Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 16. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König find gestern Nachmittag 23 Uhr mit Sr. Majestät dem Kaiser von Desterreich, Allerhõch stwelche Sr. Majestãt bis Strobl entgegengefahren waren, in Ischl ein⸗ getroffen. ; ; . Als die sechsspännige Hofequipage, in welcher Se. Majestät der Deutsche Kaiser Sich befanden, vor dem Posthause in Strobl vorfuhr, erwarteten Se. Majestät der Kaiser von Dester⸗ reich bereits Ihren Kaiserlichen Gast daselbst. Se. Majestät der Dentsche Kaifer eilten, sobald der Wagen hielt, auf Se. Majestãt den Kaiser von ODesterreich zu und Beide Monarchen umarmten und küßten Sich wiederholt auf das Herzlichste. Se. Majestät der Deutsche Kaiser trugen die Uniform Ihres oͤsterreichifschen, Se. Majestãt der Kaiser von Desterreich die Ihres preußischen Regiments. Der Deutsche Kaiser nahmen hierauf im Wagen des Kaisers von Desterreich Platz und Beide Monarchen setzten die Reise nach Ischl gemeinsam fort, wo Allerhöchstdieselben in dem festlich geschmückten Hotel Elisabeth abstiegen und von dem Großherzog von Toskana, dem Fürsten Hohenlohe, dem Baron Nopesa und vielen anwesenden preußi⸗ schen Gästen und einem zahlreichen Publikum enthusiastisch empfangen wurden. ᷣ
Um 3 Uhr Nachmittags holten Se. Majestät der Kaiser Franz Josef Se. Majestät den Kaiser Wilhelm zu einem Diner in der Kaiserlichen Villa ab. Ihre Majestät die Kaiserin von Oester⸗ reich erwartete Ihren Hohen Gast auf der Terrasse und bewill⸗ kommnete Se. Majestaͤt auf das Herzlichste. An dem Diner nahmen außer den Allerhöchsten Herrschaften Theil: der Groß⸗ herzog von Toskana mit seinem Adjutanten, der General ⸗Ad⸗ jutant Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Graf von der Golz, die Flügel-Adjutanten Graf von Lehndorff und von Win⸗ terfeld, der Leibarzt Br. v. Lauer, der Geheime Hofrath Bork, ferner der General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef, Baron Mondel, der Flügel⸗Adjutant Major Nemethy und der Lehrer Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Erzherzogin Marie Valerie, Bischof Ronay.
Nach dem Diner kehrten Se. Majestãt der Kaiser Wilhelm in das Hotel Elisabeth zurück und machten Abends 61 Uhr mit Sr. Majestät dem Kaiser Franz Josef eine Spazierfahrt nach Laufen. Um 8J Uhr nahmen die Allerhöchsten Herrschaften in der Kaiserlichen Villa den Thee ein. Abends 10 Uhr fuhren Se. Majestät der Kaiser Wilhelm in das Hotel zurück.
Heute Vormittags haben Se. Majestät der Kaiser von Desterreich Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser im Hotel Elisabeth einen längeren Besuch abgestattet. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm besuchten Se. Kaiferliche Hoheit den Großherzog von Toskana und mehrere sich in Ischl aufhaltende Mitglieder des hohen österreichischen Adels.
Die Abreise Sr. Majestät ist auf heute Nachmittag 4 Uhr festgesetzi. Der Kaiser wird die neue Bahn von Salzburg bis Lend benutzen.
Zu unseren gestrigen Nachrichten über die Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs durch Bayern ist zu bemerken, daß die irrthümlicherweise auch von hiesigen Blättern als bevorstehend gemeldete Begegnung Allerhöchsidesselben mit Sr. Majestãt dem Könige Ludwig bei der dies sährigen Reise des Kaisers überhaupt von keiner Seite in Aussicht genommen war, Se. Majestät vielmehr von vornherein das strengste In⸗ kognito zu bewahren gewünscht hatten.
Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl hat Sich am 14. d. M. Vormittags in der Nähe von Friedrichsort um 1137 Uhr von der, Medusa“ aus⸗ und an Bord des Avisos „Falke“ eingeschifft, um an Bord desselben Sich zu dem Panzer- geschwader vor Eckernförde zu begeben. Die „Medusa⸗ ging am 14. d. M. kurz vor 1 Uhr im Kieler Hafen vor Anker.
Se. Hoheit der Herzog Georg von Mecklenburg⸗ Strelitz, Kaiserlich russischer General⸗Adjutant und General der Artillerie, traf gestern Nachmittag in Begleitung Sr. Königlichen Hoheit des SErbgroßherzogs Adolf Friedrich aus Remplin hier ein, nahm im Hotel Royal das Diner ein und reiste Abends nach Frankfurt a. M. weiter. Der Erbgroßherzog gedenkt einige Tage hier zu verweilen.
Das Gesetz über das Kostenwesen in Ausein⸗ andersetzungsfachen hat unterm 24. Juni 1875, das Gesetz, betreffend eine Ergänzung des Gesetzes über die Auflösung des Lehnsverbandes in Alt-, Vor⸗ und Hinterpommern vom 4. März 1867 unterm 27. Juni 1875, die Vormundschaftsordnung unterm 5. Juli 1875 die Allerhöchste Bestätigung erhalten.
— Einzelne Gerichte im Geltungsbereiche des Gerichtskosten⸗ gesetzes vom 10. Mai 1851 haben dem deutschen Reichs fis kus einen Anspruch auf Kostenfreiheit abgesprochen. Indessen ist bereits bei einer früher gegebenen Veranlassung die Frage, ob und beziehungsweise in welchem Umfange dem Deutschen Reiche die Befreiung von Kosten und Stempeln zustehe, Gegen⸗ stand der Erörterung gewesen und hierbei von dem Justiz⸗ Minister im Einverständnisse mit dem Finanz⸗Minister die sub⸗ jektive Kosten⸗ und Stempelfreiheit des Fiskus des Deutschen Reichs, in demselben Umfange, wie solche dem Fiskus des preu⸗ ßischen Staats zusteht, anerkannt worden. Es sind deshalb vom deutschen Reichs fiskus im Geltungsbereiche des Kostengesetzes vom 10. Mai 1851 an Gerichtskosten nur baare Auslagen im Sinne des §. 6 dieses Gesetzes zu erstatten.
