ließ en Sich viele der Anwesenden vorstellen und besahen Sich ein ige Räumlichkeiten in der oberen Etage des Neuen Palais.
Um 5 Uhr begann die Fahrt durch die Königlichen Gärten. Im ersten Wagen faßen die Beiden Monarchen, im zweiten vier⸗ spännigen Ihre Majestät die Königin von Schweden und die Kronprinzlichen Herrschaften. Die Prinzen und Prinzessinnen sowie das Gefolge schlossen sich in einer Reihe von Wagen an. Die Fahrt ging nach Charlottenhof, von da nach dem neuen Orangeriegebäude, nach Schloß Sanssouei, durch die neue Plantage, nach dem Pfingstberge, durch den Neuen Garten, am Marmor ⸗ Palais vorüber, durch Glinike nach Schloß Babelsberg, wo ebenfalls eine Umfahrt durch den Park gemacht wurde. Bis dahin hatte der Garten Direktor Jühlke die Führung übernommen; in Babelsberg machten Se. Majestät der Kaiser und König Allerhöchstselbst den Führer. Auf dem Pfingstberg und an der Siegessäule auf Babelsberg wurde ein kurzer Halt gemacht, um die Landschaft, die sich an diesem Nachmittage in ihrem ganzen Reize entfaltete, zu betrachten. In Babelsberg waren zwei Musikeorps aufgestellt; im Innern des Schlosses war ein Gouter servirt. Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften bewegten Sich zwei Stunden lang im Schloß und auf der Terrasse und begaben Sich gegen 84 Uhr nach der Station Neuendorf, von wo die Abfahrt nach Berlin in einem Extrazug erfolgte. Auf dem Wege durch die Parks wurde der
Königliche Zug überall von den enthusiastischen Kundgebungen
des Publikums begrüßt. J.
— Heute Morgen fuhren Ihre Majestäten der Kaiser und König und der König von Schweden mit Extrazug nach Potsdam - und kehrten von dort, nachdem Allerhöchstdiesel⸗ ben einem Exerzieren der kombinirten 1. Garde⸗Infanterie ⸗Bri⸗ gade im Feuer beigewohnt, gegen 1 Uhr nach Berlin zurück. Nachmittags 4 Uhr wird ein Paradediner im Weißen Saale des Königlichen Schlosses und den angrenzenden Gemächern statt⸗ finden, zu welchem gegen 300 Einladungen ergangen sind.
— Ihre Majestät die Königin von Schweden be⸗ suchte im Laufe des heutigen Vormittags in Begleitung Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin einige Sehenswürdigkeiten der Stadt. Allerhöchstdieselbe verließ heute Nachmittag um 3 Uhr Berlin mit der Anhaltischen Bahn, um Sich in Begleitung des Kammerfräulein Gräfin von Rosen, der Hofdame von Eketrät, des Ober⸗Kammerherrn Grafen von Cronstedt, des Kammerherrn von Lagerberg und des Leibarztes Professor Abelin nach Dresden zu begeben, woselbst die Ankunft um 6 Uhr erfolgen wird.
— Der Bundesrath hielt am Sonnabend, den 29. Mai, die 16. Plenar⸗Sitzung unter Vorsitz des Staats⸗-Ministers Dr. Delbrück.
Eine Vorlage, betreffend die zu erlassenden Bestimmungen über die Aufnahme der Gewerbestatistik im Deutschen Reiche, wurde den betreffenden Ausschüssen überwiesen. Demnächst wurde eine Mittheilung gemacht, betreffend den Abschluß einer Uebereinkunft mit Belgien über den Markenschutz.
Hierauf wurden Anträge gestellt, betreffend: a. das Ab⸗ kommen mit Luxemburg wegen der Uebergangsabgabe vom Branntwein; b. die Außercourssetzung verschiedener Landes⸗ münzen.
Es folgte die Beschlußfassung über den Abschluß einer Uebereinkunft mit Oesterreich⸗ Ungarn, betreffend den Marken⸗ schutz, und über die bei der Pensionirung eines Militärbeamten in Anrechnung zu bringende, im Gemeindedienste zurückgelegte Dienstzeit.
Ausschußberichte wurden erstattet über a. die Prägegebühr, die Prägung von Goldmünzen für Privatrechnung u. s. w.; b. eine Petition wegen Bewilligung eines neuen Termins zur Einlösung von Kupfermünzen; (. die Erbauung eines deutschen Krankenhauses in Konstantinopel; d. die Wahl der Mitglieder von Disziplinarkammern; die Besetzung einer Rathsstelle beim Reichs⸗Oberhandelsgericht.
Endlich wurden mehrere Eingaben vorgelegt.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
— Die vom Reichskanzler berufene Kommission von Sachverständigen für die Enquéte über die Eisen— bahntarif⸗Reform hat heute im Reichs⸗Eisenbahnamt mit der Vernehmung der weiteren Sachverständigen begonnen.
— Im weiteren Verlauf der Sitzung des Herrenhauses vom 29. d. M. zogen nach dem Beschlusse über den §. 65 die Antragsteller sämmtliche zu Abschnitt Y. des Entwurfes der Provinzialordnung vorliegenden Anträge zurück, wonächst die §§. 66 — 71 ohne Diskussion nach den Kommissions⸗Vorschlägen genehmigt wurden. S. 72 lautet nach der Fassung der Kommission:
3. 72 (jetzt 8. 67). (3Zusammensetzung des Bezirksraths) Der Bezirksrath besteht aus dem Regierungs⸗Präsidenten, beziehungsweise dessen Stellvertreter, als Vorsitzendem, aus zwei vom Minister des Innern auf die Dauer ihres Hauptamts am Sitze des Regierungs— Präsidenten ernannten höheren Verwaltungsbeamten und vier vom Provinzial⸗Landtag gewählten Mitgliedern. In gleicher Weise und in gleicher Zahl werden für die Mitglieder Stellvertreter ernannt be— ziehungsweise gewählt.
Auf die gewählten Mitglieder des Bezirksraths finden die Be⸗ stimmungen des §. 47, Absatz 4 und 5, sowie der 55 48 — 51 sinn— gemäße Anwendung.
