1875 / 70 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 23 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

einigen Tagen an Pleureste erkrankt war, ist heute Abend 6 Uhr gestorben.

Frankreich. Paris, 22. März. (WB. T. B) Die heutige Sitzung der Permanenz⸗Kommission der RNa— tionalversammlung bot kein wesentliches Interesse dar. Die nächste Sitzung wird am 1. April stattfinden.

Spanien. Ueber Versailles, 22. März, Abends, meldet W. T. B.„: Cabrera hat eine neue, vom 11. d. Mis. datirte Proklamation erlassen, in welcher er sein Verhalten zu rechtfertigen sucht und namentlich hervorhebt, daß Don Carlos es abgelehnt habe, sich durch die Einleitung friedlicher Verhandlungen die Achtung

des Landes zu erwerben und auf diesem Wege seine Ideen be⸗

stinimter zu entwickeln. Da gegenwärtig ein Fürst die Krone trage, welchem seine Würde theurer sei und der auch ein guter Katholik sei, so würden die Spanier eine schwere Verantwort⸗ lichkeit auf sich laden, wenn sie nicht die erdrückende Bürde ihrer Zwistigkeiten auf den Stufen des Thrones niederlegen wollten.

Italien. Venedig, 22. März. (W. T. B.) Die Enthüllung des Denkmals für Danielo Manin hat heute in feierlicher Weise stattgefunden. Die Stadt war zu Ehren des Tages reich beflaggt und die Geschäfte blieben geschlossen. .

Asien. Zeugenvernehmung, Vertheidigungs⸗ und Anklage⸗ Rede in der Unterfuchung gegen den Guikwar von Bar oha sind nunmehr abgeschlossen. Grund und Verlauf des Prozesses der nunmehr auf den Äusspruch des Gerichtes wartet, waren, kurz zusammengefaßt, folgende:

Vor kurzer Zeit setzte die indische Regierung eine Kommission ein, um die Angelegenheiten in Baroda zu unterfuchen urd zu ordnen, da man Grund hatte, mit der Regierung des Guikwar, Inh ene n. . unzufrieden zu sein. Insbesondere war auch die Heirath des

ürsten ein Gegenstand der Urterfuchung für die Kommisston. Diefe . hatte sich nie der Billigung des englischen Residenten in

aroda, Obersten Phayre, zu erfreuen, und das Verhältniß zwischen dem Guikwar und dem Okersten wurde in Folge dessen sehr ge⸗ spannt, ja der Guikwar erbat sich sogar von der indischen Regierung einen anderen Residenten. Als sich nun der Oberst im letzten Sep⸗ tember und Oktober sehr unwohl fühlte, und in seinem Morgen sorbette einen Bodensatz fand, den die Aerzte als eine Mischung von Arsenik und Diamantenstaub erklärten, da gerieth er auf den Gedan— ken, der Guikwar habe sich seiner durch langsame Ver⸗ gin zu entledigen gesucht. Er wurde klagbar, und die

egierung nahm die Sache in die Hand und der Prozeß wurde eingeleitet, dessen Entscheidung nun bevorsteht. Aus den Zeugenaussagen geht hervor, daß die Dienerschaft des Obersten, besonders die Ayah (Kammerzofe) seiner Frau und sein Kellermeister Pedro de Souza, mit dem Guikwar in Verkehr standen und von ihm Geld erhielten. Auch scheint sicher zu fein, daß der Kellermeister Gift von dem Guikwar empfing, in der Absicht, es dem Obersten beizubringen. Allein im Ganzen sind die Ausfagen der Belastungs— und, Entlastungszeugen so widersprechend, daß es ganz unmöglich scheint, die Wahrheit herauszufinden. Außer dieser Unglaubwürdigkeit der Zeugen hatte die Vertheidigung, welche von Serjeant Ballantine, einem der geschicktesten englischen Anwälte, geführt wurde, noch einen Hauptanhaltspunkt in dem Gesuche des Guikwar, den Obersten von einem Posten abzurufen, denn das war für ihn der einfachste Weg, alle Schwierigkeiten zu beseitigen, ohne zum Verbrecher zu werden.

Nr. 24 des Amtsblatts der Deutschen Reich s⸗ Post verwaltung“ hat folgenden Inhalt: General ⸗Verfügung:

vom 12. März 1875. Versendung von Fleischwaaren durch die Post. General · Verfügung vom I5. März 1875. Unbefugte 5 Freimarken zu 10 und 30 Silbergroschen bz. zu ? Mark. General- Verfügung vom 19. Mãrz 1875. Unzulãssige Verwendung der aus Briefum schlãgen ausgesch sttenen Frankostempel zur Frankirung. Ge— neral. Verfügung vom 17. März 1875. Verpackung der Begleit⸗ Adressen zu gewöhnlichen Packeten. Gencral Verfügung vom 17.

März 1875. Anwendung der alten und neuen Kartenformulare.

Kunst, Wissenschaft und Ziteratur.

Nach dem Monatsbericht der Königlich Preußischen Akademie der Wiffenschaften für Dezember 1374, kilcd in diesen Monaten folgende Herren: Duncker, Zur Kritik der Matsriaur pour serrir à l'histoire dès années 1805, ses et 1807. ner, Einige Bemerkungen zu Hrn. Goldsteins Beobachtungen an Gas⸗ spectris ). Mommsen, Bericht über den Hr nn des C. J. Lat. Hercher, Ueber die troische Ebene. Dove, Nachtrag zu der im Inni Bericht 1874 p. 387) gelesenen Abhandlung Kühler Mai nach mil⸗ dem Januar! Weierstraß, Zur Theorie der eindeutigen analytischen Funktion einer Vexänderlichen. Du Bols Reymond, Fortgesetzte Be⸗ merkungen über astatische Magnete. Peters, Ueber eine neue Ärt von Maränen, goregonus genérosus, dus der Mark Brandenburg. Siemeng, Beiträge zur Theorie der Legung und Untersuchung sub⸗ mariner Telegraphenleitungen. Ehrenberg, Spezielle Gesammtüber⸗

sicht der mikroskopischen Paläontologie aller von ihm analysirten ma= rinen Gebirgsarten der Erde als Fortsetzung der mikrogeelogischen Studien“.

