Die Ausgabe betrug an Rückversicherungsprämien abzüglich Tourtagen, Rabatte und Siorni 474,672 Thlr., an Schäden, abzüg⸗ lich Provenu und Antheil der Rückversicherer 275,357 Thlr., an . und Tantisme, Organisations. und Verwaltungs= kosten abzüglich der von den Rückwersicherern rügvergüteten Proviston 59,913 Thlr. und an Abschreibung auf Mobilien 435 Thlr., für am 1. Januar d. J. schwebende Schäden und noch nicht abgelaufene Risiken sind in Reserve gestellt 331,819 Thlr., wovon auf den Antheil der Rückversicherer 214210 Thlr. kommen.
Die Gesammteinnahme zuzüglich der Schaden- und Prämien⸗ rTeserve aus dem Jahre 1873 stellt sich auf 969, 375 Thlr. und die Gesammtgusgabe auf S13,378 Thlr., es verbleibt somit ein Ueberschuß von 155,998 Thlr., von welcher Summe die Netto⸗Schaden⸗ und Prämienreserye mit 117.609 Thlrn. in Abzug zu bringen ist. Der Reingewinn beziffert sich demnach auf 38,389 Thlr., wobon nach Abschreibung des statutenmäßigen Beitra— ges zum Kapital⸗Reservefonds, der statutarischen Tantisme an den Ver kind. Verwaltungsrath und die Direktion im Gesammtbetrage von 11517 Thlrn. und einer Dotirung des Extra-Reservefonds mit 10664 Thlrn. die Summe von 25, 8s Thlrn. zur Vertheilung einer Dividende von 16 Thlrn. pro Aktie oder 16* der baaren Einzahlung bestimmt wurde.
Die Kapital! und Extra⸗Reserve der Gesellschaft beträgt nun— mehr 114,907 Thlr., der Immobilien Mehrwerth 19876 Thlr., die Schaden und Prämien ⸗Reserve 117.609 Thlr., wodurch sich zusammen mit dem Grundkapital von 16135000 Thlrn. die Gefammt, Garantie mittel der Gesellschaft auf 1,865,392 Thlr. — 5,596, 75 stellen.
— Nach dem Rechnungsabschluß der Elisabeth⸗Westbahn betrug die Brutto Einnahme des Hauptnetzes im Jahre 1874 461,039 Fl, um 2067,369 Fl. weniger als im Jahre 1873. Die Ausgaben für den Betrieb beanspruchten 4,948, 856 Fl., um 606,948
l. weniger als im vorangegangenen Jahre. Der Reinertrag des zahres 1874 hat sich darnach gegen i873 unt H460, 420 FI. ver- ringert, der erzielte Reinertrag reduzirt sich in Folge anderweitiger Auslagen auf 3,666, 875 Fl., der Reinertrag der Linie Lambach Gmunden auf 35,112 Fl. Da zur Verzinsung und Amortisation des garantirten Aktienkapitals pro 1874 5,007 859 Fl. nothwendig sind, muß die Stagatsgarantie in der Höhe von 1,302,871 Fl. eintreten. Nach dem Abhschlusse der Salzburg-Tiroler Bahn waren bis Ende 1874 laut Baurechnung in Aktien und Obligationen al pari 2I309l,209 Fl. verausgabt, das gesammte Aktienkapital derselben be⸗ trägt. 40 Millionen Gulden, wovon 16 Millionen Aktien und 24 Millionen Prioritäten. Im Rechnungsabschlusse der Linz⸗Budweiser Bahn sind als Forderung der Bahn gegen die allgemeine Oesterrei⸗ Hische Bgugesellschaft für die Vervollftändigung des Baues 7c g? Fl. eingestellt. Die Linz⸗Budweiser Bahn hat nur ein Reinerträgniß von 14945 Fl. geliefert, der Staatsvorschuß muß in der Höhe von 1,456,595 Fl. eintreten.
. — Der in der zweiten ordentlichen Generalversammlung der Wiener Gas⸗Industrie⸗Gesellschaft erstattete Geschäfts bericht pro 1874 ö daß die Gasproduktion der unter Leitung der Gesellschaft stehenden Gasanftalten 324,866, 600 Kuhikfuß engl. (H. 4,352,568) betragen habe. Laut Bilanz wird der Gewinn pro 1874 mit 295,415 Fl. und nach Hinzurechnung des Gewinnvortrages von 1873 mit 302,726 Fl. Silber ausgewiesen. Hiervon ab die 5 * Kapitalzinsen per 200, 900 Fl, bleiben 102,726 Fl. Hiervon kommen weiter in Abzug 5 „ für den Reservefonds und 15 * für Tantisme, zusammen 19.083 Fl., so daß 83, 643 Fl. Silber disponibel verbleiben. Der Verwaltungsräth heantragte hiervon 23. — SG Ho0 Fl. in Silber, das ist 1,60 Fl. per Aktie als Superdividende zu vertheilen und ben Rest auf neue Rechnung vorzutragen.
Auf den Wunsch zweier Aktio⸗
näre wurde beschlossen, auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Generalpersammiung Statutenänderungen zu setzen, durch welche 1) die Ausschreibung einer weiteren Einzahlung auf die Aktlen von der Zustimmung der Generalversammlung abhängig gemacht wird, und 2) die Auszahlung der Dividende in Zukunft nicht mehr in Silber zu erfolgen habe.
— Die Ausweise des britischen Handelsamtes für den Monat April zeigen zum ersten Male seit einem Zeitraum von etwa zwei Jahren eine partielle Besserung des Exportsgeschafts. Der deklarirte Gesammtwerth der ÄAusfuühr beläuft sich auf * 20,221,830 gegen K 194523279 im April 1874, d. 1. ein Zuwachs von 4 *.. Die Besserung zeigte sich hauptfächlich bei Baumwollstoffen, für welche im vorigen Monat ein ausnahms⸗ weiser Begehr für den Orient vorherrschte. Der Export in denselben stieg um 188 im Werth und um A x in der Quantität. Mit einem Zuwachs figuriren ferner: Baumwollgarne, Chemikalien, Metallwagren, Leinengarne und Fabrikate, Maschinen, Tele⸗
raphendrähte, Wollen. und Kammgarn ⸗ Fabrikate und diverse
Artikel; während Kleidungsstücke, Biere, Säuren, Kupfer, Kurzwgaren, Zinn, Blei, Seidengarne und Seidenstoffe, Eisen und Stahl, sowie Kohlen eine Abnahme aufweisen. Für die ersten vier Monate des Jahres stellt sich das Resultat indeß noch immer ungünstig. In diesem Zeitraum belief sich der Ausfuhrwerth auf 4 73,282, 069, d. i. 3, 52, 255 oder 53 weniger als in der Parallelperiode von 1874 und RK 10,437,223 oder Über 12x weniger als in den ersten vier Monaten von 1873. Wag den Im port an⸗ langt, so betrug der deklarirte Gesammtwerth desselben im vorigen Monat K 30,327,214 gegen E 31,616,521 im Aprll 1874, d. i. eine Abnahme von 4. Waͤhrend Cerealien und Wolle in vergrößerten Quantitäten und Werthbeträgen importirt wurden, hat sich die' Ein— fuhr von Baumwolle, Flachs, Rohseide, Thee und Rohzucker mehr oder weniger beträcktlich vermindert. Bei Caffee Far ber Geng werth der Einfuhr um 8z r abgenommen. Die Quantität ist aber um 61 * gestiegen.
