1875 / 80 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Apr 1875 18:00:01 GMT) scan diff

gemãß der Beflimmung des J. 5 der Stãdte⸗Ordnung für die Rhein⸗ provinz vom 15. Mai 1856, nach welcher die Eigenschaft eines Preußen die Vorbedingung zur . stãdtischen Bürgerrechtes ist, zur Theilnahme an den eindewahlen in Preußen nicht berechtigt erscheint.

Nach einem Cirkularerlaß des Mmisters des Innern vom 11. v. M. ist die den Gefangenen durch den Erlaß vom 25. Juli 1862 ertheilte Erlaubniß, ihren nächsten Ver⸗ wandten, wenn dieselben durch besondere Unglücksfälle oder dringende Noth heimgesucht werden, aus der zweiten Hälfte des Ueberverdien stes kleine Geldbeträge zuzuwenden, durch die Cirkularverfügung vom 19. Dezember 1872 nicht aufgehoben worden. Es wird hierbei jedoch die erforderliche Kontrole zu üben sein, damit einzelne Gefangene ihrer Familie nicht etwa aus dem Ueberverdienfte mehr zuwenden, als mit dem Zwecke desselben, ihnen bei der Entlassung zum besseren Fortkommen zu dienen, vereinbar ist. Die Befugniß, dergleichen Zuwendun⸗ gen zu gestatten, fieht den Direktoren zu.

Der General⸗Lieutenant Kraft Prinz zu Hohen⸗ lohe⸗Ingelfingen, Commandeur der 12. Division, bisher General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs, ist aus Anlaß der Ernennung zum General⸗Adjutanten Sr. Ma⸗ jestät des Kaisers und Königs mit kurzem Urlaub von Neisse hier eingetroffen und im Hotel du Nord abgestiegen.

Dortmund, 5. April. (W. T. B.) Der „Westfälischen Zeitung“ zufolge hat die Wahl eines hiesigen Ober⸗Bürger⸗ meisters nicht stattfinden können, da der für diesen Posten in Aussicht genommene Bürgermeister Wegener von Duisburg die Kandidatur abgelehnt hat. Die Stadtverordneten haben ihren Ausschuß beauftragt, nunmehr einen neuen Vorschlag für die Wiederbesetzung der Stelle zu machen.

Bayern. München, 4. April. Se. Majestät der König ist durch ein entstandenes Augenleiden abermals gehindert, das Zimmer zu verlassen. Der neuernannte Kriegs⸗Minister, General⸗ Lieutenant v. Maillin ger, ist gestern aus Würzburg hier einge⸗ troffen und hat heute bereits im Kriegs⸗Ministerium gearbeitet und hierauf mehrere Besuche abgestattet. Hr. v. Maillinger zeigte heute durch das Verordnungsblatt den Wechsel in der Leitung des Kriegs⸗Ministeriums der Armee an. Das Kriegs⸗ Ministerium hat die im Reichs ⸗Gesetzblatte publizirten, am 6. v. M. in Kraft getretenen Gesetze, nämlich: Gesetz über den Landsturm vom 12. Februar 1875 und Gesetz, betreffend die Ausübung der militärischen Kontrole über die Personen des Beurlaubtenstandes, die Uebungen derselben, sowie die gegen sie zulässigen Disziplinarstrafmittel vom 15. Februar 1875, heute mit dem Bemerken bekannt ge⸗ geben, daß bis zur Veröffentlichung der in Gemäßheit des §. 9 dieser Gesetze fur das Königreich Bayern zu erlaffenden Aus⸗ führungs⸗Bestimmungen die auf das letztere derselben bezüglichen bestehenden Verordnungen mit denjenigen Modifikationen in Kraft bleiben, welche sich unmittelbar aus dem Gesetze ergeben. Im Königlichen Finanz⸗Ministerium wird nach dem „Corr. v. u. f. D. in Bezug auf die Verlegung der Central⸗Forstlehr⸗ an stalt in Aschaffenburg eine umfangreiche Denkschrift ausgenrhestet Am 16. d. Mts. endet der versass unge * 56 .

Termi auer des diesmaligen Sandtages und es werden 2 nin, der Da ö 2 vorliegenden Vorlagen, das

Wahlgesetz wohl ausgenommen, voraussichklich erledigen können, so daß eine Verlängerung der Landtagsdauer nicht erforderlich sein wird. Sicher ist, daß nicht wieder eine Vertagung, sondern ein förmlicher Schluß des Landtages erfolgen wird.

Sachsen. Dres den, 1. April. Am heutigen Geb urts⸗ tage des Fürsten von Bismarck stellten in der Stadt⸗ verordnetensitzung die dem Kollegium angehörigen Vorstände des hiefigen Fortschritts und des Reichsvereins gemeinschaftlich den Antrag, daß die Sedanfeier von diesem Jahre an zu einer städtischen gemacht und zu diesem Behufe eine aus 3 Raths⸗ und 3 Stadtverordneten⸗Mitgliedern bestehende gemischte Depu⸗ tation niedergesetzt werden möge. Vize⸗Vorsteher Lehmann be⸗ tonte bei der Motivirung, wie man Werth darauf lege, daß dieser Beschluß gerade heute, am Geburtstage „des größten Ehrenbürgers unserer Stadt“ gefaßt werde. Das Kollegium erhob den Antrag unter Beifall sofort zum einstimmigen Beschluß. Abends hatte der Reichsverein ein zahlreich besuchtes Festsouper veranstaltet, bei welchem der Vorsitzende Advokat Schubert vom politischen Standpunkt den Reichskanzler feierte, während Advokat Siegel, dessen hoffentlich gleich siegreichen Kampf gegen Rom betonte. Beide Trinksprüche, sowie eine vorgetragene Ode auf den Reichskanzler wurden nit Enthusiasmus aufgenommen.

Der Staats⸗Minister v. Nostitz⸗Wallwitz hat in diesen Tagen die Amts⸗Hauptmannschaften zu Bautzen, Löbau und Zittau besucht und von den Einrichtungen und dem Geschäfts gange derselben Kenntniß genommen.

5. April. Heute Vormittag 9 Uhr hat die feierliche Eröffnung des hier begründeten Königlichen Lehrerinnen⸗ Seminars in Anwesenheit der Lehrer, der Lehrerinnen und 29 Zöglinge der neuen Anstalt, sowie der Vertreter des Kultus⸗ Ministeriums und des evangelischen Landes konsistoriums statt⸗ gefunden.

