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Aichtamtlich es. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 5. April. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen im Laufe des gestrigen Tages den Prästdenten des Ober⸗Appellationsgerichts zu Wiesbaden
ermann und den Direktor der Sternwarte zu Athen, Dr.
chmidt. Um 11 Uhr begaben Allerhöchstdieselben Sich mit Ihrer Majestät der Kaiserin⸗Königin und Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden nach Charlottenburg zum Be⸗ such und eingehender Besichtigung der Königin Augusta⸗ Stiftung.
Heüte nahmen Se. Majestät den Vortrag des Geheimen Kabinets⸗Raths von Wilmowski entgegen und empfingen den Prinzen Kraft zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, General⸗Adjutanten und Commandeur der 12. Division, sowie den General⸗Adjutanten und Botschafter in Wien, Herrn von Schweinitz, in Abschieds⸗ audienz vor dessen Rückreise auf seinen Posten. Der Reichs⸗ kanzler Fürst von Bismarck hielt Sr. Majestät Vortrag.
— Zhre Majestät die Kaiserin⸗Königin wohnte gestern mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden dem Gottesdienste in der Garnisonkirche bei. Beide Kai⸗ serliche Majestäten besichtigten die Kaiserin⸗Augusta⸗Stiftung in Charlottenburg. — Das Familiendiner fand bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Carl statt. Abends war Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden in der Generalversammlung des Magdalenenvereins anwesend. 6
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich am Sonnabend mit dem Kaiserlichen Botschafter in Wien, General von Schweinitz, zur Jagd nach Spandau und kehrte Nachmittags von dort zurück.
Gestern Vormittags wohnte Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit dem Gottesdienst in der Garnisonkirche bei. Nachmittags 5 Uhr nahmen die Kronprinzlichen Herrschaften an dem Familien⸗Diner bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Carl Theil.
— In der heutigen (36.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welche um 11 Uhr begann und welcher am Ministertische der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums Finanz⸗ Minister Camphausen, sowie die Staats⸗Minister Graf zu Eulen⸗ burg und Dr. Friedenthal und mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident v. Bennigsen zunächst mit, daß nach einem ihm am 21. März zugegangenen Schreiben des Ober⸗Hofmarschalls Grafen Pückler es Se. Majestät dem Könige nicht möglich ge⸗ wesen sei, die Glückwünsche des Hauses zu Allerhöchstseinem Ge⸗ burtstage persönlich entgegenzunehmen und Se. Majestät darauf habe verzichten müssen, das Präsidium des Hauses zu diesem Zwecke zu empfangen. — An Vorlagen sind eingegangen: ein Gesetz⸗ entwurf, betr. die Kosten, Stempel und Gebühren in Vormund⸗ schaftssachen; ein Gesetzentwurf, betreffend die Wiederherstellung der Grundbücher des Grundbuchamtes Sickhausen und ein Gesetzentwurf, betreffend die Ueberweisung einer Summe von 4, 500, 000 M an den Provinzialverband von Schleswig⸗Holstein. — Ein Schreiben des Justiz⸗Ministers, welches die Ertheilung der Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung der Frankfurter Zeitung wegen Beleidigung des Abgeordnetenhauses nachsucht, wurde der Geschäftsordnungskommission überwiesen.
Nachdem hierauf der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums, Finanz⸗Minister Camphausen, das Resultat des Final⸗ abschlusses der Rechnungen für die Einnahmen und Ausgaben
des Jahres 1874 mitgetheilt hatte, trat das Haus in die Tages⸗
ordnung ein und wurde zunächst folgende Interpellation des Abg. Dr. Virchow verlesen: Das Haus der Abgeordneten hat in der Sitzung vom 11. Februar d. J beschlossen, die Königliche Staatsregierung aufzufordern, noch in der gegenwärtigen Sesston den Entwurf eines Gesetzes über die Reform der Gemeinde, Kreis⸗ und Provinzialordnung für Rheinland und Westfalen dem Landtage vorzulegen. Seitdem ist dem Hause keine Mittheilung zugegangen, woraus zu erkennen wäre, welche Stellung die Königliche Staatsregierung der an sie ergangenen Auf— forderung gegenüber einzunehmen gedenkt.
ch richte daher die Frage an die Königliche Staatsregierung, I) ob ste dem Landtage noch in dieser Session den gedachten Ent⸗ wurf vorlegen wird, 3) im Falle der Verneinung, ob die Königliche gi erm die Vorlage in der nächsten Sesston einzubringen be⸗ absichtigt.“
Der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, beantwortete bei Schluß des Blattes diese Interpellation ad 1 mit Nein, ad 2 dahin, daß die Königliche Staatsregierung noch keinen Beschluß darüber gefaßt habe, auch nicht habe fassen können, da noch nicht abzusehen sei, wie viele der bisher eingebrachten Hö betreffend die Provinzialverfassung, werden erledigt werden.
