1875 / 92 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Apr 1875 18:00:01 GMT) scan diff

eins der liberalen Reichs freunde gab der Freiherr v. Stauffenberg in dreistündiger Rede eine Uebersicht über die Thätigkeit des Reichstages in der abgelaufenen Sitzungsperiode. Derselbe erörterte namentlich die Militãr⸗ und die RKirchenfrage, wobei er ausführte, daß eine Verminderung der Militärlast un⸗ thunlich und ein Nachgeben der Regierung im jetzigen Stadium des Kirchenstreites unmöglich sei. Zum Schluß verlas öreiherr v. Stauffenberg eine von sämmtlichen Abgeordneten unterzeich⸗ nete Ansprache an die Wähler, welche alle freifinnigen und reichs⸗ treuen Männer auffordert, ihre ganze Kraft einzusetzen in dem schweren Kampfe gegen die Feinde des Reichs und Staates, sei es daß dieselben für ihre Bestrebungen die Religion mißbrauchen oder die Grundlagen der bürgerlichen Ordnung und Sitte durch Wort und That untergraben.

Baden. Karlsruhe, 16. April. Das M inisterium des In nern hat die hiesige Stiftungs Kommission aufgefor⸗ dert, sich über die Zweckmäßigkeit der Mitbenutzung der katho⸗ lischen Stadtkirche von Seiten der Altkatholiken zu äußern. Zur diesjährigen Staatsprüfung über die allgemein⸗wissen⸗ schaftliche Bildung. der Geistlichen haben sich nur drei pro⸗ testantische, aber keine katholischen Theologen gestellt. Die Zahl der selbständigen Mitglieder der Altkatholiken-Ge⸗ meinde in Heidelberg, die bei der Gründung derselben im Mai vorigen Jahres 190 betrug, erreicht jetzt die Ziffer von 375, also mehr als das Doppelte der anfänglichen Zahl. Den von 8 Pfarrer Rieks und 3 altkatholischen Lehrern der dortigen 1 ertheilten Religionsunterricht besuchen zur Zeit 94

inder.

Sessen. Darm stadt, 17. April. Dem Vernehmen des „Fr. J. nach hat die zu Anfang dieser Landtagsperiode ange⸗ regte, seitdem vielfach besprochene Gesindeordnung jetzt die mannigfachen Stadien der Vorbereitung, insbesondere auch die betreffenden Verwaltungsbehörden durchlaufen, so daß augen⸗ blicklich die Schlußredaktion vorgenommen wird. Dem gegen⸗ mr, . Landtag wird dieselbe jedoch nicht mehr vorgelegt werden.

Die „Darmst. 3. ergeht sich in Betrachtungen über die in beiden Kammern bezüglich der Kirchengefetz⸗Entwürfe erzielten Uebereinstimmung. Nachdem das Blatt hervorgehoben, daß, wenn die Gesetze demnächst publizirt werden, wieder eine staatsrechtlich unanfechtbare Norm für die Beziehungen zwischen Staat und Kirche vorhanden sei, woran es bis fetzt gefehlt habe, fährt daffelbe fort: „Bei aller berech⸗ tigten Freude über das Ergebniß der Kammerverhandlungen, können wir freilich nicht überfehen, daß die Kirchengesetzentwuärfe in gewissen kirchlichen Parteien unseres Landes sehr entschiedene, wie es fast scheinen könnte, unversöhnliche Gegner zählen, und die Regierung wird sich darauf gefaßt machen müssen, bei der demnächstigen Ausführung der Kirchengesetze jene Gegner in voller Waffenrüstung gegen dieselben vereinigt zu sinden. Wir zweifeln indessen nicht, daß der alsdann unvermeidliche Kampf durch den Sieg der Staatsgewalt schließlich zum Frieden führen wird. Der beste Bundesgenosse des Staates in diesem Kampfe wird aber die in immer weitere Kreise der Gegner durchdringende Erkennt⸗ niß sein, daß was auch die Kammerverhandlungen über die Kirchengesetzentwürfe unwiderleglich dargethan haben die Waffen des Gesetzes nicht etwa dazu geschliffen worden sind, um einen auch vom staatlichen Standpunkte aus s elbmörderischen Kampf gegen Religion und religiöse Ueberzeugungen zu führen. Nicht um Sachen des Glaubens und des Gewissens handelt es sich bei diesen Gesetzen. Glauben und Gewissen bleiben vollständig frei. Nur in Beziehung auf die Verwaltung äußerer Kirchenangelegen⸗ heiten soll dem Staat ein gewisser Einfluß gefichert werden, und auch hierin gehen die neuen Bestimmungen nicht so weit, als die früheren, jetzt noch formell zu Recht bestehenden Normen. In der Hand der kirchlichen Behörden liegt es zunächst, den Frieden mit dem Staat zu erhalten!“

Braunschweig. Braunschweig, 17. April. Mittelst Höchsten Reskripts vom 24. v. M. sind dem hiesigen Landes⸗ vereine zur Pflege verwundeter oder erkrankter Krieger auf Grund des vorgelegten Statuts die Rechte milder Stiftungen verliehen.

Anhalt. Dessau, 18. April. Die Feier des Ge⸗ burtstages Ihrer Hoheit der Herzogin fand gestern durch eine Militärmusik, Gratulationscour, Famillendiner und eine Festvor⸗ stellung im Theater statt. An ders elhen nahmen außer der ganzen engeren Herzoglichen Familie auch die jetzt hier weilenden Hohen Gaäͤste, Prinzessin Friedrich Carl von Preußen mit Prinzefsfnnen⸗ Töchtern und Prinzessin Wilhelm von Schaumburg Theil, sowie der dazu hier eingetroffene Prinz Friedrich von Hohenzollern. Der Landtag ist nach der gestrigen Sitzung geschlossen wor⸗ den, nachdem Seitens des Regierungs⸗Kommiffars die Mitthei⸗ lung der Ernennung des Herrn von Krosigk zum Mi⸗ nister erfolgt war.

19. April. Der heutige ‚„St.⸗A.“ veröffentlicht folgende Bekanntmachung:

Se. Hoheit der Herzog haben den Staats⸗Minister und Wük— lichen Geheimen Rath Dr. jur. von Larisch auf sein motivpfrtes Ansuchen in Gnaden aus dem aktiven Staatsdienste zu entlassen und jn den Ruhestand zu versetzen, so wie an dessen Stelle den früher Herzoglich sachsen⸗meiningenschen Staats⸗Minister und Wirklichen Ge⸗ 6 Rath von Krofigk auf. Gröng zu Höchstihrem Wirklichen

Hzeheimen Rathe und Staats-Minister mit dem Prädikate Excellen;“ gnädigft zu ernennen geruht.

