Berliner Kunstausstellungen. I.
Im Saale des Künstlervereins fand während der letzten Wochen neben dem nach jeder Seite hin unbedingt vollendeten Portrait des Grafen Pourtalès von H. von Angeli vor allem eine Kollektion von vierundfünfzig Studienblättern, Köpfen, Brustbildern und ganzen Figuren, die Ludwig Knaus dort ausstellte, die ihnen gebührende allgemeinste Beachtung Seitens der Künstler sowohl wie des weiteren kunstliebenden Publikums. Der weitaus überwiegenden Mehrzahl nach dem Beschauer Typen aus jenen bäuerlichen Kreisen vorführend, in deren tief eindrin⸗ gender malerischer Schilderung Knaus von keinem seiner Ge⸗ nossen übertroffen wird, fesselten diese Zeichnungen durch ihre wunderbar klare Bestimmtheit in Auffassung und Charakteristik, fast mehr aber noch durch die unvergleichlich sichere Meisterschaft, die namentlich in den ganz portraitartig behandelten Köpfen mit dem denkbar geringsten Aufwand kuͤnstlerischer Mittel die lebensvollste Wirkung zu erzielen, mit wenigen Strichen das in⸗ dividuelle Wesen der dargestellten Person zu bezeichnen und da⸗ bei eine vollkommen plastisch gerundete, körperliche Modellirung der Formen zu erreichen wußte.
Diesen Blättern hat sich jetzt abermals eine reichhaltige Sammlung von Skizzen und Studien angeschlossen, die von drei geschätzten Berliner Meistern herrühren. Eine Anzahl land⸗ schaftlicher Entwürfe in Bleistiftzeichnung hat Bellermann, eine größere Reihe aquarellirter Blätter Breitbach und eine besonders zahlreiche Auswahl der verschiedenartigsten Studien, Oelskizzen und zum Theil leicht angetuschte Zeichnungen, der Thiermaler Brendel beigesteuert. Wenn man die eigentlichste Absicht und zugleich den wesentlichsten künstlerischen Reiz einer derartigen Ausstellung gerade darin sieht, daß dem Beschauer sich ein Blick in die innere Werkstatt des Künstlers eröffnet, daß er das allmähliche Werden und Wachsen des Kunstwerks, das sonst in der Regel erst vollendet an die Oeffent⸗ lichkeit tritt, verfolgen und begreifen lernt, so wird man zumal die von Brendel dargebotenen Gaben mit ungetheiltester Freude begrüßen. Wer nur irgend Sinn und Fähigkeit dazu hat, sich in eine ihm fremde individuelle Natur und Beschäftigungsweise hineinzudenken, dem muß die Betrach⸗ tung dieser Blätter den eigenartigen Genuß bereiten, den es ge⸗ währt, die Art und Weise des Schaffens eines Meisters Zug für Zug intim zu erkennen, das erste Keimen und die stetige Entwickelung der künstlerischen Idee auf der einen, das immer erneute Bestreben, der Natur bis in ihre kleinsten Details ver⸗ ständnißvoll nachzugehen, auf der anderen Seite. Dabei über⸗ raschen diese Blätter durch die ihnen eigenthümliche, en echten Meister anzeigende Sicherheit, mit der überall die einzelne bestimmte In⸗ tention sich ausspricht, gleichviel, ob es sich um das Festhalten einer charakteristischen Stellung eines Thieres mit wenigen Blei⸗ stiftstrichen handelt oder um ein bis auf die eigentliche Ausfüh⸗ rung beinahe fertiges Bild, um die koloristische Stimmung einer gan⸗ zen Tafel, in der das Detail fast völlig verschwindet, wie etwa in dem goldig getönten Interieur eines Schafstalles, durch dessen geöffnete Thür ein breiter warmer Sonnenstrahl einfällt. Meister⸗
lich ist durchweg ein Zuviel und Zuwenig der Studie vermieden.
Nirgends erscheint ein Zug zwecklos; überall erkennt man das festbewußte Wollen, den sicheren künstlerischen Blick des Malers. Mit dieser werthvollen Eigenschaft jedes einzelnen Blattes ver⸗ bindet sich dann noch eine unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der in der langen Reihe von Thierstudien dargebotenen interessanten Motive, mit denen ab und zu landschaftliche Skizzen, Interieurs und charakteristische Gestalten von Hirten und Knechten ab⸗ wechseln, und so ermattet der Blick des Beschauers bei der Durchmusterung solcher Fülle von Details in keiner Weise, son⸗ dern findet sich immer wieder von neuem gefesselt und angeregt.
Wesentlich anders geartet, dem Beschauer jedoch gewiß nicht minder willkommen, sind die von Breitbach ausgestellten aquarellirten Blätter. Sie erscheinen durchweg in einem niel weiter vorgeschrittenen Grade der Ausführung als die Brendel⸗ schen Studien, und so haben sie, da ihnen außerdem keineswegs Zusammenhang, Ort und Stelle ihrer künftigen Verwendung gleichsam schon auf die Stirn geschrieben ist, da sie sich nirgends mit einem einzelnen Detail begnügen, sondern immer eine ganze Erscheinung geben, an sich betrachtet eine viel selbständigere Bedeutung, die sich oft über den Werth einer bloßen Skizze zu dem einer trefflichen, in ihren wesentlichen Zügen bereits fertigen Arbeit erhebt. In einigen dieser Blätter tritt uns übrigens der Künster von seiner liebens⸗ würdigsten Seite entgegen. So ist der muntere flachshaarige Bube, der, glückselig lachend, beide Hände mit gleichmäßig aus⸗ gebogenen Armen in die Taschen seiner weiten Weste versenkend, die Beine an einander geschlossen, dem Beschauer in seiner ganzen Breite gegenübersteht, in der unbewußten köftlichen Naivetät seiner Haltung und des echt kindlichen Ausdrucks ein prächtiges Kabinet⸗ stück, das jeder Mappe zur reizendsten Zierde gereichen müßte, und dasselbe gilt von seinem zufälligen Pendant, einer freundlich blicken⸗ den kleinen blonden Dirne, die ihr jüngeres Geschwisterchen sorglich auf dem Arme trägt. Dieselbe schlichte und treue Wahrhaftigkeit in der Beobachtung und Wiedergabe der Natur, die hier die schönste künstlerxische Wirkung erzielt, ist auch den übrigen Blättern, den Köpfen und Figuren von Bauern, Bäuerinnen und Kindern sowohl wie den landschaftlichen Skizzen des Malers zu eigen; sie bildet ferner den besten Vorzug eines von ihm gleichzeitig ausgestellten größeren Bildes, das eine Jagdseene, den „Ablauf der Treiber“ in einer Waldpartie schildert, die von einem sonnig durchleuchteten, von herbftlich gefärbten hohen Birken umsäum⸗ ten Fahrweg durchschnitten wird. Die landschaftliche Scenerie, der herbstliche Ton der Luft ist hier so fein und wahr getroffen, wie die echte, unverfälschte Eigenart in den Figuren der Bauern und der Buben des Dorfes, die, von einem jungen Jägersmann kommandirt, sich Einer nach dem Anderen aus der Mittelgruppe ablösen, um die ihnen zugewiesene Stelle zu erreichen.