— Wie die „Nature“ erfährt, hat die englische Regierung die Angelegenheit, betreffs Schonzeit in vem grönländischen Robbenfang in die Hände genommen, und im Parlamente ist vom Handelsamte ein Gesetzentwurf eingebracht worden, der zum Erlaß einer Geheimraths Verordnung ermaͤchtigt, welche den Fang oder die Vernichtung irgend einer Art von Robben in irgend einem Theile des Flächenraumes zwischen den Parallelen des 67. und 75. Grades nördlicher Breit; und dem Meridian des 5. Grades östlicher und 7. Grades westlicher Länge innerhalb solcher Fristen, welche diese Verordnung spezifiziren mag, verbietet. Eine solche Verordnung soll stets erlassen werden, wenn die anderen Staaten, deren Unterthanen und Schiffe sich mit dem Robbenfang beschäftigen, ähnliche Be⸗— stimmungen treffen. Die ansehnliche Vernichtung von Robben wãh⸗ rend der letzten Jahre hat den Erfolg dieses wichtigen Induß rie- zweiges ernstlich beeinträchtigt. Dieses Jahr sind viele der Schiffe leer zurückgekehrt.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die Nr. 36 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisen— bahn-Verwaltungen hat folgenden Inhalt: Zur Reform des Güter- Expeditionsdienstes. Ueber den Kohlenverkehr auf den Preu⸗ ßischen Eisenhahnen, von H. Schwabe. DOesterreich⸗Ungarifche Kor— respondenz. Die März. Einnahmen der Oesterreichisch⸗Ungarischen Eisenbahnen. Muldenthalbahn: Glauchau Penig eröffnet. Magde⸗ burg⸗Leipziger und Halle, Casseler Eisenbahn⸗-Gefellschaft, Fahrplan⸗
Aenderung. Ausland: Frankreich. n rich, Die Fre⸗ quenz und, Einnahmen der Oesterreichisch⸗Ungarischen Eisenbahnen im März 1875. Eijenbahn -Kalender. Courgblatt, vom 30. April 1875. Beilage: Offizielle Anzeigen. Generalversammlungen. Auszahlungen. k Fahrplan Aenderungen. Submissionen. Prihat. nzeigen.
Teleꝶxephiache WitdereengsgheHehte.
Allgemeine Himmols- ansieht.
Bar. Aby Temp. Ab ; F. I. v. l. E. . HM. Wind.
* Ort. 5
—
I Haparanda. 336,7 7 Christiansd. 338, 2 IHernösand . 335.7 7Helsingfors 3356.3 7 Petersburg 337, 7 Stockholm . 335,9 7 Skudesnäs 339,4 70xr5s 338,5 8 Frederiksh. —
S Helsingõr. . — 6 Moskan ... 335, 3 6 Memel .... 336,5 Flensburg . 340, Königsberg 336,5 — 9.1. 6 Danzig . . ..
O.. schw.
SW., mäsg.
Windstille.
Windstille. trübe.
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W., mäss. etw. bew.
W NVwW., mass. heiter,
WNVW. , lebh. —2)
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ꝰ XW., lebh. sehr heiter. 1)
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8 NW., mäss. dichter Nebel. WNV., f. stille. etw. bedeckt. NVW., schw. heiter.
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Gestern Nachmittag Gewitter und Regen. ) Gest. Nachm. WNöV. mässig. 3) Strom N. Gestern Nachm. Windstille, Strom 8. ) Staubregen. 3) Regen, Nachts Regen. ) Gestern Abend Regen. ) Gestern viel Regen. “) Gestern Nachm. Gewitter, Hagel, starker Regen. Abends Regen. ) Schwacher Regen. Nachts Regen. Io) Gestern Gewitter, Nachts Regen. UI) Gest. Vorm. Gewitter and Regen, Nachm. Regen.
Berlin, 11. Mai. Gestern tagte hier, wie die „Nat. ⸗tg.“ mittheilt, unter Vorsitz des Abg. Professor Pr. Nasse aus Bonn Fer Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik. Es wurde be⸗ schlossen, die nächste Vereinsversammlung am 105, 11. und 12. Oktober dieses Jahres zu Cisenach abzuhalten und auf die Tagesordnung zu setzen: für den ersten Tag speziell die Einkommensteuer im Verhält⸗ niß zu der Ertragssteuer, wie Grundsteuer und Gewerbesteuer und die Personalsteuerfrage. Für den zweiten Tag die Lehrlingsfrage; für den dritten Tag die Münzfrage, speziell die Doppelwährung oder die Ein⸗ iehung des Silbers. Eine Reihe von Gutachten über diese Gegen⸗ . soll demnächst veröffentlicht werden.
Die 29 Hauptversammlung des Gesammtvereins der Gu st av⸗ Adolf⸗Stiftung soll am 24, 25. und 26. August d. J. in Pots⸗ dam stattfinden. Das Programm wird seiner Zeit bekannt gemacht werden.
Am 8. fand hierselbst eine Wahl zum Ehrenrathe der Rechtsanwälte für den Bezirk des Kammergerichts statt. Nach⸗ dem der langjährige Vorsitzende des Ehrenrathes Geh. Justizrath Lüdicke erklärt hatte, eine Wiederwahl nicht annehmen zu können, wurden die fünf im Ehrenrathe vakanten Stellen durch Wahl der Justizräthe Caspar, Geppert, Fretzdorff und Humbert zu Berlin und Grieben zu Angermünde besetzt. Zu Stellvertretern wurden Justizräthe Hoffmann, Koffka, Simson, Lesse und Drews gewählt. Nach voll⸗ endetem Wahlakte wurde zum Vorsitzenden des Ehrenrathes der Justizrath Ulfert zu Berlin erwählt. Demnächst vereinigte sich der größere Theil der versammelten Anwälte zu einem gemeinsamen Diner im Zoologischen Garten.
. Theater.
