren und für die gemeingefährlichen ortsarmen, so wie die landarmen Geisteskranken, welche durch deren Aufnahme und Pflege in den Irrenanstalten zu Rügenwalde und Ueckermünde entstehen, auf den Landarmenfonds zu übernehmen. Der Be⸗ schluß ist vollzogen.
Schreiben des Justiz⸗Raths Calow zu Stettin vom 4. März 1875, nach welchem derselbe unter Ueberreichung eines Attestes des Dr. Steffen vom 3. ejusd. um Enthebung von dem Amte als Land⸗Syndikus und seine Pensionirung bittet. — Der Landtag genehmigt die Pensionirung des Land⸗Syndikus Justiz⸗Rath Calow, vom 1. Juli er. ab mit der Hälfte des Ge⸗ halts als Pension, und beauftragt, die Landstube, unter Vorbe⸗ halt der Bestätigung des nächsten Landtages, einen neuen Syn⸗ . zu wählen und die Modalitäten seiner Anstellung festzu⸗ stellen
Bericht des Direktors für das Landarmenwesen in Alt⸗ pommern vom 7. September 1874 (Nr. 545 8), betreffend die Festsetzung der Kosten, welche für Häuslinge der Landarmen⸗ An stalten zu Ueckermünde und Neustettin und für Insassen der Knaben⸗Detentions⸗Anstalt zu Zarower Mühle vom 1. Januar 1875 ab zu liquidiren sind. — Der Landtag geneh⸗ migt die von der Landstube vorgeschlagenen Verpflegungskosten⸗ sätze für die Häuslinge in den Landarmen⸗Anstalten zu Neu⸗ stettin und Ueckermünde, und für die Insassen der Knaben⸗De⸗ tentions⸗Anstalt zu Zarower Mühle.
Schreiben des Ober⸗Präsidenten vom 23. Dezember 1874 (Nr. 6135), nach welchem derselbe unter Uebersendung der Ab⸗ schriften zweier Berichte der Königlichen Regierung zu Cöslin vom 20. November und 15. Dezember 1874 und der dazu ge⸗ hörigen Anlagen, betreffend die Taubstummen⸗Anstalt zu Cöslin die thunlichste Berücksichtigung des von der Königlichen Regierung gestellten Antrages auf Erhöhung der Beihülfe für die Anstalt von jährlich 600 Thlr. auf 2000 Thlr. auf das Wärmste befürwortet. Der Landtag bewilligt für die Taub⸗ stummen⸗Anstalt zu Cöslin die Erhöhung der bisherigen jähr⸗ lichen Beihülfe von 600 Thlr. — 1800 66 für die beiden Jahre 1875 und 1876 auf 1500 Thlr. — 4500 ½ durch Abstimmung mit 20 gegen 16 Stimmen, nachdem vorher der Antrag auf Bewilligung von jährlich 2000 Thlr. — 6000 M½ mit 7 gegen 19 Stimmen abgelehnt worden war.
Damit ist die heutige Sitzung geschlossen. Die nächste Sitzung ist von dem Vorsitzenden auf Montag, den 15. März cr.,, Vormittags 11 Uhr, anberaumt.
Breslau, 18. März. (W. T. B.) Ueber die Ver⸗ anlassung der gerichtlichen Vorladung des Fürstbischofs Dr. För ster am 16. d. M. wird nunmehr bekannt, daß die⸗ selbe auf Requisition des Staatsanwalts in Meseritz behufs Vernehmung in der Angelegenheit des Propstes Kick in Kähme erfolgt ist.
Münster, 18. März. (W. T. B.) Die Verhaftung des Bischofs von Münster Br. Brinkmann ist heute früh um 7 Uhr vollzogen und ist derselbe zur Verbüßung einer 40,tägigen Strafhaft nach Warendorf abgeliefert worden.
