von Arenberg in Beteff der Frage des Präsentationsrechts mit den übrigen Standesherren der preußlschen Monarchie vergleicht.
3 ist ferner unrichtig, wenn der geehrte Herr von Kleist bemerkt hat, ich habe dem Herzog Vorwürfe gemacht, daß er nur Katholiken anstelle. Das ist mir 3 in den Sinn gekommen. Ich finde es selbst natürlich, wenn der Herzog nur recht strenge Kathollken anstellt. Ich habe diefen Punkt nur berührt, um die Bedeutung der Petitionen zu beleuchten. Sie erinnern sich vielleicht aus meinem Vortrage, daß während in früheren Zeiten mannigfache Beschwerden gegen die Her⸗ zogliche Rechtspflege und Verwaltung erhoben worden, später eine Aenderung eintrat, eine andere Stimmung sich geltend machte, und diese Stimmung, wie der standesherrliche Beamte sagte, durch katho— lische Geistl iche herbeigeführt wurde. Und so glaube ich denn auch, daß für die Aufrechterhaltung des jetzt formell nech fen n Zustandes kein anderes Interesse besteht, als ein kirchlich kathobisches.
Zu 5. 1 nahm der Justiz-Minister Dr. Leonhardt nach dem Grafen zur Lippe das Wort:
Der Herr Vorredner scheint doch die Verhältnisse im Herzog ihum Arenberg⸗Meppen nicht richtig aufzufaffen. Wenn die übrigen Standesherren der Königlichen Kegierung präsentiren, und die Prã⸗ sentation findet den Beifall der Königlichen Regierung, so wird die präsentirte Person Königlicher Beamter. Dagegen sind die vom Herzoge ernannten Richter und Verwaltungsbeamte Herzoglich Aren⸗ bergsche Beamte. Das ist doch eine wesentliche Verschiedenheit.
Der Herr Vorredner bemerkt weiter, daß ein kündbarer Vertrag 6 3. Verhältnisse nicht passe. Das will ich gerade nicht be—
aupten.
Jedenfalls würde aber dieser Vorwurf nicht gegen die preußische Regierung zu richten sein, sondern gegen die hannöversche Regierung, welche nicht mehr existirt. Es wird ferner bemerkt, ehe man den Vertrag gekündigt, haͤtte man sich mit dem Herzog einigen müssen. Das würde dahin führen, daß der Vertrag in alle Ewigkeit fyrt— bestände, denn an eine solche Einigung wäre gar nicht zu denken ge⸗ wesen, da der Herzog von Arenberg überhaupt keine Veranlassung zur Vereinbarung hat; ihm kann ja ein Zustand nur höchst willkommen sein, welcher mit den allererheblichsten Opfern für die Regierung ver⸗ bunden ist. Von Interesse für mich ist die Auffafsung des Herrn Vor⸗ redners über den jetzt bestehenden Rechtszustand. Er fagt, die Verordnung, welche jetzt formell die Verhältnisse aufrecht erhält, hätte keinen Sinn, denn sie sei erlassen auf Grund der Verträge, welche in Folge der Kündigung weggefällen seien. Das ist ganz richtig, folgeweise müssen die Zustände geregelt werden. Wenn die Verordnung ihre Wirksamkeit verliert, so fällt Alles und der Herzog wird weder Juris— diktions- noch Verwgstungsrechte ausüben können. Die Königliche Regierung ist dieser Frage noch nicht näher getreten, weil es in ihrer Absicht lag, die sämmtlichen Verhältnisse des Standesherrn zu regeln. Die Verordnung bezieht fich nur auf die Jurisdiktion und die Ver— waltung. Wenn Sie dieses erwägen, meine Herren, so wird der Ge— danke Ihnen sehr nahe treten, daß die Verhaͤltnifs? geregelt werden müssen, folgeweise nicht weiter in Frage kommen darf, ob der Gesetz⸗ entwurf einfach abzulehnen sei.
Ich muß dem Gesagten widersprechen; ich begreife nicht, wie der Herr Vorredner solche Behauptung aufstellen kann; das Gegentheil steht f fest. Die Herzoglich Arenbergschen Beamten bekommen ihre Besoldung von dem Herzog und zwar aus der Herzoglichen Regie⸗ rungskasse; die Königliche Regierung ist nicht in der Lage, denselben Besoldungen zu gewähren, sie hat dem Herzog nur mitzutheilen, daß für seine, Beamten Besoldungstheile dispenibel seien. Die König⸗ liche Regierung ist ebensowenig in der Lage, den Herzoglichen Beamten Titel zu verleihen; die Titelverleihung ift Sache des Herzogs; die Regierung theilt dem Herzog nur mit, daß den gleichaltrigen König—⸗ lichen Beamten die betreffenden Titel verliehen sind. Nach den ver— schiedensten Seiten erscheinen die Herzoglichen Beamten als solche und nicht als Königliche Beamte.
— Die Rede, welche der Minister der geistlichen ꝛc. Ange legenheiten Dr. Falk in der Sitzung des Hauses der Ab⸗= geordneten am 7. d. M. gehalten hat (f. die gestrige Nr. d. Bl), lautet bis zum Schlusse:
Nun, meine Herren, man ist sich denn auch, wie es scheint, im Kreise von maßgebender Bedeutung recht wohl bewußt gewesen, daß man solche Werkzeuge durch Ausbreitung der Kongregationen und Orden erlange. Es ist im knappen Auszuge in einer Note zu einem tatistischen Aufsatze des Hrn. Assessor Schwitzke vom hiestgen statisti⸗ schen Bureau eine Notiz gegeben worden, welche sich auf einen Führer der Gegner, seit einem Menschenalter bekannt nach seiner Gesinnung, bezieht, auf den bekannten Hofrath und lanzjährigen badischen Abge— ardneten, noch jetzigen Reichstagsabgeordneten Buß in Freiburg. Diesem Hrn. Buß werden in einem Buche von Wolfgang Menzel, nicht in demjenigen, welches von Schwitzke eitirt ist, sondern in dem⸗ jenigen, welches überschrieben ist; Die Geschichte der neuesten Je— . in Deutschland“, 1873 erschienen, folgende anscheinend in einer Katholikenversammlung gehaltenen Worte in den Mund ge⸗ legt. Er soll sie im Jahre 1851 gesprochen haben, als eben der Friede von Olmütz geschlossen war. Es heißt:
Es ist dieser friedliche Ausgang der Differenz mit Preußen ein großer Schlag für die katholische Kirche. Steht unser Radetzki in Ber⸗ lin, so ist die Burg des Protestantigmus gefallen, und der Papst wird von Berlin aus dem deutschen Protestantismus in den Schoß der Kirche zurückführen. Staunen Sje nicht, meine Herren, ich weiß, waz ich age. In Württemberg allein haben wir schon über 50 protestan⸗ tische Pfarrer, die ihre Unterwerfung unter den Primat bereits zu⸗ gesagt haben, wenn ihnen gestattet würde, ihre Ehe fortzusetzen, und in Vorddeutschland werden es noch mehr sein, wenn nur erft einmal Schwarzenberg darein zu fahren hat. Es war die Haupt absicht, durch den Sieg über die Preußen den Protestantismus zur Anerkennung der Kirche“ und des Papstes zu zwingen, denn so lange jener besteht, wird die Deutsche Kaiserwärde nur ein zaube⸗ rischer Wunsch bleiben, das Kaiserreich muß wieder errichtet werden und „die Ungarn, die Polacken und die Kroaten und Slavonen nehm ich allein herein“ und diese Schirmpogtei mit den Bajonnetten von 70 Millionen hinter sich, wird die dreifache Krone des Papstes wieder zur Gesetzgeberin Europas machen.