Se. Majestät der Kaiser von Rußland ließen am Montag, eine Balbe Stunde nach Seinem Eintreffen in Bersin, der Direktion des Wallnertheaters noch für denfelben Abend Seinen Besuch ansagen. In aller Eile wurde das Gebäude möglichst festlich hergerichtet; von dem Dache herab wehte die deutsche Fahne und der Aufgang zur Loge war mit prächtigen Blumen und Teppichen dekorirt. Durch die auf der Straße aufgestellten Schutz manne⸗ posten hatte sich das Gerücht von der Ankunft der Hohen Herrschaften schnell verbreitet und ein elegantes Publikum in das Theater und zahlreiche Schaulustige in die Nähe desselben geführt. Zuerst eischien Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz in offenem Wagen, darauf Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Carl und der Prinz August von Württemberg, sowie ein überaus glänzendes Gefolge, unter welchem sich General von Werder und die Grafen Lehndorff und Perponcher befanden. — Kurz darauf luhren Se. Majestät der Kaifer und König and wenige Minuten später Se. Maßsestät der Kaiser von Rußland in die festlich geschmückte Einfahrt. Herr Direk⸗ tor Lebrun empfing die Fuͤrstlichen Herrschaften, welche von dem Grafen Perponcher nach den Logen hinauf geführt wur⸗ den, Die Vorstellung: „Ehrliche Arbeit“ erregte den“ lebhaftesten Beifall der Majestäten, welche dem Herrn Direktor Lebrun' wieder⸗ holt ihre Allerhöchste Anerkennung darüber aussprachen. Se. Kai⸗ serliche Hoheit der Kronprinz hatte die Gnabe, Sich vor dem Eintreffen der Majeftäten geraume Zeit mit dem Herrn Direktor Lebrun zu unterhalten. Die Fürstlichkeiten verweilten bis zum Schlusse des zweiten Aktes und sprachen Herrn Direktor Lebrun beim Scheiden Ihre ganz besondere Befriedigung aus.
— Ihre Königlichen Hoheiten der Groössherzog von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin und die Prinzessin Friedrich Car! besuch— ten am Sonntag die Vorstellung im Vietoria-Theater.
M Am, Sonntag beehrte, Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl die Vorstellung „Ehrliche Arbeit“ im Wallner⸗Theater mit Höchstseinem Besuch und wohnte derselben bis zum Schluß bei.
— Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Carl, so⸗ wie Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß⸗ herzogin von Mecklenburg⸗Schwerin wohnten am Montag der Aufführung des „Fies co“ durch die Meininger Gäste im Friedrich ⸗Wilhelmstädtischen Theater bei.
Am 15. Mai, dem Tage vor Pfingsten, findet in Weimar eine Aufführung von „Tristan und Isolde“ mit dem Chepaar
Vogl aus München statt. Wahrscheinlich wird auch Richard Wagner zu der Aufführung, die übrigens am Mittwoch, den 19. wiederholt werden wird, nach Weimar kommen, wo auch Liszt bereits eingetroffen ist.
— Nächstens soll in der Kaiserlichen Hofoper in Wien Lohengrin“ zur Aufführung gelangen, und zwar von Kürzungen frei, wie dies bei den „Meisterfingern“ der Fall war. Der Erfolg der letzteren veranlaßte die Direktion, eine Wiederholung für den 14. d. M. anzusetzen.
— Im Drury⸗lang Theater in London feiert gegenwärtig ein italienischer Tragöde, Signor Salvini, Triumphe. Diefer Tage gaben ihm zu Ehren die Mitglieder des Jüngeren Garrick⸗Clubs,
rößtentheils Schauspieler und dramatische Schriftstelle in Din . ; ö ö ĩ ( , groß i, , n, dramatische Schriftsteller, e . Uhr Morgens von der Brücke über Bord gewaschen, ein Schorn⸗
und der Athenäum⸗Club hat ihn zu seinem Ehrenmitglied ernannt, eine Ehre, die bisher keinem auswärtigen Künstler zu Theil ge⸗ worden ist.
Als Ergänzungsheft zu dem Jahrgang 1875 der „Geo— graphischen Mittheilungen“ von hr. A. Petermann ist soehen im Verlage von Justus Perthes in Gotha der dritte Jahrgang von E. Behms und H. Wagners übersichtlicher statistischer Darstellung der Bevölkerung der Erde“ erschienen. Dieser neue Jahrgang des statistischen Werkes ist hauptsächlich der Darstel— lung der Ortsbevölkerung in allen fünf Erdtheilen gewidmet und ent— hält speziell für Central-Europa, den größten Theil von Asien, die Hauptstaaten von Amerika, ferner für Theile Afrikas (Algerien und Egypten) und Australiens (Neu⸗Südwales, Queensland und die Sandwich⸗Inseln) ausführliche Ortsverzeichnisse — zumeist der Orte mit mehr als 2000 Einwohnern, etwa 10500 an der Zahl — mit Angabe ihrer Bevölkerung nach den neuesten Erhebungen. — Die Gesammtbevölkerung der Erde ist rund mit 1397 Millionen Bewoh—⸗ ner angegeben. Genauer genommen ist der aus der Addirung der Bevölkerungsziffer der einzelnen Erdtheile sich ergebende Ansatz 1L396,‚842, 006 auf 2,448,769 deutschen geographischen Quadratmeilen. Weit mehr als die Hälfte dieser Zahl (798, 967, 9000) entfällt auf Asien, nicht ganz ein Viertel auf Europa (302,773,000) und der Rest vertheilt sich auf Afrika (206, 007,000), Amerika (84, 392,000) und Australien (4563, 900). Durchschnittlich kommen von der Bevölke— rung der ganzen Erde 570 Einwohner auf jede Quadratmeile Lands. In Europa ist jedoch die Dichte der Vevölkerung fast dreimal stärker als dieser Durchschnitt (nämlich 1684 Bewohner auf die deutsche geo⸗ graphische Quadratmeile) und in Asien fast zweimal stärker (nämlich 87 Bewohner auf die Quadratmeile); unter dem Durchschnitt sind mit der auf, die Quadratmeile entfallenden Bewohnerzahl Afrika 380), Amerika (112) und Australien (28) — Das Verzeichniß der Ortsbevölkerungen des Deutschen Reiches enthält alle Ortschaften, die nach der Zählung vom 1. Dezember 1871 mehr als 2500 Einwohner hatten. Das Verzeichniß ist für jeden Staat alphabetisch und über⸗ dies für Preußen nach den Provinzen und Regierungsbezirken, für Sachsen nach den Regierungsbezirken, für Bayern und Württemberg nach den Kreisen, für Elsaß Lothringen nach den Bezirken geordnet. Der Hauptwerth für den Statistiker beruht aber in der genauen An— gabe der neuesten authentischen Quellen und amtlichen Erhebungen für jede, selbst kleinere Gruppe. Das Verzeichniß der Ortsbevölkerung Frankreichs beruht auf der Zählung von 1872; die Orte sind inner⸗ halb der Departements alphabetisch geordnet.
