ein Gesetzentwurf, betreffend die Belegung von Geldern der ge⸗ richtlichen Depositorien bei der Reichsbank; endlich vom Abg. v. Wierzbinski ein Antrag, betreffend die staatliche An—= erkennung der in der Provinz Posen bestehenden polnischen e, ig efich n Centralvereine. Alsdann trat das Haus in die Tagesordnung ein, in die erste und zweite Be⸗ rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Orden und ordensähnlichen Kongregationen der katholischen Kirche. Zur Generaldiskussion meldeten sich zehn Redner zum Wort, darunter sechs gegen die Vorlage; von den letzteren hatte der Abg. Reichensperger zuerst das Wort, um vorwiegend die Verfassungsmäßigkeit der Vor⸗ lage zu bestreiten, was den Staats⸗Minister Dr. Falk zu einer Widerlegung und zur umfassenden Darlegung des Thatbestandes veranlaßte, aus dem die in Rede stehende Vorlage hervor⸗ gegangen ist. (Bei Schluß des Blattes dauerte die Rede des Ministers noch fort.)
— Im Laufe des heutigen Vormittags fand auf dem Tempelhofer Felde die Besichkigu ng des 2. Garde⸗Regiments zu Fuß, des Garde⸗Füstlier⸗Regimenks und des Garde⸗Pionier⸗ Bataillons durch Se. Majestät den Kaiser und König statt.
— Heute Vormittag rückten das 4. Garde⸗Regiment zu Fuß und das 3. Garde⸗Grenadier⸗Regiment, Kö⸗ nigin Elisabeth, von Spandau kommend, hier ein, um an den Brigade⸗ Xe. Exercitien Theil zu nehmen. Die Regimenter wurden in üblicher Weise einquartiert und verbleiben hierselbst bis zum 26. Mai er.
— Der Kaiserlich russische Botschafter in London, Graf Schu waloff, ist gestern von Beiden Majestäten empfangen worden und hat mit Allerhöchstdenselben allein gespeist. Vor⸗ mittags hatte der Graf mit dem Reichskanzler Fürsten von Bis⸗ marck und dem russischen Botschafter am hiesigen Hofe, v. Oubril, Abends nochmals mit dem Reichskanzler Konferenzen und trat gestern Mittags die Rückreise auf seinen Posten nach London an.
Der General⸗Lieutenant von Rauch, Commandeur der 9. Division, ist mit kurzem Urlaub von Glogau hier eingetroffen. — Der General⸗-Lieutenant von Bülow, Inspecteur der 2. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion ist von seiner Dienstreise Behufs Musterung der 4. Feld⸗Artillerie⸗Brigade hierher zurückgekehrt.
— Der General-⸗Major von Pleh we, Commandeur der 8. Infanterie⸗Brigade, der General⸗Major von Papstein, Commandeur der 10. Infanterie⸗Brigade, und der General ⸗Major Gebauer, Commandeur der 3. Infanterie⸗Brigade, welche zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen waren, haben sich in ihre resp. Garnisonen zurückbegeben.
— Für die Berlin-Stettiner, die Westfälische und die Nassauische Eisenbahn treten am 15. d. M. die Sommerfahrpläne in Kraft. Derselben liegen der heutigen Nummer d. Bl. bei.
— S. M. S. „Augu sta“ ist am 5. d. M. in Lissabon an⸗ gekommen und beabsichtigt nach etwa 14 Tagen die Reise nach Rio de Janeiro anzutreten.
S. M. S. „Gazelle“ auf Mauritius verlassen.
S. M. Knbt. „Albatroß“ ist am H. Mai er. in Ply⸗ mouth angekommen und wird am 6. dess. Mts. die Reise nach Kiel fortsetzen.
Breslau, 7. Mai. (W. T. B.) Der „Breslauer Zeitung“ zufolge hat gestern der Für st⸗Bischof Dr. För ster die Stadt verlassen. Derselbe begab sich in Begleitung des Grafen Balle⸗ strem zu Wagen nach der Station Rothsürben, fuhr von hier aus auf der Eisenbahn nach Münsterberg und von da in einer Equipage des Grafen Chamars nach Johannisberg.
Bayern. München, 5. Mai. (Allg. Ztg.) Heute Nach⸗ mittag 3 Uhr empfing Se. Majestät der König den italienischen Gesandten Grafen pr. von Greppi, welcher in feierlicher Audieng sein Abberufungsschreiben überreichte. Bis zur Ernen⸗ nung eines neuen italienischen Gesandten ist die Leitung der Ge⸗ sandtschaft dem ersten Sekretär derselben, Grafen Zanini, über⸗ tragen. Graf v. Greppi, der bisherige Gesandte, wird morgen Vormittags nach Rom abreisen.
Württemberg. Stuttgart, 3. Mai. Die Kammer der Abgeordneten fuhr heut in einer Abendsitzung mit der Berathung des Etats für 1875/76 fort. An Penstonen wur⸗ den exigirt und verwilligt 6543742 Gulden 49 Kreuzer oder 1LI22,416 6. Weiter exigirte 122,3 18 M0 zur Aufbesserung der Pensionen und Quiescenzgehalte um 16233 Prozent wurden zur weiteren Berichterstattung an die staatsrechtliche Kommission ver⸗ wiesen, weil darunter auch Erhöhungen der Pensionen der Mi⸗ nister und der Geheimrathsmitglieder begriffen seien, diese aber eine Abänderung der Verfassung involviren. Für Quiescenz⸗ gehalte wurden 23,420 S, für Gratialien 282, 960 M½ν bewilligt. Morgen steht die Berathung des Etats des Kultusdepartements auf der Tagesordnung, der verschiedene Erhöhungen des Staats⸗ aufwandes für Unterrichtszwecke enthält.
