1875 / 124 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 May 1875 18:00:01 GMT) scan diff

der „Royal Engineers“ veranstalteten ihm zu Ehren ein Diner, 9 dem General⸗Major Erskine und mehrere andere hochgestellte iere geladen sind.

ö . Strafanstält ist nunmehr definitiv abge⸗ schafft. Der Bericht der Gefängniß⸗Inspektoren vom Jahre 1870 und spätere Untersuchungen haben die fernere Aufrechterhaltung dieses Inflituts zu einer moralischen Unmöglichkeit gemacht. Die Zwangsarbeiten an den Befestigungswerken, welche die Verbre⸗ cher leisten mußten, führten an sich zu keinem ersprießlichen Er⸗ gebnisse, sondern standen fast in umgekehrtem Verhältnisse zu ihrem Nutzen. Daneben aber übte das beständige Zufammensein

aller Verbrecher, jung und alt, ohne genügende Beaufsichtigung

einen unheilvollen Einfluß auf die noch besserungsfähigen Ele⸗ mente unter ihnen aus und bildete eine Klasse heran, die bei ihrer Entlassung aus der Haft schlimmer war, denn da sie hin— einkam. Im Herbste wird das lange versprochene Werk G. O. Trevelyans über das Leben und die Korrespondenz Lord Ma— caulays veröffentlicht werden. Gleichzeitig wird eine Sammlung interessanter Briefe von John Stuart Mill in Aussicht gestellt.

Frankreich. Paris, 30. Mai. (W. T. B) Aus De⸗ putirtenkreisen verlautet, die Linke werde betreffs des Gesetzes über die öffentlichen Gewalten und zwar in Bezug auf die Einberufung der Deputirtenkammer Modifikationen bean⸗ tragen, wolle jedoch, falls dies eine NMinisterkrisis zur Folge haben sollte, zu deren Vermeidung auch für die Vorlage in ihrer gegenwärtigen, unveränderten Gestalt ihre Stimme abgeben. Bei der Redaktion des bo napartistischen Journals „Ni⸗ vernais“ in Nevers haben Durchsuchungen stattgefunden.

Versailles, 29. Mai. (W. T. B.) Der Vizepräsident des Konseils, Buffet, und der Justiz-Minister Dufaure wohnten der heutigen Sitzung der Dreißiger Kommission bei. Die Minister erklärten sich beide sehr bestimmt gegen jede eingreifende Umgestaltung des Gesetzentwurfes über die Be⸗ ziehungen der Staatsgewalten. Die Minister hoben die Nothwendigkeit einer starken Regierungsgewalt, welche die Ordnung und Sicherheit verbürgen könne, hervor. Sie er⸗ klärten ferner, das Prinzip der Permanenz der National— versammlung, welches von der Linken aufgestellt ist, sich nicht aneignen zu können. Buffet bemerkte ausdrücklich, daß die Regierung auf ihrem Standpunkte sehr nachdrücklich bestehen werde, um die vollkommene Exekutivgewalt nicht schmälern zu lassen. In einzelnen Punkten der Frage des Rechtes der Kriegserklärung seien die Minister allerdings zu den Konzessionen bereit, welche die Fommission etwa für erforderlich halten sollte, es sei aber immerhin zu beachten, daß die eigent⸗

liche Garantie in dieser Frage in der Ministerverantwortlichkeit liege. Die Frage der Arrondissements wahlen ist in der Dreißiger⸗Kommifston noch nicht zur Erörterung gekommen. Im Laufe der nächsten Woche werden voraussichklich weitere Kon⸗ ferenzen der Minister und der Dreißiger-Kommisston stattfinden.

Die Nationalversammlung nahm in der heutigen Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend die Konzesstonirung der Eisenbahngesellschaft von Paris⸗Lyon zum Bau neuer Eisenbahnlinien, mit 554 gegen 23 Stimmen in erster Lesung

an. Ebenso wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Flandrisch⸗

Pieardische Eisenbahn, in erster Lesung ohne Debatte an⸗ genommen. Sodann erfolgte die Annahme des Hesetzentwurfes, betreffend die Pensionen der Offiziere.

Spanien. Madrid, 29. Mai. (W. T. B.) Einer Mit⸗ theilung der amtlichen „Gaceta“ zufolge ist der Carlistenführer Dorregaray in dem Treffen bei Akcora (Provinz Valencia) am Schenkel verwundet worden. Die Carlisten verloren 10 Mann an Todten und 200 Verwundete. Der im Kampfe mit den Carlisten gefallene Admiral Barcaztegui ist durch Ad⸗ mir al Polo ersetzt worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. Mai. Ihre Majestät die Kaiserin und Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Großfürsten Ssergei und Paul Alexandrowitsch, der Großfürst Wladimir Alexandrowitsch und die Großfürstin Maria Pawlowna sind gestern nach Zarskoje⸗Sselo, Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch, Konstantin, Dimitri und ,,, Konstantinowitsch vorgestern nach Pawlowsk über⸗ gestedelt.

Nr. 43 des „Amts-Blatts der Deutschen Reich tz⸗ Postve waltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 22. Mai 1875: Bezeichnung der Postanstalten in den Aufgabestem⸗ peln und Aufgabezetteln, Gebrauch der Aufga benummern.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Der Afrikareisende Dr. Nachtigal ist in Berlin eingetroffen. Am nächsten Mittwoch, 2. Juni, findet ihm zu Ehren eine Extra— sitzung der Berliner Gesellschaft für Erdkunde in der Urania am Leipziger Platz statt, weicher am Donnerstag, 3. Juni, Nachmittags 5. Uhr, ein Feftdiner im zoologischen Garten folgt. Tübingen, 29. Mai. Heute starb hierfelbst der in weitesten Kreisen bekannte Professor der Theologie Br. v. Palmer. Portsmouth, 29. Mai. Die. Schiffe der Nor dpol⸗ Ervedition „Alert und „Discovery“ find unter Führung des Kapitän Mares heute Nachmittag um 4 Uhr in See gegangen.