5. 68. (Geschäfte des Bezirksraths in der allgemeinen Landes verwaltung.) Der Bezirksrath hat bei der Beaufsichtignng der Kom⸗ munal-Angelegenheiten der Kreise, Amtsverbände und Gemeinden, bei der Beaufsichtigung der Schulangelegenheiten und des Wegebaues nach näherer Vorschrift der Kreis-, Gemeinde Schul- und Wege⸗ ordnungen mitzuwirken. Dasselbe gilt von denjenigen Angelegenheiten der allgemeinen Landes verwaltung, welche durch besondere Gesetze dem Bezirksrathe überwiesen werden.
Sodann beantragte die Kommission, die 5§. 73 bis 78 zu streichen. Hierzu beantragte Herr v. Bernuth, diese Zusammen⸗ setzung des Bezirksraths (5. 72) aus zwei Regierungsbeamten und drei Laien unter dem Vorsitz des Regierungs⸗Präsidenten eintreten zu lassen. Herr Brüning beantragte einen Zusatz, nach welchem Mitglieder der Provinzialregierung nicht Mitglieder der Bezirksregierung sein können. Obgleich der Finanz⸗Minister Camphausen (S. unter Landtagsangelegenheiten) den Antrag v. Bernuth befürwortete, wurde derselbe dennoch abgelehnt,, dagegen der Antrag Brüning und mit diesem der §. 72 an— genommen. Die §§. 7J3— 97 wurden ohne weitere Diskussion nach den Verschlaͤgen der Kommission genehmigt, ebenso auch F. 98, nachdem zuvor der Referent Herr Elwanger die Stel⸗ lung, welche das Gesetz dem Landes⸗Direktor zuertheile, klar gelegt hatte. Ohne Diskussion wurden ferner die §§. S9 bis II6 nach den Vorschlägen der Kommission genehmigt.
Für F. 117 beantragte die Kommission folgende Fassung:
(5. II7 (jetzt 5. 196) (Grundsätze über die Vertheilung und Aufbringung der Provinzialabgaben Die Vertheilung der Previn⸗
zialgaben erfolgt auf die einzelnen Land und Stadtkreise nach dem Maßstabe der in ihnen aufkommenden Klassen. und klassifizirten Ein⸗ kommensteuer, der halben Gewerbesteuer, mit Ausschluß der Gewerbe⸗ steuer vom Hausirgewerbe, so wie der halben Grund- und Gebäude—⸗ steuer. J
Ferner beantragte die Kommission für die §§. 118 und 1II9 folgende von dem Abgeordnetenhause angenommene Fassung:
.S. 118. Bei dieser ge, , kommen die Behufs Aufbrin—⸗ gung der Kreis beziehungsweise der städtischen Kommunalabgahen in den einzelnen Land und Stadtkreisen nach den Vorschriften der S§8 14 —16 der Kreizordnung vom 13. Dezember 1872, beziehungs⸗ weise des §. 4 Absatz 3 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 be— sonders veranlagten Steuerbeträge mit in Anrechnung. Dagegen bleiben die von einer Belastung mit Kreis- und Gemeindeabgaben ganz oder theilweise befreiten Steuerbeträge (885. 17 und 18 der Kreigordnung, 5§. 4 Absatz 7 ff. der Städteordnung) mit Einschluß der Steuerbeträge der Mllitärpersonen außer Ansatz.“ ;
„8. 119. In den einzelnen Land, und Stadtkreisen erfolgt die Aufbringung der auf sie treffenden Antheile an den Provinzialabgaben gleich den übrigen Kreis« und beziehungaweise Gemeindebedürfnissen nach den Vorschriften der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872, be— ziehentlich der Städteordnung für die sechs östlichen Provinzen vom 30. Mai 1853 und des Gesetzes, betreffend die Verfassung der Städte in Neuvorpommern und Rügen vom 31. Mai 1853.“ ; .
Hierzu beantragte Herr Becker (Halberstadt), den §. 117 in der Fassung des Abgeordnetenhauses, jedoch unter Weglassung der Worte: „vom Haustrgewerbe“ wieder herzustellen. Sodann: me J. 18 den crsten Abfatz zir streichen, das Wort: „dagegen“ in „Ingleichen“ umzuändern und zwischen den Worten: „Steuer⸗ beträge“ und „mit in Anrechnung“ die Worte: „auf Höhe der Staatssteuer, welche von dem ihnen zu Grunde liegenden Einkommen zu entrichten wäre“ einzuschieben.
Das Haus beschloß, diese drei Paragraphen bei der Dis⸗ kussion zusammen zu fassen. Bei derselben betheiligten sich die Herren Bredt und Becker (Halberstadt) gegen die Kommisstons⸗ vorschläge, eben so auch der Regierungs⸗Kommissar, Geheimer Ober⸗ Finanz⸗Rath Rohde, der die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses zur Annahme empfahl. Baron v. Senfft⸗-Pilsach stellte den An⸗ trag, die Provinzialabgaben nur nach dem Maßstabe der in den Kreisen aufkommenden Klassen⸗ und klassifizirten Einkommen⸗ steuer zu vertheilen und Herr Hasselbach empfahl die Annahme des folgenden Antrages:
den §. 117 wie folgt zu fassen: „die Vertheilung der Provinzial abgaben erfolgt auf die einzelnen Land- und Stadtkreise nach dem Maßstabe der in ihnen aufkommenden direkten Staatssteuern. Hier— bei bleiben jedoch a. die Gewerbesteuer vom Hausirgewerbe, b. die von einer Belastung mit Kreis⸗ und Gemeindeabgaben ganz oder theilweise befreiten Steuerbeträge (55. 17 und 18 der Kreitordnung, §. 4 Absatz 3 der Städteordnung) mit Einschluß der Steuerbeträge der Militärpersonen außer Ansatz‘, den 5. 118 aber ganz zu streichen.
Dann wurde um 4 Uhr 5 Minuten die Diskussion auf heut vertagt.
— In der heutigen, um 111 Uhr durch den Präsidenten Graf Otto zu Stolberg⸗Wernigerode eröffneten (28.) Sitzung des Herrenhauses wurde die am Sonnabend vertagte Debatte über die 58. 117, 118 und 119 der Provinzialordnung fortge⸗ setzt. Am Ministertisch wohnten den Verhandlungen der Vize⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Camphausen, der Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und die Regierungs⸗Kommissarien Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Persius und Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Rohde bei.