Für jetzt ist Schwarzenberg zu schwach gewesen, seinen großen Gedanken durchzuführen. Aber die Kirche rastet nicht und mit den Mauerbrechern der Kirche werden wir diese Burg des Protestan— tismus langsam zerbröceln müssen. Wir werden in den vorgescho⸗ bensten norddeutschen Distrikten die zerstreuten Katholiken sammeln und mit Geldmitteln unterstützen, damit ste den Katholizismus er⸗ halten und Pioniere nach vorwärts werden. Mit einem Netze von katholischen Vereinen werden wir den altprotestantischen Heerd in Preußen von Osten und Westen umklammern und durch eine Un⸗ zahl von Klöstern diese Klammern befestigen und damit den Pro⸗ testantismus erdrücken und die katholischen Provinzen, die zur Schmach aller Katholiken der Mark Brandenburg zugetheilt wor— den sind, befreien und die Hohenzollern unschädlich machen.
Meine Herren, die Quellen dieser Erklärung sind ja, so viel ich we⸗ nigstens weiß, andere nicht als die öffentlichen Blätter jener Tage. Aber, meine Herren, wenn Sie den Mann ansehen, dem sie in den Mund gelegt werden, und wenn Sie ansehen, was geschehen ist seit jenen 24 Jahren, diese Ueberziehung des protestantischen Nordens mit Klöstern und Kongregationen, dann werden! Sie wenigstens an eine innere Wahrheit dieser Worte glauben.
Meine . Die Motive zeigen in kurzen Bemerkungen, wie weit ausgedehnt die Kongregationen und Orden wurden felt jener Zeit der Verfassungsurkunde. Sie finden in der Schwitzkeschen Schrift Dieselbe ist als ein, wenn ich nicht irre, selbst den Mitgliedern des Hauses zugegangenes Elaborat gewiß in viele Hände gekommen) —= auf S 38582 eine Ergänzung, die von einem anderen? Standpunkt als die Motive ausgeht, in einzelnen Dis esen das Anwachsen zeigt, aber ganz zu demselben Resultate ommt, dessen Ausführung in der gegenwärtigen Vorlage gegeben ist. Die Motive geben allerdings eine etwas knappe Auskunft über bie
Einzelheiten des Fortschrittz; ich bin deshalb wohl verpflichtet, so sehr dadurch allerdings meine Ausführungen sich verlängern, einige Mittheilungen zu machen unter etwas anderen Gesichtspunkten, als in den vorliegenden Schriften geschah. Ez sind ganz voll⸗ ständige Ermittelungen nicht vorhanden, — insofern nicht ganz vollständig, als die Zeit der Jahre 1872,73 den Endpunkt der Nachrichtensammlung bildet, auf dem vorhin angegehenen Grunde, und insofern nicht, als sich für eine Anzahl von Niederlassungen in den 1866 dem Staate einverleibten Provinzen die Zeit der Errichtung nicht angegeben findet, so daß nur für die älteren Proyinzen, abgesehen von ganz unerheblichen Ausnahmen, sich übersehen läßt, in welchen Zeiten besonders der Zuwachs ein⸗ trat. Ich möchte Ihnen ugch den verschiebenen Kategorien, die sich etwa auffinden laffen bei Eintheilung der Drden und Kongregationen nach den von ihnen verfolgten Zwecken, einzelne Mittheilungen machen.
Zunächst befinden sich als Orden, die für die Seel sorge bestimmt sind, nur zur Aushülfe in derselben, also nur Männer in Preußen, deren 8 Benediktiner, Augustiner, Eremiten, Dominikaner, Franziskaner ⸗Reformaten, Franziskaner⸗ Observanten, Franziskaner ⸗Minoriten, Kapuziner— Oratorianer oder Philippiner. Diese haben 40 Niederlassun⸗ gen; davon eine 23, das sind die Franziskaner-Reformaten, und nur von erhellt, daß sie vor der Verfassungsurkunde be⸗ standen ihaben; bel zweien ist die Zeit der Entstehung unbekannt. Mitglieder haben sie 525.
Es kommen dann die Orden und Kongregationen, deren Zweck die Contemplation ist. Da giebt es denn für Maͤnner ? Or⸗ den, die Karthäuser und die Trappist en, mit e einer Nieder lassung und im Ganzen 49 Mitgliedern, und zwar 45 Trappisten und 4 Karthäuser. Die Niederlassungen sind alle nach der Verfassungsurkunde entstanden. Wa die Frauen betrffft, so giebt es 3 Orden: die Karmeliteffen oder unbeschuhte Karmeliterinnen, Schwestern unserer lieben Frauen vom Berge Carmel (beschuhte Karmeliterinnen), Klarissen, mit acht Niederlassungen, alle nach der Verfassungsurkunde ent sta nden, und mit 125 Mitgliedern.
An Orden und Kongregationen, die sich nur mit der Kran kenpfle ge beschäftigen, sind vier männliche Orden vorhanden: barmherzige Brüder des heiligen Johannes de Deo, Alexianer, barmherzige Brüder von Coblenz, barm⸗ herzige Brüder der iözese. Limburg. Trotz des gleichen Namens sind sie, wie auch in ähnlichen Fällen die Frauenorden, als selbständige Verbindungen aufgeführt, weil sie befondele Statuten und selbständige Haupthäufer oder Mutterhänser — welcher Ausdruck ja besonders technisch ist, fobald es sich um die Frauenorden handelt — haben. Es giebt 23 Niederlassungen, von denen nur fünf erweislich vor der Verfassungsurkunde entstanden sind, Mitglieder 278, die höchste Jiffer 47, die niedrigste 2. Für Frauen giebt es 13 Orden; ich weiß nicht, ob ich ste alle 13 hier mittheilen soll; es wird kaum nöthig sein. Sie haben ca. 2060 Nieder— lafsungen. In den Orden variirt die Zahl zwischen 1 und 50. Die Zahl der Mitglieder beträgt 1208; ist den Niederlassungen ist die geringste Ziffer 2, die höchste 115. Von diesen 366 Niederlassungen sind nur 2J vor der Verfassungs - Urkunde erweislich ent⸗ standen, bei 25 ist die Entstehungszeit unbekonnt; jedenfalls sind unter allen Umständen gerst nach der Verfassungs⸗Ur⸗ kunde geschaffen.