— In der Woche vom 14. bis 20. März 1875 sind geprägt worden an Goldmünzen: — Mark Doppel⸗ kronen, 1 562.960 Mark Kronen; an Silbermünzen: 402010 Mark 5⸗Markstücke, 1,228,678 Mark 1⸗Markstücke, 182, 054 Mark 60 Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 174,101 Mark 30 Pf. 10⸗Pfennigstücke, 76, 157 Mark 95 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 53,182 Mark 20 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 33,449 Mark 95 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Vorher waren geprägt: an Goldmünzen: 88435490, 800 Mark Doppelkronen, 242,616,720 Mark Kronen; an Silbermünzen: 18,595,985 Mark 5⸗Mark⸗ stücke, 43,196,571 Mark 1⸗Markstücke 12,273 092 Mark 80 Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 6,086,971 Mark 20 Pf. 10⸗Pfennigsiücke, 2, 03,604 Mark 30 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 2,294,353 Mark 64 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 979, 395 Mark 42 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Mithin sind im Ganzen geprägt: an Goldmünzen: 884,540, 8090 Mark Doppelkronen, 244, 179, 680 Mark Kronen; an Silbermünzen: 18,997,995 Mark 5⸗Mark⸗ stücke, 44, 425,249 Mark 1⸗Markstücke, 12,455, 147 Mark 40 Pf. 20⸗ Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 6,261,072 Mark 50 Pf. 10⸗Pfen⸗ nigstücke, 2, 79, 762 Mark 25 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfer⸗ münzen: 2.347, 535 Mark 84 Pf. 2⸗Pfennigstuͤcke, 1012, 845 Mark 37 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 1,1237290, 480 Mark; an Silbermünzen; Jö, 878,391 Mark 40 Pf.; an Nickelmünzen: 9, 040,834 Mark 75 Pf.; an Kupfermünzen: 3, 360,381 Mark 21 Pf. J
— Ein Kreistagsbeschluß, nach welchem, unter Auf⸗ hebung der Präzipualleistungen einzelner Kreistheile zur Ver⸗ zinsung und Amortisation des Kreis⸗Chausseebaukapitals vom 1. Januar 1875 ab für diejenigen Gemeinden und Guts⸗ bezirke, welche das zur Anlage der Kreis⸗Chausseen erforderliche Terrain nicht unentgeltlich hergegeben haben, eine nach Quoten zu bemessende, dem von der Chausseebau⸗Verwaltung gezahlten Entschädigungskapitale gleichlommenden Mehrbelastung nach Verhältniß der empfangenen Entschädigungen eintreten oll, ist
nach einem Reskript des Ministers des Innern vom 19. Februar d. J. zur Bestätigung nicht geeignet. Die Motivirung dieser Entscheidung lautet, wie folgt:
Die dem Beschlusse zu Grunde liegende Absicht, diejenigen Summen, welche den Grundstücksbesitzern in den einzelnen Ort⸗ schaften als Landentschädigungen gezahlt sind, von den betreffen⸗ den Gemeinden und Gutsbezirken als Präzipualbeiträge zurückzu⸗ erhalten, verstößt gegen das in 5. 13 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872? zum Ausdruck gelangte Prinzip. Wenn⸗ gleich die vom Kreistage beschlossenen Mehrleistungen in der Gestalt von Quoten der zur Verzinsung und Amortisation des Chausseebaukapitals dienenden Beiträge gefordert werden, so kann doch die gewählte Form, die in der That erfolgte, durch das Gesetz aber ausgeschlossene Auferlegung quantitativ fest⸗ stehender Beträge nicht rechtfertigen. mg abgesehen hiervon erscheint ein Maßstab, nach welchem die adjacirenden Gemeinden zu den Mehrlasten in einem zwischen 11 und 692 Prozent schwankenden Verhältnisse herangezogen werden sollen, zur Bestätigung nicht geeignet.
Nach 5. 12 Abs. 4 a. a. O. ist es ferner den Kreistagen zwar gestattet, in den Fällen, wo mit Königlicher Genehmigung zu bestimmten Zwecken Kreisabgaben nach besonderer Verthei⸗ lungsart erhoben werden, bis zum 31. Dezember 1875 den Uebergang zu dem Kreissteuersystem der Kreisordnung zu be⸗ schließen; — anscheinend ist es aber Seitens des Kreistages übersehen, daß der , dessen Auf⸗ hebung beabsichtigt wird, durch die llerhöchste Ordre vom 9. März 1874 nur behufs Verzinsung und Tilgung der Kreischaussee⸗Schulden genehmigt worden ist. Der Ersatz dieser Zuschläge durch Einführung von Präzipualbeiträgen zur Deckung der Grunderwerbskosten würde mithin nicht allein eine unstatthafte Veränderung des Zweckes zur Voraussetzung haben, sondern auch den durch die Allerhöchsten Erlasse vom 11. Juni 1870 und g. März 1874 gesicherten rechtlichen Bestand der über den Bau der Kreischausseen gefaßten Kreistagsbeschlüsse in un⸗ zulässiger Weise in Frage stellen.
— Die „New⸗gJgorker Staatszeitung“ vom 18. v. M. veröffentlicht folgendes Gutachten, welches der Vereinigte Staaten General-Anwalt über die Frage, ob die in Phila⸗ delphia ausgestellten Güter der Beschlagnahme durch etwaige Gläubiger des Ausstellungsunter⸗ nehmens unterliegen unterm 27. November v. J. ab⸗ gegeben hat. ö
„Ihren Brief, welcher die Frage enthält, ob von fremden Ausstellern nach der Centennial⸗Exihibitation, welche am 106. Mai 1876 in Philadelphia beginnen wird, ge⸗ sandte Gegenstände von den Gläubigern der Ver. Staaten Centennial⸗Kommission und des Centennial ⸗Finanz⸗Direkto⸗ riums mit Beschlag belegt werden können, habe ich erhalten. In den bezüglich der internationalen Ausstellung erlassenen Gesetzen kann ich keine Bestimmung finden, welche der Centennial⸗Kommis⸗ sion oder irgend Jemanden, der damit in Verbindung steht, ein Eigenthumsrecht an den ausgestellten Gütern verleiht; diesen Kor⸗ porationen und allen mit der Ausstellung in Verbindung stehendenPer⸗ sonen ist nur die Bewachung der ausgestellten Gegenstände anvertraut. In Pennsylvania herrscht ebenso gut, wie in irgend einem anderen Staate, das Gesetz, daß das Eigenthum der einen Persyn nicht dazu be⸗ nutzt werden kann, die Schulden einer anderen zu decken. In diesem
Sinne ist auch von dem höchsten Gerichtshofe dieses Staates
entschieden worden. Es eingehenden Gegenstände 3 n er, dig objekte sind derartige C Ii nständ ständ mn . oder dir
daher klar, daß die von Ausstellern
ö
der Beschlagnahme eximirt sind, wenn das Geschäft des Beklagten den Besitz solcher Gegenstände nöthig macht. In dem Prozesse Brown gegen Simo sagt Oberrichter Gibson, daß Vernunft und Gerechtigkeit es unmöglich machten, ein Recht auf Eigenthums⸗ gegenstände eines Fremden herzuleiten. Der Grund und Boden ist öffentliches Eigenthum, im Besitze der Stadt Philadelphia, ist steuerfrei und für diesen Zweck kostenfrei geliehen und die Centen⸗ nial⸗Kommission steht nicht im Verhältniß eines Miethers zur Stadtverwaltung.
