1875 / 153 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Jul 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Städte führt, welche in den Thälern am Südabhang des Hissarschen Bergrückens liegen, einzuschlagen. Die genaue Marschroute der 8 gf ge ist noch nicht festgestellt, alles wird von den Umständen abhängen, welche sich unterwegs ergeben. Seitens des Emirs ist eine voll— ständige und bedingungslose Einwilligung zur Erforschung des Hissar— schen Gebiets ertheilt worden; aber der Emir selbst und Alle, welche in Hissar und Kuljab waren, machen darguf aufmerksam, daß die ganze Gegend zwischen dem Hissarschen Bergrücken und dem Amu⸗ Darja äußerst ungesund und Fiebererzeugend ist. Außerdem treiben irgend welche Afghanen bei Schirowat und Kerka Räubereien. Natürlich kann weder der eine noch der andere Umstand ein ernst⸗ liches ö des Besuches des Beglik Hissar bilden, und die Expedition hofft, ohne besondere Schwierigkeiten das ganze Gebiet von Baissun bis Kuljab und vom Hissarschen Bergrücken bis zur Mündung des Ssurch'ob zu durchziehen. Der Seconde⸗Lieutenant Wischnewskiß hat eine genaue Marschroutenkarte von Schachrissjobs von Kitab bis Karschi aufgenommen. Hr. Schwarz hat Ssamar— kand, Schaar und Karschi astronomisch bestimmt. Das ganze Relief der Gegend von Ssamarkand nach Kara-⸗Tjube, der Paß Tachta⸗ Karatscha, Koinar, Kitab, Schaar, Karabat, Kara⸗Tikan und Karschi ist durch Barometermessungen aufgenommen worden.

Das auf Kosten der Kaiserlich russischen Akademie der Wissen⸗ schaften herausgegebene Sanskrit-Wörterbuch, dem die Herren Otto Böhtlingk und Rudolph Roth fast 23 volle Jahre ihre un— ausgesetzten Thätigkeit gewidmet baben, wird nach wenigen Wochen seinen völligen Abschluß mit dem Erscheinen der letzten Lieferung des siebenten Theiles, der 58. des ganzen Werkes, erreichen.

Am 30. Juni hat ein heftiges Gewitter bei Prag wiederum großen Schaden angerichtet. Die österreichische Nordwestbahn wurde am 29. v. M. zwischen Deutschbrod und Okrouhlitz auf bei⸗ läufig 50 Klafter beschädigt, so daß die Passagiere bei dieser Stelle übersteigen mußten. Auch die Prag⸗Duxer Bahn wurde am 30. v. M. in Folge eines bei Schlan niedergegangenen Wolkenbruchs auf einer bedeutenden Strecke stark beschädigt; bei der Station Kolec mußten die Passagiere übersteigen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Um die Lebensversicherung unter den Landwirthen zu befördern, hat der Versicherungs Inspektor Schmidt zu Halle a. S. den Prospekt einer Aktiengesellschaft „Ceres, erste landwirthschaft⸗ liche Lebens und Hypotheken⸗Versicherungs⸗Aktiengesellschaft für das Deutsche Reich“, entworfen. Dieser Prospekt beruht auf der Idee, denjenigen Landwirthen, die ihr Leben versichern, das versicherte Kapital gegen genügende hypothekarische Sicherstellung sofort auszu— zahlen, so daß sie bis zu ihrem Tode die Zinsen und Prämien zu ent⸗ richten haben. Das auf 90 Millionen M normirte Aktienkapital soll die Mittel zur Zahlung der Versicherungskapitalien liefern.

Von der Ems schreibt man der „Nat. Ztg.“: „Die groß— artigsten Kanalbauten des preußischen Staats in dem Streifen Landes zwischen Oldenburg und den Niederlanden schreiten rüstig vorwärts. Bei dem wichtigsten aller dieser künstlichen Wasser läufe, dem Ems ⸗Jade⸗ Kanal, sind die Vorarbeiten soweit gediehen, daß der erste Spatenstich zu der wirklichen Arbeit erfolgen kann. Die ostfriesische Landschaft, sowie eine oder die andere anliegende Ge⸗ meinde haben kleine Zuschüsse bewilligt. In erfreulichstem Fortgang begriffen sind die Kanäle südlich ven Papenburg zu beiden Seiten der Ems. Hier steht für das laufende Jahr im Ganzen nicht weniger als eine Million Mark zur Verfügnng. Der Ems -Vechte⸗Kanal von Hanekenfähr nach Frenswegen, mit welchem zuerst begonnen worden ist und der die Wasser für das linksemsische Netz zu liefern hat, soll 1876 in den Erdarbeiten fertig weiden, 1877 mit Schleusen und allen sonstigen Bauwerken; zu gleicher Zeit der gleichfalls von der Ems nach Westen verlaufende Kanal Haren⸗Rütenbrook. Der sie aufnehmende der Ems, parallel laufende Süd Nord⸗Kanal wird alsdann auch schon wenigstens Torf liefern, so daß die industrielle Entwickelung dann ihren Anfang nehmen kann. Rechts der Ems hält noch die Zurückhaltung der Gemeinden auf, welche ost nicht einmal den Grund und Boden für den Kanal unentschädigt hergeben wollen.

Gewerbe und Fandel.

Vom Berliner Pfandbhrief-Institut sind bis Ende Juni er. 20 847,000 M 43prozentige und 6,489, 000 M 5prozentige, zufammen

27,336, 0090 ½ς Pfandbriefe ausgegeben. Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 4,921,500 S In der Feststellung begriffen 5 Dar- lehnagesuche auf Grundstücke zum Feuerversicherungswerthe von 602 850 S Im Laufe des Monats Juni angemeldet 10 Grundstücke mit einem Feuerversicherungswerth von 1,150,450

In der außerordentlichen Generalversammlung der Bran denburger Stärke und Syrup-Fabrik wurde einstimmig beschlossen, den Sitz der Gesellschaft von Berlin nach Brandenburg zu verlegen.

In der Generalversammlung der Aktionäre der Cöln⸗Min⸗ dener Bahn vom 30. Juni wurde der Bericht für das abgelaufene Jahr entgegengenommen und die vom Administrationgrath vorge⸗ schlagene Vertheilung einer Dividende von 66 /w * genehmigt. In Bezug auf die beantragte Abänderung der §§. 59 und 73 des Statuts wurde nach den Vorschlägen des Aufsichtsraths verfahren. Die statutenmäßig ausscheidenden Mitglieder des Administrationsraths wurden sämmtlich wiedergewählt.

