1875 / 265 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

unentbehrlich

aus den einzelnen Bundes staaten

stãndigen sein wird.

Die Rang- und Besoldungsverhältnisse des Direktors, der Mitglieder und Subalternbeamten entsprechen denjenigen bei dem Statistischen Amte, beziehungsweise der Normal⸗Eichungs⸗

rommission.

Nach einem Cirkularerlaß des Handels⸗Ministers vom 12. September d. J. ist für die Errichtung und die Veranderung von Stau⸗Anlagen in öffentlichen Flüssen, unabhängig von der durch den Kreis ausschuß gemäß 5. 16 figd. der Gewerbe⸗ Ordnung vom 21. Juni 1869 zu ertheilenden gewerbepolizeilichen Konzession, die an ein formelles Verfahren nicht gebundene Er⸗ aubniß der Regierung erforderlich, da öffentliche Flüffe ein ge⸗ meines Eigenthum des Staates sind (8. 21, Tit. 14, Th. II. Allg. Landr.) und die Anlegung von ÄÜnstalten in denselben Über die einem den freigegebene Nutzung hinausgeht. .

= In Beziehung auf die im Reichs-Strafgesetzbuch den Deutschen Einzelstaaten gewährte Befugniß zu polizeilichen Anordnungen gegen die Störung der Sonn- und Festtagsfeier hat das Ober⸗Tribunal in einem Erkenntniß vom 23. September d. J. folgende Unterscheidung ge⸗ macht: Der §. 366, Nr. 1 des Reichs-Strafgesetzbuchs (, Mit Geldstrafe bis zu zwanzig Thalern oder mit Haft bis zu vier⸗ zehn Tagen wird bestraft: wer den gegen die Störung der Feier der Sonn⸗ und Festtage erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt) hat nur Anordnungen im Auge, welche gegen die Störung der Sonntagsfeier gerichtet sind, und untersagt mithin Handlungen, welche geeignet find, die allgemeine Feier der Sonn- und Fest⸗ tage zu stören und zu beeinträchtigen. Handlungen also, welche moglicher Weise eine angemessene und würdige Sonntagsfeier des Einzelnen ausschließen, aber einen störenden Einfluß auf die allgemeine Feier zu üben nicht im Stande sind, fallen nicht unter den BGesichtsnunkt des 5. 366 ad 1 a. a. O. und können also durch Polizeiliche Verordnungen nicht unter die Strafe dieser Vor⸗ schrift gestellt werden. Das Erkenntniß, in welchem das Ober⸗ Tribunal diese Unterscheidung macht, bezieht sich auf eine Polizeiverordnung der Regierung zu Arnsberg, nach welcher die Ausübung der Jagd an Sonn⸗ und Feiertagen gänzlich unter⸗ lagt ist und zwar ohne Unterschied, ob sie auf geräuschvolle Weise mit Hunden und Horn oder in sonstiger Weise ausgeübt wird. Diese Verordnung nun geht nach der Auffassung aller Instanzen über die in der erwähnten Bestimmung des Straf⸗ gesetzbuches gezogenen Grenzen hinaus. „Es ist gewiß anzu⸗ erkennen“, bemerkt das Ober⸗Tribunal in seinem Erkenntniß, „daß die Ausübung der Jagd unter bestimmten Umständen, also nach der Art und Zeit, sowie dem Orte der Ausübung eine Störung der Sonntagsfeier herbeizuführen geeignet isit, wie denn, auch beispielsweise für Preußen die König⸗ lichen Regierungen durch ministerielle Verfügung darauf nhinge⸗ wiesen sind, Störungen der Sonntagsfeier durch Treibjagden schlechthin, sowie durch andere Jagden während der Stunden des Gottes dienstes mittelst entsprechender Anordnungen entgegenzu⸗ treten. Daß aber die Ausübung der Jagd an Sonn⸗ und Fest⸗ tagen bedingungslos geeignet sei, eine derartige Störung mit sich zu führen, kann nicht behauptet werden, und die Polizei⸗ verordnung enthält daher mit der gebotenen gänzlichen Unter⸗ sagung der Jagd an Sonn⸗ und Festtagen eine Beschränkung der persönlichen Freiheit und des Bedürfnisses des Einzelnen, welche in der Vorschrift des 5. 366 ad 1 R. Str. G. B' keine Rechtfertigung findet.“

Am 1. d. M. verstarb zu Venedig der Großherzoglich badische Major a. D. und ehemalige Geschäftsträger in Rom, Friedrich Maler. Erst vor wenigen Monaten hat das Statut einer großen und gemeinnützigen Stiftung, welche das Andenken dieses edeln Mannes zu einem bleibenden macht, die Allerhöchste Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers und Königs erhalten. Ehe die „Malersche Stiftung zur Beförde⸗ vung des Studiums der deutschen Architektur“ ins Leben getreten ist, hat der Stifter das Zeitliche gesegnet. Der⸗ selbe ist am 4. d. M. mit den gebührenden militärischen Ehren, welche die Königlich italienischen Militãrbehõrden bereitwillig zu⸗ gestanden, in Venedig beerdigt.

Breslau, 10. November. (W. T. B) Gemãß 5. 6 des Gesetzes über die Verwaltung erledigter Bisthümer erfolgte gestern die Beschlagnahme des Breslauer Diöze an⸗ vermögens. Die Ausführung derselben ist dem Regierungs⸗ Rath v. Schuckmann übertragen worden.

Bayern. München, 9g. November. Kronprinzen Rudolf von Oesterreich fand heute Nach⸗ mittag im Palais des Prinzen Luitpold eine größere Tafel zu 18 Gedecken statt. Außer den zur Familie gehörigen Prinzen und Prinzessinnen waren auch die Mitglieder der hiesigen öster⸗ reichischen Gsesandtschaft mit Gemahlinnen geladen. Wie die Allg. Ztg. nachträglich erfährt, hatte der König vor der vor⸗ gestrigen Familientafel in der Uniform seines österreichischen Regiments den Kronprinzen von Oesterreich an den Stufen des Treppenhauses empfangen. Auch die Prinzen Luitpold und Leopold befanden sich in österreichischer Uniform. Die Rückkehr des Kronprinzen von Oesterrcich nach Wien ist mit dem mor⸗ Agen Abendschnellzug in Aussicht genommen.