Auf Grund der oben angeführten Ursachen ist es meine Meinung, daß die Gegenstände, welche von Ausstellern nach der Internationalen Ausstellung gesandt werden, gemäß den Gesetzen von Pennsylvania wegen irgend einer Schuld gegen die Cen⸗ tennial⸗Kommission oder andere mit der Ausstellung in Verbindung stehende Korporationen oder Personen nicht mit Beschlag belegt werden können. Es kann hierdurch kein Verlust von Gütern fremder Aussteller, noch irgend welche Schwierigkeit beim Weg⸗ schaffen der Güter entstehen.
George H. Williams. General⸗Anwalt.
— Der Kaiserlich Deutsche Botschafter am Königlich groß⸗ britannischen Hofe, Graf Münster, ist gestern früh nach seiner Besitzung Derneburg, im Hannöverschen, abgereist, und wird sich von da aus in einigen Tagen auf seinen Posten zurückbegeben.
— Der General⸗Major Galster, Dezernent bei der Kaiser⸗ lichen Admiralität, ist von den Schießversuchen bei Dülmen zu⸗ rückgekehrt. — Der Kapitän zur See von Blane, Dezernent bei der Kaiserlichen Admiralität, hat sich behufs Beiwohnung . Frühjahrs⸗Inspizirungen nach Wilhelmshaven und Kiel be⸗ geben.
= An Stelle des verstorbenen Oekonomie⸗Kommissars Je— rike ist der Regierungs⸗Assessor hr. Pelizaeus zum Spezial⸗ Kommissar in Höxter ernannt worden.
— Das Königlich preußische Untersteueramt zu Mühl⸗ hausen im Hauptamts⸗Bezirke Braunsberg ist zum 1. April d. J. aufgehoben worden.
Düssel dorf, 31. März. Des Kaisers und Königs Ma⸗ jestät haben die Stände der Rheinprovinz zu einem außerordentlichen Provinzial⸗-Landtage auf den heu⸗ tigen Tag für die Dauer von acht Tagen in der Stadt Düssel⸗ dorf zusammenberufen und den Königlichen Ober⸗Präsidenten der Rheinprovinz Dr. v. Bardeleben zu Allerhöchstihrem Land⸗ tags⸗ Kommissarius, des Fürsten zu Wied Durchlaucht zum Landtags⸗Marschall, und den Freiherrn von Geyr⸗Schweppen⸗ burg zu Aachen zu dessen Stellvertreter bestellt.
Nach vorhergegangenem Gottesdienste in den Hauptkirchen beider Konfessionen wurde der 23. Rheinische Provinzial⸗Landtag von dem Königlichen Kommissarius heute in der Aula der stãdtischen Realschule, welche zu dem Zwecke von der Stadt Düsseldorf zur Dispofition gestellt war, feierlich durch die nach⸗ stehende Rede eröffnet.
Hochgeehrteste Herren! .
Se. Majestät unser Allergnädigster Kaiser und König haben mittelst Allerhöchster Ordre vom 9. d. M. die Stände der Rhein⸗ previn. auf heute zu einer Sitzung zusammenberufen, und die Dauer dieser Sitzung auf acht Tage bestimmt.
Zum Landtags ⸗Marschall haben Se. Majestät den Herrn Fürsten zu Wied, und zum Stellvertreter des Marschalls den Herrn Freihern von Geyr⸗Schweppenburg zu ernennen geruht.
Meine hochgeehrteste Herren! Das erste Wort, welches heute von dieser Stelle erschallt, gelte dem Andenken eines Mannes, den ich zu meinem tief-innigsten Bedauern nicht mehr unter Ihnen sehe; Sie fühlen, daß ich von dem hochverehrten frühern Landtags-Mar⸗ schall, Hrn. Frhrn. Raitz von Frentz⸗Garath spreche, den in den letz⸗ ten Tagen des vorigen Jahres der Tod uns leider entrissen hat. Durch diesen Tod hat die Rheinprovinz einen ihrer edelsten Söhne verloren, insbesondere ist die provinzialständische Vertretung und Ver⸗ waltung dadurch ihres trefflichen Leiters und Führers beraubt worden.
Wenn Sie, meine hochgeehrtesten Herren, wenn wir Alle, die wir das Glück gehabt haben, dem Verewigten nahe zu stehen, diesen schweren Verlust tief beklagen, so soll auf der andern Seite die Er⸗ innerung an das, was der Verewigte mit unermüdlichem Fleiße, mit Umsicht und Energie für unsere schöne n geleistet hat, soll die Erinnerung an die ganz bedeutende Persönlichkeit, an den Mann von offenem und liebenswürdigem Charakter, von ritterlichem Sinne, von warmem patriotischen Herzen voll treuester Hingab: an König und Vaterland soll. diese Erinnerung in uns stets fortwirken, ein lebendiges Denkmal des Dahingeschiede⸗ nen. Der Tod des Freiherrn von Frentz hat Veranlassung gegeben zur Berufung dieses außerordentlichen Landtages. Sie wissen, daß der Freiherr von Frentz ein zwiefaches Amt auf seine Schultern ge⸗ laden hatte, einmal das Amt eines Landtags⸗Marschalls in dem Sinne unserer älteren provinzialständischen Gesetzgebung, welches sich auf den Vorsitz in den Sitzungen des Provinzial -Landtages beschränkt, und dann noch eine zweite amtliche Funktion, die Leitung der neu gegründeten provinzialständischen Verwaltung. Der Um⸗ stand, daß der Freiherr von Frentz in, der glücklichen Lage war, seine ganze Zeit diesem umfangreichen und schwie⸗ rigen Geschäfte zu widmen, ferner, daß die Verlegung des Amts⸗ siJßes der Provinzial Verwaltung an den Wohnort des Freiherrn von Frentz angeordnet wurde, machte die Kombinirnng der beiden Aemter möglich. Es mußte deshalb sofort nach dem Tode des Freiherrn von Frentz die Frage entstehen, ob es angänglich sein würde, diese Ver einigung noch ferner fortbestehen zu lassen, oder ob nicht bei dem be—⸗ deulenden Umfange, welchen die provinzialständische Verwaltung schon er⸗ reicht hat, und künftig noch im höheren Maße gewinnen wird, die Gründung einer besondern Beamtenstelle für die provinzialständische