Der Strike der Weber in Brünn dauerte wie die „Brünner Ztg. berichtet am 28. v. M. noch so ziemlich in der bisherigen Ausdehnung fort. Einzelne Arbeiter ließen sich wohl zur Wiederaufnahme der Arbeit bewegen, doch ist die Anzahl derselben eine geringe und sind es meist solche, deren Weiber, Töchter 2c. in den betreffenden Fabriken in irgend einer Weise beschäftigt sind. In den umliegenden Fabriks orten auf dem Lande sind bisher keine Arbeits⸗ einstellungen vorgekommen; auch der früheren Meldung von einem Strike in den Butschowitzer Etablissements, wo ungefähr 600 Ar— beiter beschäftigt sind, wird nun widersprochen und die erste Nachricht im Thatsächlichen auf eine Geringfügigkeit reduzirt. Beim Bezirks— gericht fand am 27. v. M. die Verhandlung gegen einige Arbeiter statt, welche andere durch Drohungen von der Arbeit abzuhalten suchten, und wurde der eine zu 6 Wochen, eine Arbeiterin zu 16 Ta gen Arrest verurtheilt. ;

Die New⸗Yorker Handelszeitun'g“ schreibt in ihrem vom 13 Juni datirten Wochenbericht: Das Geschäft nahm in den ersten Tagen dieser Berichtswoche, soweit die Exportbranche in Betracht kam, einen entschieden lebhafteren Verlauf; seitdem jedoch wurde die regere Thätigkeit durch die per Kabel gemeldeten zahlreichen Fallisse⸗ ments in England wieder auf sehr bescheidene Grenzen reduzirt. In Importen war das Geschäft ohne Belang, namentlich in fremden Webstoffen, für welche die Saison geschlossen ist. Im Geldmarkt hat die Situation während dieser Berichtswoche keine Veränderung erfahren. Die Anhäufung von flüssigem Kapital dauert an; dasselbe kann nur schwer temporäre, geschweige dauernde Verwendung finden; denn ein Aufschwung des Geschäfts macht sich nicht fühlbar. Auch der Westen stellt gegenwärtig keine Anforderungen an New - Jork, da bis zur Mobilisirung der Getreideernte noch mehrere Monate vergehen. Was die Börse an dDdisezoniblen Fonds nicht absorbiren kann, ist nur schwer unterzubringen, so daß größere Posten oft unbenutzt in den Banken liegen bleiben. Für call loans gegen Depot gemischter Seknritäten stellten sich die Raten durchschnittlich auf 2 —3 *, gegen Hinterlegung von Bundes- Obligationen auf 1 —? *. Im Diskontogeschäft konnten kurze Sicht Platzwechsel à 44 6 * begeben werden. Der Goldmarkt schlug in der heute beendeten Berichtswoche eine steigende Richtung ein, und nach Fluftuationen zwischen e, mi schließt das Agio heute zum höchsten Course. Ohne Einfluß auf den Waaren. und Produkten markt blieben die bereits erwähnten Londoner Fallissements zwar nicht, doch beschränkte sich derselbe darauf, den Umfang des Geschäfts, welcher während der ersten Tage der Berichtswoche verhäͤltnißmäßig bedeutend war erheblich zu schmälern, da vor Beendigung der heutigen Depeschen zufolge noch andauernden Krisis in England sich Jedermann von irgend welchen ausgedehnteren Tranzaktionen selbst verständlich fern hält.

Ver ehrs⸗Anstalten

Am heutigen Tage ist die Betriebsstrecke der großen Berliner ferde · Eisenbahn Hallesches , aide —Rixdorf eröffnet worden. Der Fahrpreis für die ganze

Linie beträgt 20 Pf. für die Theilstrecke von den Endpunkten bis zur Berghrauerei je 160 Pf.

Görlitz, 1. Juli. (W. T. B.) Die ganze Strecke der , ,,, Bahn ist heute dem Verkehr übergeben zorden.

Die im Bau begriffene Stredge Freiburg ⸗Moldau der

Leipzig⸗Dresdener Eisenbahn soll bis Statlon Mulda im Oktober

1875 und bis Station Bienenmühle im Frühjahr 1876 fertig gestellt

werden. Die wichtigften Stationsorte und deren Enfernungen ab Freiberg sind: Lichtenberg 169 Kilometer, Mulda 140 Kilometer, Bienenmühle 25, Kilometer, Moldau 37 Kilometer (Landesgrenze) Die Bahn soll ein Verbindungsglied des böhmischen KLohlenbeckens mit Berlin und dem Norden, sowie mit Leipzig und Westen bilden und wird dies nach Ausbau der gleichfalls von der Leipzig⸗Dresdener Eisenbahn-Compagnie projektirten, beziehungsweise in Angriff genom= menen Linien Nossen⸗Riesa und Riesa · Eisterwer da sein. Der Vokal⸗ verkehr der Bahn wird zumeist durch Herbeischaffung der böhmischen Braunkohlen, sodann aber hauptsächlich durch Aufschluß der Forsten des Erzgebirges und der hiermit in Verbindung stehenden Produkte der Holzindustrie ꝛc, sowie der Flachsindustrie des oberen Erzgebirges seinen Zufluß finden.

Ueber die im Bau befindlichen bayerischen Eisen⸗ ba hnlinien theilt der Corr. v. u. f. D.“ Folgendes mit: Die Bahnlinie Offingen Höchstädt wird im Sommer 1876, diejenige von Höchstädt nach Donauwörth im Sommer 1877 vollendet werden. Aschaffenburg⸗Miltenberg, 365 Kilom. lang, soll im November 1876 eröffnet werden. Der Grunderwerb der Bahn von Nördlingen nach Dinkelsbühl, 3956 Kilom., ist bisher nur zum kleineren Theil durch geführt, die Eröffnung ist im Juni 1876 zu erwarten. Die Vizinal⸗ bahn von Neustadt 4. A. nach Windsheim soll im Juni 1876 eröffnet werden. Der wahrscheinliche Vollendungétermin der Nürnberg -⸗Neu⸗ hauser Bahn ist im Frühjahr 1876 in Aussicht genommen, Länge 50.8 Kilometer. Neuhaus. Pegniz Kirchenlaibach, 422 Kilom, voraußz⸗ sichtliche Eröffnung: Herbst 1876 oder Frühjahr 1877. Kirchen⸗ laibach Redwitz. Wunsiedel - Oberkotzuu, 66,5 Kilom. Der Grund. und Boden ist zum Theil erworben. Eröffnung: voraussichtlich Frühjahr 1878. Redwitz Arzberg ⸗Eger oder Franzengz« bad, 243 oder 25,3 Kilom, lang, Eröffnung voraussichtlich im Jahre 1878. Verbindungsbahn Hersbruck Pommelsbrunn, 5.1 Kilom. lang, Eröffnung voraussichtlich 1876. Verlegung der Süd⸗Nord⸗Bahn bei Fürth, S3 Kilom, Eröffnung voraussichtlich Sommer 1876. Vizinal- bahn Dombühl Feuchtwangen 1089 Kilom, Eröffnung voraussichtlich im Frühjahr 1876. Schnabelwaid- Bayreuth, 19 Kilom., vom Ter— rain ist noch nichts erworben, Eröffnung 1877 zu erwarten. Kaufe— ring Bobingen (Lechfelddahn), 226 Kilom., die Erwerbung des Grund un? Bodens hat noch nicht begonnen. Voraussichtliche Eröffnung Frühjahr 1876. Kelheim -Dongulände wird im Sommer 1875 fertig gestellt. Rosenheim Mühldorf, 61,6 Kilom, voraussichtliche Vollendung Spätjahr 1875. Mühldorf-⸗Landau a. J. Plattling, Vollendung August F. Plattling ⸗Eisenstein Sommer 1877. Die wichtigeren Station