Weilburg, 17. März. (W. T. B.) Von hier ist folgende telegraphische Adresselan den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck gerichtet worden: „Ihren gestrigen mächtigen Worten im Ab⸗ geordnetenhause zu dem jetzigen großen Geisteskampfe mit Gott, für König und Vaterland spricht die warmste jubelnde Zu⸗ stimmung aus die heute hier tagende freie Konferenz evangelischer Geistlichen und Laien im Oberlahnkreise.“
Bayern. München, 16. März. von 103 Uhr an hat in den sogenannten reichen Zimmern der Königlichen Residenz eine mehrstündige Sitzung des Kapitels des St. Georgi⸗Ritterordens, sowie der hier anwohnenden Mitglieder, sämmtliche in Uniform, stattgefunden.
— Nachdem über den Gesetzentwurf beziehungsweise der Brandversicherungs⸗Anstalt Einhelligkeit zwischen beiden Kammern erzielt ist, wird hinsichtlich der Genehmigung der Kosten zur Durchführung desselben, beziehungsweise der zur Leitung der Anstalt unter dem Namen „Brandversicherungskammer“ neu zu errichtenden Zentralbehörde ein besonderes Postulat dem⸗ nächst an die Kammer der Abgeordneten gelangen.
Württemberg. Stuttgart, 16. März. An die gestrige Eröffnung des Landtages schloß sich unmittelbar eine erste Sitzung der Kammer der Standesherren und Nachmittags 4 Uhr eine solche der Abgeordnetenkammer. Die erstere wurde von Fürst Waldburg⸗Zeil eröffnet, indem er die Mit⸗ glieder willkommen hieß, auf die bedeutenden Aufgaben des Landtags hinwies, ihre Nachsicht für seine Geschäftsführung in Anspruch nahm, und dann mit Bedauern des Verlustes ge⸗ dachte, den die Kammer durch den Tod ihres Mitglieds, des Herzogs Eugen Erdmann von Württemberg, erlitten. Der Herzog Wilhelm Eugen von Württemberg dankte dem Präsidenten Namens der Kammer für seinen Willkommgruß, worauf der Fürst⸗Präsident den Erbgrafen Otto v. Rechberg und den General⸗Lieutenant v. Baur provisorisch an den Sekretärstisch berief, bis in der nächsten Sitzung die Sekretärswahlen vorgenommen sein werden. — Die Sitzung der Kammer der Abgeordneten begann mit einer Ansprache des Hrn. Vize⸗Präsidenten Hölder, in welcher derselbe die Mit⸗ glieder willkommen hieß und dann mit schmerzlichem Bedauern des Verlustes gedachte, den die Kammer durch den Tod ihres Präsidenten v. Weber erlitten, welcher seit 1851 fast ununter⸗ brochen Mitglied dieser Kammer und durch klaren Verstand, gediegene Kenntnisse und seltene Charakterfestigkeit eines ihrer hervorragendsten Mitglieder gewesen. Sämmtliche Mitglieder erhoben sich zum Zeichen ihrer Einstimmung mit dem ausgespro⸗ chenen Bedauern über diesen Hingang von den Sitzen. An Kegierungsvorlagen sind eingelaufen: I) der Gesetzentwurf über Bewirthschaftung von Gemeinde⸗ und Körperschaftswaldun⸗ gen, wie er schon dem letzten Landtag vorgelegen, aber nicht mehr erledigt wurde; 2) Reuregulirung der Hundeabgabe nach der Markwährung; 3) Neuregulirung der Diäten der Stände⸗ mitglieder und der Besoldungen der Präsidenten und der stän⸗ dischen Beamten nach der Markwährung; und ) Neuregulirung der Bürgerannahmegebühr nach der Markwährung und den reichsgesetzlichen Bestimmungen.
Baden. Karlsruhe, 16. März. Das Geburtsfest Sr. Majestät des Deutschen Kaisers hat auch hier der sog. stillen Zeit wegen mehrere Aenderungen erlitten. Wie die „Karlsruher Ztg.“ meldet, findet am Donnerstag, den 18. d. M.