Verwaltung, die Gründung einer Landesdirektorstelle oder wie man das Amt be zeichnen möge, das anderwärts schon besteht, auch für die Rhein probinz ein unabweisbares Bedürfniß geworden wäre. Ihr Ausschuß, der Provinzial ⸗Verwaltungsrath, hat diese Frage pflichtmäßig geprüft, er hat sich für den zweiten Theil der Alternative entschieden und dem⸗ gemäß an die Staatsregierung den Antrag gestellt, den Provinzial= Landtag baldigst zum Zweck der Wahl eines Landesdirek⸗ tors zusammenzuberufen. Die Staataregierung, die von Anfang an die Kreirung einer Landesdirektorstelle ins Auge gefaßt hatte, ist bereitwillig auf diesen Antrag eingegangen. Ihnen, meine Herren, liegt jetzt die Aufgabe ob, diese Angelegenheit, weiche Sie bereits früher beschäftigt hatte, unter wesentlich veränderten Verhält⸗ nissen einer ncuen Prüfung zu unterziehen. Treten Sie dem Antrage des Provinzial Verwaltungsraths bei, so würde es zunächst eines Beschlusses Ihrerseits bedürfen, um die Abänderung des Allerhöchsten Regulativs, betreffend die provinzialständische Verwaltung vom 27. September 1871 zu beantragen, weil dieses Regu—⸗ latir,. Ihrem früheren Beschlusse entsprechend, die Bestim⸗ mung enthält, daß der Landtags- Marschall die Leitung der provinzialständischen Verwaltung führen soll. Ueberzeugt, daß Sie mit derselben Pflichttreue, mit derselben Einsicht, die Sie stets be⸗ währt haben, auch an diese Frage herantreten werden, spreche ich die Hoffnung aus, daß Ihre dies maligen Berathungen ebenfalls zum Wohle unserer schönen Provinz ausschlagen werden.
Sie treten in diese Berathung ein, meine Herren, unter der Leitung eines neu ernannten Landtags⸗Marschalls. ö
Gestatten Sie mir, Durchlauchtigster Herr Marschall, daß ich an diesem ersten Tage Ihres neuen Amtes Sie aus vollem Herzen begrüße, indem ich den Wunsch ausspreche, daß das Vertrauen dieser hohen Versammlung, Ihnen in demselben Maaße entgegen- kommen möge, wie das Allerhöchste Vertrauen Sr. Majestät des Kaisers und Königs Sie an dieser Stelle geführt hat. Was mich aber betrifft, meine Herren, so werden Sie mich jederzeit bereit fin den, Ihnen die etwa noch erforderlichen oder Ihrerseits gewünschten Mittheilungen zu machen, wie es mir stets zur hohen Freude gereichen wird, Ihre Arbeiten zum Segen unserer Provinz fördern zu helfen.
Hiermit erkläre ich im Namen Sr. Maßestät unseres Kaisers und Königs den 23. Landtag der Rheinprovinz für eröffnet.
Nachdem der Landtags⸗Kommissarius, geleitet von einer ständischen Kommission, den Saal verlassen, begrüßte der Landtags⸗Marschall seinerseits die Versammlung, gedachte zu⸗ nächst in warmen Worten ebenfalls des dahingeschiedenen Mar⸗ schalls Frhrn. Raitz von Frentz, sowie der seit der letzten Session verstorbenen Mitglieder Grafen Franz Egon Marquis von und zu Honsbroich von Schloß Haag, des Ober⸗Bürgermeisters Tontzen aus Aachen und des Bürgermeisters und Guts⸗ besttzers Schulz aus Glessen, deren Andenken die Versammlung durch Erheben von ihren Sitzen ehrte. Demnächst wurde zu geschäftlichen Mittheilungen übergegangen. Zur Vor⸗ bereitung der bereits vorliegenden Geschäftsvorlagen wurden vier Ausschüsse gebildet, der Schlußtermin zur Einreichung von Pe⸗ titionen und Anträgen wegen der Kürze der dem diesmaligen, außerordentlichen Landtage bemessene Dauer auf den 3. April festgestellt, und die nächste Plenarsitzung auf Sonntag, den
3. April er. Vormittags 1 Uhr anberaumt, und demnächst die
heutige Eröffnungssitzung geschlossen.
Nach der Sitzung folgten die Provinzialstände einer Ein⸗ ladung des Landtags⸗Kommissarius zu einem gemeinschaft— lichen Diner in den Räumen des Breidenbacherhofes hierselbst.
Bayern. München, 2. April. (Allg. Ztg.) Die Ab⸗ geordnetenkammer berieth heute den Gesetzentwurf betreffend die Kompetenzen des Magistrats und der Polizei⸗Direktion München. Bei Art. 14, wonach, wie der Ausschuß vorschlägt, die Gesundheitspolizei dem Magistrat zuzuweisen ist, wahrte Minister von Pfeufer energisch die Polizei⸗Kompetenz, weil dem Magistrat bei einer Epidemie die nöthige Selbständigkeit zur Durchführung wirksamer Maßregeln fehle. Referent Edel, Henle, Wülfert, Schauß sprechen für den Ausschußantrag, da das Prinzip der Selbstverwaltung der Gemeinden überall möglichst gewahrt werden solle. Der Ausschußantrag wurde hierauf einstimmig angenommen, ebenso erfolgte die Annahme des ganzen Gesetz⸗ entwurfs einstimmig nach den Ausschußanträgen. Der Gesetz⸗ entwurf, die Bayerische Hypotheken⸗ und Wechselbank betreffend, wurde an den Finanzausschuß verwiesen.
— Die bayerischen Behörden machen zur Zeit wieder auf die vom Kultus⸗Ministerium unterm 2. September 1873
erlassene Entschließung, das Collegium Germanicum in Rom betreffend, aufmerksam, wonach den bayerischen Theologen und Theologie⸗Kandidaten der Eintritt in genanntes Kollegium so lange untersagt ist, als dessen Leitung den Jesuiten oder einem denselben verwandten Orden . ist. Es wird hierbei gleichzeitig aufmerksam gemacht, daß durch Uebertretung dieses Verbots die Betheiligten sich von selbst von jeder erfolgreichen Bewerbung um inländische kirchliche Pfründen ausschließen.
