1875 / 67 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

r. Landen und der Kirchspielsgerichte des Landes Hadeln au

Hierzu beantragte Herr v. Dechend: statt „1876“ zu sa⸗ gen „1877“. Nachdem der Antragsteller seinen Antrag befür⸗ wortet, erklärten sich der Finanz⸗Minister Camphausen, der Re⸗ gierungskommissar Geh. Justiz⸗Rath Kurlbaum II., der Refe⸗ rent und Herr Dr. Tellkampff gegen denselben, während Graf Brühl um Annahme des Antrages bat, der jedoch vom Hause abge⸗ lehnt wurde. Die . 9glI bis 99 wurden demnächst nach den Vorschlägen der Kommission angenommen. Zu 5. 100, 83 die Kommission in folgender Fassung zur Annahme empfahl:

„Rücksichtlich der Vormundschafts⸗ und Pflegschaftsangelegen⸗ heiten der Mitglieder der Königlichen Familie und des Hohenzol⸗ lernschen Fürstenhauses behält es bei der Hausverfassung sein Bewenden⸗

beantragte Dr. Beseler diesen Paragraphen zu streichen event. demselben als Al. 2 hinzuzufügen: Die nach dem bisher gelten⸗ den Privat⸗Familienrechte und der reichsständischen Familien werden durch dies Gesetz nicht berührt. Ferner beantragte Graf zur Lippe:

Diesem Paragraph hinzuzufügen:

Die in den einzelnen Landestheilen rücksichtlich der Vormund⸗ schafts⸗ und Pflegschaftsangelegenheiten der Häupter und Mitglieder der früher reichsständischen Familien, beziehungsweise der Mitglieder der ehemaligen Reicheritterschaft bestehenden besondern gesetzlichen Be⸗ stimmungen bleiben in Kraft.“

An der Diskussion betheiligten sich die Herren Dr. Beseler, Graf zur Lippe, der Referent und wiederholt der Justiz⸗Minister, worauf der Antrag der Kommission und mithin der eventuelle Antrag Beseler angenommen wurde.

Der §. 101 wurde ohne Debatte angenommen und die Schlußabstimmung auf die nächste Sitzung verschoben. Um 4 Uhr 5 Minuten wurde hierauf die Sitzung auf heute vertagt.

In der heutigen (13.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Vize⸗Präsident des Königlichen Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Camphausen, und die Staats⸗Minister Dr. Leon⸗ hardt, Dr. Achenbach, Dr. Friedenthal und eine große Anzahl von Regierungskommissarien beiwohnten und welche der erste Vize⸗Präsident von Bernuth um 11 Uhr 20 Minuten eröffnete, trat das Haus sofort in die Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand der Bericht der Budget⸗Kommission über den Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr 1875 war. Der Antrag der Kommission ging dahin:

I) den Staatshaushaltsetat für das Jahr 1875 in der Fassung, in welcher derselbe aus den Berathungen des Hauses der Abgeord⸗ neten hervergegangen ist, anzunehmen;

2) dem Gesetzentwurfe, betreffend die Feststellung des Staats⸗ haushaltsetats für 1875 in der Fassung, welche derselbe im Hause k erhalten hat, die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen.

An der Generaldiskussion betheiligten sich die Herren Graf Rittberg, Baron Senfft v. Pilsach, Hasselbach, Becker (Halber⸗ stadt), Graf Udo zu Stolberg, v. Rath, Gobbin, Graf Schulen⸗ burg⸗Beetzendorf, v. Mirbach und der Referent Hr. Wilckens. Auch der Finanz⸗Minister Camphausen und der Handels⸗Mi⸗ nister Dr. Achenbach nahmen wiederholt Veranlassung, in die Diskussion einzugreifen. Nach einer kurzen Spezialdiskussion wurde sodann der Antrag der Kommission angenommen, ebenso auch ohne Diskussion bei Schluß des Blattes das Etatsgesetz.

Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher auch noch der Präͤsident

des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Fürst von Bismarck, die Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, Dr. Achenbach und Dr. Friedenthal beiwohnten, sprach, nachdem der Abg. Werner für den 5. 1 des Gesetzes, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch⸗katholischen Bis⸗ thümer und Geistlichen, gesprochen hatte, der Abg. Thissen, Domkapitular zu Limburg, als einer, der von dem Gesetze direkt betroffen würde. In namentlicher Abstimmung wurde demnächst 5. 1 mit 263 gegen 88 Stimmen unverändert ange⸗ nommen. .

§. 2 der Vorlage lautet:

„Die eingestellten Leistungen werden für den Umfang des Sprengels wieder aufgenommen, sobald der jetzt im Amte befindliche Bischof (Erzbischof, Fürstbischof) oder Bisthumsverweser, der Staats⸗ regierung gegenüber durch schriftliche Erklärung sich verpflichtet, die Gesetze des Staates zu befolgen.

Gegen diese Vorlage erklärte sich der Abg. Windthorst (Meppen); der Reichskanzler Fürst von Bismarck ergriff darauf das Wort, um mehrere Angriffe des Vorredners unter großem Beifall des Hauses entschieden zurückzuweisen. (S. unter Land⸗ tagsangelegenheiten. Für den 5. Z sprach dann unter dem lebhaftesten Beifall des Hauses der Abg. Dr. Gneist, der den Abg. Windthorst (Meppen) ebenfalls widerlegte. 5. 2 wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Schluß 4 Uhr.

In der heutigen (34) Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses, der am Ministertische der Staats⸗Minister Dr. Falk mit den Regierungs⸗Kommissarien Ministerial⸗Direktor Dr. Förster und dem Geheimen Regierungs⸗Rath Lucanus beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend die Ein⸗ stellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch⸗katho⸗ lischen Bisthümer und Geistlichen, fortgesetzt.