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Gestern Vormittags
Vormittags 11 Uhr, ein Schulfest des Realgymnasiums im Rathhaussaal, am Sonnabend, den 20. d. M., Nachmittags 2 Uhr, das Festmahl im Museum und Abends Fefstlichkeiten des Militärs in den Kasernen, des Leib⸗Grenadier⸗Regiments in der Geigerschen Trinkhalle statt; am Montag, den 22. d. M., Be⸗ flaggung, Morgens 9 Uhr Choräle auf den Thürmen, 10 Uhr Festgottesdienst, Feierlichkeiten in verschiedenen Schulen. Große Parade, mufikalischer Zapfenstreich, Salutschüsse u. dgl. haben zu unterbleiben. ⸗
HSessen. Darm stadt, 16. März. Für den Monat Mai ist die Versammlung der ersten ordentlichen evan⸗ gelischen Landessynode in Aussicht genommen. Eine der wichtigsten Aufgaben der Synode wird die neue Klassifizirung der Pfarrgehalte, sowie die gesetzliche Regulirung der kirchlichen Besteuerung bilden. — Hinsichklich der Rekommunikation der Ersten Kammer über die Vorlage des Großherzoglichen Mini⸗ steriums des Innern, den Neubau eines Gymnasiums in Gießen betreffend, beantragt der von dem Abg. Theobald er⸗ stattete Ausschußbericht der Zweiten Kammer: für jenen Neu⸗ bau einschließlich der Direktorswohnung 140,000 6 im Ganzen zu bewilligen.
— Am 13. d. M. hielt der Finanz ⸗Ausschuß der Zweiten Kammer mit dem Ministerium eine gemeinschaftliche Sitzung ab. Es handelte sich namentlich um die Eisenbahn⸗ vorlagen, die Vorlage wegen des der evangelischen Kirche zu ge⸗ währenden Darlehens, um die verschiedenen Petitionen und bezw. Regierungsvorlagen wegen Staatsunterstützung für den Bau
einer Anzahl von Vizinalstraßen, endlich die in den letzten Ta⸗ gen eingelaufene Hoftheatervorlage. Gutem Vernehmen nach ga⸗ ben die beiden ersterwähnten Vorlagen, wie auch die letztere zu keiner Beanstandung Veranlassung, dagegen beharrte der Aus⸗ schuß rücksichtlich der Vizinalstraßen⸗Angelegenheiten auf seiner früheren Ansicht, daß namentlich mit Rücksicht auf die neue Verwaltungsorganisation die einschlägigen Kosten von den Krei⸗ sen getragen, bezw. die Angelegenheiten in den Kreistagen und deren Ausschüssen zur Verhandlung gebracht werden müßten. Eine Petition wegen des Archivs für praktische Rechtswissenschaft wurde der Regierung in dem Sinne zu empfehlen beschlossen, daß die geeignet scheinende Subvention aus dem Fonds für ge⸗ meinnützige Zwecke zu entnehmen sein möchte.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 14 März. Der Landtag hat die Gemeinde⸗ und Kreis⸗ ordnung zu Ende berathen. Der Kreistag geht danach aus direkten Wahlen von je 4 Landtags⸗Wahlkreisen hervor und besteht aus 16 Abgeordneten. Vom Kreistag wird der Kreis⸗ ausschuß gewählt. Derselbe besteht aus 6 Mitgliedern und dem ihm präsidirenden Landrath. Als oberste Instanz wird ein Verwaltungs⸗Gerichtshof eingesetzt. Derselbe besteht aus dem Chef des Ministeriums des Innern, aus zwei vom Herzog ernannten und aus vier von den Kreis⸗ tagen gewählten Mitgliedern, welche mit Ausnahme des Mi⸗ nisters ihr Mandat auf sechs Jahre erhalten. Für die Universi⸗ tät Jena hat der Landtag eine Nachbewilligung von 3600 M. genehmigt.