Konstantinopel, 27). Mai. (W. T. B) Bei dem in Klein asien stattgehabten Erdbeben sind mehrere Dörfer gänzlich zerstört worden. Ueber zweitausend Menschen sind umgekommen.

Land⸗ und Furstwirthschaft.

An der Feier des fünfundzwanzigsten Jubiläums

des Vereins der deutschen Rübenzuckerfabrikanten hat, wie aus Halle gemeldet wird, auch der Staats. Minister Pr. Del! brück Theil genommen. Derselbe war am 25. d. Mis. Abends in Halle eingetroffen und betheiligte sich lebhaft an den Verhndlungen des Vereins. Bei dem festlichen Mahle am 26. brachte der Staats Minister Dr. Delbrück einen Togst auf den Verein aus, in welchem die Praxig mit der exakten Wissenschaft sich verbinde. , Der Stand der Reben in Frankreich ist gegenwärtig ein ausgezeichneter und, viel versprechender. In Beaujolais, Maconnais und Cöte du Rhone läßt er nichts zu wünschen übrig; der Trauben⸗ schuß ist sehr stark und gut entwickelt. Gleiches wird aus andern Weingegenden Frankreichs gemeldet.

Gewerbe und Handel.

Die Sachverständigen⸗ Kommission der Berliner Fondzbörse hat folgende Usance festgestellt: Geschäfte in Deutschen Reich sbank⸗Antheil · Bezugssch ein en sind nach Erscheinen franko Zinsen zu erfüllen; falls außer der Einzahlung von 30* Agio noch eine solche von 506 des Kapitals auf Bezugsscheine gestattet irn sind diese, im andern Falle nur vollgezahlte Bezugsscheine ieferbar.

Die Generalyersammlung der Allgemeinen Bau- und Handels bank genehmigte die vorgelegte Bilanz und den Geschäfts— bericht pro 1874 durch Aktlamation, sowie die nach statutenmäßigen Abschreibungen und Dotirung des Reservefonds (HR) und der Tantiomen festgesetzte Dividende von 4x, wonach noch ein Gewinn⸗ Vortrag pro 1875 von 11,605 Thlr. verbleibt. Die Versammlung ertheilte hierauf durch Akkamation Decharge. Es wurde weiter be schlossen, zum Zweck der Reduktion des Grundkapitalg innerhalb 6. Wochen eine außerordentliche Generalversammlung anzuberaumen, bis dahin aber soll der Aufsichtsrath neue Aktien an' Stesle der prã⸗ kludirten nur soweit ausgeben, daß 200 000 Thlr. solcher Aktien zu⸗

rückbleiben. Verkehrs⸗Anstalten.

Wie der „Berliner Aktionär“ mittheilt, hatten Se. Ma je⸗ stät der Kaifer und König Sich die Entscheldung über die Füh⸗ rung von Pferde bahnen durch die so genannten elegankeren Straßen Berlins vorbehalten. Für eine der wichtigsten Linien ist nunmehr die Entscheidung ergangen. Mittelst Allerhöchsten Erlasses vom 18. d. M. ist nämlich die Anlage einer Pferdebahn vom Belle Alliance · Platze durch die Friedrichs“, Koch, Charlotten⸗ und Behrenstraße bis zur Friedrichstraße nach Maßgabe der vorgelegten Projekte der Großen Berliner Pferdebahn ⸗Gesellschaft genehmigt. Demgemäß hat der Handels. Minister bereits! unfenm 22. d. M. die Königliche Ministerial · BSaukommission ermächtigt, der Gesellschaft die Erlaubniß zur Anlage der Bahn zu ertheilen.

Die neueste Organisation der deutschen Pioniere. Der Einfluß und die Bedeutung, welche diejenigen mili—

Stellung, zur Zerstörung oder Unterbrechung einer Kommuni— lation, zur Herrichtung von Uebergangsstellen für Truppen und Kriegsmiaterial dienen, sowie die veränderten Bedingungen, unter denen der heutige Festungs⸗ und Belagerungskrieg geführt wird, haben zu mehrfach veränderten Organisationen innerhalb des deutschen Ingenieur⸗-Corps und der Pioniere geführt.

Das erstere, mit einem Friedensetat von 609 Offizieren, zerfällt in seiner neuesten Gestalt unter der General-Inspektion zunächst in 4 Ingenieur⸗Inspektionen, deren jede eine Pionier— und zwei Festungsinspektionen begreift. Das Ingenieur-Comitè ist eine ebenfalls der General⸗Inspektion direkt unterstellte Be⸗ hörde, deren Thätigkeit vorwiegend einen konfultativen Charakter hat. Jede Pionier⸗Inspektion hat 3— 4 Pionier⸗ Bataillone, jede Festungs⸗-Inspektion eine Anzahl Festungen (

bis 8) als ihr Ressort. Die Festung Straßburg steht jedoch,

und zwar bis zur Vollendung ihres Ausbaues, unter einer be— sonderen Inspektion.

