1875 / 116 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 May 1875 18:00:01 GMT) scan diff

erlassen, welche zunächst die bekannten Vorgänge und die Motive

derselben rekapitulirt und dann wie fol , 664

Wir erachten es für Pflicht unseres n 3 zu warnen vor thörichten Gerüchten und unbegründeten Einflüsterungen, welche darauf hinauslaufen, den konfessionellen Frieden zu stören und das Vertrauen zu den wohlwollenden und gerechten Absichten der Königlichen Staatsregierung zu untergraben. Es ist der feste Wille Sr. Majestät des Kaisers und Königs, allen Glaubensbekenntnissen in gleichem Maße seinen starken Schutz zu leihen und nicht im Mindesten zu dulden, daß eine Konfession zu Gunsten der anderen unterdrückt werde. Wie die Evangelischen, so werden daher auch die Katholiken Römisch ⸗Katholische wie Alt⸗Katholiken in Preußen alle Zeit vertrauen dürfen auf den Schutz des Staates für die Freiheit des religißsen Bekenntniffes, für die Ausübung des Gottezdiensteg und für die Wahrung ihrer Rechte; während andererseils erwartet werden muß, daß auch die katholischen Unterthanen Sr. Majestät, der welt. lichen Obrigkeit und den Gesetzen des Staates, unter dessen Schutz sie leben, den durch Gottes Wort gebotenen Gehorsam nicht versagen werden. Die öffentlichen Schulen sind eine Einrichtung des Staates, dazu bestimmt, die heranwachsende Jugend in nützlichen Kenntnissen zu unterweisen und sie zur Vaterlandsliebe und zur Gottesfurcht zu erziehen. In den Heilswahrheiten der katholischen Religion aber werden die katholischen Kinder in den Schulen durch katho⸗ lische vorschriftsmäßig geprüfte Lehrer unterwiesen, und als Leitfaden dient der von dem Herrn Fürstbischof zu Breslau empfohlene Diözesan⸗Katechismus und es ist daher einleuchtend, daß in den katholischen Religionsstunden Nichts gelehrt werden kann, was mit den Glaubenssätzen der katho⸗ lischen Kirche nicht im Einklange stände. Zur Leitung des Religions. unterrichts in den Schulen werden neben den mit der Staatsaufsicht betrauten Schul⸗Inspektoren die Pfarrer zugelassen, und nur solche Geistliche, welche den Gesetzen des Staates den schuldigen Gehorsam versagen oder den Zwecken der Schule entgegenwirken, müssen hiervon ausgeschlossen werden. Wir dürfen hiernach vertrauen, daß die katho— lische Vevölkerung in Oberschlesien sinnlosen Gerüchten gegenüber ihre Besonnenheit nicht verleugnen und in ihrer in guten wie in bösen Tagen bewährten Treue zum Könige und in der Liebe zum preußi⸗ schen Vaterlande sich nicht beirren lassen werde.

Königliche Regierung. v. Hagemeister.

Bayer. München, 18. Mai. Die Delegirten⸗ Versammlung des bayerischen Veteranen- und Kriegervereins hatte gestern ein Huldigungstelegramm an Se. Majestät den König nach Schloß Berg abgesandt. Hierauf ist noch im Laufe des Nachmittags folgendes Antworttelegramm an den ersten Vorstand des Vereins, Hauptmann a. D. v. Puch⸗ beckh, hier eingetroffen: „Se. Majestät der König entbieten dem Delegirtentag des Veteranen⸗, Krieger⸗ und Kampfgenossenver⸗ eins huldvolle Grüße, und wünschen dem bereits rasch empor⸗ geblühten Verein kräftiges Gedeihen. v. Eisenhardt, Staatsrath.„ General v. d. Tann hat, außer der jüngsten Besichtigung der neuen Geschütze im Artillerie⸗Hauptdepot Ingolstadt, in Beglei⸗ tung des Obersten Muck vom Generalstab auch das Terrain zwischen Ingolstadt und Neuburg in genauen Äugenschein ge⸗ nommen; dort sollen nämlich in diesem Herbst die Armee⸗Corps⸗ Manöver stattfinden.

260. Mai. (W. T. B.) Nach hier eingegangener Mel⸗ dung ist die verwittwete Königin Amalie von Griechen⸗ land, Tochter des verstorbenen Großherzogs Paul Friedrich August von Oldenburg, geboren am 21. Dezember 1818, heute Mittag in Bamberg, wo sie ihren Wohnsitz genommen hatte,

gestorben.

SHessen. Darmstadt, 19. Mai. Die Erste Kam— m , , =mit in ibrær hareyen Sitzun q die Rekommun kation der wellen Ran mer? e, zun ãchst wurf eines Berggesetzes; aus der Berathung ist hervorzu⸗

heben, daß nunmehr noch zwei Dissense gegenüber den Beschlüssen der Zweiten Kammer bestehen, und zwar einmal bezüglich der Ausübung des Schürfens in der Nähe von Gebäuden, sodann bezüglich der Uebernahme von dem Besttzer einzelner Gemarkun— gen durch die Anlage des Bergwerks entstehenden Lasten Sei⸗ tens des Bergwerkseigenthümers. Sodann wurde Beitritt zu den Beschlüssen der Zweiten Kammer beschlossen in Beziehung auf die Gesetzentwürfe wegen Ausführung des Reichsimpf⸗ gesetzes, wegen des Bauplans und der Erweiterung der Stadt Mainz, sowie wegen der Taggelder der Ständemitglieder. In Beziehung auf den An— trag Dumont wegen Aufhebung der Dienstkautionen der Notare, Anwalte, Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher und in Beziehung auf den Antrag Heinzerling wegen Erlasses einer für das ganze Großherzogthum gültigen Bauordnung wurde in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kammer ein zustimmender Beschluß gefaßt. Eine Petition verschiedener nicht promopirter Kreiswundärzte um fernere Gestattung des Impfens oder Zu⸗ billigung einer Entschädigung wurde vor der Hand auf sich be— ruhen gelassen. Das Gleiche ersolgte mit den verschiedenen Pro⸗ positionen und Anträgen in Betreff des Straßenbauwesens. Die Regierungsvorlage bezüglich der darlehensweisen Subventionirung derfenigen Gemeinden in Starkenburg und Rheinhessen, die an die hessische Ludwigsbahn in Folge des Gesetzes vom 14. August 1867 Beiträge zu den Kosten für das zum Eisenbahnbau nöthige Gelände zu leisten haben, wurde zustimmend erledigt.