Ueber den Schiffbruch des Dampfers „Schiller“ liegen heute folgende weitere Telegramme vor:
Plymęeuth, 1. Mal. (W. T. B.) Von den geretteten Passa⸗ gieren und Mannschaften des „Schiller“ sind gestern Abend 37 Per⸗ sonen hier eingetroffen und, da die „Pommerania“ bereits Nachmit⸗ tags, 2 Uhr die Heimreise angetreten hatte, hier geblieben. Nach den Berichten der Geretteten war Kapitän Thomas brei Tage lang, be⸗ vor der Unfall sich ereignete, außer Stande, irgendwelche aftronomische Beobachtungen anzustellen und deshalb unermüdlich mit Senkbleiver⸗ suchen beschäftigt. Als man sich dem Lande näherte, befand sich der Kapitän auf der Brücke und ließ mit halber Kraft fahren, er glaubte sich jedoch mehrere Meilen von den Scillyinseln entfernt. Der Nebel war außerordentlich dicht und das, Schiff stieß auf Klippen ehe irgend eine Gefahr befürchtet wurde. Es wurden Versuche gemacht,
Schiff rasch in Stücke.
die Boote flott zu machen, aber mit Ausnahme von zwei Booten, die auch die Insel Tresco erreichten, wurden die übrigen entweder von dem heftigen Wellenschlage zerschellt oder umgeworfen. Der erste Bootsmann, Simon Jansen, machte mit 4 Mann ein Boot flott und ruderte landwärts, um sich über das Ufer zu orientiren, er gelangte in das Licht von Bishops⸗Lenchtthurm, hörte die Nebelglocke und kehrte, da er sich von der Unmöglichkeit einer Landung überzeugte, nach dem gescheiterten Schiffe zurük. Auf dem Wege dahin wurde der zweite Steuermann und 160 Männer, sowie eine Person vom Wrack eines Schiffsrettungsbootes, das sich in sinkendem Zustande befand, von dem Boote aufgenommen. Man ruderte seewärts, blieb dort bis Tages an⸗ bruch und ruderte alsdann nach Tregco, wo gleichzeitig auch ein zweites Boot mit weiteren 19 Männern ankam. Kapitän Thomas wurde
stein wurde Morgens um 4 Uhr fortgersssen, beide Masten standen
noch, eine große Anzahl von Personen befand sich in den Raen. Um
5 Uhr Morgens wurde der Hauptmast fertgerifsen, zwischen 6 und 7 Uhr der Vordermast, auf dem sich der erste und vierte Steuermann befanden. Nachdem das Quarterdeck fortgeriffen war, ging das Die geretteten Passagiere spenden dem Kapitän hohes Lob wegen seiner sorgfältigen treuen Pflichterfüllung vor dem
Eintreten des Unfalls und wegen seiner muthigen Bestrebungen zur
Rettung von Menschenleben, nachdem das Unglück geschehen war. — Von den Postbeuteln sind bis jetzt nur 56 geborgen worden.
Scilly, 10. Mai. (W. T. B.) Bis heute Mittag sind keine Schiffbrüchige vom „Schiller“ mehr gerettet worden. Die See geht zu hoch, als daß das Wrack erreicht werden konnte. Dasselbe sitzt, nach den Berichten von Fischern, anscheinend fest auf den Felsen, und ist keine Gefahr vorhanden, daß es in tiefes Wasser wegsinkt. Die Bergung der Ladung kann mir bei sehr schönem Wetter versucht werden.
London, 10. Mai. (W. T. B.) Folgende weitere Namen von geretteten Passagieren und Mannschaften des Dampfers „Schiller“ sind heute bekannt geworden: Von Passagieren: Josef Legendre, Richard Williams, Charles Henry Perch, Max Cohen. Von Mann⸗ schaften: Simon Jansen, Noel, August Rihberge, R. Walsss, Frederick Bachgus, Hans Beckme, Christian Adamsen, Heinrich Heitmann, Carl Ernst, Hans Balling und Carl Heinke.
Die „Ural. Heer⸗Ztg.“ klagt über die maßlose Vermehrung der Wölfe auf der Steppe, welche sowohl bei den Kosaken, als insbesondere bei den Kirgisen eine furchtbare Verwüstung unter den Hausthieren anrichten. Im Uralsker Kreise allein werden jährlich etwa 16,000 Schafe und außerdem sehr viele Pferde, Hornvieh, Ziegen, sogar Kameele aufgefressen. In einem Ort verlor ein Wirth im lebten Sommer allein 16 Pferde durch die Wölfe. Trotz der großen Verluste werden keine energischen Maßregeln gegen das Ueberhand—⸗ nehmen der räuberischen Bestien getroffen. Die Kirgisen haben keine guten Feuerwaffen, daher bleiben die Treibjagden erfolglos. Auch die Wolfseisen haben hier wenig Nutzen, da die Wölfe nicht wie anderer Orten auf bestimmten Wegen gehen. Auch ausgestelltes Gift wird wenig benutzt, da man dle eigenen Haushunde zu vergiften fürchtet und die Wölfe bei ihrem sehr ausgebildeten Geruchstnn die Spuren der Menschenhand an der Lockspeise wittern und sie nur bei starkem Hunger anrühren.
Aus Stockholm schreibt man den H. N. unter dem 6. Mai: Im Mälarhafen herrscht noch immer die Winterstille, da das Eis bisher noch immer ein Hinderniß war, die Schiffahrt auch in dieser Richtung hin zu eröffnen. Von Motala wird gemeldet, daß das Eis auf den Kanal⸗Seen und dem nördlichen Theil des Wettern-See noch ganz stark ist, doch glaubt man, falls sich das Wetter so günstig hält, binnen 8 Tagen offen Wasser zu haben. Die Häfen von Carlstad und Mariestad sind eisfrei, doch werden noch immer mehrere Tage vergehen, ehe sich Dampfer durch das beim Eingang derselben noch dick liegende Eis zu bahnen vermögen.
Nedacteur: F. Prehm. Berlin Verlag der Expedition Kesse h. Druck W. Elsner Fünf Beilagen (einschließlich Börsen· Beilage), außerdem ein Fahrplan der Main⸗Weser ⸗ Bahn.
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
108.
Berlin, Dienstag, den 11. Mai
1875.
—
Landtags ⸗Angelegenheiten.
Berlin, 11. Mai. In der Sitzung des Herrenhauses am 8. d. M. begründete der Zustiz⸗Minister Br. Leonhardt den Gesetzentwurf, die standesherrlichen Verhaͤltnisse des Herzogs von Arenberg, nach den Grafen von Landsberg und zur Lippe, wie folgt:
Meine Herren! Ich werde den beiden Herren Vorrednern auf das Gebiet der abstrakten Erörterung nicht folgen, mich vielmehr, zur Zeit wenigstens, darauf beschränken, darzulegen, wie die konkreten Verhältnisse sich gestaltet haben. Ich werde die Verhältnisse prüfen und betrachten, wie sie in der That liegen und nicht, wie sie Jemand in seiner Phantasie sich zurechtlegt.
