1875 / 268 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Mann des 80. Regiments auf dem englischen Postdampfer nach Singapore abgegangen. .

Afrika. Aegypten. Kairo, 14. November. W. T. B. Der , hat dem Ministerrathe unter Vorsitz des Khedive einen Ausweis über die Einnahmen . gaben in dem Jahre vom 1. Septem ber 1874 bis da⸗ hin 1875 vorgelegt. Der Ministerrath hat den selben einer Prüfung unterzogen und mit 10813787 Pfd. Sterl. in Ein⸗ nahme, mit 4365. 320 Pfd. Sterl. für die Kosten der Verwal⸗ tung, 5, 036, 675 Pfd. Sterl. für Verzinsung und Tilgung der Anleihen, mit 1496 389 Pfd. Sterl, für Verzinsung der schwe⸗ benden Schuld, in Summa mit 10796, 386 Pfd. Sterl. in Aus⸗ gabe genehmigt.

ralien. (A. A. C.) Aus Melbourne wird unterm 16. . Kabel . „Die neuen Minist er. sind alle wiedergewählt worden, mit Ausnahme des Justiz-Ministers und des Ministers für die Eisenbahnen.“

Die Nr. 86 des „Amts-Blatts der Deutschen Reichs—⸗ Post⸗ Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 0. November 1875. Einziehung der Dreipfennigftücke durch die Landes kassen. Bescheidungen: vom 5. Norember 1875 Weiter sendung von poltlagernden Chiffre Briefen unter der Adresse einer be⸗ stimmten Person. 2

Nr. 18 des „Deutschen Postarchivs“, Beiheft zum Amtsblaft der Deittschen Reichs- Postverwaltung, hat folgenden In halt: J. Aktenstücke und Aufsätze: Die Rechtsverhãältnisse der Post zu den Eisenbahnen. II. Kleine Mittheilungen: Aus dem Be⸗ zirksberichte der Kaiserlichen Ober-Poftdirektion in Gumbinnen. Eine transatlantische Taubenpost. Die Postillone als Sieges · verkünder. Darfur und seine Bewohner. III. Literatur des Ver- kehrswesens. IV. Zeitschriften ⸗Ueberschau.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Utmber das kürzlich in dem Breslauer Rathhause entdeckte, aus früheren Jahrhunderten stammende Wand⸗ gemälde gab nach der Schles. Ztg.“ Rektor Dr. Luchs in

der letzten Monatsversammsung des Vereins für das Museum schlestscher Alterthümer auf Grund, eingehender Besichtigung eine Schilderung. Nach derselben ist das große Wandgemälde, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammend, in Leimfarben aus⸗ geführt und außerordentlich gut erhalten. In einem viereck gen, von einem bunten rosettengeschmuckten Rahmen eingeschlossenen Felde, er⸗ blickt man ein Kruzifix und an demselben Maria und Johannes; außerhalb des Bildes und rechts vom Beschauer aus zunaͤchst einen Bürger mit slavischem Typus, knieend und mit gefalteten Händen, vor ihm ein Spruchband mit den Worten:; miserere mei deus se- cundum (Sc. gratiam tuam) hinter ihm stehend Katharina mit dem Rade, links von dem Bilde einen zweiten Bürger mit dem Spruchbande: „ora pro me sancta virgo Barbara mit der Heiligen hinter sich, deren Symhel ein Thurm ist. Beide Bür— ger haben zu Füßen vor sich ihre Wappen, in Gestalt der sogenann= ten Hausmarken. Die untere Fläche des Spitzbogens ist mit einem schlichten Rankenornamente in Wellenlinien geschmückt. Die lange Inschrift unter dem Bilde war bei dem Durchbruch links leider schon

deschädigt. Sie lautet, soweit sie vorhanden: comparata est haec pictura per honestzs viros seilicet Nicolaum arnsdorff civem thorunensis ) vigente (7) protue (protuneck] .. SQrts· name? ace bohemie hae (....) finitum

est feria sexta post festum georgii. Die Jahreszahl fehlt und stand wahrscheinlich zu Anfang. Auf Veranlassung des Ober Bürgermei⸗ sters v. Forckenbeck hat (wie schon früher gemeldet) Bauführer Gůũssow

eine Pause des Bildes abgenommen, welche der Versammlung vor- lag. Die Wand mußte leider der baulichen Veränderung weichen, und somit auch das Wandtild, welches sonst weit und breit das best⸗ erhaltene Bild aus dem Mittelalter gewesen wäre. .