Unter den landschaftlichen Darstellungen mögen zuerst vier Arbeiten von A. Hertel genannt sein. Es sind mit seltener Bravour gemalte, zu völlig bildmäßiger, großartiger Wirkung ausgeführte Studien aus Scheveningen, ein Strandbild, eine male⸗ risch interessante Stelle der . eine Dünenpartie und eine Ansicht des Dorfes mit seinen rothen Ziegeldächern in einer außerordentlich wirksamen, in Licht und Schatten scharf kontra⸗ stirenden Beleuchtung. Nicht allein durch sein Motiv, sondern ebenso durch die ganze malerische Anschauung, durch seine ener⸗ gische koloristische Haltung erinnert namentlich das letzte Blatt an die Art und Weise Andreas Achenbachs, u it dem es auch in seinem breiten, sicheren und festen Vortrag wetteifert. Aber in keiner Weise soll durch diesen Vergleich die volle Selbständigkeit, die frische, eigenartige Auffassung des Künstlers bezweifelt wer⸗ den, der sich hier nur auf einem seltener von ihm betretenen Gebiete abermals den Besten ebenbürtig zeigt. Diesen Arbeiten Hertels stehen zwei italienische Landschaften von Arndt, der
sich immer reicher und glücklicher entwickelt, würdig zur Seite. Die eine derselben, ein Abend auf Capri“ mit trefflich studir⸗ tem, in den landschaftlichen Details wie in den großen, edel be⸗ wegten und meisterlich gezeichneten Staffagefiguren gleich sehr gelungenen Vordergrund, der sich scharf gegen die duftige Ferne des Meeres und den im Abendroth goldig erglühenden Himmel absetzt, ist von der letzten akademischen Ausstellung her noch in bester Erinnerung. Ihr gesellte der Maler hier eine Partie aus dem Süden Italiens, eine in voller sonniger Tageshelle da⸗ liegende Fernsicht über eine weite, nach links hin allmählich emporsteigende, hier und da mit weiß getünchten, scharf beleuch⸗ teten Häusern besetzte Ebene, die von einem Streifen des tiefblauen Meeres begrenzt wird, während vorn auf einem hochgelegenen, an einer Bergwand sich hinziehenden Pfade als charakteristische Staffage eine italienifche Bauernfamilie, ein Mann, eine Frau mit ihrem lachend in die Höhe gehobenen Kinde und ein kleines schwarzhaariges Mädchen nebst einem Esel des Weges daher⸗ ziehen. In der Zeichnung dieser Gruppe ist dieselbe Größe und Noblesse zu rühmen wie bei den Figuren jenes anderen Bildes. Was aber den Beschauer hier am meisten frappirt, ist die geradezu blendende Energie des Lichtes, das über die Landschaft gebreitet ist; die durchsichtige, bis in die weiteste Ferne hin von der leisesten Trübung freie Klarheit der Luft und die trotzdem er⸗ reichte meisterliche Perspektive der Fernsicht.
Etwas von der Kraft und Kühnheit dieses Bildes ist auch in Alfr. Boehm's, auf den ersten Blick freilich viel weniger frappanter kleiner Frühlingslandschaft zu spüren, einer schlichken Dorfpartie, die aber durch ihre klare Luftstimmung, durch ihre ohne jede Härte entschieden ausgesprochenen TLichtkontraste einen feinen künstlerischen Reiz gewinnt. Ein ganz; verwandtes Streben zeigt sich ferner in der ansprechenden „Straße von Montreux“ die Sch en ker ausgestellt hat, und in einer „thü⸗ ringischen Frühlingslandschaft“ von Buchholz, die weder das energische junge frische Grün, noch die weißlichen und röthlichen Blüthenballen der Obstbäume scheut und diese Töne in einer hellen, sonnigen Beleuchtung zu einer ebenso freundlich wahren wie glücklich harmonischen Stimmung zu verbinden weiß.
In einem Dünenbilde von Antonie Biel mit der Staffage eines Hirtenbuben und einer kleinen Dirne im Vordergrunde und einer über den Sand und das dürre Gras der Hügel ver⸗ streuten Gänseheerde ist die trübe regnerische Stimmung bei grauverhangenem Himmel und der Effekt eines eben das Gewölk durchbrechenden Sonnenstrahls, der einen breiten lichten Streifen über den Boden wirft, vortrefflich beobachtet und mit männlich festem, sicheren Vortrag wiedergegeben. Nicht minder wahr und echt wirkt ein charakteristisch aufgefaßter „schwedischer Strand“ von Nordgren, ein flaches Ufer, auf dessen feuchtem Grunde, von der weithin fluthenden graugrünen Wasserfläche sich abhebend, die Figuren einiger Strandbewohner als geschickte Staffage erscheinen.
Eine Marine von Eschke schildert „die Sireneninseln bei Capri“ in einer Beleuchtung von zauberisch⸗poetischer Stimmung, die den Beschauer mit träumerisch verschleiertem, süß lockendem Reiz umfängt. Durch duftige weißliche Wolken schimmert der Lichtkreis des Mondes hindurch und spiegelt sich auf der friedlich zwischen den Felsen hinfließenden, in eine weite, stille Ferne sich dehnenden Wasserfläche. Der hier erzielte feine und wahre Effekt ist mit dem glücklichsten Auge erlauscht; in seiner ruhig harmo⸗ nischen Schönheit aber bekundet das Bild zugleich die tiefe und echte Empfindung des Künstlers, die allein den vollen Adel der Natur zu fühlen und zu enthüllen vermag.
Drei Bilder v. Gleich en⸗Rußwurm's, die zu den inter⸗ essantesten und verdienstvollsten Leistungen dieses Künstlers ge⸗ hören, haben die Ausstellung bereits ebenso wieder verlassen, wie eine treffliche Gebirgslandschaft von O. v. Kamecke und eine großartige Partie aus dem Berner Oberland vom Grafen Kalckreuth. In einem ähnlichen Motiv, einer Alpenpartie mit hohen schneebedeckten, goldig glühenden Bergkuppen, beweist Neu bert, von welchem außerdem eine bemerkengwerthe Winter⸗ landschaft vorhanden ist, wenn er auch nicht dieselbe mächtige Wirkung erzielt, doch ein sehr glückliches Studium seines Vorbilds und eine durchaus achtbare malerische Tüchtigkeit. In einem großen Haidebild, einem Motiv von der Eifel, das Funk ausstellte, imponirt der hohe Ernst der künstlerischen Anschauung, das mit einem nicht geringen technischen Können verbundene Bestreben, auch die heimische, vom Sturm der Elemente bewegte Natur, in Form und Farbe groß und bedeutend aufzufassen, ohne ihr dabei einen fremdartigen Linienzug gewaltsam aufzuzwingen.