Leipzig, 4. April. Ihre Königliche Hoheit die Prin⸗ zessin Friedrich Carl von Pxeußen kam gestern Abend zäß Uhr nebst drei Prinzessinnen Töchtern und Gefolge auf der Berlin⸗Anhalter Bahn hier an und setzte mit Benutzung der Verbindungsbahn auf der Königlichen Staatsbahn die Reise nach Altenburg fort.

Baden. Karlsruhe, 3. April. In der zu Heidelberg am 31. v. M. abgehaltenen Versammlung protestanti⸗ scher Geistlichen Badens, in welcher folgender Beschluß angenommen wurde: „Die Versammlung erklärt sich prinzipiell für Kirchensteuer, spricht sich aber bis zu deren Durchführung für Staatsdotation aus“, erklärte, wie das „Fr. J.“ meldet, das anwesende Mitglied des Ober⸗Kirchenraths, Herr Schellen⸗ berg: der Staat erkenne eine moralische Verpflichtung gegen die Kirche freiwillig an, indem er eine Vorlage an die Stände über eine Kirchendotation von 100,000 Fl. vorbereitet habe, für deren Annahme er die anwesenden Abgeordneten zu wirken bitte.

Sessen. Darm stadt, 3. April. Die „Darmst. Ztg.“ meldet: Die hiesige Adresse an Fürst Bismarck anläßlich seines 50. Geburtstags ist, mit zahlreichen Unterschriften bedeckt (woran die Präsidenten und die meisten Mitglieder der Zweiten Kammer, , . und Stadtverordnete), seiner Zeit an den Ort ihrer Bestimmung abgegangen. Die Erste Kam⸗ mer wird, dem „Fr. J. zufolge, nicht erst, wie früher in Aus⸗ sicht genommen war, am 53. d., sondern schon am 7. zusammen⸗ treten. Auf der Tagesordnung befinden sich, abgesehen von der Wahl eines zweiten Präsidenten, an Stelle des zum ersten Praͤ⸗ sidenten ernannten Grafen Görtz, 17 Gegenstände, darunter von

allgemeinem Interesse die Theatervorlage, die auf das in⸗ 6 aufgehobene Gesetz von 1867 wegen Aufbringung er Kosten für das zur Erbauung von Gier m . erforderliche Gelände bezüglichen Anträge der Abgg. Möllinger

und Allmann, der Antrag der Abgg. Goldmann, Küchler,

Edinger und Heinzerling auf Aufhebung des Oktroi's, der Abgg. Dumont und Oechsner auf Errichtung (iner höheren Handels⸗Akademie in Mainz, des Abg. Heidenreich, die Abgabe von Waldsteuern aus den Kommunalwaldungen, des Abg. Heinzerling auf Erlaß einer Gesindeordnung, deffelben Abge— ordneten auf Herrichtung einer Personen⸗Haltestelle bei Bessungen, des Abg. Allmann wegen des Eichwesens. Die Erste Kammer wird voraussichtlich mehrere Tage versammelt bleiben.

Sachsen⸗Weimar⸗Sisenach. Weimar, 5. April. (Weim. Ztg.) In dem Befinden des Geheimen Raths Dr. Stichling ist eine entschiedene Besserung eingetreten, welche eine baldige Genesung des Kranken erhoffen läßt.

Anhalt. Dessau, 3. April. Se. Königliche Hoheit der Prinz Alexander der Niederlande hat gestern Mittag den Herzoglichen Hof wieder verlassen.

In der heutigen 13. Plenarfitzung des Anhaltischen Landtages, welcher als landesherrlicher Kommissar der Staats⸗Minister Dr. v. Larisch beiwohnte, erstattete der Abg. Lezius Namens der juridischen Kommisston Bericht über den Antrag des Abg. v. Krosigk⸗ Hohenerxleben wegen Vorlage eines Gesetzes, die Enteignung von Grundeigen— thum betreffend. Bekanntlich wurde nach Äblehnung des Ex⸗ pPropriationagesetzes der dringliche Antrag gestellt, ob Herzogliche Staatsregierung nicht noch in diefer Diät einen neuen Gefetzentwurf vorlegen wolle. Die Kommission hat schon bei der frühern Be⸗— rathung nach reiflicher Erwägung in ihrer Majoritãt dem 5. 2 nicht die Tragweite beimessen können, wie der Landtag, der ihn bekanntlich dennoch nicht annahm. Es steht allerdings nicht zu er⸗ warten, daß die Herzogliche Staatsregierung einerseits von ihrem Standpunkte und andererfeits der Landtag von seinen gegen 5.2 geäußerten Bedenken abgehen werde. Um aber die großen durch das einen bedeutenden Fortschritt gewährende Gesetz dem Lande offenbar gebotenen Vortheile demselben zu Gute kommen zu lassen, ist die Kommission auf die Spezialisirung der einzelnen Expropriationsfälle zurückgekommen, stellt Kategorien auf und schlägt überhaupt eine Fassung des Gesetzes vor, die sich an die Expropriationsgesetz?e in Bayern und Bernburg eng anschließt. Die Staatsregierung, sagte der Berichterstatter zum Schluß, hat für den Fall, daß der Landtag mit entschiedener Ma⸗ jorität dem Antrage zustimmt, ihre Geneigtheit geäußert, das Gesetz in neuer Fassung vorzulegen. Der landesherrliche Kommissar, Staats⸗Minister Dr. v. Larisch, erklärte, daß diese letztere Aeußerung einer Vervollständigung bedürfe. Die Regierung glaube nach den in der gegenwärtigen Diät gemachten Erfahrungen kaum mit Sicherheit darauf rechnen zu können, daß ein eventuell von ihr in der von der Kommission gewünsch⸗ ten Gestalt vorgelegter Entwurf demnächst auch wirklich die Zu⸗ stimmung des Landtags in allen wesentlichen Punkten finde, wenn nicht im Allgemeinen eine Klärung des Verhältnisses der Najoritãt des Landtags zu dem derzeitigen Repräsentanten der

2 8irr n= ö 2 . J sei die gewünschte Vorlage noch für diefe Full al lgusf3turd, stellt worden, da es wohl der Regierung nicht zugemuthet wer⸗ den könne, auf das Ungewisse hin zum dritten Male mit einer denselben Gegenstand betreffenden Vorlage an den Land⸗ tag heranzutreten. Der Landtag nahm den Antrag mit allen gegen eine Stimme an.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 5. April. (W. T. B.!) Die Wahlen für den Landesausschuß, welche heute im Bezirkstage vorgenommen sind, sind im gemäßigten Sinne ausgefallen. Von 35 Stimmen erhielten u. A. Apotheker Klein 29, Advokat Schneegans 28, Bulach 25 Stimmen. Die außerordentliche Session der Bezirkstage dürfte be⸗ reits morgen geschlossen werden.