Es kommen dann die Orden und Kongregationen, die sich nur mit Unterricht befassen. Da existiren dret männliche Orden mit zehn Niederlassungen, die sämmtkich nach der Verfassungzg⸗ Urkunde entstanden und mindestens — es ist hier nicht vollständig das Material da, bei einigen Niederlassungen sind Lücken 104 Mitgliedern. Dann Frauen Orden und Kongregatinnen, was ich den Ausdruck Orden immer hinzuzusetzen bitte, X mit 199 Niederlassun⸗ gen, von denen nur 24 erweiskich vor der Verfassungs⸗Ur⸗ kunde bestanden und 2639 Mitgliedern.
Demnächst existiren Orden und Kongregationen, die sich im gleichen Maße mit der Krankenpflege und dem Unter richt befassen. Und zwar ein Männer⸗Orden mit 36 Mitgliedern und 3 Niederlassungen, die durchweg nach der Verfassungs⸗ urkunde ent standen sind, — 18 Frauen⸗Orden mit 235 Nieder- lassungen und 1987 Mitgliedern. Vor der Verfassung sind erweislich nur 6 Niederlassungen vorhanden gewesen, bei 18 fehlt Kenntniß des Termins.
Dann Orden, die sich hauptsächlich mit Krankenpflege und nux nebenher mit Unterricht befassen, 6 weibliche mit 182 Nieder⸗ lassungen, von denen 18 vor der Verfasfu ngs urkunde bestan⸗ den, und 1278 Mitgliedern.
Dann Orden, welche die Erziehung und nur nebenbei die Krankenpflege verfolgen, das sind zwei weibliche mit sechzehn Niederlassungen und 137 Mitglieder. Von den .. ist, da es sich namentlich um Katharinerinnen im Ermiand handelt, allerdings ein Theil — genau läßt es sich nicht angeben — vor der Verfassungsurkunde vorhanden gewesen.
Endlich vier Orden, welche sich mit allerlei Wohlthätig⸗ keitszwecken befassen, so daß sie nicht in die genannten Rubriken einzuschalten sind, mit 31 Niederlassungen und 445 Mitgliedern. Ver der Verfassungsurkunde bestand nur eine Rieder— lassung, und die Zeit von 6 anderen ist unbekannt.
Meine Herren, ich glaube, diese Zahlen beweisen vollständig, daß das, was Herr Buß im Jahre 185 prophezeit haben soll, schon heute eingetreten ist.
Meine Herren! Wenn so weit verbreitete Organisationen, ver⸗ möge ihrer Einrichtung Werkzeuge der dem Staake widerstrebenden Kräfte, außerdem ausdrücklich dazu bezeichnet, das Staatswesen zu bekämpfen, vorhanden sind, so kann man in der That zu keinem an⸗ deren Schluß kommen, als daß in ihnen in der That ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Zweckes der Gegner gegeben ist. Man darf nicht räsoniren und argumentiren, etwa so: Die Einzelnen sind 3 gute und brave Leute und man steht 3 nicht so eklatante einzelne Thatsachen, daß man die Folgerung der Regierung rechtfertigen kann, oder wie das von den Herren hler und den Blättern, die Ihnen draußen nahe stehen, immer bezeichnet wird. Die Regierung hat ja gar keine Beweise. Auf bloße Gesinnungen hin geht die Regierung vor. Ja, meine Herren, wenn nur nicht diese Gesinnungen sich bethä⸗ tigten und auf Grund dieser Gesinnungen, die sich in diesen Verbin⸗ dungen entwickelt haben, von der anderen Seite gehandelt würde!
Meine Herren! Bei der Thätigkeit derartiger Verbindungen kann man von einzelnen hervor springenden Thatsachen nicht viel sprechen, das Resultat ihrer Thätigkeit ist ein ganz langsames und allmähliches, nicht in springenden Thatsgchen sich eniwickeindes, aber solche Resul⸗ tate, gezeitigt in einem Menschenalter, liegen uns vor Augen. Es mag Ihnen vielleicht wiederum Veranlaffung geben zu einem Aus⸗ bruch der Heiterkeit, wenn ich auf eine Erscheinung hinweise, die die Thätigkeit der Staatsregierung auf das Ernsteste jetzt in Anspruch nimmt. Das ist die Frage der Töchtererziehung. Meine Herren, das sind die Früchte, woran zunächst die dreißigsährige Wirksamkeit der Orden und ordengzähnlichen Kongregationen sich er— kennen läßt. Wir haben als Beispiel bor uns das Ueber⸗ maß von Bigotterie, in welchem sich die französische Franenwelt bewegt. Und wo und von wem wird die erzogen? Wir haben die Zeiten von 1848 und die damals in solchen Anstalten erzogenen Frauen vor uns und die Zeit nach 1848 und die Frauen aus dieser
eit wieder vor uns und können vergleichen. Ich nehme hier nicht als schlagend Bezug auf jene Damen, die in die Oeffentlichkeit hin= austraten in einer bekannten Provinz, als sie zu ihrem Bischof sprechen zu müssen glaubten, nein, meine Herren, ich nehme Bezag auf die ernsten Worte, die mir aus den Kreisen der Beamten und Nichtbeamten entgegentreten und die da fagen; es wird unt schwer, oder — wenn keine Pflicht da ist — wir dürfen nicht mit kräftigem und muthigem Entschluß auf die Seite der Staatsregierung treten wegen unserer Frauen. (Sehr wahr! inks. Heiterkeit in Centrum.) Meine Herren, mit Lachen bringen Sie die Sache nicht toht; wenn es aber eine Anerkennung meiner Worte ist, dann werden Sie auch die Rich⸗
tigkeit der Folgerungen, die ich daraus mache, anerkennen, die Folge; rungen, die sich auzsprechen in dieser Vorlage. . del
Meine Herren! Manchmal begegnet es dann aber doch daß sich einzelne, recht greifbare Früchte zeigen und faffen lassen. Dies gil von einem bekannten Vorfall in der Provinz Pofen, über welchen mir der Ober -⸗Präsident derselben Näheres berichtet hat, ich meine einen Vorfall in Ko st en. Es heißt:
Zu den wenigen katholischen Geistlichen der gedachten Provinz, welche bei dem gegenwärtigen Konflikt entschieden auf Seite der Staatsregierung stehen und ihre staatsfreundliche Gesinnung öffentlich aussprechen, gehört der Propst Wellnitz in Kosten. In folgedessen hat sich gegen denselben eine fehr lebhafte Agitatlon in seiner Gemeinde gebildet. Außer drei Gill nh haben sich wesentlich an dieser Agitation auch die Nonnen ber dortigen, von dem Domherrn Kosmian gegründeten Niederlassung der barm⸗ herzigen Schwestern von der Regel des heiligen Vin cenz a Paula, welche eine Krankenanstalt, eine Kinderbewahr— anstalt und Privatanstalt und Privatschule leiten, bethei⸗· ligt und vor Allem nachtheilig auf die Gemeinde durch die sogenannten Marienkinder, eine Vereinigung von jungen, vorzugsweise der dienenden Klasse anhörigen Mãdchen, welche sich im Kloster zu regelmäßigen Gebetsübungen versammeln und als äußeres Abzeichen ein Marienbild an einem Bande tragen, gewirkt. Vier der erwähnten Schwestern haben sich sogar nicht ge⸗ scheut, als im Fehruar d. J. ein dem Wellnitz befreundeter, gleich. falls staatsfreundlicher Propst die Nachmittagspredigt halten wollte, die Kirche zu einer Demonstration zu . Sie verließen, noch ehe, der Propst die Kanzel besteigen konnte, in auffallender Weise mit. den zu ihrer Schule behörigeir Kinderi' vie Kirche. Ihrem Beispiele folgten die sogenannten Marienkinder und dem nächst der größte Theil der Anwesenden, nachdem einzelne berüch⸗ tigte Individuen durch Winke mit der Hand und durch Rufe dag Zeichen zum allgemeinen Aufbruch gegeben hatten. Der Geistliche war dadurch gezwüngen, seine Predigt abzubrechen und als er die Kirche verließ, wurden in derselben und demnächst auf dem Wege um Pfarrhause, wo sich die Menge dicht gedrängt versammelt , Rufe des Unwillens laut u. s. w.
Meine Herren! Diese Vorgänge stellen sich als eine Folge di⸗ rekter oder indirekter Art des Geistes dar, der in einer Niederlassung der Schwestern des heiligen Vincenz a Paula herrscht. Wenn Sie nun die in meinen Händen und in der Druckschrift enthaltene UeFer— sicht über die verschiedenen Arten solcher Vincentinerinnen oder Pau⸗ linerinnen ansehen, sei es, daß sie sich mit reiner Krankenpflege, nur mit Erziehung und Unterricht oder mit beiden zusammen oder mit dem Einen mehr, mit dem Andern weniger beschäftigen, so finden Sie, daß dieselben in Preußen allein 125 Niederlassungen mit mehr als 825 Mitgliedern haben. Also, meine Herren, ein Zeichen des Geistes, der in weiten Kreisen herrscht, liegt in diesen Thaͤtsachen.
Meine Herren! Es zeigt sich — Sie nach dem Centrum wei— send) werden das mit Jubel begrüßen, aber Beweife sind es für meine Behauptungen — auch in anderen n ,. eine JJ des staatsgegnerischen Klerus bei den Bestrebungen der Orden. Pie Ver⸗ tretung des Ursulinerinnenklosters in Breslau wollte sich — ob es ausgeführt worden ist, weiß ich nicht — dazu hergeben, die ihr gehörigen Grundstücke zu verpfänden, um 60 000 s sicher zu stellen, welche eine reich Dame — auch der Name ist mir bekannt, weil sich die Sache auf Akten gründet — vorschießen wollte, um den durch das Einstellungsgesetz den einzelnen Geistlichen entstehenden Nachtheil zu beseitigen und dieses Gesetz nach Kräften illusorisch zu machen. (Bravs! im Zentrum.) — Ja ich kann Ihnen noch mehr fagen, wo Sie „Bravo!“ rufen werden. Ich weiß nun nicht ganz genau, ob nicht auch an anderen Stellen zu gleichem Zwecke eine Verpfändung des Besitzes der Ursulinerinnen ins Auge gefaßt ist. Das aber ist konstatirt, daß der Kurator oder welchen Namen er haben mag, bezüglich des Besitzes der Ur suline⸗ rinnen in Cöln ein Darlehn gegen Verpfändung dieses Beñtzes von einer viel höheren Summe aufzunehmen sucht. Melne Herren hiernach finden Sie eg wohl deutlich und klar, wie die Orden auch auf dem reinen Vermögensgebiet denjenigen Bestre⸗ bungen zur Hand sind, welche die Staatsregierung bekämpft. Sie werden nicht gerade glauben, daß diese einen Beweis durch bestimmte Thatsachen vollständig schuldig geblieben ist. Eine eigenthümliche Erscheinung bildet denn aber auch, daß gerade in romanischen Ländern in den gegenwärtigen Zeiten vder vor wenigen Jahren oder Jahrzehnten einzelne AÄnordnungen getroffen worden sind, welche im Geist mit denjenigen übereinstimmen, die die jetzige Gesetzesvorlage bezweckt; ich erinnere an Spanien, ich er⸗ innere an Italien, ich erinnere an die Schweizer Kantone. Als Meuestes in dieser Beziehung ist mir das mexikanische Gesetz vom Dezember vorigen Jahres zugekommen. ;
Mejne Herren, dieses Gesc enthält an seiner Spitze den Satz, für den der Hr. Abg. Windthorst so sehr schwärmt:
Der Stagt und die Kirche sind unabhängig von einander; es können keine Gesetze erlassen werden, welche irgend eine Religion herstellen, aber verbieten.
Trotzdessen findet man im Anschluß an weitere allgemeine Bestim⸗ mungen folgende Vorschriften:
§. 19. Der Staat erkennt keinerlei klösterliche Orden an, noch erlaubt derselbe deren Errichtung, unter welcher Benennung des Zwecks sie auch sich zu errichten trachten. Die heimlichen Orden, die als solche bestehen sollten, werden als unerlaubte Zu⸗ sammenkünfte betrachtet, welche die betreffende Behörde auflösen kann, sobald ihre Mitglieder ,, und in jenem Falle werden ihre Chefs, Sbern, oder Di⸗— rektoren als Verbrecher des Angriffs gegen die individuellen Garantien prozessirt werden, dem F. 63 Ler Kriminalordnung des Distrikts gemäß, welcher hiermit für die ganze Republik geltend erklärt wird.