Oldenburg. Oldenburg, 9. November. Auf der heutigen Tagesordnung des Landtags stand zunächst der Be⸗ richt des Verwaltungsausschusses, betreffend Abänderung des Gesetzes vom 4. April 1865 wegen Reorganisa⸗ tion der Ersparungskafse— Nach dem Rechnungsschluß pro 1874 hat das Einlägekapital am 31. Dezember 1874 fast T Millionen Mark betragen, während die Depositen sich im Jahre 1849 auf kaum eine Million Mark belaufen hatten; es sind im Jahre 1874 L398, 949 6 bagre Einlagen erhoben und 930 887 S0 baar zurückgezahlt, 1348870 60 abgetragene Ka⸗ Pitalien zur Kasse gekommen und 2075, 109 c neu belegt; die Gesammteinnahme des Jahres 1874 hat 3,310, 846 (S6 und die Gesammtausgabe 3, 352, 504 0, der Gesammtumsatz der gasse also 6,663 350 6 betragen. Die Kasse hat den Zweck, den Besitzern kleiner Summen Gelegenheit zu geben, ihre Ersparnisse verzinslich anzulegen, und belauft i die Anzahl der augen⸗ blicklichen Kaffeglaͤubiger auf circa 26, 900; die Gelder werden von der Kasse meistentheils wieder gegen hypothekarische Sicher⸗ heit belegt. Bei der großen Ausdehnung der Ersparungs kasse ist es wünschenswerth, daß ein häufiger Wechsel in dem hei der Tasse beschãftigten Gehülfenpersonal vermieden werde, und hat die Staatzregierung, um bie Gehülfen leichter in ihren Stellungen zurückhalten zu lännen, in dem vorgelegten Gefetzentwwurfe Pe— antragt, ihr die Befugniß zu geben, den Gehülfen die Staats⸗ Dienerqualität beilegen zu können. Obwohl der Ausschuß den Antrag zur Genehmigung empfohlen hatte, wollte doch der Landtag der Staatsregierung diefe Befugniß nicht uneinge⸗

schränkt zugestehen und nahm einen Antrag von Propping⸗Russel an, wonach die Staatsregierung ermächtigt wurde, wenigstens vier Gehülfen die Eigenschaft von Staatsdienern zu ertheilen Es folgte der mündliche Bericht des Finanz ⸗Ausschusses, betreffend den Gesetzentwurf wegen Förderung der Pferdezucht im SBerzogthum Oldenburg. Die Pferdezucht im Herzogthum hat in ganz Dentschland und über dessen Grenzen hinaͤus einen so vortheil⸗ haften Ruf erlangt, daß namentlich junge Hengste in den letzten Jahren für sehr hohe Preise für die Landgestüte Preußens, Bayerns, Badens, DOesterreichs, Italiens und anderer Lander angekauft sind, wodurch indeß die Gefahr entsteht, daß das beste Zuchtmaterial dem Lande entzogen und somit der bisherige Fortschritt der Pferdezucht in einen Rückschritt verwandelt wird. Um dieser Gefahr möglichst vorzubeugen und die Ausfuhr der Fengste zu vermindern, liegt es im Plan der Staatsregierung, die Prämien zu erhöhen und sog Angeldsprämien für junge Hengste einzuführen. Damit hierdurch die Staatkasse nicht zu sehr belastet werde, soll nach dem vorgelegten Gesetzentwurfe für die Zulasfsung zur Köhrung eine Gebühr gezahlt werden, welche zur Förderung der Pferdezucht zu verwenden ist; außerdem haben diejenigen Besitzer angeköhrter prämiirter Pferde, welche dieselben nicht während der vorgeschriebenen Zeit zur Zucht ver⸗ wenden, ein Reugeld zu entrichten, welches im Maximum 50 pCt. der Prämie betragt. Die Gebühr für den Zulassungsschein war im Gesetzentwurfe auf den niedrigsten Satz des Deckgeldes des Distrikts bestimmt, worin der Besitzer des Hengstes wohnt. Dem vom Ausschusse gestellten Antrage entsprechend, erhöhte der Landtag die Gebühr auf das Doppelte und nahm im Uebrigen den Gesetzentwurf unverändert an. Mit dem Entwurf eines Gesetzes für das Fürstenthum Lübeck, betreffend Au fhebung der Feldgenossenschaften, dessen Zweck darin besteht, die Theilung der sogenannten Feldgenossenschaften unter die Be— rechtigten zu ermöglichen und das Theilungsverfahren zu regeln, erklärte sich der Landtag einverstanden. = Auch der Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Ober steiner-Idarer Fabrik⸗ wesen, welcher für die Fabrikdistrikte des Fürstenthums Birken⸗ feld einen „Gewerberath“, bestehend aus einem von der Regie⸗ rung zu ernennenden Mitgliede und aus sechs theils von den Städten Oberstein und Idar und theils von den ländlichen Ge⸗ meinden zu wählenden Personen, einführt, fand die Zustim⸗ mung des Landtages.

Sachsen⸗ Coburg ⸗Gotha. Gotha, 10. November. Die Gesetz⸗Sammlung fur das Derzogthum Gotha veröffentlicht eine Verordnung, die Ausführung des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 betreffend, vom 1. November 1875.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 9. November. Im Abgeordnetenhause ist in der Zoll- und Handelsfrage nach langen Verhandlungen zwischen den Vertrauensmännern der drei verfassungstreuen Klubs folgende Interpellation ver⸗ einbart worden:

In Erwägung, daß die österreichische Handelspolitik des letzten Jahrzehnts, insbesondere der englische Handelsvertrag und die eng— lische Nachtragskonvention, vielfache Schädigung der österreichischen Produktion zur Folge hatte; in Erwägung, daß sammtliche wichtigere Zoll und Handelsverträge Sesterreichs mit freinden Mächten in den Jahren 1875 und 1875 fällig und kündbar werden; in Erwägung, daß die derzeit herrschende Unklarheit in Rücksicht auf die handels⸗ politischen Intentionen der Regierung auf die öfterreichische Produk⸗ tion and den österrcichischen Handel lähmend wirkt stellen die Unterzeichneten an die Kaiserliche Regierung nachfolgende Inter⸗ pellation:

a. Gedenkt die Kaiserliche Regierung die mit fremden Mächten abgeschlossenen Zell. und Handelgverträge, welche im laufenden und im folgenden Jahre fällig und kündbar werden, insbesondere den Handelsvertrag mit Großbritannien do. 16. Dezember 1865, die Nachtragskonvention mit Geoßbritannien dd. I6' Dezember 1869, den Handels vertrag mit Frankreich 440. 11. Dezember 1866, den Handelsvertrag mit Belgien 440. 25. Februar 1867, den Handelever⸗ tras mit Holland ddo. 26. März 1857, den Handelsvertrag mit Deutschland ddo. 9. März 1865, zu kündigen? Hat die Kaiserliche Regierung schon irgend welche zu diesem Ziele führende Schritte, zu⸗ mal mit Nücksicht auf den englischen Handelsvertrag und die englische Nachtragskonvention, ausgeführt?

k. In welcher Weise ollen nach Ansicht der Kaiserlichen Regie rang die künftigen Zollsätze festgestellt werden? Gedenkt die Kaiser⸗

Zu Ehren des

liche Regierung insbesondere einen Minimal-Zolltarif noch im Laufe we, Heichsraths · Session zur verfassungs mäßigen Behandlung vor—= zulegen?