te auf letztgenannter Linie sind: Deggendorf, Wühn, Gotteszell, Triefenried, Regen, Zwiesel, Ludwigethal, Eisenstein. Neukirchen⸗ Weiden, Bauvollendung August 1875.

(D. Ind. Itg) In Warsch au ist neuerdings gußeisernes Stra ßenpflast er ausgeführt worden von folgender Einrichtung. Die Länge der Gußstücke der Längsrichtung der Straßen nach beträgt Rei M, die Breite derselben der Straßenbreite nach J, M., die Dicke 76 Mm. das Gewicht eg. 100 K. Die Breite des gußeifernen . in den Straßen Warschaus ist as M., es liegen also

Reihen Pflaster-Gußstücke nebeneinander. Zur Legung des Pflasters breitet man eine Lage Steinklein in einer Höhe von is Em. gleich- mäßig aus, begießt dieselbe genügend und stampft sie gehörig fest, fo daß sie nur noch die Höhe von 15 Em. behält. Man egalisirt die Oberfläche noch durch Aufgabe einer dünnen Schicht Sand oder Kies, legt dann die Gußstücke an- und nebeneinander, füllt die Osffnungen der Gußstücke mit Kies aus und giebt demselben durch Feststampfen und wiederholtes Begießen die erforderliche Festigkeit. Endlich kenn man die Borden des gußeisernen Pflasters mit einer Reihe Stein— pflaster schließen. Die Unterhaltung des Pflasters geschieht, indem man zeitweilig etwas Kies in etwa entstandene Höhlungen nachfüllt. Als Hauptvortheile des Pflasters werden angegeben 1) die rasche Her⸗ stellung, 2) angenehmes Fahren auf demselben, 3) nicht Glattwerden, weder im Sommer noch im Winter, 4) Unveränderlichk it des Profils, selbst beim Trangport sebr großer Lasten, ; leichtes Aufthauen nach Frostwetter, 6) geringe Unterhaltungskosten. Die Gesammtherstellungs⸗ kosten betragen pro Qu-M. etwa 30 ½ Die Ausführung derartiger Gußstücke wird übernommen von der Eisengießerei und Maschinen—⸗ fabrik Friedrich Haas in Lennep.

Der mit allseitigem Beifall aufgenommenen Reproduktion der Rottmannschen Arkadenfresken wird Bruckmanns Kunstverlags⸗ institut in München jetzt auch eine chromolithographische Ausgabe der berühmten Prellerschen Odyssee⸗-Landschaften . lassen, die bisher nur durch Photographie und Holzschnitt ver vielfältigt wurden. Die Herstellung der Farbendrucke ist der Stein bockschen Anstalt in Berlin übertragen, der wir bereits die Chromo— lithographien der Hildebrandtschen Aquarelle und der Rottmannschen Fresken verdanken; die farbigen Kopien aber, die für die Reproduk. tion aufzunehmen sind, werden unter Prellers eigener Leitung von dessen gleichfalls als tüchtigem Landschafter bewährten Sohn ausge— führt, so daß ohne Frage in den Kopien die denkbar größte Treue gegenüber den Originalen erreicht werden wird. Der Subffrip— tionspreis auf das ganze 16 Komposttionen umfassende Werk., dessen erste Lieferung im Herbst dieses Jahres erscheinen wird, ist auf 300 M festgesetzt.

Eine unter dem Präsidium des Staatzraths Delarageaz in Lau— sanne ahgehaltene Versammlung von Anwohnern des Genferfees hat einmüthig beschlossen, das im Jahr 1872 bestellte Comits zu beauftragen, der Frage der Tieferlegung des Genfersees seine stete Aufmerklamkeit zu widmen, die Arbeit der behufs Prüfung der tech— nischen Seite des Unternehmens ernannten Experten zu erleichtern und die waadtländischen Behörden um ihre Unterstützung anzugehen.

Nach ungefährer Schätzung beträgt, laut Telegramm aus Paris von heute Morgen, der durch die Ueberschwem k . lichen Frankreich angerichtete Schaden 300 Millionen Franks. Die Anzahl der Umgekommenen wird auf 3000 angegeben.

Dem Berichte des Spezialkorrespondenten der Köln. Itg.“ aus Muret (Haute ⸗Garonne), 28. Juni, entnehmen wir Folgendes: Beim Abgange von Toulouse passtrte ich den südöstlichen Theil der Vorstadt von St. Cyprien. Dort waren auf einer Strecke von mehr als einem Kilometer an Stelle der Häuser auf beiden Seiten der Straße nur noch Trümmerhaufen, und an manchen Stellen konnte mein Pferd kaum durchkommen. Die Einwohner lagen im freien Felde mit den wenigen Habseligkeiten, die sie haben retten können, und be⸗ , ihre Küche mit dem Holz aus den eingestüͤrzten Häusern. Große

lassen von Mühlenprodukten, die einen Hauptgegenstand der Industrie von Toulouse bilden, sind zu Grunde gegangen; Mehl und Getreide sind mit dem Schlamm des Flusses vermischt und gähren unter der Ein— wirkung der Sonne. So wie man ins freie Feld gelangt, sieht man überall entwurzelte Bäume und die erntereifen Kornfelder mit einer dicken Lage von Schlamm und Kies bedect. Zu Pinsaguel vereinigen sich Garonne und Ariege, und die Gewaͤsser beider Ströme haben sich dort wüthend bekämpft. Eine Zeltlang hat der Ssrom der Ga— ronne die Wasser des Arisege zurückzufließen gezwungen, so ge⸗ waltsam war sein Druck; auch ist eine große steinerne Brücke dort wie Glas zersplittert. Die Eisenbahnbrücke daneben, sol ide gebaut, ist doch auch beschädigt worden, und einer ihrer Bogen ist gebrochen. Als die Brücke gebrochen war, ist der Flecken Pinsaguel geradezu vernichtet worden; nur die Kirche, welche ein wenig höher gelegen ist, hat widerstanden. Mehrere Weiber batten sich auf den Kirchthurm geflüchtet; an 100 Einwohner haben sich auf einem nahen Hügel in Sicherheit gebracht. Diejenigen, welche sich auf den Bäumen zu retten suchten, sind mit den Bäumen weggeschwemmt worden. Hier ist keine Spur mehr von Straßen; der Schutt der Häufer ist gemischt mit dem Kies, welchen die beiden Flüsse angeschwemmt haben.