— Nach dem im amtlichen Theile unter der Rubrik „Justiz⸗ Ministerium“ veröffentlichten Allerhöchsten Erlaß vom 12. April 1875 und den ebendaselbst abgedruckten Bestimmungen über die Srmittelung von Militäranwärtern zur Besetzung erledigter, denselben vorbehaltener Stellen hat der Kriegs⸗Minister die Veröffentlichung der Vakanzen⸗ liste zu veranlassen. Mit Bezug hierauf und die Allö⸗ gemeine Verfügung des Justiz⸗Ministers vom 5. Juli d. J. theilen wir vorläufig mit, daß die Vakanzenliste der durch Militäranwärter zu besetzenden Stellen von Freitag, den 6. August d. J. an allwöchentlich von der Redaktion des Deutschen Reichs- und Königlich Preußischen Staats⸗ Anzeigers herausgegeben wird. Eine auszugsweise Zusammen⸗ stellung dieser Wochenübersicht wird regelmäßig im Deutschen Reichs⸗Anzeiger (Central⸗Handelsregister⸗Beilage) veröffentlicht werden. Das Weitere behalten wir einer besonderen Belannt⸗ machung vor.
— Die zu den Personen des Soldaten standes gehörenden Zeugfeldwebel, Zeugsergeanten (resp. Depot⸗Vize Feld⸗ webelz und Wallmeister erlangen, sofern sie nicht als Inva⸗ liden versorgungsberechtigt find, in Gemäßheit des 5§. 19 des Gesetzes vom 4. April 1874, gleich allen übrigen Unteroffizieren der Armee durch zwölfjährigen aktiven Dienst bei fortgesetzter guter Führung den Anspruch auf den Civilversorgungs⸗ fche in. Alle, dem entgegenstehenden älteren Bestimmungen sind als aufgehoben zu betrachten.
— An den in diesem Jahre bei Konitz stattfindenden Uebungen einer aus Kavallerie⸗Regimentern des J. und II. Armee⸗ Corps kombinirten Kavallerie⸗Division wird, statt. des J. Leib⸗ Husaren ⸗Regiments Nr. 1, das Dragoner ⸗ Regiment Prinz Albrecht von Preußen (Litthauisches) Nr. 1 theilnehmen.
— Die Hülfeleistung bei einem unbefugt betrie⸗ benen Hausirgewerbe wird nach einem Erkenntniß des Ober⸗Trlibunaks vom 22. Juni d. J., nach der allgemeinen Strafbestimmung über die Beihülfe zu einem Vergehen (5. 49 Str. G. B.) bestraft.
— Der russische Botschafter v. Dubril ist von hier nach Bad Norderney abgereist.
— Der Hof⸗Marschall Sr. Majestät des Kaisers und Kö⸗ nigs, General⸗Major Graf v. Perponcher, ist von seinem Urlaube aus der Provinz Preußen hier wieder eingetroffen.
— Der General⸗Major von Tilly, Direktor des Depar⸗ tements für das Invalidenwesen, hat fich mit Urlaub nach Süd⸗ deutschland und der Schweiz begeben.
Bromberg, 10. Juli. Das heutige Kreisblatt enthäl eine amtliche Bekanntmachung vom 7. d. M., wonach durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 18. Mai d. J. genehmigt ist, daß die Stadt Bromberg aus dem Verbande des bis⸗ herigen Kreises Bromberg ausscheide und fortan einen besonderen Stadtkreis bilde, sowie daß der nach Ausschei⸗ dung der Stadt Bromberg verbleibende Theil des seitherigen Kreises Bromberg als selbständiger Landkreis mit der Kreisstadt Bromberg fortbestehe. Der Zeitpunkt des Ausscheidens ist auf den 1. Juli d. J. festgesetzt und sind von da ab die Kreis⸗ verwaltungsgeschäfte in dem neugebildeten Stadtkreise den hierzu bestimmten Organen bezie hungsweise den städtischen Behörden übertragen worden.
Cöln, 15. Juli. Ihre Majestãt die Königin der Nieder⸗ lande traf heute Vormittag um 9 Uhr 20 Minuten von Co- blenz kommend hier ein und fuhr um 9 Uhr 30 Minuten auf der Töln⸗Mindener Bahn nach dem Haag weiter.
Bayern. München, 14. Juli. Se. Königliche Hoheit der Prinz Leopold wird sich mit seiner Gemahlin, der Erzherzogin Gisela, am 16. d. M. nach Ischl begeben und dort einen vierzehntägigen Aufenthalt nehmen. — Sicherem Ver⸗ nehmen, der Allg. Ztg.“ nach wird im Bud get für die XIil. Finanzperiode, das dem nächsten Landtag vorzulegen ist, der Gehalt der Beamten, indem der Gulden in 1 Mark S0 Pfennige umgerechnet wird, um 1 Zwanzigstel oder 5 Proz. und die Theuerungszulage der Beamten aller Kategorien um 210 Mark erhöht. — Der Königlich württem⸗ bergische Staats ⸗Minister v. Mittnacht ist von Stutt⸗ gart hier eingetroffen und im „Bayerischen Hof“ abgestiegen. — Nach der neuen Instruktion für die Brandversicherungs⸗ 6. spektoren kann jeder Brandversichrrungs⸗Inspektor bei der
randversicherungs kammer die Bewilligung ständiger Gehülfen beantragen, welche der Zahl der Bauverständigen zu entnehmen, gleich diesen zu verpflichten sind und ihre Funktion unter Auf⸗ sicht und Leitung des Brand versicherungs⸗Inspektors vorzunehmen haben. Jene Gehülfen, welche die Vorbedingungen zum Dienste eines Brandversicherungs⸗Inspektors erfüllt haben, führen den Titel „Assistenten?. Die Assistenten werden von der Brand⸗ versicherungskammer, die übrigen Gehülfen von den Brand⸗ versicherungs⸗Inspektoren aufgestellt. Auf die Assistenten finden die Bestimmungen über Verehelichung der Staatsdienstaspiran⸗ ten und der widerruflich im öffentlichen Dienste verwendeten Personen, sowie bezüglich der Uebernahme von Nebengeschäften Anwendung; insbesondere dürfen dieselben weder als Bau⸗ meister, Bauaufseher, Bauunternehmer Geschäfte führen noch Privatdienste besorgen. Vorbehaltlich der einschlägigen Bestim⸗ müngen erhalten die Assistenten einen Funktions bezug von monat⸗ lich 200 MS, die übrigen Gehülfen einen solchen von 170 , denselben wird jedoch eine weitere Vergütung aus den einzu⸗ hebenden Reisekosten und Schätzgebühren nur in besonderen Fällen gewährt. — Der Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern, v. Pfretzschner, ist am 12. Abends aus Urlaub von Wildbad und Würzburg hier eingetroffen, und übernahm gestern die Leitung genannten Ministeriums von dem Staatsrath Dr. v. Daxenberger.