. Was gedenkt die Kaiserliche Regierung bei ihrer handelepoli⸗ tischen Aktion zur Beseitigung der Mißbräuche und Auswüchse, die bei Handhabung des gegenwärtigen Appreturverfahrens und der ver⸗ wandten Zollinstünute sich herausgestellt haben, vorzukehren?

Pest, 9. November. Der Sektions⸗Rath im Kultus⸗ und Unterrichts⸗Ministerium Jakob Ranicher ist heute gestorben.

10. November. (W. T. B.) Die aus amtlichen Quellen instruirie „Wiener Abendpost“ bemerkt gegenüber den seit einiger Zeit hinsichtlich der orientalischen Lage verbrei⸗ teten beunruhigenden Zeitungsnachrichten: „Aus totaler Un⸗ kenntniß der Verhältnisse, hier und da vielleicht in der Absicht, das Einvernehmen der drei Kaisermächte zu stören oder gar in der Tendenz, die Börsenkurse zu drücken, werden eine Audienz, die der russische Botschafter in Konstantinopel bei dem Sultan gehabt hat, ein Besuch, den er dem Großvezir gemacht, zur Be⸗ deutung von Ereignissen hinaufgeschraubt, welche für den Frieden Europas bedrohliche Aspekten eröffnen sollen.“ Demgegenüber er⸗ klärt das genannte Blatt auf Grund verläßlicher Kenntniß der Sachlage, daß seit Beginn der orientalischen Aktion Rußland ebensowenig wie Desterreich⸗ Ungarn oder Deutschland, General Ignatieff ebensowenig wie Graf Zichn oder Herr 8. Werther, sei es bei dem Sultan oder bei dem Großvezir einen Schritt gethan haben, welcher nicht den gemeinsfam festgestellten Instruktionen entsprochen und auch die Zustimmung und Unter⸗ stützung der anderen Kabinete gefunden hätte.

Schweiz. Bern, 6. November. Der „Bund“ berichtet: Wie wir hören, hat die Regierung in ihrer heutigen Sitzung mit Bezug auf die am letzten Sonntag erfolgte Annahme des Kultuspolizeigesetzes und auf den bezüglichen Beschluß der Bundes versammlung das Ausweisungsdekret gegen die renitente jurasfische Geistlichkeit aufgehoben. Die Renitenten können somit noch vor dem 15. d. in ihre Bezirke zurückkehren.“

Belgien. Brüssel, 10. November. (W. T. B.) Die Repräsentanten kammer hat heute die früheren Mitglieder ihres Bureaus wiedergewählt. Vor Schluß der Sitzung machte der Deputirte Andrimont die Mittheilung, daß vorgestern bei einer Revue über beurlaubte Milizen in Lüttich Un⸗ ordnungen stattgefunden hätten, und verlangte von der Re⸗ gierung darüber Auskunft, weshalb sie nicht zur Vermeidung

b der erwähnten Unordnungen Vorkehrungen getroffen hãtte, und

weshalb sie die Zahl der einzuberufenden Milizen nicht beschränkt hätte. Der Kriegs⸗Minister erklärte darauf, daß sich nicht einbe⸗ rufene Milizen in der Kaserne eingefunden hätten, und daß die Zahl der Mannschaften auf diese Weise vermehrt worden wäre. Die erwähnten Unordnungen seien durch ein Mißverständniß ent⸗ standen, und könne di⸗ Militärverwaltung für dieselben nicht verantwortlich gemacht werden.

Großbritannien und Irland. London, 8. November. Aus Bombay wird unterm 8. d8. gemeldet: Zur Feier der Anwesenheit des Prinzen von Wales hält Bombay bis zum 15. ds. einen allgemeinen Feiertag. Die Parsen fanden fich am vorigen Sonnabend in ihrem prächtigen Feuertempel ein. um für die glückliche Ankunft des Prinzen von Wales in Indien zu beten.

109. November. (W. T. B.) Durch nunmehr vorlie⸗ gende amtliche Nachrichten von Perak wird bestätigt, daß der zur Verfolgung der Moͤrder des britischen diplomatischen Agenten Birch abgesendete Kapitän Innes mit seinem Truppen⸗ detachement die Malayen am 7. c. unweit des Ortes, wo der Mord geschah, angegriffen hat, daß dieser Angriff aber miß glückte und Kapitän Innes bei demselben getõdtet wurde. Es sind Befehle nach Hongkong und Kalkutta zur Herbeiziehung von Truppenverstärkungen abgegangen. Wie aus Penang vom 10. d. gemeldet wird, haben sich die englischen Trup⸗ pen nach Baturabet, i0 Meilen von Perak, zurückgezogen. Die Bevölkerung von Haroot, Silangore und Perak ist von dem Rajah zur Erhebung gegen die Engländer aufgefordert worden. Aus Britisch⸗Indien sind 1000 Mann mit Artillerie zur Unter⸗ stützung der Engländer abgeschickt worden.