Zu den am Sonnabend bereits gestellten Anträgen lag noch derjenige des Herrn Ho brecht vor, welcher die Verwerfung der Kommissionsvorschläge zu §. 117 und Wiederherstellung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses beantragte. An der Dis⸗ kussion betheiligten sich die Herren O. v. Kleist⸗Retzow, v. Mirbach und der Referent Dr. Ellwanger für die Vorschläge der Kommission, während Herr Dr. Baumstark sich gegen dieselbe und für die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses erklärte, die Herren Bredt und Becker (Halberstadt) den von dem letztgenann⸗ ten Herrn gestellten Antrag vertheidigten und Herr Hasselbach seinen Antrag zur Annahme empfahl. Auch der Finanz⸗-Minister Camphausen und der Regierungs⸗Kommissar Geh. Finanz⸗Rath Rohde nahmen Veranlassung, in die Debatte einzugreifen und die Annahme der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses recht warm zu empfehlen.
Bei der Abstimmnng wurden sämmtliche Anträge zu 5§. 117 abgelehnt (der Antrag Hobrecht auf Annahme der Be—⸗ schlüsse des Abgeordnetenhauses in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 47 gegen 44 Stimmen). Zu 5. 118 wurden die Anträge des Herrn Becker (Halberstadt) und mit ihnen der Antrag der Kommission angenommen. Die §§. 1I9 bis 141, sowie Titel und Eingang des Gesetzes wurden ohne jede Diskussion nach den Anträgen der Kommission genehmigt, ebenso auch das dem Gesetz angehängte Wahlreglement. Dadurch wurden die vorliegenden Petitionen für erledigt erachtet.
f . Schlußabstimmung über das ganze Gesetz soll morgen erfolgen.
Bei Schluß des Blattes begann die Generaldiskussion über den Bericht der XII. Kommission über den Ge— setzentwurf, betreffend die Ausführung der 55. 5 und 6 des Gesetzes vom 30. April 1873 wegen der Dotation der Provinzial-⸗ und Kreisverbände.
— Im meiteren Verlauf seiner Sitzung am 29. d. M. ge⸗ nehmigte das Haus der Abgeordneten den Gesetzent⸗ wurf, betreffend die anderweite Regelung der Ver⸗ pflichtung zur Leistung von Hand- und Spann⸗ diensten für die Unterhaltung der Land⸗ und Heer⸗ straßen in der Propinz Posen in zweiter Berathung mit der einzigen, von dem Abg. Rickert beantragten Aenderung, daß die Worte: nach Anhörung des Provinzial-Landtages der Pro⸗ vinz Posen“ in der Einleitung des Gesetzes gestrichen wur⸗ den. Es genehmigte ferner in erster und zweiter Be⸗ rathung den Gesetzentwurf, betreffend die Einlösung und Präklusion von Staatspapiergeld, nach wel— chem die noch in Cirkulation befindlichen kurhessischen Kassenscheine, die Noten der Landesbank zu Wiesbaden und die Darlehnskassenscheine nur noch bis zum 31. Dezember d. J. bei den von dem Finanz⸗Minister bestimmten Kassen zur Einlösung angenommen werden; doch wurden auf den Antrag des Abg. Dr. Petri auch die Scheine der vormaligen Landeskreditkasse in diese Maßregel mit eingeschlossen. Desgleichen wurde der Gesetz⸗ entwurf, betreffend eine Abänderung des Gesetzes vom 24. März 1873 über die Tagegelder und Reisekosten der Staats⸗ beam ten in erster und zweiter Berathung angenommen, ebenso in zweiter Berathung der Gesetzentwurf, betreffend die Auflösung des Lehnsverbandes der nach dem Lehnrecht der Kurmark, Altmark und Neumark zu beurtheikenden Lehne, zugleich mit der Resolution, die Königliche Staäatsregie⸗
l
rung aufzufordern, die Auflösung des Lehnsverbandes in allen preußischen Provinzen durch weitere Vorlage von Gesetzentwürfen möglichst bald herbeizuführen. Endlich wurde in erster und
zweiter Berathung der Gesetzentwurf, betreffend eine Ergänzung des Gesetzes über die Auflösung des Lehnsverbandes in Alt⸗, Vor- und Hinterpommern Die Sitzung
vom 4. März 1867, ohne Debatte genehmigt. schloß um 3 Uhr.
— In der heutigen (69.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, der am Ministertische der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt, der , Dr. Achenbach und der Mi⸗ nister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Frieden⸗ thal ꝛc. mit zahlreichen Kommissarien beiwohnten, wurden die in dem voranstehenden Bericht zuletzt erwähnten fünf Gesetzent⸗ würfe in dritter Berathung definitiv genehmigt. Nur wurde der Einführungstermin in 8. 5 des Gesetzentwurfs, betr. die an⸗ derweite Regelung der Verpflichtung zur Leistung von Hand⸗ und Spanndiensten für die Unterhaltung der Land⸗ und Heerstraßen in der Provinz Posen auf den Antrag des Abg. Wisselink unter Zustimmung des Handels⸗Ministers vom 1. Januar 1876 auf den 1. Juli 1875 verlegt. Ferner wurde ohne Diskussion in erster und zweiter Berathung der Gesetzentwurf, betr. die Abänderung einiger Bestimmungen des Forstgefetzes für das ehemalige Amt Olpe im Kreise Olpe, Regierungsbezirk Arnsberg, vom z. Januar 1810 genehmigt. Der Gesetzentwurf, betreffend einige Abänderungen der Vorschriften für die Ver⸗ anlagung der Klassensteuer, wurde ebenfalls in zweiter Berathung genehmigt, jedoch Artikel II. in folgender Fassung nach den Beschlüssen der Kommission, die jedoch heute zwei Ab⸗ änderungen erfuhren, angenommen.
Art. II. Zum Zwecke der Klassensteuerveranlagung können: 1) Gemeinden und selbständige Gutsbezirke, welche eine örtlich verbun« dene Lage haben, miteinander, 2) Gemeinden und selbständige Guts— bezirke von abgesonderter Lage mit weniger als 500 Einwohnern mit benachbarten Gemeinden durch die Bezirksregierung (Finanzdirektion) unter Zustimmung der Kreisausschüsse, beziehentlich in denjenigen Landestheilen, wo solche noch nicht vorhanden sind, der Kreisvertre— tungen bez. in den Hohenzollernschen Landen der Amtsversammlungen, sowie nach vorangegangener Anhörung der Betheiligten zu einem Ein⸗ schätzungsbezirke vereinigt werden.