& 3 lautet:

In den Erzdiözesen Gnesen und Posen, sowie in der Diszese Paderborn erfolgt die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen für den Umfang des Sprengels, sobald die Bestellung eines Bisthums⸗ verwesers oder die Einsetzung eines neuen Bischofs in gesetzmäßiger Weise stattgehabt hat.“

Der Abg. Reichensperger versuchte, bei diesem Paragraphen die allgemeine Diskussion wieder aufzunehmen, wurde aber vom Präsidenten von Bennigsen zur Sache verwiesen und verzichtete auf das Wort. Der Abg. von Czarlinski führte aus, daß sei⸗ ner Ansicht nach eine Sedisvakanz in Gnesen und Posen nicht eingetreten sei, daß also auch die Bestellung eines Bisthums⸗ verwesers oder eines Bischofes nicht erfolgen könne. 5. 3 wurde darauf unverändert angenommen.

A lautet:

Tritt die Erledigung eines zur Zeit besetzten bischöflichen Stuhles ein oder scheidet der jetzige Bisthumsverweser der Diözese Fulda aus seinem Amte aus, bevor eine Wiederauf⸗ nahme der Leistungen auf Grund des 5. 2 erfolgt ist, so dauert die Einstellung derselben für den Umfang des Sprengels fort, bis die Bestellung eines Bisthumsverwesers oder die Einsetzung eines neuen Bischofs in gesetzmäßiger Weise stattgehabt hat.!

Gegen diesen Paragraph erklärte sich der Abg. Dr. Lieber; derselbe wurde aber nach einer kurzen Bemerkung des Ministerial⸗ Direktors Dr. Förster unverändert genehmigt.

§. 5, welcher lautet:

„Wenn fuͤr den Umfang eines Sprengels die Leistungen aus Staatsmitteln wieder aufgenommen sind, einzelne Empfangsberech⸗

tigte aber, der vom Bischof oder Bisthumsverweser übernommenen

Verpflichtung ungeachtet, den Gesetzen des Staats den Gehorsam

verweigern, so ist die Staatsregierung ermächtigt, die für die

Empfangsberechtigten beftimmten Leistungen wieder einzustellen'“, 25 . einigen Worten des Abg. Dr. Lieber angenommen.

6 lautet:

Die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen an einzelne Empfangsberechtigte erfolgt außer den Fällen der §5§. 2 bis 4, wenn der Empfangsberechtigte der Staatsregierung gegenüber in der im 6 bezeichneten Weise sich verpflichtet, die Gesetze des Staates zu befolgen.

Außerdem ist die Staatsregierung ermächtigt, die eingestellten Leistungen einzelnen Empfangsberechtigten gegenüber wieder auf⸗ zunehmen, wenn sie durch Handlungen die Absicht an den Tag legen, die Gesetze des Staates zu befolgen. Verweigern dieselben demnächst den Gesetzen des Staates den Gehorsam, so sind die Lei- stungen aus Staatsmitteln wieder einzustellen.“

Der Abg. Dr. Wehrenpfennig beantragte, statt, durch Hand⸗ lungen“ zu setzen „durch ihr Verhalten“ und motivirte in kurzen Worten sein Amendement, dessen Ablehnung der Ministerial⸗Direktar Dr. Förster empfahl. Der Abg. Dr. Aegidi sprach für, Abg. Ibach gegen §. 6. 5. 6 wurde ohne den ÄAn⸗ trag des Abg. Wehrenpfennig angenommen. Ohne erhebliche Debatte genehmigte das Haus folgenden vom Abg. Dr. Jung beantragten F§. 6a., nachdem sich der Regierungs⸗Kommissarius, Geheimer Regierungs⸗Rath Lucanus, mit den Intentionen, wenn auch nicht mit der Fassung desselben, einverstanden erklärte:

Die Entscheidungen der kirchlichen Behörden, welche eine Dis—⸗ ziplinarstraße wider einen Geistlichen verhängen, dem gegenüber die Staatsregierung die eingestellten Leistungen in Gemäßheit des §. 6 wieder aufgenommen hat, können sowohl von dem Geistlichen als von dem Ober⸗Präsidenten im Wege der Berufung an den König⸗ lichen Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten ohne die Beschrän⸗ kung des §. 12 des Gesetzes vom 12. Mai 1873 angefochten werden.

Die Berufung kann in diesen Fällen auf neue Thatsachen und Beweismittel gegründet werden.

8 7 wurde ohne Debatte genehmigt:

Bie Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen erfolgt in allen Fällen vom ersten Tage desjenigen Vierteljahrs an, in welchem die gesetzliche Voraussetzung der Wiederaufnahme eingetreten ist.

Bei Schluß des Blattes wurde die Debatte über §. 8, der von der Verwendung der einbehaltenen Gelder handelt, begonnen.

Durch Verfügung vom 2. Februar 1875 hat der Mi⸗ nister der geistlichen und Medizinal⸗Angelegenheiten angeordnet, daß, wie bereits auf Anregung der deutschen anthropologischen Gesellschaft in mehreren Theilen des Reiches geschehen, auch in Preußen einmalige Erhebungen über die Farbe der Au⸗ gen, der Haare und der Haut der Schüler zum Zweck einer genauen ethnologischen Erforschung der gegenwärtigen Bevölkerung Deutschlands stattzufinden haben. Dieselben wer⸗ den durch die entsprechenden Lehrer und Lehrerinnen vorge⸗ nommen werden. Bei mehrklassigen Anstalten wird jeder Klassen⸗ lehrer und jede Klassenlehrerin die Tabelle für die betreffende Klasse auf besonderem Bogen aufzustellen und dabei das Durch⸗ schnittsalter der besichtigten Schüler dieser Klasse anzugeben haben. Die auf dieselbe Schule bezw. die auf die Schulen desselben Ortes bezüglichen Listen sind als solche genau zu be⸗ zeichnen, etwa durch Zusammenheften in einen mit Aufschrift zu versehenden Umschlag. Ferner ist nothwendig, daß die Listen für bestimmte größere Bezirke auch äußerlich leicht erkennbar zu⸗ sammengehalten werden. Im Allgemeinen wird hierbei die Ein⸗ heilung nach den landräthlichen Kreisen zu wählen sein.