Vor der Kirche kampirte eine Compagnie vom 59. Regiment; die Soldaten waren erschöpft von Anstrengung. Die Einwohner waren fast alle fortgezogen, da sie nicht einmal die Hoffnung hatten, von ihren Dabseligkeiten noch etwas zu retten: Alles war mit dem Strome fortgetrieben. Sämmtliche Dörfer bis nach Muret sind zum Theil zerstört. Die Nachrichten aus den Flußthälern der Aude, der Arisge, des Tarn, der Save, der Glmone, des Gers, des Anzour, des Adour, der Gave de Pau u. s. w. melden von gleichen Zerstörungen wie die, welche die Garonne angerichtet hat. Die Stadt Agen, Hauptort des Departements Lot-et⸗ Garonne, hat sehr gelitten; die Meberschwemmung war dort um so gewaltiger, als die Gewãässer der Garonne und des Tarn und ihrer Zuflüsse gleich- zeitig gestiegen waren, was früher niemels statfgefunden hat. Zum Glück war der Lot nicht in gleichem Maße gewachsen, sonst wäre das Unheil unermeßlich geworden. Es ist indessen auch so, schon schrecklich, und Tausende von. Bauern sind ganz ruinirt: Häuser, Vieh, Mebilien. Ernte, Alleg ist mit Einem Schlage hin. Schon beginnt das Elend sich bemerkbar zu machen, und trotz der bereits organisirten Hülfe fehlt in man- chem der überschwemmten Orte das Brod. In den Städten sorgen die Armenverpflegungen für Suppe und Brod für die Noth⸗ leidenden, aber in den kleinen, vereinzelten Dörfern ist das nicht zu machen; kein Nachbar kann dem andern helfen, denn sie sind alle in derselben Lage. Die Hülfeleistung auf dem Lande ist ganz ungenü⸗ gend, auch zieht daz Landvolk in ganzen Haufen nach Toulouse in der Hoffnung, dort Hülfe zu finden. Die kleinen Geschäftsleute sind ganz ruinirt, Das Handelsgericht von Toulouse hat eine Verlangerung der Verfallfristen fur die Schuldner beantragt, und das von Agen eben⸗ falls. Man kann sich auf eine Geschäftskrisisz im ganzen Süden ge⸗ faßt machen. Eine ganze Anzahl von Fabriken und Mühlen an den Ufern der Flüsse sind durchaus zerstört, und daz wird eine große Ge- schäftestockung zur Folge haben. Tausende von Arbeitern sind ohne Beschãftigung und werden nicht eber wieder beschäftigt werden können, als bis die Fabriken neu hergestellt sind. Das EClend treibt zum Diebstahl; sobald die Nachk anbricht, findet sich zahlreiche: Raub— gesindel unter den Ruinen von St. Cyprien ein, um in den Trüm— mern nach Gegenständen von Werth zu suchen. Patrouillen von Gendarmen und Soldaten durchziehen die zerstörten Straßen wãh · rend der ganzen Nacht und es haben bereits zahlreiche re m h stattgefunden. Das Betragen der Soldaten war vom Beginn des Unglücks an musterhaft.

Mit dem letzten isländischen Postdampfschiff hat Berl. Tid.“ Mittheilungen aus Revkja vil auf nr 1 q. 15. 2 halten. Ueber neue vulkanische Ausbrüche seit dem letzten, am zweiten Ostertage, hat man nichts gehört; die späteren Berichte aus den Vulkangegenden haben die früheren binsichtlich des verurfachten Schadens vollständig betätigt. Der Landdistrikt, welcher namentlich verwüstet ist, liegt zwischen Jökulsdalen und der Sstküste des Landes zwischen dem Lodmudar · und Reydarfserd. Am Schlimmsten ift das Unglück im Jökulsdal; hier liegt die Asche dichter und ist in sehr großen Stücen gefallen, in Stücken bis zur Größe eines Kinderkopfeg, und jeder Thalstrich, jede Niederung ist mit AÄAsche gefüllt. Während man hier Anfangs nur die Schafe forftrieb, sind diese Gegenden jetzt vollstãndig sowohl von Menschen wie von Thieren verlassen, und man meint, daß wenigstens 20 Höfe wenigstens für diefes Jahr, wahr. scheinlich aber für längere Zeit, total ruinirt sind. Aßer auch nach dem Flietsdal, nach Skogar, Vellir, nach Bru Eyriksstadir und Vadlrikka, nach Hofteigr, dem Kirchspiel Eydathing und ganz hinaus

*

nach dem Lodmundar⸗ Sydis⸗, Mjofi⸗ und Reydarrjord erstreckt sich der Schaden. Es ist selbstverständlich, daß die Geflüchteten überall mit der größten Gastfreiheit empfangen worden sind, und daß man gethan hat, was man konnte, um die großen Viehheerden, welche zu⸗ sammengetrieben sind, unterzubringen; aber es ist dieses oftmals kaum möglich gewesen, und viele Orte, nach denen die Unglücklichen geflüch⸗ tet, sind fast überfüllt. „Dagbladet“ bringt gleichzeitig einen sehr ausführlichen Bericht aus Reyksavik, in welchem namentlich auf die große Noth, in welcher sich der von dem Unglück heimgesuchte Theil der Bewohner Islands, deren Zahl auf etwa 5000 geschätzt wird (Island hat circa 70,000 Einwohner) befindet, hingewiesen und um Hülfe für dieselben gebeten wird. Für die private und öffentliche Wohl- thätigkeit in dem Lande selber, sagt der Berichterstatter, sei es eine schwere, vickeicht unlösbare Aufgabe, die herrschende Noth zu lindern und der Hungersnoth, welche befürchtet werden muß, vorzubeugen.