— Ueber die Wahlen liegen folgende Telegramme des W. T. B.“ aus München vor:
15. Juli, Nachmittags. Bei den heute stattgehabten Ur⸗
3. für die Abgeordnetenkammer sind von den 284 hier zu wählenden Wahlmännern, soviel bis jetzt bekannt, 220 Kandi⸗ didaten der liberalen Partei gewählt; von einigen Wahlbezirken stehen die Resultate noch aus. Nach den bis jetzt hier vorliegen⸗ den Nachrichten sind in Fürth, Erlangen und den benachbarten Ortschaften sämmtliche von der bayerischen Fortschritts partei auf⸗ gestellte Wahlmänner gewählt worden, ebenso in Starnberg, Passau und Günzburg. 15. Juli, Abends. Nach den nunmehr vollständig vor⸗ liegenden Resultaten der hiesigen Urwahlen für die Abgeord⸗ netenkammer sind 228 der liberalen und 56 der ultramontanen Partei angehörige Wahlmänner gewählt worden. ; 16. Juli, Morgeng. Nach weiteren hier eingetroffenen Nach⸗ richten sind in Kaufbeuern . 10 von der liberalen Partei , , Wahlmänner mit bedeutender Majorität ge⸗ wãhlt worden. In Regensburg sind nach heftigem Wahlkampfe sämmtliche im 3. 4, 5., 6. und 7. Wahlbezirke vorgeschlagenen liberalen Wahlmänner gewählt worden. Daselbst ist somit der liberalen Partei von den aufzustellenden 58 Wahlmännern eine Majorität von 30 gesichert. In Augsburg wurden nur liberale Kandidaten gewählt.
Baden. Karlsruhe, 14. Juli. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat dem Königlich sächsischen Qber⸗Stallmeister Senfft v. Pilsach das Großkreuz, dem Oberften Frhrn. v. Welck, Flügel⸗Adjutanten Sr. Majestät des Königs von Sachsen und Commandeur des sãchsischen Kadetten⸗Corps, sowie dem sächsischen Kammerherrn und Ceremonienmeister v. Helldorff das Commandeur⸗ kreuz 2. Ftlasse des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen. Der Großherzoglich badische Ober⸗Stallmeister v. Holzing, der Ober⸗ Hofmarschall Frhr. v. Gemmingen und der 5 Sofmeister Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin, Frhr. v. Edels⸗
heim, haben den Königlich sächsischen Albrechts orden erhalten. — Ihre Großherzogliche Hoheit die Fürstin von Leiningen hat heute nach mehrtägigem Aufenthalte Bauschlott verlassen und sich nach Amorbach begeben. — Der Bürgermeister Weine in Malsch, welcher die durch Ministerial⸗Verordnung verbotene bewaffnete Begleitung von Prozessionen durch den Militärverein nicht zu verhindern gewußt hat, ist seines Amtes entsetzt worden. Der Vorstand des Veteranenvereins wurde mit 6 Tagen, die 5 Mitglieder des Verwaltungsraths mit je 2 Tagen Arrest bestraft.
HGessen. Dar mstadt, 14. Juli. Zur Beseitigung von Mißbräuchen und irrigen Ansichten über die Verbindlichkeit von Schulkindern und Lehrern zur Theilnahme an kirchlichen Feierlichkeiten hat sich das Ministerium veranlaßt gesehen, zu bestimmen, daß, abgesehen von den Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen, der Volksschul⸗ unterricht um kirchlicher Zwecke willen nicht unterbrochen oder ausgesetzt werden darf. Abgesehen von den gesetzlichen Feier⸗ tagen findet weiter eine Verpflichtung der Schulkinder beziehungs⸗ weise der Lehrer behufs Ueberwachung der Kinder zur Theilnahme an sonstigem Gottesdienste oder anderen kirchlichen Feierlichkeiten nicht statt und können die Schulkinder gegen den Willen ihrer Eltern nicht angehalten werden, einer Leiche zu folgen oder an einem Bittgange, einer Prozession 2c. Theil zu nehmen. Hat ein Lehrer zugleich als Organist, Kantor u. s. w. kirchliche Dienste
zu verrichten, fo sind selbstverständlich diese Funktionen nach An⸗
ordnung der betreffenden kirchlichen Behörden zu besorgen. Sollte jedoch hierdurch der Schuldienst Noth leiden und ein Benehmen mit den Kirchenbehörden nicht Abhülfe verschaffen, so ist die Trennung der kirchlichen Funktionen vom Schuldienste herbeizu⸗ führen. — Das Gesetz über die Ausführung des Bauplanes für die Erweiterung der Stad? Mainz in Folge des
zwischen dem Königlich preußischen Festungs⸗-Gouvernement und
der Stadt Mainz abgeschlossenen Vertrages ist in den letzten Tagen publizirt worden.
Oesterreich⸗angarn. Wien, 14. Juli. Ihre Majestãt die Kaiferin wird am 29. d. M. die Reise nach Sassetot an⸗ treten.
Das Befinden des Kronprinzen, Erzherzogs Rudolf, ist fortdauernd so befriedigend, daß derselbe heut schon das Bett verlassen wird.
Salzburg, 16. Juli. (W. T. B) Der Redacteur des „Banerischen Vaterland“, Dr. Sigl, ist heute behufs seiner Auslieferung unter Gensd' armerie⸗Begleitung von hier nach München abgeführt worden.
Großbritannien und Irland. London, 14 Juli. Ihre Majestät die Königin verließ gestern mit dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Beatriee Windsor, um sich nach Os⸗ borne auf der Insel Wight zu begeben, wo Ihre Majestät bis gegen Mitte August verweilen wird, um dann direkt nach Bal⸗ moral zu überstedeln. — Der Kronprinz von Italien empfing gestern in Claridge's Hotel den russischen Botschafter Grafen Schuwaloff, sowie die Gesandten der Riederlande, der Vereinigten Staaten, Perstens und Spaniens und viele andere Mitglieder des diplomatischen Corps.