Der Herzog von Arenberg gehört zu den Mitgliedern des hohen Adels, auf welche die Vorschriften des Artikels Xl F. der Bundesakte Anwendung fanden. In diesem Artikel XIV. der Bundesakte hatten
„ie verbündeten Regierungen sich gegenseitig, keinesweges aber den Standesherren gegenüber, verpflichtet, diesen Standesherren gewisse Rechte zu gewähren. „Diese Vorschriften mußten ausgeführt werden, und für die Ausführung sollte maßgebend sein die bayerische Deklaration vom Jahre 1807.
Die betreffenden Vorschriften sind dem Herzog von Arenberg gegenüber -von der Königlich hannoverschen Regierung nach stattge⸗ habten Verhandlungen mit demselben ausgeführt worden, und zwar in der allerliberalsten Weise, was jedoch den Herzog von Arenberg nicht gehindert hat, zu protestiren gegen die Verordnung von 1526, wie denn derselbe überhaupt gegen jeden Akt der hannoverschen Re⸗ gierung protestirt hat. Zweierlei, meine Herren, fällt bei der Ver- ordnung guf, einmal die großen Opfer, welche die hannoversche Re— gierung brachte für die Jurisdiktion der Verwaltung des Herzogs. Es konnte nicht zweifelhaft scin, insbesondere nach der bayerischen Deklgration, daß der Herzog von Arenberg selbst für die Jurlsdiktion und Verwaltung die Kosten zu tragen hat; allein die hannoversche Regierung brachte in dieser Beziehung erhebliche Opfer, sie gewährte erhehliche Zuschüsse. Zweitens hatte die Bundesakte bestimmt, daß den Standesherren Jurisdiktion in zweiter Instanz gewährt werden solle für den Fall, daß das Gebiet groß genug sei. Auch dieses Vor⸗ recht wurde dem Herzog von Arenberg gewährt, obwohl man nicht behaupten konnte, daß das Herzogthum auch nur entfernt die Größe habe, um ein Gericht zweiter Instanz zu beschäftigen.
Ein recht schlagender Beweis für die Richtigkeit dieser Behaup⸗— tung liegt in dem auch sonst seltsamen Umstand, daß der Direktor der Mediatkanzlei zu Haseiünne, welche einschließlich des Direktors besttzt war mit drei Mitgliedern, nicht etwa in Haselünne wohnte, sondern in dem zwei Meilen entfernten Meppen. Bie Verordnungen von 1826 und 182 hatten die Verhältnisse gestaltet, eine Neugestal⸗ tung trat ein im Anfang der fünfziger Jahre. In bieser Zwischenzeit wurden nun bei der hannoverschen Regierung viele Beschwerden ein⸗ gereicht, welche davon ausgingen, daß die Eingesessenen des Herzog— thums üßer Mangel an Justizwerwaltung zu klagen hätten. Man klagte insbesondere darüber, daß sämmtliche Beamte und Advokaten verwandt seien, und daß sie — verba ipsissima — eine kompakte Masser bildeten; man klagte über Justizverzögernng, über Geschäfts— überhäufung der standesherrlichen Beamten. In der Zwischenzeit versuchte auch die hannoversche Regierung, den Herzog durch das Angebot einer Entschädigung zu veraͤnlassen, feine Rechte auf Jurisdiktion und Verwaltung abzugeben. Das wollte nicht gelingen. Als man hiermit beschäftigt war, warde von einem slandesherrlichen Beamten berichtet: in neuerer Zeit hätte sich die Stimmung im Herzogthum zu Gunsten der standesherrlichen Verhältnisse geändert, die Ursache würde in der größeren Liberalität der standesherrlichen Verwaltung, namentlich aber der Aufregung der katholischen Bevölkerung durch die Geistlichkeit zugeschrieben, am meisten würde darguf Gewicht gelegt werden, dem Herzog eine sichere Garantie für die Besetzung der Stellen mit katholischen Beamten zu verschaffen und zu diesem Zwecke dem Herzog ein Präsentationsrecht zu gewähren. Im Jahre 1850 war die große Organssation der Justiz und der Verwaltung in Hannover mit dem Landtage verabschiedet. Das Inslebentreten dieser Organisation setzte voraus die Regelung der Verhältnisse zu dem Herzog von Arenberg. Man trat also von Neuem mit ihm in Verhandlungen ein. Die Versuche, den Herzog zu bestimmen, gegen eine Entschädigung zurückzutreten, hatten wiederum keinen Erfolg. Die Königlich hannoversche Regierung ging mit Recht davon aus, daß der Herzog größere Zuschüsse zu der Jurisdiktion und Verwaltung geben muͤsse, da die neue Organisation auch größere Kosten verursachte. Daraus ist nichts geworden, vielmehr umgekehrt hat sich die Königlich hannoversche Regierung entschließen müffen, die aller— erheblichsten Opfer in dem zweiten Vertrage von 1852 zu bringen.
Ferner konnte es der neuen Organisation gegenüber doch keinen Augenblick zweifelhaft sein, daß dem Herzog das Recht auf eine zweite 3e. nicht gewährt werden dürfte, ein Gericht zweiter Instanz würde nicht ein Zehntel Beschäftigung gehabt haben. Dennoch kam es dahin, daß die Königlich hannoversche Regierung sich entschloß, ein Gesammt Obergericht zu konstituiren, für einen größeren das standes⸗· herrliche Gebiet mitumfassenden Bezirk eine gemeinschaftliche Juris⸗ Rüktion eintreten zu lassen. Wie ist es überhaupt erklärbar, daß der Vertrag von 1852 ins Leben treten konnte. Dieser Vertrag hat zu allen Feiten die allerlebhaftesten Anfechtungen erlitten, insonderheit sind die Minister, welche den Vertrag abgeschlossen haben, auf das herbste getadelt. Nicht mit Recht, glaube ich. Der Herzog von Aren⸗ hurg benutzte die Situation und erlangte dadurch große Vortheile. Die Königlich hannoversche Regierung hatte wichtige politische Gründe, die neuen Organisgtionen ins Leben treten zu lassen, sie waren auf das alleräußerste gefährdet, wenn die Einführung aufgeschoben werden mußte. Dieses fürchtete man, wenn der Herzog von 1 sich nicht be⸗ ruhigte. So ist es erklärlich, daß man alle Opfer brachte, die mög- licherweise gebracht werden konnten, immer in der Furcht vor dem Bundestage; denn die Königlich hannoversche Regierung war nicht einen Augenblick zweifelhaft, daß, wenn sie vorwärtg ging, der Herzog von Arenberg mit Beschwerden än den Bundestag sich wenden würde; dann wurde, wie die politischen Verhältnisfse lagen, die Einführung der Organisation gehindert, jedenfalls aber ch rde So erklärt sich der höchst merkwürdige Vertrag von 1852. Der Vertrag war n. auf zehnjährige Kündigung. Man ließ in Hannover das erste
ezennium verstreichen; als aber das Ende des zweiten heran— nahte, faßte das prenßische Abgeordnetenhaus wiederholt Re⸗ solutionen, dahin gerichtet, daß die Königliche Regierung die
Verhältnisse im Herzogthum. Arenberg Meppen regeln und diefelben mit der Verfassung in Einklang bringen möge. Die Königliche Re— gierung hat darguf den Vertrag gekündigt. Man scheint nun ganz zu übersehen, daß die Kündigung eingetreten ist, scheint sich nicht zu vergegenwärtigen, was denn die Folge dieser Kündigung gewesen i Man spricht immer so, als wenn es sich fetzt darum handelte, einem Standesherrn der preußischen Monarchie seine Rechte zu entziehen.