— 3. April. (W. T. B.) Der Redacteur des „Vater⸗ land“, Dr. Sigl, hat sich gestern von hier entfernt. Die heu⸗ tige Nummer des Vaterland“ veröffentlicht eine Erklärung desselben, worin es heißt, daß er vor Antritt der ihm zudiktirten Gefängnißstrafe noch einen dringend gebotenen Z3monatlichen Urlaub antreten müsse.
Baden. Karlsruhe, 3. April. Vorgestern Abend fand im Hotel Grosse zur Feier des Geburtstages des Fürsten Bismarck ein Festmahl statt, an welchem sich etwa 60 Per⸗ sonen betheiligten. Den Toast auf den Fürsten brachte Hr. Ober⸗Bürgermeister Lauter aus, der später auch im Namen der Festtheilnehmer an den Reichskanzler ein Glückwunsch⸗Telegramm abfandte. Eine öffentliche Einladung zu der Feier war nicht ergangen. — Aus Mannheim, Pforzheim, Offenburg und Ettlingen gingen ebenfalls Adressen mit zahlreichen Unterschriften an den Reichs⸗kanzler ab. — Nachdem die Kaiser⸗ lich tuͤrkische Regierung den Kaufmann Karl Reiß in Mann⸗ heim zum Konsul daselbst ernannt hat, ist demselben das zur Ausübung seiner Funktionen erforderliche Exequatur ertheilt worden.
Sessen. Darm stadt, 3. April. (Fr. J.) Der Finanz⸗ Ausschuß der Ersten Kam mer beantragt Beitritt zu den Beschlüssen Zweiter Kammer hinsichtlich der Theatervorlage und Ausbau des Eisenbahnnetzes in der Provinz Starkenburg. Da die Zustimmung des Plenums unzweifelhaft erscheint, wird mit dem Theaterbau in Kürze begonnen werden. Der Schluß des gegenwärtigen Landtags dürfte unter den obwaltenden Umstän⸗ den voraussichtlich noch im Laufe d. M. erfolgen. — Die Re⸗ gierung hat an die Stände einen Gesetzentwurf über die Aus⸗ führung des Bauplans für die Erweiterung der Provin⸗ zial-Hauptstadt Mainz gelangen lassen, welcher in 15 Ar⸗ tikeln die Leistungen der Grundbesitzer, die Leistungen der Stadt, die Eröffnung neuer Straßen, die Schließung bestehender Ge⸗ meindewege, die Eintheilung der Grundstücke in Bauplätze be⸗ handelt. Dem Entwurfe sind eingehende Motive bei⸗ gegeben, und derselbe ist dieses Mal zuerst der Ersten Kammer zur Berathung zugegangen, welche denselben voraussichtlich in ihrer am 8. d. beginnenden Session erledigen wird. Fast un⸗ mittelbar nach der Uebergabe des Entwurfs an die Erste Kam⸗ mer ist auch bereits von dem Vorstand des Vereins für Gar⸗ tenfelder⸗Angelegenheiten eine an beide Kammern gerichtete Ein⸗ gabe eingelaufen, welche um Modifikation einzelner Theile des Entwurfes bittet. Die Grundbesitzer im Gartenfelde, indem sie anführen, daß sie ohne Widerspruch einen Beitrag von 500,000 Fl. zur Stadterweiterung übernommen hätten, auch sonst zur Erfüllung aller billigen und erfüllbaren Forderungen bereit seien, glauben, daß der Entwurf nicht überall diesem Prädikat ent⸗ spreche.
Mainz, 1. April. Die von der hiesigen Fortschrittspartei an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck abgeschickten Gratulationsdepesche lautet, dem „M. Tagebl.“ zufolge: „Zum heutigen Geburtstage Eurer Durchlaucht sendet im Na⸗ men und Auftrage der Fortschrittspartei in Mainz der unter⸗ zeichnete Ausschuß seine aufrichtigsten und innigsten Glückwünsche. Möge es Ihnen beschieden sein zum Heile und Segen des Va⸗ terlandes und zu einem unvergänglichen Ruhme, in vollster Frische des Geistes und des Körpers, noch recht lange die Ge⸗ schicke Deutschlands so glücklich und glorreich wie bisher zu leiten, und mögen Sie überzeugt sein, daß Ihre aufopfernde Hingabe und Ihr unermüdeter Kampfesmuth für die Sicherheit und Größe des Reiches in Millionen die dankbarste Anerken⸗ nung und eifrigste Mitwirkung finden.“
Offenbach, 31. März. Heute Abend ging aus Anlaß des morgenden 60. Geburtstages des Fürsten Bismarck von hier eine Adresse an den Reichskanzler ab, welche ihm, im Anschluß an den von nationalgesinnten Männern Bremens vorgeschlagenen Entwurf, die Gefühle und Gesinnungen des Dankes und unerschütterlichen Vertrauens der hiesigen Be⸗ völkerung ausspricht, und sich binnen 24 Stunden mit über 2000 Unterschriften bedeckte.
Mecklenburg. Schwerin, 3. April. Heute Mittag erfolgte die Einführung des Staatsraths von Bülow in sein neues Amt als Mitglied des Staats⸗Ministeriums und Vorstand des Finanz⸗Ministeriums. — Der nunmehrige Direktor des Kammer ⸗ und Forst⸗Kollegiums, Baron von Nettelbladt, ist am 31. v. M. in sein neues Amt eingeführt worden.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 3. April. Ihre Kaiserliche Hoheit die Großfürstin Konstantin reiste heute Nachmittag wieder von hier ab. 8
Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 2. April. Das Regierungsblatt veröffentlicht folgende Danksagung:
Bei dem fünfzigsährigen Ehejubiläum, dessen Feier Gottes Gnade Uns vergönnte, sind Uns aus dem ganzen Lande so viele Beweise treuer und liebevoller Theilnahme zugekommen, daß Wir Uns gedrungen fühlen, allen denen, welche Uns durch ihre Glückwünsche, wie durch schöne und liebe Festgaben erfreuten, mit gerührtem Herzen Unseren aufrichtigsten wärmsten Dank auszusprechen.