Oesterreich⸗ Ungarn. Salzburg, 6. April. (W. T. B.) Der Redacteur des Münchener „Vaterland“, Dr. Sigl, ist auf Befehl des hiesigen Landesgerichts hier verhaftet worden. Dem Vernehmen nach erfolgte die Verhaftung wegen Beleidigung des Kaisers von Oesterreich in dem von Dr. Sigl heraus gegebenen Witzblatt ‚Die Bremfe.“

Schweiz. Da nun auch die türkische Regierung offiziell an⸗ gezeigt, daß die Ratifikation des Weltpostvertrages von ihrer Seite stattgefunden, ist dieser Akt nun von sämmtlichen 20 Staaten, welche den Vertragsentwurf unterzeichnet haben, vollzogen worden, so daß der Vertrag am 1. Juli d. J. in Kraft treten kann. Auch Frankreich, das sich das Protokoll offen gehalten, hat, der „Köln. Ztg.“ zufolge, seinen Zutritt zugesichert und soll dem⸗ nächst die offizielle Mittheilung davon gemacht werden. Der Austausch sämmtlicher Ratifikatibnen ist auf den 3. Mai angesetzt.

Riederlande. Haag, 5. April. (W. T. B.) Die Erste Kammer nahm in der heutigen Sitzung den Gesetz⸗ entwurf an, welcher die Amortisation von 10 Millionen Gulden der Staatsschuld anordnet.

Großbritannien und Irland. London, 3. April. Die Königin verließ gestern in Begleitung des Prinzen Leopold und der Prinzessin Beatrice Schloß Windsor und begab sich nach Osborne auf der Insel Wight, wo sie einen mehrwöächentlichen Aufenthalt zu nehmen gedenkt. Der Prinz von Wales kehrt am nächsten Dienstag von Nizza nach London zurück. In Stamford⸗street, Blackfriars, wurde gestern der größte Block von Gebäuden in Verbindung mit dem Pe abody⸗Schen⸗ kungsfond für die Aufnahme von Insassen eröffnet. Die Gebäude nehmen einen Flächenraum von 25 Aeres Landes ein und bestehen aus über 14 Blocks, die im Stande sind 352 Fa⸗ milien zu beherbergen.

Plymouth, 5. April. (W. T. B.) Die deutsche Kor⸗ vette Elisabeth“ ist heute Morgen, von Ostasien kommend, hier eingelaufen, um Depeschen entgegenzunehmen und wird wahrscheinlich am Mittwoch ihre Reise nach Kiel fortsetzen.

Frankreich. Paris, 4. April. Das „Journal officiel“ veröffentlicht den Wortlaut der Rede, welche der Unterrichts⸗ Minister Wallon gestern in dem Kongreß der gelehrten Provinzgesellschaften gehalten hat. Die Schlußstelle desselben lautet in der Uebersetzung:

So hat denn nichts, meine Herren, der Thätigkeit und dem Eifer unserer Gelehrten Einhalt gethan und die Mitwirkung des Staates ist ihnen selbst in den schwierigsten Zeiten nicht abhanden gekommen. Sie dürfen sich ihrer daher mit gehobenem Vertrauen während der ruhigeren Periode, welche wir antreten, versehen. Die

Republik,. die von der Nationalversammlung inmitten der Unglücks schläge der Invasion, auf den Trümmern dez Karserreichs als thatsächlich beftehend vorgefunden wurde, hat eben erst durch das Votum der Verfaffungagesetze einen be= stimmteren Charakter erhalten. Ohne den Reformen, ja sogar, je nachdem der regelmäßig ausgesprochene Wille des Landes darüber verfügen wird. den Verwandlungen dieses Regimes die Thür zu schliehen, hat die Nationalversammlung gewollt, daß es in sich, in dem Spiel seiner Einrichtungen selbst die Kraft, fortzuleben, fände, und nur zwei Dinge geächtet, welche die Plage der Geschichte unserer Zeit gewesen sind: die Staatsstreiche und die Revolutionen. Die dem Marschall Mac Mahon bereits für sieben Jahre verliehenen Ge—⸗ walten sind durch die Einführung dieser Gesetze in ihrer Ausübung ge⸗ stärkt, in ihrer möglichen Dauer sogar erstreckt worden. Unter seiner loyalen und festen Regierung kann sich Frankreich also jener Sicherheit erfreuen, deren es bedarf, um sich durch die Arbeit wiederaufzurichten. Auch Sie sind Arbeiter, und wenn Ackerbau, Handel und Gewerbe uns die Mittel verschaffen müssen, die schweren Lasten, welche ein ver— hängnißvoller Krieg unserem Budget aufgebürdet hat, ohne Ermatten zu ertragen, so ist es Ihre Sache, eine Lage aufrechtzuerhalten, die, Gott sei Dank, nie erschüttert worden ist. Die französische Wisfenfchaft und. Gelehrsamkeit hat in der That Titel, auf die wir stolz sein dür⸗ fen. Diese Republik des menschlichen Wissens, deren Mitbürger alle Ge⸗ lehrten sind, zerfällt aber doch, gleich den alten Hochschulen, in Nationen und die französische Nation zeichnet sich ohne irgend einer anderen in der Ureigenheit der Ansichten, der Intelligenz und der Strenge ihrer Forschungen nachzustehen, durch die Sicherbeit ihrer Methode und die Klarheit der Darstellung aus. Diese Eigenschaften würde man ihrem Werk schwerlich streitig machen, denn sie sind das Wesen des französischen Geistes. Sie müssen fortfahren, meine Herren, dies in der Anwendung zu zeigen! Sie müssen den Kreis Ihrer Arbeiten ausdehnen, dieselben durch Ihre Schriften und Ihren Unterricht zur Kenntniß des Publikums bringen und Sie werden sich, indem Sie den Interessen der Wissenschaft dienen, zugleich um das Land ver= dient gemacht haben.“

Italien. Rom, 1. April. Die „Gazzetta Uffieiale“ ent⸗ hält die Mittheilung, daß der Senat auf den 12. April wieder einberufen ist, um die Berathung des Strafgesetzbuches fortzu⸗ setzen. Der Ober-Schulrath hat die Frage, ob Personen, welche mit Diplomen fremder Universitäten verfehen find, auch die akademischen Grade an italienischen Universitäten bewilligt werden können, gestern dahin entschieden, daß diese Vergünfüͤ⸗ gung ausnahmsweise denen zugestanden werden könne, welche Diplome der angesehensten fremden Universttäten besitzen. Da die Phylloperag in den Weinbergen des Departements Nizza aufgetreten ist, so hat der Minister für Handel, Gewerbe und Ackerbau den Direktor der önologischen Station in Asti beauftragt, die Weinberge der Provinzen Portomaurizio und Genug zu untersuchen und ihm darüber Bericht zu erstatten.