Betreffs der Petitionen der Civilpensionäre um Pensions— erhöhung wurde der frühere Beschluß, die Regierung zu ermäch⸗ tigen, den vor 1874 pensionirten Beamten im Falle individueller Bedürftigkeit eine Pensionsaufbesserung um ein Sechstel mit der Maßgabe zu gewähren, daß die erhöhte Pension nicht mehr be— tragen dürfe, als wenn die Pensionirung erst sest 1864 ein— getreten wäre, in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kammer auf das Jahr 1875 beschränkt. Bezüglich der Petition der katho⸗ lischen Bürger von Biebelnheim um Unterstützung der dasigen kleinen katholischen Konfessionsschule beharrte die Erste Kammer auf ihrem früheren willfahrenden Beschluß auch gegenüber dem ablehnenden Votum der Zweiten Kammer,

Dem „Fr. J.“ zufolge steht es nunmehr fest, daß der dermalige (21) Landtag nächsten Freitag, den 21. Mai, in einer auf Vormittag 11 Uhr anberaumten gemeinschaftlichen Sitzung beider Kammern geschlossen werden wird. Der Schluß erfolgt nicht durch den Großherzog persönlich, sondern durch den Minister⸗Präsidenten Hofmann. Morgen hält die Zweite Kam⸗ mer noch eine letzte kurze Sitzung. Hervorzuheben ist, daß das Mandat der in der letzten Sitzung der Zweiten Kammer aus⸗ geloosten Mitglieder keineswegs von selbst mit dem Schluß des Landtages, sondern erst mit der Anordnung der Neuwahlen er⸗ lischt, welche letztere indessen, sicherem Vernehmen nach, ganz in der Kürze stattsinden soll.

Jugenheim 18. Mai. Heute fand die Konfirmation des dritten Sohnes Sr. Großherzoglichen Hoheit des Prinzen Alezander von Hessen, des Prinzen Heinrich von Battenberg, Durchlaucht, in der hiesigen Ortskirche durch den früheren Erzieher und Lehrer der Prinzen von Battenberg, Pfarrer Dr. Hager, in feierlicher Weise statt. Der Konfirmation schloß sich sogleich die erste Kommunion des Neukonfirmirten an.

An der Kommunion nahmen Theil die Durchlauchtigsten Eltern des Prinzen, die konfirmirten Brüder, sowie Se Erlaucht der Graf zu Erbach⸗Schönherg nebst Durchlauchtiger Gemahlin. Der Feier wohnten außerdem noch bei Ihre Großherzoglich König⸗ lichen Hoheiten Prinz und Prinzessin Carl, sowie Prinz Wil⸗ helm; Se. Königliche Hoheit der Großherzog war durch ein

leichtes Unwohlsein verhindert, bei der Feier ebenfalls anwesend

zu sein, ließ aber dem jungen Prinzen nach geschehener Kon⸗ firmation das Großkreuz des Philipps⸗Ordens mit Schwertern überreichen.

Sach sen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 19. Mai. Das neue Bolksschulgefetz, welches am 13. ver⸗ öffentlicht worden ist und mit dem J. Juni in Wirksamkeit tritt, stimmt in vielen Punkten mit dem weimarischen überein. Da⸗ gegen wird z. B. für die Dirigenten der gegliederten Schulen die Vereinigung des Rektorenamtes mit dem geistlichen Berufe für zulässig erklärt; im Uebrigen ist die Schule von der Kirche, mit Ausnahme des Religionsunterrichtes, getrennt. Die Bei— träge aus den Kirchenkassen zu den Schullasten fallen weg, es ist aber zur Ablösung das Zehnfache des Jahresbeitrages an die Schulkassen abzugewähren. Neben den Srtsschulen können noch Konfessionsschulen, jedoch nur auf Kosten der betreffenden Konfesston, fortbestehen. Die Orts⸗Schulaufsicht übt der Schul⸗ vorstand durch einen von ihm Beauftragten; die Bezirksaufsicht übt der Kreis⸗Schulinspektor, der mit dem Landrath und in den größeren Städten mit dem Bürgermeister das Schulamt bildet. Das Schulgesetz ordnet die Vorbildung, Anstellung, die Gehalts⸗ und Pensionsverhältnisse der Lehrer, regelt die Errichtung von Kleinkinder Fortbildungs⸗ und Mittelschulen, sowie die Stel⸗ lung von Rettungs⸗ und Privat⸗Unterrichtsanstalten.

Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 20. Mai. mittags besichtigten der Kaiser und die Erzherzoge Kronprinz Rudolf, Karl Ludwig und Wilhelm den vom Malteser⸗-Ritter⸗ Orden im Kaiserin⸗Elisabeth⸗Westbahnhofe aufgestellten ersten Sanitätseisenbahnzug.

(W. T. B. Heute empfing der Kaiser den russischen Botschafter v. Nowiko w, der sich nach Ems begiebt, in beson⸗ derer Audienz.

21. Mai. W. T. B.) Die heutige „Amtszeitung“ veröffentlicht die Kaiserlichen Handschreiben, betreffend die Er— nennung Chlumecky's zum Handels⸗-Minister, des Grafen Mannsfeld zum Ackerbau⸗Minister und die Enthebung des seitherigen Handels⸗Ministers Banhans von seinem Posten. Von letzterer heißt es, daß sie auf eigenes Ansuchen des Ministers aus Gesundheitsrücksichten und unter voller Anerkennung seiner treuen und vorzüglichen Dienste erfolge und daß der seitherige Handels⸗Minister unter Vorbehalt der Wiederverwendung im Dienste in den zeitweiligen Ruhestand übernommen werde.

(Hr. v. Chlumecky hatte schon seit der Beurlaubung des Handels⸗Ministers Banhans, welche im Zusammenhange mit dessen Auftreten als Zeuge im Prozesse Ofenheim zu Ende Fe⸗ bruar d. J. erfolgte, als „Leiter des Handels⸗Ministeriums“ fungirt. Dr. Banhans, als verfassungstreuer Abgeordneter dem böhmischen Landtage angehörend und von diesem in das Abge⸗ ordnetenhaus des Reichsraths gewählt, war als Sektionschef unter Giskra in das Ministerium des Innern getreten; in dem Ministerium Hasner war er Ackerbau⸗Minister gewesen; in dem Ministerium Auersperg, welches am 25. November 1871 ein⸗

zl gdbbrde. ger eruchhne lll fi linde. Sn de ltsortefen lle von Mannsfeld ist am 20. Juli 1842 geboren, ältester Sohn des erblichen Reichsraths Fürsten Joseph von Colloredo⸗Manns— feld und Rittmeister in der Reserve des 9. Husaren⸗Regiments Fürst Franz von Liechtenstein; er hat sich bisher der Bewirth⸗ schaftung seiner böhmischen Herrschaft Dobritsch gewidmet.)