Sessen. Darmstadt, 4. Mai. Von den Kirchen⸗ gesetzen treten die Gesetze über die rechtliche Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Staate und über die religiösen Orden und ordensähnlichen Kongregationen sofort mit der Verkündigung in Kraft, die Gesetze über den Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt und über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen am 1. Juli J. J.; bei dem letzten Gesetz, über das Besteuerungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften, lautet der einschlägige Artikel 7: „Unser Ministerium ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt und dasselbe wird auch den Zeitpunkt bestimmen, von welchem an dieses Gesetz für die r,. Kirchen oder Religionsgemeinschaften zur Anwendung ommt.“
Mecklenburg.
hat am 15. März er. Port Louis
Schwerin, 5. Mai. Nach hier ein⸗ getroffenen Nachrichten wird Se. Königliche Hoheit der Erb⸗ großherzog am 5. oder 6. d. M. in Damascus eintreffen und sich am 11. d. M. in Beirut zur Weiterreise einschiffen. — Gestern Vormittag ist hierselbst nach achttägiger Krankheit der Geheime Rath Dr. jur. et phil. Carl Friedrich von Both im 57. Lebensjahre geftorben. Der Verstorbene hat sich in seinem sechszigjährigen Staatsdienste sowohl als Mitglied der Landes⸗ gerichte — er war von 181451 Direktor der hiesigen Justiz⸗ Kanzlei — wie als langjähriger Vize⸗Kanzler der Landesuniver⸗ sttät viele Verdienste erworben
Sach sen⸗Altenburg. Altenburg, 5. Mai. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht von Preußen ist heute früh von hier abgereist. — Se. Königliche
Hoheit der Prinz Alexander von Preußen hat vorgestern ] für die Beobachtung der von ihr publizirten Gesetze Sorge
Altenburg wieder verlassen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 5. Mai. Schon heute hat der gothaische Sonderland tag die für Vollendung des Museumsbaues postulirten 40000 Thaler aus Mitteln der Staatskasse bewilligt. Der Landtag ist hierauf vom Staats⸗ Minister von Seebach vertagt worden.
Anhalt. Dessau, 4. Mai. Ihre Hoheit die Erbprin⸗ zessin von Sondershausen hat am 3. den Herzoglichen Hof wieder verlassen. Ihre Königliche Hoheit die Prin zessin Friedrich Car! von Preußen machte gestern in Beglei— tung der Herzoglichen Familie eine kurze Reise nach Zerbst und gedenkt morgen die Rückreise nach Berlin anzutreten. — Der Staats⸗Minister v. Krosigk ist von Seiner Hoheit dem Herzoge zum diesseitigen Mitgliede des Bundesrathes ernannt worden. — Die erste Abtheilung der Behufs Ausbildung mit dem neuen Gewehre eingezogenen Reserven des hiesigen Regimentes ist eingetroffen und hat ihre Uebungen begonnen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 5. Mai. Der Kaiser begab sich gestern auf der „Miramar“ von Cattaro nach Mel⸗ jine, von wo heut noch die Weiterreise nach Budua erfolgte. Der Kaiser landete in Eastellastua, besuchte die Grenzforts und traf Abends in Budua ein.
— Der Kronprinz Erzherzog Rudolf hat sich auf einen Tag nach Neuberg zur Auerhahnfagd begeben.
— Der Landtag in Klagenfurt ist heute geschlossen worden.
Prag, 5. Mai. um Verlängerung seines Urlaubes sundheitsrücksichten.
Risano, 7. Mai. (W. T. B) Der Kaiser Franz Josef ist von Budua hier eingetroffen. Unterwegs besichtigte derselbe vier bei Miraz aufgestellte monte 1egrinische Bataillone mit einer Gebirgsbatterie. Der Kaiser schritt die Fronten ab, ließ einige Uebungen vornehmen und sprach dem Kommandanten, der zugleich Präsident des montenegrinischen Senats ist, seine Befriedigung über die Haltung der Truppen aus.
Pest, 5. Mai. Das Abgeordnetenhaus setzte die Budgetdebatte fort.
— Das Oberhaus lehnte den Gesetzentwurf über die Neuorganisation der Gerichtshöfe mit geringer Majorität ab, nachdem der Präsident des Hauses, Graf Majlath, geltend ge⸗ macht hatte, daß der Gesetzentwurf keine finanziellen Vortheile biete, wohl aber die Unabhängigkeit der Richter schädige.
Schweiz. Bern, 5. Mai. (W. T. B.) Die nach Dels⸗ berg einberufene katholische Synode des Kanton Bern hat sich dem neuen Kirchengefetze entsprechend definitiv konstituirt.
Belgien. Lüttich, 6. Mai. (W. T. B.) Die heute stattgehabte Proz es sion wurde auf ihrem Umzuge Seitens des Publikums zu wiederholten Malen mit Kundgebungen des Miß⸗ fallens empfangen. Dieselben nahmen insbesondere in der Nähe der Banque nationale einen drohenden Charakter an. Die Polizei nahm mehrere Verhaftungen vor.
Großbritannien und Irland. London, 7. Mai. (W. T. B.) Die Sitzung des Unterhauses verlief gestern ziemlich erregt. Disraeli erklärte auf eine Anfrage des Me *äais von Hartington, daß er morgen eine Resolution, betreffend das Verhältniß der Presse zum Parlament einbringen werde. Derselbe suchte ferner die ihm von der Times“ gemachten Vorwürfe zu widerlegen, daß er die Dis⸗ kussion der irländischen Ausnahme gesetze abgeschnitten und die Lesung mehrerer anderer Gesetzentwürfe bisher verhin⸗ dert habe. Der Premier hob in dieser Beziehung hervor, daß es möglich sein werde, alle dem Haufe vorgelegten Gesetzentwürfe bis Ende Juli d. J. durchzuberathen. Die Regierung werde aber jedenfalls für die Erledigung sämmtlicher Vorlagen Sorge tragen und, wenn es erforderlich sein sollte, die Session zu die⸗ sem Zwecke noch weiter ausdehnen. Gladstone sprach sich darauf auf das Entschiedenste gegen die von Digraeli kundgegebenen Ansichten aus. Das Haus beendigte sodann die Spezialdis⸗ kussion der Ausnahmegesetze für Irland.
Frankreich. Paris, 6. Mai. (W. T. B.) Das „Jour⸗ nal officiel“ veroffentlicht eine Bekanntmachung der Regierung, durch welche die Nachwahlen zur Nationalversammlung in den Departements Lot und Cher auf den 30. Mal d. J. anbe— raumt werden. — Der deutsche Botschafter, Fürst zu Hohen⸗ lohe, ist gestern Abend nach Bayern abgereist.
Epanien. Madrid, 6. Mai. (W. T. B.) In einer Versammlung von ehemaligen Ministern, Deputirten und Senatoren ist dem Vernehmen nach beschlossen worden, die Par⸗ tei der liberalen Union zu rekonstruiren. Die Partei wird König Alfons ihre unbedingte Unterstützung gewähren und im Uebrigen dasselbe Programm wie die frühere Partei gleichen Namens unter O Donnel aufstellen.
Bilbao, 5. Mai. (W. T. B.) Gerüchtweise verlautet, daß in Valencia und in Catalonien neue Pronunciamen⸗ tos im Sinne Cabrera's stattgefunden haben.