Venedig, 5. April. (W. T. B.) Der Kaiser von Oesterreich ist heute Mittag hier eingetroffen. Auf der Fahrt von Cormons hierher wurde der Kaiser auf allen Stationen festlich empfangen. Die Bahnhöfe waren mit italienischen und österreichischen Fahnen geschmückt und Ehrenkompagnien an den⸗ selben aufgestellt. Die Königlichen und Kommunalbehörden hatten sich zum Empfange des Kaisers eingefunden, der von der Bevölkerung allenthalben mit den lebhaftesten Kundgebun⸗ gen begrüßt wurde. Auf dem hiesigen Bahnhofe waren der König, die Königlichen Prinzen und die sämmtlichen Civil- und Militärbehörden zum Empfange anwesend. Eine Kompagnie , gab die Ehrenwache. Als der Hofzug

der ihr hr eilfüihr, al, Le Gemmer, e. Kaiser entgegen und imnakmle Penfelbess Vichzr Emanuel dem

spielte die österreichische Volkshymne. Als die Souveräne im Pavillon des Landungsplatzes erschienen, brach die un— übersehbare Volksmenge, welche dort der Ankunft des Kaisers harrte, in enthustastische Hochrufe aus. Die Artillerie gab mehrere Salven ab. In einer eigens für den Kaiser hergerichteten Gon⸗ del nahmen der Kaiser, der König und der Kronprinz Platz. Die Prinzen Amadeus und Thomas, Graf v. Wimpffen, General Menabrea und das gesammte Gefolge des Kaisers schlossen sich in anderen Gondeln an. Unzählige Fahrzeuge, worunter alle Gondeln der venetianischen Nobili in Gala, folgten. Die Ufer, Treppen und Paläste waren von Zuschauern überfüllt und die prachtvoll dekorirten Balkone besonders von Damen dicht besetzt. Auf der Fahrt durch den Canal grande, welche eine halbe Stunde dauerte, wurden die beiden Monarchen überall mit Enthusiasmus empfangen. In den lauten Jubel der Bevölkerung mischten sich die Klänge der österreichischen Volkshymne, die von den zahl— reichen Musikkapellen beim Vorüberfahren der Souveräne ange⸗ stimmt wurde.

Auf dem Markusplatze wurde den dort aufgestellten Trup⸗ pen von den Majestäten die Revue abgenommen und darauf in der Residenz der Kaiser von der Kronprinzessin, den Ministern und den Präsidenten des Senats und der Deputirten kammer empfangen. Der Markusplatz war von einer dichtgedrängten Volksmenge besetzt, welche den Kaiser Franz Josef und den König Victor Emanuel mit den lebhaftesten Kundgebungen be⸗ grüßte. Die Ovationen wiederholten sich, als die beiden Monarchen zusammen auf dem Balkon der Residenz erschienen. Die Empfangsfeierlichkeiten, zu denen sich eine große Anzahl von Fremden hier eingefunden hat, wurden von dem pracht⸗ vollsten Wetter begünstigt.

Nach der Ankunft des Kaisers in der Residenz stattete der König ihm einen längeren Besuch ab. Der Kaiser erwiderte den⸗ selben umgehend und machte darauf der Kronprinzessin einen Besuch. Um 4 Uhr wurden die italienischen Minister, die Prä⸗ sidenten des Senats und der Deputirtenkammer, das Konsular⸗ corps und die Behörden von Venedig vom Kaiser empfangen.

Die „Gazetta di Venezia“ schreibt anläßlich der Zu⸗ sammenkunft des Kaisers Franz Zosef und des Königs Victor Emanuel: Der Besuch des Kaisers in Ve⸗ nedig werde einen tiefen Eindruck in der Geschichte der Wieder⸗ geburt Italiens zurücklassen. Der Entschluß des Kaisers finde die lebhafteste Zustimmung der gesammten italienischen Nation und werde auch im Auslande eine günstige Beurtheilung finden. Indem der Kaiser in diese Provinz komme, verkünde er laut, daß er die Vergangenheit für immer vergessen habe, und daß die Freundschaft für Italien und den König Victor Emanuel nicht eine vorübergehende Thatsache sei, sondern eine leitende Idee der Politik Sesterreichs bilde. Italien werde diese Dem on⸗ stration mit dem herzlichsten Empfange des Kaisers erwidern.

6. April. (W. T. B.) Zu Ehren der Anwesen⸗ heit des Kaisers Franz Josef war gestern Abend die Stadt glänzend illuminirt, auch die im Hafen liegenden Schiffe waren mit bengalischen Flammen beleuchtet. Gegen 9 Uhr er⸗ schienen die Majestäten auf dem Balkon der Residenz und wur⸗ den dort von der versammelten zahllosen Volksmenge mit Enthu⸗ siasmus begrüßt. Später fand ein glänzender Hofball statt.

Griechenland. Präsidium der Deputirtenkammer ist heute vom König em⸗ pfangen worden. In der Deputirtenkammer wurde das Budget für 1875 eingebracht und der Vertrag mit der

Athen, 5. April. (B. T. B) Das

deutsch en Kegierung, betreffend die Ausgrabungen in Olympia in dritter Lesung angenommen.