Anhalt. Dessau, 16. März. Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Hohenzollern, die (anstatt des irrthümlich gemeldeten Prinzen Friedrich) seit einigen Tagen am hiefigen Hofe verweilten, haben sich mit dem heutigen Aben dzuge nach Berlin begeben. — Der Sohn des Landgrafen Friedrich von Hessen ist gestern von Bonn hier eingetroffen. Die beiden ältesten Prinzen von Anhalt werden gleichfalls von Bonn heute hier erwartet. Die herzogliche Familie wird sich am Abend des 18. an den Berliner Hof begeben, um bei der Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Kaisers dort anwesend zu sein.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 16. März. Der Kaiser hat dem gewesenen Königlich ungarischen Minister des Innern, Grafen Szapäry und dem früheren dortseitigen Minister für öffentliche Arbeit und Kommunikation, Grafen Zichy von Väsonkes jun. die Geheime Rathswürde mit Nach⸗ sicht der Taxen verliehen.
— Im Abgeordnetenhause interpellirte Conte Begna den Handels⸗Minister, in welchem Stadium die Verhandlungen mit Ungarn wegen des Anschlusses der dalmatinischen Bahn an die ungarischen Bahnen sich kefinden. Bei der Verhandlung über die Salzkammergut⸗Bahn beantragte Brestl, den Entwurf an den Ausschuß zurückzuweisen. Nachdem der Minister Chlumecky für die Annahme des Entwurfes eingetreten, wurde derselbe in der Fassung des Ausschusses angenommen. Bei dem Gefsetzentwurf, betreffend die Regelung der Verhältnisse der Alt⸗ katholiken, sprach Wurm gegen den Ausschußantrag, die Alt⸗ katholiken mögen sich immerhin als neue Religionsgesellschaft konstituiren, aber niemals auf Grund des Besitzstandes der Katholiken. Nachdem noch mehrere Redner gesprochen, wurde die Generaldebatte geschlossen; als Generalredner wurden Pflügl und Fug gewählt. Nach der Rede Pflügls folgte der Schluß der Sitzung. Morgen wird die Debatte fortgesetzt. Foregger interpellirte den Minister des Innern wegen des noch nicht erledigten Rekurses anläßlich der Bildung der Freimaurerloge, Zukunft!.
— 17. März. Das Abgeordnetenhaus hat den aus der Initiative des Hauses hervorgegangenen Gesetzentwurf über die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken nach den Anträgen der Kommission ohne Veränderung in dritter Lesung genehmigt.
Prag, 16. März. Bei den gestern stattgehabten Srsatz⸗ wahlen für den Landtag wurden in 41 Landgemeinde⸗Wahl⸗ bezirken die altezechischen Kandidaten, in dem Wahlbezirke Leitomischl der jungezechische Kandidat Wacek gewählt. — In den Bezirken Deutschbrod, Königinhof, Landskron, Neuhaus und Prachatitz erhielten die verfassungstreuen Kandidaten mit⸗ unter sehr ansehnliche Minoritäten.
Pest, 16. März. Im Abgeordnetenhause wird die Spezialberathung des Budgets des Justiz⸗Ministeriums beendet. Darauf begann die Verhandlung über das Handelsbudget. Helfy meint, bei dem jüngsten Regierungswechsel hätte man das Kommunikations⸗Ministerium mit dem Handels⸗Ministerium ver⸗ einigen können. Er hoffe, daß der Zoll⸗ und Handelsvertrag mit Oesterreich gekündigt werde Der Handels⸗Minister Baron Simonyi sagte, er sei überzeugt, daß eine Vereinigung der bei⸗ den Ministerien jetzt, da das Handels⸗Ministerium und Verkehrs⸗ Ministerium so besonders wichtige Angelegenheiten zu erledigen haben, nicht möglich sei und daß das vereinigte Ministerium gar zu viel Agenden umfassen würde. Baron Paul Sennen sprach die Ansicht aus, daß eine Vereinigung der beiden Mini⸗ sterien, respektive eine Neueintheilung der Ministerien und deren
verwendet und
liste für die Kammern um 122,
Agenden, jedenfalls möglich, ja aus Sparsam keits rückfichten sogar unumgänglich nothwendig sei. Der Handels⸗Minister erklärte,
daß er ganz derselben Ansicht sei; nur glaube er, daß für jetzt eine Vereinigung nicht durchführbar gewesen wäre. Gorove machte darauf aufmerksam, daß zur Vereinigung verschiedener Portefeuilles oder zur Neueintheilung der Ministerien das hierauf bezügliche Gesetz vom Jahre 1848 geändert werden müsse. Csernatony glaubte die Vereinigung der beiden genannten Mi⸗ nisterien wäre gleichbedeutend mit der Decadenz des Handels und Verkehrs in Ungarn. Graf Albert Apponyi (rechte Opposttion) war der Meinung, daß eine Vereinigung der beiden Ministerien sehr praktisch wäre. Morgen wird die Debatte fortgesetzt.