Italien. Rom, 5. Mai. (W. T. B.) Sitzung der Depu⸗ tirten kammer. Die Debatte über die Interpellation des Deputirten Maneini, betreffend das Verhalten der Regierung gegenüber dem Klerus, wurde fortgesetzt. Tomasi Crudeli sprach den Wunsch aus, die Regierung möge in Zukunft nicht mehr als Verwalter der Kirchengüter fungiren. Guerrieri Gonzaga erörterte die vom Vatikan heraufbeschworenen kirchenpolitischen Fragen und darauf insbesondere die Frage des Garantiegesetzes in ihren Beziehungen zum Auslande. Im Verlaufe seiner Rede gedachte der Deputirte der welthistorischen Gegensätze zwischen Deutschland und Frankreich und bemerkte, die religiöfe Toleranz werde das Banner sein, welches diese Gegensätze beschwichtigen werde. Sodann trat der Redner für den Altkatholizismus ein und stellte schließlich den Antrag, die Regierung aufzufordern, die Rechte des Staates in ihrer ganzen Ausdehnung auszuüben. Auriti verthe digte darauf die Kirchenpolitik der Reglerung, sowie die von derselhen geübte Anwendung des Garantiegesetzes.
— (W. T. B) Der P apst hat heute eine große Anzahl von französischen Pilgern unter der Führung des Vicomte Damas empfangen. Der Letztere verlas eine Adresse, in welcher dem Papste die Sympathien der französischen Nation ausge⸗ sprochen werden, auf deren Hingebung er stets rechnen könne.
— T. Mai. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer wurde gestern die Diskussion der Interpellation von Man— eini über das Verhalten der Regierung gegenüber dem Klerus fortgesetzt. Villari wies darauf hin, daß das Garantie⸗ gesetz nicht gehalten werde und beantragte, daß die Regierung
Der Handels⸗Minister Banhans ersucht bis zum 20. Mai aus Ge—⸗
tragen möge. Der Kedner hob hervor, daß die Macht des Klerus troßz des in Italien allgemein herrschenden Skepti⸗ zismus noch immer sehr bedeutend sei und die Sache der Frei⸗ heit im höchsten Grade gefährde. Villari sprach sich dann gegen die dem Klerus zugestandene Freiheit des Unterrichts aus und befürwortete die Annahme des gestern gemeldeten Antrages von Guerrieri Gonzaga, die Regierung aufzufordern, die Rechte des Staates in ihrer ganzen Äusdehnung auszuüben. Der UnterrichtsMinister Bonghi vertheidigte die Regierung gegen die Vorwürfe Villari's und erklärte, daß dieselbe hinsichtlich des Unterrichts nur die bestehenden Gesetze zur Anwendung bringe, nach denen die Errichtung von Schulen Jedermann freigelassen sei. Ebenso suchte der Minister nachzuweisen, daß das Garantie⸗ gesetz immer beobachtet worden sei. — Die Diskussion wird mor⸗ gen fortgesetzt werden.
In einer Versammlung von zahlreichen Mitgliedern der Majsrität der Deputirtenkammer, welche gestern bei dem Minister⸗Präsidenten Minghetti stattgefunden hat, wurde einstimmig beschlossen, möglichst zusammen zu halten und das Ministerium in der großen kirchkichen Frage zu unterstützen.
Türkei. Das Handschreiben des Sultans, betref⸗ fend die Ernennung des neuen Großvezirs lautet:
Mein erlauchter Vejir Achmed Essad Pascha! Da ich für nöthig gefunden habe, Hussein Avnt Palcha vom Posten eines Großvezirs zu entheben, so berufe ich dich zu diesem hohen Amte, der beständig und in jeder Beziehung unser Wohlwollen und unfer Vertrauen ge⸗ nossen hat. Wir haben zum erledigken Posten eines Kriegs. Ministers den Kaimakam Ali Sail Pascha ernannt um feiner erprobten Ver⸗ dienste und Fähigkeiten willen. Wir haben Relif Pascha, den Gene⸗ ral⸗Statthalter von Jemen, für das Marine, Ministerium bestimmt, welches du bis zu seiner Rückkehr leiten wirst. Wenn die nöthigen Förmlichkeiten erfüllt sind, wirst du dich beeisen, diese Ernennungen kund zu geben. Möge der Allmächtige uns seinen göttlichen Beistand leihen! Amen!“
Die Verlesung des Kaiserlichen Hattis fand am 25. April unter dem üblichen Ceremoniel statt. Nach der Einführung des Großvezirs bei der Hohen Pforte wurde Essad Pascha vom Sul⸗ tan empfangen, desgleichen der neue Kriegs⸗Minister Ali Sail Pascha. Am Sonntag wurde ein offizielles Telegramm an Relif Pascha geschickt, um ihm seine Ernennung zum Marine⸗ Minister mitzutheilen und ihn nach Konstantinopel zu berufen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 6. Mai. (W. T. B.) Der „Regierungs⸗A Anzeiger“ veröffentlicht die in Folge des Berner Postvertrages vom J. Juli ab in Kraft tre⸗ tenden Postverordnungen. Durch dieselben wird das Zu— stellungsporto im russischen Reiche aufgehoben. Die Beträge des Posttarifs werden ermäßigt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. Mai. Der B ertheidigungs-Ausschuß wird die ihm obliegenden Arbeiten nun in den nächsten Tagen zu Ende führen. Der Stamm der ganzen Armee soll sich nach Aufhebung der Indelta⸗ Truppen auf über 30 000 Mann beziffern, welche ständig im Dienst gehalten werden. Die ausgehobenen Wehrpflichtigen erhalten die Hälfte der den Freiwilligen zu gewährenden Löhnung. Die Dienstzeit für sowohl freiwillige als ausgehobene Mannschaften ist auf ein Jahr bestimmt. Die übrigen Wehrpflichtigen werden zu 90tägiger Uebung heran⸗ gezogen, und zwar im ersten Jahre zu 42 und in den beiden folgenden Jahren zu je 24 Tagen, nur bei der Kavallerie wird die ganze Uebung im ersten Jahre zu Ende geführt. Die beiden jüngsten Klassen der Landwehr können auf Antrag der Regie⸗ rung und mit Genehmigung des Reichstags zu einer 10tägigen Uebung eingezogen werden.