Lemberg, 20. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Galizischen Landtages wurde von dein Abg. Krzyzanowski auf die durchaus unzulängliche Pflege, welche der deutschen Sprache in den Landesschulen gewidmet werde, hinge⸗ wiesen und demnächst im Namen sämmtüicher ruthenischen und bäuerlichen Abgeordneten der Antrag eingebracht, daß der Unter⸗ richt in der deutschen Sprache fortan in den Volksschulen einen obligaten Lehrgegenstand zu bilden habe, daß außerdem aber in den unteren Klassen der Mittelschulen wenigstens ein Lehrfach, in den höheren Klassen der Mittelschulen wenigstens zwei andere Lehrfächer in deutscher Sprache vorgetragen werden sollen.

Zara, 19. Mai. Nach einem feierlichen Gottesdienste fand heute Mittags die Eröffnung des Landtages statt. 21 Ab⸗ geordnete waren anwesend.

Das heutige „Amtsblatt“ veröffentlicht die Liste der durch den Banus ernannten Beamten bei der politischen Verwaltung. Morgen werden die durch Se. Mäjestät bereits vollzogenen Ernennungen sämmtlicher Richter und die Liste der vom Banus ernannten Justizbeamten veröffentlicht werden. Einer Banalverordnung vom heutigen Tage zufolge treten die neukreirten politischen Behörden und Gerichtshöfe erster Instanz, unter gleichzeitiger Auflassung der bestehenden Komitate, Komitats?« bezirksbehörden, Königlichen Komitatsgerichtshöfe, Komitats⸗ bezirksgerichte und städtischen Gerichte mit 31. Mai ins Leben.

Pest, 19. Mai. Das Oberhaus nahm den Bericht des Finanzausschusses über die 1870er Schlußrechnung und über die Schlußrechnung des Eisenbahnanlehens, ferner die Kon— gessionsgesetzentwürfe über die Tothmegyer⸗Surany⸗Tirnauer und Arad-Körösthaler Eisenbahn so wie die Gesetzentwürfe bezüglich der Regelung der Nachtragsforderungen der Bauunternehmer der Nordostbahn und der ersten ungarisch⸗galizischen Bahn un— verändert an. Hierauf begann die Verhandlung über den Ge⸗ setzentwurf, betreffend die Vollmachtsertheilung zur Regelung der schwebenden Angelegenheit der nothleidenden Bahnen. Die De⸗ batte wird morgen fortgesetzt.

Das Unterhaus begann die Berathung über die von dem Ausschuß befürworteten Anträge zur Revision der Hausordnung.

Niederlande. Haag, 17. Mai. Das Erwiderungs⸗ Memoire der Regierung auf den vorläufigen Bericht, welcher über die in den Sektionen der Zweiten Kammer der General— staaten stattgehabte Vorberathung des Gesetzentwurfes für pro⸗ visorische Vorkehrungen bezüglich des niederlä ndischen Münzwesens eistattet worden, ist bereits erschienen. Die Re⸗ gierung erkennt an, daß dieser Gesetzentwurf ein Schritt sei zu der alleinigen Goldwährung, hält indeß dafür, daß sie zu der alleinigen Goldwährung noch nicht rathen könne; nach Verlauf eines Jahres werde man im Stande sein können, einen definitiven Beschluß zu fassen; zu großer Befriedigung gereiche der Re⸗ gierung die günstige Beurtheilung, welche in den Sektionen der als Provisorium aufgestellte Vorschlag für freie Anmünzung von Gold neben der beschränkten Silberwährung gefunden.

Gestern Vor⸗

Die Regierung modifizirt ihren Entwurf dahin, daß für Privat— rechnung blos Goldstücke von 10 Gulden sollen geprägt werden können; beim Uebergange zur alleinigen Goldwährung würden Goldstücke von 5 Gulden unentbehrlich sein. In Am ster dam hat sich ein aus Mitgliedern des Gemeinderathes und angesehenen Handelsleuten bestehendes Comité gebildet, welches sich dem in Kurzem erwarteten Präsidenten der Transvaalschen Repu⸗ blik, Herrn Burgers, zur Verfügung stellen wird, behufs mög—

lichster Erleichterung seiner Aufgabe, einen Handelsyvertrag mit den Niederlanden abzuschließen.

20. Mai. (W. T. B.) Nach einem der Regierung aus Atchin vom 15. d. M. ist mehrerer Bezirke zum

zugegangenen Telegramm Toekoe Daoed von den Häuptlingen Sultan ernannt worden.

Belgien. Brüssel, 21. Mai. (W. T. B.) Das „Echo du Parlement“ theilt einen Erlaß des Burgermeisters von Brüssel mit, wonach die für nächsten Sonntag angekündigte Wallfahrt in der Umgebung von Brüssel nicht statthaben wird.

Großbritannien und Irland. London, 20. Mai. (B. T. B) In der heutigen Sitzung des Unterhauses ercwiderte der Premier Disraeli auf die Anfrage O Sullivans, betreffend die Rede des deutschen Botschafters, Grafen Münster, im Nationalklub: Seiner Ansicht nach seien die Bemerkungen Graf Münsters lediglich privater und persön— licher Natur gewesen. Der Rationalklub fei auch keine eigentlich politische, sondern viel eher eine Art religiöser Vereinigung. Was die Frage anbetreffe, ob die Anwesenheit eines auswärtigen Ge— sandten in einem politischen Klub und das Halten einer Rede, wie der von O'Sullivan erwähnten mit dem diplomatischen Gebrauche im Einklang stehe, so möchte er zwar zugeben, daß das dem gewöhnlichen diplomatischen Brauche nicht entspreche, aber es sei doch ein allgemeiner Brauch und er wuͤnsche denselben nicht zu beeinträchtigen, da er es eines englischen Ministers für durchaus unwürdig halte, die Freiheit der Rede unter irgend welchen Um— ständen zu beschränken. Was die speziellen von O'Sullivan an— geführten Aeußerungen des Grafen Münster anbelange, so würde der Letztere bei einem Besuche Irlands finden, daß sich zwischen den Verhältniffen der Katholiken in Deutschland und in Irland nicht wohl eine Parallele ziehen lasse.