Die wörtliche Wiedergabe einzelner Sätze aus den Verhandlungen des Reichstages oder eines Landtages in Aufsätzen, die zu anderen Zwecken geschrieben sind, sind, nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribun als vom 23. Februar er., von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht frei. Der Literat N. hatte in einem Kalender pro 1875 zwei Aufsätze: ‚Von 1870 bis 1874. Ein Rückblick! und die Civilehe“ veröffentlicht, in welchen er erdichtete und entstellte Thatsachen mit dem Bewußtsein, daß sie erdichtet und entstellt seien, öffentlich behauptete und verbreitete und dadurch Staats⸗ einrichtungen und Anordnungen der Obrigkeit verächtlich machte. In den beiden ersten Instanzen auf Grund des §. 131 des Str. G. B. verurtheilt, machte er in der Nichtigkeits⸗ beschwerde unter Anderem geltend, daß die als strafbar bezeichneten Aeußerungen stellenweise wörtlich aus den stenggra⸗ phischen Berichten der Kammer entnommen seien, oder lediglich in Aeußerungen von Vertretern im Reichstage beständen, deren Verbreitung gesetzlich nicht strafbar sei. Das Ober⸗Tribunal erachtete jedoch diesen Einwand für unbegründet und wies die Nichtigkeitsbeschwerde zurück. „Nach Artikel 22 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 (Reichs⸗Gesetz⸗Bl. S. 70) und nach 5. 12 des Deutschen Strafgesetzbuches sind“, wie das Ober⸗Tribunal in seinem Erkenntniß ausführt, „nur wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Reichstages (beziehungsweise eines Landtages) von jeder Verantwortung frei, während die Wiedergabe einzelner Sätze aus solchen Verhandlungen in Aufsätzen, die zu anderen Zwecken geschrieben sind, hierauf keinen Anspruch haben.“

Von der deutschen zur Beobachtung des Venus⸗ durchgangs nach der Kerguelen⸗Insel gesandten Exz⸗ pedition ist eine Depesche aus Aden vom IJ. d. M. einge⸗ troffen, welche den hauptsächlichsten Inhalt des am 9. Dezember von der Station abgesandten Berichts, der bereits vor einigen Tagen hier angekommen ist, wiederholt und außerdem die Mit⸗ theilung enthält, daß die Mitglieder sich alle wohl befinden. Es ist nach dieser Depesche und der Instruktion der Expedition anzunehmen, daß dieselbe auf ihrer Rückreise am 5. d. M. die Insel Mauritius verlassen hat und am 31. März in Marseille zu erwarten ist.

Der heutigen Nummer des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers liegt die tabellarische Zusammenstellung statistischer Daten der Bank- und Kredit⸗Institute im Rahmen des Courszettels der Berliner Börse bei.

Wir machen auf diese Beilage mit dem Bemerken auf⸗ merksam, daß wir derselben in möglichst kurzer Zeit die Zu⸗ sammenstellung der Eisenbahnen und Industrie⸗Gesellschaften folgen zu lassen beabsichtigen.

Der General⸗Lieutenant Friedrich Graf Branden⸗ burg, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 11. Division, ist heute früh aus Breslau hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen. Ebendaselbst hat auch der regierende Graf zu Stolberg⸗Stolberg, welcher gestern Abend mit Gemahlin, geb. Prinzessin von Waldeck und Pyrmont, aus Stolberg hier ankam, Wohnung genommen.

Der General der Infanterie z. D., Graf von Monts, ist von Dresden hier angekommen. Der General⸗Major Frei⸗ herr von Meerscheidt⸗Hüllessem, Commandeur der 11. Infanterie⸗Brigade ist von seiner Dienstreise hierher zurück⸗

gekehrt. Der General⸗NMajor Hebberling, Komman⸗ dant von Ulm, hat sich nach Ulm zurückbegeben. Der Oberst Heinrich XIII. Prinz Reuß, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur des Königs⸗Husaren⸗Regiments (1. Rheinisches) Nr. 7, ist mit Urlaub von Bonn hier eingetroffen.

Die fällige Englische Post, aus London, den 17. Abends, planmäßig in Cöln um 2. 50 Uhr Nachmittags, ist ausgeblieben. Grund: Seesturm.

S. M. S. „Gazelle“ ist nach einem Telegramm d. d. Aden, den 17. März er., am 26. Februar cr. auf der Insel Mauritius angekommen. An Bord Alles wohl.

Stettin, 15. März. In der heutigen vierten Sitzung des Kommunallandtages wurden u. A. folgende Beschlüsse gefaßt: Der Landtag ermächtigt die Landstube, auch pro 1876 die etwaigen Beiträge zum Reservefonds der Land⸗Feuersozietät selbstaͤndig festzusetzen. Der Gesellschaft für Pommersche Ge⸗ schichte und Alterthums kunde wird die Summe von 50 Thlrn. zur Er⸗ werbung und zum Abdruck des Verzeichnisses der in der Universität zu Greifswald befindlichen, die Bommersche Geschichte betreffenden Manu⸗ skripte bewilligt. Von der Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben des altpommerschen Provinzial⸗Chausseebau⸗Prämienfonds prol874 wurde Kenntniß genommen, ebenso von der durch die Landstube erfolgten Aufstellung des Etats für den Landarmenfonds pro 1875; der Landtag erklärt sich mit den getroffenen Festsetzungen sowie auch damit einverstanden, daß die bisher den Blinden⸗