Ein Probe ⸗Essen von Arsenik wurde von der Grazer veraustaltet, Ein 50 Jahre alter Mann verzehrte in einem Stückchen Weißbrod CO, Gramm, d. i. eiwa 5 Gran Auripigment, ein 55jähriger Mann ein O4 Gramm, d. i. etwa 7. Gran wiegendes Stück weißen Arseniks (arseniger Säure), beide also je eine Quantität, welche für jeden an den methodischen Genuß des Giftes nicht Gewöhnten erfahrungẽs⸗ mäßig als sicher tödtliche Gabe zu bezeichnen ist. Sie befanden sich sowohl unmittelbar nach dem Genusse als auch in den nächstfolgen⸗ den Tagen, während deren sie im städtischen Krankenhause zu Graz unter ärztlicher Kontrole verblieben, ganz wohl und wurden dann der Versammlung, ebenso blühend und frisch wie zuvor aussehend, wieder vorgestellt.

Die französische Akademie vertheilte am 11. d. M. in öffentlicher Sitzung ihre Jahrespreise. Die vier Monthyonschen Preise von je 209090 Francs für die der Moral förderlichste Schrift sind folgenden Publikationen zuerkannt worden; Croiset, Moꝛralische Ideen in der politischen Beredtsamkeit des Demosthenes 3, Gaston Feugäre, „Erasmus, sein Leben und seine Werke; Graf d Hausson⸗ ville, ‚Die Strafanstalten in Frankreich und den Kolonien; Frau Colomb, „Die Tochter des Carsles.. Der große Preis Gobert wurde Herrn Casimir Gaillardin für seine Geschichte der Regierung Lud. wigs WV. *, der zweite Preis Gobert Herrn de des cure für sein Werk über „Heinrich Lv.“, der zweite Preis Bordin (3000 Franc), Herrn Guftave des Noiresterreß für sein Werk über Voltaire und die Gesellschat im 18. Jahrhundert; der Preis Guizot (3600 Franck) Herrn Lson Gautier für seine Arbeit über das „Ro⸗ landslied; der Preis Halphem (1590 Fr.) Hra. Tivier für seine Ge⸗ schichte der dramatischen Literatur in Frankreich von ihren An fangen biz zum Cid; der Preis Théörouanne (2000 Fr.) Hrn. Zustel de Conlanges für seine „Geschichte der politischen Einrichtungen Frank reichs; der erste Preis Marcellin Gusrin (2009 Fr.) Hrn Fugen Tondun für sein Werk über die „Vorläufer der Reformation; zwei andere Preise Gusrin von je 1590 Fr. den HH. Albert du Boys und Ferdinand Delaunay für eine rechtsgeschichtliche und eine philologische Arbeit; der Preis de Jouy Hrn. Alphonse Daudet für seinen Roman „Fromment jeune et Kissler ainé zu Theil; endlich gelangten noch zwei neue, für verdiente Literaten ausgesetzte Preise zur Vertheilung. Dieselben wurden Hrn. Alphonse Karr in Höhe von 2000 und Hrn. Henri Mounier in Höhe von 1500 Fr. zuerkannt.

Der Archäolog und Mitarbeiter der Augsburger Allg. Ztg.“ Dr. Albert Rudolf Maximilian Dressel in Rom, ist am 8. No— aember nach langen schweren Leiden verschiedeent

In Friedr. Schulze's Verlag in Berlin ist soeben der Preußische Termin und Notiz⸗Kalender für das Jahr 1876 erschienen. Derselbe ist zum Gebrauch der Beamten der allgemeinen Verwaltung und der Verwaltung des Innern, namentlich auch für Oitsvorsteher und Standesbeamte unter Benutzung offizieller Quellen bearbeitet. Derselbe enthält aicßer der üblichen Ausstattung die Ge— nealogie des Preußischen Herrscherhauses, eine Uebersicht der gebräuch⸗ lichen Eide, die Portotaxè im Deutschen Reich und im Verkehr mit Desterreich, Zinstabellen, die Gesetze über die Beurkundung des Per senenstandes und die Eheschließung mit Gebührentarif, über die Ent- eignung von Grundeigenthum, betreffend die Kautionen der Staats. beamten u. s. w., eine Uebersicht der Behörden und Beamten der Allgemeinen Verwaltung und der Verwaltung des Innern (Regie rungen, Landraths ämter, Ober⸗Bürgermeister und Büůrgermeister). Der Preis des empfehlenswerthen handlichen Taschenbuches stellt sich ge⸗ bunden auf 230 4M, mit Papier durchschossen auf 3 4