Großbritanniens Staatseinkünfte vom 1. April bis zum 15. d. Mts. betrugen amtlichen Ausweisen zu⸗ folge 9,877,394 Pfd. Sterl. gegen 8, 886,918 in der entsprechen— den Periode des Vorjahres, und die Ausgaben im gleichen Zeit⸗ raume überstiegen 117 Millionen Pfd. Sterl., von welcher Summe nahezu 6 Millionen zur Zahlung der Zinsen auf die Nationalschuld verausgabt wurden.

Frankreich. Paris, 21. Mai. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ enthält die Mittheilung, daß die Bevollmäch⸗ tigten von 17 Staaten, unter diesen auch der Vertreter Deutsch— lands, gestern hier die internationale Uebereinkunft, be— treffend die Feststellung des Metermaßes, unierzeichnet haben. In die Konvention ist eine spezielle Bestimmung aufge⸗ nommen, wonach den übrigen Regierungen der spätere Beitritt zu der Uebereinkunft offen gelassen wird.

Der deutsche Botschafter, Fürst Hohenlohe, ist gestern wieder hier eingetroffen. Der Kaiserliche Prinz, Louis Napo— leon, hat den Deputirten Raoul Duval wegen seiner kürzlich in Belleville gehaltenen Rede beglückwünscht. Wie aus par— lamentarischen Kreisen verlautet, hätten nunmehr sämmtliche Mit⸗ glieder der Dreißiger⸗-Kommission das ihnen für diese == tan ertheiste Mandat niedergelegt und stände die Wahl einer neuen om nion von 34 wuglicuern zur Vor⸗ berathung der konstitutionellen Ergänzungsgesetze und des Wahl— gesetzes bevor.

Der im Auszuge mitgetheilte Gesetzentwurf, be— treffend den Senat, hat folgenden Wortlaut:

Art. J. Ein wenigstens sechs Wochen vorher erlassenes Dekret des Präsidenten der Republik bestimmt den Tag, an welchem die Wahlen für den Senat stattfinden, und gleichzeitig den Tag, an welchem die Delegirten der Gemeinderäthe gewählt werden ollen. Zwischen der Wahl der Delegirten und jener der Senatoren muß mindestens ein Zeitraum von einem Monat liegen.

Art. 2. Jeder Gemeinderath wählt einen Delegirten. Wahl erfolgt ohne Debatte in geheimer Abstimmung, mit absoluter Stimmenmehrheit. Nach zwei Wahlgängen genügt die relative Mehr— heit; bei Stimmengleichheit gilt der Aeitere für gewählt. Wenn der Maire dem Gemeinderath nicht angehört, so führt er zwar den Vor— sitz stimmt aber nicht mit. An demselben Tage und auf dieselbe Art wird ein Stellvertreter gewählt, welcher, wenn der Delegirte ab⸗ lehnt oder verhindert ist, an dessen Stelle tritt.

Art. 3. In den Gemeind n, in welchen eine Gemeindekommission besteht, sollen die Bürger zur Ernennung eines neuen Gemeinderaths einberufen werden, welcher dann gemäß Art. Weinen Delegirten und einen Stellvertreter wählt.

Art. 4. Wenn der Delegirte bei der Wahl nicht zugegen war so wird ihm dieselbe binnen vierundzwanzig Stunden durch den Maire angezeigt. Er muß binnen fünf Tagen seine Annahme erklaren. Wenn er sich weigert oder schweigt, so wird an seiner Statt der Stellpertreter als Delegirter der Gemeinde auf die Liste gesctzt.

Art. 5. Das Protokoll über die Wahl des Delegirten und Stell vertreters wird sofort an den Präfekten geleitet. Es muß die etwa von einem oder mehreren Mitgliedern des Gemeinderaths erhobenen Proteste, gegen die Regelmäßigkeit der Wahl enthalten. Eine Ab— schrift dieses Prolokolles wird an der Mairie angeschlagen. Jeder Wähler der Gemeinde kann binnen drei Tagen einen Protest beim Präfekten einbringen.

Art. 6. Ueber die Proteste entscheidet der Präfekturrath. Wenn die Wahl des Delegirten umgestoßen wird, so rückt der Stellvertreter für ihn auf. Wenn die Wahl beider umgestoßen wird, so schreitet der Gemeinderath an einem von dem Präfekten zu bestimmenden Tage zu neuen Wahlen.

Art. 7. Spätestens acht Tage vor der Wahl der Senatoren entwirft der Präfekt die Liste der Wähler des Departements in alphabetischer Ordnung. Kein Wähler darf mehr als eine Stimme haben. Die Liste ist für Jedermann zugänglich, ste kann abgeschrie⸗ ben und veröffentlicht werden.

Art. 8. Die Abgeordneten, General. und Arrondissementsräthe, deren Wahl noch nicht bestätigt, aber doch von der betreffenden Zäh— e mm lsssn verkündet worden ist, nehmen an der Senatorwahl

heil.

Art. 9. In den drei Departements von Algerien besteht der Wahlkörper aus: 1) den Abgeordneten, 2) den Generalräthen, welche französische Bürger sind, 3) den Delegirten, welche von den in jedem Gemeinderathe sitzenden französischen Bürgern aus den wahlberech— tigten französischen Bürgern der Gemeinde gewählt werden. .

Art. 10. Den Vorsitz im Wahlkollegium führt der Präsident des Gerichtes erster Instanz der Departewentshauptstadt. Ihm stehen die beiden ältesten und die beiden jüngsten Wähler zur Seite und dieses Buregu ernennt einen Sekretär aus den Wählern.

Art. 11. Das Bureau vertheilt die Wähler nach dem Alphabet in Sektionen von je mindestens 1090 Köpfen, versieht dieselben mit Präsidenten und Sekretären und entscheidet über alle Schwierigkeiten und Streitfragen bei der Wahl.

Art. 12. Der erste Wahlgang beginnt um acht und schließt um

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t 12 Uhr, der zweite beginnt um 2 und schließt um 4 Uhr, der dritte

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wenn ein solcher nöthig ist, beginnt um 6 und schließt um 8 Uhr.

Die Ergebnisse werden von dem Buregn abgezählt un noch an dem. selben Tage von dem Porsttzenden verkündet. . ; ) Art. 13. Damit Jemgnd in einem der beiden ersten Wahlgänge ewählt sei, dazu ist erforderlich: ) absolute Stimmenmehrheit, 2 eine ahl gleich mindestens einem Viertel der eingeschriebenen Wähler. Im dritten Wahlgang genüge relative Mehrheit und bei Stimmen— gleichheit gilt der Aeltere für gewählt.