Zwei Bilder von Pflugradt, eine Kapelle, die am Rande eines stillen Teiches aus dichtem Waldesgrün hervorschaut, und eine Partie aus einem Kiefernforst, dessen Stämme, im Licht der untergehenden Sonne goldig strahlend, sich in einem kaum bewegten Wasser spiegeln, erfreuen wieder durch die dem Maler eigene friedlich anheimelnde Stimmung und durch die liebevolle Sorg⸗ falt der Ausführung. Von den zahlreichen übrigen Landschaften sei wenigstens noch auf den bereits bekannten Winterabend von Douzette, auf ein kleines spätherbstlich getöntes und meister⸗ lich gemaltes Waldinterieur von Bennewitz von Loefen, auf eine ansprechende holsteinische Landschaft von Meißner, auf die Bilder von Engelhardt, Herzog, Knorr, Kallen⸗ berg u. A. als auf mehr oder minder verdienstliche Arbeiten hingewiesen.
Der Geheime QOber⸗Regierungs⸗Rath Dr. Engel, Direktor des Königlichen statistischen Bureaus, hat am Donnerstag sein fünf— un dzwanzigjähriges Dien st jubiläum begangen. Zur Feier des Tages überreichten die Mitglieder des statistischen Bureaus einen silbernen Pokal mit entsprechender Inschrift, die Beamten eine Vase in antiker Form mit prächtigen Blumen. Außer anderen werthvollen Geschenken waren eine greße Anzahl Briefe und Depeschen von Freun— den und Schülern des Jubilars eingetroffen.
ter.
Dem Schauspiel Liebe für Liebe“ von Friedrich Spiel hagen war von den Aufführungen in Breslau und Braunschweig ein guter Ruf vorangegangen. Die gestrige erste Aufführung im Königlichen Schaufpielhause hat bewiesen, daß derselbe wohl⸗ begründet war. Der Verfasser der „Problematischen Naturen“ ist vor mehreren Jahren mit einem Drama „Hans und Grete“ zuerst vor die Oeffentlichkeit getreten. Die hier zu besprechende Neuigkeit ist der zweite Versuch auf diesem Gebiet. Für einen solchen war der gestrige Erfolg ein vollkommener zu nennen.
Spielhagen hat eine seinem dichterischen Können entsprechende, schwierige, aber außerordentlich interessante Aufgabe gewählt. Sein Held ist ein junger Edelmann, Freiherr Fritz von Elbeck, welcher, ein Todt⸗ geglaubter, nach vierjähriger Gefangenschaft in Frankreich im Fahre l 813 nach der deutschen Heimath zurückkehrend, die Braut Charlotte von Elbeck in den Armen seines Jugendfreundes Bernhard Günther findet. Aus Verzweiflung beschließt er zu fliehen, wird aber unbewußt und unwiderstehlich durch die Anmuth der Schwester seiner Braut, Elma,
zurückgehalten. Elma ist es auch, die aus Liebe zu Fritz und aus Mitleid
für ihre Schwester einem Zweikampf zwischen jenem und Bernhard da⸗ durch zuvorzukommen weiß, daß sie dem Kommandanten der französi⸗ schen Einquartierung, der bereits einen Verhaftsbefehl gegen den Flüchtling erhalten hat, seinen Namen verräth. Ikr mathiger Versuch, den Gefangenen wieder zu befreien, kommt jedoch zu spät: der Kanonendonner der Schlacht bei Leipzig veranlaßt die Franzosen 2 schleunigen Abzuge, Bernhard hält als Sieger und Befreier
einen Einzug, die Jugendfreunde schließen sich versöhnt in die Arme, und Fritz führt Elma als Braut heim.
Den Hintergrund des dramatischen Gemäldes bildet die Zeit der Er⸗ hebung Denischlands im Jahre 1813. Die Staffage, bestehend in der französischen Einquartierung, den Sergeanten Dominique Lambert an der Spitze, dem patriotischen Verwalter Johann Krüger und der Haushälterin Dörthe Kohl, sorgt in wohlgelungener Weise für die rechte historische Stimmung des Ganzen.
In dem Hauptmetiv des Stücks: der schnellen Sinuesänderung Fritz von Elbecks, die sich in einem Tage vollzieht, liegt die einzige Schwäche der Arbeit. In der vortrefflichen Charakterzeichnung und dem glänzenden Dialog aber, welche das Seelenleben anatomisch zergliedernd bloslegen, andererseits die Stärke des Stücks. Giebt man die Möglichkeit einer so eiligen Umstimmung zu — und sie ist in der überzeugendsten Weise pfycho⸗ logisch motivirt — so wird man dem Schauspiel einen hervorragenden . unter den neueren vaterländischen Dichtungen nicht versagen önnen.
Von den Darstellern sind an erster Stelle Frl. Meyer (Elma) und Hr. Ludwig (Fritz von Elbeck zu nennen. Neben ihnen verdienen 6 Berndal (Bernhard Günther), Frl. Keßler (Charlotte) und Hr.
ahle (Marquis de Fleurach Erwähnung. Die Kostüme — auch der
Damen — zeichneten sich durch geschichtliche Treue aus. Der Dichter wurde zu wiederholten Malen vor die Gardine gerufen.
. — Se. Königliche Hoheit der Prinz Alexander besuchte am
Mittwoch die Vorstellung im Victoriatheater.