— 16. Juli. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Unter⸗ hau ses wurde der Antrag des Deputirten Faweett, keinen Theil der Kosten der Reise des Prinzen von Wales nach Indien auf das indische Budget zu übernehmen, mit 379 gegen 67 Stimmen abgelehnt. Nachdem hierauf verschiedene Redner und unter diesen namentlich Macdonald, gegen die Bewilligung der für die Reise des Prinzen von Wales erforderlichen Summen und mehrere Andere dafür gesprochen hatten, wurde für die persönlichen Ausgaben des Prinzen die Summe von 60, 090 Pfd. Sterl. mit 350 gegen 16 Stimmen, und für die Seereise die Summe von 52, 060 Pfd. Sterl. mit 255 gegen 12 Stimmen bewilligt.
Frankreich. Versailles, 15. Juli. (W. T. B.) Nationalversammlung. Fortsetzung der Interpel⸗ lation über das Comité des „Appel au peuples. Nachdem Savary die gestrigen Behauptungen Rouhers widerlegt hatte, sprach Haentjens in längerer Rede gegen die Ausführungen Savarys. Der Minister des Innern, Buffet, wies die Anschuldigungen gegen den Polizei⸗ präfekten zurück, dessen persönliche Notizen nur in Folge eines Versehens in die Oeffentlichkeit gelangt seien; der Minister stellte in Abrede, daß die Regierung die Bonapartisten verfolge. Am Schlusse seiner Rede wies Buffet auf die Umtriebe der radikalen Partei hin und hob hervor, daß von dieser Seite die Haupt- gefahr drohe; die Regierung werde indessen auf ihrer Hut sein. Der Minister Dufaure nahm ebenfalls den Polizeipräfelten ünd den Generalprokurator in Schutz, welche beide nur ihre Pflicht gethan hätten; er würde nicht in der Lage sein, im Ministerium zu verbleiben, wenn nicht die Regierung gegenüber den von den Parteiumtrieben drohenden Gefahren volle Wachsamkeit entfalte. Nach Dufaure's Rede ergriff Gambetta das Wort. Er wandte sich gegen die Ausführungen Buffets, sprach sich dagegen zustimmend über die Rede Dufaure's aus. Er bemerkte im Verlaufe seiner Rede, der Cynismus und die Kühnheit der Bonapartisten überstiegen alle Grenzen. Er warf sodann Buffet vor, daß er die bonapartistischen Beamten erhalten wolle und protestirte gegen die Behauptung, die republikanische Partei sei die revolutlonäre. Buffet erwiderte auf diese Angriffe Gam⸗ betta's, es würde gefährlich sein, nur die bonapartistische Partei zu überwachen und nicht zugleich auch die radikale. Er prote⸗ stirte sodann gegen die Taktik der Linken, welche den Glauben zu erwecken suche, es herrsche im Ministerium selber Zwiespalt. Er habe sich mit dem Minister Dufaure stets in Uebereinstimmung befunden. Weiter vertheidigte der Minister die bonapartistischen Beamten und betonte, daß man, wenn man unter dem Kaiser⸗ reich Jemanden habe angreifen wollen, ihn beschuldigt habe, Orleanist zu sein; während man, wenn man heute die Behörden vertheidigte, beschuldigt würde, Bonapartist zu sein. Der Redner
schloß mit der Erklärung, er habe immer dem Gesetze Achtung
bewiesen. Er wolle keine Zweideutigkeit, da Gambetta erklärt habe, die Geduld sei nun erschöpft, so möge er eine loyale Tagesordnung einbringen, bei welcher es direkt auf das Mini⸗ sterlum angesehen sei. — Gambetta trat dieser Aufforderung, eine Tagesordnung einzubringen, die gegen das Ministerium erichtet sei, entgegen. Buffet erklart darauf, die Frage 36. jetzt eine ganz andere Gestalt angenommen, trotz des ückzuges Gambetta's. Er könne die Lage einer nur gedul⸗ deten Regierung nicht annehmen, er stelle daher den An⸗ trag, die Nationalversammlung möge die von Baragnon (Legitimist) vorgeschlagene Tagesordnung annehmen. Dieselbe lautet: „Die Nationalversammlung geht im Vertrauen auf die von der Regierung abgegebenen Erklärungen, zur Tagesordnung
über.“
Buffet schloß er würde die Annahme einer einfachen Tagesordnung als ein Mißtrauensvotum aufnehmen. Bocher (rechtes Centrum) erklärte, daß er die Erklärungen der Minister Buffet und Dufaure billige und für die Tagesordnung Baragnons siimmen werde. Albert Gréyn von der Linken verlangte die An⸗ nahme der einfachen Tagesordnung. Bei der nunmehr erfolgen⸗ den Abstimmung wurde die einfache Tagesordnung mit 424 gegen 272 Stimmen abgelehnt. Hierauf erklärte Dufaure: „Der Minister Buffet und ich, wir haben unsere Gesinnungen und unsere Entschließungen dargelegt und haben Nichts mehr hinzuzu⸗ fügen; wir sind Beide für die einfache Tagesordnung Baragnons.“ Dlese Erklärung des Ministers wurde von der Rechten sehr bei⸗ fällig aufgenommen. Bei der darauf folgenden Abstimmung wurde die Tagesordnung Baragnons mit 483 gegen 3 Stimmen angenommen. Die Linke hatte sich der Abstimmung enthalten.
Türkei. Belgrad, 14. Juli. Durch Fürstliches Dekret wird die Skupschtina für den 27. August nach Kragujewacz einberufen. ;
Numänien. Bukarest, 16. Juli. (W. T. B.) Der Senat nahm das bereits von der Deputirtenkammer angenom⸗
mene Gesetz, betreffend den Rückkauf eines Theiles der
rumänischen Eisenbahn, ebenfalls an.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 14. Juli. Am 11. d. M. hatte der außerordentliche Gesandte und bevoll⸗ mächtigte Minister Japans, Vize ⸗ Admiral Takeaki⸗Eno⸗ moto die Ehre, von Sr. Majestät dem Kaiser in Audienz empfangen zu werden. An demselben Tage wurde der von Neuem in der Eigenschaft eines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers Sr. Majestät des Königs der Niederlande am hiesigen Hofe akkreditirte Herr van der Hoeven von Sr. Majestät dem Kaiser in Audienz empfangen, um Sr. Majestãät die Beglaubigungsschreiben zu überreichen. — Die fremdländischen Delegirten zur internationalen Tele⸗ graphen⸗Konferenz sind gestern Nachmittags um 1 Uhr ins Ausland abgereist.