Am wichtigsten sind die Veränderungen, welche die Pionier— Truppe in neuerer Zeit erfahren, und die sich auf die aus dem letzten Kriege gezogenen Lehren begründen. Jedes Bataillon besteht jetzs aus 3 sogenannten Feldpionier⸗Compagnien, die so⸗ wohl im Brückenschlagen als in der Laufgrabenarbeit und im Mineurdienst gleichmäßig ausgebildet werden, während die 4. für den eigentlichen Mineurdienst bestimmt ist und nur nebenbei auch die übrigen Dienstzweige (allgemeiner Pionierdienst) betreibt. Bei einer Mobilisirung werden nur die drei ersten Compagnien des Bataillons mobil, während die 4. (Mincur⸗) Compagnie sich vollständig auflöst. Sie giebt Detachements von Unteroffi⸗

zieren und Leuten an die ersteren ab, der Rest bildet

den Stamm der Ersatz⸗ Compagnie; außerdem gehen aus derselben, nach Einberufung der Reserven, 3 sogenannte Destungs⸗Pionier⸗Compagnien hervor, die sowohl auf Kriegsfuß gebracht, und dann den Landwehr⸗ und Reserve⸗Divisionen oder Belagerungsparks zugetheilt werden, als auch zur Besetzung und Vertheidigung der eigenen Festungen verwendet werden können.

Das Garde⸗ und das 4. Pionier⸗Bataillon stellen statt der oben genannten 3 Festungs⸗Compagnien 7 Feld⸗ resp. 5 Reserve⸗ Feldtelegraphen Abtheilungen *), die den einzelnen Armeen at— tachirt werden.

Außer diesen Formationen wird bei jedem Pionier-Bataillon ein Brückentrain mobil gemacht. Derselbe besteht aus 2 Divi— sions und einem Corps⸗Brückentrain, Erstere stoßen nebst je einer Pionier⸗Compagnie zu den Infanterie⸗Divisionen, der letztere verbleibt mit der 3. Compagnie zur Disposition des Corps-Com— mandeurs. Ein Divisions⸗Brückentrain führt 39 Meter Brücken— länge mit sich und zählt 14 Wagen; der Corps⸗Brückentrain hat 132 Meter Brückenlänge auf 335 Fahrzeugen. Neben der, zu jedem deutschen Armee⸗ Corps gehörigen Feldbrücken⸗ Equipage giebt es noch 4 Reserve⸗Ponton⸗Trains, die in Coblenz (323 Meter lang), Glogau (188 Meter lang), Magdeburg (286 Meter lang) und Graudenz (753 Meter lang) stationirt sind. Außer⸗ dem sollen noch für den oberen Rhein und die Mosel solche Re⸗ serve⸗Trains bereit gestellt werden.

Junge Leute, die bei den Pionieren eintreten wollen, müssen sich zum 1. Oktober melden; nur ausnahmsweise können Avan⸗ tageure auch später, und zwar bis zum 1. Mai des nächsten Jahres, eingestellt werden.

Internationale Gartenbau⸗Ausstellung zu Cöln im Jahre 1875.

Auf dem Ausstellungsfelde schreiten die Arbeiten rüstig vor. Die große Blumen und Früchtehalle ist fast vollendet, und die Maschinenhalle wird gleichfalls in kurzer Zeit fertiggestellt sein. Die Fundamentirungen fuͤr die guszustellenden Warm“ und Kalthäuser, deren bis jetzt 8 angemeldet sind, sind fast beendet, sodaß der Aufbau demnächst erfolgen kann. Die Abtheilung des großen neuen Feldes,

) Eine Feldtelegraphenabtheilung besteht aus einem Pionier⸗ detachement von 3 Offizieren, 10 Unteroffizieren, s; Mann und einer Train ⸗Colonne von 1 Offizier und 5 Train-Sold aten.

neben den Anlagen der Flora, in Beete für Rosen und Blumen, überhaupt Freilandpflanzen, ist bewirkt, der Boden bearbeitet und

2 z 2 2 , ö! 5 pe 50 5 * Fe . 29 30n 2 ö 5 9 ö tärischen Arbeiten im Felde haben, die zur Verstaͤrkung einer vorbereite. Manche Felder sind, bereits bepflanzt und die Anpflan

zungen erfreuen sich eines kräftigen Wachsthums. Den Samen für die Rosenfelder hat das Haus Carter L Go, in London geliefert.

Das landwirthschaftliche Ministerium in Preußen stellt 2 große goldene und 4 silberne Staatsmedaillen zur Verfügung.

Die Regierungen von Anhalt, Baden und Sachsen · Weimar wirken durch die resp. Organe für die Ausstellung und werden durch Kommissare, die bereits ernannt sind, vertreten sein.

Auch die dänische Regierung hat sich des Unternehmens lebhaft Wägenommen und steht eine starke Betheiligung der Interessenten Dänemarks in Auesicht.

Die Staatshahnen bewilligen fast ohne Ausnahme eine Fracht ermäßigung von 50 *, die meisten Privatbahnen und Dampfschiffs⸗ unternchmungen desgleichen.

Ein großes Interesse zeigt sich auch für die Ausstellung fossiler Pflanzen. Bergbehörden, Vereine, Private und Regierungen haben

ihre Betheiligung zugesagt. Der Ordnung dieser Abtheilung unter-

zieht sich Professor Dr. Ändrae in Bonn.

Architektur und Ornamentik werden von den berühmtesten Firmen des In⸗ und Auslandes vertreten sein.

Ebenso reichhaltig erfolgen die Anmeldungen für Maschinen, und dem Fachmann, wie dem Liebhaber wird die Ausstellung manche neue Erfindung bieten.

Das Exekutivcomits ist im Begriff, die Preisrichter im Verein mit dem landwirthschaftlichen Minister um für die Ausstellung zu ernennen.

Der illustrirte Führer durch die Ausstellung sowie Katalog, welche demnächst in 50 009 Exemplaren erscheinen werden, ist der Firma Rudolf Mosse in Cöln übertragen, während das Haus Joh. Bellstedt in Bremen die kontraktliche Ausführung sämmtlicher Bau— lichkeiten übernommen hat.