In der Umgegend von Neusohl und der zunächst liegenden Ort⸗ schaften Ungarns waren vor einiger Zeit plötzlich große Vogerschwärme erschienen, die im ersten Augenblick für Staare gehalten wurden. Da jedoch der gemeine Staar nur im Spätherbste in großen Schwär⸗ men herumzustreifen pflegt und die seltsamen Ankömmlinge durch ihr sonderbares Gekreische und das schöne Gefieder allgemeine Aufmerk⸗ samkeit erregten, so machten einige Naturfreunde aus Neusohl auf die Fremdlinge Jagd, und es gelang ihnen auch, einige Stücke zu erlegen und einen schwach angeschossenen Vogel lebend einzufangen. Bei näherer Untersuchung der Jagdausbeute hat es sich nun heraus gestellt, daß man es mit der Rosenamsel (rosenfarbiger Hirtenvogel, rosenfarbige Staaramsel, Turdus roseus Lin,, Pastor roseus Tem.) u thun habe. Der Vogel ist 8 Zoll lang; das Männchen hat auf

em Scheitel einen langen, seidenartig weichen, über das Genick herabhängenden Federbusch; Kopf, Hals, Flügel und Schwanz sind von schwarzer Farbe, jedoch stahlblau und violett glänzend, die äußerste Schwanzfeder mit einer feinen weißen Einfassung; der untere Hals, Qber⸗ und Unterrücken, Brust und Unterleib sind schön rosenroth. Die Weibchen sind nicht so schön gefärbt, und ihr Feder⸗ busch ist ganz klein. Die eimath dieses

er häufig Griechenland, seltener Süd Italien und Spanien; sein Er= scheinen aber in den genannten Gegenden gehört zu den größten Sel— tenheiten. Man nennt die Rosenamsel deutsch auch den Heuschrecken« vogel, weil er notorisch die Wanderheuschrecken begleitet and vertilgt.

Man reichte in Neusohl dem angeschossenen Vogel das mannigfachfte Futter; Alles blieb unberührt. Endlich öffnete man die getödteten

Vögel und fand in ihren Magen Reste von Maikäfern; man legte daher sogleich dem Vogel einen lebenden Maikäfer vor. Kaum er— blickte ihn die Rosenamsel, so sträubte sich ihr Gefieder, die Augen

erglänzten vor Zorn und Begierde; dann packte ste den Maikäfer mit festen Krallen, riß ihm Kopf und Füße wen und verspeiste den Rumpf.

Seit diesem Experimente frißt der Vogel täglich an 40 Maikaͤfer; da aber in der Grangegend in diesem Jahre gan außerordentlich große Schwärme von Maikäfern aufgetreten sind, so dürften diese Vögel allem Anscheine nach den Maikäferschwärmen gefolgt und so ins Grant hal gerathen sein. * ;

2 . * 8

Redacteur: F. Prehm.

Verlag der Expedition (Kesseß. Drei Beilagen

(eiaschließlich Börjen Beilagen.

Berlint

Druck W. Elsner.

zum Deutschen Reichs⸗A

MH 153. Aichtamtlich es.

Nußlaud und Polen. (Monats⸗Uebersicht für

Mai) Am 8. Mai reiste Kaiser Alexander Il. von St. Peters⸗ burg ab, um zunächst in Berlin seinen Kaiserlichen Oheim zu be⸗ suchen. Am 10. Mai eingetroffen, verweilte Kaiser Alexander,

vom Deutschen Kaiser in gewohnter herzlicher Weise empfangen, daselbst bis zum 13. Mai, an welchem Tage Sich Se. Majestät zum Kurgebrauch nach Ems begab. .

Am Geburtstage des Kaisers, dem 29. April, wurde der Unterrichts⸗Minister Graf Tolstoi durch Verleihung des Alexander Newsky Ordens ausgezeichnet, und in dem ihm dabei ertheilten Reskript seine, Energie und Konsequenz“ belobt. Dieses beweist, daß der Kaiser das von dem Grafen Tolstoi wieder zu Ehren gebrachte klassische Prinzip für die Universitätsbildung in jeder Weise sanktionirt. Es ist zugleich ein energisches Dementi gegen alle Machinationen der Feinde des Classieismus im Innern und gegen die Kundgebungen derjenigen auswärtigen Blätter, welche durch unzuverlässige Korrespondenten verleitet die Stellung des Grafen Tolstoi für erschüttert erklärten.

Am 1. Mai wurde das hundertjährige Jubiläum zweier Kosaken⸗ Regimenter, und zwar des Leibgarde ⸗Kosaken⸗Regi⸗ ments des Kaisers und des Thronfolger⸗Kosaken⸗Regi⸗ ments gefeiert. Am 6. Mai hielt der Kaiser auf dem Marsfelde eine große Parade über alle in und bei St. Peters⸗ burg befindlichen Truppengattungen ab. Am 8. Mai erfolgte seine Abreise noch dem Auslande.

Am Cyrillustage, 11.23. Mai, erfolgte der Rücktritt der letzten Reste der Unirten⸗Gemeinden mit ihren Pfarrern und sonstigen Geistlichen zur orthodox⸗griechischen Kirche. Von 240 Geistlichen, welche die unirte Kirche in Rußland noch im vori⸗ gen Jahre zählte, find etwa 18 oder 19 ausgewandert, und ein unirter Kultus existirt auf russischem Boden nicht mehr, und zwar trägt daran die Kurie Schuld, indem sie im Jahre 1874 willkürlicherweise Alles das in Frage stellte, was Pius IX. vor seiner Unfehlbarkeit und seine Vorgänger seit 1595 den Griechen, welche das päpstliche Primat anerkann⸗ ten, gewährleistet hatten, nämlich die Unverletzlichkeit der griechischen Ritualien. Die Chelmsche Eparchie tritt nun unter das griechisch- orthodoxe Erzstift Warschau, wel⸗ ches sortan den Namen führen wird „Chelm⸗Warschauer Erzflift“. Die bisherige Uniaten⸗Diözese wird unter Oberaufsicht des erwähnten Erzstifts von dem Bischof von Lublin verwaltet, als welcher demnächst der bisherige Administrator der Chelmer Diözese, der Prälat Popiel konsekrirt werden soll.

In Bezug auf die kirchenamtlichen Beziehungen der katho⸗ lischen Gemeinden zur päpstlichen Kurie ist die kleine Aenderung eingetreten, daß Herr von Kapnist, welcher in Rom die laufen⸗ den Dispensations⸗ und anderen Angelegenheiten mit dem Kar⸗ dinal Antonelli officiös als Privatmann behandelt, die be⸗ treffenden Vorlagen nicht mehr aus dem katholischen Kollegium, sondern aus den Händen des Ministers des Innern erhält. Das Departement der auswärtigen Konfessionen“ (zu welchen man die nicht staatskirchlichen Konfesstonen rechnet) steht unter dem Ministerium des Innern, und somit wird der Chef dieses Mini⸗ steriums bei uns der natürliche Vermittler zwischen den Bischöfen und der Kurie.