Art. Ick. Vom Tage der Ernennung der Delegirten ab können Wählerversammlungen für die Ernennung der Senatoren unter Be⸗ obachtung der Vorschriften des Gesetzes vom 6. Juni 18685 abge⸗ halten werden. An diesen Versammlungen dürfen nur Wähler Theil nehmen welche herechtigt waren, die Delegirten zu ernennen.

Art. 15. Die Delegirten erhalten eine Reiseentschädigung, über deren Bemessung ein Reglement bas Nähere bestimmen werd.

Art. 16. Jeder Delegirte, der ohne triftigen Grund an einem der Wahlgänge nicht Theil ninimt oder, wenn er verhindert war, dies nicht rechtzeitig dem Stellvertreter angezeigt hat, verfällt einer Geld⸗ strafe von 50 Fr. Dieselbe Strafe trifft den rechtzeitig benachrichtigten Stellvertreter, welcher bei der Wahloperation ausgeblieben ist.

Art. 17. Jeder Versuch, einen Wähler durch Bestechung zu beeinflussen oder vom Votum abzuhalten, wird mit Gefängniß von drei Monaten his zwei Jahren und einer Geldbuße von 50 biz 566 Fr. oder nur mit einer dieser heiden Strafen geahndet.

Art. 13. Nicht wählbar für den Senat sind in ihren Departe⸗ ments während der Dauer ihrer Amtsführung und noch sechs Monate nachher: 1) die Präfekten, Generalsekretäre und Unter⸗Präfekten, 2) die Mitglieder der Staatsanwaltschaften, 3) die Generalzahlmeister und die Finanzeinnehmer. ;

Art. 19. Wenn die Zahl der Senatoren eines Departements durch Tod oder Rücktritt auf die Hälfte reduzirt ist, so müssen die

erledigten Stellen binnen dret Monaten wier befetzt werden.

Art. 20. Die Nationalversammlung wählt ihre Senatoren in öffentlicher Sitzung mittelst Listenskrutiniums und mit absoluter Ma⸗ jorität. Zuvor beauftragt die Nationalverfammlung eine Kommis⸗ sion, bestehend aus einzelnen Mitgliedern jedes Bureaus, mit der Ausarbeitung einer Kadidatenliste. Dieselbe enthält in alphabetischer Ordnung anderthalbmal soviel Namen, als Senatoren zu wählen sind. Doch kann die Nationalversammlung auch Kandidaten wählen, welche nicht auf der Liste der Kommission stehen.

Art 21. Auf dieselbe Weise verfährt der Senat bei der Er— setzung der nach Art. 7 des Gesetzes vom 25. Februar 1875 ernann— ten Senatoren.

Art 22. Die Mitglieder des Senats erhalten diesel be Indem⸗ nität, wie die Mitglieder des Abgeordnetenhauses.

Art. 23. Im Mebrigen gelten für die Wahl des Senats alle Bestimmungen des Wablgesetzes, welche nicht mit dem gegenwärtigen Gesetze in Widerspruch stehen.

Art. 24 (Uebergangsbestimmung) Für die erste Wahl der Mit⸗ glieder des Senats soll das Gesetz, weiches den Zeitpunkt für die Auf⸗ lösung der Nationalversammlung festsetzen wird, auch daz Datum für die Wahl der Delegirten und für die Wahl der Senatoren bestim— men. Die Nationalversammlung soll ihre Senatoren vierzehn Tage vor dem Zusammentritt der Gemeinderäthe wählen.

Versailles, 20. Mai. (W. T. B.) Die National— versamlung erledigte die zweite Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Leitung und Verwaltung der Departemental-⸗Ge— fängnisse und begann hierauf die Berathung der Vorlage über die Konzessionirung der Eisenbahngesellschaft Paris⸗Lyon zum Bau neuer Eisenbahnlinien. Die Debatte wurde auf morgen vertagt, nachdem der Arbeits⸗Minister Caillaux eine allgemeine Uebersicht über die dermalige Lage der französischen Bahnen gegeben hatte.

Spanien. Nach über Paris, 20. d. M., eingegangenen carlistischen Meldungen aus Hendaye sind die beiden Flecken Orio und Usurbil, unweit San Sebastian, von den Carlisten besetzt worden.

Italien. Der Abgeordnetenkammer ist vom Justiz⸗ Minister Vigliani ein Gesetzentwurf über die Errichtung eines obersten Gerichtshofes in Rom für das ganze Königreich Italien vorgelegt worden. Der Gesetzentwurf umfaßt 27 Ärtikel und bestimmt im ersten, daß der in Rom zu errichtende oberste Gerichtshof im ganzen Königreich die Funktionen eines Kassations⸗ hofes nach den bestehenden Gesetzen und den neu zu treffenden Modifikationen ausüben solle. Die folgenden Artikel regeln das Prozeßverfahren vor diesem obersten Gerichtshof und Artikel 25 bestimmt, daß mit der Einsetzung desselben die bisherigen Kassa⸗ tionshöfe außer Wirksamkeit treten. In Neapel, Turin und Palermo werden statt der bisherigen Kassationshöfe Sektionen des obersten Gerichtshofes bis zur Abwickelung der schwebenden Prozesse installirt werden.

Neapel, 20. Mai. (W. T. B.) An der Universität fanden heute abermals Ruhestörungen statt, indeß waren dieselben weniger erheblich als gestern. Die Professoren haben heute und gestern ihre Vorlesungen nicht unterbrochen. Unter den gestern verhafteten 17 Personen befinden sich nur 5 imma— trikulirte Studenten.

Türkei. Köonstantinopel, 20. Mai. (W. T. B.) Zwischen der Regierung und Baron Hirsch ist die Uebereinkunft getroffen, die Differenzen in der Angelegenheit, betreffend die türkischen Eisen bahnen einem Schiedsgerichte zu unter— breiten. Als Mitglieder desselben sind von Seiten der Pforte Serwer Pascha und Odian Effendi, von Seiten des Baron Hirsch der Graf Prokesch und Professor Kremer gewählt worden. Den türkischen Schiedsrichtern sollen drei englische Ingenieure als Sachverständige beigegeben werden.

Belgrad, 21. Mai. (W. T. B.) Der Fürst Milan hat heute in Begleitung von 3 Ministern und mit einem größeren Gefolge seine Reise in das Innere des Landes angetreten.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. Mai. Die Zweite Kammer hat in vorgestriger Abendsitzung mit 107 gegen 72 Stimmen die Militärvorkagen der Regierung verworfen und einen Antrag Tolls angenommen, nach welchem die Präsenz der Wehrpflichtigen auf 96 Tage und die Gesammt⸗ stärke des Heeres auf 80 000 Mann festgesetzt werden soll. Die Regierung hatte eine Präsenz von 12 bis 177 Monaten und eine Stärke von 180,000 Mann beantragt.