instituten gewährte Beihülfe vom 1. Januar 1875 ab aus dem

Dispositionsfonds gezahlt wird. Mit den Beschlüssen der Landstube vom 15. Dezember 1874 erklärt sich der Landtag einverstanden und findet gegen die Repar⸗ tition der Landarmen⸗Beiträge nichts zu erinnern. Der Landtag ertheilt die Decharge über die Rechnung der Alt⸗ pommerschen Provinzial⸗Hülfskasse für 1874, und ist damit ein⸗ verstanden, daß der Zinsgewinn in der vom Stän⸗ dischen Ausschuß⸗ vorgeschlagenen Art vertheilt ird, ebenso wurde die Decharge über die Jahresrechnung der Centralkasse der Land⸗Feuersoziett pro 1873 ertheilt. Von dem Jahresbericht über die Verwaltung der Provinzial⸗ Irrenanstalt Rügenwalde hat der Landtag Kenntniß genommen. Der Antrag: Die vom Lauenburger Kreise aufzubringende Quote der Provinzial⸗Chausseebau⸗Beiträge künftig auf den ganzen Kreis, und nicht mehr zwischen Städten und plattem Lande ge⸗ trennt ausschreiben zu lassen, und dem Kreistage die Unterver⸗ theilung zu uͤberlassen, wurde abgelehnt. Gegen die Rechnung über den Irrenhaus⸗Baufonds pro 1373 und 1875 war nichts zu erinern. Von der Oekonomie⸗Wirthschaftsrechnung des Vorwerks der Landarmenanstalt Neustettin pro 1. Juli 1872/73, so wie von der Beantwortung der Kalkulatur⸗Monita wurde Kenntniß ge⸗ nommen und Decharge ertheilt. Der Landtag genehmigt die Vorschläge der Landstube wegen Einziehung der gegenwärtigen Bestände des von der Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse zu Stettin verwalteten Provinzial⸗CEhausseebau⸗Prämienfonds zur Ständischen Altpomnierschen Hauptkasse, so wie wegen künftiger direkter und portofreier Ablieferung der auf die Kreise und Städte auszuschreibenden Provinzial⸗Chausseebaubeiträge an die⸗ selbe Kasse. Ueber die Jahresrechnungen der Landarmenanstalt Ueckermünde und der Knaben⸗Detentions⸗Anstalt Zarow⸗Mühle pro 1873 wurde Decharge ertheilt, die Etatsüberschreitungen ge⸗ nehmigt und die Landstube mit Verfolgung und Erledigung der Kalkulaturerinnerungen beauftragt. Von dem Jahresbericht der Anstalt für Blödsinnige zu Kückenmühle pro 1874 wurde Kenntniß genommen. .

Die nächste Sitzung ist auf morgen Vormittag anberaumt.

Birnbaum, 18. März. (W. T. B.) In Käh me haben, wie von dort gemeldet wird, bei Gelegenheit des gestern dort abgehaltenen Jahrmarktes tum ultuarische Auftritte gegen den Propst Kick stattgefunden, welche durch das Einschreiten der Gensd'grmerie unterdrückt wurden. Eine gerichtliche Unter⸗ suchung der Vorgänge ist eingeleitet.

Bayern. München, 17. März. Die „Allg. Ztg.“ meldet: Der Kriegs-Minister Freiherr v. Pranckh hat wiederholt um Enthebung von der Leitung des Kriegs⸗Ministeriums nachgesucht. Der Commandeur des II. Armee⸗Corps, General⸗Lieutenant v. Maillinger und der Commandeur der JT. Infanterie⸗Brigade, General⸗Major Frhr. v. Treuberg, wurden telegraphisch zu Sr. Majestät dem König beschieden.

18. März. (W. T. B.) Die Kammer der Reichs⸗ räthe hat dem Gesetzentwurf über den Militäretat pro 1875 seine Zustimmung einstimmig ertheilt, der außerordent⸗ liche Militärkredit von 3,827,800 Fl. wurde mit allen gegen 4 Stimmen bewilligt.

Der „Deutsche Kriegerbund München“ wird die Geburtstagsfeier des deutschen Kaisers am Vorabend desselben, 21. d, im Saale des „Kreuzbräu“ begehen und Landtags⸗ abgeordneter Dr. Sepp dabei die Festrede halten.

Württemberg. Stuttgart, 19. März. (W. T. B.) Zur Vorfeier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers hat gestern Abend ein festliches Banket der hiesigen Bürgerschaft, unter Vorsitz des Ober⸗Bürgermeisters, im großen Saal der Liederhalle stattgefunden. Das Hoch auf den Kaiser wurde vom Reichstags⸗Abgeordneten Elben ausgebracht. Das Fest war zahlreich besucht, namentlich auch von Mitgliedern der Abgeordnetenkammer und der städtischen Kollegien.

In der Sitzung der Kammer der Abgeordneten am 15. März wurde zuerst Minister v. Sick als Abgeordneter des Bezirks Blaubeuren eingeführt und auf seinen früher ge⸗ leisteten Ständeeid hingewiesen. Finanz⸗Minister v. Renner legte den Hauptfinanzetat für 1875/76 vor, begleitet von einem längeren Vortrag. Hiernach belaufen sich die Gesammteinnahmen auf 24,440,736 Fl., denen eine Gesammtausgabe von 25,883,268 Fl. gegenübersteht, so daß sich ein Defizit ergiebt von 1442,532 Fl., welches aber durch Mittel der Restverwaltung, frühere Einnahmeüberschüsse, gedeckt werden kann, also zu seiner Bedeckung keiner außerordentlichen Maßnahmen bedarf. Das Restvermögen berechnete sich pro 30. Juni 1873 auf 9,670,358 Fl., und wurden seither darauf angewiesen und verausgabt S033, 01 FI., so daß 1,637,157 Fl. verfügbar bleiben, und nach Abzug des obigen Defizits noch 194,625 Fl. Von dem württembergischen Antheil an der fran⸗ zösischen Kriegsentschädigung sind noch verfügbar 4,771,079 Fl., und sollen im Etatsjahr 1875! 76 hiervon nur 16,091,939 Fl. verwendet, das übrige aber sammt dem disponiblen Restvermö⸗ gen zusammen an 3 874,665 Fl., zur Verwendung im Jahre 1876/77 vorbehalten bleiben. Unter den außerordentlichen Aus⸗ gaben für 1875/76 sind zu nennen: AlbwasserversorguUng 60, 000 Fl., für ein Kanzleigebäude der Kammer der Abgeord⸗ neten 150,500 Fl., weiterer Zuschuß zu einem Bibliothekgebäude

außer bereits vorbehaltenen 1,100 000 Fl. noch 128 526 Fl., Er⸗ weiterung des Kunstgebäudes 256 000 Fl.

Am 18. wurde die Wahl des Präsidenten vorgenom⸗ men. Gewählt wurde Hoelder (national⸗liberal) mit 64 von 80 Stimmen. 16 von der demokratischen Opposition abgegebene Stimmzettel waren unbeschrieben.