Bremen, 19. April. An den Reichstagsabgeordneten A. G. Mosle ist folgende Antwort des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck auf die von Bremen abgesandte Glückwunschadresse eingegangen:

Berlin, 15. April. Den Bewohnern von Bremen, die mir ihre Glückwünsche zu meinem Geburtstage in so freundlicher Weise aus= gesprochen haben, sage ich meinen herzlichsten Dank und freue mich, daß meine Thätigkeit im Dienste des Vaterlandes so zahlreiche An⸗ erkennung in der alten Hansestadt findet, deren Bürger in unserer Zeit freudig am Neubau des Reiches helfen und deren Schiffe schon in den Kreuzzügen die deutschen Heere geleiteten. Bismarck.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 18. April. Das Reichs⸗ gesetz blatt veröffentlicht u. A.. das Gesetz vom 28. März 1875, betreffend einige Aenderungen in der Gebahrung der auf Grund des Gesetzes vom 13. Dezember 1873 errichteten Staats⸗ Vorschußkassen; das Gesetz vom 28. März 1875, betreffend die Versährung des aus Staatsschuldperschreibungen, welche dem Staats gläubiger keine Kapitalsrückforderung gewähren, gegen den Staatgschatz zustehenden Verzinfungganspruches, das Gefetz vom 25. März 1875 über die Verwendbarkelt der Obligationen des von der Gemeinde Wien auf Grund des Landesgesetzes vom 11. Januar 1874 aufgenommenen verzinslichen Anlehens von zehn Millionen Gulden zur fruchtbringenden Anlegung von

Kapitalien der Stiftungen der unter öffentlicher Aufsicht stehen⸗ den Anstalten, dann von Pupillar⸗, Fideikommiß⸗ und Depostten⸗ geldern, so wie zur Leistung von Kautionen; das Gesetz vom 3. April 1875, end die Eröffnung von Nachtragskrediten zum Staatsvoranschlage für das Jahr 1875.

Schweiz. Bern, 17. April. Die Regierung des Kan⸗ tons Aargau hat soeben an die unter ihrer Autorität stehende katholische Geistlichkeit ein Kreisschreiben erlassen, welches derselben nochmals, diesmal aber unter Androhung der Amtsent⸗ setzung, die Weisung ertheilt, fich jedes amtlichen Verkehrs mit dem von der Basler Diözesankonferenz abgesetzten Bischofe Eugenius Lachat und dem ehemaligen päpftlichen Nuntius Mgr. Agnozzi, zu enthalten, welcher letztere denselben, trotzdem, daß ihm vom Bundesrathe seine Pässe zugestellt worden find, noch immer aufrecht erhält. „Wir hoffen, heißt es in dem Kreisschreiben, es werde diese einfache und wohlmeinende Erinnerung hinreichen, um alle Aargauer katholischen Geiftlichen zu veranlassen, diejenige Haltung einzunehmen, welche sie Angesichts der vorerwähnten staatlichen Crlasse vermöge ihrer beschworenen Pflicht dem Staate und seinen Behörden gegenüber einzuneh⸗ men verpflichtet sind. Sollte dies wider Erwarten der Fall nicht sein und uns zur Kenntniß gebracht werden, daß von Geistlichen, sei es mit dem gedachten Bischof, sei es mit der von Bundes⸗ wegen aufgehobenen Nuntiatur, sei es mit den Organen derselben ein amtlicher Verkehr unterhalten oder fortgesetzt oder Erlassen, Weisungen oder was immer für Mit⸗ theilungen derselben in geistlichen Dingen Nachachtung oder Vollziehung verschafft wird, so find wir entschlossen, zu wirksamerer Wahrung der Rechte des Staates und in An⸗ wendung des Gesetzes vom 24. Mai 1871 solchen fehlbaren Geistlichen die ihnen seiner Zeit ertheilte hoheitliche Geneh⸗ migung ihrer Anstellung zu entziehen und die von ihnen beklei⸗ deten Stellen als erledigt zur Wiederbesetzung auszuschreiben.“ Die Drohung der Amtgentsetzung spricht das Kreisschreiben schließlich auch gegenüber denjenigen Geiftlichen aus, welche die letzte päpstliche Encynklika vom 23. v. M. gegen das neue Bun⸗ desgesetz über Civilstand und Ehe, das nächstens zur Volkgz⸗ abstimmung kommt, im Widerspruch mit dem Placetgesetz öffent⸗ lich von den Kanzeln verlesen sollten.

Großbritannien und Irland. London, 19. April. (W. T. B.) Sitzung des Dberhauses. In Beant⸗ wortung der Sarl Russelschen Anfrage über den deutsch⸗belgischen Notenwechsel hob der Staats⸗ sekretär des Auswärtigen, Lord Derby, zunächst den durchaus freundschaftllchen Charakter der Vorstellungen hervor, die von der deutschen Regierung an die belgische Regierung ge⸗ richtet worden seien. Die zweite deutsche Note sei erft am heu⸗ tigen Nachmittage zu seinen Händen gekommen und habe er deren Inhalt noch nicht zu prüfen vermocht, von dem deutschen Botschafter sei ihm indeß versichert worden, daß dieselbe eben⸗ falls in sehr freundschaftlichem Sinne gehalten sei und auch von anderen Seiten werde die Note in ähnlicher Weise geschildert. Er könne daher durchaus nichts erblicken, was einen von dieser Auffas⸗ sung abweichenden Eindruck hervorrufen könne. An England seiin der ganzen Streitfrage keinerlei formelles Ersuchen gerichtet worden; sollte eine bezügliche Aufforderung an England ergehen, so zweifele er nicht, daß dieselbe auch an alle übrigen Garantie⸗ mächte gerichtet werden würde nnd da würde es doch voreilig und wenig politisch gehandelt sein, wenn er jetzt schon seine An⸗ sicht über die Angelegenheit aussprechen wollte, zumal da man in England nur eine ganz unvollständige Kenntniß von einigen der Thatsachen besitze, durch welche der Rotenwechsel hervorgerufen sei. Er sei überzeugt, daß die öffentliche Meinung Europas durch eine ganz übertriebene Vorstellung von der vermeintlichen Wich⸗ tigkeit des Zwischenfalles über die Gebühr erregt worden sei und sehe den Ausgan ge der Sache nach den nunmehr vorliegenden Informationen ohne jede Beunruhigung entgegen. Die englische Regierung lege Werth auf Erhaltung des Friedens und der Un⸗ abhängigkeit Belgiens, aber er schätze sich glücklich, die Ueberzeu⸗ gung aussprechen zu dürfen, daß hei dem gegenwärtigen Anlaß weder der Friede, noch die Unabhängigkeit Belgiens irgendwie gefährdet erscheine. Im weiteren Verlaufe der Sitzung erwiederte Lord Derby auf eine Anfrage Lord Strathedens, man könne gegen die Politik Oesterreichs, welches ohne Genehmigung der Pforte auf Verhandlungen über den Abschluß von Verträgen mit den Do nau fürstent hüm ern eingegangen sei, Bedenken erheben, die Diskussion darüber würde aber jedenfalls fruchtbarer und von größerem Vortheile sein, wenn die darauf bezüglichen Schrift⸗ stücke dem Hause vorlägen. Desterreich habe niemals die Abfsicht einer Verletzung der bestehenden Verträge zugelassen, vielmehr ganz entschieden und bestimmt die zwingende Gewalt seiner Ver⸗ pflichtungen der Pforte gegenüber anerkannt. Die Differenz be⸗ stehe lediglich in der bereits erwähnten verschiedenartigen Aus⸗ legung der Vertragsbestimmungen. Lord Derby fuͤgte noch hinzu, er zweifele nicht, daß die Pforte, sobald sie um ihre Ge⸗ nehmigung ersucht werden sollte, dieselbe ohne Weiteres ertheilen würde und könne in Allem, was überhaupt geschehen, durchaus nichts erblicken, was etwa eine Gefahr für den europäischen Frieden enthielte, oder auch nur ernsthafte Verwickelungen zur Folge haben könnte.