Ehr istian ig, 30. April. Der betreffende Storthings⸗ Ausschuß hat jetzt die Verhandlungen über den Regierungs— Vorschlag, betreffend die Ausrüuͤstung einer wissenschaftlichen Ex⸗ pedition nach dem Atlantischen Meere zu Ende gebracht und soll, dem „Morgenbladet“ zufolge, die Nichtbewilligung anempfohlen hahen. — Die Abreife des Königs nach Christiania ist auf Mitte der nächsten Woche festgesetzt. In der norivegischen Haupt⸗ stadt gedenkt der König sich, dem Vernehmen nach, 6 bis ?7 Tage aufzuhalten.
— 4. Mai. (S5. N.) heute Morgen hier ein.
Dänemark. Kopenhagen, 1. Mai. Der K önig empfing gestern Nachmittag in besonderer Audienz den am hiesigen Hofe acereditirten Königlich großbritannischen Gesandten Sir Ch. Lennox Wyke, vor seiner in den nächsten Tagen stattfindenden Abreise von Kopenhagen. — Prinz Wal⸗ demar hat in diesen Tagen das Zutrittseamen zur See -Offizier⸗ schule in sehr zufriedenstellender Weise bestanden.
Amerika. New⸗gork, 6. Mai. (W. T. B.) Hiesige Zeitungen veröffentlichen eine Depesche aus Kingston auf Jamaika vom 3. d., nach welcher in Part au Prince auf Haiti am 2. d. eine Revolution ausgehrochen sein soll. Die Insurgenten hätten den General Brice erschossen und einen Diener des englischen Kon⸗ sulats sowie etwa 40 Ausländer ermordet und mehrere Gebäude in Brand gesteckt. Die Regierung von Haiti habe den Belage⸗ rungszustand in Port au Prince erklärt. Ein englisches Ka⸗ nonenbogt sei bereits in Port au Prince eingetroffen, ein zweites werde sich morgen dorthin begeben. Eine anderweitige Bestäti⸗ gung dieser Nachricht ist noch nicht eingetroffen.
Rio de Janeiro, 4. Mai. (W. T. B. Die außer⸗ ordentliche Kammersession ist heute geschlossen wor⸗ den und darauf die ordentliche Sefsion durch die Thron⸗ rede des Kaisers eröffnet worden. Dieselbe hebt zunächst hervor, daß sich der Gesundheitszustand im brasilianischen Reiche sichtbar gebessert habe und daß die öffentliche Ordnung wieder vollständig hergeftellt sei. Die Verhandlungen mit der argenti⸗ nischen Republik und Paraguay nähmen einen erfreulichen Fort⸗ gang und berechtigten zu der Hoffnung, daß ein befriedigendes Resultat in Kurzem erreicht sein werde. Bezüglich des Kon⸗ flikts mit dem Vatikan sagt die Thronrede, die anormalen Zu⸗ stände in den Diözesen Olinda und Para hätten leider die Re⸗ gierung gezwungen, Repressivmaßregeln zu ergreifen. Der Kai⸗ ser glaube indeß, daß der Papst, fobald er von den peinlichen Vorgängen in den genannten Diözesen genaue Kenntniß erlangt habe, nach Möglichkeit bestrebt sein werde, das frühere gute Einvernehmen wieder herzustellen. Wenn der Papst jedoch letz⸗ teres nicht thun sollte, so rechne der Kaiser auf die Unterstützung der Kammern, um die den Verhältnissen entsprechenden Gesetze in das Leben zu rufen. Hinsichtlich der Finanzlage des Landes bemerkt die Thronrede, daß die Einnahmen in normaler Zu⸗ nahme begriffen wären.
Asien. Indien. Die Cholera hat in Oude nachgelassen. Sir Douplas Forsyth wird sich nächste Woche nach Rangoon begeben, um eine Schlichtung der birmanischen Schwierigkeit zu versuchen.
Se. Majestät Kön ig Oskar traf
schließen.
China. Aus Shanghai wird der 4. März u. A. Folgendes geschrieben:
Die neueste Nachricht aus Peking lautet dahin, daß alles ruhig ist und daß alle Aussichten der Opposition gegen bas neue Regime augenscheinlich verschwunden sind. Es ist auch bedeutsam, daß alle die unverbürgten Gerüchte, die jeden Tag unter den Chinesen in Shanghai zuerst auftauchten verstummt sind. Die Aufregung hat gänzlich auf⸗ gehört. Die Kaiserinnen scheinen ihrer Stellung gewiß zu sein, denn sie haben den Bau eines neuen Palastes, der innerhalb bes Weichbildes von Yuen min -yue für sie errichtet werden sollte, abbestellt. Der Befehl dazu wurde ertheilt, als der verstorbene Kaiser die Regierung übernahm, und der Fegenbefehl bedeutet, daß sie in der Ausübung ihrer erneuerten Regentschaft, in Peking zu bleiben erwarten. Der neue Kaiser hat nun förmlich den Thron bestiegen. Ber Tag, der von dem astronomischen Kollegium als glückverheißend für die Ceremonien festgesetzt wurde, war der 25. Februar, und was an diesem Tage in Shanghai vorging, mag als ein Beispiel von dem, was im ganzen R iche geschah, angesehen werden. Die Mandarinen legten am Mor⸗ gen ihre prächtigsten Amtsroben an und zogen nach dem Hwam⸗sseh⸗ kung⸗Tempel, wo sie vor der Kalserlichen Gedenktafel den Kotow“ vollzogen. Dieser Ceremonie schlossen sich einige Fffentliche Festlichkeiten an und, für diesen einen Tag wurde das Oeffnen der Theater und Musikhallen gestattet. Aber am folgenden Tage wurden die Prunkgewänder bei Seite gelegt und die einfachen Trauerrohen wieder hervorgezogen. Die im hiesigen Hafen befind⸗ lichen Kriensschiffe betheiligten sich an der Feier, indem sie zu Ehren des Tages flaggten, und die Konsulargebäude längs des Bund thaten ein Gleiches. Die Herrschaft von Kwany⸗zü hat demnach begonnen. — Durch ein Edikt in der Pekinger Gazette vom 1. Februar wird bestimmt, daß die Ober⸗Eunuchen Chang⸗Tuhrli und Meng-Ehungcki sammt dem einen AmtsSknopf. tragenden Eunuchen Chey Tfungshow wegen Pflichtvergessenheit und Ungehorsamkeit gegen die Regentinnen unver— züglich ihrer Aemter zu entkleiden und nach dem Amur zu transpor⸗ tiren sind, um sie den Soldaten als Sklaven beizugeben und sie von der Wohlthat einer jeden künftigen allgemeinen Amnestie auszu— Vier anderen Eunuchen (deren Ramen mitgetheilt sind) soll durch die Disziplingrbeamten in der härtesten Weise die Basto⸗ nade ertheilt werden und sie den Controlleuren des Haushaltes über— geben werden, „damit sie nach dem Jagdpark deporfirt und dort als Grasschnitter beschäftigt werden.“
Times“ unterm
Afrika. Nach Berichten via Madeira ist Sir Garnet Wolseley in Natal mit großer Begeisterung empfangen wor⸗ den und seine Reden in Erwiderung auf die ihm überreichten Adressen machten einen höchst günstigen Eindruck.