Dänemark. Kopenhagen, 31. März. Prinz Wil⸗ helm von Hessen, Sohn des Landgrafen Friedrich von

en und Neffe der Königin von Dänemark, ist am Don—⸗ nerstag zum . am dänischen Hofe eingetroffen. Unterm 24. März hat der König das vom Reichstage ange⸗ nommene interimistische Finanzgesetz für das Finanzjahr 1875 76 bestätigt. Einer in diesen Tagen erschienenen Kö⸗ niglichen Verordnung zufolge sollen die bisher als Zahlungs⸗ mittel benutzten silbernen, kupfernen und bronzenen Scheide⸗ münzen, als: 1s Reichsbankthaler oder Zweimarkstücke, Ein⸗ mark⸗ oder 16 Schilling stücke, Achtschillingstücke, Vierschilling⸗ stücke und Dreischillingstuͤcke (Alle von Silber), Ein⸗ Halb⸗ und isz Schillingstücke (Alle von Kupfer), Ein- und Halbschilling— stücke (Alle von Bronze) vom 1. November 1875 an nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel betrachtet werden. Heute Mittag fand in Gegenwart des Königs und des Kronprinzen die jäͤhr⸗ liche Feier der Königlichen Kunst akademie statt. Die hohen Herrschaften nahmen nach Ende der Feierlichkeit, begleitet vom Direktor der Akademie, Etatsrath Meldahl und den übrigen Professoren, die an demselben Tage eröffnete Kunstausstellung in Augenschein.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 3. April. Die „Neue Zeit“ meldet, daß die unter dem Vorsitz des Geheimrath Despot⸗Senowitsch mit der Ausarbeitung eines Projekts über die Ueberführung der zu Zwangsarbeiten Verurtheilten auf die Insel Ssachalin betraute Kommission bald mit ihrer Aufgabe fertig sein wird. Nach dem neuen Projekt soll Ssachalin in eine Sträflingskolonie nach dem Pö⸗ nitentiar⸗System verwandelt werden. Auch soll großes Gewicht darauf gelegt werden, die Insel in wirthschaftlicher Beziehung durch Anlegung von Farmen u. s. w. zu fördern.

Die „Revaler Ztg.“ schreibt: „Die Städte Riga und Reval stellten in Folge höherer Vorschrift im Jahre 1865 dem Ministerium Projekte einer neuen Städteverfassung vor, welche ihnen nach Emanation der neuen russischen Städteord⸗ nung vom 16. Juni 1870 zur Bewerkstelligung der dieser Ord⸗ nung konformen Abänderungen remittirt wurde. Nachdem diese Projekte nunmehr von einer besonderen Kommission geprüft worden, sind die von dieser, für die Städte der Ostseeprovinzen anerkannten Abänderungen, den Räthen der Städte Riga und Reval wiederum zur Begutachtung übermittelt und werden ge⸗ genwärtig in Reval in einer, aus Vertretern des Raths und der Gilden, sowie der Revaler Domgemeinde und der Städte Hapsal und Baltischport bestehenden Kommission geprüft und im Schooße der städtischen Korporationen berathen. Diese Be⸗ rathungen sollen im Laufe eines Monats zu Ende gelangen, so daß das von den Städten begutachtete Projekt der neuen Städte⸗ ordnung dem Senat zu seiner Herbstsesston zur definitiven Be⸗ schlußfassung vorliegen wird.“

Schweden und Norwegen. Stockholm, 30. März. (H. N.) Die Adelsversammlung wurde am Donnerstag mit der Wahl einer neuen Ritterhaus⸗Direktion geschlossen. Zum Präsidenten wurde Graf Henning Hamilton, zum Vize⸗Präsiden⸗ ten General⸗Lieutenant Graf Sandels, welcher die Versammlung leitete, gewählt. Von den in Behandlung genommenen Gegen⸗ ständen bot am meisten Interesse der Vorschlag des Königs, welchem zufolge der Adel das in Folge seiner Privilegien be⸗ hauptete sogenannte Giftomannarät / (Verehelichungsrecht) auf⸗ geben und somit die Töchter der Adligen den bürgerlich gebore— nen Töchtern gleichgestellt werden sollten. Dieser Vorschlag warde verworfen. Die Verhandlungen, welche in diesem Monet in Stockholm über die Feststellung eines Betriebs⸗ prsrzes für die schwedischen Staatsbahnen geführt murder find jetzt geschloffen. Außer den betreffenden schwedische. Autoritäten der Eisenbahn verwaltung und der General⸗Pohä rttion, nahm der Direktor der dänischen Staats— bahnen, . Holst, Theil an den Verhandiungen, da das dänische Mintße. um des Innern sich an' die schwebische Regierung mit dem Erstenen gewandt hatte, bei Feststellung des FJahrplanes Rücksicht auf e Da mpfschiffzverbindung Gothen— burg Frederikshavn und der ven dadurch erhöhten Trafik auf den dänischen Staatsbahnen, dere, Betriebs plan ebenfalls unter Berücksichtigung der erwähnten Damsichiffg verbindung ausgear⸗ beitet worden ist, zu nehmen. Auch“ Har Norwegen bei den Verhandlungen repräsentirt. Der neue Plan ist noch nicht de⸗ sinitiv bestimmt, auch nicht der Tag, an welchem derselbe in Kraft treten soll, aber man nimmt allgemein an, daß solches am 1. Mai geschehen wird, wenn sich das Wetter bis dahin günstig ftellt. Am 24. d. Mts. feierte die schwedische Bibelgeselischaft im großen Börsensaale ihre 16. Jahreszusammenkunft; der König, der Kronprinz und eine große Anzahl hochstehender Per⸗ sonen war zugegen. Aus dem vorgelesenen Jahresbericht er⸗ giebt sich ein erfreuliches Gedeihen des Vereins; auf Kosten desselben sind im vorigen Jahre 10,590 Bibeln und 5000 Exem⸗ plare des neuen Testaments gedruckt worden. Seit Bestehen des Vereins kamen 247,237 Bibeln und 640, 100 neue Testamente zum Druck.

Ehristiania, 30. März. Dem Vernehmen nach hat das Konstitutionscom its beschlossen, alle ruhenden Grundgesetzvor⸗ schläge über die Ausdehnung des Stimmrechts bei Seite zu legen und die Regierung um die Niedersetzung einer Kom⸗ mission zur wiederholten Vornahme und Behandlung der Fragen zu ersuchen.

Amerika. (A. A. C.) Am 28. Februar wurde das Jesuiten⸗ Seminar in Buenos-Ayres von einem 10000 0 000 Köpe starken Pöbelhaufen angegriffen und mit Petroleum in Brand gesteckt, während einige der Priester ermordet und andere schwer verwundet wurden. Der Pöbel plünderte auch den Palast des Erzbischofs, da ein von demselben vor einigen Tagen veröffent⸗ lichter Hirtenbrief Anstoß erregt hatte. Die Re⸗ gierung fandte Truppen zum Schutze des Regierungs⸗ palastes und der Klöster ab und es wurden einige Verhaftungen vorgenommen. Im Hinblick auf die kritische Lage der Dinge hat die Regierung die Provinz für 30 Tage in den Belagerungszustand erklärt und sie beabsichtigt, unverzüg⸗ liche Schritte zu thun, um die Theilnehmer an den Exzessen vom Sonntag zur Verantwortung zu ziehen.