Baden. Karlsruhe, 17. März. Zum Ober⸗Bürger⸗ meister der Stadt ist heute wieder Hr. Lauter mit 103 von 106 Stimmen erwählt worden. Die zur Zeit in den verschiedenen Bezirken des Landes abzuhaltenden Diözesan⸗Synoden der evangelischen Kirche werden dem Ober⸗Kirchenrath den Antrag unterbreiten, derselbe möge sich bei der Staatsregierung für Auf⸗ besserung der Pfarrgehalte aus Staatsmitteln verwenden, da die Einführung einer hierzu bestimmten Kirchensteuer „vorerst noch auf große Schwierigkeiten“ stoßen würde. Dem „Fr. J.“ zufolge beläuft sich die Zahl der anerkannten altkatholischen Ge⸗ meinden in Baden gegenwärtig auf 15 mit 9 Geistlichen. Am selben Tage, wie Bischof Kübel, wurde von der Strafkam⸗ mer in Freiburg der Neupriester Raible zu 4800 6 oder 1016 Monaten Gefängniß verurtheilt.

Hessen. Darm stadt, 17. März. (Fr. J.) Nach einem heute gefaßten Beschlusse tritt die Zweite Kammer nun doch noch vor dem Feste zusammen, indem durch schleunigste Bericht⸗ erstattungen alle einschlägigen Vorlagen 2c. so weit gefördert sind, um in nächster Woche zur Verhandlung kommen zu kön⸗ nen. Als erster Tag ist der 20. d. M. bestimmt, und man glaubt, daß in der fraglichen Woche alle Angelegenheiten trotz der beiden Feiertage sich erledigen lassen. Am ersten Tage wer⸗ den namentlich das Pensionsgesetz bezüglich der widerruflich an⸗ gestellten Beamten, die Vorlage wegen des Anlehens der evan⸗ gelischen Kirche und die letzte Rechenschaftsablage bezüglich der hessischen Militärverwaltung zur Berathung kommen.

Mecklenburg. Schwerin, 18. März. Se. Königliche Hoheit der Großherzog wird sich heute Abend von hier nach Dargun begeben, zum Besuch der dortigen Ackerbauschule, am andern Tage von dort weiter nach Berlin reisen und gedenkt am Mittwoch, den 24. d. M., früh hier wieder einzutreffen.

Malchin, 19. März. (W. T. B.) Der Landtag ist gestern durch Verkündigung der Landtagsabschiede geschlossen worden. Der Passus des schwerinschen Abschiedes über die Verfassungsangelegenheit lautet: Der Großherzog war zu der Erwartung berechtigt, daß Stände in einer mit ihm Üübereinstimmenden Würdigung der ernsten Lage des Landes den Weg zu einer Verständigung über die Modifikation der Ver⸗ fassung finden würden, und kann nur sein schmerzliches Be⸗ dauern darüber aussprechen, daß die Verhandlungen über diese wichtige Angelegenheit auch auf dem gegenwärtigen Landtage erfolglos verlaufen sind. Der Großherzog behält sich bei dieser Sachlage seine weiteren Entschließungen vor. In dem strelitzschen Landtagsabschied behält sich der Großherzog eben— falls weitere Entschließungen vor. Derselbe entsagt jedoch nicht der Hoffnung, daß durch weitere gemeinsame Berathungen der Weg zu den für das Heil des Landes erforderlichen Reformen gefunden werden wird.

Gachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 17. März. Die Sammlung landesherrlicher Verordnungen veröffentlicht ein Gesetz vom 6. März 1875, den Betrag des Schulgeldes, sowie die Aufnahme⸗ und Entlassungsgebühren an den Gymnafien und Realschulen betreffend.

(L. Ztg.) Man hofft, daß bis Ende dieses Jahres 50 Häuser bewohnbar hergestellt sein werden. Der von der hiesigen Gemeindebehörde veröffentlichte Etat pro 1375 weist einen Fehlbetrag von 82, 5090 nach und werden daher 4 Ter⸗ mine Grundsteuer, 8 Termine Gebäudesteuer und 8 Termine (bisher 5) Einkommen⸗ und Klassensteuer pro 1875 zur Er⸗ hebung kommen. ;

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 18. März. Ihre Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Moritz sind mit ihren Kindern, den Prinzessinnen Marie, Elisabeth und Marga⸗ rethe und dem Prinzen Ernst, gestern nach Meiningen gereist, um an der am 23. d. M. stattfindenden Feier des 50 jährigen Ehejubiläums des Herzogs Bernhard und der Herzogin Marie von Sachsen-⸗Meiningen Theil zu nehmen.

Schwarzburg⸗NRudolstadt. Rudol stadt, 17. März. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin ist in diesen Tagen zum Besuche am Fürst⸗ lichen Hofe eingetroffen und am Bahnhofe von Sr. Durchlaucht dem Fuͤrsten, Ihrer Durchlaucht der Fürstin⸗Mutter, der Prin⸗ zessin Adolf nnd anderen Fürstlichen Herrschaften empfangen worden. Es werden in dieser Woche noch andere Fürstliche Herr⸗ schaften hier zum Besuche erwartet.

Schwarzbarg⸗Sondershausen. Sondershausen, 18. März. Das heute ausgegebene 4. Landesgesetzsamm⸗ lungsstück enthält u. a. Gesetz, die Wiedereinziehung und Vernichtung der Kassenanweisungen betreffend, vom 9. März 1875.

Am 16. d. M. starb hier der Wirkliche Geheimrath a. D. Friedrich Chop. Derselbe war seit 1839 Rath am Ober⸗ Appellationsgericht zu Zerbst und wurde 1848 als Vorstand des Ministeriums hierher berufen, trat jedoch im Jahre 1852 wie⸗ der zurück.

Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 18. März. (W. T. B.) Der Kaiser wird, wie von gut unterrichteter Seite verlautet, auf der italienischen Reise außer von dem Grafen An⸗ drassy, dem Sektionschef, Freiherrn v. Hofmann, und dem Ka⸗ binetsdirektor, Staatsrath Braun, auch von dem Referenten für die handelspolitischen Angelegenheiten im Ministerium des Aeuße⸗ ren begleitet werden. Man zieht hieraus den Schluß, daß wegen Erneuerung der österreichisch⸗italienischen Handelsverträge Vor⸗ besprechungen stattfinden dürften.