20. April, (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Unterhauses richtete der irische Deputirte OReilly an die

Regierung folgende Interpellation: Ob es wahr sei, daß

die deutsche Regierung im Januar 1874 die englische Regie⸗ rung aufforderte, wegen der damals in Belgien stattgehabten ultramontanen Agitation Schritte bei der belgischen Regierung zu thun, ob ferner die bezüglichen Meinungsäußerungen der deutschen und der englischen Regierung nur mündliche waren oder in Depeschenform erfolgten und endlich, ob die Regierung geneigt sei, den wesentlichen Inhalt ihrer Antwort mitzutheilen. Der Premier Disraeli antwortete, es sei richtig, daß der deutsche Reichskanzler gezwungen gewesen sei, gewiffe Vorstellungen an Belgien zu richten und zwar wegen einer Konspiration zwischen nach Belgien geflüchteten jesuitischen Priestern und anderen Ka⸗ tholiken innerhalb des Deutschen Reichs. Es sei dies geschehen im Januar 1874. Der deutsche Reichskanzler habe spaͤter dem englischen Botschafter in Berlin gegenüber darauf hingedeutet, 94 die englische Regierung die deutscherseits gemachten Vor⸗ stellungen unterstützen möchte, und der damalige Sekretär des Auswärtigen, Lord Granville, habe in Folge dessen bei einer Unterredung mit dem deutschen Botschafter in Lon⸗ don sich dahin geäußert, daß es der dringende Wunsch der englischen Regierung sei, daß zwischen Deutschland und Belgien keinerlei Differenzpunkt bestehe. Die belgische Regierung habe sich sonst in ihren Beziehungen zu den aug⸗ wärtigen Mächten jeder Zeit klug und vorsichlig erwiesen und immer den Wunsch gezeigt, ihren Nachbarstaaten keinen gerechten Grund zu Klagen zu geben. Er hoffe, daß seitens der deutschen Regierung den Verhältnissen des durchweg katholischen Landes

so weit als möglich Rechnung getragen werde. Die gleichzeitig verbreitete Nachricht, daß auch in neuester Zeit die deutsche Regierung sich in der belgischen Angelegenheit an England ge⸗ wendet habe, sei unbegründet; dem gegenwärtigen englischen Kabinet gegenüber habe die deutsche Regierung niemals einen bezüglichen ähnlichen Wunsch geäußert.

(W. T. B.) Die heuligen Morgenblätter besprechen in ihren Leitartikeln die gestern stattgehabten Interpellationen über den deutsch⸗belgischen Notenwechset und gelangen sämmtlich zu dem Resultate, daß die gegenwärtige Situation nach den erfolgten Ausführungen der Minister durchaus keinen Anlaß zu irgend welchen Befürchtungen biete.

Spanien. San Se bastian, 19. April. W. T. B.) Die Carlisten haben unweit Seu de Urgel eine Brücke über den Oria geschlagen und gestern Morgen einen abermaligen Angriff auf Zudugarram versucht, sie sind aber mit empfind⸗ lichen Verlusten zurlckgeworfen worden.

Italien. Rom, 19. April. (B. T. B.) Der pãpstliche Nuntius am spanischen Hofe, Sim eoni, ist mit seiner Begleitung

heute nach Madrid abgereist. = In der heutigen Sitzung des Se⸗

na ts wurde eine Petition des Patriarchen von Venedig, Kar⸗ dinal Trevisanato, betreffend die Militärpflicht der Geistlichen, an eine Kommission überwiesen.

Nu ßland und Polen. St. Petersburg, 17. April. Der Reg.⸗Anzeiger“ veröffentlicht den von der unirten Dom⸗ geistlichkeit und sämmtlichen Mitgliedern des unirten Ron⸗ sistoriums am 2. v. M. im bischöflichen Palais zu Chelm feier⸗ lich vollzogenen Akt der Lossagung der ganzen unirten Diö zese Chelm vom römischen Papst und der Wieder vereinigung derselben mit der griechisch⸗orthodozen Kirche. Der Lossagungsakt gründet sich auf die dem Konsistorium von sãmmt⸗ lichen Dekanen zugegangenen Berichte, nach welchen s owohl die Geist⸗ lichkeit wie die Gemeinden fast einstimmig ihre Lossagung von Rom verlangen und dringend um ihre Wiedervereinigung mit der griechisch⸗ orthodoxen Kirche bitten. In dem Dokument wird der ein⸗ müthige Entschluß der Lossagung von Rom ausführlich motivirt: I) durch die in allen Herzen noch lebendige Erinnerung an die grausamen und unmenschlichen Gewaltthätigkeiten, durch welche die griechisch⸗orthodore Diözefe Chelm im 165. Jahrhundert auf Antrieb der Jesuiten durch die damalige polnische Regierung von der orientalischen Kirche losgerissen und dem römischen Papste unterworfen wurde; ?) durch die Wortbrüchigkeit der römischen Päpste, die, ungeachtet der Diözese durch den ihr gewaltsam auf⸗ gedrungenen Unionsakt die Beibehaltung des griechischen Ritus feierlich garantirt war, dennoch unablässig dahin strebten, diesen Ritus zu beseitigen und durch den lateinischen Ritus zu er⸗ setzen; 3) durch die an den unirten Metropoliten Sembratowicz gerichtete päpstliche Encyklika vom 13. Mai 1874, welche die auf die Purifizirung des unirten Ritus gerichteten Bestrebungen der Chelmer Diözefanbehörde als ketzerlsch und gottlos verdammte und Unfrieden unter der unirten Geistlichkeit und Bevölkerung zu stiften suchte; 4 durch die neuen römischen Dogmen der un⸗ befleckten Empfängniß Mariä und der päpstlichen Unfehlbarkeit; 5) durch die unablässigen Bestrebungen der Päpste, der russischen Bevölkerung ihre Nationalität zu entreißen, sie zu polonisiren und dadurch ihrem russtschen Vaterlande zu entfremden.