— Zwischen Hrn. Direktor Lebrun und der Wiener komiscken Oper ist nunmehr der Vertrag perfekt geworden, wonach die Geseli⸗ schaft der letzteren vom 22. Juli bis 31. August am Wallner⸗ Theater Gastspiele geben wird. Mit Fr. Gallmeyer und Schweig⸗ hofer werden auch Fr. Marie Stolle und Fr. Hasemann⸗Kläger zu diesem Gastspiele hier eintreffen. — Für das Gastspiel Lewinskys hat Hr. Direktor Lebrun zur Unterstützung des Wiener Gastes Hrn. Knorr von Breslau und die tragische Liebhaberin Frl. Eppner von Coburg engagirt. ö Die Direktion des Residenz⸗Thegters hat der Genos⸗ senschaft deutscher Bühnen-Angehöriger auch in diefem Jahre wieder ein Benefiz bewilligt, welches am Sonnabend, den 3. Apꝛil, statifindet. Der General⸗Intendant v. Hülsen bat zu diesem würdigen Zwecke dem Königlichen Hofschauspieler Hrn. Theodor Döring, sowie dem Königlichen ö. Hin. Franz Krolop in bereitwil⸗ ligster Weise die Erlaubniß zur Mitwirkung ertheilt, und wird Meister Döring einer seiner Glanzrollen „Der Verschwiegene wider Willen“ vorführen, während Hr. Krolop mit mehreren Liedern sich betheiligt. Ferner hat der Direktor des Wallnertheaters, Hr. Theodor Lebrun, als „Onkel, Moses“ eine bisher unübertroffene Lesstung des Künstlers, in dem gleichnamigen Charakterbilde von Hugo Müller, mitzuwirken. zugesagt. Außerdem gelangt eine einaktige Novität und zwar ein Schwank „Goethe als Rekrut,“ dargest llt von dem Personal des Re⸗ sidenz-Theaters zur Aufführung, so daß die Genossenschaft wohl mit einiger Sicherheit auf ein ausverkauftes Haus rechnen kann.
— Richard Wagner veranstaltet bekanntlich in diesem Monat hier ein großes Konzert, in welchem Bruchstücke aus der „Götterdämmerung“ zur Aufführung gelangen werden. Der König—⸗ liche Kammersänger Hr. Niemann hat die Partie des Siegfried, Fr. v. Voggenhuber die der Brunhild übernommen. Der inftrumentäle Theil bildet die Hauptsache der Aufführung, das Orchester wird aus gemischten Elementen zusammengesetzt sein, doch wird sich auch ein Theil der Königlichen Kapelle daran betheiligen.
— Aus Wien wird gemeldet, daß der Direktor des Carltheaters, Hr. Franz Jauner, sich genöthigt gesehen hat, die ihm angebo⸗ tene Direktion des Hofoperntheaters definitiv abzulehnen, weil sich für die seiner Leitung unterstehende Bühne kein Pächter gefunden hat.
Die „A. A. E. vom 31. März schreibt: „In England ist un⸗ ter den Auspizien einiger einflußreicher Persönlichkeiten ein etwas kühnes Projekt für die Eivilisation Afrikas aufgetaucht. Dasselbe bezweckt die Herstellung eines Kanals für kommerzielle Zwecke von der Mündung des Beltaflusses am Atlantischen Ocean in der Nachbarschft der den Kanarieninseln gegenüber gelegenen Kaps Juby und Bajador nach der nördlichen Krümmung des Nigers in Timbuctu, eine Distanz von 749 englischen Meilen. Eine solche Wasserstraße würde den afrikanischen Kontinent der Welt eröffaen und man glaubt, daß ihrer Herstellung kein großes Hinderniß ent⸗ gegensteht, sondern daß die Bildung der großen Wüste Sahara das Projekt in hohem Grade kegünstigt. Ter Urheber desselben, Mr. Denald Mackenzie, beabsichtigt eine Expedition zu organisiren, die in erster Reihe eine Station an der Mündung des Beltaflusses errichten und dann eine wissenschaftliche Erforschung des Landes vornehmen soll.“
. Das Londoner illustrirte Wochenblatt Graphie“ vom V. d. giebt über den Plan des Kanaltunnels folgende nähere Anden⸗ tung: Zu beiden Seiten des Kanals wird ein circa 300 Fuß tiefer Schacht gegraben und von dieser Tiefe aus ein unterseeischer Gang bis auf eine halbe englische Meile Entfernung angelegt werden. Ge— lingt dieser Versuch, so wird die Konstruktion des Tunnels felbst fo—⸗ fort in Angriff genommen und, falls nicht unvorhergesehene Hinder⸗ nisse in den Weg treten, nach 2 Jahren für etwa 10 Millionen Pfund vollendet sein. Die vorgeschlagene Richtung der Bahnlinie, welche von Dover ausgeht, laͤuft zunächst etwa 4 (englische) Meilen östlich der Küste entlang, und wendet sich dann bei „St. Margarets Bay jsüdwärts unter das Meer. Von dort wird sie querdurch bis zu einem etwa in der Mitte zwischen Calais und Sandgate an der französischen Küste gelegenen Punkt fortgesetzt, um sodann in den großen französischen Bahnknoten⸗ punkt bei St. Tricat einzumünden. Das Gefälle an den Kästen⸗ enden des Tunnels wird gleich : 80, unter dem Wasser wie 1: 2640 dem niedrigsten Punkt in der Mitte der Meerenge sein. Die ganze Länge des Tunnels soll 31 (englische) Meilen betragen. Er wird so tief durchgeschnitten werden, daß sich an keinem Punkt weniger als 2090 Fuß fester Boden zwischen seinem Dach und dem Meeresgrunde befinden. Eine neue Tunnelmaschine, die Erfindung von J D. Brunton“, soll sowohl zu den Bohrversuchen als zur Konstruktion selbst angewandt werden. Das Werk soll durch Luftdruck von Statten geben, der den Felsen sprengen und den Arbeitern zugleich frische Luft zuführen wird.
Aus Sach sen, 26. März, wird berichtet: Nach Mittheilungen von Reisenden, welche in den letzten Tagen das obere Erzgebirge besucht haben, sind zu dem alten theilweise noch massenhaft liegenden Schnee bedeutende Schichten neuen Schnees gekommen, so daß überall noch der Schlitten gebraucht wird. Die Phystognomie der dies maligen Osterwoche des gesammten Erzgebirges von Adorf im Voigtlande bis herauf nach Altenberg soll auf das Genaueste der einer Neufahrswoche gleichen. Auf den freigelegenen Fluren soll man schon Hunderte von erfrorenen Singvögeln gefunden haben.
Redacteur: F. Preh m. Verlag der Expedition (Kesseh.
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Erste Beilage
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M 77. Königreich Preußen.
4prozentiges vormals Nassauisches Staats⸗Anlehen von 4.000000 Fl. 4d. d. 29. Novem ber 1858.
Bei der am 16.8. M. stattgehabten zwölften Verloosung der artial⸗ Obligationen des unter Cen mn, des Bankhauses der 2 M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M. nego—⸗ ciirten, 4prozentigen vormals Nassauischen Staatsanlehens von 4000 000 Fl. 4. d. 29. November 1858 sind nachverzeichnete Nummern gezogen worden: . A. Zur Rückzahlung auf den 30. Juni 1875.
Litt. F. à 100 Fl.: Nr. 30 148 150 186 198 380 720 830 1337 und 1473. 10 Stück über 1000 Fl. — 1714 M 29 3.