Die Einwohnerzahl des kombinirten Einschätzungsbezirks darf in der Regel 1200 Seelen nicht übersteigen.
Für jeden solcher Einschätzungsbezirke wird nur eine Einschätzungs⸗ kommission (§5. 10 a. a. O.) gebildet.
Din Vorsitz in derselben und die hiermit nach §. 10 Litt. a. a. a. O. verbundenen Obliegenheiten hat der von der Bezirksregie⸗ rung (Finanzdirektion) zu bestimmende Gemeinde oder Gutsvorsteher beziehungsweise Amtmann oder Bürgermeister zu übernehmen.
Die Mitgliederzahl der Kommisston wird auf die einzelnen Ge⸗ meinden nnd Gutsbezirke nach Verhältniß der Einwohnerzahl ver⸗ theilt, mit der Maßgabe, daß mindestens ein Mitglied jeder Gemeinde und jedem Gutsbezirke zugetheilt wird. Für Gutsbezirke treten die Vorsteher derselben oder deren Stellvertreter, beziehungsweise ein von dem Gutsvorsteher zu ernennender Einwohner des Einschätzungsbezirks als Mitglied in die Kommission ein. Sofern auf einen Gutsbezirk mehr als ein Mitglied entfällt, werden das zweite und die ferneren Mitglieder durch den Gutsvorsteher ernannt.
Die sonstigen Obliegenheiten der betheiligten Gemeindevorstände und Gutsporsteher bezüglich der Klassensteuerveranlagung erleiden keine Aenderung.
Nachdem darauf das Haus den Rechenschaftsbericht über die Ausführung des Gesetzes vom 26. Mai 1874, betref⸗ fend die außerordentliche Tilgung von Staatsschulden zu seiner Kenntniß genommen, genehmigte es bei Schluß des Blattes den vom Herrenhause in veränderter Fassung zurückgelangten Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend den standesherrlichen Rechtszustand des Herzogs v. Arenberg wegen des Herzogthums Arenberg⸗Meppen unter Zustimmung des Zustiz⸗ Ministers Dr. Leonhardt.
— Bis Ende April 1875 sind für Rechnung des Deutschen Reichs zur Einziehung gelangt: An Landes⸗—Silber⸗ münzen: 1) Thalerwährung: 86,892, 150 66 2) Süddeutsche Guldenwährung: 104,018,299 S6 94 5. 3) Kronenthaler: 7,278,721 (S6 16 35. 4) Konventionsmünzen des Zwanziggulden⸗ fußes: 1,903,684 SM 78 J. 5) Speziesthaler schleswig⸗ holsteinischen Gepräges 15350, 000 S6 6) Mecklenburgische Währung: 123,996 66 30 J. 7) Hamburgische Kurantwäh⸗ rung: 621,217 6 50 3. 8) Lübische Kurantwährung: 217,663 66 20 J. Gesammtwerth 202,585,732 MS 88 5.
An Lande s-Kupfermünzen: 1) Thalerwährung: 368,813 66 45 5. 2) Süddeutsche Guldenwährung: 69,867 6 38 5. 3) Mecklenburgische Währung: 26,130 6 Gesammtwerth 464,810 4 83 5.
Summe 203,050,543 MSG 71 5.
. — Der Minister des Innern hat die Ober⸗Präsidenten er⸗ mächtigt, den Königlichen Bezirksregierungen und Landdrosteien zu gestatten, die Standesamtsregister und Formulare zu den Register-Auszügen für das Jahr 1876, je nach Umständen, im Wege der beschränkten Submission oder frei⸗ händig zu beschaffen, dabei aber bemerkt, daß die den Re⸗ gistern ꝛc. nach Maßgabe des Reichsgesetzes vom 6. Februar er. zu gebende Gestalt zur Zeit der Feststellung durch den Bundes⸗ rath unterliegt (5. 83 a. a. O.), daß daher bis zum Erlasse der bezüglichen Verordnung dem definitiven Abschlusse über die Herstellung der Standesamtsregister Anstand zu geben sein wird.
— Die Bezirksregierungen und Landdrosteien sind Seitens des Ministers des Innern angewiesen worden, dem Wunsche des Königlichen Central⸗Direktoriums der Vermessungen hierselbst entsprechend, der genannten Behörde fortan von seder in ihren resp. Bezirken eintretenden Ortsnamen⸗Veränderung un⸗ mittelbar nach deren erfolgten staatlichen Genehmigung direkte Mittheilung zu machen.
— Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Senator der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Schroeder, ist von Berlin ab⸗ gereist.
— Der General der Infanterie von Blumenthal, kom⸗ mandirender General des IV. Armee⸗Corps, welcher auf einige Tage von Magdeburg hier eingetroffen war, hat sich dorthin zurückbegeben.
— Der Oberst von Sodenstern, Abtheilungs⸗Chef im Kriegs⸗Ministerium, hat sich mit längerem Urlaub nach Gastein und dem Enghadin begeben.
— Die zum Besuch des 15. Cursus der Artillerie⸗Schieß⸗ schule kommandirten Königlich bayerischen Hauptleute sind nach Beendigung des Eursus in ihre resp. Garnisonen zurückgekehrt. .
— Der bisherige Spezial⸗Kommissarius in Frankfurt a. O., Regierungs⸗Rath Wulsten, ist in das Kollegium der General⸗— Kommission zu Cassel berufen worden.
Der in Aurich stationirte Oekonomie⸗Kommissar Krüger ist als Hülfsarbeiter in das Kollegium der General⸗Kommisston zu Hannover eingetreten.
— S. M. Knb. „Nautilus“ ist am 28. er. von Lissa⸗ bon in Gibraltar eingetroffen. An Bord Alles wohl.
— Der heutigen Nummer dieses Blattes liegt der Fahr⸗ plan bei, welcher für die Rheinische Eisenbahn am 15. d. M. in Kraft getreten ist.