Am Anfang des Schuljahres 1875/76 werden sechs neue Lehrerseminare zur Bildung von Volksschullehrern eröffnet werden, und zwar je eins in den Lehrbezirken St. Peters⸗ burg, Moskau, Charkow, Kasan, Odessa und Wilna. Der zur Erhaltung dieser Anstalten näthige Etat von 99, 700 Rubel ist am 4116. Februar durch Allerhöchste Bestätigung des betreffen⸗ den Reichsrathsgutachtens genehmigt worden.

Die russische „St. P. 3. meldet, daß im künftigen Jahre eine allgemeine Volkszählung im ganzen Reiche ver⸗ anstaltet werden soll, zu welchem Zwecke die Reichsrentei 3 Mil⸗ lionen Rubel ebensoviel wie die letzte Reviston kostete an⸗ weisen wird. Die allgemeinen Grundfätze, auf welchen die Zäh⸗ lung beruhen wird, sind bereits von einer besonderen Kommission bei dem Centralcomitè bearbeitet worden. Uebrigens werden die Vorarbeiten so viel Zeit kosten, daß man erst im Dezember des künftigen Jahres zur eigentlichen Zählung wird schreiten können.

Das neue Gesetz über die Stempelgebühren wird einer im „Reg.⸗Anz.“ veröffentlichten Verfugung des Finanz⸗Ministers zufolge vom 1. Juli d. J. an in Kraft treten.

Dänemark. Kopenhagen, 16. April. Die zweite Lesung der Militärvorlagen wurde in einer gestrigen Abend⸗ sitzung des Fol kething beendet. Der Antrag der Majorilät des Ausschusses (Linken, nach welchem der betreffende Gesetz=

entwurf sowohl die Festungsvorlage, wie den Bau des Kriegs⸗

hafens am Agersösund und die Vermehrung der Kriegsflotte umfassen und an die Bewilligung der hierzu erforderlichen Mittel die Bedingung geknüpft werden soll, daß letztere durch eine Ein⸗ kommen⸗ und Vermögens steuer aufgebracht werden, wurde mit 54 gegen 42 Stimmen angenommen, und darauf der Uebergang zur dritten Lesung mit 88 Stimmen gegen eine Stimme. Der besonderen Vorlage über den Kriegshafen am Agersösund wurde der Uebergang zur dritten Lesung mit 54 gegen 36 Stimmen verweigert.

Die Nr. 85 des Amts-Blatts der Deutschen Reichs—⸗ Po st⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfũgungen vom 17. April 1875: Handhabung des Telegraphendienftes bei den ver⸗ einigten Poft⸗ und Telegraphen⸗Betriebsstellen

Die Nr. 8 des Armee ⸗Verordnungs⸗Blattes (heraus⸗ gegeben vom Kriegs⸗Ministerium) hat folgenden Inhalt: Ausdehnung der Trennung des Offizier⸗Forps der Feld und der Fuß ⸗Ar⸗ tillerie auf die Landwehr Artillerie Offiziere. Generalstabs⸗ Uebunzsreisen im laufenden Jahre. Trageweise der Säbel⸗ troddel Seitens der mit dem Infanterie⸗ Gewehr MMI resp. der Jäger ⸗Büchse MMI bewaffneten Truppentheile.— Führung von Personalbegen. Teplitzer Bade Angelegenheit. Auf- bewahrung und Erhebung des verwendbaren Guthabens der Militär⸗ 6 Einheitliche Benennung der Reichsgoldmünzen.

erbot des Umlaufs polnischer Eindrittel⸗ und Einsechstel⸗Talara⸗ Stücke. Absonderungsräume für rotzverdächtige Pferde. ZJest⸗ stellung der Liguidationen über Honorar für Eivil⸗Thierärzte. Eisenbahn⸗Zerstötungszeug. Verpflegungs-Zuschuß für Flensburg pro 2. Quartal 1875. Deklaration der 85. 228 und 251 des Reglements üher die Bekleidung und Ausrüffung der Truppen im Frieden vom 39. April 1568. Bekanntmachung eines Nachtrags⸗ Verzeichnisses solcher höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung gültiger Zeugnisse über die wissenschaftliche Qualifikation um einjährig freiwilligen Militardienst berechtigt sind Ew e wgre fe, e, des XII. (Königlich sächsischen) Armee⸗ Corps. Liquidation und Zahlungs anweisung der Rein onte, Trang portkosten. Todtenscheine, welche wegen Unvollständigkeit resp. Un- richtigkeit der Angaben bisher nicht ausgehändigt werden konnten. Vetwaltungg ⸗Uebersicht über das Vermögen der Kronprinz -⸗ Stiftung und der Elberfelder Stiftung zur Unterstüünng der Invaliden aus

2 ö . und der . 2 * dem selben allenen ür den Zeitraum vom 1. Mär is d b 1875. gan n n der Kavallerie. ; .

Landtags Angelegenheiten.

Berlin, 29. April. In der gestrigen Sitzung des

auses der Abgeordneten entgegnete in der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der Art. 15, 16 und 18 der Verfassungs⸗Urkunde, der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt dem Abg. Windthorst (Meppen): E. Meine Herren! Ich gestatte mir nur wenige Worte zur Berich⸗ tigung einer thatsächlichen Behauptung des Hrn. Vorrednerz. Der— elbe bemerkte, ich habe im Reichstage gesagt, die Motive zu dem

eichsgesetz würden von keiner Regierung, auch von mir nicht gebilligt. Ich habe weder diese noch eine ahnliche Behauptung im Reichstage emacht. Ich habe vielmehr gesagt, die verbündeten Regierungen önnten die Motive nicht vertreten, weil die zu umfaffend seien, als daß ste im Bundesrathe hätten geprüft werden können. Aus dieser Bemerkung folgt in Betreff der Stellung einzelner Regierungen überall nichts, und noch viel weniger in Betreff der Billigung oder Nichtbilligung. Dann ist es aber doch klar, daß die Stellung einer einzelnen Regierung einfachen Mo⸗ tiven gegenüber eine ganz andere ist, als die Gesammtheit der ver— bündeten Regierungen gegenüber Metiven, welche den Raum vieler Bände in Anspruch nehmen. Es ist ganz selbstverständlich, daß die y, n. Staatsregierung die Motive zu diefem Gesetzent wurf vertritt.