Und 5§. 20:
Für die Effekte des vorangehenden Paragraphen sind Kloster—⸗ orden diejenigen Religionsgesellschaften, deren Mitglieder unter ge⸗ wissen besonderen Regeln lehen und Gelübde für eine gewisse Zeit oder für beständig abgelegt haben, und einen oder mehreren Sberen sich unterordnen, auch wenn alle Individuen des Ordens besondere Wohnungen haben. Diesem gemäß bleiben die im Cirkular des Ministeriums des Innern vom 28. Mai 1861 gemachten Erklärungen außer Kraft.
Meine Herren! Dieses Gesetz geht viel weiter als der Entwurf, und es ist doch keine zu unterschätzende Erfahrung, daß gerade die ganz katholischen romanischen Staaten sich gedrängt fühlen, zu der⸗ artigen Bestimmungen zu schreiten.
Meine Herren! Der Entwurf schlägt Ihnen vor, grundsätzlich die Orden und Kongregationen vom Gebiet des preußischen Staates auszuschließen und um in einem Falle Uebergangsbestimmungen zu treffen, in einem anderen Falle durch Uebung einer strengen, dem Individualfall entsprechenden Kontrole, hinter der die Befugniß der jederzeitigen Aufhebung besteht, die Schäden zu beseitigen. Aus diefen beiden Ausnahmen, von denen die eine ja noch dazu ganz und gar vorübergehend ist, folgert nun Hr. Reichensperger, daß die Behaup⸗ tung der Staatsregierung über die Bedenklichkeit der Orden eine irrige sei. Ja, meine Herren, haben Sie denn sich den Schluß nicht machen können, warum wir keine Kontrolmaßregeln eintreten lassen wollen? Das geben Ihnen doch die Motive in nuce an. Wenn Sie die 14 Nummern, welche Hr. Hinschius vorschlägt, ansehen, werden Sie weiter mit mir, darin ühereinstimmen, es ist in der That, um diese Kon trolvorschriften, sofern sie Normgtivbedingungen sind, in einer gedeih⸗ lichen Weise durchzuführen ein Beamtenpersonal nothwendig, wie es kaum herstellbar ist und eine — die Motive brauchen ja auch den Ausdruck — eine Quälerei, der Einzelne steht im Hintergrund, der ganz und gar unertragbar ist, wie die richtige Polizaiwirthschaft, gegen die Sie protestiren, nicht aber liegt sie auf dem einfachen Wege, den die Staatsregierung einschlägt. ;
Ein allmählicheg Erlöschen schlägt Hr. Reichensperger vor, er regt an, das was in Darmstadt geschehen ist im letzten Gesetz, . man dazon ausgehen solle, nur keine Novizen mehr aufzunehmen. Meine Herren! Für Darmstadt ist anzuerkennen,
daß es 9 e mn noch recht wenige der- artige Niederlassungen hat. Die Motive der darmstädtischen Regie⸗ rung enthalten eine anscheinend erschöpfende Angabe und unterstützen diese meine Anschauung. Wie viele Niederlaffungen und Mitglieder wir vor Augen haben, das habe ich mir erlaubt Ihnen heute etwas zu . die Motive sagen schon es ebenfalls. Nun frage ich ein mal, wenn man eine Bestimmung ad modum des Hrn. Abg. Reichen sperger nähme, wann wohl dieses Gesetz wirken wurde? anze Ge⸗ nerationen würden vorübergehen müssen, che es wirksam würde, wir aber haben keine Zeit, auf . Wirksamkeit lange zu warten. Die Motive deuten Ihnen Gesichtspunkte an, von welchen aus Tein allmähliches Erlöschen umgangen werden kann, es ist aber auch recht interessant, wenn man einen an das hiestge auswärtige Amt ge— richteten Bericht eines Spaniers über dortige gesetzgeberische Vor⸗ gänge vor Augen hat und darin findet, daß, irre ich nicht, im Jahre 1835 die damalige stellvertretende Königin Christine einen Entwurf gezeichnet habe, der auch die weiblichen Orden aufhob, wenn man darin ferner liest, daß an demselben Tage der Ansturm der Hof— damen so mächtig war, daß die Königin sich nun dahin bringen ließ, diesen Entwurf zurückzunehmen und nur jenes Verbot aussprach, welches der Hr. Abg. Reichensperger vorhin als das allein richtige bezeichnete und daß in Folge dessen in Spanien sich bis zum Jahre 1851 die Zahl der im Jahre 1835 vorhandenen Nonnen gar nicht vermindert hat, und warum, meine Herren? Als Motiv wird angegeben: Sobald ein solches Mitglied Profeß abgelegt hat, verliert es seinen bürgerlichen Namen und bekommt den Namen Marig, Josephina oder irgend einen anderen, und sind dann ganz
Knfach immer lauter. neue Marien und Josephien an die Stelle der
Ausgeschiedenen geireten. Ich will nicht behaupten, daß solche Dinge in Preußen auch möglich wären, aber der Hr. Abg. Windthorst hat uns neulich bei einem Punkte hervorgehoben, wie gelehrig die Herren seien, als ich hinwies auf die Publikationsweise der Enzyklika, da rief er mir zu: Das haben wir von dem Fürsten Bismarck gelernt! Nun, meine Herren, vielleicht kännten diejenigen, welche das Gesetz umgehen iöchten, auch von den Spaniern etwas lernen. Ich denke Gruͤnde genug liegen vor, so durchgreifende Vorschläge zu machen, wie sie in dieser Vorlage enthalten sind, Meine Herren! Das Gesetz hat, aber zwei Ausnahmen. Die Staatsregierung hat bei Fixirung dieser Ausnahmen eine sehr eingehende und sorgfältige Er⸗ wägung stattfinden lassen, und ist auf Grund derselben überzeugt, daß sie dieselben aufrecht erhalten muß. Die Staatsregierung darf, — um bei der ersten Ausnahme stehen zu bleiben, — von ihrer Seite nichts thun, was so gedeutet als ob sie lehrende Organe aus der Schule entferne, ohne daß an einen Ersatz für dieselben zu denken sei, daher die vierjährige Frist. Es gründet sich ja auch die vierjährige Frist auf die Erfah⸗ rung, welche die Staatsregierung bei der Ausführung der Verfügung vom 15. Juni 1872 gemacht hat. Sie wissen, die in diesem Haufe sehr lebhaft erörterte Verfügung ordnete an, daß an öffentlichen Schulen Ordens und Kongregationsmitglieder nicht mehr lehren dür fen, daß keine neuen anzustellen und die alten zu entfernen seien, so weit als es eben gehe. Nun ist es ganz richtig, daß einzelne von den Gründen, welche die Ausführung dieser Verfügung etwas verlangsamt haben, daß die, wenn dieses Gesetz erscheint, nicht mehr so wirkungsvoll sind,; wie bisher. Dahin ge⸗ hört z. B. die feste und dauernde