Gewerbe und Sandel. ö Hebung der Eisen⸗ und Kohlen; In du st rie in Oberschleslen. Ende August hatte das Königliche Ober⸗Bergamt dem oberschlestschen berg⸗ und hüttenmännischen Vereine mehrere Exemplare eines Artikels der Post“, betitelt: ‚Zur Hebung der Eisen⸗

industrie', mit dem Ersuchen zugesandt, die darin hervorgehobenen Gesichtspunkte zu begutachten und Vorschläge bezüglich der zum Zwecke der Hebung der Eisenindustrie zu ergreifenden Maßregeln zu machen. Wie das Organ des Vereins in Nr. 44 schreibt, sind bis jetzt dergleichen gutachtliche Aeußerungen nicht eingegangen.

Natchdem von westfälischer Seite neuerdings Schritte gethan sind zur Ermöglichung eines umfangreichen Absatzes westfälischer Kohlen nach den deutschen Nordseehäfen und . See, hat man die Frage ventilirt, ob nicht auch für den oberschlesischen Bergbau energische Bestrebungen zur Ermittelung neuer Absatzquellen ins Werk zu setzen sind. In dieser Beziehung sind zunächst die Ostsee= bäfen ins Auge zu fassen, welche, namentlich wenn entsprechende Frachtermäßigungen zu erlangen sind, einen lohnenden Absatz ver= sprechen. Betreffs der Tarifermäßigungen sind von Neuem Verhand⸗ lungen eingeleitet. ; . . ; .

Außer dieser Absatzrichtung wird es dringende Aufgabe sein, einen größern Absatz nach Polen, Oesterreich und Rußland anzu⸗ bahnen. Zur Erreichung dieses Zieles würde die Engagirung von Agenten im Auslande jedenfalls sehr beitragen können.

Der Kohlenverkehr und Absatz auf den deutschen . ift verhältnißmäßig noch sehr gering. Während auf den deutschen Eisenbahnen vielleicht 09 Millionen Centner Kohlen tra nzportirt werden, sind nach der Zeitsch. für Gew. ꝛc. im Jahre 1873 an den Zollstãtten und Hafenplaͤtzen durchgegangen: zu Thal N, 873, 0090, zu Berg 18,641,000 Ctr. Stein-, Braunkohlen und Koks, eingeladen 5. 425, 006 und 17,643 000, ausgeladen 1618, 000 und 9,279, 000 Ctr. Bei dem Durchgangsverkehr ist wohl ein sehr beträchtlicher Theil Importkehle, namentlich böhmische Braun. und englische Steinkohle. Neberseeisch sind im Ganzen nur 18,617 724 Ctr. ein und 1476096 Ctr. ausge= führt, ferner Koks 711,600 und 11,881, Braunkohlen eingeführt 39,598 Ctr. Aus Großbritannien wurden im Seeverkehr 15. 813 546 Ctr. Steinkohlen eingeführt, außerdem 594 833 Ctr. Koks. Nach Hamburg und Bremen, welche nicht zum Zollgebiete gehören, wurden 1873 eingeführt 16814, 8333 und 11833812 Ctr. Im Jahre 1874 er- hielt Hamburg zur See 17,321,399 Ctr. Steinkohlen.