Ueber den Präsidenten der Republik Mexiko enthält die „A. A. EC.“ folgende Personalnotizen:

Der jetzige Präsident der Republik Mexiko, Lerdo

de Teja da, ist 50 Jahre alt und nicht, wie sein Vorgänger Juarez,

von indianischer, sondern von rein spanischer Abkunft. Aber auch er stammt von einer ganz armen Familie und schwang sich durch eigene Kraft zum bedeutenden Juristen, dann zum Oberrichter, Kabinetsmit glied und schließlich zum Präsidenten empor. Im Kabinet des Prä⸗ sidenten Juarez nahm er eine ähnliche Stellung ein wie Seward im

binet Lincolns, und seiner diplomatischen Geschicklichkeit halber * man ihn damals den mexikanischen Seward. Er ift, obgleich selit von den Jesniten erzogen, der unerichütterliche Vollstrecker der kürzch passirten merikanischen Kirchengesetze, deren Zweck es sst, die Mact des katholischen Klerus in Mexiko zu brechen. Ebenso kräftig wirkt er für Hebung der Industrie und des Eisenbahnbaues.

en. Wie der „Academy“ von ihrem Korrespondenten in 27 an geschrieben wird, wurde am 26. Januar Abends die Hocheit einer der Töchter das Schahs mit dem Imam Jumeh un Teheran gefeiert.

Afra. Aus Natal wird vom 6. v. M. herichtet:

Eine wojektirte Maßtzgel zur Legalisirung der Schwägerehe findet in der kolonialen Prefe eine günstige Besprechung. Sir Ben— jamin Pine zeabsichtigte an 9 März an Bord des Postdampfers nach England zurückzukehrei. Es wurden ihm mehrere Abschieds adressen überrecht, die sich alle sehr beifällig über die Ma cegeln ãaußerten, weiche der frühere Gouvernenr in der Langalibalele Affaire ergriffen hatte. Cige von Beenen überreichte soll an Lord Carnarvon nach London gesindt werd. Dieselbe liefert Beweise dafür, daß unter den Stãmnen von Lchgalibalele und Putuli Widerspenstigkeit und Empörung exstirte.

Vereins wesen.

Der Vaterländijche Frauen-Veregin hielt gestern Abend um 7 Uhr im großen Saall des Handels-Ministeriums seine LT. Generalversammlung ab. hre Majestät die Kaiserin⸗ Königin hatte Allerhöchstih Erscheinen zugesagt und wurde mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden vom Han⸗ dels Minister Dr. Achenbach, zessen Gemahlin und dem gesammten Vorstande an der Thür des Hauses ehrerbietigst empfangen. Ihre Majestät die Kaiserin Königin geruhte zunächst Cerele zu machen und Sich hierbei darch die Gräfin Itzenplitz die von aus— wärts eingetroffenen Delegirten vorstellen zu lassen; Allerhöchstdieselbe betrat hierauf den 5. . sich bereits die zahlreich be⸗ suchte Versammlung eingefundn hatte. suchtge n ; en eim 890: „Herr Gott, Du bist

Nachdem der Domchor der unsere Zuflucht für und für nach der Komposition von Grell ge⸗ jungen haite, erklärte auf Rfehl Ihrer Majestät der Kai serin-Königin, der Alerhöchften Protektorin des Vereins, der Schriftführer desselbea, der Geheime Ober⸗Regierungz Rath von Wussow, die Versammlung für eröffnet, stattete zunächst Ihrer König lichen Hoheit der Großherzogit von Baden für Höchstihr huldvolles Erscheinen den Dank ab und begrüßte die von auswärts eingetroffenen Vertreter der Landesvereme, sowie die Delegirten der Zweigvereine. Hieran knüpfte sich die Mittheilung, daß heute, Dienstag um 12 Uhr, im Gebäude der Kur- und Neumärkischen Ritterschalt eine Ver sammlung der Delegirten in Aussicht genommen sei. .

Der alsdann erstatteten Fahresberichte für 1874 entnehmen wir, daß auch im Laufe des verfloßtenen Jabres durch den Verein rüstig fortgearbeitet wurde an den Werken der Mildthätigkeit und daß der Verein sich nach wie vor, der Huld und Gnade Beider Kaiserlichen. Majestäten zu erfreuen hat. Redner vermied, in die Einzelnheiten des Berichtes einsugehen, da derselbe umgehend gedruckt werden soll, gedachte zunächst der Fürst⸗ lichen Frauen und der Prinzessinnen, die einzelnen Landesrereinen vor- stehen, und nannte eine lange Reihe von Namen und G'ellschaften, die auch im vergangenen Jahre dem Vereine reiche Wehlthaten zu gewandt haben. Die Kräfte, mit denen der Verein arbe tet, sind in erfreulicher Zunahme begriffen, einige Zweigvereine haben sich aufge⸗ löst, um mit benachbarten Vereinen fich zu verschmelzen und dadurch ein größeres Feld der Thätigkeit zu gewinnen. Zur Zeit existiren 377 Zwelgvereine, und wenn man von der Menge der Mitglieder auf die Wirksamkeit des Vereins schließen kann, so muß letztere eine segen⸗ bringende gewesen sein Der Verein ist im Vorjahre um 1248 Mit- glieder gewachsen und zählt deren im Ganzen 33, 566, von denen Ih, 243 ordentliche und 7323 außerordentliche Mitglieder sind. Einen schweren Verlust hat der Verein im Jahre 1874 durch den Tod des Geheimen Regierunge-Raths Esse erlitten, dessen reiche Kenntnisse und stete Hülfsbereitschaft den Mitgliedern unvergeßlich bleiben wer—= den. Für den Hauptverein in Berlin stellt sich der Abschluß fol⸗ gendermaßen. Die Einnahmen betrugen am 31. Dezember 1874 37, 507 Thlr., hierunter Beiträge ven Vereinsmitgliedern 1931 Thlr. Beiträge von den Zweigvereinen 5165, Wohlthäter-Gaben für die Abgebrannten in Meiningen 4508 Thlr., Zinsen 2258 Thlr., Baar⸗ befta⸗d vom 1. Januar 1874 6556 Thlr. Die Ausgaben beliefen sich auf 28,130 Thlr., hierunter Verwaltungskosten 648 Thlr, Stoffe und Arbeitelöhne für allgemeine Vereinszwecke 2700 Thlr., Unter- stützungen außerhalb Berlins 16982 Thlr., innerhalb Berlins 300 Thaler und für besondere Zwecke 3000 Thlr. Der Baarbestand betiug am 31. Dezember 1874 7950 Thlr. die Vermögensbilanz stellte sich an genanntem Tage auf 78,075 Thlr. Als Schatzmeister fungirt der Basquier Ferd. Jaques, die Uebereinstimmung des Rech- nungsabschlusses und der Bilanz ist vom General der Infanterie z. D. v. Etzel bescheinigt worden. Die disponiblen Mittel, über die der Verein im Gesammten verfügt, betragen 235,239 Thaler. Was die gemeinschaftliche Thätigkeit des Vereins betrifft, so ist zunächst Gott zu danken, der im vergangenen Jahre das deutsche Vaterland