— Der bleibende Ausschuß des Handelstages hat als⸗ bald nach Bekanntwerden des gegen die Handelsgerichte gehenden Beschlusses der Reichs⸗Justizkommission die Berufung einer außer⸗ ordentlichen Generalversammlung des Deutschen Handelstages be⸗ schlossen. Am Sonnabend Vormittag trat im Oberlichtsaale des Rathhauses diese außerordentliche Generalversammlung zusam⸗ men, um den von der Reichs⸗Justizkommission gefaßten Be⸗ schluß, die Handelsgerichte zu streichen, zu erwägen. Nach— dem der Präsident des Deutschen Handelstages, Kommerzien⸗ Rath Delbrück, darauf hingewiesen, daß nicht nur der Deutsche Handelstag in mehreren seiner Versammlungen, sondern auch der Deutsche Juristentag (1864) und der volkswirthschaftliche Kongreß (1864) entschieden für Handelsgerichte eingetreten wären, entspann sich eine äußerst lebhafte Debatte. Der Versammlung war von Seiten des bleibenden Ausschusses folgende Resolution vorgelegt, die von der Versammlung angenommen wurde:
„Der Deutsche Handelstag hält auch nach Kenntnißnahme der Protokolle der Justiz⸗Kommission des Reichstages und der gegen die Einführung von Handelsgerichten daselbft vorgebrachten Gründe an seinen auf dem ersten, dritten und vierten Deutschen Handelstage in Uebereinstimmung mit dem fünften Deutschen Juristentage und dem siebenten Kongreß deutscher Vokswirthe in Betreff der Handelsgerichte gefaßten Beschlüssen fest, da die für die Letzteren maßgebend gewesenen, in den stenographischen Ver⸗ handlungen und Denkschriften des Handelstages und seines Aus— schusses ausführlich niedergelegten Gründe in vollem Maße fort— bestehen.
t Der Deutsche Handelstag spricht daher die Erwartung aus, daß die deutsche Reichsregierung, wie ingleichen auch der Reichs⸗ tag, dem ablehnenden Beschlusse der Justizkommission keine Folge geben werde.
Insbesondere vermag eine Einrichtung, der zufolge für die Beurtheilung gewisser Klassen von Rechtsstreitigkeiten kauf⸗ männische Beisitzer zu den Amts⸗ und Landgerichten zugezogen werden, die Einsetzung selbständiger Handelsgerichte nicht zu ersetzen.“
, waren bei der Versammlung 108 Handelsvereine und Handelskammern, darunter drei aus dem Elsaß.
Posen, 31. Mai. (W. T. B.) Der Rittergutsbesßitzer v. Man kowski, der erwiesenermaßen die Person, welche die Exkommunikation des Propstes Kick in Kaehme verkündet hatte, vom Bahnhof Samter nach Kwilez beförderte, ist vom Kreis⸗ gericht zu Samter wegen verweigerten Zeugeneides in Haft genommen worden.
Breslau, 26. Mai. Bezüglich der Ausführung des Ge⸗ setzes, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch⸗katholischen Bis⸗ tihümer und Geistlichen, ist Seitens des Ober⸗Präsi⸗ diums der Provinz Schlesien an die Königlichen Regie⸗ rungen der Provinz eine Instruktion erlassen worden, deren allgemeine Bestimmungen wir im Folgenden zusammenfassen:
Was die Einstellung der Leistungen anlangt, so führt der §. 1 des Gesetzes vom 22. v. M. diejenigen Diözesen, Delegationsbezirke und Diözesan⸗Antheile auf, für welche die Bestimmungen zur Anwen⸗ dung zu bringen sind. Danach bleibt der Diözesanverband des Bischofs Reinkens in Bonn ausgeschlossen. Ferner sind von der Maß— regel der Einstellung diejenigen Leistungen ausgenommen, welche für die Anstaltsgeistlichen bestimmt sind. Unter den Anstaltsgeistlichen sind die an öffentlichen Anstalten fest angestellten Geistlichen, insbe⸗ sondere die Strafanstaltsgeistlichen zu verstehen, welche ihr Amt als ein Staatsamt bekleiden und deshalb selbst Staatsdiener sind. Diese erhalten daher ihre Bezüge aus Staatsfonds unverändert fort. Eben⸗ sowenig fallen die Religionslehrer an den öffentlichen Schulen unter das Gesetz, auch wenn sie Priester sind, da das Amt, welches sie be— kleiden, überhaupt kein geistliches ist. Sofern diese Lehrer jedoch außer dem bezeichneten Amte nach ein besonderes geistliches oder Kirchenamt, z. B. ein Pfarramt, inne haben, so findet das Gesetz auf das Einkommen aus diesem letzteren Amte selbstverständlich seine An⸗ wendung.
Die Einstellung umfaßt die Leistungen, welche direkt oder in— direkt für den Episkopat, die von ihnen dependirenden Behörden und Institute, sowie für den Klerus bestimmt sind. Von der Einstellung werden daher betroffen die Bischöfe selbst, die bischöflichen Stühle, die bischöflichen Behörden und Beamten, ferner die Domkapitel, Kollegiatstifter, deren Zubehörungen, sowie die Diszesanenanstalten, als Priester⸗ und Klerikalseminare, Emeriten und Demeritenanstal⸗ ten und endlich die gesammte Geistlichkeit.
Was die Leistungen für die Geistlichen betrifft, so sind darunter alle Aufwendungen, welche für den Klerus bestimmt sind, zu verste⸗ hen, gleichviel ob die Bewilligungen direkt an die Geistlichen oder an Kirchen, Kirchengemeinden und Kirchenkassen erfolgt sind, sobald sie nur zum Unterhalt der Geistlichen dienen. Es gilt dies daher auch dann, wenn die Bewilligung eines Zuschusses ohne jede nähere Be⸗ zeichnung des Zweckes erfolgt ist, und muß in solchen Fällen der Staatszuschuß in Höhe des Betrages eingezogen werden, den die Geistlichen aus der Kasse, zu welcher der Zuschuß fließt, beziehen.