Die Tuchfabrikation im Regierungsbezirk Frank furt a. O. hat auch im dritten Quartal d. J. fast gänzlich still ge⸗ legen; wo Beschränkungen irgendwie zulässig waren, hat man sie eintreten lassen. Bestellungen auf die Sachen der nächsten Sommer⸗ saison, auf welche die neuen Muster auegegeben und man sich ein richtet, sind wenig oder gar nicht eingegangen. Die ansehnlichen Vorräthe von Winterstoffen hoffte man, leider ohne den gewünschten Erfolg, auf der Leipziger Michaelsmesse zu verkaufen. Ebenso litt und leidet noch die Leinenfabrikation unter dem Druck großer Vorräthe und der Konkurrenz Englands, welche einen Aufschwung der Preise und vermehrten Absatz nicht aufkommen lassen.

Prag, 14. November. Anläßlich der gestrigen Gläubiger ausschußwahl betrug die Anzahl der behufs Abgabe der Stimmen im Strousbergschen Konkurse angemeldeten Forderungen 17 Mill. Gulden, wovon 11 Mill. Gulden anf Hypothekarforderungen entfallen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bern, 10. November., Laut dem 34. Monatsbericht des Bun⸗ desrathes an die Subventionestaaten über den Fortschritt des Gotthardbahn-Unternehmens, welcher den letzten Monat September umfaßt, ist der Richtstollen im großen St. Gotthard⸗ Tunnel auf der Nordseite bei Göschenen von 24563 auf 2576 und auf der Südseite bei Airolo von 219935 auf 23027 Meter vorgerückt. Gesammtfortschritt 4879, Meter. Waz die Bauten auf den Tes siner Thalbahnen betrifft, ersieht man aus dem Bericht, daß sie nach Wunsch vorwärts schreiten, Für die Arbeiten in freier Luft war im September das Wetter wieder günstiger; auch war der Gesundheite⸗ zuftand der Arbeiter volständig zufriedenstellend. Durchschnittlich werden auf den Tessiner Thalbahnen täglich 2 60 Arbeiter beschäf⸗= tigt und auf der ganzen Gotthardlinie 565 gegen 5467 im Auguft.

New⸗York, 13. November. (W. T B.). Der Dampfer der Hamburg Amerikanischen Compagnie, Suevia“ ist heute Mor⸗ gen 5 Uhr hier eingetroffen.

Berlin, 15. November.

„Der Große Kurfürst und Fehrbellin, ein geschichtlicher Versuͤch zum Gedächtnisse Beider“, das ist der Titel einer in den Jahrbüchern für die deuische Armee und Marine Guli⸗, August und Septemberheft 1875) erschienenen Skizze des Major Kaehler. Bürgt schon der Name des in der Milstärliteratur bekannten Ver—= fassers für die Gediegenheit der Arbeit, so fesselt die kräftige, mar- kige Sprache in derselben den Leer noch besonders. Weil der Tag von Fehrbellin ein Reitertag ist, und zwar einer der schönsten, von denen die Geschichte zu berichten Hat, hat der Verfasser es unternommen, ihn an unserem Auge vorüber ziehen zu lassen; weil aber der Tag in seiner ganzen DVedeutung nur zu verftehen ist durch die Eigenart des Großen Kurfürsten selbst und die Zeit, in welcher er lebte, mußten auch sie in den Kreis der Darstellung gezogen ͤ Regierungẽgrundsatz des Karfürsten Friedrich Wilhelm. daß er sich stets be⸗ wußt sein wolle, daß sein Fürstlich Regiment nicht seine Priwatsache, sondern die seines Volkes sei, er ist grundlegend für alle seine Nachfolger geworden; davon geben die Devise des Schwarzen Adler⸗Ordens, Friedrichs II. mehrfach eitirte Aussprüche, Friedrich Wilhelms IHII. „Aufruf an Mein Volk“, Friedrich Wilhelms IV. Gelöbniß an die preußischen Stände und Sr. Majestät des Kaisers und Königs Proklamation bei Uebernahme, Der Regierung ZJeugniß. Wie Preußen es dem Gioßen Kurfürften verdankt, daß er es aus einer Reihe nur durch die Personal · Union an einander geketteter Provinzen zu einem einheitlichen Staat umgeschaffen hat, so ig derselbe Fürst auch grundlegend für den Geist des preußischen Beamtenthums geworden, der sich erst unter ihm und durch ihn entwickelte. Wie der Kurfürst einen Srganismus des Heeres überhaupt erst geschaffen, so ist er speziell der Schöpfer der Dragoner gemesen, die in gleichen Maße das Wesen einer köhnen, schneidigen Reiterei, wie eines gewandten Fußvolkes darstellten. Voll Gettvertrauen zog der Kurfürst in den Kampf, den er fast nur mit dieser seiner Kavallerie zum stegreichen Austrag brachte. Für die Schilderung des Anmarsches und der Kämpfe ist häufig der v. Buchsche Bericht wörtlich angeführt, viele Briefe des Kurfürsten an den Statthalter in der Mark, den Fürsten von Anhalt, sind mit abgedruckt. Die Frobensage und der angebliche Konflikt mit dem Prinzen von Homburg finden eingehende Widerlegung, für die Schlacht selbst kommt der Verfasser zu dem Schluß, daß wir wohl manchen glänzenden Sieg in unserer Kriegs⸗ geschichle zu verzeichnen haben, wenige jedoch, welche eine solche Messterschaft bekunden, wie der Gesammtsieg von Rathenow bis Fehrbellin. Beigegeben ist eine außerordentlich sauber ausgeführte Karte zu den Operationen vor der Schlacht, dem Gefecht von Rathenow und der Schlacht von Fehrbellin, gezeichnet vom Haupt⸗ mann Grafen v. d. Goltz.