or Krieg und Seuche bewahrt hat. Ven größeren Un— gluͤcksfällen ist nur einer zu erwähnen, der Brand von Mei— ningen, wo allerdings in den ersten Tagen die Noth groß und der Thränen viele waren, hier hat der Verein 30900 Thlr. für die Ver unglückten bewilligt. Die Zweigvereine sind mit kleineren und größeren Summen unterstützt worben und haben ihre Thaͤtigkeit namentlich den Krankenhäusern, den Kleinkinderschulen, den Waisenanstalten u. s. w. zugewendet, und sind überall da rettend und helfend einge—⸗ treten, wo es galt. Roth und Elend der Menschen zu stillen. Ein ungefähres Bild der Thätigkeit des Vereins er⸗ geben folgende Zahlen: derselbe besitzt 2 Musteranstalten für Kranken. pflegetinnen mit 25 Betten, 14 Waisenhäuser mit 232 Waisen, 32 Kleinkinderschulen und Zewahranstalten mit 1770 Kindern, 8 Rettuͤngs. anftalten fuͤr verwahrloste Kinder mit 56 Kindern, ferner eine große Anzahl Taubstummenanstalten, Industrie Nähn Stick und Fortbil . dungsschulen, Mägde und Gesellenherbergen, Volksküchen u. s. w. Redner gab alsdann noch in längerer Auseinandersetzung ein Bild über die Bestrebunger des Vereins und knüpfte hieran einen kurzen Ueberblick an die Geschichte der christlichen Mildthätigkeit, gedachte der Deutschen Ritter, der Johanniter und Maltheser im Mittelalter und berührte kurz die Genfer Konvention und die Brüsseler Kon . ferenzen. Mit der Aufforderung, stets einzutreten, wo die Noth sich zeige, nicht blos in Donner der Geschätze zu helfen, sondern auch Samariterdienste zu leiften, die klein erscheinen mögen, schloß der er= stattete Bericht. . . ö

Inzwischen waren die Wahlen für den Vorstand vorgenemmen und beendigt worden; es wurden einstimmig gewählt: Frau Anna Krause, Färst Anton v. Radziwill, Fürst Blücher von Wahlstatt, Senn g Dr. v. Friedenthal, Rittergutsbesitzer Dr. M Bauer, 8e v. Bofanowski in Weimar und Kammerherr v. Ende in

arlottenburg. ; .

; Hieran itz sich der Bericht des Rittergutsbesitzers Dr. M. Bauer über die Verhandlungen des Frankfurter Verbandtages und das gegründete Vereinsblatt „Frauen⸗Verband!. Redner er⸗ läuterte kurz die sechs verhandelten Punkte, und stellte als wichtigstes Resultat die beschlossene regelmäßige Wiederkehr des Verbandtages und die 3 des Vereinsorganes hin. Be— sonders leb enzvoll zeigen sich die Wirkungen des Verbandtages nach Innen, es ströme ein neuer frischer Zug durch die Standarte mit dem rothen Kreuz und überall sei Eifer, Leben und Bewegung zu begrüßen. . . iermit war die Tagegordnung erledigt und der Domchor sang zum Schlusse den Vers: „Du Hirte Israels.

Ihre Majestät die Kaiserin Königin erhob Sich alsdann und stattete noch dem Vorstande sowie den Delegirten in folgenden Worten Allerhöchstihren Dank für die gehabte Mühewaltung ab: „Sie wissen Alle, daß Ich Mich herzlich freue, Sie wieder be⸗ grüßen zu können; diesmal in Gegenwart Meiner geliebten Tochter und im Sinne der Fürstinnen Deutschlands, welche mit getreuer Für⸗ sorge unser Werk fördern. Dieses Werk vereint alle Theile des Vater⸗ landes, alle Stände, alle Gesinnungen in dem Bedürfniß helfender Liebe und in rastlosem Fleiß. Ich danke Ihnen für Alles, was Sie leisten und weiß, daß wir in derselben Eintracht uns wiedersehen werden.