Im Verlage von Franz Vahlen hierselbst erschien so eben: Das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 über . dung des Persfonenstandes und die Eheschließung, mit einem Kommentar und einem Anhang, enthaltend dle amtlichen For⸗ mulgre von O. Phil ler, Kreisgerichts-⸗Rath. (Preis: S 1,80) Die vorliegende Ausga be des Reichs ⸗Civilehegesetzes enthält in der Eirsei- tung die geschichtliche Entstehung und Begründung des Gesetzes. In den Noten zu den einzelnen Paragraphen ist das gesammt⸗ . zur Erläuterung und Anwendung des Gesetzes unter Ausscheidung alles Unwesentlichen und den praküischen Gebrauch Erschwerenden, aber unter eingehender Berüͤcksichtigung des früheren Rechtszustandes in konciser Weise verarbeitet. Die zum Gesetz vom 9. März 1874 er— gangenen Ministerialrestripte zur Erklärung des Gesetzes haben ebenso wie die amtlichen Formulare Aufnahme gefunden. Diese Beigabe ist für die preußischen Standesbeamten nothwendig, und wird man in den anderen Bundesftaaten die Aufnahme wegen der darin ersicht⸗ 6 bisherigen Erfahrungen in der preußischen Praxis willkommen

eißen.

Die ständige Deputation des Kongresses deutscher Valkswirthe hat, wie die Nat. 3. mittheilt, nunmehr desiniti bestimmt, daß der diessährige (165) Kongreß in den Tagen vom 1. bis 4 September in München stattfindet. Es hat sich daselbst für die Vorbereitungen des Kongreffes bereits ein Lokal⸗Comits unter dem Vorsitz des Ober⸗Bürgermeisters Br. Erhard gebildet, dem unter andern auch der Reichstags ⸗Abgeordnete und Magistrats Rath Dr. v. Schauß und der bayerische Landtags⸗ Abgeordnete Julius Knorr angehören.

Der Redaeteur der „Schlestschen Provinzialblãtter⸗ zahl“. Theodor Oelsner, ist gestorben.

Das zweite Heft der Zeitschrift für deutsche Kultur⸗ geschichte neue Folge, IV. Jahrgang is75, herausgegeben von Dr. J H. Müller, Studienrath, (Hannover, in Kommission bei Carl Meyer) hat folgenden Inhalt: Zur Geschichte des dentschen Humanismus und der deutschen Historiographie. Von Adalbert Ho⸗ rawitz. Hieronymus Michiels. Von 8. Ennen. Beziehungen

( Růbe⸗ am 20. Abends in Breslau

zwischen Deutschland und Italien zur Zeit des Humanismus. Von Ludwig Geiger. Buntes: Dir lomatischer Briefwechsel um eines

V

Kochs willen. Von A. Luschin. Versuch des Herzogs ristian L von Sachsen⸗Merseburg, eine Universität ö. n! ee 2 stellungen in Cöln. Im Verlage der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle ist soeben ein zeitgemäßes Schriftchen erschienen: Mannskript kad Korrektur, Benierkungen und Erläuterungen zum deutschen Buch druger. Normaltarif fuͤr Schriftsteller und Verlagz buchhändler bon D. Bertram, Auministrator der Buchhandlung und BVuchbiu erte des Waisenhauses. Wir werden auf dag Werkchen noch zuruckkommen.

Die neueste Nummer der Illuftrirten Zeitung (Leipzi 35 Weber) vom 20. März enthält n. A. auf . . Blatt in Folio das wohlgetroffene Porträt Sr. Majestät des Kaisers und Königs. ö

Die Nummern lage der Leipziger Zeitung enthalten folgende größere Auf- sätze: Rruters Leben und nachgelassene Schriften Schluß). Dr. H. C. pz d;. Gabelentz als gsterlandischer Geschschtsf orfche. Mustkalisch Zu⸗ stände in Leipzig. Das Literarische . des ersten allgemeinen Beamtenvereins der österreichtsch. ungarischen Monarchie und die Wirk- jamkeit deß letz eren. Komödianienfahrten von Karoline Bauer? Ein? journal istische Retormfrage., Das preußische Gencralstabgwerk hrt den deutsch frauzõsischen Krieg. Briefe aus Paris. Die Thätigkeit des Leipziger Stadttheaters i. J. 1974.

ö. Ven Seiten der auswärtigen Gesangvereine steht, der, Kieler Ztg. zufolge, zu dem am 31. Juli. J. und 3. August d. J. in Itzehoe stattfindenden Sängerfeste des Nieder sächsischen Sängerbundez zu welchem der dortige Bürgermeister bas Ehrenprãsidium übernommen eine überaus zahlreiche Betheiligung zu erwarten, da bis zum 18. d. M. schon über 666 Sänger ange⸗ meldet sind. Die Leitung der zur Aufführung kommenden Gesänge hat der Musikdirektor Stiehl in Eutin übernommen, für das Orchester ist die Kapelle des in Rendsburg garnisonirenden Holsteinischen In⸗ fanterie Regiments Nr. S5, gewonnen. Als Fest. und Gesangshalle ft das Comité das als sehr günstig in der Nähe des Gehölzes be⸗ egene geräumige Militär-Reithaus zu erhalten.

In dem Vorrathe an Lebensmitteln, womit die britisch e Vordp o- Exzediton ausgerüstet wird, bildet ‚Pemmican“ den Hauptartikel Die Indianer Nordamerikas sollen diefe Speise zuerst bereitet haben. Für die Expedition nimmt man hierzu die besten Theile des besten schottichen Ochsenfleisches, alles Fett wird sorg⸗ fältig entfernt und das Fleisch gründlich getrocknet. Hierauf wirb és zu Pulver zerftoßen, Salz und Zucker wird beigegeben und dann ver— packt man es in Blechbüchsen, von denen jede 56 Pfund enthalt. Auch Pemmican⸗Zwieback wird angefertigt; in diesem Falle wird PVemmiegn mit Mehl gemischt. Der ganze Vorrath von Lebens⸗ mitteln ist von der besten Beschaffenheit. Insbesondere ist für guten Rum ig, . ö

Die Haut des iesen haifisches, der unlängst auf der Insel Wight an den Strand geworfen wurde, ist für das britische Museum angekauft und bereits nach London gebracht worden. Die Länge derselben beträgt. 29 Fuß, der Körperumfang 15 Fuß. Die Zãhne sind außerordentlich klein und ganz verschieden von ben großen, weißen Zähnen der gewöhnlichen Haiffsche. Diese Haifischart (6qualus maxim ns, getorinus marimns, squalus dephas) zeigt sich im Frũhjahre in graßer Anzahl an der Nordwestküste von Donegal und Ciew Bai in Irland, wahrscheinlich um dort zu laichen. Im Uebrigen weiß man wenig von den Gewohnheiten dieser . die wahrscheinlich die größte Art Haifische sind. Irländische Fischer machen Jagd auf dieselben wegen des Thranes, der aus ihrer Leber gewonnen wird.

; Verkehrs⸗Anstalten.