Frankreich. Paris, 9. November. In dem Augen⸗ blicke, da die Einjährig⸗ Freiwilligen von 1874 in ihre Heimath entlassen und die vom Aufgebote von 1875 zu ihren Regimentern geschickt worden sind, theilt das „Journal des Debats- die neuen reglementarischen Bestimmun—⸗ gen mit, welche der Kriegs⸗Minister, General de Cissey, ge⸗ troffen hat, um das Institut des Freiwilligendienstes zu befestigen. Fortan sollen alle Einjährig⸗Freiwilligen, gleichviel ob für das erste oder für das zweite Jahr, ohne Ausnahme einem Truppen⸗ körper einverleibt und allen Dienstpflichten unterzogen werden, welche den unter den Waffen stehenden Mannschaften obliegen. Demnach sollen sie gleich den gemeinen Soldaten in die Esm— pagnien, Schwadronen und Batterien eingereiht werden, mit Soldatenkost vorlieb nehmen und in der Kaserne wohnen. Mit Bezug auf die Gesuche, mittelst deren die Famlien ihn bald um Aenderungen der Waffe, bald des Corps innerhalb jeder der verschie⸗ denen Waffengattungen angingen, hat der riegs⸗Minister in der Abficht, allen derartigen Bemühungen ein Ziel zu setzen, ver⸗ fügt, daß von nun an keine dieser Aenderungen mehr anders, als im Interesse des Dienstes und aus vorschriftsmäßig konsta⸗ tirten Gesundheitsrücksichten stattfinden darf. Die Einjährig⸗ Freiwilligen müssen die vorschriftsmäßige Unifarm des Corps und dürfen in keinem Falle andere, als aus den Magazinen der Militärverwaltung hervorgegangene Kleider tragen. Auch sollen alle Disziplinarbestimmungen ohne irgend welche Milde⸗ rung auf sie Anwendung finden. So sollen ihnen namentlich die Urlaubsbewilligungen für vierundzwanzig Stunden und länger nur aus dringenden und vorschriftsmäßig konstatirten Gründen gewährt werden. Wer vierzehn Tage Gefängniß oder dreißig Tage Arrest gehabt hat, kann zu einem zweiten Dienst⸗ jahr angehalten werden, und verfällt er nochmals in das näm⸗ liche Maß von Strafen, so wird die Jury ihm das Abgangs⸗ zeugniß verweigern und der Minister ihn der Wohlthat des Frei⸗ willigendienstes verlustig erklären. Die Einjãhrig⸗Freiwilligen für das erste Jahr bilden im Verein mit den intelligente sten jungen Soldaten der ersten Portion des Jahreskontingents eine besondere Unterweisungsklasse, der ein jedes Jahr von der General⸗Inspek⸗ tion zu bezeichnender Hauptmann oder Lieutenant vorsteht. Sie haben alle drei Monate vor einer Jury, der ein Bataillong- oder Escadrons⸗Chef präsidirt, ein Examen zu bestehen. Die Abgangs⸗ prüfungen finden in Gegenwart des die Subdiviston oder die Artillerie⸗ Brigade befehligenden Generals statt. Die allgemeinen Regeln, betreffend die Beförderung, erstrecken sich ebenfalls auf die Einjährig⸗Freiwilligen. Demgemäß fönnen sie erst nach sechs⸗ monatlicher Dienstzeit den Korporals⸗ oder Brigadiers- und den Unteroffiziersgrad erst erlangen, nachdem sie während sechs Mo⸗ naten den unteren Grad bekleidet haben. Gleichwogl sollen sie, unbeschadet der von anderen Militärs erworbenen Rechte, in möglichst großer Anzahl zu den Stellen in den Cadres zuge⸗ zogen werden. Der Kriegs⸗Minister hofft, auf diese Weise spãä⸗ ter, im Falle einer Mobilmachung, in ihnen die erforderlichen Elemente für die Bildung der Unteroffiziercadres zu finden. Der Einjährig-Freiwillige für das erste Jahr, welcher durch Gesundheitsrücksichten gezwungen ist, im Laufe des ersten Trimesters aus den Lehrkursen wegzubleiben, wird auf das nächste Jahr verwiesen, und dann muß er ein volles Jahr dienen. Der Einjährig-⸗Freiwillige für das erste oder für das zweite Jahr, welcher aus vorschriftsmäßig konstatirten Gesundheitsrück⸗ sichten oder aus nicht von seinem Willen abhängigen Gründen während des letzten Trimesters und im Augenblicke der Prüfung abwesend ist, muß nach Ablauf seines Urlaubs die ihm zu dem vorgeschriebenen Jahre fehlende Dienstzeit in seinem Corps nach⸗ holen und ein neues Examen bestehen, in Folge dessen man ihn je nach Umständen entlassen oder unter den Fahnen zurückbe⸗ halten wird. Der Kriegs⸗Minister hat alle Befehlshaber von Armee⸗ Corps angewiesen, streng über die genaue Aus⸗ führung dieser Bestimmungen zu wachen, welche den Gegen⸗ stand jähriicher Berichte der Corps⸗Kommandanten bilden soll. Im erzbischöflichen Palast hierselbst sind heute fünf⸗ zehn Prälaten, welche bei der Gründung der katholischen Unipersität von Paris mitwirken, unter ihnen die Erz⸗ bischöfe von Sens, Bourges und Reims und der Bischof von Versailles, unter dem Vorsitz des Kardinals Guibert zu einer Berathung zusammengetreten. Das Hauptresultat derselben war die Ernennung des Abbe Conil, früheren Generalvikars und Superior des Seminarg von Az, zum Rektor der neuen katholischen Hochschule, sowie die Bestätigung der bereits gemel⸗ deten Ernennungen von sieben Professoren der Rechtsfakultãt, zu welchen noch als achte diejenige des Abgeordneten Merveilleux⸗ Duvignaux, eines ehemaligen Generalapokaten am Appell hofe von Agen, hinzutritt. Der Botschafter von Desterreich Ungarn Graf Apponyi, ist gestern auf seinem Posten wieder einge⸗ troffen. Die Stadt Marseille ist durch den Tod ihres Bürgermeisters, Srn. Rabatau, der sich bei seinen Mitbürgern außerordentlicher Achtung erfreute, in tiefe Trauer versetzt. Die Theater der Stadt sind geschlossen, die Schiffe im Hafen haben ihre Flaggen in Schau gesetzt, wie der seemännische Ausdruck lautet, und der Gemeinderath hat für die Kosten des Leichen⸗ begängnisses 6000 Fr. ausgeworfen.

Versailles, 10. November. (W. T. B.) Die National⸗ Versammlung setzte in ihrer heutigen Sitzung die Berathung des Wahlgesetzes fort und nahm die Artikel 7— 11 an. Die Abstimmung über Art. 12 wurde vertagt Deputirten Bethmont (Linke) gestellten Äntrages, daß die Offi⸗ ziere und Generale der Territorialarmee nicht wählbar sein sollen in den Bezirken, wo sie ihre Funktionen ausüben. Der Artikel wurde an die Kommission zurückverwiesen. Der Artikel 13, welcher die Nichtigkeit des imperativen Mandats ausspricht, wurde

von dem Deputirten Nagquet bekämpft, dann aber mit 587 gegen Darauf wurde die Diskussion des

57 Stimmen angenommen. Art. 14, betreffend das Listenskrutinium, begonnen. tirte Antonin Pontalis vertheidigte das System der len, während der Deputirte Luro (linkes Listenskrutinium eintrat. Die Sitzung wurde darauf aufge⸗ hoben. * In einer heute abgehaltenen Kommissionss— itzung erklärte Finanz⸗Minister Say, daß die Einnahmen seit Beginn dieses Jahres die Voranschläge des Budgets um ca. 110 Mill. Fres. übersteigen.

Griechenland. Athen, 11. November. Die Kammer beschloß, die Justizkommission zu beauftragen, binnen sieben Tagen eine Anklage gegen die früheren Minsster Valassopulos und Nikolopulos wegen Simonje bei der Er— nennung von vier Bischöfen zu formuliren.