Amerika. Mexiko. Die Londoner „Times“ hat eine engli⸗ sche Uebersetzung der bei der Eröffnung des mexikanischen Kongresses am J. April gehaltenen Rede des Präsidenten der Republik, Don Lerdo de Tejada, empfangen. Dieselbe schildert den Stand der mexikanischen Finanzen als blühend, bemerkt, daß alle Staatsausgaben für civile und militärische Zwecke prompt gedeckt werden, und daß die Forderungen der heimischen Staats⸗ gläubiger anerkannt werden und deren Liquidation fortgesetzt wird. Die öffentlichen Arbeiten werden ebenfalls rüstig betrieben und die Regierung scheint nicht Mangel an Fonds zu fürchten. Das große Eisenbahnprojekt, durch welches die Vereinigten Staaten und Mexiko mittelst einer Bahn von der Stadt Mexiko nach Leon in Tezas in enge Verbindung mit einander gebracht werden sollen, macht beständige Fortschritte. Die Telegraphen⸗ verbindung soll ausgedehnt, Geld für Leuchtthürme beschafft, und Kanäle sollen hergestellt werden. Der auswärtigen Schuld wird in der Rede des Präsidenten nicht erwähnt.

Brasilien. Aus Rio de Janeiro wird unterm 23. April berichtet: Dr. Tejedor ist von Buenos⸗Ayres angekommen, um den paraguitischen Grenzvertrag zu unterhandeln, sowie alle zwischen Brastlien und der argentinischen Konföderation schwe⸗ benden Angelegenheiten zu regeln. Der neue Leiter des Bis⸗ thums Pernambuco hat sich, wie man erwartete, ebenfalls ge⸗ weigert, die Interdikte aufzuheben, und es sind ihm acht Tage für ö. nochmalige Erwägung seiner Entscheidung gewährt worden.

Asien. China. Aus Shanghai meldet der Telegraph den Tod von Tso⸗chung⸗tang, dem ehemaligen Vizekönig von Fokien. Der Verstorbene war während seiner amtlichen Lauf⸗ bahn Direktor des Arsenals von Foochow und und befehligte die chinesische Streitmacht, welche die mahomedanischen Rebellen be= zwang.

Indien. gemeldet: Sir Douglas Forsyth, der bei Birma, segelte mit seinem Gefolge an Bord des heute abgegangenen Postdampfers nach Rangoen ab. Oberst Bromn begiebt sich am Mittwoch nach Shanghai. Ueber die verheerende Feuers brunst in Pes hawur wird der Times“ von dort telegraphirt, daß sie wegen eines heftigen Windes über 60 Stunden lang währte. Ein Fünftel der Stadt im Flächen⸗ raum, ein Drittel der Benölkerung und eine Hälfte ihres Wohl⸗ standes wurden durch das Brundunglück betroffen. Fünfzehn⸗ tausend Menschen sind obdachlos und Hülfe ist dringend er⸗ sorde lich.... J

Afrika. Unter den Passagieren des britischindischen Post⸗ Dampfers „Canara“ der am 17. 86. Aden auf der Reise nach Lon⸗ don verließ, befand sich auch der Sultan von Zanzibar mit zahlreichem Gefolge.

Aus Calcutta wird vom 17. ds. per Kabel britische Gesandte

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Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des städtischen statistischen Bureaus sind bei den Standesämtern Berlins in der Woche vom 9. bis incl. 15. Mai zur Anmeldung gekommen: 399 Eheschließungen, 790 Lebendiggeburten, 35 Todtgeburten und 483 Sterbefälle.

Im Anschluß an unsere in Nr. 105 d. Bl. enthaltene Be— sprechunz der von dem Landrathe des Kreises Brilon, Frhr v. Droste— Padtberg herausgezebenen Zusammenstellung der statistischen Verhältnisse des genannten Kreises theilen wir mit, daß bereit im Jahre 1863 der Kreis Lippstadt, auf Anregung der Regierung zu Arnsberg, in gleicher, gewissermaßen als Vorbild dienender Weise, von dem Freiherrn von Schorlemer, damaligen und auch noch gegenwärtigen Landrath des Kreises dar— gestellt worden ist. Die 25 Abschnitte Les neueren Werkes entsprechen vollständig denen des heut erwähnten älteren.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der bekannte Kunsthistoriker, Ober⸗-Tribunals⸗Rath Carl Schnaase ist gestern in Wiesbaden gestorben.

Im Namen der historischen Kommission in München haben die Professoren v. Ranke und v. Giesebrecht an den General ⸗Leeute⸗ nant Freiherrn v. Troschke das Ersachen gestellt, die Geschichte der Kriegswissenschaften als einen Theil des von dem Könige Maximilian II. ins Leben gerufenen großen Werkes: „Geschichte der Wissenschaften in Deutschland“ zu schreiben.

Das zu Freiburg zu errichtende Siegesdenkmal zu Ehren des XIV. Armee⸗Corps soll im Laufe des nächsten Jahres zur Aufstellung kommen. Sowohl die Arbeiten des Bild⸗ hauers, Professer Möst in Karlsruhe, wie jene in der Gießerei des Hrn. Lenz in Nürnberg nehmen einen günstigen Verlauf.

Der in einem Zeitraume von drei Jahren zu Ehren Wil⸗ helms von Oranien auf der Schloßruine in Dillenburg er— baute Wilhelmsthurm wird am 29. Juni d. J. eingeweiht werden.

Der Rath der Gesellschaft zur Pflege der Künste (8ociety of Arts) in London hat dem französischen Volks- wirth Michel Chevalier in Anerkennung seiner bedeutenden Verdienste um die Förderung des Freihandels die goldene Prinz⸗ Albert⸗Medaille zuerkannt.

Aus Sydney wird vom 18. d. Mts. per Kabel gemeldet, daß Mr. Macleary sich nach Neu-Guinea begeben hat, um eine wissenschaftliche Erforschung dieser Insel vorzunehmen.