München, 23. März. (W. T. B.) In der heute stattgehabten Generalversammlung der Bayerischen Ost bahn wurde der mit der hbayerischen Regierung abgeschloffene Kaufvertrag mit O57 gegen 264 Stimmen genehmigt. Ein Antrag auf eventuelle Auflösung und Liquidation der Gesellschaft wurde einstimmig an⸗ genommen. z

In der am 6. März unter! dem Vorsitz des Freiherrn v. Richt- hofen abgehaltenen Sitzung der Berliner Gesellschaft für Erdkunde hielt nach Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten Herr v. Boguslawsky einen Vortrag uber Tiefseeforschungen. Be⸗ reits hat die Hydrographie, obschon einer der füngsten Zweige unserer Erd⸗ kunde, für Tiefe der Meere, deren Temperatur, Strömungz. unt biss gischen Verbältnisse Gesetzmäßiges gefunden und ist so für die Schiffahrt ven unschätzbarem Nutzen geworden. Als Begründer dieser Wissen⸗ Het ist der vor zwei Jahren verstorbene amerikanische Commobore

.F. Maury zu betrachten; vor kaum 30 Jahren führte derselbe die ersten systematischen Beobachtungen zur See ein. Die Legung unterseeischer Kabel unterstützte die einschlägigen Bestrebungen. Auch die deutsche Nation ist in jüngster Zeit als erfolgreiche Mitarbeiterin guf dem Schauplatz dieser Thätigkeit erschienen, so in den deutschen Nordpolar⸗Expeditionen, in den wissenschaftlichen Unter suchungen der Ost⸗ und Nordsee durch die Kieler Ministerialkommission zur Er⸗ forschung deutscher Meere, so endlich neuerdings in der wissenschaft⸗ lichen Expedition der „Gazelle“, der ersten deutschen maritimen Ex⸗ edition, welche ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken gewidmet ist. Die Gazelle war beranntlich beauftragt, die zur Beobachtung des Venus durch⸗ ganges auf den Kerguelen bestimmten Gelehrten dorthin zu bringen und nach gelbfter Aufgabe nach der Jusel Manritius zu gehen. Während dieser Zeit hat die „Gazelle“ in den von ihr durchfahrenen Meeren und auf den Kerguelen selbst nach den ihr von der Admiralität ertheilten Instruktionen hydrographische, physikalische und biologische Beobachtungen und Untersuchungen ausgeführt. Die Berichte ihres Kommandanten, Freiherrn von Schleinitz, liegen bis t vor von Kiel bit zum Cap der guten Hoffnung (I. Juni is 26. September verigen Jahres); sie erstreckten sich auf den öst⸗ lichen Rand und zum Theil auf die Mitte des atlantsschen Beckens, das sich besonders für die Tiefseeforschung eignet. Die Ergebnisse fett der Vortragende, soweit sie die Bestimmung der Tiefen und er Temperaturvertheilung betreffen, wie folgt zusammen. Noch bis vor 20 Jahren glaubte man, die Meerestiefe einfach mit dem Senk— blei ermitteln zu können. Diese Annahme hat sich als irrig erwiesen; bei Tiefen über 1500 Faden 6 Fuß) ist das Aufstoßen dez Senk' bleis nicht mehr bemerkkar, die Leine wickelt sich vielmehr immer weiter ab. Unterseeische Strömungen ferner veranlassen seitliche Ab⸗ lenkungen. So kam es denn. daß die. Meeregtiefe lange Zeit erheb.= lich überschätzt worden ist. Tiefen, wie ste Denham im südatlanti⸗ ichen Ocean mit 46, 000 Fuß und Parker an der Küste von Bra⸗ stlien mit 50, 0090 Fuß gefunden haben wollte, sind auf die Hälfte oder Zweidrittel zu ermäßigen. Inzwischen sind durch Maury, den Amerikaner Brooke. Mac Clintock, Verbefferungen bes Tieflothappa⸗ rates ersJnnen morden, aus denen schließlich die jetzt üblichen Fitzgerald⸗ und die Hydra⸗Apparate hervorgingen, welche auch Untersuchungen der Beschaffenheit des Meeresboden ermötlichen. Den letzteren in allerdings wesentlich verbesserter Konstrukfton, benußsn das englische Schiff. Challenger und die Gazelle Eine andere Methode rührt von dem berühmten Glasgower Phystker Sir William Thomfon her und ist mit großem Erfolge auf dem amerikanischen Schiff Tus cgrora angewen⸗ det dei den vorbereitenden n, , . über die Ausführbarkeit eines unterseeischen Kabel zwischen Amerika und Asien. Es sind nun ge—⸗ messen vom Challenger nicht über 4009 Faden im atlantischen, von Tuscarora- nicht über 4709 Faden im stislen Ozean, die früher be= aupteten Tiefen von 7900 Faden und darüber sind nirgend gefunden. Die größte im atlantischen Ozean ire. Tiefe beträgt 3875 Fa— den Kotz. Meter) S5. Seemellen nßrdlich von St. Thoma, Die Kei nächstgrößten Tiefen über 3009 Faden zwischen Teneriffa und St. Themas. Im südatlantischen Ozean . die größte gemessene Tiefe 2859 Faden unweit der gGapstadt. Besonders intereffant ist die Kon⸗ 5. zweier Bodenerhebungen im genannten Ozean, welche wahr⸗ cheinli miteinander zusammenhängen und ihn in ein östliches und westliches Becken theilen. Von 173 vom Challenger vorgenommenen

Lothungen waren 145 innerhalb der Grenzen von 1000 biz 3000 Fa⸗ den, die mittlere Tiefe des atlantischen zean dürfte also ca. 2000