Der Einstellung unterliegen sämmtliche Leistungen aus Staats—⸗ mitteln an die Geistlichen. Es kommt hierbei weder auf den Rechts- grund an, auf welchem die . beruhrn, noch auf den Termin der Fälligkeit. Es unterliegen daher auch diejenigen Leistungen der Einstellung, welche auf rechtlicher Verpflichtung beruhen, und ebenso wenig dürfen nachträglich diejenigen Leistungen gewährt werden, welche vor dem Termin der Einstellung schon fällig waren, aber aus irgend welchem Grunde noch nicht abgehoben sind. Jede Leistung hört mit dem 26. April auf. ;
Unter sämmtlichen Leistungen aus Staatsmitteln sind ferner nicht nur baare Besoldungen und Zuschüsse, sondern auch alle sonstigen materiellen Beihülfen zu begreifen, welche der Staat bisher zu den angegebenen Zwecken gewährt. Insbesondere fallen auch darunter alle Naturalprästationen an Getreide und Holz, ferner die Gebrauchs und Nutzungsrechte an Gebäuden und sonstigen Realitäten, sowie an Mo⸗ biliön jeder Art. Bei den „besonderen Fonds“, deren der §. 1 des Ge— setzes gedenkt, wird für die Provinz Schlesien vornehmlich der Frei⸗ kurgelderfonds in Betracht kommen.
Was die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen anlangt, so ist dieselbe für den Umfang des Sprengels nach 5. 2 des Gesetzes davon abhängig gemacht, daß der im Amt befindliche Bischof oder Bisthumsverweser der Staatgzregierung gegenüber durch schriftliche Erklärung sich verpflichtet, die Gesetze des Staates zu befolgen. Daneben ist für den einzelnen Empfangsberechtigten in Gemäßheit des 5. 6 die Wiedergufnahme der einzelnen Leistung von der Abgabe der schriftlichen Erklärung, dem Gesetz zu gehorchen, abhängig gemacht. Da neben der schriftlichen Form vom Gesetz sonstige Erfordernisse nicht gufgestellt sind, so genügt jede einer amtlichen Stelle gegenüber abgegebene schriftliche Erklärung des gesetzlich vorgeschriebenen Inhalts.
Endlich werden die Königlichen Regierungen der Provinz seitens des Ober⸗Präsidiums ersucht, diejenigen Staats und Kommunal⸗
behörden, welche bei der exekutivischen Beitreibung der Abgaben und Leistungen an die Geistlichen betheiligt sind, auf die Befolgung des §. 10 des Gesetzes wegen Sistirung der administrativen Exekution . der Dauer der Einstellung der Leistungen aufmerksam zu machen.
— 31. Mai. (W. T. B.) Der Weihbischof Wlodarski ist in der vergangenen Nacht gestorben.
Hannover, 29. Mai. (N. Hann. Ztg.) Das Provinzial⸗ Konsistorium hat die Kirchen⸗Kommissarien, Kreis⸗Schulinspek⸗ toren 2c. beauftragt, die Vorschläge zu Bewilligungen staatlicher Dien stalterszulagen ꝛc. für Volksschullehrer bis zum 1. k. M. einzureichen. Zur Ausfüllung sind Formulare mitge⸗ sandt, von denen für jeden Steuerkassenbezirk eins hestimmt ist. Da die Zulagen vom 1. Januar 1875 an gewährt bezw. fortgewährt wer⸗ den sollen, so soll wegen Bemessung der Dienstalterszulagen die Zahl der am 1. Januar 1875 vollendeten Dienstjahre eingetragen werden, z. B. 12, wenn der Lehrer im Laufe des Jahres 1862, 22, wenn er im Jahre 1852 angestellt ist. Nach der Mit⸗ theilung des Konsistoriums stehen zu den einmaligen persön⸗ lichen Gehaltszulagen nur geringe Mittel zur Verfügung, keinenfalls mehr als pro 1874. Danach sollen die Vorschläge eingerichtet werden, bei welchen übrigens nur ältere Lehrer von mindestens 20 Dienstjahren und nur in besonderen Fällen auch Lehrer von 12 bis 20 Dienstiahren zu berücksichtigen sind. Nur solche Lehrer, welche mindestens 12 Jahre gedient haben, sind überhaupt aufzuführen, diese aber auch sämmtlich, soweit sie nicht bestimmungsmäßig von den Dienstalterszulagen aus⸗ geschlossen und zu sonstigen persönlichen Zulagen nicht vorzu⸗ schlagen sind. Hat einer der aufzusuchenden Lehrer pro 1874 keine Dienstalterszulage empfangen, so soll der Grund davon kurz angegeben werden.
Magdeburg, 29. Mai. Ter Ober⸗Präsident der Provinz Sachsen, Freiherr von Patow, Staats⸗Minister a. D., ist von seiner Urlaubsreise nach Italien wieder hier eingetroffen.
Hechingen, 26. Mai. Man schreibt dem „Schw. M.“: Gestern Abend kam General v. Werder hier an und wurde am Bahnhofe durch den Kommandanten der Burg Hohenzollern, durch den Oberamts⸗ und Stadtvorstand und die Vertreter der Bürgergemeinde, sowie durch den Männerchor des Musikvereins, welcher einige patriotische Lieder vortrug, empfangen. Der Ge⸗ neral dankte für die ihm zu Theil gewordene Ehre und fuhr durch die beflaggte Stadt nach der Burg Hohenzollern, woselbst er übernachtete und heute die Besichtigung der Burg und die Inspektion der Garnison vornahm. Mit dem Mittagszuge fuhr der General nach Karlsruhe zurück.
Bayern. München, 29. Mai. Prinz Otto wird aus Gesundheitsrücksichten seine projektirte Reise an den Rhein vor⸗ läufig nicht antreten.
— Unter Vorsitz des Ministers v. Pfeufer werden im Staats-⸗Ministerium des Innern unter Zuziehung der. be⸗ treffenden Referenten des Königlichen Kultus-, Finanz⸗ und Justiz⸗Ministeriums Gesetzentwürfe, betreffend Bestimmungen über die Verfassung und das Verfahren der Behörden der inneren Verwaltung, seit Anfang dieser Woche berathen.
Württemberg. Stuttgart, 29. Mai. Der heutige Staats⸗Anzeiger für Württemberg enthält eine Verfügung des Finanz⸗Ministeriums, nach welcher die Umwechselung der Münzen süddeutscher Währung mit dem 7. Juni beginnt. Eine Einlösung von auf süddeutsche Währung lautenden Bank⸗ noten oder nicht württembergischem Staatspapiergeld findet nicht statt.