Hierauf ergriff der Staats⸗Minister Dr. Falk das Wort: Der Herr Justiz‚ Minister ist besser daran gewesen als ich, er

wußte wenigstengz, daß er Veranlafsung hatte, von seinem Stand— punkte aus gegenüber der Rede des Hrn. Abg. Windthorst etwas zu erwidern; ob ich eine solche Veranlaffung habe oder nicht, daß weiß ich leider nicht, denn an diesen Platz kommen immer nur fragmen— tarische Behauptungen, fast niemals ein voller Satz. Das kommt daher, daß der Hr. Abg. Windtherst dieser Stelle hier regelmäßig nur den Anblick seines Rückens gönnt. Was die Angriffe auf den Herrn Minister⸗Präsidenten und Reichskanzler, wie das vorhin ge— sagt wurde, betrifft, so stimme ich mit dem Hrn. Abg. Windthorst darin ganz vollständig überein, daß es außer— ordentlich erwünscht gewesen wäre, wenn derselbe am Freitage diefe Rede hätte halten können, denn ich bin überzeugt, der damals anwe— sende Minister⸗Präsident würde ihn ebenso gründlich berichtigt haben, wie er einzelne seiner Freunde, als diese sich über historische That⸗ sachen älterer und neuerer Zeit des Näheren verbreiteten, berichtigt bat. Er ist nun heute nicht anwesend, und ich habe es nach seinem Wunsche übernommen, sein Ausbleiben, das er selbst in hohem Grade bedauert, gegenüber dem Hohen Hause zu entschuldigen. Die Wirkun—⸗ en einer starken Erkältung binden ihn an das Zimmer, und es be—⸗ ah kaum eine Ausficht, daß der Spruch des Arztes ihm gestatten wird, dasselbe heute zu verlassen.

Die XII. Kommission des Herrenhauses zur Vorbera— thung 1) des Entwurfs einer Provinzialordnung' für die Pro—⸗ vinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen; 2) des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Verfassung und Ver— waltung der Provinz Berlin; 3) des Entwurfs eines Gesetzes, betref⸗ fend die Ausführung der 8§. 5 und 6 des Gesetzes vom 35. April 1873 wegen der Dotation der . und Kreisverbände; 4) des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Verfassung der Verwaltungẽ⸗ gerichte und das Verwaltungsfrreitverfahren, die am 17. d. M. zu- sammengetreten ist, besteht aus folgenden Mitgliedern: Herrn Fürst zu Hohenlohe, Herzog v. Ujest, Vorsttzender, Herrin Graf v. Ftzen⸗

litz, Stellvertreter des Vorsitzenden, Herrn Becker (Halberstadtz, Nit in. Herrn Graf v. Zieten⸗Schwerin, Stellvertreter des Schriftführers, Herrn v. Kleist⸗Retzow, Herrn Rasch Herrn v. Win— terfeld, Herrn r. Elwanger, Herrn Graf von Maltzan, 33.

reiherrn von Maltzahn, Herrn Brüning, Herrn Hobrecht, Herrn

erzeg von Ratibor, Herrn v. Wedell, Herrn Graf v. Carmer, Herrn von Rath, Herrn Graf Udo . Stolberg⸗Wernigerode, Herrn Frei⸗ herrn v. Mirbach, Herrn v. Ploetz, Herrn v. Voß.

Statistische Nachrichten.

Nach der vorläufigen Feststellung des Berliner stãdtischen statistischen Buregus betrug in der Woche vom 4. bis 10. April die Zahl der Gestorbenen 510, darunter 269 männliche, 241 weibliche Personen; 190 unter, 320 über ein Jahr.

Die Nr. 159 des Notizblattes des Vereins für Erd— kunde und verwandte Wissenschaften zu Darmstgdt und des mittelrheinischen geologischen Vereins (III. Folge. XIV. Heft) hat folgenden Inhalt: Die Geburten, Sterbefälle, Hei⸗ rathen und Ehescheidungen im Großherzogthum Hessen in dem Jahr 1873. eite, , der Wohnräume in Mainz im Jahr 1871. Meteorologische Beobachtungen im Februar 1875. Sterbefälle und Todesursachen im Februar 1875. Durchschnittspreise der Frucht⸗ märkte im Februar 1875. Angelegenheiten der Gr. Centralstelle für die Landesstatistik. Anzeigen.

Kunst, Wissenschaft und Ziteratur.

Nach dem Monatsbericht der Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften lasen im Januar 8. J. folgende ,. Hercher, Ueber einige Fragmente bei Suidas. Hirschfeld,

etrische Grabschriften. Virchow, Ueber niedere Menschenracen und

einzelne Merkmale niederer Entwickelung. Peters, Ueber Dasomys, eine neue Gattung von murinen Nagethieren aus Sudafrika. Deff⸗ ner, Zakonisches. Dove, Neher die Uebereinftimmung der Witternnagz—= srscheinungen in den ungewöhnlich trockenen Jahren 1857, 1858, 1874. Ven e diff Fernere Thatsachen zur Begründung einer endgültigen hedrie der Glektromaschine zweiter Art. Ehrenberg, Die Sicherung der Okjektivitãt der selbstãndigen mikrostopischen Lebensformen und ihrer Organisation durch eine zweckmäßige Aufbewahrung. Schott, Zur Uigurenfrage⸗ Vogel, Ueber die Beziehungen zwischen Licht⸗ absortion und Chemismus. Braun, Reiseplan des Hrn. Hildebrandt. Das soeben ausgegebene Aprilheft (7. Bd. 1. eft) der Deu tschen Jugend“ inustrirte Jugend⸗ und Familien⸗Bibliothek in Monats heften, herausgegeben von Julius Lohmeyer (LLeip ig, Alphons Dürr) enthält folgende Originalbeiträge: Der . mäusler, Heldengedicht von Vickor Bläthgen. Illuftratlonen von Fedor Flinzer. Der Wald in den vier Jahreszeiten von Theod. olshorn, illustrirt von R. Schuster. Aus alten Zeiten des Henne berger Landes. Historische Erzählung von W. Bergwald, illustrirt von Ludw. Burger. Der Rhein von Frdr. Bodenstedt Die Kinder Finnlands und ihr Mai. Verein, Mittheilungen von J. Ludwig, illustrirt von G. Süß. Das Saatkorn, von Jul. Sturm, iflustri'l don P. Thumann. Gedichte, Sprüche und Räthfel von Frdr. Güll, Irdr. Qldenberg, J. Trojan u. A, illustrirt von Osec. Pletsch, Fr. Werkmeister, F Flinzer u. A. Verstandesübungen von R. Lövicke. Da mit dem vorliegenden Heft ein neues Abonnement beginnt, so nehmen wir Gelegen heit, auf diese JZeitschrift hinzuweisen. Dieselbe bemüht sich, durch Zusammenwirken aller besten Kräfte, der Jugend einen Hausschatz von bleibendem Werth und voll edelfter Anregungen zu schaffen. Der Preis ist im Vergleich zu dem Gebotenen, den reichen und gediegenen Originalbeikrägen und den meisterhaften Illust rationen, ein mäßiger zu nennen.