— Ueber den Aufenthalt des Königs von Schweden in Moskau bringt die „Mosk. Ztg. nachstehende, den gestrigen Bericht ergänzende Nachrichten:
Am 25. Juni empfing Se. Masestät Oscar II. eine vom Stadt- haupt geführte Deputation der Stadt Moskau, welche ihm Salz und Brod auf einer vergoldeten Silberschüssel überreichte. Die Schüssel frug die eingravirte Inschrift:, Moskau, den 11. Juli 1875. Der König nahm die Gabe gnädig auf und dankte freunglich. Darauf
übergab eine Deputation in Moskau wohnhafter Schweden ihrem
Monarchen ein Album mit Malachitdecken, Ansichten von Moskau und russische Kostũm-⸗Zeichnungen enthaltend. Es folgte dann programm mäßig die eingehende Besichtigung von Kirchen und Anstalten. Im Marien⸗ Asyl für die Kinder nach Sibirien verschickter Verbrecher, wa die Arbeiten der Kinder die Aufmerksamkeit des Königs besonders fesselten, wurde dem hohen Besucher die Stiftungsurkunde eines Stipendiums über reicht, durch welches das Andenken an den Besuch des Königs ver= ewigt werden soll. Nach dem Frühstück, zu welchem der König in den Kreml zurückkehrte, besuchte er das polytechnische Museum und des Strastuy-Kloster. Im letzteren erfreute er sich an dem schönen Ge. fang der Nonnen und bestieg den. Glockenthurm, von wo aus er sich an dem heirlichen Rundblick ven Moskau in hellster Sonnenbeleuchtung ergötzte. Nach dem Diner, welches in klei⸗ nem Kreise auserwählker Gäste im Peterpalais eingenommen wurde, befuchte der König den Hippodrom, wo ein Traberrennen und ein Wettrennen von Dreigespannen stattfand. Die raschen Dreigespanne erweckten insbesondere das Interesse Sr. Majestät. Am Abend be fuchte der König das Ballet. Kaum hatte er die Loge betreten, so spielte das Orchester die schwedische Nationalhymne, wobei das Publikum sich achtungsvoll von den Sißen erhob. Noch waren die letzten Klänge der schwedischen Hymne nöcht verhallt, als der Konig sich an das Orchester wandte und den Vortrag der russischen National- hymne verlangte. Das Publikum wurde dadurch in Enthusias mus versetzt und brach in laute Hurrahrufe aus. ö ; — 16. Juli. (W. T. B.) Se. Majestät der König von Schweden hielt sich gestern hier von Krasnoje⸗Selo lom⸗ mend, kurze Zeit auf und kehrte Nachmittags nach Krasnoje⸗Selo zurück. Abends fand dort eine große Umfahrt um das Lager
und ein Zapfenstreich statt. Heute wird eine Revue über sämmt⸗
liche im Lager befindliche Truppen abgenommen. Bei dem Großfürsten⸗Thronfolger findet alsdann das Diner statt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 12. Juli. „Dalpilen“ zufolge gedenken Ihre Majestäten der König und die Königin, begleitet von dem Kronprinzen und möglicher⸗ weise einigen Fürstlichen Gästen aus Deutschland, in der Mitte nächsten Monats eine Reise durch Dalekarlien vorzunehmen.
Christiania, 12. Juli. Am Mittwoch Vormittag wurde der Grundstein zum Carl⸗Johanns⸗Monument hierselbst gelegt. Die Enthüllung dieses Monuments ist auf den 7. Sep⸗ iember, den 57. Jahrestag seiner Krönung in Drontheim, fest⸗ gesetzt. Man erwartet, daß dann eine größere Truppenmenge seiwa 6000 Mann) in Christiania versammelt sein wird, da die Feldmanöver in Simmaalenene den 6. September beendigt werden, und man nimmt an, daß außer dem König, der Königin und den Königlichen Kindern auch die Königin Wittwe, die Kron⸗ prinzessin von Dänemark, die Fürstin von Wied und vielleicht noch mehr Fürstliche Personen der Festlichkeit beiwohnen werden. Der Platz des Monuments ist laut Storthingsbeschluß der Schloßplatz. Dort legten am Mittwoch die Mitglieder des Comité s und der Bildhauer einen kupfernen Cylinder, enthaltend die auf Pergament geschriebene Geschichte des Monuments, im Fundament nieder.
Dänemark. Kopenhagen, 13. Juli. Die Prinzessin Louise von Glücksburg, Schwester des Königs und Aeb⸗ tissin des adligen Fräuleinklosters zu Itzehoe, welche sich einige Zeit auf Schloß Friedensburg zum Besuch bei der Königlichen Familie aufgehalten hat, ist gestern Abend über Korsör in ihre Heimath zurückgekehrt. — Ueber die bevorstehende Reise des Königs nach Jütland meldet die in der Stadt Varde er⸗ scheinende Zeitung, daß dort großartige Vorbereitungen zum Empfange des Königs getroffen werden. — Der nu ani ch e Gefandte am dänischen Hofe, Marquis Spinol a) ist dieser Tage auf Urlaub verreist, und werden die Gesandtschaftsgeschãfte bis auf Weiteres von dem Legationssekretär Min ghetti als bepollmächtigtem Geschäftsträger geleitet. — Unterm 25. Juni ist folgende Königliche Verordnung, betreffend die Bedingungen, unter welchen Frauen das akademische Bürgerrecht auf der Kopenhagener Universität erwerben tönnen, erlassen worden:
8. 1. Es wird den Frauen erlaubt, auf der Kopenhagener Ui⸗ verstiät das akademische Bürgerrecht zu erwerben.
§. 2. Die Frauen, welche auf der Universität eingeschrieben zu werden wünschen, haben, ebenso wie die männlichen Studenten, die durch Privatunterricht vorbereitet sind, in Uebereimstimmung mit den bestehenden Vorschriften sich dem Abgangsexamen für Studenten zu unterwerfen entweder bei einer öffentlichen, gelehrten Schule oder bei
einer Yrivatschule, welche die Erlaubniß, Abgangsexamen abzu⸗ halten, hat.