Faden sein. Die „Gazelle! hat einen bedeutend kleineren Theil desselben Meeres durchforscht; theils hat sie die Challenger · Resultate bestätigt, theils neue Thatsachen der Wisfenfchaft errungen. Sie verließ am 21. Juni vorigen Jahres Kiel, nachdem der Hydrograph der Admiralität, Profefsor Dr. Neumayr die wissenschaftlichen Instruktionen für die Offiziere zu Ende geführt, hatte. Von Plymouth aus begannen am 1 Inli die eigentlich wissenschaftlichen Arbeiten. Am 18. August erreichten sie die Insel Ascenston, begab sich von da nach Banang, also an je⸗ nen Theil der afrikanischen Westküste, welcher die Operations basis unserer Expedition zur Erforschung Central⸗Afrikas bildet. Sie un⸗ ternahm bei dieser Gelegenheit eine Rekognitionsfahrt den Congo hin⸗ auf. Am 26. September lief sie in die Tafelbai am Kap ein. Wäh⸗ rend dieser Fahrt hat Hr. v. Schleinitz zwei neue und interessante That⸗ sachen aufgedeckt. Die eine ist die, daß der Ring der zu den Central. vulkanen zählenden Inseln der Kap Verden sich auch unter dem Wasser stark ausprägt, die zweite die Entdeckung zweier nahe bei einander liegender, bisher nicht bekannter Bodenerhebungen von be⸗ züglich 1640 und 1450 Faden Tiefe, während nicht weit davon 2000 Faden und darüber gelolhet wurden. Diese und bie vom Challenger sonstatirten Bodenerhehungen machen eine umfangreiche untersceifche Gebirgskette wahrscheinlich, die auch geologisch interessant wäre. Eine andere wichtige Errungenschaft der neueren Tiefseeforschungen ist der wiederholt geführte Nachweis, daß die größten Tiefen nicht mitten im Ozean, sondern unweit der Festlandsküste oder in der Nähe von Inseln sich finden. Am Rande des Kurostwostroms ergaben sich dagegen 4670 Faden, bis jetzt die größte mit Sicherheit gelothete Tiefe. Betreffs der Temperaturverhältnisse im Meere herrschte noch bis vor wenigen Jahren die Meinung, daß in nächster Nähe des Meresbodens die Temperatur 40 C. betrüge, weil bei dieser auch für das See⸗ wasser das Maximum der Dichtigkeit einträte, und das schwerere Wasser sich natürlich am Boden befinden müsse. Die Temperatur⸗ beobachtungen von Sir James Roß auf feinen antarktischen Polar⸗ fahrten (1840 —– 1843) hatten allgemein die Ansicht zur Geltung ge—⸗ bracht, daß die Temperatur vom Aequator an bis zum 570 sũdl. Br. mit der Tiefe bis zu 40 abnehme; hier habe die Wasserschicht näch den Polen zu von oben bis unten gleichmäßig s, und in noch höheren südlichen Breiten nehme die Temperatur mit der Tiefe wieder zu. Gleichwohl waren ältere Beobachtungen, welche Sir John Roß mit „Sabine“ 1818 auf ihrer arktischen Reise gemacht und welche jenseits des Polarkreises in mäßigen Tiefen (500 Faden) eine Temperatur von 3,6 C. ergeben hatten, während die Oberfläche O Grad und darüber zeigte, richtiger. Das Meerwasse,, im Zustande der Salzlösung, zieht sich bis über den Gefrierpunkt vom Sußwaffer hinaus zusammen und gefriert im ruhigen Zustand erst bei 3, Grad, im bewegten freilich etwas früher, aber immer noch einige Grade unter Null. Die Versuche von Despretz und Zöppritz haben dies unwiderleglich dargethan. In Tiefsee⸗ Temperaturmessungen wer⸗ den ietzt die gegen Druck vollständig geschützten Miller Cosella'schen Thermometer benutzt. Ein anderes Instrument, dem voraussichtlich eine bedeutende Zu unft beschieden ist, ist vom Professor Neumayer erfunden; es fußt, wie auch der Siemenssche Apparat, auf dem Prinzip der Registrirung der in verschiedenen Tiefen gefundenen Temperaturen durch Clektrizitaͤt und fixirt den Thermometerftand in der Ticke auf photo⸗ graphischem Wege durch das Licht Geißlerscher Röhren. Im Allgemeinen nun nimmt die Temperatur nach der Tiefe zu ab, zuerst schneller, dann langsamer. Zuweilen befindet sich aber unter der von der Sonne erwärmten, höchstens 100 Faden tiefen Schicht eine . wärmere, die von einer wärmeren Unterströmung Herrührt. An odentempe⸗ ratur hat sich ergeben: in der Nähe der Polarmeere is 1,65, in diesen selbst 35 und darunter, in mittleren und niedrigeren Breiten bei 2 - 3000 Jaden Tiefe 4 10 bis 4 30, am equator ba egen nur wenig 0 Die einfachste Erklärung hierfür wäre die, 3 in den unteren Schichten von den Polen her ein Zufluß kalten Waffers nach dem Aequator stattfindet und von diesem an der Ober flãche wãrmeres

schon längst von einigen Wenigen erkannte, gelassene allgemeine ozeanische Cirkulation in neuester Zeit evident nachgewiesen. Schon vor 30 Jahren hat der deutsche Professor und russische Akademiker Lenz in St. Petersburg eine solche Cirkulalson ge⸗ folgert, wie sie jetzt der englische hysiker Carpenter auf den Tiefsee⸗ temperatur Beobachtungen des Challenger“ dargethan hat. Die polare Kälte und aäͤquator ale Wärme veranlassen danach eine Störung des , Gleichgewichts und die Folge davon ist die Cir= ulation.

aber immer außer Acht

Mittheilungen aus Frankenthal zufolge, ist die Kaiser⸗

gloce jetzt so weit fertig gestellt, daß mit deren Transport na Cöln in der Woche nach Sstern begonnen werden kann. Der ö. dazu gebaute Wagen, auf welchem die Glocke bis zum Kanal ge⸗ bracht werden soll, wird eben zum Gebrauch hergerichtet. Zu Wasser wird, sie auf einem gewöhnlichen Rheinschiffe transportirt. Gegen⸗ wärtig hängt die Glocke noch auf dem Stuhle und kann angeschlagen werden; sofort nach den Osterfeiertagen wird sie jedoch herabgelassen und mit ihrer Verladung begonnen.

ö. Das von dem Bildhauer Brunow nunmehr vollendete, gegen 9 Fuß hohe Modell der zur Aufstellung in Parchim bestimmten Moltkest a tue wird, bevor es an die Erzgießerei abgeht, von mor—⸗ gen ab auf einige Zeit täglich von 11—3 Uhr in dem Atelier dez 6 Bernburgerstraße 14, für Kunstfreunde oͤffentlich aus⸗ gestellt sein.

2 Theater.

Der Dichter des im Königk Schauspielhause mit Bei— fall aufgenommenen Schauspiels Die Modelle des Sheridan“ ist, wie man hört, Hr. Hugo Lubiiner, der Sohn eines hiesigen Fabrikanten.

Des Meeres und der Liebe Wellen“ von Grillparzer kommt morgen mit Frl. Frank als Hero“ im Stadttheater zur Aufführung. Die Direktion des Stadttheaters hat, um die interessante . zu ermöglichen, neue Dekorationen zu dem Stücke anfertigen laffen. Heute . das letzte Auftreten des Frl. Therese Both statt in „Erziehung macht den Menschen.“ = Ee Fräische Luft“, das neueste Lustspiel von Ernst Wichert, ist von der Direktion des Bellealliance-Theaters für die be⸗ vorstehende Sommersaison angenommen.