Im Atrium eines kleinen, an stch unbedeutenden Hauses in Pompeji, welches, nach einem dort aufgefundenen Siegel zu schließen, von einem gewissen M. Memmius Acutus bewohnt gewesen sein dürfte, wurden um die Mitte des vorigen Monats verschiedene interessante Gegenstände gefunden, welche in einer hölzernen Kiste ver⸗ wahrt waren; darunter befanden sich zwei Laren, zwei Penaten (Isis und Anubis) alle vier aus Bronze, und ein dritter solcher Hausgott aus Silber, der einen geflügelten Harpokrates vorstellt; dieser letztere, obgleich von kleiner Dimension, ist von außerordentlich schöner Arbeit. Außerdem enthielt die Kiste einen Zaum von Bronze, einen silbernen Löffel, verschiedene Carneole und sonstige Steine, nebst einem in Gestalt einer Frucht gearbeiteten Gefäß aus Bernstein und mehreren Behältnissen aus Glas. Von be⸗— sonderer Wichtigkeit wird der Fund aber durch eine marmorne Venus, die zwar nicht als Kunstwerk von Bedeutung ist, doch durch die gol⸗ denen Armbänder an Handgelenken und Oberarmen Beachtung ver— dient. Weitaus besser gearbeitet ist eine weibliche Figur aus be—⸗ malter Terrakotta, welche eine ruhende Gestalt vorstellt. Eine eben⸗ falls in der Kiste vorgefundene kleine Amphora aus griechischem Glas, mit farbigen Schlangen⸗ und Wellenlinien gehört im Reiche der pompejanischen Funde zu den größten Seltenheiten und war auch im Hause des Memmius Aeutus offenbar nicht zum täglichen Gebrauche bestimmt, sondern als Rarität sorgfältig aufbewahrt; in den griechi⸗ schen Gräbern sind dergleichen Amphoren sehr häufig.

»Iv'année seientifique et industrielle, par Lonis Figuier“, bei Hachette in Paris erschienen, bringt in seinen Artikeln über die Fort⸗ schritte der neuern Astronomie auch interessante Notizen über die be⸗ vorstehende Aufstellung eines Riesen-Teleskops, die Mr. James Lick in San Francisko unternommen hat; dieses Instrument soll in einer Höhe von 100900 Fuß über dem Meere in einem sehr reinen Luftkreise auf der Sierra-Nevada aufgestellt werden; seine Objektiv: linse soll einen Durchmesser von vier Metern erhalten und somit bei einer Fokalweite von 40 Metern eine 28,000 fache Linegrvergrößerung leisten, ein bisher unerreichter Effekt, da selbst das Riesen Telestop von William Herschel kaum 6000 Mal vergrößert. Der Reflexspiegel dieses Teleskops soll von einem großen Cylinder gebildet werden, der mit reinem Quecksilber gefüllt ist und rotirt; die Oberfläche des Quecksilbers soll parabolisch konkav erhalten werden; die rasche und doch ganz gleichförmige Bewegung dieses ungeheuern Quecksilber⸗ cylinders dürfte bedeutende mechanische Schwierigkeiten veranlassen; mgn schätzt die Kosten dieses Teleskops guf 1 Million Dollars und seine Herstellungszeit auf fünf Jahre. Mit diesem Rieseninstrumente erschiene uns der Mond scheinbar nur drei Meilen entfernt; den Mars würde es 100fach größer zeigen, als wir den Mond sehen; das selenographische Detail wäre der unmittelbaren Beobachtung nahe⸗ gerückt. Vielleicht würde damit auch die genaue Beobachtung der Asteroiden, das Studium der Planctenringe und vielleicht sogar die Auflösung von Nebelflecken gelingen, die bis heute allen Beobachtern Trotz boten.

Das bewährte Handbuch der rationellen Landwirth⸗ schaft für praktische Landwirthe und Oekonomieverwalter von Dr.

a. D.

W. Löbe ist in 5. Auflage mit vielen Abbildungen der neuesten Maschinen und Geräthe im Verlage, von Schmizk & Günther in deb erschienen. Dasselbe ist auch in 12monatlichen Lieferungen zu beziehen.

Das soeben ausgegebene 3. Heft (26. Jahrgang) von Friedreichs Blättern für gerichtliche Redizin und Sanitätspolizei“ (Nürnberg, Verlag der Friedrich Korn schen Buchhandlung) enthält drei bemerkenswerthe Aufsätze. Aus der Gerichtspraxis, von Dr. med. Friedrich Falk, Kreis⸗Wundarzt in Berlin Zur Kasuistik des Verfolgungswahns, von Prof. Eduard Hofmann in Innsbruck und: Ueber die Nothwendigkeit eines schriftlichen Obduktionsberichtes, von Br. C. Maser in München.

Das zweite Mai⸗Heft von „Unsere Zeit. Deutsche Revue der Gegenwart. (Leipzig, F. A. Brockhaus) enthält: Georg Her⸗ wegh. Ein Essay von Rudolf Gottschall. Die dritte Republik in Frankreich. Von H,. Bartling. Erster Abschnitt. Vom Fall des zweiten Kaiserreiches his zur Präsidentschaft Thiers. IJ. Die Fidschiinseln. IJ. Die Fremdwörter in der deutschen Sprache und ihre Verdeutschung. Von Daniel Sanders. Chronik der Gegen⸗ wart: Literarische Revue.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

München, 14. Mai. Das Maiheft der „Zeitschrift des land⸗ wirthschaftlichen Vereins in Bayern“ enthält folgende Nachrichten über die Saaten: Die Wintersaaten haben fich zwar erhalten, wo sie aber im Herbst schwach waren, sind sie es jetzt auch noch. Je nach der Bodenbeschaffenheit klagt man über den Roggen, bald über den Weizen. An einzelnen Orten haben auch die Schneewehen ge⸗ schadet, indem die Saaten darunter zu Grunde gingen. Die Sommer⸗

sagten sind alle ziemlich gut aufgelaufen weik fich Jer Boven allge⸗·

mein vortrefflich gebaut hat, jedoch bedürfen sie jetzt der Feuchtigkeit. Der junge Klee ist noch sehr zurück und das neue Grünfutter wird überhaupt spät kommen. Im Viehhandel ist es flau und die Preise für fettes Vieh sind keineswegs den theuren Futterpreisen entsprechend. Offenbar wirkt die Geschäftsstock'ng in den Fabriken und in der Industrie auf die Fleischpreise zurück. Weinstöcke und Obstbäume sehen vielversprechend aus und wir haben Aussichten auf ein gutes Obst« und Weinjahr. Die Preise für Weine sind dabei immer noch hoch.