Anstellung einzelner Individuen, dahin gehört der Abschluß von Verträgen, in denen eine noch nicht abgelaufene Kündigungsfrist begonnen ist oder die geschlossen waren auf eine Reihe von Jahren, die noch nicht zu Ende sind. Diese Gründe werden wegfallen, aber andere Gründe, welche die Ausfüh—⸗ rung der Verfügung von 1872 verlangsamt haben, die bestehen fort, 3. B., daß nicht überall weltliche Kräfte zum Erfatz zu schaffen sind auch nach Aufforderung in den öffentlichen Blattern, daß an gewissen Orten die Schullokale ganz oder theilweise oft in sehr unklaren Rechtsverhältnissen von den Kongre— gationen der bürgerlichen Gemeinschaft gegeben worden sind, daß an anderen Orten die Frage der Entfernung solcher Kongrega⸗ tionsmitglieder gleichzeitig die andere Frage hervorgerufen hat: wie ist die Schule überhaupt neu zu organisiren, namentlich die Töchter⸗ schule? und daß diese Organisationsfrage immerhin einige Zeit in Anspruch nimmt, daß weiter auch einzelne Gemeinden nicht im Stande sind, ohne namhafte, nicht leicht festzustellende Staatsunter⸗ stützungen der Verfügung nachzukommen. Daher ist es denn gekom⸗ men, daß von den 831 an öffentlichen Schu len im Jahre 1872 vorhandenen Ordens⸗ und Kongregationsmitgliedern etwa erst die Hälfte hat entfernt und durch andere Kräfte weltlicher Art ersetzt werden können. Mein Verzeichniß zeigt als entfernte sogar 334, ich weiß aber, daß da nicht hinzugerechnet sind alle diejenigen, die im Laufe dieses Jahres gusscheiden sollten, man hat nur diejenigen zusam⸗ men addirt, die nach Anzeige der Regierungen wirklich ausgeschieden sind. Ich habe also reichlich zwei Jahre. und mehr Arbeit gehabt, um die Hälfte der an öffentlichen Schulen wirkenden Ordens⸗ und Kongregationsmitglieder durch andere können. Nun rechnen Sie der
werden könnte,
auch von denen ein erheblicher Theil durch Lehrer und Lehrerinnen ersetzt werden muß, welche nicht den Srben und Kongregationen angehören. Nun sind zwar in den letzten Jahren und in' der letzten Zeit insbesondere Umgestaltungen des kommunalen Töchterschulwe sens in weitem Maße zur Anregung und Ausführung gebracht worden, aber doch noch nicht in H Maße, und es sind ebenso die nöthigen Schritte geschehen, um durch die Gewinnung neuer Lehrer und Lehrerinnen, insofern neue Seminare vorbereitet wurden, das vorhandene Bedůrfniß gen. Indessen die Wirkung der neuen Semsnare ist nicht im Augenblick vorhanden. Es ist inzbesondere das für die Rheinprovinz in Aussicht genommene Lehrerinnenseminar in Tanten, glaube ich, noch nicht einmal förmlich eröffnet, es bedarf also einer Reihe von Jahren, um die erforderlichen Kräfte zu zeitigen. Dabei ist es freilich eine sehr erquickliche Thatsache, daß in der Rheinprovinz im Unterschiede zu manchen Provinzen, die mehr im Osten liegen, der Zudrang zum Lehramt auch Seitens der Männer ein so erheblicher ist, ö. in einem Seminar nur etwa der vierte Theil der Ge— meldeten hat aufgenommen werden können, und Sorgegetragen ist, die übrigen guderen Anstalten zuzuweisen, die daran Mangel haben. Das aber wirkt nicht im Augenblick, dazu gehört Zeit. Ich glaube, meine Herren, es ist ein ganz richtiger Griff, die Zeit auf vier Jahre zu setzen, um so mehr, als es nicht eine obligatorische Frist, sondern die End“ frist ist, für welche der Unterrichts⸗Minister Erlaubniß hat, allmählich und es muß jag allmählich geschehen — die neuen Zustände ins Leben treten zu lassen.
Wie können Sie sich denken, daß wir das Gesetz so ausführen wür— den.. daß. alle Nied rlassangen Ver Jahre lang ungestört blieben und = dann an einem Tage geschlossen würden. Nein, wie bisher, so muß auch in Zukunft Schritt für Schritt geschehen, sobald dieser Gesetz⸗ entwurf Gesetz geworden sein wird.
Ich komme zu der zweiten Ausnahme. Es wird Niemand ver— kennen, wie segensreich die Orden und Kongregationen gerade auf dem Gebiete der Krankenpflege gewirkt haben; aber auch Niemand wird verkennen, daß es Auswüchse aller Art dabei giebt, daß nicht selten die kirchlichen und klösterlichen Interessen einen stärkern Nach⸗ druck finden bei derartigen Personen, als die Interessen der Heil⸗ und Pflegeanstalten, bei denen sie beschäftigt sind. Es liegen dafür Bei⸗ spiele verschiedener Art vor; es liegt insbesondere vor die Neigung der Niederlassungen, so viel wie möglich zu extendiren, selbst wenn die eigentlichen Zwecke der Hauptniederlasfung bei Weitem noch nicht erfüllt sind. Mir liegt beispielsweise vor hinsichtlich einer großen Niederlassang die Klage der Medizinalbehörde, daß diese . die Forderungen vom fanitätlichen Standpunkte aus nur in mangelhafter Weise erfülle, und daß dem drängenden Medizinalbeam⸗ ten mündlich immer gesagt wurde, wir haben kein Geld und sind arm, während dem gegenüberstehe die Thatsache, daß im Wesentlichen die Krankenpflege eine entgeltliche sei zu denselben PYreisen, wie sie auch von Anderen gewährt werden könne, und die weitere Thatsache, daß trotz dieser angeblichen Armuth, daß wenn in einer Nachbarge⸗ meinde es sich um die Errichtung einer Krankenanstalt handelte, von Seiten der Kommune sofort die betreffenden Mitglieder der Nieder⸗ lassung erscheinen und bereit seien, eine neue Anstalt zu gründen, und daß dazu dann allerdings Geld vorhanden sei, während das Geld nicht vorhanden ist für die Erfordernisse hinsichtlich der sanitären An⸗ gelegenheiten des bereits bestehenden Instituts. Derartige Erfahrun⸗ gen, meine Herren, zeigen, daß es auch Auswüchse giebt, und um diese Auswüchse, und nicht blos so zum Schein, abzuschneiden, dazu ist es nöthig gewesen, in diesem Gesetzentwurf den Staatsbehörden ein nach den konkreten Verhältnissen sich richtendes Aufsichtsrecht beizu legen. Wird dieser Standpunkt eingehalten, so glaube ich aber auch, ist eine Besorgniß, daß die Ausnahme etwas Bedenkliches habe, in der That nicht begründet. .