. Bernhard. Marie.
— (Magdeb. Ztg.) Die Regierung hat das Gesetz über Verwaltung erledigter Pfarrstellen publiziren lassen. — Die an den Reichskanzler vorgestern abgegangene Glückwunsch⸗ Adresse hat zahlreiche Unterschriften erhalten; es hatten sich an derselben 154 Orte mit 9079 Unterschriften betheiligt. Hildburg⸗ hausen mit Umgegend hat noch eine besondere Adresse an den Kanzler gerichtet. Heute feiert das Land den Geburtstag des regierenden Herzogs.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 2. April. In der heutigen Sitzung des gemeinschaftlichen Landtags der Herzogthümer Coburg und Gotha fand zunächst die Büreau⸗ wahl statt. Zum Praͤsidenten wurde wieder gewählt Abg. Berlet; zu dessen Stellvertreter Abg. Muther aus Coburg; zu Schrift⸗ führern Abg. Grosch von hier und Abg. Forkel aus Coburg. Der Landtagsausschuß besteht nach erfolgter Wahl außer dem Präsidenten Berlet und dem Schriftführer Grosch aus den hiesigen Abgg. Albrecht und Werner und aus dem Coburger Abg. Muther. Stellvertreter sind der Coburger Abg. Stegner und die hiesigen Abgg. Müller und Buddeus. Sodann fanden die Wahlen zur Verfassungs⸗, Finanz Verwaltungs⸗, Rechts⸗ und Hypothekenkommisston statt. Nächste Sitzung unbestimmt.
Neuß. Gera, 2. April. Der sechzigste Geburtstag des Deutschen Reichskanzlers, Fürsten von Bismarck, ist hier in mannigfaltiger Weise festlich begangen worden. Die uniformirte Schützen Compagie hielt am Abend vorher ein Fest⸗ conzeit im großen Schützenfalon ab. Am Nachmittag vorher war eine Adresse der hiesigen Bürgerschaft an den Reichs⸗ kanzler abgegangen; dieselbe hatte, obgleich sie nur einen Tag aufliegen und, wegen Kürze der Zeit, nur ungenügende Bekanntmachung finden konnte, doch von über siebenhundert Unterschriften, und zwar aus allen Ständen, erhalten. Das Comité, welches sich zur Leitung verschiedener Festlichkeiten ge⸗ bildet, veranstaltete für gestern Abend noch großes Konzert in der Thonhalle, bei welchem abwechselnd das Herfurtsche Stadt⸗ Orchester mit verschiedenen Reden und Gesangsvorträgen wirkte. Ober⸗Bürgermeister Sorger sprach über den Fürsten Bismarck, der Direktor des Gewerbevereins, Reallehrer Gerhardt über Kai⸗ ser und Reich, und Dr. Horn, Redacteur der „Geraer Zeitung“, über das deutsche Heer.
Bremen, 2. April. Der Geburtstag des Fürsten von Bismarck wurde am Donnerstag, 1. April, in der unteren Halle des Künstlervereins durch dessen Mitglieder in geselliger Vereinigung gefeiert. Hr. Br. Bulle, welcher Namens des Vorstandes der Festtafel präsidirte, brachte das Hoch auf den Kaiser und den Fürsten von Bismarck aus.
— Die mit nahezu 12000 Unterschriften bedeckte Adresse an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck lautet wörtlich wie .
In
7 den Reichskanzler Fürsten von Bismarck. Durchlauchtiger Fürst!!
— Ew. Durchlaucht bevorstehender sechszigster Geburtstag erweckt in den Herzen der Unterzeichneten das lebhafte Bedürfniß, den innigen Wünschen für Ihr Wohlergehen Ausdruck zu verleihen.
Selten ist es einem Menschen beschieden gewesen, daß er wie Sie auf glänzender und thatenreicher Laufbahn die Herzen seiner Mitbürger so rasch und unwiderstehlich erobert hat und so sehr zum Liebling des Volkes geworden ist, daß sein für einen Augenblick be— fürchtet: Rücktritt von dieser Laufbahn allgemein wie ein National- unglück empfunden wurde.
Sie haben, von dem gerechten und unerschütterlichen Vertrauen unseres erhabenen Kaiserlichen Herrn getragen, der Natien die Bah— nen eröffnet, auf welchen dieselbe das lange und schmerzlich ersehnte Ziel ihrer Einheit und inneren staatlichen Organisation in wunderbar kurzer Zeit erreicht hat.
Ew. Durchlaucht haben Ihren Namen mit dem des Deutschen Reiches und mit den Geschicken des deutschen Volkes für alle Zeiten unauflöslich verflochten. Aber zur vollständigen Befestigung des schwer errungenen heiligen Besitzes und zur Niederwerfung der letzten Widersacher des nationalen Gedankens bedarf und erhofft das Vater—⸗ land die fernere aufopfernde Hingabe Ihrer hohen Einsicht und Ihrer ungebrochenen Thatkraft. .
Ew. Durchlaucht schreckt es nicht, daß verbrecherische Hände sich gegen Sie waffnen, daß Ihre Widersacher in verzweifelter, aber auf die Dauer ohnmächtiger Gegenwehr sich auf die finstere Macht stützen, welche, selber heimathslos, jeder volksthümlichen Entwicklung und jeder unabhängigen Stagtenbildung, vor allem aber deutscher Art und Natur feindselig, kein Mittel scheut, um ihre unheilvollen Pläne durchzusetzen. .
Wenn diele Feinde aber auch in anderen Kreisen, die den Ge— sinnungen Ew. Durchlaucht einst nahe zu stehen schienen und die sich noch jetzt für Patrioten halten und ausgeben, zerstreute Anhänger finden, so mag das freilich Ihre Seele mit gerechtem Schmerz und Unmuth erfüllen. Aber Sie mögen Sich an der tröstlichen Ueber⸗ zeugung stärken und aufrichten, daß Re überwältigende Mehrheit, die edeisten und besten Männer des heutschen Volkes tren zu Ihrer Fahne halten und daß sie mit unz an diesem Tage den bisher so sichtlichen Segen Gottes von Neuen auf Ew. Durchlaucht herab—
ehen, damit er Ihnen noch lange die Gesundheit und die Geistes⸗
rische, den Scharfblick und den Kampfesmuth erhalte, der dem be— währten Führer auf diesen steilen Bahnen ebenso unentbehrlich ist wie dieser Führer unserem Volke.