neber die Verheerungen, welche Sturm und Unwetter in den letzten Tagen in Nord- und Süddeutschland, Elsaß Lothrin gen, Oester⸗ reich, der Schweiz, Frankreich , . liegen zahlreiche Berichte

werden. Der

vor. So wird aus Halle, 12. November, geschri ben; Gestern wüthete hier ein so entsetzlicher Sturm, daß nicht allein vielfach Essenköpfe, Dachziegel u. s. w. auf die Straßen

geschleudert, Brett vlanken umgeworfen, sondern auch, wie vor dem Klautthore, dem Rannischen Thore, der Schimmelgasse u. s. w. große, starke Baume entwurzelt wurden. Nachmittags gegen 11 Uhr wurde ein Fenster im nördlichen Giebel des Rathhauses aus seiner Befestigung gerissen, fiel aus bedeutender Höhe auf die Straße und verletzte einen eben auf dem Wege zur Schule die Rathhaugsgasse pas⸗ sirenden Knaben so unglücklich am Kopfe, daß seine Aufnahme in die Klinik erfolgen mußte, wo er in Folge erlittenen Schädelbruches verstarb. Bamberg, 11. November. Der heftige Sturmwind während der letzten Tage hat im hiestgen Gottesacker großen Schaden ver⸗

ursacht, indem Grabsteine und Grabkrenze umgestürzt und theilweise auch zertrümmert wurden. Der ganze Friedhof bietet ein trauriges Bild der Zerstörung. Aus Kellheim (Niederbayern) wird berich- tet, daß von dem Gewittersturm am 8. d. M. das Dach der dor⸗ tigen Restauration „zur Eisenbahn“ vollständig abgehoben und 40 Schritte weit geschleudert und jenes der Restauration in Saal zur Hälfte demolirt wurde. Im Kellheimer Bahnhof wurde einbeladener Güterwagen vom Sturme erfatzt und bis Saal getrieben, wo er erst einge⸗ fangen werden konnte. Karlsruhe, 12. Nevember. Die heftigen Stärme der letzten Tage, an die Oktoberstürme des Kriegsjahres 1870 erinnernd, haben der Bodenseemarine mannkgfache Havarien bei⸗ gebracht, auch den Verkehr auf dem See großentheils ganz ge⸗ hemmt; zum Glück hört man von keinem verlorenen Menschen · leben. Hier warf ein vom Orkan umgebrochener Baum das Denk⸗ mal des um Baden hochverdienten Staats⸗Ministers Winter vor dem Ettlinger Thore von seinem Sockel herab, so daß es in der Brustg-gend auzeinanderbrach. Die Büste klieb wohlerhalten auf der Erde stehen. Die Wiederherstellung des Standbildes scheint nicht schwer zu sein. Am veiheerendsten scheint der Sturm in Würt⸗ temberg aufgetreten zu sein. Der Schw. Merk. bringt eine ganze Spalte von Unglücksberichten Aus Sachsen wird gemel⸗ det, daß ganze Neubauten an der Elbe in Dresden niedergeworfen worden find, wobei leider auch mehrere Arbeiter erschlagen wurden. Ueber die Zerstörung der Telegraphenverbindungen im südöstliͤhen Deutschland und in den sachsischen Läan⸗ derstrichen gehen fortwährend weitere Nachrichten ein. Gotha, 13. November. Bei heftigem Westwind, einer tief⸗ gehenden Wolkenschicht und anhaltendem Regen entlud sich