Es sind dies Gesichtspunkte, die ich bitte entschieden zu beherzi⸗ gen, es sind das Ausnahmen, welche die Staatsregierung nach ihrer vollen Ueberzeugung hat machen müssen, und an denen sie unter allen Umständen festhalten wird.
Meine Herren, ich glaube, damit kann ich mich für die General⸗ diskussion begnügen, wenn der Ausdruck nach der langen Ausführung überhaupt noch anwendbar ist. Ich bitte Sie, meine Herren, geben Sie dieser ernsten, aber auch mit Bewußtsein ernst gemeinten Vor— lage ihre Zustimmung.
Burau; Herr Dr. Grimm;
errichtet oder zu befriedi⸗
stellung des
Monarchie, was
Ausgaben:
eigene fonds zu
vorgesehen sind.
Gegeben ꝛe.
— In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 8. d. M. erklärte der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt in der Diskussion über das Vormundschaftsgesetz:
Meine Herren! Die Königliche Staatsregierung ist der XI. Kommission zu lebhaftem Danke verpflichtet für das große Interesse, welches ste dem Entwuif und der Förderung der Arbeiten gewidmet hat; insbesondere auch für die Selbstbeherrschung, welche sie geübt hat, um die Zahl der Differenzen zwischen den beiden Häusern auf ein Minimum zu reduziren. ; .
Was nun die von der Kommission gestellten Anträge anlangt, so trage ich kein Bedenken, dieselben sämmtlich zu aeceptiren.
— Die Kommission des Herrenhauses zur Vorbe⸗ rathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Rechte der altkatholischen Kirchengemeinschaften an dem kirch⸗
zu Stolberg ⸗ Wernigerode, Schriftführer;
hurg ⸗Angern, Stellvertreter des Schriftführers; 9
Hraf von Landsberg; Herr von Winterfeld; Herr Graf von Kospoth⸗ reiherr von , ,, Herr Dr. Tellkampf; Herr
err Graf von
Herr Dr. Beseler; Herr Graf zu
= „Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die im Jahre 1876 vor Fest⸗
Herr Graf v. S. Schulen
Bitter; Herr
esselr᷑ode; Herr von Philipsborn; roste⸗Nesselrode, d
Staatshaushalts⸗Etats zu leistenden
Staatsausgaben vorgelegt worden:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen mit Zu folgt:
Einziger Artikel. halts⸗-Etat nicht vor dem Beginn des Jahres zur Feststellung gelangen wird, so wird die Staäatäregierung unter Vorbehalt der verfassungs⸗ mäßigen Feststellung des Staatshaushalts-Etats für das Jahr 1876 ermächtigt, die im Staatshaushalts-Etat für das Jahr 1875 unter den dauernden Ausgaben vorgesehenen Staatsausgaben bis zum 1. April 1876 in den Grenzen der bei den einzelnen Kapiteln und Titeln für das Jahr 1875 beiwilligten Summen aus den Einnahmen des Jahres 1876 fortleisten zu lassen.
Die gleiche Ermächtigung wird ertheilt zur Fortleistung von
stimmung der beiden Häuser des Landtags der
Da für das Jahr 1876 der Staatshaus⸗
a. zur Fortsetzung von Bauten, für welche in dem Staats⸗ haushalts Etats für- e75 unter den einmaligen und außerordent⸗ lichen Ausgaben Abschlagsraten von dem veranschlagten Gesammt⸗ kostenbedarf ausgebracht sind; ;
b. für diejenigen Zwecke, welche cbendaselbst im Kapitel 3 zur Fortsetzung der beschleunigteren und vervollkommneteren topographi⸗ schen Aufnahme und deren Vervielfältigung, Kapitel 4 Titel 2 zu
Remunerationen und Dienstaufwandzentschädigungen für diejenigen Beamten, welche mit der Ausführung der Verordnung vom 28. September 1867 betreffend die Ablösung der dem Domänenfis kus im vormaligen Königreiche Hannover zustehenden Reallasten, beauf⸗ tragt werden, Kapitel 5 Titel 1 zur Ablöfung von Forftservituten, Reallasten und Passivrenten, Titel 2 Prämien zu Chauffeebauten im Interesse der Forstverwaltung, Titel 3 zur Beschaffung fehlen⸗ der Förster⸗Dienstwohnungen l(extraordinärer Zuschuß zu Kapitel 2 Titel 15 des Ordinariums), Kapitel 6 zur Ausführung der ander⸗ weiten Regelung der wig⸗Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau, sowie in dem Kreise Meisenheim, Kapitel 7 Titel 5 zu Unterstützungen für die in Folge Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer und Einstellung der Chausseegelderhebung aus ihren bisherigen Stellungen zu ent⸗ lassenden, zum Bezuge von Penstonen oder Wartegeldern aus diesen Stellungen nicht berechtigten Kündigungsbeamten, Kapitel 9 Titel 71 zu unvorhergesehenen Straßen⸗, Damm⸗, Brücken-, Stadt⸗ und Land⸗ bauten, sowie für Vorarbeiten, Kapitel 9 Titel 82 zur Ausführung der Stranderdnung, Kapitel 19 Titel 1 zur Ausführung von Bohr- versuchen, Titel 2 zu Bauprämien für Berg⸗ und Hüttenleute, welche sich Wohnhäuser für eigne Rechnung bauen, Titel 3 zur Gewährung unverzinslicher Darlehne an solche Berg= und Hütten⸗ leute, welche sich in der Nähe von Staatswerken Wohnhäuser für Rechnung bauen, unvorhergesehenen Ausgaben für die seise bahnen, Kapitel 14 Titel 6 zur Förderung der Ohstkultur mit Ein⸗ schluß der Ausgaben für Vervollständigung der Einrichtungen bei dem pomologischen und Weinbauinstitut in Geisenheim, Titel zur Hebung der Fischerei, Titel 10 für die wissenschaftliche Kommisston in Kiel zur Erforschung der Meere im Interesse der Seefischerei, Titel 12 zu Darlehnen und Unterstützungen für größere gemein nützige Landesmeliorationen Zuschuß zu Kapitel 111 Titel 9 des ordentlichen Etats unter den nämlichen Verwendungsbedingungen), Titel 16 für das Dünenwesen in den Provinzen Preußen und Pommern
Grundsteuer in den Provinzen Schles—
Titel 73 Dispositions⸗
Kapitel 11 Staatseisen⸗
und Deichbauten 2c. (extraordinärer
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Motive.