Türkei. Wie dem Wiener „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗ Bureau“ vom 11. d. M. aus Konstantinopel gemel det wird, hat man bereits mit der Ausführung der Befehle, betr. die Zurückziehung der türkischen Truppen von der serbischen Grenze, begonnen.

Astien. China. Zu den in neuerer Zeit erlassenen Bekanntmachungen chinesischer Behörden, worin auf Grund von Instruktionen der Centralregierung die vertrags mäßigen Rechte der Fremden offene Anerkennung gefunden, gehört eine „Proklamation des allgemeinen Handels-Koömiteéis für die Provinz Fukien vom Kuangsü 1. J. 5 Mon. 27. Tag“ (30. Juni 1876), welche folgendermaßen lautet:

Mit Beziehung auf die Verbreitung der christlichen Lehre im Innern, Chinas durch fremde Missionäre steht in den Verträgen ge⸗ schrieben, daß die heilige Religion des Jesus Christus, oder wie sie auch genannt wird, die Religion des Herrn des Himmels *) ursprünglich die Absicht verfolgt, die Menschen zum Gutesthun zu ermahnen, und ihnen den Spruch einzuprägen:

Was ihr wollt, daß euch die Leute thun sollen, das thut ihr ihnen.“

ie Verträge kestimmen, daß in Zukunft die sich ruhig in ihren Schranken haltenden Missionäre und Konvertilen gut behan⸗ delt und geschützt werden sollen, und daß es nicht erlaubt ist, sie zu bedrucken, schlecht ze behandeln und zu beschimpfen. So wie ferner, daß die Missionäre und Konvertiten, welche, sich übrigens in den gehörigen Schranken haltend, die Gebräuche ihrer Religion ausüben oder weiter zu verbreiten suchen, von andern Leuten darin nicht gestört werden sollen.

Es ist nun aber häufig vorgekommen, daß die nicht christlichen Chinesen in den Kreisstädten und Dörfern der Distrikte von Msn⸗ping, Chien ning, Shao⸗ wu und Hsing hua den Versuch gemacht haben, die chinestschen Konvertiten dazu zu zwingen, an den Pꝛo—⸗ zessionen, Tempelbauten und festlichen Aufführungen des chinesi chen Gottes dienstes durch Geldbeiträge sich zu betheiligen, und wenn die Convertiten sich dessen weigerten, so wurden sie wohl gar beraubt, ge⸗ schlagen und durch Schimpfreden beleidigt.

Mehrere solcher Vorkommnisse sind durch die Konsuln zu unserer Kenntniß gebracht worden und haben wir darauf in jedem einzelnen Falle die Lokalbehörden angewiesen, die Thäter streng zu bestrafen und warnende Proklamationen zu erlassen.

Was ferner die miethweise Erwerbung chinesischer Grun dstücke Seitens der Fremden behufs Errichtung von Kirchen betrifft, so be⸗ stehen ganz genaue Vorschriften darüber, denen zufolge die auslän- dischen Käufer die ‚Miethskontrakte für ewige Zeiten“, nach Inhalt deren ste keine periodenweise Miethzahlungen zu leisten haben, duich Vermittlung ihrer Konsuln den Ortsbehörden vorlegen müssen, welche letzteren dieselben, nachdem sie sie gehörig geprüft, mit ihrem Amts siegel versehen und je nachdem entweder behalten oder zurückgeben, wie dies allgemein bekannt gemacht und schon längst befolgt worden ist.

Wenn feiner die Fremden chinesische Gebäude in Städten. Dör— fern und Marktflecken miethen wollen, um dieselben zu Zwecken der Auslegung der Schrift zu benutzen, so muß man ihnen darin voll—⸗ ständig ihren freien Willen lassen, denn Räumlichkeiten zu miethen, um die Schrift darin auszulegen, unterscheidet sich in Nichts davon, Räumlichkeiten zu miethen, um diefelben als Gasthäuser, Läden ober Privatwohnungen zu benutzen. Die Nachbarn dürfen daher der Auslegung der christlichen Bücher in solchen gemietheten chinestschen Häusern unter keinen nichtigen Vorwänden Hinderniss: in den Weg legen, denn das ist gegen die Vertrãge.

Wir erlassen daher diese Bekanntmachung, und thun Euch, Honoratioren, Soldaten und Volk kund und zu wissen.

Die Erlaubniß, aller Orten Land zu kaufen, Kirchen zu bauen und die christliche Religion zu verbreiten, ist den Fremden durch die Verträge aug drücklich gegeben. Sollten aber etwa Fälle vorkommen,

Der Depu⸗ Einzelwah⸗

wo Mitglieder irgend einer Clangenof senschaft sich eines heimlichen und unberechtigten Verkanfs schuldig machen; so müssen solche Vorkommnisse zunaͤchst zur Kenntniß der Lokalbebörden gebracht werden; nicht aber ist ez erlaubt, das Recht in die eigene Hand zu nehmen und dadurch Anlaß zu Unruhen zu geben. Auch dürft ihr die chinestschen Konvertiten nicht zwingen, sich an Prozessionen, Tempelbautfen und festlichen Aufführungen zu Ehren der Götter durch Geldbeiträge zu betheiligen. Allen Mijsionären und Konvertiten müsset ihr, Gelehrte, Soldaten und Volk, höflich begegner, damit Ghristen und Nicht christen friedlich bei einander wohnen. Ihr dürft inn Verkerr mit den Fremden Euch des Wortes: J. (3. Z. Barbaren“) nicht be⸗ dienen, denn daß ist eine Verletzung der Verttäge. Die Ausländer, welche in den Städten und Dörfern des Inlandes wohnen, müsset ihr ungestört lassen und dürft sie in keiner Weise belästigen. Wenn aber Beamte und Honoratioren mit Ausländern zusammentreffen, so müssen sie denlelben mit besonderer Freundlichkeit entgegenkommer, wie es einem Wirthe seisem Gaste gegenüber geziemt. Dutch belei⸗ digendes Benehmen gegen die Fremden dagegen rer wenn ihr die⸗ selben nicht als Euresaleichen anseht, wird die Eintracht gestört. Davon haltet Euch fern!

Was die zum Ghristenthum übergetretenen Chinesen anhetrifft, so dürfen dieselben bel Rechtestrcitigkeiten ihre Eigenschaft als Christen auch nicht als einen Tali-man benutzen wollen!

Mit einem Wort: Von Erlaß dieser Proklamation an mũsset Ihr, Honoratioren, Litergten, Soldaten und Volk, ein jeder sich in seinen gehörigen Schranken halten und keinen Anlaß zu Unruhen geben. Wer es wagt absichtlich hiergegen zu verstoßen und Unfrieden zu stiften, der wird unnachsichtig bestraft werden. .