Marocco. Die britische Gesandtschaft am Hofe des Sul⸗ ians von Marocco traf am 10. April in Fez ein, wo ihr von Seiten der Behörden ein öffentlicher Empfang bereitet wurde. Am 14. überreichte Sir John Drummond Hay dem Sultan in einer feierlichen Audienz seine Akkreditive. In Tangier sind Befehle für die Einstellung von 300 Askar in der Provinz Tan⸗ gier angelangt; 100 sollen aus der Stadt, 100 aus den Dör⸗ fern in der Nachbarschaft der Stadt, und 100 aus dem Distrikt El Ghasbeek rekrutirt werden.
2m — — — — —— — · — —
Zur Kreisordnung hat, wie bereits mitgetheilt, das Handels⸗Ministerium eine „Technische Anleitung zur Wahrnehmung der den Kreisausschüssen durch §. 135, V. Nr. 1 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 hinsichtlich der Genehmigung gewerblicher Anlagen übertragenen Zuständigkeiten“ erlassen. Dieselbe ist von der Königlichen Geheimen Ober - Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) zu be— ziehen.
Statistische Nachrichten. Amts im
Nach den Aufstellungen des Kaiserlich statistischen ⸗ Heft IV. Abth. 2 der Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs für Jahr 1874 hat in Folge der unzureichenden Ernte des Jahres 18 ie Einfuhr von Getreide in das deutsche Zollgebiet im Jahre 1874 einen bedeutenden Umfang erreicht. Diesclbe betrug von sämmtlichen Getreidegattungen zusammen 40,885,900 Ctr. gegen 33,700,100 CEtr. in 1873 und 23,864, 300 Ctr. in 1872. Beim Weizen waren die Schwankungen von Jahr zu Jahr weniger erheblich als beim Roggen, dessen Einfuhr seit 1872 in ra⸗ pider Weise zugenommen hat und im Jahre 1874 eine in keinem früheren Jahre auch nur annähernd dagewesene Höhe erreichte. Es betrug nämlich die Einfuhr von:
Weizen. 1872 6, 162, 860 Cr. 1815 7,395,000 15,770,700 1847 nen, oon nn,
Bei der mehrfach wechselnden Ausdehnung des Zollgebiets sind weiter zurückgreifende zeitliche Verhältnisse nicht ganz zutzeffend, doch mag bemerkt werden, daß die Einfuhr von Weizen, auch vor Hin⸗ zutritt von Elsaß Lothringen zum deutschen Zollgebiet im Allgemei— nen nicht kleiner gewesen ist und im Jahre i868 sogar mehr als 12 Millionen Centner betrug, während die Einfuhr von Roggen in keinem früheren Jahre die Menge von 10 Mill. Cte. übertroffen hat. Wenn sonach die Einfuhr von Weizen von Jahr zu Jahr keine we— sentlichen Aenderungen, die Einfuhr von Roggen dagegen eine erheb⸗ liche Steigerung erfahren, so zeigt sich andererseits gerade seit dem Jahre 1872, in welchem sich der Umfang des deutschen Zollgebiets durch den Hinzutritt von Elsaß Lothringen erweitert hat, eine erheb⸗ liche Verminderung der Ausfuhr von Weizen, während die weit un⸗ bedeutendere Ausfuhr von Roggen ziemlich gleich geblieben ist. Es wurden nämlich exportirt:
Roggen. 11,129,000 Ctr.
Weizen. Roggen
im deutschen Zollgebiet ( 1869 13,449, 100 Ctr. 4,937,460 Ctr. in der Begrenzung vom (1870 10,332,200 3,711,200 Jahre 1868 1871 . 10,935,500 3209, 699
dem Hin zutritt von isdis35 . Ig Ss 1,575,300 nach dem Hin jutritt von 1855 . hh dh 3 35d hoh Elsaß Lothringen J 1853 IIb 600, 3 466,505, Weniger wechselvoll gestaltete sich der auswärtige Handel mit Getreidemehl ;: jedoch zeigt sich auch bei diesem Artikel eine Zu—⸗ nahme der Einfuhr und eine Abnahme der Ausfuhr. Es betrug
nämlich: die Einfuhr 1B 797,200 Ctr. ißiß . i, dzg, 9 , 431565 *, 1874 1,970 000 „ 2, 370,000 „
— Der Landrath des Kreises Brilon, Freiherr von Droste zu Padtberg, hat eine schätzenswerthe Zusammenstellung der fta tisti— schen Verhältnisse des genannten Kreises nach amtlichen Quellen herausgegeben. Das mit großem Fleiß bearbeitete startliche Werk bietet in 25 Ubschnitten folgende Artikel: Territorium, physiographische Skizze, klimatische Verhältnisse, Bevölkerung, Ab- und Zugänge der Bevölkerung, eheliche und Geburteverhältnisse, Gesundheits und Sterblichkeitsverhältnisse, Wohnplätze, Gebaͤude, Grundeigenthum, Acerbagu, Viehzucht, Forstwirthschaft, Bergbau und Hüttenwesen, Nabrilindustrie und Handwerk, Handel und Verkehr, Land⸗ und Wasserstraßen, Verhästnisse der arbeitenden Klassen, Abwehr der Ver—
,
.
die Ausfuhr
1872 34584, 166 Ctr.
armung, Wohlthätigkeit und Armenpflege, Polizei⸗ und Gefängniß wesen, Sanitätanstalten, Kirchliche Angelegenheiten, Uagterrichtsan⸗
stalten, Civil⸗ und Lriminaijustiz, Militärverhältnisse, Staats. und Provinzial Abgaben, Kreisverwaltung und Kreishaushalt, Gemeinde- verwaltung und Gemeindehaushalt. Es wäre zu wünschen, daß auch Seitens der übrigen zustäͤndigen Behörden in dieser Weise vorge⸗ schritten würde.