Die „Deutsche Landw. Presse“ macht darauf aufmerksam, das unter dem Namen „Witloof“ (Witteloof, Weißlaub, weißes Blatt) in Brüssel und dem flämischen Theile Belgiens ein Gemuͤse gezogen wird, welches bei uns unbekannt ist und doch verdient, auf unseren Märkten und Tafeln zu erscheinen. Es ist dies der kleine Kopf der Wurzelblätter einer großwurzelligen Art wilder Cichorie, welcher unter der Erde emporschießt und aus Mangel an Licht bleich wird. Die Brüsseler dickwurzelige Cichorie, wie man diese Pflanze nennt, hat ungetheilte, breite und aufrecht stehende Blätter; sse hat viele Aehnlichkeit mit der als Kaffee⸗Surrogat dienenden Magdebur⸗ ger Cichorienart, welche übrigens auch als Gemüse benutzt werden könnte, während die Braunschweiger Art mit schmalen, gekerbten und zerschlitzten Blättern, welche ihren Schößling über dem Boden ent- wickelt, sich nicht zum Gemüse eignet.

Gewerbe und Handel.

Die Bestätigung der Seitens der Vereinsbank Quistorp ihrer Gläubigerschaft gemachten und von der letzteren mit großer Mehr heit genehmigten Akkordanträge ist durch das hiesige Stadtgericht versagt worden.

Nach einer Veröffentlichung des Bunds der Bau⸗, Maurer—⸗ und Zimmermeister Berlins können gegenwärtig hier mindestens noch 800 1900 Maurer zu dem Tageslrhnsatze von 4-5 Be⸗ schäßftigung finden, da die Bauthätigkeit sich dermaßen entfastet hat, daß aus Mangel an Arbeitskräften vielfach Bauten haben liegen bleiben müssen.

Aus dem Rechnungsabschlusse der Gothaer Lebens versicherungs bank für 1874 kann vorläufig mitgetheilt werden, daß die Ergebnisse dieser Zeitperiode günstige waren. Von 4643 auf eine Versicherungssumme von 9, 9s, 360 Thlrn. gerichteten Anträgen wurden 3548 mit S319, 2240 angenommen. Ver⸗ slichen mit diesem ansehnlichen Zugang hielt sich der Ab⸗— gang an bestehenden Versicherungen in mäßigen Grenzen. Auch die Sterblichkeitsverhältnisse waren günstig. Im Ganzen hatte die Bank während des vorigen Jahres 1,(696,9. 0 Thlr. für g02 Ge— storbene zu vergüten. Die Zahl dieser Sterbefälle beträgt etwa UI9 weniger, als die angenommene Sterblichkeitsliste erwarten ließ, und der dafür zu vergütende Betrag steht um 27027 Thlr. unter der rechnungsmäßigen Erwartung. Nach Abzug des Abganges wurde ein reiner Zuwgchs an Versicherungen von 5711, 966 Thlr. gewonnen. Am Schlusse des Jahres maren bei der Bank 44644 Personen mit S9, 768,500 Thlr. versichert. Die Ein- nahme der Bank im vorigen Jahre belief sich auf 4110067 Thlr. worunter gs5 5g2 Thlr. Zinsen von ausgeliehenen Geldern begriffen sind. Da sich die Ausgabe für Sterbefallzahlungen, Dividenden u. s. w. auf 2765, 639 Thlr. beschränkte, so wuchsen von obiger Einnahme dem Bankfonds 1,B344,428 Thlr. zu und erhoben denselben auf 22985. 046 Thlr. Hiervon sind 15,574,789 Thlr. für Prämienreserve, 1493,‚223 Thlr. für Prämienüberträge, 396,102 Thlr. für sonstige Passiva und 4616941 für die den Sicherheitsfonds ausmachenden reinen Ueberschüfsse begriffen. Diese reinen Ueberschüsse kommen in den nächsten 5 Jahren (1875 mit 37 der Prämie) an die Versicherten zur Vertheilung. Das Jahr 1874 allein gewährte einen reinen Ueberschuß von 1,143.948 Thlr., den höchsten bis dahin in einem Jahre erübrigten Betrag. Der Verwaltungékosten⸗Aufwand beträgt einschließlich aller Agenturprovisionen nicht ganz 51 6 der Jahres⸗ einnahmen.

Eine der größten Brauereien der Vereinigten Staaten von Nordamerika ist Conrad Snipps (früher Snipp und Leh⸗ mans) Branerei in Chicago. Einer Schilderung der Chicago „Tri⸗ bune“ zufolge sind in dieser im Jahre 1856 von Conrad Snipp ge gründeten Brauerei gegenwärtig hundert Personen beschäftigt; sechszehn Wagen und sechszig Pferde besorgen die Ablieferung des Biers, von welchem jährlich hunderttausend Faß fast ausschließlich für den Stadt⸗ konsum gebraut werden. An Malz werden jährlich 30,000 Busphel urd an Hopfen 300,009 Pfund verbraucht. Das in diesem großen Etablissement, welches durch ein eigenes Seitengeleise mit der Eisen⸗ bahn in direkter Verbindung steht, angelegte Geschäftskapital beträgt eine Million Dollars.

Verkehrs⸗Anstalten.

Wie der „O. Anz.“ berichtet, wird mit Eifer an der Her⸗ stellung der Eisenbahnstrecke Leobschütz⸗Neisse gearbeitet. Das bedeutendste Bauobjekt dieser Eisenbahnlinie ist der riesige Damm bei Rasselwitz; dieser Damm ist 1709 Meter lang, 18 Meter hoch und sein Körper enthält 6900, 000 Kubikmeter Erde und Stein. Den Bau führt der Bauunternehmer Karl Weißhuhn, welcher die Arbeit bis zum April 1876 kontraktmäßig zu Ende führen muß. Das Material wird nächst dem Bahnhofe zu Deutsch⸗Rasselwitz gewonnen und auf eine Entfernung von 1700 Metern transportirt. Zu diesem Behufe werden 2 Lokomotiven von je 30 Pferdekraft und 200 Rollwagen verwendet. In dem Damme befinden sich 3 Unterfahrten von 73 bis 10 Meter Breite, 2 Durchlässe von je 3 Meter Breite und ein Viadukt mit 4 Oeffnungen von je 124 Meter Spannweite und 155 Meter Höhe bis zum Gewölbsabschlusse vom Wasserspiegel des durchfließenden Hotzenplotzbaches.

In der Hofbuchdruckerei von Carl Friese in Magdeburg erschien in handlicher Jorm ein am 18. Mal ausgegebenegß ‚Rord“ deutsches Eisenbahn-Couxrs buch“, bearbeikek im technischen Bureau des Direktoriums der Magdeburg ⸗Halberstädter Eisenbahn⸗ Gesellschaft. (Preis 50 Pf.)

Wien, 19. Mai. Für die zweite Hälfte dieses Monats ist die feierlich Eröffnung der Schiffahrt in der regulirten Donau in Aussicht genommen.