Die Nachrichten von Belgien und Frankreich, welche Kollektiv⸗ Ausstellungen veranstalten, lauten günstig.

Das Domgymnasium zu Merseburg begeht am 29. und 30. Juni und 1. Juli d. J. die Feier seines dreihundertjährigen Beftehenz. Zur Theilnahme an diesem Feste werden die ehemaligen Schüler und früheren Lehrer, sowie alle Freunde und Gönner der Anstalt eingeladen. Nach dem Programm findet Dienstag, den 29. Juni, Abends von 5. Uhr an, Begrüßung und gesellige Zusammenkunft der Festgenossen in der Funkenburg statt. Eine musikalisch deklamatorische Aufführung der Schüler, Concert und Bewirthung von Seiten der Stadt Merse⸗ burg sind in Aussicht genommen. Der Mittwoch bietet: Vormittags 96 Uhr Versammlung der Gäste auf dem Rathhause; 96 Uhr Fest⸗ zug nach dem Schloßgartensalon, daselbst Feftaktus, bestehend in Gebet, gesprochen vom Domdiakonus Markfius, zwei Reden von Schülern, Festrede des Konrektor Pr. Witte; Ansprachen und Be— grüßungen durch Behörden und Deputationen, dag Ganze eingeleitet und ahgeschlossen durch Gesänge der Schüler; Nachmittags 2 Uhr Festmahl in der Ressource und Abends von 7 Uhr an gesellige Ver⸗ einigung und Concert im Rischgarten. Donnerstag findet bei günsti⸗ gein Wetter ein Ausflug statt. Meldungen zur Theilnahme an der Feier sind unter Beifügung von 6 6 (für Festmahl 2c. spätestens bis zum 22. Juni zu richten an den Schriftführer des Fest⸗Comités, Gymnasiallehrer Drenckhahn in Merseburg. Freie Quartiere werden den auswärtigen Theilnehmern nach Möglichkeit in Auesicht gestellt. Desfallsige Wünsche sind der Meldung beizufügen.

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Im Wallnertheater werden am Dienstag zwei einaktige Novitäten zum ersten Male in Scene gehen und zwar: „Ein passio⸗ nirter Raucher“, Schwank von A. Gunther, und Madame Flott“, Pesse von Carl Görlitz. Den Schluß des Abends wird die neue Schweitzersch Posse „Zwischen Standesamt und Kirche“ bilden. Die Hauptrollen befinden fich in den Händen der Damen Wegner, Bredow, Walther ⸗Trost, Schmidt, v. Pachert und der Herren Kadelburg, Blencke, Keller und Schinidt. Hinter dem Pseudonym A. Günther verbirgt sich bekanntlich der Herzog Elimar von Oldenburg, welcher bereits eine Reihe wirksamer Bühnenstücke verfaßt hat.

s s TeDie Meininger Gäste im Friedrich- Wilhelm— stäbtischen Theater bringen am nächsten Donnerstag den Julins Gäsar und zwar zum Benefiz des Vereinz der Ber⸗ liner Presse zur Aufführung.

== Nachdem Hr. Direktor Buchholz zur Aufführung der Tra— gödie, Thomasiner von Lua in Folge des günstigen Eindrucks, welchen die vor Kurzem hier stattgehabte Rezitation des Werkes auf das Publikum gemacht, sich entschlossen, wird dieselbe im Ratz on althegter unter Mitwirkung der Königlichen Hofschauspielerinnen Frl. Clara Meyer und Fil. Leopoldine Stollberg, zu welcher Hr. General. Inten⸗

dant v. Hülsen die Erlaubniß ertheilte, am 14. Juni statt nden Frl. Stollberg spielt die Titelrolle und Frl. Meyer die Rot ,, ,. 3m Residenz⸗Theater ging am Sonnabend Abend das vom Bersiner Publikum dauernd mit Beifall aufgenommene Lustspiel Heinrich Heine mits theilweis neuer Besetzung in Scene Das In⸗ teresse wandte sich natürlich vorwiegend dem neuen Darsteller des Lotterie Collecteurs Hirsch Hrn. Max Löwe zu, der die schwierige Auf⸗ gabe hatte, Hrn. Panders meisterhafte Leistung in dieser Rolle' zu er— setzen. Es ist ihm dies in der That gelungen. Für den gewohnheits- mäßigen Theaterbesucher ergaben sich zwar viele Anklänge an die Pandersche Charakteristik; im Wesentlichen aber liegt, wie gesagt eine künstlerisch tüchtige Leistung auch in dem „Hirsch! des Hrn. Löwe vor. Die übrigen mitwirkenden Kräfte wunden ihrer Aufgabe ziemlich gleichmäßig gerecht, und beschränken wir uns darauf, des trefflichen Spieles des Hrn. Keppler als Harry Heine aufs Neue Erwähnung zu thun. Im Belle⸗Alliance⸗ Theater geht am Dienstag, 1. Juni, Otto Girndts Lustspiel: „Am andern Tage“ zum ersten Male in Scene; dasselbe ist bereits im Friedrich. Wilhelmstädtischen Theater aufgeführt worden. Diesem Stücke soll als nächste Novität das neuste Lustspiel Rudolf Kneisels, betitelt: ‚Blinde Kuh“ folgen.