ö ein Jeder gehorchen und keiner Uebertretung sich schuldig machen.

In dien. sollen künftighin gen Schiffe die

) Nach dem chinesischen Sprachgebrauch bedeutet Tesu-chias: Die Religion Jen“, das proteftantische und Tien. chu-chiao: Die Religion des Herrn des Himmels“, das katholische Glaubeng⸗ bekenntniß.

Kraft einer Verfügung der britischen Regierung alle der Indischen Regierung gehösri⸗ Bezeichnung „Indischer Regierungs⸗

in Folge des vom

Centrum) für das

w l 2 (Ueber 160 Briefe,

oder Indisches Regierungsschiff / führen.

dampfer⸗ „Ihrer Majestät Schiffe. Dem „Indian Mirror“

hießen sie

zufolge wird die indische Regierung am 1. Januar 1879 die l

übernehmen. Die Gesellschaft hat auf Grund deffen den Bau bewegten sich zwischen 5 10 4, je nach Güte der Trauben;

Verwaltung der Ostindischen Eisenbahngesellschaft

neuer Anlagen suspendirt.

Afrika. Aegypten. Kairo, 10. November. (W. T. B.) Ein Cirkularschreiben Nubar Pascha's zeigt an, daß die ägnptischen Truppen am 11. Oktober in die Hauptstadt von Harar (Som al) eingerückt seien. Der Emir habe sich unterworfen.

Kunst, Wissenschaft und Ziteratur.

Das November⸗Dezemberheft (Nr 11 und 17) der Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landes kunde, herausgegeben von Const. Rößler (Berlin, 1875. E. S. Mittler u. Sohn), enthält 3 Abhandlungen: 1) aus dem handschriftlichen Briefwechsel der Karschin (6 1791), Gleim u. U:. Mütgetheilt von Heinr. Piöhle. meist im Auszug⸗ mitgetheilt, sind von der Karschin, in den Jahren von 1761 1786, und zwar mit wenigen Ausnahmen, au Gleim geschrieben; 15 Briefe rühren von Gleim her, 4 andere von U u. A) 2) König Friedrich Wilhelm L und das General⸗Direktorium. Von Br. Reuter, Geh. Stagtsarchivar und Archiv⸗Rath. (Es werden hier mehrere Kabinets⸗Ordres des Königs Friedrich Wilhelm T. von Preußen üher die anfängliche Ein- richtung des Gene al⸗Direktoriums und die spätere Veränderung des⸗ selben aus den Jahren 1723, 1727 und 1738 wörtlich mitgetheilt). 3) Straßburgim Jahre 1702. Von E. p. Schaumburg An diese Abhandiungen schließen sich 2 Rezenfionen Tiber historische Schriften, sowie kurze Inhaltsangaben von 16 historischen Zeitschriften aus den Jahren 1873 —– 1875 an.

Der .A. A. tg. schreibt man über ein in London aus— findig gemachtes Gemälde Michel Angel o's Nachstehendes: Die Rirista Europea“, eine seit 6 Jahren von Gubernatis in Florenz geleitete, angesehene Zeitschrift, welche von dem regen und ausgebrei⸗ teten geistigen Leben der Italiener in Kunst, Literafur und Wissenschaft ein glaͤnzendes Zeugniß giebt, bringt an der Spitze ihres süngsten Oktober Heftes einen Aufsatz unter dem Titel: „La Ginditta di Aichel Angelo-. Als Nachtrag zu dem kaum vorübergegangenen 400. jährigen Michel Angele⸗Fest dürfte die genannte Mittheilung vielen Kunftfreunden von Interesse sein. Es betrifft ein zu London im Privalbesitz befindliches, lebensgroß -s Portrait der Judith, welches bisher dem Zeitgenossen und Nachahmer Michel Angelo's in der Sixtini⸗ schen Kepelle, „Judith und Heölofernes“, sowie mit Hindentung auf die Erlebnisse und Eindrücke Michel Angelo's während der Belagerung von Florenz, der Nachweis zu bringen versucht, dieses Londoner Portrait der Judith durchaus im Michel Angelo-⸗Styl und von seiner Meisterhand hervorgebracht worden sei.

Von dem Prachtwerk: Italien, eine Wanderung von den Alpen bis zum Aetna, in Schilderungen von Karl Stieler, Eduard Paulus und Weldemar Kaden (Stuttgart, Verlag von Engelhorn) liegt die 25. und 26. (Deppel⸗) Lieferung vor. Der Text dieses Heftes von Weldemar Kaden schildert aus der Campani⸗ schen Landschaft: die drei Schwesterinfeln und die Insel Tibers; einen Ausflug von dem Gestade der Sirenen in dis Calabrischen Berge: Lucania, Apulia und Calabria einst und jetzt; ferner eine Fahrt ven der Sila nach dem Aetna, sowie die Insel Sicilien unter dem Schleier der Sage und Geschichte. Von den Bildern in Ton⸗ druck sind als besonders gelungen zu nennen: Am Orzto in der Gonca Doro von A. Metzener; Cervarafest deutscher Künstler, von A' ven Werner; Korallenfischer, von Lud. Dill; Forum romanum, von Gust. Bauernfeind; Die Lava kommt! von Lud. Dill; Schlachtfeld bei Cannge, von Ed. Kanoldt. Das Werk wird min Lieferung 27 zum Abschluß gelangen.

Der „Daily Telegraph“ hat die Briefe erhalten, welche Stanley, der Führer der auf seine und des New · Jork Herald⸗ Kosten ausgerüsteken neuen afrikanischen Forschungsexvedi⸗ tion, in der Hauptstadt des Königs Mtafa dem Franzosen Linants de Bellefonds, einem Offizier der Expedition des Obersten Gordon, der seitdem mit seinem zahlreichen Gefolge von dem Eingebornenstamm Bari überfallen und ermordet worden, übergeben hatte. Diese Briefe enthalten eine ausführliche Beschreibung der südöstlichen, ostlichen und nördlichen Gestade des Victoria Nyanza- Sees und bestätigen, daß der sich in den großen See ergießende Fluß Shimeeyn als die entfernteste Quelle des Nils, die bis jetzt entdeckt wurde, zu betrach⸗ ten sei. In drastischer Weise schildert Stanley die Episoden seiner Kreuzungstonr um den See, wobei es nicht ohne mehrere ernstliche Konflikte mit den Sklapenhändlern ablief. Von dem zum C hristen thum übergetretenen König Mtafa wurde er herzlich und glänzend empfangen. Die Briefe, die außerdem die Resultate von Sondirun gen des Viktoria ⸗Nyanzasees, sowie einer Erforschung des weißen Nils oberhalb der Ripon.Wasserfälle enthalten, werden in extenso veröffentlicht werden, sobald sie der New York Herald“ zur gleich zeitigen Publikation erhalten haben wird.