Der Militärstrafkodex, welcher schon seit dem Zeitpunkt der Abschaffung der körperlichen Züchtigung (seit 1863) durchgreifende Aenderungen erfuhr, ist jetzt aufs Neue von Grund aus um⸗ gearbeitet worden. Die Ursache der Umarbeitung war die Ein⸗ führung der allgemeinen Wehrpflicht, welche für die ganze Auf⸗ fassung des Militärdienstes eine veränderte Grundlage geschaffen.

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 2. Juli

Es ist Vieles, was sich in Preußen bewährt hat, dabei zum Muster genommen worden, unter Berücksichtigung der natio⸗ nalen und klimatischen Verschiedenheiten.

Von dem Vertrage mit Japan, welcher Rußland den Allein⸗ besitz der kohlenreichen Insel Sachalin zuwandte, hat die aus⸗ wärtige Presse ebenfalls genauer Notiz genommen. Die japa⸗ nischen Ansiedelungen auf Sachalin datiren übrigens aus neuerer Zeit.

Die Zahl der Advokaten und Anwälte ist in Rußland immer noch nicht groß genug. Im vorigen Jahre wurde den Advokaten gegenüber, welche vollständige juristische Bildung ge⸗ nossen und unter der Benennung „geschworene Anwälte“ ein Carreau höherer Ordnung vorstellen, eine ausführliche Bestim⸗ mung erlassen, nach welcher Anwälte geringerer Ordnung ge⸗ prüft und approbirt werden sollten, da man ihrer nicht entrathen konnte. Es waren aber immer noch zu wenig Notare, Anwaͤlte und Sachwalter, so daß selbsft Frauen die Prüfungen ablegten und sich inskribiren ließen. Nach der neuesten Bestimmung wird die Approbation der Anwälte zweiten Grades erleichtert, da⸗ gegen den Frauen die advokatorische und notarielle Praxis untersagt.

Der Kongreß -der russischen Maschinen⸗ und Eisenfabrikanten hat vom 4. Mai bis zum 23. Mai getagt, und dem Programm gemäß 23 Fragen erledigt. Die Resolutlonen der Versammlung haben das Wünschenswerthe einer Erhöhung der Schutzzölle für Eisenwaaren, Maschinen, Kohlen u. s. w., wie auch die Wichtig⸗ keit einer Hebung des Bergbaues in mancher Beziehung, einer Herabsetzung des Frachttarifs vom Ural und einer Verbesserung der Kommunikationen mit den Uralgegenden betont. Ebenso bezogen sich die Resolutionen der Versammlung auf die Ver⸗ hältnisse der Eisenarbeiter, auf verschiedene Mittel und Wege zur Hebung der Eisen⸗ und Maschinen⸗Industrie, auf Erweckung von Kreditanstalten zu Gunfsten dieser Industriezweige.

Im Jahre 1867 gab es in Rußland nur 100 Maschinen⸗ fabriken, von welchen 29 auf St. Petersburg kamen, während die übrigen fich auf das übrige Reich vertheilten. Die Gesammtpro⸗ duktion taxirte man damals auf 15 Millionen Rubel jährlich. Nur 52 dieser Etablissements arbeiteten mit Dampf und von ihnen bezogen 50 ihren Bedarf aus dem Auslande zollfrei. Jetzt giebt es 362 Etablissements, von welchen 79 ausschließlich sich mit der Herstellung landwirthschaftlicher Maschinen beschäf⸗ tigen. Die Versammlung konnte jedoch ihre Schlüsse nur auf die von 179 Etablissements eingelaufenen Berechnungen etabliren, weil bei den übrigen die Notizen der Vollständigkeit entbehrten. Von den erwähnten 179 Etablissements, welche jährlich zu⸗ sammen für mehr als 49 Millionen Rubel produziren, arbeiten 161 mit Dampf und 119 beziehen ihren Bedarf aus dem Auslande zoll⸗ frei. Im Jahre 1368 gab es in Rußland nur 222 Lokomotiven, die in Rußland selbst gearbeitet waren, jetzt giebt es deren 768. Jährlich können von den russischen Fabriken neu hergestellt werden 285 Lokomotiven und 12, 600 Waggons. Von den 702 Dampf⸗ schiffen, welche unsere Gewässer befahren, stammen 484 aus rus⸗ sischen Fabriken. Diese Resultate unserer Maschinenthätigkeit haben allerdings die Beziehung von Waggons vom Auslande in den letzten Jahren eingeschränkt, denn während wir im Jahre 1869 noch für 127 Millionen Rubel Waggons vom Auslande be⸗ zogen, ließen wir sie 1873 nur für 23 Millionen kommen. Ueberhaupt haben wir für ausländische Waggons 35 Millionen Rubel bezahlt. Auch in manchen anderen Artikeln ist eine Ver⸗ minderung der Nachfrage nach auswärtiger Waare zu konstati⸗ ren, aber nur in wenigen. In der Hauptmasse der Eisen⸗ und Maschinen⸗Industrie haben wir (außer den Waggons) von 1850 bis 1856 über 2 Millionen Rubel, 1857 bis 1864 über 8 Mil⸗

nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1878.

lionen, 1865 bis 1868 über 13 Millionen, 1869 bis 1873 über 25 Millionen Rubel an das Ausland jährlich entrichtet.

Es wurden die Einnahmen und Ausgaben der russischen Sisenbahnen für das Jahr 1874 publizirt: die Bilance stellt sich dabei so erfreulich heraus, daß die Regierung für vier von ihr garantirte Bahnen die Zinsen nicht mehr zu bezahlen braucht, da diese Bahnen sich nun durch sich selbst erhalten. Im Jahre 1874 waren 45 Bahnen in einer Gesammtausdehnung von fast 16000 Werst im Gange, und von ihnen bestritten 19, die von der Regierung garantirt waren, ihre Zinszahlungen aus eigenen Mitteln. Für 15 garantirte Bahnen muß die Regierung die stipulirten Zinsen erlegen, was vielleicht 13 Millionen Rubel ausmacht. Die übrigen Bahnen sind entweder auf Gefahr der Aktionäre oder unter Garantie der Landstände errichtet.

Am meisten brachten per Werst: Nikolaibahn (Moskau⸗ Petersburg) 33,800 Rubel (im Jahre 1873 27,3060 Rubel per Werst)h, Moskau⸗Rjäsan 25,600 Rubel (im Jahre 1873 19,200 Rubel) und Rjäsan⸗Koslow 25,000 Rubel (1873: 15,000 Rubeh.

Ueber 15,000 Rubel per Werst brachten im Jahre 1874 ein: Moskau⸗Nishny⸗Nowgorod, Moskau⸗Kursk; 10—14 000 Rubel: Warschau⸗Wien, Riga⸗Dünaburg, Dünaburg⸗Witebsk, Orelwitebsk, Rybinsk⸗Bologose; von 8000 bis 10,0900 Rubel: Moskau⸗JZaroslaw, Warschau Terespol, Kursk⸗Kiew, Kiew⸗Brese, die Odessaer Bahn, die Asowsche Bahn.