Für das Jahres fest der schweizerischen Kunstvereine, das am 12. und 13. Juni in Basel stattfinden soll, hat die Fest⸗ kommission folgendes vorläufige Programm aufgestellt: Am 12. Juni, Nachmittags 3 Uhr, Delegirtensitzung in der Kunsthalle; Abends ge—⸗ sellige Zusammenkunft ebendaselbst. Am 135. Juni (Sonntags) haben die werthen Gäste und Festtheilnehmer bis Vormittags 11 Ühr Zeit, die Sehenswürdigkeiten Basels zu besichtigen, unter welchen die be— sonders zu diesem Zwecke arrangirte Gemäldeagusstellung im großen Saale der Kunsthalle eine hervorragende Stelle einnehmen soll. Um 11 Uhr ist die Hauptverjammlung in der Aula des Museums; um 1 Uhr das Festessen im Stadtkasino; um 4 Uhr Spaziergang nach dem zoologischen Garten, wo für abwechselnde Unterhaltung und Er—⸗ frischungen gesorgt ist. Um 6 Uhr Abfahrt vom zoologischen Garten in Privatequipagen; Halt bei der Burgvogtei. Um 8 Uhr kleines Bankett in der Burgvogtei, Festvorstellung durch die Gesellschaft des Hrn. Dir. Freund, lebende Bilder u. s. w.

Dr. Livingstone's Grab in der Westminster Abtei schmückt nun eine Tafel mit folgender Inschrift: Hier ruht David Kävingstone, Misstonar, Reisender, Philantrop, von getreuen Händen über Land und Meer gebracht. Er wurde geboren am 19. März 813 und star am 1. Mai 1573 in dem Dorfe Chitambo, UÜlald' Dreißig Jahre hindurch war sein Leben einer unermüdlichen Anstren⸗ gung gewidmet, die eingeborenen Racen das Evangelium zu lehren, die unentdeckten Geheimnisse zu erforschen und den verheerenden Skla⸗ venhandel von Centralafrika abzuschaffen, wo er, mit seinen letzten Worten, schrieb: Alles, was ich in meiner Einsamkeit hinzufügen kann, ist: mag des Himmels reicher Segen auf Jedermann, sei er Amerikaner, Engländer oder Türke. niederfallen, der helfen will, diese offene Wunde der Welt zu heilen.“ An den Seiten der Tafel befinden sich folgende Inschriften: „Tantus amor veri, nihil est quod noscere malim, quam fluvii causas per saeenla tanta latentes“; und: Ich besitze andere Schafe, die nicht von dieser Heerde sind: auch diese muß ich bringen, und ste sollen meine Stimme hören.“

In unmittelbarster Nähe des Züricher · See liegt ein Alpenthal, das bezüglich des Reichthunms seiner landschaftlichen Schönheiten den be—⸗ rühmtesten Gegenden der Voralpen ebenbürtig zur Seste gestellt wer⸗ den darf; es ist das im Kanton Schwyz beim Dorfe Siebnen sich öffnende Wäggithal. Gleichwohl bließ es dem großen Publikum lange eine fremde Welt. Seitdem sedoch die Gemeinden der March mit großem Kostenaufwande in der Thalsohle Felsen sprengten, Berge abgruben, Mauern emporbauten, Brücken über den wild dahin brausenden Strom schlugen und eine schöne, ebene, sichere Straße schufen, und seitdem im Hintergrunde des zweiten umfangreichen Thalkessels ein den Anforderungen unserer Tage entsprechendes gro— ßes Badehaus zur Aufnahme von Kurgästen und Wanderfreunden erbaut wurde, ist die Bedeutung des Waäggithales eine andere ge⸗ worden. Näheres darüber berichtet die neuerdings erschienene Bro- schüre: Der Kur- und Badeort Wäggittal ba Lachen am Zürichsee, Kanton Schwyz. Mit einer chemischen Analyse des Was⸗ sers von Dr. Joh. Wislicenus, und einer Empfehlung des Kurhauses von H. A. Berlepsch.

Redacteur: F. Preh m. Berlint Verlag der Expedition (Ke sse lh. Drück W. Elsner. Vier Beilagen

(inschließlich Börsen Beilagen, austerdem ein Fahrplan der Rheinischen Eisenbahn.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

121. Aichtamtliches.

Italien. Rom, 30. Mai. (W. T. B.) Die Deputir—⸗ ten kam mer hat gestern den Gesetzentwurf angenommen, durch welchen die Preise für einige Tabaksforten erhöht

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werden. Gestern fand bei dem Kronprinzlichen Paare auf dem

Ouirinal zu Ehren der Königin-Mutter von Schweden ein Diner statt.

26. Mai. Das vom General Garibaldij entworfene Tiberprojekt ist heute in den Abtheilungen der Deputirten⸗ kammer geprüft und öffentlicher Verlesung würdig befunden worden. Nach Garibaldis Plan soll der Teverone abgeleitet und der Tiberstrom so regulirt werden, daß für die Stadt Rom keine Ueberschwemmungen mehr zu befürchten sind. Die Kosten der Ausführung des Projekts sollen die Summe von 60 Mill. Franken nicht übersteigen, 32 Mill. der Staat beitragen und den Rest die Stadt und die Provinz Rom, indem erstere 3/0 der noch zu zahlenden 28 Mill. d. h. 21 Mill,, und die Provinz das vierte Viertel also 7 Mill. Franken beizutragen hat.