Anläßlich der am 8. d. M. erfolgten Besichtigung des hydro⸗ graphischen Amtes in Pola durch Se. Majeslät den Kaifer von Desterreich, wurde an denselben die Bitte um Benennung der beiden, an der Sternwarte zu Pola durch Palisa jängst entdeckten Planeten Nr. 142 und 143 gestelit. Hierauf lief ein Telegramm ein, wonach Se. Majestät die Namen Folana und Adria für dieselben be⸗ stimmt hat.

Am 12. April fand, wie schon kurz gemeldet, in Neapel die feierliche Einweihung der vom Professor Dohrn gegründeten zoelogischen Station statt. Die Spitzen der Eivil⸗ und Militärverwaltung Neapels waren gegenwärtig und zahlreiche Gelehrte aller gebildeten Nationen. Die Professoren Dohrn und Pianceri hielten Reden, welche mit großem Beifalle aufgenommen wurden. Der Gefandte des Deutschen Reiches und der Minister Bonghi konnten, obgleich sie ihren Besuch zugesagt hatten, der Feierlichkeit nicht bei⸗ wohnen. Herr v. Keudell hat den Minister brieflich gebeten, der Ver⸗ sammlung sein Bedauern darũber auszusprechen, daß er durch plötzlich ein⸗ tretene Hindernisse von der Reise nach Neapel abgehalten sei, und den Behörden von Neapel in seinem Namen den tiefgefühltesten Dank auszusprechen, daß sie seinem Landsmanne Dehrn so bereitwillig bei der Ausführung seines Planes behülflich gewesen. Ferner sprach Hr. v. Keudell in feinem Schreiben die wärmsten Wünsche für das Ge⸗ deihen der Anstalt aus, welche der Entwickelung eines der schönften Zweige der Wissenschaft und der Verbrüͤderung der Gelehrten aller Nationen, namentlich aber der Italiens und Dentschlands, gewidmet.

. n Uebereinstimmenden Berichten aus Aalesund, Volden ꝛ. zu⸗ folge ist, wie schon gemeldet, in der Nacht vom 29. bis 30. Maͤrz von der Westküste bis zur schwedischen Grenze von Trysil ein Aschen⸗ oder Sandregen gefallen, wodurch unter An⸗ derem das Trystlfieldet ganz grau erschien. Die Asche war in solcher Menge gefallen, daß aus einem Bierglase voll Schnee beinahe ein Eßlöffel Bodensatz beim Schmelzen gewonnen wurde Mehrere Proben von dieser Asche sind Chemikern in Christignia zugesandt worden. Ueber eine an Professor Waage gesandte Probe hat derselbe sich wie folgt geäußert: Die Asche besteht aus kleinen, unregelmäßigen, scharfeckigen Körnern, welche bei— nahe alle farblos sind einige wenige haben eine braune Farbe —, und enthält hauptsächlich ein kieselsaures Salz. Bei der Behand⸗ lung mit Säure kann man aus dem Pulver etwas Kalk, Eisen und Thonerde ausziehen. Der Professor hält es für wahrscheinlich, daß die Asche von einem vulkanischen Ausbruche auf Island herrühre. Letztere Ansicht wird durch eine von den Professoren Fearnley und Kjerulf im mineralogischen Kabinet der Universität vorgenommene Un- tersuchung einer andern Aschenprobe bestätigt, welche dieselbe als Bimsteinstaub erkannt, der mit dem Bimstein von Hekla identisch ist. Schwedischen Blättern zufolge hat sich der Aschenregen bis in die Gegend von Stockholm erftreckt. (Professor Kjerulf schreibt aus Christignia: Eruption von Issand noch nicht gemeldet, ist aber sehr wahrscheinlich. Die Entfernung von den isländischen Vulcanen bis zur schwedischen Grenze ist gleich derjenigen vom Aetna bis zu den Gestaden der Ostsee.)

Gewerbe und Handel.

Der Magistrat hat, wie die Nat. Zig. mittheilt, in seiner außerordentlichen Sitzung über die Aenderung des Statuts des Berliner Pfandbrief⸗Instituts und namentlich aber die Auf⸗— nahme von Bestimmungen Über die ,, . zweiter Hypotheken und die Ausgabe von Handfesten nach den Anträgen der Herren Bürgermeister Duncker und der Stadträthe Runge und Friedel be⸗ rathen. Dem Vernehmen nach hat sich schließlich der Magistrat mit den Anträgen auf Einführung der Handfesten im Intereffe der Ber⸗ liner Eigenthümer einverstanden erklärt und beschlossen, nunmehr die gestellten Anträge dem Pfandbrief ⸗Amt zur Aeußerung vorzulegen.

Fventuell, wird der Gegenftand vor die Generalversammlung des Pfandbrief · Instituts gebracht werden. . ;

In der Generalversammlung der Berliner Holzkomtoir⸗ Aktien Gesellschaft waren 2852 Aktien mit 565 Stimmen ver⸗ treten Die Bilanz weist einen Reingewinn von 152 477 Thlr. auf, wovon 1200 9 Thlr. als 6 x. Dividende zur Vertheilung an die Altionäre gelangen. An Stelle der verstorbenen Aufsichtsrathsmit⸗ 27 Carl Goppel und Justiz Rath Lewald wurden die Herren

Ornold und Ingenieur Oechelhaͤufer durch Akklamation gewã

Der Geschaftsbericht der Norddeutschen Papierfabrik, Aktiengesellschaft, weist nach, daß der Bruttogewinn aut der Fabrikation sich auf 82 627 Thlr⸗ beläuft. Während im vorange⸗ gangenen Jahre 26077, 144 Pfund Papier im Werthe von 211,736 Thaler Produzirt wurden, ist im Jahre 1874 eine Produktion von 3,612,283 Pfund Papier im Werthe von 409,426 Thlr. erreicht worden. Im ersten Quartal des faufenden Jahres hat sich die

1 gegen denselben Zeitraum des Vorjahres abermals ge⸗ eigert.