— Die St. Petersburger universität zählte im Jahre 1574 an etatsmäßigen Lehrern außer dem Professor der Theosogie: 34 ordentliche Professoren, 14 außerordentliche, 13 Dozenten und 7 Lektoren. Unbesetzt waren 10 Lehrstühle. Außeretats mäßiger Lehrer gab es, 10 Privatdozenten eingerechnet, 16. Studirende waren 1142 vorhanden, am J. Januar diefes Jahres 11235. 352 wurden imma⸗ trikulirt, 371 . die Universität, davon 123 nach Vollendung ihrer Studien. Nach den Fakultäten waren bie Studenten folgender maßen vertheilt: zur historisch ⸗philologischen gehörten gi, zur juri⸗ stischen Hod, zur physiko⸗mathematischen 392, zur orientalischen 46. Anderweitige Hörer gab es am 1. Januar dieses Jahres 73, gegen 1874 mehr 19.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das soeben ausgegebene 3. Heft 1. Bandes der „Zeit⸗ schrift für Gesetzgebung und Praxis auf dem Gebiete des Deutschen öffentlichen Rechtes“, herausgegeben von W. Hartmann, Ober- Tribunals- Rath (Berlin, Carl Hey⸗ manns Verlag) hat folgenden Inhalt: Aufsätze: Das preußische Ge— setz über die Verwaltung erledsgter katholischer Bisthümer vom 26. Mai 1874 von Prof. Dr. P. Hinschius. — Entscheidungen und Er— lasse von Gerichten und anderen Behörden: Entlaffung Fes Bischofs Martin aus dem Amte. Erkenntniß des Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten in Preußen vom 5. Januar 1875. Amts suspenston x informata conscientia. Erkennfniß desselben Gerichtshofes vom Januar 1874. — Stellung der Geistlichkeit in der preußischen Volksschule. Erkenntniß des Ober⸗-Tribunals in Berlin vom 12. Ok— tober 1574. — Die Beamtenqualitat der Geistlichen in Preußen betr. Erkenntniß desselben Gerichtshofes vom 17. Juni 1874 — Pflicht des Oberen zur Benennung des Geistlichen an den Ober-Prä⸗ sidenten. Eikenntniß desselben Gerichtshofes vom 7. Mai 18374. = Strafbarkeit von Beleidigungen in amtlicher Ausübung. Erkenntniß des Gerichtshofes zur Enkscheidung der Kompetenzkonflikte in Berlin vom 10. Oktober 1874. — Gültigkeit der von den Bezirkeregierungen Frlassenen Polizeivorschriften. Erkenntniß des Ober-Tribunalz *in Berlin vom 16. Mai 1872. — Den Gebrauch ärztlicher Titel betr. Erkenntniß desselben Gerichtshofes vom 19. Oktober 1873. — Ab⸗ lohnung der Arbeiter durch Wechsel. Erkenntniß desselben Gerichts— hofes vom 2. Juni 1874. — Verschiedenheit des Wohnsitzes und des Unterstützungswohnsitzes. Erkenntniß des Bundesam teß für das Heimathwesen in Berlin vom 31. Sktober 1874. — Unterstützungs⸗ edürftigkeit durch Geisteskraukheit. Erkenntniß desselben Gerichts- hofes vom 18. Mai 1874. — Die Answejisung' eines Unterstützungs⸗ bedürftigen betr. Erkenntniß desselben Gerichtshofes vom 17. Oktober 1874. — Kompetenzstreitigkeit nach badischem Rechte. Erkenntniß des Obher-Hofgerichts in Carlsruhe. — Die Frage über die Floßbarkeit eines Flusses in verwaltungsrechtlichem Sinne. Erkenntniß des ba⸗ dischen Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1873. — Verbind— lichkeit der Gemeindebeschlüsse über Liberalitätsbeiträge. Erkenntuiß desselben Gerichtshofes vom 25. November 1873. — Beitragspflicht der ijrgelitischen Religionsgenossen zu den Bedürfnissen der Religions⸗ gesellschaft. Erkenntniß desselben Gerichtshofes vom 18 November 1873. — Beleizigung einer gesetzlich anerkannten Kirche. Erkenntniß des obersten österreichischen Gerichtshofes vom 236. März 1873. — Kompetenzkonflikt nach bayerischem Rechte. Erkenntniß des obersten bayerischen Gerichtshofes vom 16. Januar 1871. — Denselben Gegenstand betr. Erkenntniß desselben Gerichtshofes vom 13 Januar 1871. — Gesetze, Entwürfe und Instruktionen: Preußisches Gesetz vom 13. Mai 1873, betr. die Grenzen des Rechts zum Gebrauche kirchlicher Straf⸗ und Zuchtmittel. — Preußisches Gesetz vom 14. Mar 1873, betr. den Austritt aus der Kirche. — Deutsches Reichs— gesetz vom 4 Mai 1874, betr. die Verhinderung der unbefugten Aus übung von Kirchenämtern. — Motive zu dem Großherzoglich hessischen Gesetzentwurfe, betr. das oberste Verwaltungsgericht. — Literatur: Benno Hilse. Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte. Rec. von Hartmann. — George Eger. Das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz. Rec. von Hartmann. — v. Bernewitz. Gesetz, betr. die Organisation der Behörden. Rec. von Hartmann.
— Gärtner und Gartenbesitzer sind darauf aufmerksam zu machen, daß von dem Schmidlinschen Gartenbuche soeben eine neue, die vierte Auflage erscheint, welche von dem Königlichen Hofgärtner Nietner in Charlottenhof (Potsdam) und dem General⸗Sekretär des Erfurter Gartenbauvereins Th. Rümpler vollständig neu bearbei⸗ tet und von der Verlagshandlung (Wiegandt, Hempel und Parey in Berlin) mit zahlreichen vortrefflichen Holzschnitten und farbigen Plä⸗ nen wirklich ausgeführter Gartenanlagen reich ausgestastet ist. — Das Buch hat eg sich zur Aufgabe gestellt, besonders denjenigen Gartenliebhabern ein Rathgeber zu sein, welche mit den gegebenen Verhältnissen genau zu rechnen haben, welche auf häufig beschränktem Raum mit begrenzten Mitteln doch eine Gartenanlage schaffen und unterhalten, die ihrem Geschmack und ihren wirthschaftlichen Zwecken zu entsprechen im Stande ist. Jeder Zweig der Gärtnerei, der Küchen-, Obst⸗ und Blumengarten, sowie die Kultur der Blumen in Töpfen, ift bei aller Kürze doch ausführlich genug behandelt, um auch denje⸗ nigen völlig zu genügen, welche sich in ausgedehntem Maße nur mit der einen oder anderen Spezialität beschäftigen. Die Behandlungs— weise ist weniger auf umstaͤndliche, theoretische Auseinandersetzungen gerichtet, als auf kurze Darstellung der nothwendig zu befolgenden Regeln und zahlreiche praktische Beispiele. Das Werk erscheint in Lieferungen zu je 1 Mark. .