In der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses interpellirte Hofer den Minister des Innern, ob ihm bekannt sei, daß trotz der Reziprozität in der Zulassung ausländischer Ver⸗ sicherungsgesellschaften von den österreichischen Versicherungs⸗ gefellschaften in Rumänien der Erlag einer hohen Kaution ge⸗ fordert wurde und was er dagegen zu thun gedenke. Nach⸗ dem Fux als Generalredner für den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken gesprochen und der Berichterstatter Kopp die Ausschußanträge vertheidigt hatte, beschloß das Haus, in die Spezial⸗ Debatte einzugehen. Alle Paragraphen desselben wurden sodann nach den Ausschußanträgen angenommen und das ganze Gesetz in dritter Lesung genehmigt. Das Gesetz über die Handels⸗ makler wurde in der Fassung des Herrenhauses angenommen.

Weiter genehmigte das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf, be⸗

treffend den Vorschuß von 1,800 000 Fl. für die Przemysl⸗Lup⸗ kower Bahn und begann die Debatte über das Gesetz, betreffend die Errichtung des Verwaltungsgerichtshofes. Prazak beantragte, das Gefetz von der Tagesordnung abzusetzen.

In der heutigen Sitzung nahm das Abgeordneten⸗ haus die Gesetzvorlage über den Verwaltungsgerichtshof an, nachdem der Minister Unger in einer mit großem Beifall auf⸗ genommenen Rede dieselbe empfohlen hatte und ein Vertagungs⸗ antrag abgelehnt worden war.

Die feierliche Enthüllung des Maximilian⸗Denkmals in Triest ist auf den 3. April d. J. anberaumt.

Prag, 17. März. Das „Prag. Abendbl.“ veröffentlicht folgende Bulletins über das Befinden des Kaisers Ferdinand:

Während des gestrigen Tages hielt mäßige Transpiration an, die in der Nacht zu einem wohlthätigen reichlichen Schweiße wurde.

Das Fieber hat nachgelassen, der Auswurf wurde leichter, die nächtliche Ruhe durch Husten wenig gestört.

Prag, am 17. März 1875.

Dr. Ehmig. Dr. Gaßner.

Se. Majestät der Kaiser Ferdinand haben am Montag, den 15. J. M., um die Mittagsstunde, als Allerhöchstdieselben sich in der jtzigen Krankheit am unwohlsten fühlten, die heiligen Sterbesakra⸗ mente begehrt, die Allerhöchstdenselben mit Ausnahme der letzten Oelung von Allerhöchstihrem Beichtvater verabreicht wurden.

Pest, 17. März. Im Abgeordnetenhause beant⸗ wortete Minister Tisza eine Interpellation bezüglich der Waisen⸗ Angelegenheiten und versprach, nächstens einen diesbezüglichen Gesetzentwurf vorzulegen. Zur Beantwortung einer jüngsten Interpellation Helfy's unterbreitete Minister Tisza eine Novelle zum Wahlgesetze. Hiernach können Steuerrückstände bis 15. April bezahlt werden und müssen Wahlberechtigte, wenn sie bis dahin ihrer Steuerpflicht nachkommen, in die Wählerliste einge⸗ tragen werden. Der Minister ersuchte, diese Novelle noch vor den Osterferien zu erledigen. Das Haus erledigte hierauf die Spezial⸗ berathung über das Budget des Handels⸗Ministeriums und trat dann in die Spezialberathung des Budgets des Kommunikations⸗Mi⸗ nisteriums. Der Verkehrs⸗Minister Pechy erklärte, er acceptire die vom Finanzausschusse beantragten Abstriche und werde bei den einzelnen Posten noch größere Abstriche beantragen. Ernst Simonyi forderte den Minister auf, bezüglich seines Stand⸗ punktes der bisherigen Eisenbahnpolitik gegenüber eine Erklärung abzugeben. Die Debatte wird morgen fortgesetzt.

Belgien. Brüssel, 18. März. Die belgische Reprä⸗ sentantenkammer hat dem Berner Postvereinsvertrag die Zustimmung ertheilt.

Großbritannien und Irland. London, 18. März. (W. T. B.) Auf eine Interpellation von Lord Stratheden erklärte Graf Derby in der heutigen Sitzung des Ober⸗ hauses, daß ihm nicht bekannt sei, ob die Nord⸗ mächte die Note der Pforte vom 23. Oktober 1874, betreffend den Abschluß von Handelsverträgen mit Rumänien und Serbien, bereits beantwortet hätten. Seit seiner letzten in dieser Angelegenheit im Parlamente abgegebenen Erklärung hätte die Situation sich nicht verändert. England werde seine Interpre⸗ tation der einschlägigen Bestimmungen des Pariser Friedens ver⸗ trages aufrecht erhalten, könne aber die übrigen Mächte nicht nöthigen, sich die gleichen Gesichtspunkte anzueignen.

Unterhaus. Von Pease wurde der räuberische Ueberfall zur Sprache gebracht, welcher am J. v. M. unweit Galaez auf den Engländer Dodsham und dessen Frau gemacht worden ist. Der Unter⸗Staatssekretär im auswärti⸗ gen Departement, Bourke, erklärte, die Regierung sei mit den Behörden in Galaez in Verbindung getreten, um die Räuber zur Rechenschaft zu ziehen.