Im Oberhause wurde der Kataster⸗Gesetzentwurf, respek⸗ tive das dritte Renuntium des Abgeordnetenhauses über diesen Gesetzentwurf, verhandelt und endgültig angenommen.
— Das Amtsblatt veröffentlicht heute die Ernennung B. n. Kemenys zum Staats⸗-Sekretär im Ministerium des
nnern.
Schweiz. Bern, 17. März. (W. T. B.) Der Na⸗ tion alrath hat in seiner heutigen Sitzung mit 74 gegen 27 Stimmen beschlossen, auf die Rekurse, welche von ultramon⸗ taner Seite gegen die Regierungsbeschlüsse, betreffend den katho⸗
lischen Gottesdienst im Jura und die Internirung der reni⸗
tenten Geistlichen erhoben sind, nicht einzugehen, bevor der Bundesrath über die seither eingegangenen neuen Rekurse ähn⸗ licher Art entschieden hat.
Belgien. Brüssel, 14. März. Die Kammer der Abgeordneten hat die vier Sitzungen der verflossenen Woche
hauptsächlich auf die Berathung des Notariatsreformgesetzes
wird dieselbe übermorgen wieder aufnehmen. Unter den vom Finanz⸗Minister eingereichten Gesetzentwürfen be⸗
findet sich ein Kreditgesuch von 200 000 Fres. für die Betheili⸗
gung Belgiens an der Weltausstellung von Philadelphia. Die Einleitung zum Gesetzentwurf auf Gewerbesteuerfreiheit zu Gunsten der Aerzte erweist, daß durch diese Maßregel die Wähler⸗ die für die Provinzial⸗ und Kommunalräthe um je 80 und 79 Stimmen vermindert werden wird; man erfährt bei derselben Gelegenheit, daß die Aerzte bis⸗ her 116 Proz., die (gewerbesteuerfreien) Advokaten nicht ganz 1 Proz. der Wählerkörperschaft ausmachten.
Großbritannien und Irland. London, 16. März. In dem gestern in Brigthon im Alter von etwa 93 Jahren ver⸗ storbenen Feldmarschall Sir W. Maynard Gomm, hat die britische Armee ihren ältesten Offizier verloren.
Canada. Ein im Parlament des Dominion eingebrachter Antrag zum Erlaß einer Adresse an die Krone, die um eine Gesetzgebung zur Amendirung des britisch⸗nordamerikanischen Akts zu Gunsten eines konfessionellen Unterrichts in Neubraunschweig bat, ist, wie eine Depesche aus Ottawa meldet, verworfen worden. Dagegen gelangte mit einer Majorität von 59 Stimmen ein Amendement zur Annahme, welches es für unrathsam erklärt, eine Reichsgesetzgebung zur Beseitigung der Rechte irgend einer Provinz des Dominion anzurufen, aber die Königin bittet, ihren Einfluß auf die Legislatur von Neubraun⸗ schweig behufs einer Modifizirung der daselbst bestehenden Ge⸗ setze zu Gunsten der katholischen Minorität zu gebrauchen.
Frankreich. Paris, 16. März. Der Kriegs⸗Minister Ge⸗ neral de Cissey hat allen Armee Corps⸗Kommandanten neue Weisungen zugesandt, um die Ausführung des Reglements zu sichern, welches die Ober⸗Eisenbahn⸗Militärkommission für ge⸗ wöhnliche oder strategische Militärtransporte in Friedens⸗ und Kriegszeiten ausgearbeitet hat. .