Da voraussichtlich der Deutsche Reichstag im Herbst dieses Jahres zusammentreten wird, so werden die Häuser des preußischen Landtages erst so spät berufen werden können, daß die rechtzeitige Feststellung des preußischen Staatshaushalts⸗Etats für das Jahr 1876 von voꝛn⸗ herein ausgeschlossen erscheint. In derselben Weise, wie unter gleichen Umständen durch das Gesetz vom 4. Juni 1874 (Gesetz⸗Samml. S. 249) die Ermächtigung zur Fortleistung der Staatsausgaben für das erste Quartal des Jahres 1875 ertheilt worden ist, wünscht die Staatsregierung durch das im Entwurf vorgelegte Gesetz eine solche Ermächtigung für den ersten Theil des Jahres 1876 zu erhalten. Der Entwurf bezieht sich unter Anlehnung an den Staatshaushalts- Etat für 1875 auf die im Ordingrium ausgebrachten Ausgaben und auf eine Reihe von extraordinären Ausgaben, für welche pro 1876 zur Fortsetzung früherer Bewilligungen weitere Kredite in Aussicht zu nehmen sind und bei welchen eine Unterbrechung der Ausgabeleistungen zum Nachtheile gereichen würde.
Inserate für den Deutschen Reichs- nu. Kgl. Preuß. Staats⸗Anzeiger, das Central⸗Handelsregister und das Postblatt nimmt ant die Inseraten ⸗ Expedition den Veutschen Reichs-Anzüigers und Königlich Errußischen Ätaatz-Anzeigers: Berlin, 8. N. Wilhelm ˖˖ Straße Nr. 32. 1 K .
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um Stipendien
gungen genügen:
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1) Nach der Bestimmung des Stifters sollen vorzugzweise Söhne aus den höheren Stände ;
. . dem Betriebe technischer bürgerlicher Gewerbe zuzuwenden, berückichtigt werden, insbesondere dürfen die Eltern der jungen Leute nicht Handwerker sein; 6
2) der Bewerber muß wenigstens 17 Jahr alt sein und darf das 27. Lebensjahr nicht über
schritten haben;
3) derselße muß durch ein Gesundheitsattest des Kreiz-⸗Physikus darthun, daß er die Gesundheit . 3. erm fh . besitze, welche die praktische Ausübung seines Gewerbes und die Anstrengungen des Unterrichts in der Königlichen Gewerbe⸗Akademie erfordern, und daß er Impfung oder sonst überstanden habe; ö ; ; 4) er hat nachzuweisen, daß er entweder bei einer zu Entlassungsprüfungen berechtigten Pro⸗
die Blattern durch
l. Steckbriefe und Untersuchungs- Sachen. 5. Industrielle Etablissements, Fabriken und
2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl. 8. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen eto. 4. Verloosung, Amortisation, n. 8. W. von öffentlichen Papieren. der v. Seydlitz schen Stiftung. Der Ritterschaftsrath Herr Ernst Friedrich v. Seyd L(itz hat in seinem Testamente vom 15. September 1838 den Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes zu seinem Universalerben zin get, so daß der größte Theil der Rente aus seinem Vermögen zu Stipendien für Studirende der Königlichen Gewerbe ⸗Akademie verwendet werden soll, deren ein jedes fur jetzt 200. Thlr. jährlich beträgt. . Da nun mit dem 1. Oktober d. J. ein neuer Lehrgang beginnt und einige Stipendien erledig
6 . j j e ine e ipendi zerbunden mit werden, so können sich von jetzt an junge Leute zur Erlangung eines solchen Stipendiums, ve m dem freien Unterrichte in der Königlichen Gewerbe⸗Akademle, melden, wenn sie den nachfolgenden Bedin—⸗
Grosshandel. Verschiedene Bekanntmachungen. Literarische Anzeigen. Theater- Anzeigen.
Zinszahlung In der Börsen-
*
Inserate nehmen an: die autorisirte Annoncen⸗Expeditien von gtudolf Mtosse in Berlin, Breslau, Chemnitz, Cöln, Dresden, Dortmund, Frankfurt a. M., Halle a. S., Hamburg, Leipzig, München, Nürnberg, Prag, Straß⸗ burg i. E., Stuttgart, Wien, Zürich und deren Agenten, sowie alle übrigen größeren Annaucen⸗ Bureau
dem Geburtsschein des Bewerbers;
einem Führungs. Atteste und
für ihn herbeiführen werde.
der Bewerber als Stipendiat gewählt worden ist.
Berlin, den 8. Mai 1875.
vinzial ⸗Gewerbeschule oder Realschule, eder bei einem Ghmnasium das Zeugniß der Reife Dm
erlangt hat. auch wenn dieselben nicht Zöglinge der Anstalt sind.
Vorzug unter den Bewerbern haben, bei gleicher Qualifikation, die rechten Geschwister⸗ kinder 6 . Erblassers (einer v. La Roche⸗Starkenfels) und deren Del sen b enten g Hie v. Gagern, die Deszendenten des Herrn v. Baßewitz auf Schönhof bei Wismar, aus der letzten Ehe mit
einer v. La Roche.
Die Provinzial⸗Gewerbeschulen sind ermächtigt, solche Examinanden, welche die erforderliche . erlangt zu haben glauben, zu den Entlassungsprüfungen zuzulassen,
dem oben zu 3) erwähnten Gesundheits ⸗Atteste; ⸗ 2. dem Zeugniß der Reife von einer der zu genannten Anstalten; den über seine etwaige praktische Ausbildung sprechenden Zeugnissen;
den über die militärischen Verhältnisse des Bewerber sprechenden Papieren, aus denen her- vorgehen muß, daß die Ableistung seiner Militärpflicht keine Unterbrechung des Unterrichts
Das oben erwähnte Verpflichtungs⸗Dokument braucht erst dann beigebracht zu werden, wenn
Nach dem Schluß der Concurrenz wählen die Vorsteher der Abtheilungen des Vereins drei Candidaten 6 jedes 3 — Stipendium, aus welchen der Unterzeichnete Einen einzuberufen das Recht hat.
Der Vorsitzende des Vereins , des Gewerbefleißes. ruckt.
zor Berlin⸗Stettiner Eisenbahn.
In mehreren Exemplaren unseres der Nummer 105, dieses Blattes beigelegten, am 16. Maj d. Is. ins Leben tretenden Fahrplans ist ein Druckfehler
enthalten. Der Courierzug von Danzig geht nicht 8 Uhr 15 Minuten Nachmittags, sondern 8 Uhr 15 Minuten Morgens ab. Stettin, den 8, Mai 1875. TDirectorium.