Frankreich. Paris, 17. März. Die Ansprache, mit welcher der neue Präsident der Nationalversammlung, Herzog von d'Audiffret⸗Pasquier, in der Sitzung am 13. d. M. der Kammer sich vorstellte, lautet wie folgt:

„Meine Herren! Mit tiefer Rührung danke ich Ihnen für die mir erwiesene außerordentliche Ehre, die zu beanspruchen ich nicht gewagt haben würde. Indem ich den Präsidentenstuhl besteige, finde ich dort die von meinen ausgezeichneten Vorgängern hinterlassenen Traditionen der Festigkeit und der Unparteilichkeit. Ich brauche sie nur zu befolgen, um das mir von Ihnen bezeigte Vertrauen zu ver— dienen. Ich würde indeß daran verzweifeln, auf würdige Weise die mir mir auferlegte Aufgabe zu erfüllen, wenn ich nicht wüßte, daß Sie fühlen, wie es mehr denn je nothwendig ist, die Autorität Ihrer Beschlüsse durch die Ruhe und die Würde Ihrer Be— rathungen noch zu vermehren. Es ist jene Regierung des Landes durch sich selbst, jenes so oft verleumdete parlamen⸗ tarische System, welchem Hirenfrelch in der Vergangenheit so glückliche und glorreiche Tage, welchen auch grausame Unglücksfälle folgten, verdankt; Dank ihm vermochte es seit vier Jahren die här testen Heimsuchungen zu bestehen, welche eine Nation erdulden kann; ihm haben Sie durch Ihre letzten Beschlüsse die Zukunft anvertraut. Sie haben nicht vergessen, was einem Lande das Aufgeben seiner öffentlichen Freiheiten kosten kann. Es wird die Ehre dieser Ver— sammlung sein, sie hergestellt und geachtet zu haben. Sie werden die⸗ selbe, meine Herren, durch Ihre Mäßigung dem Lande tagtäglich werthvoller machen. Beweisen wir ihm, daß die sicherste Bürgschaft der Ordnung und der Sicherheit, deren es so sehr bedarf, die Frei⸗ heit ist. Dort sind meine theuersten Erinnerungen und meine Ueber—⸗ zeugungen; zweifeln Sie nicht an meiner vollständigsten Ergebenheit, um deren Vertheidigung zu sichern.“

Versailles, 18. März. (W. T. B.) Die Ration al⸗ versammlung beschloß mit 431 gegen 269 Stimmen, sich bis zum 11. Mai d. J. zu vertagen. Der Zusatzantrag, die Nationalversammlung solle nicht eher in die Ferien gehen, bis über die ausstehenden Ersatzwahlen Beschluß gefaßt sei, wurde abgelehnt, ein anderer Zusatzantrag, nach welchem das Bureau der Versammlung beauftragt wird, die Ausführung des Arti⸗ kels 9 der Konstitution sicher zu stellen, in welchem Versailles zum Sitze beider Kammern erklärt ist; wurde mit 371 gegen 512 Stimmen angenommen. Die ganze Feriengesetzyorlage wurde hierauf genehmigt, und ebenso wurde dem An trage Soubeyrans, nach welchem der Finanz⸗Minister ermächtigt wird, die zur Einlösung der Anleihe Morgan erforderlichen. Maßregeln zu ergreifen, die Zustimmung ertheilt. Demnächst fand über den Antrag Cour⸗ celle's, der die Unterlassung der Vornahme von Ersatzwahlen

bis zur Vornahme neuer allgemeiner Wahlen bezweckt, eine län⸗

gere Berathung statt. Die Redner von der Linken, hauptsãch⸗ lich Gambetta, erklärten, sie würden für den Antrag stimmen, wenn der Termin für die Auflösung der Nationalversammlung festgestellt würde. Die Versammlung beschloß, den Antrag in Erwägung zu nehmen. Die Linke, die äußerste Linke und die Bonapartisten stimmten gegen diesen Beschluß. Von den Ab⸗ theilungen soll morgen eine Kommission zur Vorberathung des Antrags gewählt werden; ebenso findet auch morgen die Wahl der, während der Ferien in Thätigkeit bleibenden Permanenz⸗ kommission statt.

Italien. Rom, 18. März. Die vom Papste neu ernannten 5 Kardinäle sind nach der „Köln. Ztg.: Monsignor Pietro Gianelli, Erzbischof von Sardes in part., und Sekretär der Kon⸗ gregation des Konzils, geb. zu Terni 11. August 1807; Mon⸗ signor M. Graf Ledochowski, bisheriger Erzbischof von Gnesen und Posen, geb. 29. Oktober 1822; Monsignor John Mae CEloskey, Erzbischof von New⸗Jork, geb. 20. März 1801; Monsignor Henry Eduard Manning, Erzbischof von Westminster, geb. 15. Juli 1808; Monsignor V. A. J. Dechamps, aus der Kongregation der Redemptoristen, Erzbischof von Mecheln, geb. 6. Dezember 1810. Der neu ernannte Kardinaldia kon ist Monsignor Domenico Bartolini, Sekretär der Kon⸗ gregation der heil. Riten, geb. zu Rom 16. Mai 1813. Ferner sind folgende Bischofssitze neu versehen: Malta und Rhodus, Lucca, Patti (Sicilien, Lucon, Valence, Mun⸗ kaes, Sidonia in part,, Mariä Einsiedeln (Abt), Milwaukee (zur Metropolitane erhoben), Santafs (Metropolitankirche ge⸗ worden), Philadelphia (nun Metropolitankirche), Boston (jetzt Metropolitane), Chalcedonia in part., Braganza und Miranda in Portugal, Green⸗Bay, Wheeling, Portland, Hartford, King⸗ ston, Peoria (neu errichtet, Bisthum von Maronea in part., Halia in part.

Nußland und Polen. St. Peters burg, 17. März. Die „St. Pet. tg.“ meldet: Herr v. Radowitz, während der Abwesenheit des deutschen Botschafters in außerordentlicher Mission von der deutschen Regierung an unserem Hofe be⸗ glaubigt, ist am Sonntag, den 2. (14) März von hier nach Moskau abgereist.

18. März. (W. T. B.) Der Berner Weltpost⸗ vertrag ist heute von dem Kaiser ratifizirt worden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 12. März. Die Erste Kammer genehmigte bei Berathung des 7. Haupt⸗ titels im Etat für 1876 den Anschlag für die Post mit 3, 860,000 Kronen, und der Auslassung des Staatsausschusses entgegen, die Theuerungszulage für den General-Postdirektor und die Bureauchefs. Fast sämmtliche ferner in dieser Position figuriren⸗ den hauptsächlichen Ausgaben wurden genehmigt. Der Staatsausschuß hat bei seinem heutigen Zusammentreten be—⸗ schlossen, dem Reichstag zu empfehlen, behufs Fortsetzung und Vollendung der Arbeiten bei der Sköfde⸗Karlsborgsbahn 1,500,000 Kronen für 1876 zu bewilligen und gleichzeitig zu gestatten, daß der event. Ueberschuß für eine andere Stammbahn verwandt wird. Die ferneren von der Regierung verlangten 4,500,000 Kronen zum Bau der Bahn von Stovik bis zur norwegischen Grenze wurden ebenfalls zur Genehmigung empfohlen.