= Wie das Dr. J.“ auf telegraphischem Wege aus Wien erfährt, hat der Direkter des Carltheaters, Hr. Franz Jauner, die Berufung als Kaiserlicher Direktor des Hofoperntheaters erhalten, welche Stelle bekanntlich zur Zeit noch Johann Ritter v. Herbeck bekleidet.

Nach dem neuesten Bade ⸗Blatt“ für Wiesbaden betrug die Zahl der im Jahre 1875 an wesenden und durchgereisten Fremden am 20. März bereits 6451.

Redacteur: F. Preh m. Verlag der Grpedition (KResse h. Drück W. Elgn er. Vier Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage), 4 eine Einlage, betreffend Substriptions⸗ Einladung auf den in Stuttgart ers enden „Allgem. Submisstong⸗ Anzeiger für Dentschland, Desterreich und die Schweiz / mit

Berlin:

Wasser nach den Polen zu abfließt und in der That ift diese

Beilage: Wochenblati für den dentschen Solzhandel.⸗

17 bis 22 der Wissenschaftlichen Bei

rationen, Gesellschaften oder Privatpersonen ausgegebenen Schuldver

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-A1nzeiger.

Mn 76.

Deutsches Reich. Auslieferungsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und Belgien. Vom 24 Dezember 1874.

Nachdem Se. Majestãt der Deutsche Kaiser, König von Preußen, und Se. Majestät der König der Belgier übereingekommen sind, einen Vertrag wegen gegenseiriger Auslieferung der Verbrecher a, haben ner n n zu diesem Zwecke mit Vollmacht versehen, und zwar: Se. Majestät der Deutsche Kaiser, Könis von Preußen: : . .

den Herrn Ferdinand Stumm, Allerhöchstihren degations Sekretär und Geschäftgträger des Deutschen Reichs bei der Königlich belgijchen Regierung, Inhaber der Königlich preußischen Orden: des Eisernen Kreuzes, des Rothen Adler-⸗Srdens vierter Klaffe, des Königlichen Kronen- Ordens vierter Klafse mit Schwertern, des Ritterkreuzes zweiter Klasse des Großherzoglich cldenburgischen Haus⸗ und Verdienst- Ordens, der Fürstlich lippeschen Militär-Ver⸗ dienst⸗Medaille mit Schwertern ꝛc., .

Se. Majest ät der König der Belgier:

Allerhöchstihren Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, den

Grafen Wilhelm B. F. K. von Aspremont -Lynden,

Offizier des Königlich belgischen Leopeld, Ordenz, Komthur des Herzoglich Ernestinischen Haus. Ordens, Ritter des . preußi-· schen r hen Adler Ordens 1. Klasse, Großkreuz des K. K öster⸗

reichischen Leopold⸗Ordens, sowie des Kaiserlich russischen Weißen

Adler Ordens, Mitglied des Senats ꝛc, ; welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer in guter und gehöriger 6 befundenen Vollmachten, über folgende Artikel über einge⸗ ommen sind: .

I ni Die hohen vertragenden Theile verpflichten sich durch gegenwärtigen Pertrag, sich einander in allen nach den Bestimmungen desfelben zulässigen Fällen diejenigen Personen auszuliefern, welche wegen einer der nachstehend aufgezählten strafbaren, im Gebiete des ersuchenden Staates begangenen und daselbst strafbaren Handlungen, sei es als Thäter oder Theilnehmer, verurtheilt oder in Anklagestand versetzt oder zur gerichtlichen Untersuchung gezogen worden sind, nämlich:

. Todschlags, Mordes, Giftmordes, Elternmordes und Kindes mordes; . ;

2) wegen vorsätzlicher Abtreibung der Leibesfrucht;

3) wegen Aussetzung eines Kindes unter sieben Jahren oder vor sätzlicher Verlassung eines solchen in hülfloser Lage;

) wegen Rauhes oder Verheimlichung eines Kindes unter steben Jahren, wegen Entführung, Unterdrückung, Verwechselung und Unter⸗ schiebung eines Kindes; . .

5) wegen Entführung einer minderjährigen Person; . 9 wegen vorsätzlicher und rechtswidriger Berauhung der persön⸗ lichen Freiheit eines Menschen, insofern sich eine Privatperson der— selben schuldig macht; . .

wegen Eindringens in eine fremde Wohnung, insofern sich eine Privatperson derselben schuldig macht und die Handlung nach der Gesetzgebung beider Theile strafbar ist;

8) wegen Bedrohung eines Anderen mit einem als Verbrechen strafharen Angriffe auf die Person oder das Eigenthum;

9) wegen unbefugter Bildung einer Bande, in der Absicht, Per⸗ sonen oder Eigenthum anzugreifen;

10 wegen mehrfacher Ehe;

1I) wegen Nothzucht; .

12 wegen Vornahme unzüchtiger Handlungen mit Gewalt oder unter Drohungen nern von der Gesetzzebung beider Theile mit Strafe bedrohten Fällen;

13) . Vornahme unzüchtiger Handlungen mit oder ohne Gewalt oder Drohungen an einer Person des einen oder anderen Heschlechts unter vierzehn Jahren, sowie wegen Verleitung solcher Personen zur Verübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen;

14 wegen a, Kuppelei mit minderjährigen Per⸗ sonen des einen oder anderen Geschlechts;

15) wegen vorsätzlicher Mißhandlung oder Verletzung eines Men— chen, welche eine voraussichtlich unheilbare Krankheit oder dauernde Kenne e gg rin oder den Verlust des unumschränkten Gebrauchs eines Organs, eine schwere Verstümmelung oder den Tod, ohne den Vorsatz zu tödten, zur Folge gehabt hat; .

16) wegen Diebstahls, Raubes und Erpressung; .

17) wegen Unterschlagung und Untreue in den allen, in welchen diese Handlungen von der Gesetzgebung beider vertragenden Theile mit Strafe bedroht sind;

18) ö 86 in denjenigen Fällen, in welchen derselbe nach der Gesetzgebung beider Theile als Verbrechen oder Vergehen strafbar ist;

19 wegen betrüglichen Bankerutts und betrüglicher Benachtheili⸗ . . ;

wegen Meineides; . ;

33 3 falschen Zeugnisses und wegen falschen Gutachtens eines Sachverständigen oder Dolmetschers, in den Fällen, in welchen diese Handlungen von der Gesetzgebung beider Theile mit Strafe be⸗ droht sind; .

ht j wegen . eines Zeugen, Sachverständigen oder Dol⸗ metschers zum Meineide; .