Litt. G. à 200 Fl.: Nr. 318 659 730 917 930 939 1406 1571 1677 und 1771. 10 Stück über 2000 Fl. — 3428 S 57 3.
itt. H. à 300 Fl.: Nr. 64 256 251 561 819 und 874 6 Stück über 1809 Fl. — 3085 M 71 3.
Litt. J. à 500 Fl.. Rr. 169 183 317 816 12337 1378 1687 1726 1825 1978 2558 2793 2838 3040 3057 3170 3335 3418 3766 und 3836. 20 Stück über 10000 Fl. — 17142 S 86 3. .
Litt. K. à 1000 Fl.: Nr. 228 506 523 680 und 866. 5 Stück über 5000 Fl. — 8571 M 43 3.
Sum ma 51 Stück über 19800 Fl. — 33942 41M 86 5.
B. Zur Rückzahlung auf den 31. Dezember 1875.
Litt. F. à 100 Fl.: Nr. 174 181 187 316 369 395 399 400 1296 und 1470. 10 Stück über 1009 Fl. — 1714 4MÆ 29 5.
Litt. G. 2 200 Fl.: Nr. 260 574 647 926 1133 1777 1502 1919 1947 und 1988. 10 Stück über 2009 Fl. — 3428 M½ 57 5.
Litt. H. à 300 Fl.: Nr. 124 128 764 und 896. 4 Stück über 1200 Fl. — 2057 M 14 4. ( itt. J. à 500 Fl.: Nr. 168 290 373 522 746 747 S856 919 1732 1752 1811 3175 3378 3391 3123 3484 3644 3935 4006 40435 4083 und 4107. 22 Stück über 11000 Fl. — 18857 1 14 3.
itt. K. à 1000 Fl.: Nr. 244 510 634 796 und 882. 5 Stück über 5000 Fl. — S571 6 43 3.
Summa 51 Stück über 2200 Fl. oder 34528 6 57 3.
Die Inhaber dieser Partial ⸗Obligationen werden hiervon mit dem Bemerken benachrichtigt, daß sie die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermin erfolgt, sowohl bei dem Bankhause der Gerren M. A. von Rothschihd E Söhne in Frankfurt a. M. als auch bei der Königlichen Regiernngs⸗ Hauptkasse in Wiesbaden, sowie bei jeder anderen König⸗ lichen Regierungs-Hauptkasse, bei der Königlichen Staats schulden⸗Tilgungs kasse in Ber lin, bei der König lichen Kreiskasse in Frankfurt a. M. und bei den König⸗ lichen Bezirks-Hauxrtkassen in Hannover, Lüneburg und Osnabrück gegen Rückgabe der Partial-⸗Obligationen mit den dazu gehörigen nach dem 30. Juni 1875 fälligen 3 Zins coupons Ser. II. Nr. 6 — 8, resp. nach dem 31. Dezember 1875 fälligen 2 Zins- coupons Ser. II. Nr. 7 und 8 nebst den Talons erheben können.
Die Beträge der etwa fehlenden, unentgeldlich mit abzuliefernden Zinescoupons werden von dem zu zahlenden Kapitale zurückbehalten.
Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei dem vorgenannten Bankhause, noch bei der Königlichen Regierungs-Haupt⸗ kasse hier oder der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt 4. M. sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so sind die betreffenden Obligationen nebst Coupons und Talons 14 Tage vor dem Verfall⸗ termine bei diesen Kassen einzureichen, von welchen dieselben vor der Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden sind. Verzeichniß der in früheren Verloosungen gezogenen
noch nicht eingelsösten Obligatignen.
Rückzahlbar am 31. Dezember 1866: Litt, F. Nr. 559.
Rückzahlbar am 30. Juni 137531 Litt. E. Nr. 288 1547, Litt. G. Nr. 286 447, Litt. H. Nr. 254 682, Litt. J. Nr. 2500.
Rückzahlbar am 31. Dezember 1873: Litt. F. Nr. 436 499, Litt. G. Nr. 193 1132 17373 Litt. J. Nr. 177. ;
Rückzahlbar am 30. Juni 1874; Litt. F. Nr. 115 212 537 1201 1204 1460 1867, Litt. G. Nr. 506 1885 1918, Litt. H. Nr. 306, TLitt. J. Nr. 524 1686 2740 3913 3918 4015, Litt. R. Nr. 214 580.
Rückzahlbar am 31. Dezember 1874435 lLitt, E., Nr. 45 17 446 666 1353, Litt. G. Nr. 24 919 1006 1970 1368 1574. Litt. H. Nr. 536, Litt. J. Nr. 17 1315 1606 1760 2700 2997 4160, Litt. K. Nr. . * * den 22. März 1875
iesbaden, den 22. Mär . . Der Regierungs⸗Präsident. v. Wurmb.
Nicht 113.
Berlin, Freitag, den 2. April
GSewerbe und Sandel.
Berlin. Para lithikon min era le ist der Name eines, durch die Firma Leopold Cohn & Co. hierselbst (Kaiserstr. 30 erfundenen und in den Handel gebrachten Pulvers zur Verhütung resp. Ablösung des Kesselsteins. Nach einem Gutachten der Königlichen Central-⸗Wasch⸗ Anstalt der Berliner Garnison, wo das Mittel probeweise bei einem Dampfkessel während einer sechswöchentlichen Campagne angewandt wurde, sonderte sich während der Gebrauchszeit der Kessel ein weiß- licher Schlamm in reichlicher Menge ab, beim Oeffnen der Kessel waren die Innenflächen frei von blasigen und krustirten Ansätzen, und erschienen die Kesselwandungen mattweißlich blinkend, förmlich wie emaillirt. Die A. Borstgsche Maschinenbau⸗Anstalt bestätigt gleich⸗ falls die vortheilhafte Einwirkung auf das Kesselspeisewasser, während Prof. Dr. Sannenschein bescheinigt, daß das Paralithikon der Analyse zufolge auf Dampfkessel keinen zerstörenden Einfluß auszuüben ver⸗ mag. Die Anwendung des Mittels garantirt somit auch eine größere Haltbarkeit der Kessel selbst da das verderbliche Hämmern beim Reinigen gänzlich in Wegfall kommt.