— Der deutsche Verein für öffentliche Gesundheite⸗ pflege hat für seine dritte, diesmal in München abzuhallende, Generalversammlung folgende Tagesordnung festgestellt: I) Fest⸗ stellung eines Planes zur Untersuchung des ortlichen und zeitlichen Vorkommens von Typhus Epidemien. Als Referent ist Hr. v. Petten⸗ kofer, als Korreferent Hr. Stabsarzt Port ernannt. 2) Ueber die byzienischen Anforderungen an Neubauten, zunächst in neuen Quartieren größerer Städte; Referent Hr. Varrentrapp, Korreferent Hr. Bürkli- Ziegler. 3) Anforderungen der Ge— sundheitspflege an die Kost in Waisenhäusern, Kasernen, Gefangenen und Alterversorgungs-Anstalten, sowie in Volks küchen; Referent Hr. Voit. 4) Ueber Ziele, Gränzen und Mittel der sanitätépolizeilichen Kontrolirung einiger wichtigen Nahrungs- mittel, insbesondere des Brodes und des Fleisches; Referent Dr. Heus⸗ ner. 5) Ueber öffentliche Schlachthäuser und die Einführung des allgemeinen Schlachtzwanges, sowie der obligatorischen Fleischschau, mit besonderer Berücksichtigung der Entschädigunspflicht der Gemein— den den Schlächtern gegenüber; Referent Hr. Gobbin, Ober⸗Bürger⸗ meister von Görlitz, und Hr. Dr. Börner. 6) Antrag Lent und Ge⸗ nossen, betreffend die Eclassung eines allgemeiuen deutschen Leichen⸗ schaugesetz's mit möglichster ärztlicher Feststellung der Todegsursachen.
— Das Haus in München, in welchem Wolfgang Amadeus Mozart nach fast einjährigem Aufenthalte seinen ‚„Idomeneo“ schuf und Ende 1780 vollendete, Burggasse Nr. 6, ist einem Um und Neubau unterzogen worden, der soeben zu Ende geht. Ein seit Jah⸗ ren schon an der Hauptfagade des Gebäudes befindliches Por rät⸗ Medaillon des Meisters nebst Gedenktafel von Stein mit Inschrift ist nicht nur wieder angebracht worden, sondern es hat das Haus in seinem ganz neuen Gewande eine weitere sinnige Zierde in der An⸗ malung der Titel von Mozarts Hauptopern oberhalb iener Tafel er halten, welchen als Fortsetzung in der nämlichen Mauerhöhe, gegen die Nehengasse (Altenhofgasse) hin, sich die Namen der 12 Haupt⸗ werke Mozarts auf anderen Gebieten anreihen werden. Bezeichnend ist „Idomeneo“ unter die beiden Eckfenster des Eckzimmers (des
zweiten Stocks) angebracht worden; dort wurde diese Oper geschaffen.
— Von den Badischen Biographien“, herausgegeben von Archiv⸗Rath Dr. Fr. v. Weech, ist die 3. Lieferung, von Döll bis Gersbach reichend, erschienen.
— Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklen— burg⸗-Strelitz hat zu dem vom Professor Dr. v. Zehender pro— jektirlen Bau einer Klinik für Blinde in Ro t ock einen Betrag von 3000 M beigesteuert.
Am 1. Mai starb in Saalfeld (Thüringen) Leopold Karl Dittmar von Kohl-⸗Kohlen egg, bekannt unter dem Pseudonym Poly Henrion als Romanschriftsteller und Verfasser zahlreicher Bühnen stücke.
Die Universität Straßburg feierte am 1. d. M. ihr drittes Jahres fest. In dem Festakte, welcher in einem Saale des Schlosses begangen würde und von einer großen Anzahl Theil⸗ nehmer, auch den Spitzen der Civil, und Militärbehsrden besucht war, hob der Rektor, Professor Schmoller, hervor, daß sich die wissen⸗ schaftliche Arbeit an der jungen Hochschule nun reich und voll ent— falte. Auch in ihrer äußeren Einrichtung ist sie aus dem Provisorium herausgetreten, seit ihre definitiven Statuten am 24. Februar d. J. von Sr. Majestät dem Katser vollzogen wurben. Rektor Schmoller entrollte in einem fesselnden Vortrage das Bild Straßburgs zur Zeit der Zunftkämpfe im 14. Jahrhundert und von deren Nachwirkungen im 15. Jahrhundert. Von der wissenschaftlichen Arbeit an der Universitãt legten sodann die Preis. Aufsätze der Studirenden Zeugniß ab, über welche der Prorektor Professor Hoppe ⸗Seyler im Änschluß an diefe Rede berichtete, worauf mit der Verlesung der neuen Aufgaben die Feier beschlossen wurde.
— Die jährliche Gemäldeausstellung der König⸗ lichen Kunstakademie in Burlington House in London ist am 1. Mai eröffnet und wird von den Krisfkern als eine außer⸗ gewöhnlich gute bezeichnet. Der Katalog umfaßt über 1406 Ge— mälde und Sfulpturstücke, darunter Werke von Millais, Calderon, Elmore, Frith, Watts, Faed und anderen Messtern der britischen Schule 56 den bemerkenswerthesten Gemälden zählen n. A.: „Die Trauung des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh' im Winterpalast in St. Petersburg“, auf Befehl der Königin von M. Chevalier gemalt; ein prachtvolles Portrait der Prinzessin Beatrice von Graves (ebenfalls Eigenthum der Kö— nigin), Alma Tademas „Skalpfuren Gallerie, as Innere eines Bildhauer ⸗Ateliers in Rom darstellend; zwei reizende Landschaften von Millgis; „La Charge des Guirassier Prangais à Watrloo' von dem Franzosen Philippoteau, und „das 28. Regiment in Quatre⸗ Bras am 16 Juni 1515. von Miß Elizabeth Thompson, ein Seiten stück zu dem Bilde „The Roll Call- (die Musterung nach der Schlacht) von derselben. Künstlerin, das in der vorjährigen Ausstellung so viei Sensation machte. Die diesjährige Ausstellung ist auch sehr reich an Portraits lebender und distinguirter Persönlichkeiten. Erwähnt sei u. A- ein sehr charakteristisches Portraik des Barons Julius de Reuter von R. Lehmann. In der Skulptur⸗-Gallerie fesselt J. E. Boehms lebensgroße Statue von Thomas Carlyle die Aufmerksanmkeit.