Bremen, im März 1875. —
Ew. Durchlaucht treu ergebene“ (Folgen die Unterschriften.)
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 5. April. (W. T. B.) Die „Montagsrevue“ enthält einen längeren Artikel über die Zusammenkunft des Kaisers Franz Josef und des Königs Victor Emanuel, in welchem es unter Anderem heißt: Die früheren universalen, an den einstigen Besitz der deutschen Kaiserkrone geknüpften Tendenzen Oesterreichs sind der Einkehr in das eigene Staatsleben und der ruhigen Pflege der inneren Inter⸗ essen gewichen. Kein Staatsmann Oesterreichs hat mehr daran denken können, die großen an die Monarchie auf dem Gebiete ihrer staatlichen Rekonstruktion herangetretenen Aufgaben noch mit der Aufrechterhaltung oder Wiedergewinnung der alten historischen Machtstellung in Deutschland und Italien zu belasten. Die Kon⸗ sequenzen des Prager Friedens und der von Preußen mit den
füddeutschen Staaten abgeschlossenen Schutz und Trutzbündnisse
haben sich ohne den Einspruch Oesterreichs erfüllt. Ohne Scheel⸗ sucht, ja mit einer Größe der Empfindung, die selbst den Gegnern Achtung abgerungen, hat es die Herstellung des Deut⸗ schen Reichs und die nationale Einigung Italiens begrüßt. Das Hinübergreifen über die September⸗Konvention und der Erwerb Roms als Hauptstadt haben die alten Traditionen der Feindschaft zwischen beiden Staaten nicht aufzufrischen vermocht. Ein Verhältniß aufrichtiger Annäherung und engen Zusammengehens mit Rußland ist angebahnt und herbeigeführt worden. Das Bündniß der drei Kaiserreiche hat als eine Thatsache ersten Ranges in das politische System Europas eingegriffen. Die alten Gegnerschaf⸗ ten erscheinen für immer abgethan, neue werthvolle Freund⸗ schaften sind erworben und die Friedensinteressen finden in der Haltung Oesterreichs ihre wichtigste Bürgschaft.
Triest, 3. April. Der Kaiser wohnte gestern der Gala⸗ vorstellung im Teatro comunale bei und wurde von dem zahl⸗ reich anwesenden Publikum enthusiastisch begrüßt. Die von dem gesammten Sängerpersonale ausgeführte Nationalhymne mußte auf lebhaftes Verlangen wiederholt werden. Nach Schluß des Theaters besichtigte der Kaiser die glänzend illuminirte Stadt. — Heute wohnte der Kaiser in Begleitung der Erzherzöge, der Minister und der Generalität der feierlichen Enthüllung des Denkmals des Kaisers Maximilian von Mexiko bei. Zu der⸗ selben hatte sich eine überaus zahlreiche Menschenmenge eingefunden. Der Präsidenl des Denkmalcomités, Porenta, hielt in italie⸗ nischer Sprache eine Anrede an den Kaiser, in welcher er die Verdienste des Kaisers Maximilian hervorhob und den Wunsch
ausdrückte, das Denkmal möge in der Gegenwart und in der
Zukunft die Anhänglichkeit der Triestiner an ihr glorreiches Herrscherhaus bekunden, mit welchem sie stets Freude und Leid getheilt hätten. Der Kaiser dankte in seiner Erwiderungsrede für die seinem Bruder erwiesene pietätvolle Verehrung. Nach⸗ dem die Hülle des Denkmals unter den Klängen der National⸗ hymne gefallen war, begab sich der Kaiser unter dem enthu⸗
de den Hochrufen der Zuschauermenge nach der Residenz zurück.
— 4. April. (W. T. B.) Der Kaiser hat in einem an den Statthalter gerichteten Handschreiben seine lebhafte Befriedi⸗ gung über die unveränderte Anhänglichkeit und die loyalen Ge⸗ sinnungen der Bevölkerung, so wie seine herzliche Freude über das liebevolle Andenken ausgedrückt, das Triest für den Kaiser Max bewahre. Der Kaiser dankt für diese Kundgebungen und hofft, es werde der Fürsorge der Regierung und der den ver⸗ aͤnderten Verhältnissen angepaßten Thätigkeit des Handelsstandes gelingen, die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich im Augen⸗ 6 dem Aufschwunge der kommerziellen Verhältnisse entgegen⸗ tellen.
Görz, 4. April. (W. T. B.) Der Kaiser, welcher heute Morgen 8 Uhr von Triest abgereist war, ist Vormittags 19 Uhr hier eingetroffen und von der Bevölkerung mit enthufiastischen Zurufen begrüßt worden. Die Stadt ist glänzend dekorirt.
— 5. April. (W. T. B.) Heute früh 7 Uhr reiste der Kaiser mit dem italienischen Hofzuge nach Venedig ab. Vor der Abreise erließ Se. Majestät ein Handschreiben an den Statt⸗ halter, in welchem derselbe beauftragt wird, der Bevölkerung für die Kundgebung treuer Anhänglichkeit und Loyalität den vollsten Dank des Kaisers auszusprechen und zugleich der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß es gelingen werde, ein fortschreitendes Aufblühen des Landes in dauernder Weise zu sichern.