Um ein ganzes Drittel waren von 1873 auf 1874 die Ein⸗ nahmen auf folgenden Bahnen gestiegen: Moskau⸗Brese, Koslow⸗ Rostow, Grjasy⸗Zarizyn; um ein Viertel auf folgenden: Asow, Rjäsan⸗Koslow, Kursk⸗Kiew.

Das Schicksal der sibirischen Bahn wurde im Minister⸗ eomits am 18. Mai in der Weise entschieden, daß die sogenannte südliche Richtung gewählt wurde, d. h. diejenige, welche, gleich⸗ sam als Fortsetzung der Moskau⸗Nishny⸗Nowgoroder Bahnrich⸗ tung, längs der alten großen Handelsstraße über Kasan und Ka⸗ tharinenburg nach Sibirien hingeht. Im Ministercomités waren 20 Stimmen für diese Richtung (darunter auch die Stimmen aller Minister außer dem Minister der Verkehrswege). Vier Stimmen, darunter der Minister der Verkehrswege, waren für . möglichst direkte Verbindung zwischen St. Petersburg und Sibirien.

Im Generalg ouvernement Turkestan giebt es jetzt etwa 2 Millionen Bewohner. Von diesen wohnen in der Provinz Se⸗ miretschinsz 550 000; im Gebiete von Kuldscha 100 000; im Syr⸗Darja⸗Gebiet 820, 000; im Serafschan⸗Gebiet 420, 000; im Amu⸗Darja⸗Gebiet 230 000. Von diesen Bewohnern gehörten vor der Wirksamkeit Tschernajews, des Eroberers von Taschkend, etwa 550, 000 dem russischen Reiche bereits an. General Tscher⸗ najew unterwarf während der 2 Jahre seiner Verwaltung 250,000 Bewohner. Sein Nachfolger Romanowsky, der Sieger von Irdschara, erwarb in den 9 Monaten seiner Verwaltung (März bis Dezember 1866) die Kreise Chod⸗ schend und Kuraminsk mit 300 0090 Bewohnern. Im Jahre 1867 wurde Turkestan zum Generalgouvernement erhoben, und der General v. Kaufmann erwarb als erster General⸗ Gouverneur des Gebiets über 800, 09000 neue Unterthanen. So ruhmvoll einerseits und so nothgedrungen andererseits diese Er⸗ werbungen waren, so dürften die mikroskopischen Bevölkerungs⸗ ziffern, die wir für unsere asiatischen Provinzen zu verzeichnen haben, das völlig Ungefährliche unserer Eroberungen dem indo⸗ britischen 200⸗Millionen Reiche gegenüber unzweideutig darthun.

Am 1. Juni (20. Mai russischen Stils) wurde der inter⸗ nationale Telegraphen⸗Kongreß durch den General⸗Adjutanten Timaschew, unsern Minister des Innern, eröffnet. Vom Pro⸗ gramm dieses Kongresses haben wir bereits früher gesprochen.

. ; at schönen Vogel ist Süd ⸗Asten und das nordöstliche Afrita; von Syrien aus besucht

Staat ⸗Anzeiger, das Central⸗Handelsregister und das Postblatt nim mt an: die Inseraten⸗Expedition ves Zentschen Reichs ⸗Anzrigers unnd Königlich Rrenßzischen Ktaats · Anzeigz era KVerlin, 8. W. Wilhelm⸗Straße Nr. 82.

1 Steckbriefe und Unterzuchungs-Sachen.

2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen a. dergl.

3. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen eto

4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung

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* u. 3. W. von öffentlichen Papieren.

X * ö. X . 1. Jaseraie für zen Deutschen Reichs- u. Kgl. Preuß. E en er nze ger. Inserate nehmen an: die autori rte Aunoncen · Qxheditici

von Ftudolf Moffe in Berlin, Breslau, Chemniß

oln, Dres den, Dortmund, Frankfurt a. M., Halle a. S. Hamburg, Leipzig, München, Nürnberg, Prag, Straß⸗ burg i. G., Stuttgart, Wien, Zürich und deren Agenter, sewie alle übrigen größeren Annoncen⸗Bureant.

5. Industrielle Etablissements, Fabriken und 6

Grosshandel. 6. Verschiedene Bekanntmachungen. 7. Literarische Anzeigen. S. Theater Anzeigen. In der Börsen-

*

J. Familien- Nachrichten. beilage. *

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Steckbriefe und Untersuchungs⸗ Sachen.

5158 Steckbrief. . Der unten näher bezeichnete, wegen schweren Dieb⸗ stahls im Rückfalle zu einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren verurtheilte Strafgefangene Arbeiter Peter Flors Zordan hat Gelegenheit gefunden, bei der Außengrbeit auf dem hiesigen Anftalts-⸗ kirchhofe zu entkommen. Wir ersuchen ergebenst, ihn im Betretungsfalle arretiren und an uns abliefern lassen zu wollen. Rendsburg, den 1. Juli 1875. Königliche Direktion der Strafanstalt. Sig⸗ nalement. Vorname: Peter Flors, Zuname: Jordan, Alter: 36 Jahre, Geburtsort: Witzwort, Wohnort: Altona, Religion: evangelisch, Stand und Gewerbe: Arbeiter, Größe; 1 Meter 78 Centimeter, Haare: schwarz, Stirn: frei, Augenbrauen: schwarz, Augen: braun, Nase und Mund:; gewöhnlich, Bart: rasirt, Zähne: gut, Gesichtsbildung: oval, Gesichtsfarbe: gesund, Gestalt: groß, Sprache: deutsch, besondere Kennzeichen: keine. , , Eine braune Drillichjacke, ein Pagr braune Drillichhosen, ein Paar blau und weiß karrirte Strümpfe, eine braune Drillichweste, ein blau und weiß karrirtes Halstuch Nr. 394, ein CalÜligot⸗Hemde Nr. 394, ein blau und weiß karrirtes Schnupftuch Nr. 394, eine braune Tuchmütze mit Schirm, ein Paar Schuhe, ein Paar , nnr. von grauem Drillich, eine blaue Flanell⸗ eibbinde.