— Die Kammer erledigte heute die Berathung des Ge⸗ meinde-⸗Waldgesetzes. Die Endabstimmung ist noch nicht vorgenommen. Nächste Sitzung Dienstag. Auf der Tages⸗ ordnung steht u. A. die Berathung des Gesetzes, betreffend Ab⸗ änderungen und Ergänzungen des Notenbankgesetzes.
Reuß j. L. Gera, 28. Mai. (Leipz. Ztg.) Das heutige Doppelgeburtsfest an unserem Fürstenhofe ist dies⸗ mal besonders feierlich begangen worden. Se. Durchlaucht der Fürst vollendete heute das 43., die Fürstin⸗Mutter das 75. Lebens⸗ jahr und zwar Beide in erfreulichstem Wohlsein. Zur Vorfeier fand gestern ein Konzert und Ball in der Gesellschaft „Casino“ statt, welcher verschiedene Räume des Fürstlichen Küchengartens zur Benutzung überlassen waren. Der Garten war prächtig illuminirt, das Konzert fonnte aber der rauhen Luft halber nicht im Freien stattfinden. Die Fürstlichen Herrschaften erschienen gegen Abend in der Gesellschaft, in welcher, nebst dem ganzen hiesigen Offiziercorpz, auch die der Truppeninspizirung halber gegenwärtig hier anwesenden General⸗Major v. Scheffler, Re⸗ giments⸗Commandeur Oberst Graf Schlippenbach und andere Offiziere zugegen waren. Später war großer Zapfenstreich in der Stadt. — Heute früh eröffnete den Festtag eine Militär⸗Re⸗ veille. Alle Staats⸗ und anderen öffentlichen Gebäude, sowie verschiedene Privathäuser hatten geflaggt. In sämmtlichen Schulanstalten fand durch alle Klassen eine dem Fest⸗ tage geltende Feier statt. Um 19 Uhr Vormittags be⸗ gann eine Festmusik des Herfurthschen Stadtorchesters vom unteren Rathhausbalkon und bald nachher der Festgottesdienst in der St. Sal vatorkirche, veranstaltet vom Oberpfarrer v. Criegern. Mittag folgte große Parade, zu welcher auch die wegen Ein⸗ übung mit dem Mausergewehr einberufene Reserve kommandirt war. Se. Durchlaucht der Fürst erschien, von Hurrahrufen des Militärs begrüßt, Punkt zwölf Uhr am Paradeplatz und wurde hier von den oben genannten fremden Offizieren begleitet. Vom Mittage ab fanden Festessen in verschiedenen Lokalen, sowie Nachmittags Konzerte und Abends Bälle statt, während jetzt am Abend die Feuerwehr von Untermhaus mit Musik und Fackelzug sich nach dem Fürstlichen Residenzschlosse Osterstein hinaufbewegt.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 29. Mai. Tie Kaiserin und die Erzherzogin Marie Valerie sind am 24. d. M. um 6 Uhr Nachmittags, der Erzherzog Franz Carl ist am 25. d. M., Mittags, in Ischl angekommen.
— Der Großherzog von Mecklenburg traf, der „Wien. 3.“ zufolge, am 23. d. M. in Gräfenberg zum Kur⸗ gebrauche ein.
— Der Reichs⸗Kriegs⸗Minister Frhr. v. Koller ist heute von seinem Urlaube aus Baden zurückgekehrt und hat die kurren⸗ ten Geschäfte wieder übernommen.
— 30. Mai. Heute Vormittag 1114 hat auf dem dazu hergerichteten Festplatz unterhalb der Stadtlauer Eisenbahnbrücke die feierliche Eröffnung des neuen Do nau⸗Durchstichs durch den Kaiser stattgefunden. Der Kaiser war von den meisten Erzherzogen begleitet. Die Reichs⸗Minister Graf Andrassy, von Holzgethan, von Kaller, sämmtliche Mitglieder des österreichischen Ministerraths, viele Mitglieder des diplomatischen Corps, eine G große Anzahl von hohen Civilbeamten und Generalen, der
niederösterreichische Statthalter und Landesausschuß, der Bürger⸗ meister Felder und die Gemeindevertreter der Stadt Wien, sowie eine große Anzahl anderer geladener Gäste wohnten der Feier bei. Minister Lasser hob in seiner Ansprache an den Kaiser hervor, daß das schöpferische Wort des Kaisers dem Werke die Entstehung gegeben, und daß dieses Wort die Opfermilligkeit aller dabei Betheiligten hervorgerufen habe; er wies sodann auf die großen Vortheile hin, die das Unternehmen für das ganze Reich, besonders aber für Niederösterreich und für die Reichs- Hauptstadt zur Folge haben werde, und schloß dankend mit einem enthustastisch auf⸗ genommenen dreimaligen Hoch auf den Kaiser. Der Kaifer er⸗ widerte, daß er zu seiner wahren Freude das Werk vollendet sehe, dessen Beginn er erst vor verhältnißmäßig kurzer Zeit durch den ersten Spatenstich inaugurirt habe. Er hoffe, daß die vom Reiche, vom Lande Niederösterreich und von der Stadt Wien dafür gebrachten Opfer durch die in Aussicht stehenden Vortheile reichlich würden aufgewogen werden. Dadurch, daß die größte Ader des Wasserverkehrs näher an die Reichshauptstadt gerückt worden, sei zugleich die Bedingung gegeben, daß Industrie, Handel und Verkehr, auf deren Gedeihen er großes Gewicht lege, sich immer mehr befestigten, erweiterten und aufblühten. Nachdem der Kaiser hierauf den Mitgliedern der Donau⸗Regulirungs⸗Kom⸗ mission seine volle Anerkennung ausgesprochen, auch den Bau⸗ unternehmern und Ingenieuren gedankt hatte, bestieg derselbe, von der ganzen Versammlung gefolgt, den festlich geschmückten Dampfer „Ariadne“ und fuhr auf demselben, von vielen anderen Dampfern begleitet, stromaufwärts durch das regulirte Strom⸗ gebiet bis nach Nußdorf. Die Fahrt dauerte gegen 13 Stunden, und wurde der Kaiser während derselben von der auf beiden Ufern der Donau zusammengeströmten Bevölkerung mit enthu⸗ siastischen Zurufen begrüßt. Von Nußdorf aus begab sich der Kaiser mittelst Wagen nach Schönbrunn.