— Die Neuen Berliner Messingwerke waren nach dem Geschäftsbericht für das abgelaufene Geschaͤftsjahr während der gan— zen Dauer desselben vollauf beschäftigt. Produzirt wurden in 1874 Is 669 Kilogr. Messing⸗ Tombak⸗ und Neusilber⸗Bleche und Drahte, gegen 888,162 Kilogr. im Vorjahre, umgesetzt 1874 891,166 Kilogr. und daraus erlöst 660,714 Thlr. oder 66,66 Thlr. pro 100 Kilogr. gegen 918,435 Thlr. mit einem Gesammt Erlös von 660,995 Thlr. oder 71,3 Thlr., pro 100 Kilogr. im Jahre 1873. — Der Rein—⸗ gewinn hat durch die nothwendige Abschreibung von dubiosen Forde- rungen im Betrage von 6378 Thlrn. eine Schmälerung erfahren. In der vorgestrigen Generalversammlung wurde die Vertheilung einer Superdividende von 3 * genehmigt.
— Die vorgestrige außerordentliche Generalversammlung der Aktiengesellschaft für öffentliches Fuhrwesen genehmigte folgenden Antrag des Aufsichtsraths:; Das Grundkapital der Gesell. schaft wird herabgesetzt auf zwei Millionen einhundert Tausend Mark und eingetheilt in 0o0 Aktien à 309 . In Folge dessen sind die jekt im Cours befindlichen Interimsscheine zurückzureichen und je 10 Stück 40* ige Interimsscheine gegen ? Vollaktien 2 309 M umzu- tauschen. Die sich hierdurch zu Gunsten der Gesellschaft ergebende Avance von 100900 Thlr. 1300900 6) wird zur Tilgung der Unter⸗ bilanz, und der Rest zu Abschreibungen pro 1874/1875 verwandt.
— Der Geschäftsabschluß der Lebensversicherungs ˖Gesellschaft „Germania“ in Stettin weist eine wesentliche Steigerung der Thätigkeit des Instituts nach. Nach Abzug aller erloschenen Ver sicherungen erhielt im Jahre 1874 der Bestand der Versicherungen von Kapitalien einen reinen Zuwachs von 3,763,681 Thlr. Pr. Git. und beträgt Ende 1874 66. 195,025 Thlr. Pr. Ert. Unter diesem Be— stande waren 13,636,836 Thlr. gegen eine Jahresprämie von 452523 Thlrn. wit Anspruch auf Dividenden versichert. Die Prämien⸗Ein⸗ nahme erreichte 1874 2041, 036 Thlr., stieg also gegen 1573 um 145,957 Thlr. An Zinsen wurden vereinnahmt 33604 Thlr. mehr als im vorhergehenden Jahre. Für Sterbefälle des Jahres 1874 wurden gezahlt 7923148 Thlr. und als Schädenreserve zurückgestellt 42,155 Thlr. Die Prämienüberträge und Prämienreserven stiegen um 822,54 Thlr.I, so daß Ende 1874 mit Ein⸗ schluß der Prämienreserven der Rückversicherungs ⸗Gesellschaften 7,1827121 Thir. zurückgestellt waren. Nach Deckung aller Ausgaben und Verbindlichkeiten und nach Bewirkung der erforderlichen Abschrei⸗ kungen erhalten, nachdem die Kapitalreserve mit dem statutenmäßigen Betrage von 19955 Thlr. dotirt ist, die Aktionäre eine Dividende von 13x* ihrer Einzahlungen mit 72900 Thlr. und die mit Anspruch auf Theilnahme am Gewinn des Geschäfts Versicherten 21 * ihrer
1874 gezahlten Prämien mit gö, 030 Thlr. als Dividende. Die ge⸗ sammten Aktiva der Gesellschaft betragen Ende 1874 10,604,844 Thlr.
— In der Sitzung des Verwaltungsraths des Schlesischen Bankvereins vom 30. v. M. wurde der vorläufige Abschluß des Geschäftsjahres 1874 vorgelegt. Derselbe ergiebt einen Bruttogewinn von rund 564, 009 Thlr. sämmtliche Handlungs⸗ und Verwaltungs- kosten betragen 72,000 Thlr,, es verbleibt daher ein Nettogewinn von 4923009 Thlr. Es wurde beschlossen, hiervon eine Dividende von 5x, also 375, 0909 Thlr., sowie 37,500 Thlr. Geschäftsinhaber⸗ und Verwaltungsraths Tantiome, mithin zusammen 412,500 Thlr. zur Aus zahlung zu bringen, so daß also 80, 0 Thlr. und die aus dem Ge—⸗ winne des Vorjahres noch nicht verwandten 42,000 Thlr., zusammen rund 120 000 Thlr. als Spezialreserve für die bestehenden Engage⸗ ments aus den Geschäften der Vorjahre unvertheilt bleiben. Statu⸗ tenmäßig müssen 68x Dividende zur Auszahlung kommen, es werden demnach aus dem KReservefonds If. 75, 905 Thlr. entnommen werden.
1875.
— Der von der Agrippina, See⸗, Fluß⸗ und Land trans port-Versicherungsgesellschaft in Cöln im letzten Jahre erzielte Reingewinn beträgt 38,081! Thlr. Der Aufsichtsrath hat beschlossen, aus demselben eine Dividende von 16 an die Aktio= näre zur Vertheilung zu bringen; die Aktionäre des Rückversiche⸗ rungsvereins Agrippina erhalten eine Dividende von 12.
— In der letzten Aufsichtzrathssitzung der Oberlausitzer Bank in Zittau wurde der Abschluß für 1874 vorgelegt. Die Bank hat Abschreibungen im Betrage von 167,695 Thlr. an Außen⸗ ständen und Effekten vornehmen muüͤssen und sind dadurch die Gewinn⸗ reserye von 1873 und auch die im vergangenen Jahre erzielten Ge—⸗ winne abserbirt worden, so daß eine Vertheilung von Dividende für das verflossene Jahr nicht stattfinden kann. Der Abschluß zeigt noch einen Kapitalverlust von 8110 Thlr. Der Reservefonds ist durch den Rückkauf von 500 000 Thlr. eigenen Aktien um 91,657 Thlr. vermehrt. Von demselben müssen obige 8110 Thlr. entnommen werden und soll der Generalversammlung vorgeschlagen werden, noch weitere 44000 Thlr. für zweifelhafte Forderungen, bei denen die Verluste heute noch nicht festgestellt werden können, für ein Delcredere⸗Konto abzuzweigen, so daß der Reservefonds dann noch 45,000 Thlr. beträgt.