Ediktal Vorladung. Gegen folgende Militär⸗ pflichtige: 1) Nicolaus Althaus aus Birkenfelde, geb. 27. Februar 1852, 2) Georg Ferdinand Bingel aus Freienhagen, geb. 14. August 1851, 3) Christoph Aschoff aus Freienhagen, geb. 26. Oktober 1852, 4) Martin Mühlhausen aug Fretterode, geb. 12. Sep⸗ tember 1852, 5) Caspar Schneider aus Großtöpfer, eb. 28. Oktober 1852, 6) August Breitenbach aus eiligenstadt, geb. 1. April 1852, D Anton Hell⸗ riegel aus Heiligenstadt, geb. 21. Dezember 1852,

1852, 9) Christoph Joseph Multhauf aus Heiligen⸗ stadt, geb. 30. Mai 1852, 10 Jakob Günther aus Kefferhausen, geb. 28. Dezember 1852, 11) Franz Schuchardt aus Kefferhausen, geb. 5. September 1852, 12) Wilhelm Schedel aus Kella, geb. 26. Mai 1852, 13) Friedrich Schneider aus Kella, geb. 30. Juli 1852, 14) Georg Wilhelm Witzel aus Küllstedt, geb. 24. September 1850, 15) Anton Rindsland aus Lengen⸗ feld, geb. 17. April 1850, 16) Johannes Müller aus Lutter, geb. 2. März 1852, 17) Johannes Heinrich Otto aus Lutter, geb. 5. Februar 1851, 18) Nicolaus Diezemann aus Mengelrode, geb. 3 November 1852, 19) Franz Adler aus Schönhagen, geb. 3. November 1852, 20 Ludwig Friedrich August Biel aus Uder, geb. 21. März 1852, 21) Adam Albrecht aus Uder, geb. 29. November 1852, 22) Andreas Gries aus Uder geb. 20 März 1852, 23) Joseph Lerch aus Wachstedt geb. 18. Oktober 1851, 24) Christoph Boehme aus Wachstedt, geb. 109. September 1852, ist auf Grund der Anklage der hiesigen Königlichen Staats⸗Anwalt⸗ schaft vom 6. Februar er. die Untersuchung in Ge mäßheit des §. 140 des Strafgesetzbuchs heute be⸗ schlossen worden, weil ste sich dem Eintritt in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte dadurch zu entziehen gesucht, daß sie ohne Erlaubniß das Gebiet des Deutschen Reichs verlassen haben. Da der jetzige Aufenthalsort der Angeklagten unbekannt ist, so werden dieselben vorgeladen, in dem zur mündlichen Verhandlung der Sache vor dem unter⸗ eichneten Gerichte auf den 24 September 1875, ormittags 11 Uhr, anbergumten Termine in dem . Nr. 13 des hiesigen Schloßgebäudes persönlich zu erscheinen und die zu ihrer Vertheidi- une dienenden Beweismittel mit zur Stelle zu ringen oder so zeitig vor dem Termine anzuzeigen, daß sie noch zu demselben herbeigeschafft werden können, widrigenfalls mit der Untersuchung und Ent⸗ scheidung in gntumaciam verfahren werden wird.

S) Friedrich Martin aus Heiligenstadt, geb. 24. Juni

, n . den 22. Mai 1875. Königliches Kreisgericht. J. Abtheilung.

(522 Oeffentliche Vorladung.

Auf von der Staatsanwaltschaft hier erhobene

Anklage sind: f 2.

1) Der Dienstknecht Gottlieb Christoph Siebert aus Altendorf bei Kelbra,

wegen dringenden Ve j eines einfachen und schweren Diebstahls auf Grund der S5. 242 und 245, Ziffer 2, des Reichsstrafgesetzbuchs,

2) August Friedrich Bernhard Wallrodt aus der Altstadt Frankenhausen, geboren den 23. Fe⸗ bruar 1851,

3) Friedrich Christian Bauerefeld aus Steinthaleben, geboren den 19. August 1852 zu Bendeleben,

) Karl Christian Ernst Herfurth aus Franken hausen, geboren den 31. Mai 1851, .

5) Karl Wilhelm August König aus Schlotheim, geboren den 6. Februar 1852,

die unter 2 bis 5 Genannten

wegen dringenden Verdachts, 3 sie das Reichsgebiet ohne Erlaubniß verlassen haben oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter stch außerhalb des Reichsgebietes aufhalten, um sich dadurch dem Eintritte in den Dienst 3 stehenden Heeres oder der Flotte zu ent⸗ ziehen,

auf Grund des §. 140 des Reichsstrafgesetzbuchs

von uns in den Anklagestand versetzt worden.

Da der Aufenthalt der genannten Angellagten Siebert, Wallrodt, Bauersfeld, Herfurth, König un= bekannt ist, so werden dieselben nach Artikel 218 der Strafprozeßordnung hiermit öffentlich geladen, zu den vor dem unterzeichneten Kreisgerichte

den 15. Oktober d. Is, von Vormittags Uhr an,

. sie anberaumten Hauptverhandlungen zu er⸗

einen.

Im Falle ihrer Nichtanwesenheit zur Zeit des Aufrufs der betreffenden Sache wird die bezügliche

Hauptverhandlung dennech abgehalten und eine end⸗

Verdachts der Verübung

liche Entscheidung eriheilt, überhaupt nach Artikel 219 der Strafprozeßordnung verfahren werden.

In der Sache gegen Siebert werden als Beweis mittel in der Hauptverhandlung das Zeugniß des Amtmanns Neidhold auf der Numburg, das des Eduard Walther und die Akten der Voruntersuchung, in den Sachen gegen Wallrodt, Bauersfeld, Her— furth, König lediglich die in diesen Sachen ergange⸗ nen Untersuchungsakten gebraucht werden.

Sondershausen, den 27. Juniß 875.

Das gemeinschaftliche Kreisgericht. R. Helmkampf.

Subhastationen, Aufgebote, Bor⸗ ladun gen nu. dergl.

3325 Ediktal · Citation.

Die Ehefrau des Klempners Adolph Schroe— der, Christiane, geb. Kohrdt, zu Tribsees, hat vor⸗ getragen, daß sie sich im al 1866 mit ihrem Ehemanne verheirgthet habe, daß derselbe sie im Jahre 1870 von Tribsees aus, wohin sie von Rich- tenberg verzogen seien, verlafsen und seitdem über seinen Aufenthalt nicht die geringste Nachricht gege⸗ ben habe. Sie hat deshalb wegen böslicher Ver- lassung gegen ihn geklagt und beantragt: das zwi⸗ schen dem Beklagten und ihr bestehende Band der Ehe zu trennen, den Beklagten für den alleinigen schuldigen Theil zu erklären und ihm die Kosten zur Last zu legen.

Da der jetzige Aufenthalt des Klempners Adolph Schroeder unbekannt ist, wird derselbe hiermit edik⸗ taliter geladen:

am 26. November 1875, Mittags 12 Uhr, an hiestger Gerichtsstelle im Sißungszimmer Nr. 1 zur Beantwortung der Klage und mündlichen Ver- handlung der Sache zu erscheinen, widrigenfalls die in der Klage angeführten Thatsachen für zugestanden erachtet werden sollen, auch nach Ableistung des