Aus Qüsseldorf, 9. November, wird der „Köln. Ztg.“ ge⸗ schrieben: Dem Hrn. Prosper Henry in Paris sst es gelungen, im Sternbilde des Widders den 154. der kleinen Planeten zu entdecken, defsen Ort angegeben ist, wie folgt: November 6. Rech ascen⸗ ston 2 Uhr 27 M., nördliche Deklination 4 16 Grad 38. Durch diesen Planeten, welcher auch zwölfter Größe ist, steigt die Zahl der in diesem Jahre entdeckten auf 14 und der in Frankreich enndeckten kleinen Planeten auf 43, die von zehn Astronomen in Paris, Mar⸗ seille, Toulouse und Nismes seit 23 Jahren entteckt sind.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Der Verein für Geflügel, Singvögel und Kaninchenzucht in Hildesheim zählte, wie wir dem Jahres. bericht der dortigen Handelskammer entnehmen, im Jahre 1874 230 Münglieder. Am 14, 15. und 16. März fand wiederum eine Austellung statt, auf welcher 164 Nummern Hühner, 185 Paar Tauben und ca. 309 Zier- und Singosgel, ca. 170 Kaninchen und diverse Geräthe ausgestellt waren. Im Herbst wurden 1689 Brut- eier von edlen Hühnerstämmen an Hühnerzüchter, vorzüglich Land⸗= leute, gegen billige Preise abgegeben. Es wurden ca. 26060 Kanarien— hähne von Hildesheimer Züch:ern incl. der Zucht der nächsten Um— gebung Hildesheims verkauft, freilich zu billigeren Preisen als in den letzten Jahren, indem der Zächter durchschnittlich nur 25 Sgr, statt 16 Thir. in den letzten Jahren, pro Stück bekam. Die Zucht der Hühner, Enten und Göänse ist eine günstige zu nennen, da die hiesige Zucht in diesem Jahre von der Hühnerseuche ver⸗ schont blieb.

In dem „Oberfelde“ ist, wie aus Rüdesheim geschrieben wird, am 5. November der Herbst eröffnet worden. Die Menge wird j denfalls weit ansehnlicher werden, als man erwartete; sorg⸗ fältiges Auslesen wird auch hier sehr schöne Gewächse erzielen. »Edelfaule“ Trauben sind in viel größerer Menge vorhanden, als letztes Jahr. Im „Berge“, in welchem der Herbst erst in etwa 14 Tagen beginnt, sind Rieslinge, sowie Orleans so schön, als man es nur wünschen kann, und die Hoffnung auf den dies sährigen Berg Wein“ gehen mit Recht sehr hoch. Im benachbarten Eibingen ist die Lese beendet; die Eibinger (. Eilinger“ genannt) sind bekanntlich immer die Ersten, welche mit der Ernte beginnen. Die Quantitat ist diesmal groß, die Qualität gute Mitteslwaare. Die Preise gehen von 53 Fl. für das Om (— 160 Liter) aufwärts, je nach der Güte.

Die Lese des Klebroth in A' manns hausen ist beendet; der Ausfall in jeder Beziehung vorzüglich. Der Most ist ungemein

Bisher voll und süß; die Königliche Domäne hat Auslesen erzielt, die uber

1280 Oechsle gewogen haben. Das Geschäft aber in rothem Nenen⸗ war im Allgemeinen schwach; in den letzten Tagen erst erfolgten Die Preise für das Viertel ( 9 ilogra mm) ab⸗ gerappte“ natürlich entsprechend höher. Der Weiß⸗Herbst ist eben im Gange. Die Quantität üst sehr groß, die Qnalität zut, die Preise mäßig, indeß wenig Lust im Kaufen.

Aus Rauenthal berichtet das Frankf. Journ.“ unterm 6. November: Die Weinproduzenten halten zur Zeit Auslesen“, um die bereits edel faulen Trauben, die durch längeres Hängenlassen nichts mehr gewinnen können, einzusammeln. Gerade dieses Fahr empfiehlt es sich sehr, die Wingerte mehrfach sorgfältig durchzulesen, um den weniger edlen Beeren noch Zeit zur Nachreife zu gönnen. Die Quantität wird sehr groß, viel größer, als man es im Sommer gedacht hat. Ueber die Preise des „Heurigen“ verlautet noch nichts; doch dürfte er kaum billig werden, da die Winzer den Wein lieber auf Lager halten, als unter dem Werthe losschlagen werden.

Sewerbe und Sandel.

Düsseldorf, 8. November. (Rh. u. R. 3) Hier stehen heute 150 Stück neugebaute Häuser in dem neuen Stadtheil leer. Wel⸗ chen Werth Häͤuser haben, konstatirt der stattgehabte Verkauf eines Hauses an schönster Lage der Alleestraße, welches zu 60, 00 M taxirt war und worauf nur 6000 S geboten wurden. Auf' ein anderes Hauz auch an der Alleestraße, mit großer Front, ist gar kein Gebot gemacht. Dem entsprechend sind auch hler die Miethpreise für Woh⸗ nungen bedeutend gesunken.

In der Pforzheimer Lokalpresse ist, wie wir der Karls-⸗ ruher Ztg.. entnehmen, im Augenblick eine lebhafte Diskussion bezüg- lich der Goldwaaren-⸗Kontrole im Gange. Natürlich lassen sich Stimmen für und gegen die Sache vergehnien. Doch sst anzu⸗ nehmen, daß das Ergebniß des Meinungsaaustausches dahin ausfällt, daß den Fabrikanten guter Goldwaaren irgend eine Sicherung geboten wird, gegenüber dem Anfertiger minderhaltiger Waare Es ersche int dies auch als eine Nothwendigkeit, da die Stadt sonst leicht Gefahr laufen könnte, ihren guten Ruf auf dem Weltmarkte zu verlieren.

Wien, 11. November. (W. T. B.) Ruz den Provinzen wer⸗ den die Fallissem ents einer Gewerkschaft uns einer Brünner Eisen

firma gemeldet.