Die Generalversammlung der Schlesischen Porzellan⸗ und. Steingut Mannfaktur nahm den vom Vorsitzenden des Aufsichtsrathes mitgetheilten Geschäftsbericht entgegen. Danach sind von dem Bruttogewinn von 16,195 Thlr. durch die Geschãftsunkosten und Zinsen 9855 Thlr. absorbirt und 6340 Thlr. auf Abschreibungen verwandt worden. Die im vorigen Jahre aufgenommene 5 X Priori⸗ täts Anleihe von 100, 000 Thlr. ist zum Durchschnittscours von 90 x vollstãndig untergebracht. Die Neubauten sind bis auf unwesentliche Einzelheiten fertig geftellt und die Produktionskraft der Fabri ist dadurch nahezu verdoppelt. In den Aufstchtsrath wurden neu ge⸗ wählt: Hr. G. A. Dähl hierselbst und der bisherige Direktor der Gesellschaft Hr. R. Matthieffen. An Stelle des Letztgenannten hat Hr. A. Wex aus Barmen die Direktisn des Etablissements über⸗ nommen.

In die sem Jahre haben, wie die Lübecker Zeitung“ schreibt, unsere Ostseefischer im Herings fang wieder sehr viel Glück; namentlich in voriger Woche machten sie eine reiche Ernte, so daß inner⸗ halb dreier Tage 63 Kähne voll Heringe an der Trave zum Verkauf kamen. Die Hreise sanken dadurch natürlich bedeutend; während noch vor 14 Tagen für einen Kahn 69 Thaler gefordert und allerdings nur 24 Thaler gezahlt wurden, sank der 2 Anfangs voriger Woche auf 6 Thaler per Kahn. Auch im Detailverkauf wird nicht mehr stückweise gehandelt, sondern pr. Schaufel zugemessen. Der dies sährige Reichthum wird nur von dem des Jahres 1871 übertroffen, wo der Preis auf 3 Thlr. pr. Kahn sank. Holst. Blätter melden: Nicht nur bei Neustadt fiel in neuester Zeit der Heringsfang sehr reichlich aus; zu Hafkrug wur⸗ den an einem Tage 18 Böte voll gefangen, so daß der Preis in den Ostertagen so niedrig gewesen ist, daß die Fracht nach Lübeck nicht einmal daraus hat gelöst werden können.

In der Generalversammlung der Bayerischen Wechsler— bank vom 16. d. M. wurde von der Verlesung des Geschãftsberich x Abstand genommen, der Vortrag des Gewinnsoldo von 33.713 Fl. auf neue Rechnung und somit der Verzicht auf Auszahlung einer Dividende pro 1874 genehmigt, und dem Aufsichtgrath sowie der Direktion Decharge ertheilt. Zur Deckung der Liberirungskosten wurde festgesetzt, daß beim Umtausch der Aktien auf jeden Interimg- schein eine Gebühr von 3 eVntichtet werden soll. Die ausscheiden⸗ den Mitglieder des Verwaltungsrathes wurden wiedergewählt.

Aus dem Rechenschaftsbericht der Oberhessischen Eisen⸗ bahn⸗Gesellschaft giebt die B. B. Z. folgende Daten? Das Anlagekapital für die beiden 176 Kilometer langen Linien Gießen Fulda und Gießen Gelnhausen ist in seinem Hauptbestande von 28,400 950 Fl. unverändert geblieben. Disponibel ift noch die Summe don 28, 000 Fl. Die Einnahme beziffert sich auf 550 820 Fl., die Ausgabe auf 501,284 Fl., so daß ein Ueberschuß von 453535 Fl. ver⸗ bleibt. Von diesem Reinertrag sollen 33, 006 Fl. dem Reservefonds und der Rest dem Erneuerungsfonds zugeschrieben werden. Die ga⸗ rantirten Zinsen des Baukgpitals 33 *) hat also auch für S7] die Großherzoglich hessische Staatskasse zu leisten. Betriebs stõrungen, Unfälle oder Unregelmähigkeiten sind bei der trefflichen Betriebz— leitung auch im Jahre 1874 nicht vorgekommen. Der Maschinen— und Wagenpark besteht aus 18 Lokomotiven mit 16 Tendern, 55 Per-= sonen⸗ und 320 Güterwagen. Befördert wurden 541,595 Personen, ferner 17,950 Ctr. Gepäck und 3,549, 042 Ctr. Güter.

Paris, 19. April. (W. T. B.) Der Appellhof von Paris hat heute das Urtheil des Handelstribung 8 in dem Prozesse Ou din (Aktionär des Crédit mobilier) gegen Philippart, welches die Beschlüsse der Generalversammlung des Crödit mobilier vom 2. März d. J. für ungültig erklärt und die Wahl einer provisorischen Administration behnfs Einberufung einer neuen Generalversammlung anordnet, allen Inhalts bestätigt und dasselbe für sofort vollstreckbat

erklärt.

Verkehrs⸗Anstalten.

Paris, 19. April. (W. T. B.) Der „Moniteur“ meldet, daß zwischen den Carlisten und der Gesellschaft der spanischen Nordbahn Verhandlungen schwebten über den Abschluß einer Konvention, welche den ungehinderten Verkehr der Eisenbahnzüge sicher stellen soll.

Der Richtstollen im großen St. Gotthard⸗Tunnel ist vergangene Woche auf der Nordseite bei Göschenen um 27,0, auf der Südseite bei Airolo um 24,60 Meter vorgerückt. Täglicher Durch⸗ schnittsfortschritt 60. .

NewYork, 19. April. (W. T. B.) Der Dampfer der Ham⸗ burg · Amerikanischen Compagnie, We st phalia ' ist hier eingetroffen.

In der letzten Sitzung des Deutschen Vereins für 5f⸗ fentliche Gesundheitspflege hielt der Baurath Hobrecht einen Vortrag über die bisherigen Maßnahmen, betreffend die Ber⸗ liner Rieselfelder. Gegenüber den zahlreichen, namentlich der sani⸗ tären Seite des Unternehmens geltenden Angriffen betonte Redner, daß sämmtliche Anlagen mit der Zustimmung einer unbestrittenen Auto— ritãt, des Prof. Dr. Virchow, eingerichtet worden; dieser Name werde für die Tüchtigkeit des Unternehmens bürgen, das in so großartigem Maßstabe zum ersten Male in deutschen Landen zur Ausführung gebracht wird. Die südliche Hälfte Berlins wird in das Radialsyst em J, Ji. und III. zerlegt, deren Grenze der Schiffahrtskanal bildet, was außer. halb desselben liegt, ist in den Kanalisationéplan noch nicht aufge⸗ nommen. Die nöthigen Gelder sind erst zum Bau des Radial⸗ systems III. bewilligt, die bereits gekauften Rieselfelder reichen aber für alle drei südlichen Systeme aus. Die gekauften Güter Osdorf und Friederikenhof liegen in einer Entfernung von 12 13,0900 Meter von der Vumpstation, der Weg zu ihnen führt über Tempelhof und Marienfelde. Die Pumpstationen liegen an der Südseite der drei Systeme, von ihnen aus beabsichtigt man, je ein starkes Rohr zur Aufnahme der Effluvien zu legen; diese drei Leitungen sollen sich in der BelleAlliancestraße, da, wo dieselbe von der Jorkstraße durchschnitten wird, treffen, und von da gus in zwei starken Röhren weiter geführt werden. Die event. nöthige Legung eines dritten Rohres ist vorgesehen. Für den Durch- schnitt der Röhren sind Maximalverhältnisse angenommen, so daß selbst heftige Gewitter, Wolkenbrüche und Platzregen ihr Waffer in die Röhren ergießen können, außerdem stehen beide Röhren mit einander in Verbindung, so daß eine Kommuni⸗ lation und somit ein Ausgleich zwischen ihnen stets stattfindet. Nach Ankauf der erwähnten beiden Güter ist eine Aufmessung und ein Nivellement sofort vorgenommen worden; die Maschen dieses großen Netzes betragen je 190 Meter im Geviert. Die ganze Fläche wird durchschnitten von der Chaussee von Berlin nach Großbeeren; die