— Die Generalversammlung der Leipzig⸗Dresdener Eisenbahn vom 30. März genehmigte die Rechnung für 1874, wie auch die Vertheilung einer Superdibidende von 16 *. Die am 23. März ausgegebenen 25900 Stück Aktien wurden als begeben und voll eingezahlt erklärt. Aktionäre, welche bis Ende Juni 1875 noch nicht angemeldete Aktien produziren, sollen nach Analogie des Bezugs⸗ rechtes entschädigt werden. Bezüglich des Ausbaues der Linien an der sächstschen Grenze bis Brür sprach man, wie die D. A. 3. meldet, den Wunsch aus, „das Direktorium möge für den Fall, daß zu dem begehrten Bau annehmbare Konzessions! und sonstige Bedingungen von der österreichischen Regierung gestellt werden, eine außerordent⸗ liche Generalversammlung berufen, welche darüber Beschluß fasse.“
Der von dem Direktorium ausgegebene Geschäfte bericht nebst Rech-= nungsabschluß bemerkt über das verflossene Geschäftsjahr, daß dasselbe wiederum eine Mehreinnahme gegen das Vorjahr gebracht hat. Derselben steht aber auch eine bedeutende Mehragusgabe gegenüber. Diese erklärt sich einestheils durch bereits schon früher zu Tage getretene Verhält⸗ nisse, welche namentlich in der Höhe der Material⸗ und Kohlenpreise sowie der Arbeitslöhne — auch für den größten Theil des Jahres 1874 und zwar mit den gestiegenen Betriebsleistungen noch im er— höhten Maße fortgewirkt haben, anderntheils durch den Umstand, daß gerade jetzt an alle, namentlich aber an ältere Eisenbahnen, immer neue Anforderungen zur Vervollkommnung des Betriebes, zeitgemäßer Umgestaltung und Erweiterung ihrer Betriebsanlagen herantreten. Die Gesammtbruttoeinnahme der Bahn aus Persenen⸗ und Güterverkehr betrug im letzten Jahre 4,381,R3876 Thlr. gegen 4 005,128 Thlr. oder 376,248 Thlr. mehr. Im Personenverkehr wurden 429, 603 Personen mehr, überhaupt aber 3863 095 Personen befördert und aus dem regel- mäßigen Verkehr 1,389,451 Thlr. oder 89, 12 Thlr. mehr wie 1873 eingenommen. Im Güterverkehr wurden 451 Millionen Meilen⸗ centner bewegt und hierfür 2,851,419 Thlr. oder 289. 383 Thlr. mehr als im Vorjahre eingenommen. Die aufgestellte Betriebsrechnung für 1874 weist eine Gesammteinnahme von 4698, 120 Thlrn. 26 Ngr. und eine Gesammtausgabe von 2.975, 136 Thlrn. aus, ergiebt mithin einen Ueberschuß von 1,722,984 Thlrn. 17 Ngr., von welchem zunächst 237,818 Thlr. 21 Ngr. zu Zinsen und Amortisation verwandt sind, so daß ein Rest von 785,165 Thlrn. 25 Ngr. verbleibt, welcher aus= reicht, die Tantioüme an den Bevollmächtigten und die erwähnte Superdividende unter Rücklassung eines unvertheilbaren Betrages zu gewähren.
Wien, 1. April. (W. T. B). Die Generalversammlung der 5 sterreichischen Bank- Gesellschaft genehmigte den Geschäfts⸗ bericht pro 1874 und nahm ohne weitere Debatte die Anträge des Aufsichtsraths bezüglich der Verwendung des Reingewinns an. Das Brutto ⸗Erträgniß beläuft sich auf 1,ů349, 169 Fl.; nach Abzug der Gehälter, Spesen und nach Abschreibung der zweifelhaften Forderun—= gen verbleibt ein zu vertheilender Nettogewinn von 934,797 Fl. Hiervon wurde das Aktienkapital bereits mit 54, verzinst und über⸗ dies eine Superdividende von 6 Fl. per Aktie festgesetzt, für das Ge⸗ winnkonto des nächsten Jahres wurden 32,519 Fl. vorgetragen und der Reservefonds mit 43, 749 Fl. bedacht.
Verkehrs⸗Anstalten.
Rach Meldung sächsischer Blätter steht die Fertigstellung der Sächsisch⸗Thüringischen Eisenbahn (Gera ⸗Greiz⸗Plauen) resp. deren Betriebsfähigkeit bis zum 1. Juli d. J. nunmehr unzwei-⸗ felhaft fest. Um das möglich zu machen, ist die Thätigkeit an der⸗ selben seit etwa einem Jahr auf das äußerste Maß gesteigert worden.
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. . Ja erate für den Deutschen Reichs⸗ u. Kgl. Preuß. Staats⸗Anzeiger, das Central⸗Handelsregister und das Postblatt nim mt an: die Inseraten⸗Expedition des Aeutschen Reichs Anzeigers nud Königlich RNreußischen taats · Anzeigerꝝ: Berlin, 8. XV. Wilhelm⸗Straße Rr. 82.
*
1. Steckbriefe und Untersaehungs-Srachen.
2. Sabhastationen, Aufgebote, Vorladungen n. dergl.
3. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete.
4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffentlichen Papieren.
Deffentlicher Anzeiger.
5. Industrielle Etablissements, Fabriken und
Grosshandel. 7. Literarische Anzeigen. 9. Familien-Nachrichten.
6. Verschiedene Bekanntmachungen.
S. Theater- Anzeigen. In der Börsen- beilage. E 1
In erate nehmen an: die autorisirte Annoncen⸗ Expedition von Fndolf Mosse in Berlin, Breslau, Chemnitz, Cöͤln, Dresden, Dortmund, Frankfurt a. M., Halle a. S., Hamburg, Leipzig, München, Nürnberg, Prag, Straß burg i. E., Stuttgart, Wien, Zürich und deren Agenten, sowie alle übrigen größeren Annoncen⸗Surenus.
Steckbriefe und Untersuchungs⸗ Sachen.
Zunamen: Adalbert Wichlacz, Geburtsort: Kaweczyn, Kreis Gnesen, Provinz Hen. Religion: katholisch,
den Fundort geschafft worden ist. Der Verstorbene stand in dem Alter von 30 bis 40 Jahren, war von
selbe hat einen Latz mit 3 Knopflöchern; 3) Hosen= trägern von grauem Gurtband mit zwei grünen und
Bart: kleiner schwarzer Schnurrbart, 11)
Steckbrief. Der Bäckergeselle Ferdinand Wilhelm Knttkowmsky ist in der Nacht vom 30. auf 31. März er. aus dem hiesigen Gefängnisse ent⸗ sprungen. Es wird gebeten, denselben anzuhalten und mittelst Transports an die hiesige Gefängniß- Inspektion abliefern zu lafsen. Greifenberg i. / P., den 31. März 1875. Königliches Kreisgericht. J Abtheilung. Signalement: 1) Religion: evange⸗ lisch, ) Alter: 0 Jahre, 3) Größe: 5. Fuß 4 3oll, 4 Haare: schwarzbraun, 5) Stirn: rund, 6 Augen brauen: schwarzbraun, 7) Augen: blau aber blöde, 8) Nase: gewöhnlich, 9 Mund: ,
ahne: gut, 12 Kinn: rund, 13) Gesichtsfarbe; gesund, 14) Statur: mittel, 15) besondere Kennzeichen: platt⸗ füßig. Bekleidung: dunkelbraunen Tuchrod, des- gleichen Hose und Weste, ein grauwollener Shawl, weiße wollene Strümpfe, Lederpante ffeln. Kutt⸗ kowöky ist ohne Kopfbedeckung entsprungen.