am gestrigen Nachmittage 1 Uhr 15 Minuten äber unserer Stadt bei

einer Temperatur von 9 R. über Null ein Gewitter. Der Blitz fuhr in einer blauen Flamme an dem Blitzableiter der Kaiserlichen Telegraphenstation herab und schmolz die Leitung. Gegen Abend ging der Wind in Sturm über und demolirte viele Schornsteine auf den Häusern der Stadt und legte in der Nacht die an der Uelleber Chaussee liegenden Gebäude der Friedrichschen Trecken, Backstein⸗ Fabrik, bestehend aus zwei langen Treckenhäusern und einer Thonmühle, so vollständig nieder, daß nicht einmal die Schwellen auf den Grund⸗ mauern liegen blieben. Das ziemlich starke Holzwerk ist vom Ge; baude west weggeschleudert worden und größtentheils zerbrochen. Ein Theil eines Daches ist sammt den Ziegeln weit weggetragen worden. Fast sammtliche Ziegeln der Dächer (ea. 25,0090 Stüch sind zertrüm-⸗ mert. Von der neuen Dampf⸗Schwertspathmühle neben der Hansen schen Cifengießerei in der Kohlstraße ist das im Bau begriffene Dach sammt dem Gerüste vom Sturme weggetragen worden. Im hiesigen

arke ist eine der stärksten Eichen und eine mächtige, an der Wurzel edoch faule Fichte vom Sturm niedergelegt worden. Auch am gestri⸗ gen Tage hat der Sturm noch fortgewüthet. Der Barometerstand soll während des Gewitters ganz deiselbe gewesen sein, wie beim Erdbeben am 6. März 1872. Straßburg, 11. November. Der seit einigen Tagen hier wüthende Sturm hät sowohl in der Stadt wie auch in deren Umgegend zahlreiche Zerstörungen angerichtet. Besonders haben die an den Forts zur Unterbringung von den verschiedenen Artilleriematerialien stehenden großen Schuppen gelitten, indem nicht nur ganze Dächer vom Sturm abgehoben, sondern auch einzelne Wände von der Gewalt des entfeffelten Elements eingedrückt worden sind. Der Wind, welcher meist aus Südwest kam, ist seit heute nach Nordnordwest umgesprungen und hat uns ssarke Regengüsse gebracht. Ill und Rhein sind bedeutend angeschwollen. Wie franzöfische Blätter melden, hat sich am 12. d., Nach⸗ mittags, der Sturm gelegt, der Wind ist nach NO. herumgegangen. Von Unglücksfällen war bis dahin wenig bekannt, dagegen erfährt man, daß in Bordeaux die Gironde bei hoher Fluth aus ihren Ufern

getreten ist. Auf der Insel hat das Meer die Deiche durchbrochen. In Nevantes hat eg in der. Nacht vom 12. wieder so heftig gestürmt, daß alle Züge von

dort verspätet eintreffen. Die Ville de Paris“, welche bekanntlich am Eingange des Hafens von Havre zu Schaden gekommen ist, ist am 12. glücklich in das Hafenbassin gebracht. In England haben anhaltende Regengüsse starke Ueberschwemmungen verursacht. Die Züge der großen Nord⸗West⸗ und Ostbahn passiren Distrikte, in welchen nur die Baumspitzen aus dem Wasser hervorragen. Menschen⸗ leben sind jedoch bis jetzt nicht zu beklagen.

Man theilt dem „Luzerner Tagblatt! aus Weggis mit, daß am 19. d., Nachmittags, der seit August vermißte Professor J. W. Grünert aus Brüx ihn Böhmen, Egerer Kreis, in der Nähe der Kreuzkapelle am Fuße eines a. 150 Fuß hohen Felsens aufgefunden worden sei. Ueber die Identität des Gesuchten herrsche kein Zreifel. Uhr und Ringe finden sich vor. Im Sturze habe er irgendwo Hut, Schirm und Fernrohr verloren; denn diese Gegenstände konnten nicht gefunden werden. Von einem Verbrechen könne nicht die Rede sein.