Lemberg, 28. Mai. Ungeachtet des Widerspruches der polnischen Abgeordneten gelangte im Landtage eine Zuschrift der Bauern und Ruthenen zur Verlesung, in welcher diefelben erklären, daß sie deshalb an der Berathung und Beschließung des Propinationsgesetzes nicht Theil nahmen, weil sie mit den Prinzipien des Gesetzes nicht einverstanden seien. Die Unter⸗ zeichneten ersuchen schließlich, ihre Verwahrung in das Sitzungs⸗ protokoll aufzunehmen. Da dies jedoch der Geschäftsordnung zuwiderläuft, so ließ der Vorsitzende darüber abstimmen, ob der Landtag die Erklärung der Opposition einfach zur Kenntniß nehmen wolle, worüber sich eine geringe Majorität erst bei der namentlichen Abftimmung verneinend aussprach.
Pest, 29. Mai. In einem am letzten Mittwoch abgehalte⸗ nen Ministerrathe hat die ungarische Regierung die Vor⸗ arbeiten für den künftigen Reichstag begonnen und auch einige wichtige Fragen der Verwaltung ihrer Lösung zugeführt. Das Hauptinteresse in der öfilichen Reichshälfte konzentrirt sich gegen⸗ wärtig auf die Wahlbewegung, die allenthalben bereits im Zuge ist. Die Wähler der innern Stadt Pest haben in einer am 26. d. M. abgehaltenen Versammlung einstimmig beschlossen, Franz Deak abermals zum Deputirten zu wählen.
Agram, 28. Mai. Der Banus theilt im Landtage mit, daß die Gesetzartikel über Abänderung der Strafprozeßordnung, über den Gebrauch der Presse, über die Zusammensetzung der Geschworenenlisten für Preßgerichte, über Aufhebung der Ketten⸗ strafe und über die bedingte Beurlaubung der Sträflinge von Sr. Majestät dem Kaiser sanktionirt seien. Nach der Anmel⸗ dung mehrerer Einläufe werden gemeinschaftliche Reichstagsgesetze publizirt. — Der Ausschuß des kroatischen Juristenvereins hat beschlossen, für den 19. Oktober, als dem Jahrestage der Er⸗ öffnung der Agramer Universität, einen allgemeinen kroatischen Juristentag in Agram abzuhalten.
Schweiz. Bern, 24. Mai. (K. 3.) Nach der offiziellen Mittheilung der Bundeskanzlei weist das Endresultat jetzt für das Civilstands⸗ und Ehegesetz 211,500 Ja gegen 201,733 Nein auf und für das Stimmrechtsgesetz 200,408 Nein gegen 201,401 Ja. Somit ist das erstere Gesetz mit einer Mehrheit von 9767 Stimmen angenommen und das letztere Gesetz mit einer Mehrheit von 4007 Stimmen ver⸗ worfen worden. Das letztere geht nun an die Bundesversamm⸗ lung zurück, welche sich beeilen wird, dasselbe in verbesserter Auflage dem Volke nochmals zur Vorlage zu bringen. Die Hauptursache, welche am Sonntag seine Verwerfung veranlaßt hat, war unzweifelhaft die Bestimmung, daß die Niedergelassenen und Aufenthalter schon nach einigen Monaten Niederlassung und Aufenthalt zur Theilnahme an der Abstimmung über Ge⸗ meindeangelegenheiten berechtigt sein sollten.
— Bekanntlich hatte der Bundesrath auf die Beschwerde der 94 katholischen Geistlichen des Jura gegen ihre Aus⸗ weisung aus dem Kanton Bern, welche nach der neuen Bundes⸗ verfassung unzulässig ist, einen vermittelnden Beschluß dahin gefaßt, ehe er in der Sache selbst verfüge, vorerst von der Re⸗ gierung des Kantons Bern eine schleunige Erklärung darüber zu fordern, was sie in der Angelegenheit zu thun gedenke. Diese Aufforderung erging an die Kantonalregierung unterm 27. März. Nach 5 Wochen antwortete letztere, daß sie dem demnächst zu⸗ sammentretenden Großen Rath ein Gesetz vorzulegen beabsichtige „über den Privatkultus der vom Staate nicht anerkannten Sekten.“ Der Berner Rath hat sich denn auch am 19. Mai versammelt, jedoch lediglich eine vorberathende Kommission er⸗ nannt, welche in einer der nächsten Sesstonen über den Gegen⸗ stand Bericht erstatten soll. .
Basel, 28. Mai. Den „Basler Nachrichten“ zufolge ist Marschall Bazaine seit einigen Tagen bei dem Grafen Persignh am Quai des eaux vives in Genf abgestiegen.
Belgien. Brüssel, 29. Mai. (W. T. B) Das hiesige Zuchtpolizeigericht hat von den Personen, welche wegen der am letzten Sonntag vorgekommenen Ruhestörun⸗ gen unter Anklage gestellt waren, zwei zu einmonatlichem und zwei zu vierzehntägigem Gefängniß verurtheilt.
Großbritannien und Irland. London, 29. Mai. (K. Zig) Lord Sandhurst wird demnãächst das irische General⸗Kommando niederlegen. Sein Nachfolger wird General Sir John Michel. Bis zum Jahresende werden sämmtliche eingeborne Truppen Zndiens mit Snider gewehren be⸗ waffnet sein. Während der Anwesenheit des Prinzen von Wales in Indien wird ein großes Heerlager in Delhi oder Agra versammelt werden; die indische Regierung kauft bereits in Saharunpore Pferde für die Reise des Prinzen.
— 27ö. Mai. Die auch von ung in letzter Nummer ge⸗ brachte Mittheilung, Gladstone werde in der nächsten Num⸗ mer der „Contemporarn Review“ einen Artikel über den „Prinz Gemahl und Hof der Königin Vietoria“ ,, wird von ihm heute in der „Times“ dementirt. — Prinz Louis Rapoöleon besichtigt heute die Chathamer Werfte; die Ofsigiere