Nach dem Oktoberbericht betrug der dellarirte Hesammtwerth des Exports nur 18 474,744 Pfd. Sterl gegen 2l9I8, 525 Pfd. Sterl. im Oktober vorigen Jahres, d. i. eine Ahnahme von 3443, 784 Pfd. Sterl. oder 151 *. Dieser Ab⸗ fall vertheilt sich auf fast sämmtliche Stapelartikel, wie: Alkali, Kleidungsstücke, Biere, Chemikalien, Kohlen (* in der Quantität und 21x im Werth), Baumwollgarne und Baumwoll⸗ fabrikate (1042 in der Quantität und 13 im Werth), Steingut⸗ wagaren, Kurz- und Metallwagren, Eisen und Stahl S3 x im Werth und? 0 * in der Quantität), Leinenstoffe, Jutefabrikate, Maschinen Leder⸗ stoffe, Zinn, Wolle, Wollengarn, Wollen und Kammgarnstoffe, und die große Klasse der Diversen'. Mit einem uneiheblichen Zuwachs in den Verschiffungen figuriren nur Kupfer, Leinengarn und Telegraphen⸗ drähte. Für die am 31. Oktober beendeten zehn Monate von 1875 belief sich der Gesammtwerth des Exports auf 187 8173333 Pfd. Sterl. gegen resp. 202,559,436 Pfd. Ster. und 216 016,759 Pfo, Stell. in den Parallelperioden von 1874 und 1873. Bessere Refultate hat der Import des Monats aufzuweisen, dessen Gesammtwerth 29 196,B220 Pfd. Sterl. gegen 27,912,351 Pfo Sterl., im Oktober 1874 betrug, d. i ein Zuwachs von 1,285,869 Pfd. Sterl oder 44 * Diese Vermehrung ist hauptsächlich einer größeren Einfuhr von Weizen und anderen Cerealien, sowie Hanf zuzuschreiben, während der Import von Baumwolle, Wolle, Rohseide, Thee und Kaffee verminderte Quantitäten und Werthbeträge ergiebt.

Die New⸗Yor ker Hand. Ztg.“ schreibt in ihrem vom 29. v. Mts. datirten Wochenbericht: Ueber die Gesammt⸗ Situation lauten die Berichte aus dem Wessen befriedigender, alz wir vom hiesigen Platze konstatiren können. In der Exporibranche entwickelte sich zwar eine sehr rege spekulative Thätigkeit, die Aus- fuhr selbst hielt sich aber in bescheidenen Grenzen. In Importen war der Verkehr wenig lebhaft, und hatte überhaupt das Geschäͤft im Allgemeinen während dieser Berichtswoche unter der Aufregung, welche den Wahlen ftetz vorangeht, zu leiden. Im dieswöchentlichen Gel dstande zogen die Zinsraten zwar etwas an, aber trotz der un⸗ günstigen Bankausweise ist die Abundan; noch immer groß genug, um allen Anforderungen ohne jegliche Schwierig keit zu genügen. Die Banken fahren fort, nach dem Westen und Süden zu remittiren und gewähren keine call loans unter 5 ; diese Rate behauptete sich auch in der ersten Hälfte der Woche an der Börse, späͤter war daselbst jedoch mit Leichtigkeit 2 4 * und in ein elnen Fällen sogar darunter anzukommen. Im Dice kontogeschäft konnten kurze Sicht-Platzwechsel erster Klasse kaum unter 7x p. a. begeben wer⸗ den. Im dieswöchentlichen Goldmarkte schlug das Agio anfäng⸗ lich eine weichende Richtung ein, welche um so weniger auf Hinder⸗ nisse stieß, als die Spekulation keinerlei Anstrengungen machte, die Baisse aufzuhalten. Die Leihraten waren für hbiesige Verhäͤltnisse erträglich, nicht über . 64 pro Taz, und das Agio, welches am vergangenen Sonnabend à 191 eröffnet hatte, erreichte am Montag mit 14 den niedrigsten Punkt der Woche. Die von uns so oft her⸗ vorgehobene Thatsache einer wirklichen und nicht künstlich herbeige⸗ führten Knappheit machte sich jedoch sofort wieder geltend; das für Novemberzinsen zur Auszahlung gelangende Gold kam nur sehr lang⸗ sam in den Markt, da ein großer Theil der Coupons vom Syn⸗ dikat behufs Abrechnung mit dem Schatzamt für zu übernehmende neue Bonds aufgekauft worten war. Gleichzeitig traf die Nachricht von dem Brande von Virginia City ein, durch welche Kalamität nicht nur die dortigen Gold⸗ und Silberminen auf mehrere Monate hinaus außer Betrieb gesetzt werden, sondern auch der Rück⸗ fluß von Gold aus San Franckgco ins Stecken gerathen dürfte, da der dortige Geldmarkt plötzlich sehr knapp g-⸗worden. Die Vereinigung dieser Umstände gab dem Markte sofort eine steigende Tendenz; da ferner auch Leihraten sofort wieder anzogen und auf 3—4 X per Monat avanzirten, so begann das Deconvert sich zu decken, und nach einem Avanz bis 163 schloß das Agio heute a 16. Je näher dem Ultimo, um so lebhafter wurde am Waaren' und Pro⸗ dukten⸗Markt die Spekulation und zwar nicht nur in Baum— wolle, dem anerkannten Schooßkind derselben, sondern auch in Provisionen und einigen anderen Artikemm von geringerer Wichtigkeit für die Export · branche, welche von den durch anhaltend theures Gold erursachten Diffikaltäten im Wechselmarlte erheblich zu leiden hatte. Troß etwas niedrigeren Frachtraten blieb Ex ortfrage für Brotstoffe bis gestern verhältnißmäßig schwach, als sich dieselbe merklich belebte und ein allmähliches Anziehen der Preise zur Folge hatte. Der letztwõchent · liche außergewöhnliche schwache Waaresn und Produkten-IFm= port schließt 1418410 Doll, fremde Webestoffe 455,615 Doll. gegen die Vorwoche) ein. Der Import diverser Produkte und Waaren ergiebt gegen die Vorwoche eine Abnahme bon 1,918,547 Doll. Der außerordentlich geringe, kaum 4 Millionen Dollars reprä⸗ sentirende Sesammtwerth des dieswöchentsichen Waaren und PDreodukten Exports ist um 107,451 Doll. schwächer, als der des gleichzeitigen Imports.

Verkehrs⸗Anstalten.

Ein von ernstlichken Folgen begleiteter Unfall ereignete sich am 7. Abendzg, auf der Lon den, Chatham. und Dover Eifen« bahn, unweit des Ludgate Hill-Bahnhofes. Ein von diesem Bahn⸗ hofe nach der Station Victoria bestimmter stark befetzter Vassazierzug entgleiste kurz vor der eisernen Brücke über die Theme theilweise. und einer der umfallenden Waggons wurde in der Berührung mit einem eisernen Bruͤckenbalken völlig zerschmeitert. Von den Insassen dieses Waggons erlitten 16 solch schwere Verletzungen, daß ihre Unter⸗ bꝛingung in einem Hospital nölhig wurde, während äber 36 Personen . Quetschungen und anderen unerheblichen Beschadigungen davon amen.