Davon ist gar keine Rede. Die Folge der Kündigung nach dem Vertrage sollte einfach die sein, daß der alte 2 wieder eintrete. Man hatte jedoch bei aller Schlauheit Herzoglicher— seits im Jahre 1852 nicht beachtet, daß der alte Zustand gar nicht mehr wieder eintreten konnte; denn die Verfas⸗
ung, der Gerichte und der Verwaltung, sowie daz Gerichts- verfahren waren ganz unverträglich mit den alten Verhältniffen. Zu der Behauptung, daß durch die Kündigung des Vertrages die Organisationen und das barauf basirte Prozeßverfahren für die Provinz Hannover weggefallen fei, wird man sich doch nicht verstei⸗
gen. Spo liegen die Sachen jetzt. Die Rechte aus dem Vertrage sind hinfällig geworden, wir stehen ganz einfach gegenüber dem Ar— tikel 14 der Bundesakte. Materiell sind alle Rechte hinfällig gewor⸗ den, welche auf. Vereinbarungen beruhten, ste werden nur formell ge⸗ halten durche eine Königliche hannoversche Verordnung aus dem Jahre 1852. Wird diese Verordnung eingezogen, so sind alle Rechte des Herzogs, soweit sie Jurisdiktion und Verwaltung betreffen, beseitigt, und die Verhältnisse müssen neu geordnet werden bis dahin, daß eine anderweitige Vereinbarung eintritt. Ich bitte, diese Sachlage doch wohl zu erwägen.
Meine Herren! Wa soll denn nun geschehen? Wie sollen die Verhältnisse geordnet werden? Darüber bin ich meinerseitg nicht zweifelhaft, erörtere das aber nicht näher, daß die Landesgesetz⸗ , freie Hand hat, wie die Sachen liegen, die Verhältnisse neu zu ordnen.
Der Herzog von Arenberg hat für gut befunden, sich mit einer Beschwerde gegen die preußische Regierung, wegen des in Rede ste— henden Gesetzentwurfs, an den Bundegrath zu wenden. Der Herzog von Arenberg hat damit den Bundesrath als zuständig anerkannt, über die Frage zu entscheiden, ob die Landesgesetzgebung berechtigt sei, die beregten Verhaͤltnisse zu regeln. Der Buͤndesrath hat fich für zuständig erklärt und dann die aufgeworfene Frage bejaht. Da— mit bin ich meinerseits einverstanden, kann aber nicht für nsthig er— achten, wie ich auch im Abgeordnetenhause erklärt habe, diesen Punkt ausführlich zu erörtern. Was soll denn nun geschehen durch die Landesgesetzgebung? Die Rechte des Herzogs, wenn uberhaupt solche aus der Bundesakte Art. 14 herzuleiten, sind ganz anderer Art als die Rechte, welche den übrigen preußischen Standesherren zustehen, Es handelt sich dort um Regierungsrechte. Der Herzog von Arenberg hat sich immer betrachtet wissen wollen als Mitregent in Arenberg, fowohl in Betreff der Justiz als der Verwaltung. Wollen Sie etwa diese Rechte dem Herzog von Arenberg neu gewähren? Das halte ich für unmöglich; solche Rechte sind keinem anderen Standesherrn gewährt worden, und können nicht gewährt werden, weil dieses im schroffsten Widerspruch stehen würde mit der Entwickelung der staatlichen Verhältnisse. Nur auf solche Rechte hätte der Herzog Anspruch, wenn er überhaupt einen Anspruch hätte. — Auf ein Anderes hat er keinen Anspruch; — würde ihm ein Anderes gewährt, so könnte dieses uur geschehen aus Gründen der Billigkeit. Nun ist von dem Herrn Herzog, daneben von anderer Seite, auch soeben von dem Herrn Vorredner hervorgehoben worden, dem Herzog müßte doch gewährt werden, was den übrigen Standesherren der preußischen Monarchie gewährt sei. Bei einer solchen Behaup⸗ tung übersieht man die völlige Verschiedenheit der Verhaͤltnisse, Die Herren des hohen Adels, welchen Präsentationsrechte für einzelne Richterstellen zustehen, haben ihre Residenz innerhalb der preußischen Monarchie; sie sind und fühlen sich als Bürger des preußischen Staates; die Interessen des preußischen Staates sind mit den ihrigen verwachsen; sie stehen zu den Eingesessenen des Gerichtsbezirkes in den nächsten Beziehungen; sie tragen init ihnen Freuden wie Leiden; sie übersehen die Verhältnisse wie die Personen und können beide würdigen; es liegt nahe, daß zwischen ihnen und der preußischen Staatsregierung ein Verhältniß der größten Loyalität sich entwickelt. Und das hat sich denn auch im vollen Maße bewahrheitet. Ich bin jetzt im achten Jahre preußischer Justiz« Minister; wäh⸗ rend dieser Zeit ist nie ein auch nur geringer Mangel von Harmonie zwischen der preußischen Justizverwaltung und den betreffenden Standesherren eingetreten. Jede Seite ist der andern gefällig gewesen, hat jedenfalls keine Oppo⸗ sition getrieben. Ich bin überzeugt, daß, wenn ein Standesherr eine Präsentation vornimmt, und der Justiz. Minifter sich dahin äußert, daß der Präsentirte nach Lage der Verhältnisse ihm weniger geeignet für die Stelle erscheine, so wird der Standesherr seine Präsentation zurücknehmen, umgekehrt wird der Justiz⸗-Minister nicht leicht Jemanden beim Gericht, in dessen Bezirke der Standesherr residirt, als Richter ernennen, wenn der Standesherr erklärt, daß die Person ihm nicht genehm sei. Das Alles liegt im Interesse des Dienstes, insonderheit aber im Interesse der Justizbeamten selbst und ihren Beziehungen zu denjenigen Herren, welche in Deutschland eine so hohe Stellung ein⸗ genommen haben und immer noch einnehmen.