§. 3. Die auf der Universität eingeschriebenen weiblichen Studen⸗ ten haben gleichen Zutritt wie die übrigen Studenten zum Studium der von ibnen erwählten Fächer und zu den auf der Universität an— geordneten allgemeinen Prüfungen uad akademischen Graden sich ein⸗ zustellen, wenn fie in jeder Hinsicht dieselben Forderungen erfüllen, welche an die männlichen Studenten mit Rücksicht sowohl auf die vorhergehenden Prüfungen und das vorbereitende Studium, als auf die abschließenden Fakultätsprütungen und Disputationen selbst gestellt werden. Jedoch sollen weibliche theologische Studenten keine Be⸗ rechtigung haben, sich zu dem theologischen Amtsexramen einzustellen oder bei der theologischen Fakultät akademische Grade zu erwerben, sondern werden ihre Studien duich eine bejondere Re ligionsvrüfung, deren Inhalt und Beschaffenheit vom Ministerium für das Kirchen ⸗ und Unterrichts wesen festgetsetzt wird, abgeschlossen. Weibliche theologische Studenten sollen die Berechtigung, die Kanzel zu besteigen, welche durch Gesetz den männlichen theologischen Stu⸗ denten verliehen ist, nicht haben Durch die abschließenden Fakultäts= prüfungen oder akademischen Grade soll eine Berechtigung für Frauen zu öffentlicher Dienstanstellung nicht erworben sein.
§. 4. Durch die Erwerbung des akademischen Bürgerrechts er ⸗ langen die weiblichen Studenten keine Berechtigung zu den bisherigen akademischen Benefizien und Unterstützungen.
Asien. Indien. Aus Simla wird vom 14 ds. tele⸗ graphirt: Die heutige amtliche, Gazette“ enthält eine Re solution des Vize⸗-Königs, welche den Schluß der Birmanischen Mission anzeigt. Mit Bezug auf die Weigerung des Königs von Birma, einer britischen Eskorte den Durchmarsch durch sein Gebiet zu gestatten, spricht der Vize⸗König die Zuversicht aus, daß die nun gemachten neuen Vorschläge den gewünschten Zweck erzielen und die Freundschaft zwischen Großbritannien und Birma erhalten werden. — Aus Calcutta wird gemeldet, daß die Eisenbahnbrücke über den Ganges in Cawnpore ihre Probe befriedigend bestanden hat und am 15. ds. dem öffentlichen Ver⸗ kehre übergeben werden wird.
Japan. Aus gokohama wird vom 13. Juni gemeldet:
Kido, Mitglied des Reichgraths, ist zum Vorsitzenden der Ver sammlung der nr, ,, welche am 20. Juni in Jeddo zum ersten Male zufammentritt, ernannt worden. Seit dem letzten Census im Jahre 1873 hat die Beosölkerung Japans um 1509009 zuge— nommen. — Der frübere Daimio von Kin-Sin hat 30 900 Dollars zur Errichtung einer Volksschule in jedem Dorfe seiner frühen Pro⸗ vinz angewiesen. — Auf Grund einer kürzlichen Untersuchung ver= theilen sich die fremden Misstonen in Japan wie folgt: Geiechi sche Kirche: Eine Misston, 3000 Konvertiten; Römisch-Katholisch: 40 Miß sionen, W, 000 Konvertiten; Protestantisch: 70 Misstonen, 200 000 Konvertiten. — Am 17. Mai ist ein Vertrag zwischen Japan und Peru ratifizirt worden. Elmira, der peruanische Geschäftsträger, ist nach Peking gereist, um den Vertrag mir China zu unterzeichnen. — Man geht mit der Absicht um, die Operationen der japanischen Dampferlinie, welche zwischen Shanghai und San Francisco fahrt, auszudehnen. — Ein Dekret verfügt, daß kein Schiff von mehr als 74 Tonnen von nun an und auf 250 Jahre hinaus nach auglän⸗ dischen Modellen gebaut werden darf.
Die Nr. 14 des Armee ⸗Verordnungs⸗Blattes Heraus- gegeben vom Kriege⸗Ministerium) hat folgenden Inhalt: Bestim⸗ mungen über Bewaffnung der Kavallerie. — Verordnung, betreffend die Tagegelder, die Fuhrkosten und die Umzugskosten der Reichs. beamten. Vom 21. Juni 1875. — Aenderung der Zusammensetzung der kombinirten Kavallerie ⸗Diviston, welche in diesem Jahre bei Konitz üben soll. — Kompletirung der Unteroffiziere der Militär- Schicßschule. — Anspruch der nicht invaliden Zeugfeldwebel, Zeug sergeanten (resp. Depot ˖ Vize Feldwebel und Wallmeister auf den Civil Versorgungsschein. — Einlösung und Präklusien des Staats ⸗ Papiergeldes. — Einziehung der Doppelthaler deutschen Gepräges, der Dreieinhalbguldenstücke füddeutscher Währung und der, auf der Zwölftheilung des Groscheng beruhenden Dreipfennigstücke deutschen Beyräges. — Kosten der Vertretung beurlaubter Offijiere. — Be— zeichnung der Mündungsdeckel. — Aenderungen zu der Instruktion, betreffend die Jägerbüchse MI nebst zugehöriger Munition, Berlin 18574 — Verrechnung der Krankenpflegekosten für die Uebungen des Beurlaubtenstandes im Jahre 1876. — Wagen für Geistliche bei TLeichenbegängnissen. — Bekleidungs⸗-Etat für die in den Garnison— Lazarethen auszubildenden militärischen Krankenwärter. — Kosten . und Stempelfreiheit des Deutschen Reichs. — Eröffaung der Eisen⸗ bahnstrecken Wolfsgefährt ⸗ Greiz und Greiz Weischlitz — Servis⸗ Kompetenz der zu Lieutenants beförderten kasernirten Portepeefähnriche. — Vervollständigung der Vorschrift über den Geschäftégang bei Ueber⸗ weisung der Bedürfniste zu den Schießübungen 2c. — Eröffnung der Eisenbahn Oelt⸗Gnesen und der Eisenbahnstrecke Glatz ˖Habelschwerdt.