— 17. Mãrz. (W. T. B.) Heute Abend reist Herr Merry y Colomb nach Berlin ab.
Versailles, 17. März. (W. T. B.) Nationalver⸗ sammlung. In der heutigen Sitzung wurde die Diskussion über die an eine Anzahl von Beam ten des Kaiserreichs gezahlten Pen sionen fortgesetzt. Die Versammlung nahm mit 322 gegen 307 Stimmen ein Amendement Tirards an, durch welches die Regierung aufgefordert wird, vor weiterer Zahlung der betreffenden Pensionen festzustellen, ob alle for⸗ malen Bestimmungen, deren Erfüllung gesetzmäßig zum Bezuge der betreffenden Pension erforderlich ist, in den einzelnen Fällen eingehalten worden seien. Sodann wurde ein Zusatzartikel an⸗ genommen, nach welchem in Zukunft der Bezug der Pension von einem ärztlichen Gutachten abhängig gemacht wird. Schließ⸗ lich bewilligte die Versammlung einstimmig die von der Regie⸗ rung für diese Zwecke verlangten Geldmittel.
— Die Kommission zur Berathung über den Beginn und die Dauer der Ferien der Nationalversammlung tritt heute Nachmittag zusammen, um von dem Minister des Innern, Buffet, sich darüber Auskunft zu erbitten, zu welchem Zeitpunkt etwa das Preßgesetz und das Budget vorgelegt wer⸗ den können. Von der Antwort wird abhängen, ob der Wieder⸗ beginn der Berathungen auf den 3. 11. oder 18. Mai festgesetzt wird. Nachdem in der gestrigen Sitzung der Kommission der Deputirte Rolland darauf hingedeutet hatte, daß die Ansicht der Regierung darüber einzuholen sein werde, zu welchem Zeitpunkte die Auflösung der Natisnalversammlung erfolgen werde, hat sich die Kommission einstimmig dahin geeinigt, zu erklären, daß der Nationalversammlung allein die Bestimu ung hierüber zustehe.
— Ein zweites Telegramm vom 17. Abends meldet: Der Minister des Innern, Buffet, erschien heute in der Kom⸗ mission zur Berathung über den Beginn und die Dauer der Ferien der National verfammlung. Auf eine Interpellation über die Auflösung der Nationalversammlung erklärte der Minister, nicht antworten zu können, da die Entscheidung dieser Frage lediglich der Nationalversammlung zustehe. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung bemerkte Buffet, daß die Nationalversammlung nicht werde auseinandergehen können, bevor sie nicht verschiedene wichtige Gesetzentwürfe berathen haben werde. — Dem Ver⸗ nehmen der „Agence Havas“ zufolge, wird die Kommission die Festsetzung des Wiederzusammentritts der National versammlung auf den 5. Mai in Vorschlag bringen.
Rußland und Polen. St. Peters burg, 16 März. (St. Petersb. Ztg.) Se. Majestãt der Kaiser hat Sonntag den 2/14. März den auf seinen Posten zurückgekehrten deutschen Botschafter Prinzen Heinrich VII. Reuß in Audienz empfangen.
Asien. Indien. Aus Caleutta wird vom 13. ds. per Kabel gemeldet: .
Das indische Budget ist veröffentlicht worden. Die Aus⸗ weise für das Fiskaljahr 1873 74 geben die Einkünfte auf 4 511,711 Pfd. Sterk, die ordentlichen Ausgaben auf L. 40448 Pfd. Sterl., und die außerordentlichen Ausgaben auf 3,553,307 Pfd. Sterl. an. In den regelmäßigen Voranschlägen für das Fiskaljahr 1874ꝭ75 sind die Einkünfte auf 50 M0000 Pfd. Sterl. angegeben, die ordent⸗ lichen Ausgaben auf 50, 623 900 Pfd. Sterl. und die außer ordentlichen Ausgaben auf 4 035,000 Pfd. Sterl. In den Budgetvoranschlägen für 1875576 sind die Einkünfte auf 493820, 000 Pfd. Sterl. veranschlagt, die ordentlichen Ausgaben auf 49314009 Pfd.