Wie stellen sich aber die Verhältnisse im Herzogthum Aren berg? Das Amt Meppen ist kein Stammland des Herzogs, es war früher eine bischöflich Münstersche Besitzung und wurde dem Herzog von Arenberg als Entschädigungsland überwiesen. Dem Herzog von Arenberg ist das Amt Meppen von Anfang an fremd gewesen und ist ihm fremd geblieben. Ich weiß nicht, ob die früheren Herzöge von Arenberg jemals im Lande gewesen sind. Der jüngst verstorbene Herzog ist als regierender Herr (seit 1862) nicht in Meppen ge⸗ wesen; als Erbprinz war er da, im Anfange der fünfziger Jahre. Fast 25 Jahre sind verflossen, ohne daß der Herzog von Arenberg das Herzogthum gesehen hat. Das Herzogthum Arenberg⸗Meppen ist kein Land mit blühenden Gefilden; es mag für den Herzog von Arenberg um so weniger Anziehungskraft haben, als derselbe — so viel ich weiß — nicht einmal ein Schloß im Lande hat. Ein Inter esse hat er an dem Herzogthum — aber ein ganz allgemeines = was mit Ländern und Provinzen nichts zu thun hat, nämlich das Intercsse des Katholizismus. Ich will dem Herzog von Arenberg die Schuld der Verhältnisse, wie sie in unerträg-⸗ licher Weise in dem Herzogthum sich entwickelt haben, nicht zuschreiben. Sie trifft seine Beamten, und wenn man sagt: den Herzog treffe die Schuld insofern, als er die Beamten nicht richtig gewählt habe, so muß man diesen Punkt billig beur- theilen; es war für den Herzog schwer, eine gute Wahl zu treffen. Nach den Verhältnissen mußten dem Herzoge von Arenberg die Zügel entfallen, und in die Hände von Personen gelangen, welche e ft waren von einer Pettern- und Bgsenwirthschaft, welche denn ihrerseits wiederum beeinflußt wurde, Die Verhältnisse haben sich eigenthümlich entwickelt. In der ersten Zeit hatte das Ohr des
erzogs noch ein Beamter, der nicht auß Meppen stammte; im Laufe der Zeit wurde derselbe jedoch um allen Einfluß gebracht und gewann diesen Einfluß erst wieder in neuester Zeit, kurz vor seinem Tode, Wenn dieser Einfluß nicht verloren gegangen wäre, so würden sich die Verhältnisse vielleicht ganz anders ge— staltet haben. Wie gestalteten sich nun die Verhältnisse? Erstens nahm der herzogliche Regierungsrath Oberaufsichtsrechte in Anspruch. Damit wurde er zurückgewiesen; man wandte sich dann mit einer Beschwerde an den Bund. Man nahm Gesetzgebungsrechte insofern in Anspruch, als durch die allgemeine Gesetzgebung die standesherr liche Jurisdiktion nicht berührt werden sollte. Als in Hannover die Schwurgerichte eingeführt wurden, protestirte der Herzog gegen diese Einführung, weil seine Jurisdiktion dadurch berührt wurde. Er be schwerte sich über die Institution der Anwaltskammer, weil der Be—⸗ zirk des Gesammt⸗Obergerichts nicht groß genug war, um bei dem⸗ selben eine Anwaltskammer einzusetzen. So wurden Beschwerden nach allen Seiten geführt und gegen die hannoverschen Minister, sowohl katholische als evangelische geltend gemacht. ; .
Als der letzte katholische Justiz-Minifter aus seinem Amte schied, war er überzogen mit einer großen Masse von Beschwerden, die bei dem Bunde kollektiv anhängig gemacht waren, jedoch wegen der Ver— änderung der Verhältnisse in Deutschland nicht zur Erledigung ge— langten. Am schlimmsten stellten sich die Verhältnisse, insofern es sich . um Ernennung standesherrsicher Beamten. Hier wurden
nteressen geltend gemacht, wie sie gegeben waren durch die Meppenschen Verhältnisse, k die Familienverkbindungen, kurz durch Basen und Vetterschaften. Man hat gesagt, die Regierung sei in der Lage gewesen, die Ernennungen r Das ist aber leichter gesagt als gethan;
die Meppenschen Verhältnisse sind sehr verwickelt, die Familien stehen so zu einander, daß man den ganzen Zusammenhang derselben schwer übersehen kann. Die hannoversche Regierung konnte die Verhältnifse nicht vollständig übersehen, noch viel weniger ist dieses auf Seiten der Königlich preußischen Regierung der Fall. Rücksichten, die unbe⸗ denklich und gern genommen werden zwischen den Käbrigen Standes⸗ herren und der Königlichen Regierung, kamen in Meppen nicht in
etracht; hier erfuhr die Regierung die allerrücksichtsloseste Behand⸗ lung. Zu einer Zeit, als bereitz das Abgeordnetenhaus sich sehr lebhaft gegen die Arenberg⸗Meppenschen Verhältnifse erklärt hatte, wurde als ein Mitglied für das Gesammt - Obergericht der preußischen Regierung ein junger Mann, der so eben das Examen gemacht hatte und noch nicht einmal Gerichts: Assessor war, präsentirt. Nun war es aber eine durch die Verhältnisse gebotene Staatspraxis in Hannover, daß man bei den Obergerichten Rieman— den anstellte, der nicht einige Zeit bei den Amtsgerichten angestellt ge⸗ wesen war. Dem Herzog von Arenberg wurde alles dieses dargelegt, mit besonderer Rücksicht darauf, ö. im Ahgeordnetenhause seine Rechte so lebhaft angegriffen seien, allein ohne Wrfolg aber die Kö⸗ nigliche Regierung, welche dem Herzog von Arenberg gegenüber immer loyal gewesen ist, mußte sich beruhigen, da sie keinen Grund hatte, die Tüchtigkeit des Präsentirten in Zweifel zu ziehen, und die Prä⸗— sentation nur aus triftigen Gründen zu versagen war. .