— Die schwedische Expedition nach Novaja Semlia wird im Monat Juni von Tromss aug auf einem zu diesem Zweck gemietheten und mit 12 norwegischen Matrosen bemannten Fahrzeug angetreten und nehmen außer dem Professor Nordenskjöld noch die Doktoren Fr. Kjellmann, N. Lundström, H. Thöéel und der Student Stuxberg an der Expedition Theil.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Das Maiheft (4. Jahrg. 1875) der Forstlichen Blätter, Zeitschrift für Forst⸗ und Jagdwesen“, herausg. von Grunert und Leo (Berlin, Verlag von E. Schotte u. Voigi), hat folgenden Inhalt: J. Aufsätze: Der Gesetzentwurf, betreffend die Erhaltung und Begründung von Waldschutzwaldungen; von Otto Beck, Reg lerungs⸗ und Departements · Rath für die Landeskultur in Trier. Zur forst⸗ lichen Uxzterrichtsfrage; vom Prof. Dr. Baur, besprochen vom
X 2 35 d . ü , . a 2 Ober⸗Forstmeister Grunert. Die Unterrichtsfrage bei der Boden- kultur; von A. Buchmayer, Direktor der mährisch schlesischen Forst⸗
schule in Eulenberg. — II. Büͤcheranzeigen. — 1II. Mittheilungen.
Gewerbe und Handel.
Die Aktüengesellschaft für Fabrikation von maschinen, Mineralwasser und sonstigen technischen Aparaten, vormals Oscar Kropff CK Co., zu Nordhausen schließt das Jahr 1874 laut Bilanz bei einem Aktienkapital von 200, 00 Thlrn. mit einem Defizit von 25, 446 Thlrn. Während für das Jahr 1873 an die Aktionäre 127 * bezahlt wurden, kann für das vergangene die Vertheilung einer Bividende nicht stattfiss den. Auf die Außenstände in Höhe von 39,053 Thlrn. mußten auf Deleredere⸗ Conto 15,000 Thlr. gestellt werden. An Baar besaß die Gesellschaft ult. Dezember 1240 Thlr., an Wechseln 100 Thlr. Die Kreditoren beliefen sich auf 11,409 Thlr., an Accepten waren im Umlauf 2567 Thlr. Der Ernenerungsfonds erscheint mit 1638 Thlr., der Reserve⸗ fonds mit 945 Thlr. dotirt. Auf den Grundstücken im Werthe von So, 755 Thlrn. lasten Hypothekenschulden in Höhe von 43,500 Thlrn. Das Waaren-Konto steht mit 52.335 Thlr., das Maschinen Konto mit 29.376 Thlr., das Geschäftserwerb- und Patent Konto mit 32,000 Thlr. zu Buche.
London, 6. Mai. (W. T. B) Der hiesige Ausschuß von Inhabern der Obligationen der äußeren spanischen Schuld macht bekannt, das Arrangement, betreffend die Regulizung der fälligen Coupons, habe noch nicht zur Ausführung gelangen können, weil die spanijche Finanzkommission die betreffenden Operatienen gleichzeitig in London und in Paris auszuführen wünsche' In der Vornahme derselben sei eine Verzögerung dadurch eingetreten, daß vor den französtschen Behörden noch
Eis⸗
über den Betrag der Stempolsteuer Verhandlungen geführt würden, der von den neuen sp mischen Werthen in Frankreich zu entrichten sei, wenn die Coupons derselben in Paris deponirt würden.
— Ein Telegramm aus Paris, 5. Mai, Nachm. 2 Uhr 10 Min. meldet: Crédit mobilier fiel im Laufe der heutigen Börse auf 220 und hob sich dann wieder auf 240, ebenfo ging Banque franco⸗hollandaise auf 375 zurück und erreichte dann wieder 400; die Subskription auf die neuen Aktien des Crédit mobilier soll ein unzureichendes Resultat ergeben haben. Auch versicherte man, daß die Eisenbahn⸗-Obligationen des Crédit mobiler dem Parquet der Börse als Kompensation für zu zahlende Differenzen eingehändigt worden seien.
— Der Verlagsbuchhändler Michel Levy in Paris ist am 4.8. M. gestorben. Lpy ward im Jahre 1821 in Pfalzburg geboren und gründete im Verein mit seinem Bruder das Handelshaus, das seinen Namen trägt.
— Die New - Jorker Handelszeitung“ schreibt in ihrem Wochenbericht vom 23. April:
Die Besserung der Gesammtsituntion, von welcher wir in unserem vorigen Referat berichten konnten, hat in dieser Woche keine Fort— schritte gemacht, vielmehr war das Geschäft im Allgemeinen ziemlich still. Eine lebhaftere Thätigkeit in der Exportbranche wurde durch
das Anziehen der Preise unserer meisten Stapelprodukte verhindert
und in Importen entsprachen Umsätze nur in wenigen Artikeln selbst bescheidenen Erwartungen. .
Im Charakter unseres Geldmarktes ist keine Veränderung wahr- zunehmen; Kapital bleibt reichlich, Diskonto niedrig und selbst die ausgedehntere, Börsenspekulatiot thut der Plethorg keinen Abbruch. Die Raten für call loans gegen Depot gemischter Sekuritäten stellten sich durchschnittlich 6 3—4* und gegen Hinterlegung von Bunde papieren à 2— 375. Beste Platzwechsel kurzer Sicht sind zu 53 biz 66 * gesucht. ö
Die Stille am Geldmarkt stand in scharfem Kontrast mit der Lebhaft gkeit, welche während der heut beendeten Berichtswoche in sämmtlichen Departements der Fondsbörse herrschte. Die Fluktuatio⸗ nen des Agios beschränkten sich auf s,, nämlich zwischen 153 — 141. und schließt dasselbe heute a 154.
Das Waaren, und Produktengeschäft war im Allgemeinen minder lebhaft als in der Vorwoche. Für die meisten Exporten wurden höhere Preise gefordert, als Verschiffer anzulegen gesonnen sind, wäh⸗ rend nur in wenigen Importartikeln Umsätze, selbst bescheidenen Er- wartungen entsprachen.