(Uebersicht für die Zeit vom 15. Februar bis Ende April.) Während der italienische Senat sich der Durchberathung eines neuen, für alle Provinzen des Königs⸗ reichs einheitlichen Strafgesetzbuches unterzog und diese große

Aufgabe zur Zufriedenheit des Landes löste (nur die aus Oppor— tunitäts⸗Rücksichten beibehaltene, resp. wieder eingeführte Todes— straße stieß vorzugsweise in Toscana, auf lebhaften Wider⸗ spruch), erledigte auch die Deputirtenkammer eine Reihe von

Gesetzezvorlagen. Dabei ist zu bemerken, daß man die Berathung

über die wichtigen, dem sogenannten pareggio oder Gleichgewicht der Staatsausgaben und Einnahmen gewidmeten Finanzgesetze Minghetti's noch nicht in Angriff genommen hat. Die Kammer

hatte von dem Tage ihres Zusammentretens nach den Wahlen, dem 23. November v. J. an, bis zum 21. März incl. im Ganzen 76 öffentliche Sitzungen gehalten. Nicht weniger als 96 Gesetzesvorlagen waren ihr von der Regierung zugegangen, von denen bis zum genannten Zeitpunkt 21 angenommen waren, 13 zur Berichterftattung gereift und für 24 die Bericht⸗ erstatter ernannt waren. Aus der Initiative der Kammer selbst waren 19 Vorlagen eingegangen, von denen eine genehmigt worden. Die angenommenen Gesetze, welche auch bald im Senate ihre Bestätigung erhielten, find folgende: Provisorisches Einnahmehudget für das Jahr 1875. Proviforischer Ausgabe⸗Ctat

für die 9 Obergerichte. Rekrutirungsgesetz für die Flotte für

1875 über die Klasse von 1854. Allgemeiner Ausweis für die Zweige der Staatsverwaltung des Jahres 1871. Proyvi⸗

sorisches Ausgaben⸗Budget für 1875. Zusatzkonvention mit

Belgien, die Postlarten betreffend. Konvention behufs Legung und Unterhaltung eines unterseeischen Telegraphendrahtes zur Verbindung des Festlandes mit Sardinien? Schiffs verkauf aus der Königlichen Marine. Aushebungsgesetz über die Klasse von 1855. National⸗Dotation für Garibaldi. Er⸗ höhung einiger Registertaxen. Rekrutirungsgesetz des Heeres

(konnte erst nach den Ferien zur Schlußabfsltimmung gebracht

werden). Endlich die Berner internationale Postkonvention. Ein Cirkular des Justiz⸗ und Kultus-Ministers Vigliani empfiehlt den Staatsanwälten strengere Ueberwachung der Kaͤnzel⸗

vorträge und mahnt die klerikale Presse daran, daß nicht

jede Rede des Papstes, die er an die Kirchthüren könne heften lassen, auch eo ipso in der Presse straflos sein würde. Der Papst selbst hatte für die Fastenpredigten Mäßigung und Enthaltung von Politik angerathen, doch klagte er nun selbst, daß seine Worte unter das Exequatur und die Censur der Re— gierung gestellt würden. Das Viglianische Reskript ist die energischste Verfügung der Regierung in den letzten Jahren.

Noch im Februar erschien eine zweite Deputation franzö⸗ sischer Geistlichen, diesmal aus Marseille, vor dem Papste, um bei diesem die Weihung der gesammten christlichen Kirche an das h. Herz Jesu zu erbitten. Es war eine Art von Konkurrenz gegen die großartigere Agitation, die in Issoudun ihren Sitz hat und durch den Bischof von Bourges geleitet wird. Der Papst bezog sich auf die Entscheidung der Kongregation der Riten. Die— selbe ist vor Kurzem erschienen, auch die deuische Presse hat davon Notiz genommen, ohne sedoch, wie es scheint, zu bemerken, daß die neue Jesuiten⸗Religion des h. Herzens eine Niederlage er⸗ litten; denn wenn auch in mildester Form, der Erlaß ist eine Abweichung, indem er es jedem Einzelnen selbst überläßt, sich dem h Herzen zu weihen (also fakultativ, nicht obliga⸗ torisch. Sogar klerikale Journale erklärten die Erfüllung des Petitums, für das man Millionen von Unterschriften zusammengebracht hatte, sogar für nicht rathsam. Dazu flimmt vollkommen, daß dieselbe Kongregation ein gewisses jesuitisches Gebet an die Notre Dame du sacr coeur nur in dem Sinne zulässig erklärt, daß der Betende unter Notre Dame seine Herrin, nicht aber die Herrin des Herzens Jesu verstände und der polnischen Geistlichkeit ward aufgegeben, bas durch die Uebersetzung deutlich zu machen. Man sieht, im Vatikan ist man nicht geneigt, den Jesuiten in ihre neuesten theologisch⸗mystischen Verstiegenheiten zu folgen. Man fürchtet mit Recht, die Opposition im Schooße der Kirche wach zu rufen. Bemerkenswerth ist, daß es immer Franzosen sind, welche für den h. Herz-Kultus auftreten und daß sie davon sich das Heil der Kirche und der „Gesellschaft“ versprechen.

War auch schon früher Seitens der Opposition und einiger Mitglieder der Rechten das italienische Garantiegesetz in die Erörterung der Presse gezogen worden, so geschah dies doch in verstärktem Maße, als (19. Febr.) die päpstliche Encyklika zuerst in Deutschland bekannt wurde. Der eigentliche Text, das latei⸗ nische Original, ist zuerst in dem zu Rom erscheinenden Osser— vatore komano (24. Februar) veröffentlicht worden. Die von der Kölnischen Zeitung mitgetheilten Briefe des verstorbenen P. Theiner fanden in Italien lebhaftes Interesse; ebenso beachtet wurden die antivatikanischen Schriften Gladstoners.

In dem Consistorio am 15. März ernannte der Papst außer einigen italienischen Prälaten zu Cardinälen Msr— Manning von Westminster, den eifrigen Peterspfennigsammler Bischof Deschamps von Mecheln, den er sten Amerikaner Closkey und den Grafen Ledochowski. Ein Breve vom 2. März, das erst später bekannt wurde, billigt vollständig den Protest des deut⸗ schen Episkopats gegen das bei Gelegenheit des Arnimschen Prozesses bekannt gewordene Cirkular des deutschen Reichs kanz⸗

Berlin, Montag. den 31. Mai

lers, das auf die Wichtigkeit des nächsten Konklaves aufmerksam

gemacht hatte.