— Nr. 29 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die Preußische Gesetzgebkung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des JustizMinisteriums, enthält: Allerhöchste Ordre vom 12. April 1875 und Allgemeine Verfügung vom 5. Juli 1875, betreffend das Verfahren zur Ermittelung von Militär ⸗Anwärtern für vakante Civildienststellen.
Statistische Nachrichten.
Das städtische statistische Buregn Berlins ist in dieser Woche in die gemietheten Räumlichkeiten im Heiligen Geist⸗ Hospitale verlegt worden. Das städtische ffatiftische Bureau wird nun seine Aufgabe, die staͤtistischen Verhältnisse der Hauptstadt nach allen wich⸗ tigen Richtungen zu erörtern, gewiß erfüllen, dafür bietet der neue Vorste⸗ her des Bureaus, Regierungs⸗Rath a. D. Boeckh, der sich bereits durch feine Schriften Geschichtliche Entwickelung der amtlichen Statistick des preußischen Staats, die statistische Bedeutung der Volkssprache als Kennzeichen der Nationalität, der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet, Brtschaftsstatistik des Reg.-Bez. Potsdam und der Stadt Berlin“, auf dem Gebiete der Stasistik rühmlich bekannt gemacht hat, die Gewähr. Wenn die statistischen Bureaus der größeren Städte, wie ste hier, in Bret. lau, Magdeburg, Frankfurt a. M, Hambutg, Leipzig u. A. bestehen, mit einander zufammen wirken möchten, so muß es ihm gelingen, die Mißstände, die durch das Zusammengedrängisein der Bevölkerung in den großen Städten hervortreten und auf die auch bereits in diesem Bl. in einer Reihe von Artikeln „Stadt und Land“ aufmetksam gemacht ist, auf ein unschädliches Maß zurückzufübren.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Bei John Murray in London ist unter dem Titei: Lnseg= tivordus Blantz- ein neues Werk von Charles Darwin über fleischfressende Pflanzen erschienen. Es weist nach daß die Blätter bes Sonnenthaues und der amerikanischen Fliegenfalle, welche sich bei jeder Reizung durch Berührung von Insekten zusammenzichen und die gefangenen Insekten umschließen, diese auch wirklich verzehren und verdauen. Dies geschieht mittelst eines, mit dem Magensaft große Aehnlichkeit zeigenden pepsinartigen Saftes, der die animasischen Stoffe dem Pflanzenorganiemus assimilirt. Diese Entdeckung ist von großer Bedeutung für die Kenntniß der Grenzen des Thier. und
anregen.
— William Bragge in Sbeffield hat einen Katalog der seit mehreren Jahren von ihm gesammelten Schriften zur Tabak- Lit e- ratur herausgegeben. Diefer Katalog entöält 163 ausführliche Titel in kateinischer, ifalienischer, spanischer, französischer, holländischer und deutscher Sprache, von 1547 = 1872; davon kommen auf Dentsch⸗
U land nur deutsche und lateinische Werke.
Pflanzenreiches und wird voraussichtlich zu weiteren Beobachtungen
Da dieser Katalog im Buchhandel nicht zu haben ist⸗ und der Herausgeber in der Vorrede als den Hauptzweck der Veröffentlichung desselben angiebt, seine seltene Sammlung von Tabakspfeifen und am- deren Rauc werkzeuaen dadurch bekannt zu machen und die Lücken der- selben ausfüllen zu können, so hat sich O. Vorlage hierdurch bestimmen lassen, im 4. Hefte von Petzholdts Neuem Anzeiger für Bibliographie (1875), unter dem Titel: „Zur Tabakeliteratur“ zunächst die Titel der von Bragge angeführten 15 deutschen und lateinischen Schriften kurz anzugeben, und diefen alsdann 111 Titel von deutschen oder in Deutschland und in der Schweiz gedruckten Büchern über Tabak, die bei Bragge sämmtlich fehlen, folgen zu lassen. Dieselben reichen von 1616— 1810 und sind größtentheils in deutscher Sprache, 22 in latei= nischer und 1 in franzöͤsischer Sprache abgefaßt. 18 derselben gehören dem 17. Jahrhundert, 21 dem 19, alle übrigen dem 18. Jahrhundert an. Die älteste deutsche Schrift über Tabak ist vom Jahre 1616, hat einen Joh. Jak. Ziegler zum Verfasser und ist in Zürich in 4 (Tabak; von dem gar heilsamen Wunderkraute Nicotiana-) erschienen.
Ueber einen im Württembergischen am 12. Juli verspürten Erd stoß liegen der „Köln. Ztg.“ folgende Berichte vor: Ohmen⸗ haufen bei Reutlingen, 13. Juli. Nachdem gestern Abend auf ab⸗ wechselnde Regen ein Gewitter ausgebrochen war bemerkte man diesen Morgen, 10 Minuten vor 5 Uhr, eine von West nach Ost gehende Erschütterung, welche mehrere Sekunden andauerte. Die Möbel klangen zusammen, namentlich war es im Zimmer des Bericht⸗ erstatters, als ob der Ofen zusammengeworfen werden sollte. Männer, welche auf dem Felde waren, behaupten, ein schweres Rollen, wie langanhaltender Donner, mehrere Minuten lang gehört zu haben. Leichtere Häuser, wie Scheunen, zitterten, als ob sie ein fallen wollten.
erner aus Balingen, 13. Juli: Nachdem wir gestern hefligen
turm und Sonnenschein mit Regengüssen wechselnd hatten, erfelgte hier heute früh 4 Minuten nach halb 5 Uhr ein ziemlich heftiger Erdstoß von Rordost nach Südwest verlaufend, der ein Klirren der Fenster, Schwanken von Bilderrahmen und anderer Gegenftände ver= anlaßte und sich namentlich in den höheren Stockwerken bemerklich machte. Die Luft war durchaus ruhig, gleichwohl war mit dem kaum eine Secunde andauernden Stoß ein Gebrause verbunden, wie wir dies bei den heftigen Windstößen der letzten Tage wiederholt ver⸗ spürt hatten. Der Stoß verlief genau in der Richtung des Streich ens unserer Gebirgsschichte und mag sich insbesondere dadurch bemerklich gemacht haben, daß das von dem Schreiber dieser Zeilen bewohnte Haus befondert tief und auf den Kalkbänken des unteren Lias fun- dirt ist, wogegen der Stoß an Gebäuden, die nur im Geröolle sitzen, weniger fühlbar war.