Zum Besten des Preußischen Frauen- und Jung— frauen ⸗Vereins wird Hr. Professor und Prediger Paulßus Casisel am 19. d. M, Abends 6 Ubr, im Saale des Friedrich⸗ Wilhelms-⸗Gymnasium s, Kochstraße 16— 17, einen Vortrag halten, wozu Billets bei der Frau v. Oh len und Adlerseron in Empfang genommen werden können.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das fünfzigjährige Lehrer-Jubiläum des Direktors F. Ranke vom Friedrich⸗Wilhelms⸗Gymnasium wird in festlicher Weise begangen werden. Der eigentliche Jubeltag ist der 11. April. Die Feier wird aber am 10. und 12. April begangen werden, um den Senntag dem Jubilar und seiner Familie frei zu lassen. Im Verlage von F. Berg gold in Berlin sind neuerdings wei, dei der gegenwärtig regen Bewegung auf religiösem Gebiete, sehr gene! Brochũren erschienen. Die eine behandelt die No thwen digkeit einer neuen Parteibildung in der preußischen evangelischen Landes kirche, während in der anderen Br. Hein rich Schwarz das Ziel der religissen und wissenschaftlichen Gährung nachweist an Eduard von Hartmanns Pessimismus. ; In Sachsenhausen ist mit der Niederlegung der Drei⸗ königskirche, an deren Stelle eine neue Kirche nach dem Plane des Dom⸗Baumeifters Denzinger gebaut werden soll, begonnen worden. Der Vo chang für das neue Dresdener Hoftheater ist nun gewählt. Mit 5 von 7 Stimmen erklärten sich die Preisrichter für den Entwurf, den die allgemeine Stimme als den vorzüglichsten erklärt hatte, den unter dem Motto: Providentias memor!! Bei Eröffnung des Couverts zeigte sich, daß sein Verfasser Professor Ferdinand Keller in Karlsruhe ist. Als Preisrichter fungirten Ober ⸗Baurath Gottfri d Semper in Wien, Galexiedirektor Dr. Düb- ner und Professor Dr. Hettner von Dresden, Direktor v. Pilot in München, Prolessor Preller in Weimar, Professor Dr. Jordan in Ber⸗ lin und Professor Anton v. Werner in Berlin. 5 Stimmen fielen dem Entwurf zu, der mit 5000 „6 prämiirt ist, je 1 Stimme er— hielten die Entwürfe mit den Motti: „Geläutert zeigt die Kunst dem Blick“ 2c. und „Gutes und Boöͤses entbrennt zum Kampfe“. Bei den Vorschlägen zum zweiten und dritten Preise zersplitterten sich die Stimmen vielfach; schließzlich hat, wie die Dr. Nachr.“ melden, das Finanz⸗Ministerium mit Genehmigung des Königs den zuletzt gedachten beiden Entwürfen den zweiten und dritten Preis (20099 und 1500 ) zuerkannt. Als deren Verfasser wurden Professor Wislicenus in Düsseldorf und Professor Dr. Theodor Große in Dresden ermittelt. Die zu den übrigen 63 Bewerbungen eingegangenen Couverts wurden uneröffnet verbrannt. J . Die Nummern 23 bis A der Wissenschaftlichen Bei⸗ age der Leipziger Zeitung, enthalten folgende größere Auf sätze: Musikalische Zustände in Leipzig. Theatralisches und Dra⸗ maturgisches. Eine Fahrt, auf und neben der Kaschau⸗Oderberger Eisenbahn. Der Frauenschutz in Dresden. Musikalische Zu⸗ stände in Leipzig. General-Lieutenant a. D. von Heintz. Hein— rich Laube und das Wiener Stadttheater. . Der Afrikareisende Carl Mauch ist, laut Meldung des W. T. B.“ vorgestern Abend im Ludwigsspital zu Stuttgart, in Folge seines in Blaubeuren am 27. März erlittenen Sturzes, ge⸗ st or ben ; Ueber die Statue Johannes des Täufers, welche im alaste Rosselmini. Gualandi zu Pisa wieder aufgefunden und zuerst Pele Angelo, dann Donatello oder Matteo Civitali zugeschrieben worden war, hat nunmehr ein Comits von italienischen Kunstver— ständigen entschieden und sie als ein Werk Michel Angelo's an— erkannt. Die Statue stellt den heiligen Johannes als Knaben dar und ward, wenn es dieselbe ist, von der Vasari berichtet, von dem Meister in seinem einundzwanzigsten Jahre ausgeführt. = . Die englische Regierung hat ein Votum von 200 Pfd. Sterl. als Gratifikation für Mr. George Smith in Anerkennung der schätzbaren Dienste, die er durch seine Ausgrabungen an dem Otte, wo einst das alte Niniveh stand, der biblischen Wissenschaft geleistet, auf die Civildienstetats des Britisch Museums gesetzt. . Im Jahre 1866 hatte, wie das „American Journal of Science“ schreibt, EC S. Lyman die Venus, als sie sich in der Nähe ihrer unteren Konsunktion befand, als sehr zarten leuchtenden Ring gesehen. Die Spitzen der Sichel hatten sich, als der Planet sich der Sonne näherte, allmählich über den Halbkreis hinaus erstret, bis sie zu einem vollständigen Lichtringe zusammenflossen. Dieselbe Beobachtung hat Lyman erst am 8. Dezember v. I, am Tage des Venus ⸗Durchganges, wiederholen können. Etwa fünf Stunden vor dem Beginn des Durchganges, als die Venus der Sonne bereits sehr nahe war und nur einen halben Sonnendurchmesser von ihr abstand, sah Hr. Lyman wieder den zarten, silberartigen Ring die Scheibe des Planeten . Am helisten war der Ring an der der Senne zugekehrten Seite, an der eigentlichen Sichel. Am Nordrande des Planeten, etwa 60 0 von dem der Sonne entgegengesetzten Punkte, war der Ring blasser und schmäler als sonst. Am 9. Dezember war das Wetter ungünstig. Am 10. war die Sichel mehr als drei Viertel eines Kreises; an diesem und den beiden folgenden Tagen wurden genaue Messungen über Ausdeh⸗ nung der Spitzen der Sichel angestellt, um aus diesen Daten die horizontale Refraktion der Planeten⸗Atmosphäre zu berechnen, unter der Annahme, daß die Ausdehnung der Sichel und Bildung des Ringes von dieser Brechung herrühren. Das Resultat dieser Mes- sungen war, daß die horizontale Refraktion der Venut . Atmospäre im Mittel 443. beträgt, also etwa ein Viertel größer ist als die der Erde. Die Beobachtung im Jahre 1866 hatte 453 ergeben; Mädler hatte im Jahre 1849 den Werth 437 gefunden. Sechs Mefsungen des Planeten Durchmessers am 10. gaben 63, *; vierundzwanzig Messungen am 11. gaben 63,37.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

In den Aemtern Eltville, Rüdesheim, St. Goars⸗ hausen und Braubach sind im Jahre 1874 5078 Stück Wein geherbstet worden, gegen 9307 Stück im Jahre 1868. Die Qualität des 1874er ist zwar gut, erreicht aber nicht den 1868er.

Gewerbe und Handel.

Vom Berliner Pfandbries⸗-Institut sind bis Ende März 1875 18,587 400 45 * und 6,420 900 A 5 * , zusammen 24,955,399 4 Pfandbriefe ausgegeben. Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 4,541,200 M in der Fenstellung begriffen, 4 Darlehnsgefuche auf Grundstücke zum Feuerversicherungs Werthe von 407, 400 M, im Laufe des Monats März angemeldet 6 Grund stüäcke mit einem Feuerversicherungs Werth von 1957575 4.

Der Abschluß der Stralsunder Dampfm ühlen ⸗Aktien Gesellschaft pro 1874 weist einen Reingewinn von 7* aus. Der Generalversammlung wird jedoch vorgeschlagen werden, eine Dividende von 4 * zu vertheilen und die restlichen 3 * zu Abschreibungen und zur Dotirung des Reservefonds zu verwenden.

Nach dem Geschäftsbericht der Bergbau -Aktien⸗Gesell. schaft Pluto in ien betrug der Brutto Ueberschuß 263,382 Thlr. gegen 4343592 Thlr. in 1873. Nach Abschreibungen und

Tantième werden etwa 165,000 Thlr. zur Vertheilung gelangen kön