Am 21. März wurde in Rom eine (englische) Baptisten⸗ lirche eingeweiht. Solche Ereignisse, auch die Einweihung eines Freimaurertempels, geben den Klerikalen jedesmal Verankassung zu einem Triduum, einem dreitägigen Reparations⸗Gottes dienste.

Garibaldi war noch lange der Gegenstand besonderer Aug⸗ zeichnungen. Der Ministerpräsident befuchte ihn am 2. März. Die Klerikalen verdroß es besonders, daß ihn der Fürst Torlonin bei sich empfing und den Besuch ihm zurückerstattete. Auch den König hätte Torlonia nicht befuchen dürfen, wenn er „wahrer Römer“ sein wollte, und doch war die Königliche An⸗ erkennung für die Trockenlegung des Fuciner Sees so natürlich als wohlverdient. Freilich hat Garibaldi der Politik entsagt und betreibt nur mit allem Eifer seinen Plan der Tiber⸗Syste⸗ mation und des Hafenbaues bei Fiumicino, sowie der Kultivsrung

der römischen Campagna. Die Ehre, Präsident des Veteranen I

vereins zu werden, überließ er seinem Sohne Menotti. Was Torlonia übel gemacht, schien den Klerikalen der Prinzipe Doria wieder zu verguͤten dadurch, daß er aus dem Senate augtrat.

Ein neues Buch des Generals La Marmora, „eine Episode“, rühmt sein eigenes Reitungswerk im Jahre 1845 in Genua. Es ging unbeachtet vorüber, nur daß in Italien die Härte des Urtheils über Mazzini verstimmte.

Wie wenig übrigens republikanische Tendenzen Boden finden, zeigt, daß der Jahrestag Mazzini's (10. März), an dem man 9. dem Capitol seine Büste laufstellte, in Rom spurlos vor—

eiging.

Am 14. März feierte man die Geburtstage des Königs Victor Emanuel und des Kronprinzen Umberto. Da der König in Neapel weilte, so nahm in Rom der Kronprinz die Parade ab. An seiner Seite bemerkte man den deutschen Gesandten, Herrn von Keudell, der auch am Abend dem Diner beiwohnte. Der stönig verließ Neapel am 17., um sich bald nach Venedig zu der Entrevue mit dem Kaiser Franz Josef (5. April) zu begeben. Schon seit Anfang März war die Rede von diesem Besuche; waren erst Ancona oder Brindist genannt worden, so stand nun Venedig durch die Entschließung des Kaisers fest.

Am 12. April fand in Neapel die feierliche Eröffnung der zoologischen Station des deutschen Professors Dohrn statt. Herr von Keudell, der sich leider verhindert fand, der schönen Feier beizuwohnen, sprach dies in einem Telegramm an den Unter⸗ richts Minister Bonghi aus, zugleich mit den besten Wünschen für das Gedeihen einer Anstalt, die in friedlicher Arbeit der Wissenschaft die Nationen einander näher bringen werde. Erst einige Tage später hatte Herr von Keudell Veranlassung, sich nach Neapel zu begeben, um dem Könige Victor Emanuel ein eigenhändiges Schreiben Sr. Majestät des Deutschen Kaisers zu überreichen.

Das italienische Volk, welches Deutschland aufrichtige Sympathien entgegenbringt, gab denselben durch die Aufnahme Ihrer FKaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin Ausdruck, fo weit das strenge Inkognito der Hohen Reisenden dies gestattete. Hohen Werth legte man besonders auf den Besuch, den der Kronprinz am 26. April dem Könige Victor Emanuel in Neapel macht. Daß die auf Anrathen der Aerzte bisher nicht ausführbase Reise Sr. Majestät des Kaisers nach Italien sich noch möglich zeigen möchte, ist ein allgemein sehnlichst gehegter Wunsch.

Die immer noch fortgesetzten Verkäufe der in Rente zu kon⸗ vertirenden Güter der Klöster und geistlichen Genossenschaften ergaben im Monat April für 580 Antheile 1,419, 931. 06 Lire. Die 3 vorhergehenden Monate erzielten für 1765 Antheile 4,583,926. g5, so daß 1875 bereits 6,002,958. 01 vereinnahmt sind. Betrug am 31. Dez. 74 der gefammte Erlös seit 26. Okt. 1867 4807783827. 57, so stellt er sich Ende April auf 486,9 781,785. 58.

Vom Beginn des Jahres bis Ende März erbrachten die Taxen auf Geschäfte 34, 656,125 Lire (gegen 32, 507,236 in der entsprechenden Zeit des Vorjahres), alfo einen Zuwachs von 2,648,889 Lire. Die Geschäftsthätigkeit ist darnach um 8 pCt. lebhafter, aber für normal darf man das Verhälthsß doch nicht halten, weil man bemerkt, daß diese ökonomische Thätigkeit sich nicht auf die Hauptcentren erstreckt, sondern mit seltenen Aus— nahmen auf Plätze zweiten Ranges.

Der Import betrug nach amtlicher Statistik in den 3 ersten Monaten des Jahres 1875 315,975,139 Lire an Werth, die Exporte 283,579,740. Auch hier im Vergleich zu 1874 eine Erhöhung, des Imports um 620,372, des Exports um 24,360,209 Lire. Diejenigen Waaren, welche vergleichsweise am meisten durch zunehmenden Import sich auszeichnen, sind Kaffee, Zucker, Baumwollengewebe, Leinen⸗ und reine Seiden⸗ gewebe, in Abnahme dagegen zeigen sich Wein, Alkohol, gesal⸗ zene Fische, Cerealien, Maschinen und Instrumente für Künste und Gewerbe. Bei den Exportwaaren zeigen sich in vergleichs⸗ weiser Aufnahme: Wein, Slivenöle, Pomeranzen, gegerbte Felle, roher Hanf und Lein, Cerealien, Kramwaagren, roher Schwefel; während in Abnahme geriethen: die chemischen Produkte, Vieh, rohe Seiden, Gewebe aus reiner Seide und bearbeitete Korallen.