5 . Fãlschung von Urkunden oder telegraphischen Depeschen in betrügerischer Absicht oder in der Absicht, Jemandem zu schaden, sowie wegen wissentlichen Gebrauchs falscher oder gefälschter Urkunzen und telegraphischer 6 in betrügerischer Absicht oder in der Ab⸗

t, Jemandem zu schaden; . ; . .. 23 wegen v n gn, und rechtswidriger Vernichtung, Beschä⸗ digung oder Unterdrückung einer öffentlichen oder Privaturkunde, be—⸗ gangen in der Absicht, einem Anderen zu schaden;

25) wegen Fälschung oder Verfälschung von Stempeln, Stempel⸗ zeichen, Marken oder Siegeln, in der Absicht, sie als echte zu ver wenden, und wegen wissentlichen Gebrauchs falscher oder gefaͤlschter Stempel, Stempelzeichen, Marken oder Siegel;

26) wegen Falschmünzerei, nämlich wegen Nachmachen und Ver⸗ änderns von Metall und Papiergeld, sowie wegen wissentlichen Aus⸗ ebens und k von nachgemachtem oder verfälschtem

etall⸗ oder Papiergeld; . ;

27) . und Verfälschens von Bankbillets und andern vom Staate, oder unter Autorität des Staats, von Korpo⸗

reibungen und sonstigen Werthpapieren, sowie wegen wissentlich en e nr und Inumlaufsetzens solcher nachgemachten oder gefälschten Bankbillets, ,, anderer Werthpapiere; 28) wegen vorsätzlicher Brandstiftung; ; . - 29) e. Unterschlagung und Erpressung Seitens öffentlicher Beamten; .

eam wegen Bestechung öffentlicher Beamten zum Zweck einer Ver⸗

l ihrer Amtspfücht; . n ,, . strafbarer Handlungen der Schiffsführer und Schiffsmannschaften auf Seeschiffen: vorsätzliche und rechtswidrige erstsrung eines Schiffes, vorsätzlich bewirkte Strandung eines Schiffes,. Widerstand mit Thätlichkeiten gegen den Schiffsführer, wenn dieser Widerstand von mehr denn einem Drittheile der Schiffsmann—⸗ übt ist; . ö und rechtswidriger gänzlicher oder theil⸗ weiser Zerstõrung von Eisenbahnen, Dampfmaschinen oder Tele

Berlin, Dienstag, den 23. März

egenständen, durch Verrückung von Schienen oder ihrer Unterlagen, 83 Wegnahme von Weichen oder Bolzen oder durch Bereitung von Hindernissen anderer Art, welche dazu geeignet sind, den Zug aufzu— halten oder aus den Schienen zu bringen; 33) wegen vorsätzlicher und rechtswidriger Zerstörung oder Be— schädigung von Gräbern, öffentlichen Denkmälern oder öffentlich aus— gestellten Kunstgegenständen; von baulichen Anlagen, Lebensmitteln, Waaren oder anderen beweglichen Sachen; von Feldfrüchten, Pflanzen aller Art, Bäumen oder Pfropfreisern, von landwirthschaftlichen Ge- räthschaften, von Haus. oder anderen Thieren, in denjenigen Fällen, in welchen diese Handlungen nach der Gesetzgebung beider ver⸗ tragenden Theile als Verbrechen oder Vergehen strafbar sind; . 34) wegen Verhehlung von Sachen, welche durch eines der im gegenwärtigen Vertrage vorgesehenen Verbrechen oder Vergehen er- langt worden sind, wofern diese Handlung nach der Gesetzgebung der beiden vertragschließenden Theile strafbar ist. Es kann indessen, wemn das Verhrechen oder eUrgehen, wegen deffen ein Antrag auf Auslieferung gestellt wird, außerhalb des Ge— bietes des ersuchenden Theils begangen worden ist, diesem Antrage alsdann stattgegeben werden, wenn nach der Gesetzgebung des ersuchtea Staates wegen derselben, außerhalb seines Gebietes begangenen Hand- lungen eine gerichtliche Verfolgung statthaft ist. . Art. 2. Die Auslieferung kann auch wegen Versuches einer der in Artikel 1 aufgeführten strafbaren Handlungen stattfinden, wenn der Bersuch derselben nach der Gesetzgebung der beiden vertragenden Theile mit Strafe bedroht ist. . Art. 3 Kein Deutscher wird von Seiten der Regierungen des Deutschen Reichs an die belgische Regierung, und von Seiten dieser kein Belgier an eine Regierung des Deutschen Reichs ausgeliefert werden. ; . Ist die reklamirte Person weder ein Deutscher noch ein Belgier, so kann der Staat, an welchen der Auslieferungsantrag gerichtet wird, von dem gestellten Antrage diejenige Regierung, welcher der Verfolgte angehört, in Kenntniß setzen, und wenn diese Regierung ihrerseits den Angeschuldigten beansprucht, um ihn vor ihre Gerichte zu stellen, so kann diejenige Regierung, an welche der Auslieferungs. antrag gerichtet ist, den Angeschuldigten nach ihrer Wahl der einen oder der anderen Regierung ausliefern. .

Art. 4. Die Auglieferung soll nicht stattfinden, wenn die von einer Regierung des Deutschen Reichs reklamirte Person in Belgien, die Seitens der belgischen Regierung reklamirte Person in einem der Staaten des Deutschen Reichs wegen derselben strafbaren Handlung, wegen deren die Auslieferung beantragt wird, in Unter suchung ge⸗ wesen und außer Verfolgung gesetzt worden, oder sich noch in Unter— suchung befindet oder bereits bestraft worden ist.

Wenn die von einer Regierung des Deutschen Reichs reklamirte Person in Belgien, oder wenn die Seitens der belgischen Regierung reklamirte Person in einem der Staaten des Deutschen Reichs wegen einer anderen strafbaren Handlung in Untersuchung ist, so soll ihre Auslieferung bis zur Beendigung dieser Untersuchung und vollendeter Vollstreckung der etwa gegen sie erkannten Strafe aufgehoben werden.

Art. 5. Wenn eine reklamirte Perjon Verbindlichkeiten . , ,, eingegangen ist, an deren Erfüllung sie durch die Aus—

ieferung verhindert wird, so folt dieselbe dennoch ausgeliefert werden und es bleibt dem dadurch beeinträchtigten Theile überlassen, seine Rechte vor der zuständigen Behörde geltend zu machen. .