Es kommt aber noch Zweierlei in Betracht: Nach der hannover⸗ schen Gerichts verfassung geftalten sich die Verhältniffe anders, als in den alten Provinzen. Den Standesherren der alten Provinzen wird es nicht leicht an Personen fehlen, welche sie präsentiren können. Das liegt in dem Umstande, daß Jeder, welcher von ihnen repräsentirt wird, seiner Anciennetät nach einrückt in das betreffende Gericht. In Hannover liegt die Sache ganz anders. Aus den alten Provinzen kann in die hannoverschen Gerichte, also auch in die Meppenschen, Niemand gebracht werden, es wäre denn an unterster Stelle. Der Etat ist geschlossen, Niemand kann eingeschoben werden. So erklärt es sich denn, 3 während die übrigen Standesherren gar keine Sorge haben in Betreff ihrer Präsentationen, der Herzog von Arenber ö. in der Lage war, überhaupt Stellenbesetzungen vorzunehmen. Anfangs ging es, weil ein Ueberfluß von Assessoren vorhanden war; in späte⸗ rer Zeit aber fand sich Niemand. Der Herzog wünschte wiederholt, daß ihm Jemand genannt würde, während der Justizminister nicht in der Lage war, dies zu thun. ;
Der zweite Punkt aber ist folgender: In den alten Provinzen richtet sich die Anciennetät nach der Zeit der bestandenen letzten Prũ⸗ fung. In Hannover ist das nicht der Fall; es richtet sich vielmehr die Anciennetät nach der etatsmäßigen Anstellung. So kam es denn, daß in Meppen die Anstellung Herzoglicher Beamten den Königlichen Beamten zu größtem Bedruck gereichte. Jene sprangen diesen vor. Der junge Beamte, dessen ich vorher gedachte, ist 13 Personen vor— gesprungen, denen er nachgestanden haben würde, wenn es sich um eine Königliche Anstellung gehandelt hätte. Das sind Verhältnisse, die wohl Beachtung verdienen, denn es ist nicht wünschenswerth, daß die Königlichen Justizbeamten einer Provinz mißvergnügt werden, 66 ohne sachliche Gründe standesherrliche Beamte ihnen vorgesetzt werden.
Meine Herren! Diesen Allem nach kann ich nur den dringenden Wunsch hegen, daß Sie die Vorlage der Königlichen Staatsregierung annehmen. ;
Preußen erfreut sich seit langer Zeit des Ruhms einer vortreff⸗ lichen Rechtspflege und Justizverwaltung, jeder Landestheil hat einen gleichen Anspruch hierauf, so ins besondere auf eine geordnete Justiz verwaltung. Dem Herzogthum Arenberg⸗Meppen ist diese Wohlthat diesem Landestheile nach nicht zu Theil geworden, so werden Sie, wie ich glaube, nicht zögern dürfen, Abhülfe zu schaffen. =
Man legt Gewicht darauf, daß in neuester Zeit Petitionen über⸗ reicht seien, in welchen Angesessene des Herzogthums sich lebhaft dafür int eressirt hätten, daß die alten Verhältnisse blieben. Meine Herren! Auf derartige Petitionen gebe ich gar nichts. Das Motiv, was zu diesen Adressen geführt hat, die Agitation, welche ihnen zu Grunde liegt, ist fuͤr mich nicht zweifelhaft. Die Agitation be⸗ gann schon im Anfange der fünfziger Jahre; sie geht darauf hinaus, eine Garantie zu gewinnen, daß im Herzogthum Aren⸗ berg - Meppen nur katholische Richter und Verwaltungsbeamte angestellt werden. Eine solche Garantie wird gefordert und ich weifle auch gar nicht, daß sie in der Person der Herzöge von Aren=
erg gewährt ist. Die Königliche Staatsregierung ist dagegen nicht
in dieser Lage, nur katholische Beamte im Meppenschen anzustellen. Ein weiteres Interesse, glaube ich, besteht für Niemanden, ins beson⸗ dere glaube ich nicht, daß die Beamten des Herzogthums ihrer größe⸗ ren Anzahl nach ein Interesse daran haben, in den alten Verhaäͤltnis⸗ sen zu bleiben; ste werden sich wohler finden unter dem Schutze der Königlichen Staatsregierung.
Dem Herrn v. Kleist⸗Retzow entgegnete der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt:
Ich will Herrn von Kleist erwidern, die Verhältnisse im Herzog= thum Arenberg⸗Meppen sind mir allerdings ziemlich genau bekannt; aber daß ich besonders darunter gelitten hätte, kann ich nicht be⸗ haupten. Ich bin weder als Minister noch als Referent bei den Sachen betheiligt gewesen. Aber ich habe bereits in Hannover das Gefühl gehabt, daß in Arenberg Meppen ein Zustand . der mit der Würde des hannöverschen Staates und der hannöverschen Rechts- leer nicht vereinbar sei, und ein solches Gefühl beseelt mich auch als preußischer Justiz⸗Minister. Ich bin nicht derjenige gewesen, welcher die Sache in Angriff genommen hat, vielmehr hat das Abgeordnetenhaus, wie ich Ihnen bereits hervorzuheben die Ehre hatte, Resolutionen in dieser , . gefaßt; die Königliche Staatsregierung hat nun diesen Reso utionen 3 gegeben. Darüber, glaube ich, kann wohl kein Zweifel sein, daß die Zustände im Herzogthum wenigstens in ihrem ganzen Umfange, ver= fassungsmäßige nicht sind. Das Gesammt ⸗ Obergericht ist jedenfalls eine verfassungswidrige Institution; es kann nicht geduldet werden, daß Herzogliche Beamte über Unterthanen Seiner Majestät des Königs welche dem standesherrlichen Bezirke nicht angehören, Recht sprechen. Ich hoffe, auch Herr von Kleist wird anerkennen, daß dies ein unerträglicher, der Verfassung widersprechender Zustand ist. Im Uebrigen kann man über die Verfassungsmäßigkeit des Rechtszustandes immerhin zweifeln; eine nähere Prüfung dieser Punkte hat für mich jedoch kein i, n. weil ich davon ausgehe, daß die Landesgesetzgebung in der Lage sei, die öffentlich rechtlichen Verhältnisse der Standesherren zu regeln. Anders mag es sich in Betreff des Privat-⸗Fürstenrechts verhalten. Präsentatienzrechte konnte man dem Herzog von Arenberg nicht ge— währen; schon guß dem Grunde nicht, weil die Königliche Staals⸗ regierung der Meinung war, daß die Präsentationen bei den Gerichten überhaupt durch Reichsgesetz zu beseitigen seien. Es wäre illoyal ge⸗ wesen, wenn man unter solchen Umständen dem Herzog Präsentationg⸗ recht hätte anbieten wollen.
Ferner:
Herr von Kleist hat mich doch wohl mißverstanden, wenn er glaubt, ich habe dem Herzoge einen Vorwurf daraus gemacht, daß er in der Fremde und nicht in Arenberg residire. Ich bin weit davon ent⸗ fernt. Ich finde es ungemein erklärlich, daß der Herzog lieber in Brüssel residirt und in seinen schönen Schlössern, beladen mit den größten Kunstschätzen, als in der Dede von Meppen. (Heiterkeit) Ich
abe nur gesagt, daß der . nicht in Meppen restdirt, ö. ein oment, welches in Betracht kommen müsse, wenn man den Herzog