Pest, 2. April. Im Ab geordnetenhause unterbreitete heute der Handels⸗Minister Simonyi den Handelsgesetzentwurf, zu dessen Begutachtung nächstens eine aus 15 Mitgliedern be⸗ stehende Fachkommission gewählt wurde. Bei der Verhandlung des Gesetzentwurfes über die Inartikulirung des Staatsanlehens verlangte Ernst Simonyi Aufklärungen darüber, ob das Gerücht wahr sei, daß dem früheren Finanz⸗Minister günstigere Offerten bezüglich dieses Anlehens gemacht, aber vom Minsster zurückgewiesen worden seien. Der Finanz⸗Minister Szell ant⸗ wortete, daß die Geschichte dieses Anlehens in dem Motiven⸗ berichte ausführlich dargelegt sei. Dieses Anlehen wurde unter schwierigen Verhältnissen geschlossen; sein Vorgänger hat nach bester Einsicht gehandelt. Der Minister ersuchte, den vorliegen⸗ den Gesetzentwurf zu acceptiren. Koloman Ghyezy erklärte auf die Anfrage Ernst Simonyi's mit voller Entschiedenheit, daß ihm günftigere Offerten überhaupt nicht gemacht wurden; die Weltplätze waren, mit Ausnahme Londons, damals für derartige Negoziationen nicht geeignet. Nach London habe er einen vertrauten Freund zur Rekognoszirung geschickt; zu langen Unterhandlun⸗ gen war keine Zeit; es mußte in einigen Tagen die Entscheidung getroffen werden; dann konnte es auch nicht im Interesse des Staates liegen, nach vielen Seiten hin Unterhandlungen einzu⸗ leiten. Redner trage die Verantwortung für diese Negoziation. Die Legislative müsse aber die eingangenen Verpflichtungen ein⸗ halten Redner bittet daher, die Vorlage anzunehmen.
Nachdem sich Ernst Simonyi mit dieser Aufklärung zu⸗ frieden erklärt hatte, wurde die Vorlage angenommen. Bei der Verhandlung des Transportsteuer⸗Gesetzentwurfes sprachen Kapp, Paczolay, Iranyi und Baußner gegen, Finanz⸗Minister Szell für, Almassy und Mocsary gegen und in einer sehr wir⸗ kungsvollen polemisirenden Rede Minister Tisza für die Vor⸗ lage. Die Generaldebatte wird morgen fortgesetzt.
— 3. April. Das Abgeordnetenhaus setzte heut die Generaldebatte über die Transportsteuer fort. In derselben sprachen Esiky und Ernst Simonyiz letzterer machte der Regie⸗ rung den Vorwurf, sie habe kein Finanzprogramm. Der Finanz⸗ Minister Koloman Szell ging auf die Vorwürfe Simonyi's so⸗ fort ein, und gipfelte seine Rede in der Behauptung, daß man mit der von Simonyi empfohlenen Politik ein Gleichgewicht im Staatshaushalte auch nicht einmal annähernd herstellen könne. Helfy sprach gegen die Vorlage. Ihm antworteten Finanz⸗ Minister Szell und Minister Tisza unter lebhafter Zustimmung des Hauses. Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf vom ganzen Hause, mit Ausnahme der Sachsen und der äußersten Linken, als Basis zur Spezialdebatte acceptirt.
Schweiz. Bern, 1. April. Das Vertrauensvotum, welches der Große Rath des Kantons Bern heute dem Regie⸗ rungsrathe wegen der von ihm verfolgten Kirchenpolitik nach heftiger Einsprache der Ultramontanen ertheilt hat, lautet wörtlich: Der Große Rath nach Anhörung des Berichts der Regierung betreffend den Entscheid des Bundesrathes vom 27. März abhin in Sachen der jurassischen Rekurse (gegen Aus⸗ weisung der renitenten katholischen Geistlichen aus dem Jura) beschließt: er nahm mit Befriedigung Akt von der Anerkennung der konstitutionellen Befugniß der Regierung zu den von ihr getroffenen Verfügungen und er spricht die Erwartung aus, daß sie die staatlichen Hoheitsrechte in getreuer Ausführung der verfassungsmäßigen Bestimmungen auch fernerhin festhalten werde.
Großbritannien und Irland. London, 1. April. Die Königin ertheilte gestern auf Windsor dem italienischen Gesandten, Ritter Cadorna, eine Abschiedsaudienz, in welcher derselbe sein Abberufungsschreiben überreichte. Später empfing die Monarchin Seüÿor Rances y Villanueva, den neuen spanischen Gesandten, der seine Akkreditive überreichte,
— Unweit Lytham an der Küste von Lancashire wurde dieser Tage der Grundstein zu einer neuen Stadt, Namens St. Anne, gelegt. Eine Aktiengesellschaft mit einem gezeich⸗ neten Kapital von 50, 000 Pfd. Sterl. läßt die Stadt bauen.
— Großbritanniens Staatseinkünfte während des am 31. März 1875 beendeten Finanzjahres beliefen sich den Ausweisen des Schatzamtes zufolge auf 74,921, 873 Pfd. Sterl., d. i. 496,873 Pfd. Sterl. mehr als das letzte Budget veranschlagte. An dieser Totalsumme partizipiren die Zölle mit 19,289, 005 Pfd. Sterl. (L050900 Pfd. Sterl weniger als im Vorjahre), die Aceise mit 27,395, 8090 Pfd. Sterl. (223.000 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre), die Stempelgefälle mit 10,540,000 Pfd. Sterl. (10 000 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), die Taxen mit 2.4460 009 Pfd. Sterl. (116, 0900 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre), die Einkommensteuer mit 4 306,000 Pfd. Sterl. (1385, 0060 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), das Postamt mit 5, 670, 000 Pfd. Sterl. (122,000 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), die Telegraphen mit 15120 000 Pfd. Sterl. (90, 000 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), die Kronlände⸗ reien mit 385 000 Pfd. Sterl. (10,000 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre), und diverse Einkünfte mit 3,776,873 Pfd. Sterl. (105,784 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre). Die Gesammt⸗ einnahmen stellen sich somit für das soeben abgelaufene Finanz⸗ jahr um 2,413,784 Pfd. Sterl. geringer als in dem vorhergehenden. Wenn man aber, fügt die „A. A. C.“ hinzu, in Betracht zieht, daß die Regierung im vorigen Jahre den Zoll auf Zucker, der sich auf J,000, 000 Pfd. Sterl. belief, und die Pferde⸗
steuer, die 480,000 Pfd. Sterl. einbrachte, aufhob, sowie die Einkommensteuer um einen Penny pro Pfund Sterling er⸗