Art. 6. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages finden auf solche Personen, die sich irgend eines politischen Verbrechens oder Vergehens schuldig gemacht haben, keine Anwendung. Die Person, welche wegen eines der in Art. 1 und 2 aufgeführten gemeinen Ver— brechen oder Vergehen ausgeliefert worden ist, darf demgemäß in dem⸗ jenigen Staate, an welchen die Aue lieferung erfolgt ist, in keinem Fall wegen eines von ihr vor der Auslieferung verübten politischen Ver— brechens oder Vergehens, noch wegen einer Handlung, die mit einem solchen politischen Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang steht, noch wegen eines Verbrechens oder Vergehens, welches in dem gegen- wärtigen Vertrage nicht vorgesehen ist, zur Untersuchung gezogen und

estraft werden. ; . . . Angriff gegen das Oberhaupt einer fremden Regierung oder gegen Mitglieder feiner Familie soll weder als politisches Vergehen, noch als mit einem solchen in Zusammenhang stehend angesehen wer⸗ den, wenn dieser Angriff den Thatbestand des Todschlags, Mordes

er Giftmordes bildet. . . ö 16 tz Die Auslieferung soll nicht stattfinden, wenn seit der begangenen strafbaren Handlung oder der letzten Handlung des Straf⸗ richters, oder der erfolgten Verurtheilung nach den Gesetzen desjenigen Staates, in welchem der Verfolgte zur Zeit, wo die Auslieferung be— antragt wird, sich aufhält, Verjährung der strafgerichtlichen Verfolgung oder der erkannten Strafe eingetreten ist. .

Art. 8. Die Auslieferung eines der in Art. 1 und 2 aufgeführten strafbaren Handlungen Beschuldigten soll bewilligt werden auf Grund eines verurtheilenden Erkenntnisses oder auf Grund eines förmlichen Beschlusses des zuständigen Gerichts auf Versetzung in den Anklage stand oder Eröffnung des Hauptverfahrens, oder auf Grund einer von dem zuständigen Richter erlassenen Verfügung, in welcher die Verweisung des Beschuldigten vor den erkennenden Richter aus drück⸗ lich angeordnet wird, oder auch auf Grund eines Haftbefehls oder eines andern von der zuständigen Behörde erlassenen Dokumentes, welches die gleiche Geltung hat und worin der Thatbestand, sowie die darauf anwendbare strafgesetzliche Bestimmung genau angegeben ist, insofern diese Schriftstuͤcke in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift und zwar in denjenigen Formen beigebracht sind, welche die , des die Auslieferung begehrenden Staates vor reiht.

Die Anträge auf Auslieferung erfolgen im diplomatischen Wege. Der Schriftwechsel und die Verhandlungen können jedoch je nach den Umständen des einzelnen Falles unmittelbar zwischen der bei der Aus⸗ lieferung betheiligten . des Deutschen Reichs und dem König⸗

i lgien stattfinden. ö 36. 2 ö einer in Art. 1 und 2aufgezählten straf⸗ baren Handlungen Verfolgte darf in dringenden Fällen vorläusig fest⸗ genommen werden gegen Beibringung eines Haftbefehls, welcher von dem Untersuchungsrichter des jenigen Ortes, an welchem der Verfolgte sich befindet, auf Grund einer amtlichen Mittheilung der zuständigen Behörde des die Auslieferung betreibenden Staates erlassen ist.

In diesem Falle muß der vorläufig Festgenommene wieder auf freien Fuß gesetzt werden, wenn ihm nicht binnen 15 Tagen nach seiner Verhaftung eines der in dem Art. 8 des gegenwärtigen Ver trages aufgeführten gerichtlichen Dokumente mitgetheilt worden ist.

Diese Frist beträgt drei Wochen, wenn die Auslieferung im Na— men eines dersenigen zum Deutschen Reiche gehörenden Staaten, welche nicht an Belgien grenzen, oder umgekehrt im Namen Belgiens aus einem der genannten Staaten beantragt ist. . .

Art. 10. Alle in Beschlag genommenen Gegenstände, welche sich zur Zeit der Festnahme im Besitz des Auszuliefernden befinden, sollen, wenn die zuständige Behörde des um die Auslieferung ersuchten Staates die Ausantwortung deiselben angeordnet hat, dem ersuchenden Staate mit übergeben werden, und es soll sich diese Ueberlieferung nicht blos auf die entfremdeten Gegenstände, sondern auf alles er- strecken, was zum Beweise der strafbaren Handlung dienen könnte.

Jedoch werden die Rechte dritter Personen an den oben erwähn⸗ ten Gegenständen vorbehalten und es sollen ihnen dieselben nach dem Schluffe des gerichtlichen Verfahrens kostenfrei zurückgegeben werden.

Art. 11. Die vertragenden Theile gestatten ausdruͤcklich die Aus⸗

1875.

Vertrages näher bezeichneten gerichtlichen Dokumente, in Urschrift oder beglaubigter Abschrift, voraus gesetzt, daß die strafbare Handlung, wegen welcher die Auslieferung beantragt wird, in dem gegenwärtigen Vertrage inbegriffen ist und nicht unter die Bestimmungen der vor— angehenden Art. 6 und ]? fall. 5

Art. 12. Die vertagenden Theile verzichten darauf, die Erstattung derjenigen Kosten zu verlangen, welche ihnen aus der Festnahme und dem Unterhalte des Auszuliefernden und seinem Transporte bis zur Grenze erwachsen, willigen vielmehr gegenfeitig darin, diefe Kosten selbst zu tragen. .

Art. 13. Wenn in einem Strafverfahren wegen Handlungen, welche nicht zu den politischen Verbrechen und Vergehen gehören, einer der vertragenden Theile die Vernehmung von Zeugen, welche sich im Gebiete des andern Theils aufhalten, oder irgend eine andere Unter⸗ suchungshandlung für nothwendig erachten sollte, so wird ein ent⸗ sprechendes Ersuchschreiben auf viplomatischem Wege mitzetheilt und demselben nach Maßgabe der Gesetzgebung des Landes, wo der Zeuge vernommen oder der Akt vorgenommen werden soll, Folgze gegeben werden. Die Ausführung des Antrags kann verweigert werden, wenn die Untersuchung eine Handlung zum Gegenstand hat, welche nach den Gesetzen des Staates, an welchen das Erfuchschreiben gerichtet ist, 2 e ra ist, oder wenn es sich um rein fiskalische Vergehen handelt. . J Die vertragenden Theile verzichten gegenseitig auf alle Ersatz ansprüche wegen der aus der Ausführung der Reguisition entspringen⸗ den Kosten, sofern es sich nicht um Gutachten in Straf oder Han delssachen oder Sachen der gerichtlichen Medizin handelt, welche meh— rere Termine erfordern. .