— Auf die Stürme in den o berösterreichischen und steie⸗ rischen Alpen folgte in den letzten Tagen ein starkes Sinken der 1 auf dem Dachstein liegt bis ziemlich tief herab frischer
nee.
— Aus Melbourne wird gemeldet, daß die Witterung in Australien in Anbetracht der gegenwärtigen Jahreszeit un= gewöhnlich kalt sei.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Bei den in diesen Tagen stattgehabten großen Hamburger Rennen liefen im Ganzen 123 Pferde und betrugen die Preise, Einfätze und Reugelder 82,45 6 außer verschiedenen silbernen Vasen, Pokalen c. Wie die „H. N.“ melden, waren wohl noch nie so viele Fremde zu einem Rennen in Hamburg versammelt, wie dieses Mal; auch dürfte der Besuch des Publikums früher kaum größer ge⸗ wesen sein.
— Ueber die Ernteaussichten in Dänemark schreibt man dem „Dagstelegrafen aus dem westlichen Fühnen, daß der Stand der Saaten ohne Ausnghme ein ausgezeichneter sei, daß man die beste 6. auf eine außergewöhnliche Ernte festhalte, uad die einzige
orge aus dem Mangel an hinreichender Arbeitskraft hervorgehe. Daffelbe gilt, dem genannten Biatte zufolge, wahrscheinlich für alle Gegenden des Landes.
Gewerbe und Handel.
In der gestrigen außerordentlichen Generalversammlu ng der Aktionäre der Prenßischen Bankanstalt, Henckel Lange, bei der 856 Aktien mit 99 Stimmen vertreten waren, wurde der einzige Gegenstand der Tagesordnung: Antrag auf Abänderung des 8§. 5 des Gesellschaftzstatuts, betreffend die Reduktion des Aktienkapitals um So 0 000 Thir. abgelehnt, so daß also das bisherige Aktienkapital von 9g 060 009 S unverändert bleibt.]
— In der Generalversammlung der Naumburger Braun kohlen-Aktien⸗Gesellschaft wurde der Betriebsbericht ent- gegengenommen und hierauf Decharge ertheilt. Der Vorschlag der Verwaltung, von dem etwas über 163 betragenden Gewinn eine Fividende von 7x zu vertheilen, fand die Zustimmung der Ver- sammlung. Zu Abschreibungen werden 37, 323 M verwendet. Schlie lich wurde noch die Genehmigung zur Aufnahme einer Hypothek bis zu 15000 Thlr. ertheilt. Der im vergangenen Jahre in Höhe von 77.087 M erzielte Gewinn resultirt aus dem Verkauf von 567,405 Hektolitern Kohle und 19164310 Stüc Dampfpreßsteinen.
Pest, 16. Juli. (W. T. B) Die Gruppe Rothschild hat die Option auf den Rest der unverkauften Sekunde Prio⸗ ritäten der Ostbahn im Betrage von etwas über 5. Millionen Fl. ausgeübt. ö
— Die New - Yorker Handels-Zeitung“ schreibt in ihrem vom 2. Juli datirten Wochenbericht: Die Gesammt⸗Si⸗ tuation hat in dieser Berichtswoche eine erfreuliche Wendung zum Besseren genommen, insofern sich in vielen Exportartikeln lebhafte Thätigkeit zu meistens steigenden Preisen entwickelte. In der Import⸗ Branche war es der Jahreszeit angemessen mit wenigen Ausnahmen slill, immerhin hat sich aber eine bessere Stimmung. Bahn gebrochen. Die per Kabel aus London gemeldeten weiteren Fallisse⸗ ments bleiben auf den hiesigen Markt, der davon nicht direkt berübrt wurde, ohne Einfluß. — Im dieswöchentlichen Geld⸗ markte war dieselbe Abundanz vorherrschend, wie wir selbe während der letzten Monate so oft zu schildern gehabt, denn weder die Anforderungen des Geschäfts noch die der Börse waren auch nur im Entferntesten genügend, um eine Aenderung der Situation zu veranlassen. Durchschnittsraten für call loans gegen Depot gemischter Securitäten stellten sich auf —— 3x und gegen Hinterlegung von Bundes ⸗Obligationen 1x niedriger. — Am Goldmarkt, welcher sich im Üebrigen durch Mangel an jeder Spekulation charakterisirte, war die Tendenz etwas matter. Das Agio, welches am vergangenen Sonnabend à I7 eröffnet hatte, fiel graduell bis 164, erholte sich sedoch hente bis Schluß auf 178, in Folge des größeren Kontanten⸗
ngagements füär die morgen abgehenden Dampfer. — Der Gesammt⸗ werth des letztwöchentlichen Waaren und Produkten Imports weist eine Zunahme von 2,250. 7095 Doll. gegen die Vorwoche auf und stellt sich im Ganzen auf 6,934 666 Doll. Der Waaren; und , repräsentirt im Gesammtwerth von h, 218, 653
oll. eine Abnahme von NS, 366 Doll. gegen die Vorwoche und von 1.972, 991 Doll. gegen die Parallelwoche des Vorjahres.
Verkehrs⸗Anstalten.
Aus Cöln, 12. Juli, wird gemeldet: Heute fand das letzte weiteste Brieftauben Wett fliegen der Columbia“ statt, und diese Preis- Tour ist als eine beachtenzwerthe zu bezeichnen, da die Tauben etwa 45 Stunden hinter Paris, zu St. Maur, aufgelassen wurden. Um 5 Uhr am Morgen wurden die Tauben in Freiheit ge⸗ etzt, und trotz des stets umwölkten Himmels und trotz des Gewitters im Rheinland traf die erste Taube 11 Minuten nach 2 Uhr hier ein, 33 Minuten fpäter die zweite Taube desselben Besitzers, um 7 Uhr waren schon 14 Tauben hier. Man hat konstatirt, daß die Tauben an Paris vorbeifliegen, nach den . und dann ihre Tour der Mosel entlang nehmen zum Rhein hal; denn bei dem vorletzten Fliegen fing man in 6 Cölner Tauben, und in Thionville wurden zwei von einem Jäger geschossen. Von den am Sonntag vor acht Tagen ren dem Brleftauben Bund in Paris aufg lassenen 170 Tauben, welche von dem Gewitter betroffen wurden, sind bis jetzt
erst etwa 50 in Cöln eingetroffen.