Steckbrief. Der unten näher bezeichnete Mus- ketier Wichlaez der 5. Compagnie 3. Pommerschen Infanterie ⸗egimentz Nr. 14, hat am 27J. d. M. Nachmittags die Kaserne verlassen und ist bis jetzt dahin nicht zurückgekehrt. Es liegt der Verdacht der Desertion vor. Sämmtliche Militär⸗ und CGivil⸗ behßrden werden daher ergebenst ersucht, auf den 2c. Wichlacz zu vigiliren, denselben im Betreffungs. falle an die nächste Militärwache abzuliefern und
erneuert.
vom Geschehenen hierher gefälligst Mittheilung machen 1 zu wollen. Signalement. Vor ⸗ und
Alter: 23 Jahre 25 Tage, Größe: 1 M. 70 Cm. Haare: dunkel, Stirn; gewöhnlich, Augenbrauen: dunkel, Augen: grau, Nase: gewöhnlich, Mund: ge⸗ wöhnlich, Bart: Schnurbart, dunkel, Zähne: voll, Kinn: oval, Gesichtsbildung; gewöhnlich, Gesichts farbe: braun, Gestalt: untersetzt, Sprache: polnisch. Besondere Kennzeichen fehlen. Bekleidung. 1 Tuch= ose, 1 Paar Stiefel, 1 Hemde, 1 Feldmütze, 1 In- , nebst Leibriemen, 1 Binde, 1 Mantel. Diese sämmtlichen Sachen sind mit dem Stempel des Truppentheils versehen. Stralsund, den 29. März 1875. Königliches 2. Bataillon 3. Pommerschen Infanterie⸗Regiments Nr. 14.
[2224 . Stecbriefsernenerung. Der von uns in Nr. 109 des Deutschen Reichs ⸗ und Preußischen Staats- Anzeigers pro 1874 unterm 4. Mai 1874 hinter dem Klempnermeister Fritz Reymann aus Liebau, Kreis Landeshut, erlassene Steckbrief wird hiermit Jauer, den 24. März 18735 Königliches Kreisgericht. Erste Abtheilung.
300 Mark Belohnung.
Am Spätnachmittage des 29. Maͤrz d. J., dem 2. Asterfeiertage, ist in dem Grenzgraben zwischen der Wriezener und Alt⸗Kietzer Feldmark, ungefähr 150 Schritte vom Alt-⸗Bliesdorfer Kanal entfernt, der Leichnam eines unbekannten Mannes gefunden worden, welcher augenscheinlich nach hartem Kampfe
kräftigem, doch magern Körperbau und 169 Centi- meter (5 Fuß 5 Zoll) groß. Er hatte volles dichtes bräunliches, stellenweise in Locken gekräuseltes Haupt- haar, sehr buschige Augenbrauen, einen vollen Schnurbart und einen erst kurz wieder gewachsenen, mit weißen Haaren untermischten Kinnbart von der Farbe des Haupthaares. Seine Backenzähne waren defekt, der linke Augenzahn fehlte. Die inneren Flächen der Unterschenkel zeigten viele narbenartige Vertiefungen der Haut; an den Geschlechtstheilen war ein stark hervortretender Hodenbruch bemerkbar. Außer zahlreichen Blutunterlaufungen und gerissenen Verwundungen am Kopfe, im Gesichte und nament- lich den beiden Händen, welche sämmtlich von starken Schlägen mit einem stumpfen Instrumente her- rühren müssen, zeigten sich am Kopfe zwei Ver= letzungen mit scharfen Rändern, welche mittelst einer stumpf⸗spitzigen Waffe, wie z. B. Heugabel, Stockzwinge, beigebracht worden sind. Die eine ist eine unter dem rechten Ohrläppchen befindliche, 2E Em. lange und 14 Em, breite von oben nach unten gerichtete Wunde. Die andere, eine sechser= große rundliche Wunde, welche ins rechte Auge ge⸗ stoßen ist, hat den Augapfel ganz in seine Höhlung zurückgedrängt. Bekleidet war der Verstorbene, dessen Photographie in meinem Bureau und der Redaktion diefes Blattes zur Ansicht ausliegt, mit: I. leinenem Hemde, in welches auf den Schulter. blättern erst kärzlich neue viereckige Nicken eingesetzt waren; 2) Hose von baumwollenem Stoff mit einem
ermordet und dann aus weiterer Entfernung an
22 Mm. bräten schwach hervortretenden Galon; die ·
einem rothen Streifen; 4) dunkelblau und roth ge⸗ streifter baumwollener Jacke mit langen Aermeln und Hornknöpfen mit weißem baumwollenen Stoff gefüttert; 5) brauner gerippter baumwollener Weste mit graublauem Futter; 6) baumwollenem Halstuch, in kleinem Muster schwarz und weiß karrirt, mit Grecborte; 7) braunrothen wollenen Strümpfen; s fahlledernen Halbstiefeln, welche an den Spitzen beider Sohlen befleckt sind; 9 gewirktem Shawl von weißer Wolle, welcher an dem einen Ende mit Fransen versehen, an dem anderen abgeschnitten ist. In der Tasche trug der Verstorbene ein zusammen- geklapptes Messer mit Hornschale. Neben der Leiche lag ein an einer Stelle rere braun⸗lila be- drucktes Tuch mit türkischem Muster. Auf die Entdeckung der Mörder hat die Königliche Regierung eine Belohnung von 309 Mark ausgesetzt. Die Kleidungsstücke und das Messer liegen in meinem Bureau zur Einsicht bereit. Wriezen, den 31. März 18675. Der Staatsanwalt. Goetae.
Ediktal⸗Citation. Die nachbenannten 18 Heeres pflichtigen; 1) Theodor Klinger aus Labischin, geb. den 26. Oktober 1851, katholisch, 2 Michael Grzeszinski aus Schubin, geb. den 20. September 1851 katholisch, 3 Bernhard Altmann aus Schubin, geb. den 6. Jannar 1851, jüdisch, Andreas Szy⸗ manski aus Schubin, geb. den 13. Oktober 1851. katholijch, ) Carl Adolph Laewert aus Barsin,
Dominium, geb. den 21. Januar 1851, evangelisch, 13 Johann Eu! aut Zalachowo, geb. den 14. De⸗