Amerika. Aus Südamerika liegen der „A. A. C.“ vom 16. u. A. folgende Nachrichten vor:

Nach Berichten aus Callao vom 10. Februar ist eine außer⸗ ordentliche Kongreßsession einberufen worden, um gewisse Maßregeln, die der Prästdent für die vollständigere Pacifizirung des Landes vor⸗ geschlagen hat, in Erwägung zu ziehen und auch dessen finanzielle Angelegenheiten auf einen besseren Fuß zu stellen. Der Insurgenten⸗ führer Pierola und diejenigen seiner Offiziere und Freunde, denen es glückte, mit ihm zu entkommen, weilen in La Paz, Bolivia. Der Kapitän des britischen Kriegsschiffes ‚Dryad“ hat in Aspin⸗ wall eine Untersuchusg in Betreff der rechtswidrigen Einkerkerung von Dr. Pigott eingeleitet, die zu Tage förderte, daß der Gewaltthat eine sehr unbedeutende Affaire zu Grunde lag, in welcher der Alkalde keine wirkliche Jurisdiktion besaß. Dr. Pigott fordert für die ihm zugefügte Unbill eine Schadloshaltung von 25.000 Dollars.

Asien. Indische Zeitungen enthalten ausführliche Berichte über den Ueberfall einer militärischen Expedition, die aus⸗ gesandt worden war, um das Naga⸗Land zu erforschen. Die Exzpedition bestand aus Lieutenant Holcombe, Kapitän Badglen, 42 Mann des 44. Sylhet⸗Infanterie⸗Regiments, 22 Mann der Sylhet⸗Polizei und 190 Kulis. Die Mannschaften wurden von den Nagas überfallen als sie ihr Frühstück kochten und mit Packen beschäftigt waren. Lieutenant Holcombe wurde zuerst niedergehauen. Kapitän Badgley sah es und feuerte seinen Revolver auf die Nagas ab. Er wurde in seinem Zelt angegriffen, entkam aber, an vier Stellen ver⸗ wundet. 80 Mitglieder der Expedition wurden getödtet, darunter Lieutenant Holcombe, 11 Soldaten und 8 Polizisten, und 42 verwundet. Kapitän Badgley führte die Expedition nach Burasali zurück. Auf dem Wege dahin wurde er mehrere Male angegriffen, trieb aber die Nagas zurück. Seitdem sind Ver⸗ stärkungen nach dem Naga⸗Lande abgegangen. Die neueste indische Post enthält auch die Nachricht von einem neuen Treffen zwischen den Truppen des Emirs von Cabul und denjenigen des rebellischen Shirdars Ayub Khan. Letztere erlitten eine schwere Niederlage.

Das Februar⸗ Heft des Centralblatts für die ge⸗ sammte Unterrichts⸗Verwaltung in Preußen, herausgegeben in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizingl-An—⸗ gelegenheiten, Berlin, 1875, Verlag von Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung), Behrenstraße 7, hat folgenden Inhalt; Außerkurs⸗ setzung von Münzen. Reisekosten und Bureau Einrichtungen der Kreis⸗Schulinspektoren. Erhaltung von Bauwerken im Ressort des Königlichen Finanz ⸗Ministeriums. Diensteinkommen suspendirter Lehrer bei Einstellung des Disziplinarverfahrens in der Berufungs⸗ instanz; Deckung der Stellvertretungskosten während der Amls⸗ suspension. Berufungsfristen in Dtsziplinar -⸗Untersuchungssachen. Preis aufgaben zur Auffindung eines Verfahrens, um Gypsabgüsse gegen Abwaschungen e,, ,. zu machen. Preisertheilungen bel der Akademie der Künste zu Berlin. Kommission für die Preisstiftung zum Andenken Schillers. Wissenschaftliche Prüfungs⸗ kommission für das Jahr 1875. Maturitäts-⸗Aspiranten im Jahre 1873. Befugniß der Aufsichtsbehörde zur Anwendung von Ordnungs⸗ strafen gegen Hal hlieber der Kuratorien höherer Unterrichtsanstalten. Dispensation vom Religionsunterricht. Statistische Erhebungen über Farbe der Augen 2c. der Schüler in höheren und in Volks— schulen. Schröter: Die Mutterschule von Amos Comenius. Kehr und Kriebitzsch: Lesebuch für Lehrerbildungsanstalten. Methode des Gesangunterrichtes im Seminar. Termin für die Turnlehrer⸗ prüfung im Jahre 1875. Zulassung der Kandidaten der Theologie und der Philologie zur Prüfung als Lehrer an Mittelschulen.— Lehrerkonferenzen im Regierungsbezirk Coblenz. Militärdienstpflicht der aus dem Schulamt austretenden Elementarlehrer. Leitung und Beaufstchtigung des Religionsunterrichtes in der Volksschule. Lese⸗ bücher für Volks, Mittel! und höhere Mädchenschulen. Grenzen der rechtlichen Wirksamkeit eines Resoluts in Schulbausachen.

Nr. II des Just iz⸗Ministerial-Blatts für die preu⸗ ßische Gesetzgebung und Rechtspflege, herausgegeben im

ureau des Justiz⸗Ministeriums, enthält folgendes Erkenntniß des Königlichen Sber⸗Tribunglt vom 4. Januar 1875: Das Recht, die Strafverfolgung wegen einer einem Beamten in Ausübung seines Be⸗ rufs zugefügten Beleidigung zu beantragen, steht jedem Vorgesetzten des Beamten ꝛe. selbständig zu. Die Frist beginnt für Jeden mit der ihm gewordenen Kenntniß von That und Thaͤter. Dadurch, daß ein Vorgesetzter den von ihm gestellten Antrag zurückgenommen hat, wird der höhere Vorgesetzte nicht behindert, seinerseits rechtzeitig einen erneuerten Antrag zu stellen. ,