Art. 14. Wenn in einer Strafsache, welche nichtpolitische Ver⸗= brechen oder Vergehen zum Gegenstand hat, das perfönliche Erschei⸗ nen eines Zeugen nothwendig ist, so wird die Regierung des Landes, in welchem der Zeuge sich aufhält, ihn auffordern, der an ihn erge⸗ henden Ladung Folge zu leisten. In diesem Falle werden ihm di⸗ Kosten der Reise, welche von seinem derzeitigen Aufenthaltsorte zu berechnen sind, Jowie die Kosten des Aufenthaltes nach den Tarif; sätzen und den Reglements des Landes bewilligt, wo die Vernehmung stattfinden soll; auch kann dem Zeugen auf seinen Antrag durch die Behörden seines Wohnorts der Gesammtbetrag oder ein Theil der Reisekosten vorgeschossen werden; diese Kosten werden demnächst von der kei der Vernehmung interesstrten Regierung zurückerstattet.

In keinem Fall darf ein Zeuge, welcher in Folge der in dem einen Lande an ihn ergangenen Vorladung freiwillig vor den Richtern des anderen Landes erscheint, daselbst wegen früherer strafbarer Hand⸗ lungen oder Verurtheilungen oder unter dem Vorwande der Mit— schuld an den Handlungen, welche den Gegenstand der Untersuchung, in welcher er als Zeuge erscheinen soll, bilden, zur Untersuchung ge— zogen oder in Haft genommen werden. Hiebei kemmt es auf die Staatsangehörigkeit des Zeugen nicht an. . .

Art. 15. Wenn in einer Strafsache. welche nichtvolitische Ver⸗ brechen oder Vergehen zum Gegenstand hat, die Mittheilung on Be⸗ weisstücken oder von U kunden, die den Händen der Behörden des anderen Landes sind, für nothwendig oder nützlich erachtet wird, so soll deshalb das Ersuchen auf diplomatischem Wege gestellt, und demselben, wenn nicht besondere Bedenken entgegen stehen, stattgegeben werden, dies jedoch nur unter der Bedingung, daß die Beweisstücke und Urkunden zurückgesandt werden. ;

Die vertragenden Theile verzichten gegenseitig auf Ersatz der Kosten, welche aus der Ausantwortung und Rücksendung der Beweis⸗ stücke und Urkunden bis zur Grenze entstehen. .

Art. 16. Die vertragenden Theile machen sich verbindlich, sich gegenseitig die Straferkenntnisse wegen Verbrechen und Vergehen jeder Art mitzutheilen, welche von den Gerichten Des einen Landes gegen Angehörige des anderen Landes ergehen. Diese Mittheilung wird auf diplomatischem Wege erfolgen und zwar durch vollständige oder auszugsweise Uebersendung des ergangenen und rechtskräftig ge wordenen Urtheils an die Regierung desjenigen Staates, welchem der Verurtheilte angehört. 4. ;

. 17. Der gegenwärtige Vertrag soll zehn Tage nach seiner in Gemäßheit der durch die Gesetzgebung der ,, Theile vorgeschriebenen Formen erfolgten Veröffentlichung in Kraft treten. Von diesem Zeitpunkte ab verlieren der früher zwischen dem Norddeutschen Bunde und Belgien abgeschlossene Vertrag über die Auslieferung von Verbrechern, sowie die anderen zwischen Staaten des Deuischen Reichs und Belgien abgeschlossenen Auslieferungs⸗Ver⸗

äge ihre Gültigkeit. 2 e, , Vertrag kann von jedem der beiden vertragen⸗ den Theile aufgekündigt . 1 jedoch nach erfolgter Aufkün= igung noch sechs Monate lang in Kraft ö. 1 . ratifizirt und die Ratifikationen werden binnen vier Wochen, oder wo möglich früher, ausgewechselt werden.

Zur Urkunde dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten denselben unterzeichnet und mit dem Abdruck ihrer Petschafte ver⸗ sehen. . .

ö Ausgefertigt in doppelter Urschrift zu Brüssel, den vieruadzwan⸗ zigsten Dezember 1874.

Ferdinand Stumm.

. 38. ; .

Der vorste ö. Vertrag ist ratiftzirt worden und die Auswechse⸗ lung der Ratifikations Urkunden hat zu Brüssel stattgefunden.

Cte. d' Aspremont Lynden. L. 8

Statistische Nachrichten. . der vorläufigen Feststellung des städtischen statistischen ö betrug in a,, vom 7 bis 13. März die Zahl der in Berlin Gestorbenen 582, darunter 318 maͤnnliche, 264 weibliche Personen; 23 unter, 379 über ein Jahr.

In der Propinz Hannover wurden im I. Quartal 1574 2976 bürgerliche Ehen geschlossen, von denen 257 oder 92,4 * kirchlich getraut und nur 29 oder Tas * nicht kirchlich eingesegnet wurden. In der Stadt Hannover dagegen kamen auf 209 bürgerliche Ehen 175 (837 „) kirchlich und 34 (163 *) nicht kirchlich ein

gesegnete Ehen. e,

i eneralversammlung der Aktionäre der Berliner J . 20. un. dechargirte die Verwaltung, stimmte der Vertheilung einer Dividende von 4 zu und genehmigte, daß die nach den vorschriftsmäßigen Abschreibungen verbleibende. Super. dividende von 2ꝶ* dem Spezialreservefond in Höhe von 1022 Thlrn. 24 Sgr. 11 Pf. zuzuführen ist. In den Verwaltungsrath, wurden die Hrn. Kessel, Krügel und Lösch wieder, das bereits kooptirte Mit- glied Hr. Grumack definitiv und Hr. Boemer als Ersatzmitglied ge wählt. Die Wahl der vorlährigen Revisions⸗Kommisston wurde er⸗ neuert. . ;

Der Aufsichtsrath der Gesellschaft für öffentliches 6 . die Reduktion des Grundkapitals auf 2 100, 00 M durch Zusammenlenung der Interimsscheine in Voll—= aktien à 360 4 und beruft die Aktionäre zu einer außerordentlichen Generalversammlung, in der über diesen Antrag Beschluß gefaßt wer den soll. . . ö

Die Generalversammlung der Niederschlejisch⸗Märki- schen Braunkohlen⸗Bergbau⸗Gesellschaft Con stanti a/ ertheilte der Verwaltung Decharge, stimmte dem Antrage auf Liqui-

raphenanstalten; wegen vorsätzlicher Störung eines Eisenbahnzuges 89 ir ihn . Aufftellen, Hinlegen oder e von

2.

; ittelst Durchführung Auszuliefernder durch ihr Landes. , einfacher Beibringung eines der im Art. 8 dieses

dation des Gesellschasts vermögens zu und genehmigte die hierdurch be⸗