oöhenlage wechselt zwischen 4 12 und 4 21 Meter am Berliner egel, das Wasser wäre somit 21 Meter zu heben. Dazu tritt aber noch diesenige Höhe, die erforderlich ist, um den Reibungswiderstand zu überwinden, welchen die Bewegung des . im Druckrohre verursacht. Wenn die Wassermasse die größte ist, so ist nicht allein das Gewicht das größte, sondern auch die Hubhöhe, und letztere ist

auf 40 Meter angenommen worden und hiernach die hetreffenden Ma⸗ schinen bestellt. 63. Kreuzberge aus wird der Druck nur ein gerin⸗ ger sein, da er ziemlich der Höhenlage der Felder entspricht, die Haupt⸗ thätigkeit der Pumpstation wird sich somit auf die Strecke vom Kanal bis zum Kreuzberge erstrecken. Die Felder reichen, wie bereits bemerkt, für System J. bis III. aus, da sie 3209 Morgen umfassen; es ist. dies eine Fläche, die mehr als vollständig ge— nügt, da ungefähr die Gffluvien von hundert Einwohnern auf einen Morgen kommen. Es wird sicher einer geraumen Zeit bedürfen, bis die ganze Fläche rieselmäßig bewässert ist; ja wir müssen für einige Jahre darauf verzichten, einen Theil der Felder überhaupt zu berieseln und müssen eventuell das J. für die Vegetation aus dem Berliner Schiffahrts kana ent⸗ führen. Dem Radialspstem III. würde der westlich von der Chaussee gelegene Theil des Gutes Osdorf zufallen, die ganze übrige Fläche bleibt für System IJ. und III. aufgehoben. Redner berührte darauf in längerer Auseinandersetzung die Entwässerung der Röhren und der Güter sowie die Bewässerung der Felder. Beide Güter können en, werden und zwar nach Süden hin, wo das Wasser sich in dem Sülowgraben sammelt, um von da aus in die Nuthe zu gelangen. Die . bleibt zur Zeit die, die Entwässe⸗ rungstrace festzustellen, schon um nöthigenfalls das ganze Gebiet einer Drainage unterziehen zu können. Die Zuführung des Wassers eschieht so, daß das Rehr von Berlin aus nach den verschiedenen öhepunkten des ausgedehnten Terrains geleitet wird und hier die fflubien entleert; alle feste und mineralische Stoffe hält der Boden als einen vorzüglichen Dung zurück und das Wasser sickert und fließt durch die in den Senkungen gezogenen Grähen nach dem erwähnten Sülowgraben. Diese Spezialanlazen sind jedoch nicht Sache des 86 Hobrecht, sondern fallen in das Gebiet eines erst anzustellenden iefeltechnikers.

Berlin. In der letzten Sitzung der altkatholischen Gemeinde wurde mitgetheilt, Faß die diesjaͤhrige altkatholische Synode am 19. Mai in Bonn beginnen werde; die Wahl eines Delegirten wurde auf den 24. April angeletzt.

Die Vereidigung der 150 Mitglieder der Reklam ations⸗ Kommission des hiesigen Magistrats fand am Montag vor dem

Stadtrath Hübner im Oberlichtsaale des Rathhauses statt. Die vielen zwischen 20 - 30 000 eingelaufenen Reklamationen werden durch diese 150 Mitglieder, die sich wiederum in 12 Kommissionen durch. sämmtliche Bezirke der Stadt bilden werden, geprüft.

Im Salgn des Künstlervereing sind außer einer Reihe anderer neuer Arbeiten ein Portrait Sr. Majestät des Kaisers von Steffeck, Portrait Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Großfürstin Wladimir von Rußland von G. Richter und ein Portrait des Präsidenten Simson von H. v. Angeli öffentlich ausgestellt. Wir berichten demnächst ausführlicher über diese ausgezeichneten Werke.

Der Königliche Musikdirektor B. Bilse, welcher am 30. d. M. hier im Concerthause sein letztes Concert giebt, um dann mit seinem Orchester wieder auf 5 Monate nach St. Petersburg zu gehen, wird auf der Reise dorthin fünf Concerte in Ostpreußen, und zwar eines im Schloß Remter in Marienburg, sowie je zwei in Danzig und in Königsberg geben.

Auf dem Friedhof in Aurich soll, der N. Hannov. Itg.“ zufolge, ein Mau soleum errichtet werden zur Äufnahme der Gebeine der vormaligen ostfriesischen Fürstenfamilie, welche bis dahin in dem beschränkten Gewölbe der dortigen lutherischen Kirche aufbe⸗ wahrt wurden. In diesem Gewölbe befinden sich 46 Särge, darunter 15. Kindersärge theils ohne Inschrift, ferner 31 Särge erwachsener Mitglieder des ostfriesischen Fürftenhauses, darunter die Särge von 8 regierenden Grafen und Furften Ostfrieslands: Graf Cdzard Il. t 1599), Graf Enno III. C6 1625), Graf Ulrich (z 1649), . Enno Ludwig (f 1660), Fürst Georg Christian ( 1665), Fürst Cbristign Eberhard (6 1708), Fürst Georg Albrecht (6 1734, Für , (f 1744), mit welchem das ostfriesische Fürstenhaus erlosch.

In Bern ist am 13. d. M. kurz vor der Abendvorstellung der Cirkus „Ulrich und Rebeschki⸗Renz' total abgebrannt. Das Feuer, welches durch Zerspringen einer Gasröhre entstanden sein soll, hat den Inhabern wie den Künstlern großen Schaden gebracht.