Die Einnahmen des Telegraphendienstes haben sich nicht erhöht, dagegen find die Ausgaben etwas gewachsen. 1873 brachten Privattelegramme 7, 454,219 Lire, 1874. 7,285,576. Telegramme wurden befördert:

1874. 1873.

Privat im Innern.. . 3,945,590 3, 775,637 Private nach dem Auslande 36565, 562 358, 226 Regierungstelegramme . . 161,867 163,867 Dien sttelegramme . . 138,265 129,668 Vom Auslande gingen ein. 376,668 377,618

Landtags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 31. Mai. In der Sitzung des Herrenhauses am 28. d. M. nahm der Minister des Innern Graf zu Eulen⸗ burg in der Spezialdiskussion über §. 9 der Provinzial⸗ ordnung usammensetzung der Provinzialversammlung) nach dem Herrn Bredt das Wort:

Meine Herren! Die Aeußerungen der verschiedenen Herren über die Amendements und deren Theile sind so eingehend gewesen, daß ich kaum nöthig hahe, etwas hinzuzusetzen. Sie werden sich ja Ihr Urtheil bilden oder schon gebildet haben. Worauf aber die König.

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Fluß, der die Produkte der Provinz trägt, der bewässert, befruchtet, dient ebenso gut den Städten, wie dem platten Lande. Ich glaube daher, daß in der Provinzialvertretung der Gegensatz zwischen Stadt und plattem Lande viel weniger hervortreten wird, als auf den Kreistagen. Aber eine Befürchtung möchte gerechtfertigt sein, sie ist heute nur angedeutet worden, aber sie prävalirt, nämlich daß die großen Städte nicht hineinwollen in das von der Provinzialordnung angedeutete System der Bezirks. und Previnzialräthe, daß sie ge— wissen kleineren Verwaltungskörpern und gewissen niederen Stationen der Administration entzogen sein und unter einen höheren Gesichts⸗ punkt gestellt sein wollen. Das verstehe ich. Dieser Gedanke ist nicht neu, er ist schon vor Emanation der Kreigordnung auf den Antrag ge⸗ wisser . Städte im Kreise der Regierung ventilirt worden, und wenn auch die Legislation in diesem Punkt nicht ohne Schwierig⸗ keit ist, so ist doch der Gedanke ein solcher, mit dem sich die Regie⸗ rung vielfach beschäftigt hat. Das werden Sie mir zugeben, daß die Regulirung dieser Frage hier nicht hergehöoͤrt, sondern in das Gesetz, was ich, nach dem Zustandekommen der Provinzialordnung, für die alten Provinzen als das Nothwendigste halte, nämlich in die revidirte Städteordnung. Die großen Städte wünschen, direkt unter den Ober Präsidenten gestellt zu werden und zur zweiten Instanz den Minister des Innern zu haben. Diese Frage ist schen lebhaft ventilirt worden, und wenn ich auch die Gewißheit der Erfüllung dieses Wunsches nicht positiv aussprechen kann, denn ich bin nur eine Person im Ministerium, so kann ich sie doch im Allgemeinen in Aussicht stellen. Vielleicht dienen diese Bemerkungen dazu, um diejenigen Herren, die noch über die Zweckmäßigkeit des Wahisystems in der Provinzial⸗ ordnung zweifelhaft waren, mehr mit dem Gedanken der Regierung zu befreunden.

Ferner zu 5§. 18 (Wahlrecht):

Ich möchte Sie ersuchen, das Amendement des Herrn Hobrecht anzunehmen. Die Bestimmung, wie sie die Kommisfston gefaßt hat, halte ich für politisch nicht richtig; erstens bin ich an und für sich kein Partisant der beschränkten Wahlde en, wir haben auch in der neuern Gesetzgebung ung wesentlich davon losgemacht, mit Ausnahme der Bestimmungen in Bezug auf das Alter. Die Garantie für das Zustandekommen einer vernünftigen Wahl liegt nach meinem Dafür halten nur in der Zusammensetzung der wählenden Körperschaft, und kann nicht darin gesucht werden, daß eine Versammlung von ver ständigen Männern vorschreiben wird, aus welchen Kreisen sie be⸗ rechtigt sein sollen, ihre Vertreter zu wählen. Bei den Wahlen für den Provinziallandtag die Stimmen des Kreiscs gerade auf Kreis eingesessene beschränken zu wollen, scheint wirklich gar nicht motivirt zu sein; denn wenn man sie auf die Provinz beschränkt, so ist dabei ein so weiter und ein so enger Kreis gegeben, daß die Inter⸗ essen der Kreise und der Provinz gewahrt sind und zur Geltung kommen konnen. Dabei moͤchte ich noch auf zwei Gesichtspunkte auf- merksam machen; erstens glaube ich, würden Sie dadurch, daß Sie die Wahl innerhalb der Provinz ganz frei geben, den Städten einen ßerechtfertigten Gefallen thun, indem Sie dadurch ermöglichen, daß in irgend einem Kreise ein angesehener Mann der Provinz, der in einer Stadt wohnt, die nicht gerade diesem Kreise angehört, gewählt werden kann. Sie würden dadurch die Zahl der städtischen Ver- treter, von der befürchtet wird, daß sie zu klein werden würde, auf eine angemessene Weise erhöhen. Zweitens aber: nachdem Sie die Virilstimmen auf dem Provinzial-Landtage abgelehnt

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