ĩ Aus Haleb, 20. Oktober, wird der „Allg. Itg.“ geschrieben: Bereits seit fünf Monaten wüthet in Sprien die asiatische Eholera. Obgleich die Epidemie bereits Tausende dahingerafft, so scheint sie in der letzten Zeit nur noch grausamer und mit vermehrter Kraft auftreten zu wollen. Denn während wir vor einem Monate nur 20- 30- 40 Todte aufzuweisen hatten, so zeugt der Verkauf von Hefen (Todtenleichentüchern) heute, daß ihre Zabl in die Hunderte geht. In Folge dessen beschloß auch die Sanitätskommission zu Konstantinepel, die Quarantäne zu Smyrna von 12 Tagen auf 25 Tage auszudehnen und in Alexandria bis auf 30 Tage zu verlängern.

Theater.

Im Königlichen Schauspielhause soll morgen, Dienstag, „Macbeth“ neu einstudirt mit Fr. Louise Erhartt als „Lady Macbeth“ und mit Hrn. Kahle als Macduff' ia Scene gehen.

Zu der gestrigen ersten Sonntags- Aufführung der Posse Luftschlösser im Woltersdorff · Theater war das Haus schen am Vormittag vollständig ausverkauft, so daß eine Abendkasse nicht stattfinden konnte. Die Aufnahme der Vorstellung war von Seiten des animirten Publikums eine sehr enthusiastische. Der gefeierte Gast, Frl. Josephine Gallmeyer, wurde oft hervorgerufen und ihr würdiger Partner, Emil Thomas, mit reichem Beifall aus— gezeichnet, an dem auch die übrigen Mitwirkenden, Frl. Preuß und die Ho. G. Schultze und Junker partizipirten. .

Im Stadttheater wurden am Sonnabend 4 einaktige ansprechende Novitäten zur Aufführung gebracht, die das ziemlich zahlreiche Zuschauerpublikum in einer stetig heitern Stimmung er= hielten. Es waren dies: Marien som mer. von Julius Riegen, Ludwig der Vierzehnte“ von M. A Grandjean, mit einer höchst komischen Gestalt in der Person des Doktor Pendel (Hr. Pan. zer, Ein Sieg der Geschich te von Friedrich Mitterwurzer, in dem gleichfalls ein Professor Knitterling (Hr. Bojoch eine dra⸗ stischkomische Rolle spielt, und Frl. Schöpl, wie schon in dem ersten Stück, sich wohlverdienten Beifall altz liebenswärdige Naive ** warb, endlich Unter dem Siegel der Verschwie genheit. ein Scherz von D. F. Berg, den zu vollkommenster Wirkung auf die Zuschauer 6 1 . namentlich das Verdienft des Hm. Direktors Hugo Müller war.

D* Eröffnung eines ‚Reustädtischen Theaters! in der Lichtenbergerstraße (Verbindung zwischen Landsberger⸗ und Pallisaden. straße) soll morgen stattfinden. Das Repertoire der neuen Bühne wird sich auf Overette und Lustspiel stützen.

Berlin: Redacteur: F. Prehm. erte: erlag der Erpedition Kesseh. Vier Beilagen

Druck W. Elsner.

leinschließlich Börsen· Beilage).

ausgeschieden.

zum Deutschen Reichs⸗An

M6 269.

Deutsches Reich.

Nachweisung der Einnahmen an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche

für die Zeit vom 1. Januar big zum Schlusse des Monats ; Oktober 1855.

. 5 S 8 82 ö. 26 ö. ö 2 k 7 Ober Post⸗· 1 4323 25 irektions · Bezirke. 5 8 335 8 ö ; 20 2 * 4 1 8 8 83 * 263 . 5 JJ 83 * . 0. 1. 10. 1 A. 1. 2. 3. 4. 5. 6. J. Im Reich s⸗ Po stg eb iet e. H Fön gsberg 11842 128,565 140407 143793 3.386 I Bumbinnen 26653 3235550 25.553 272365 4. 37168 3J Danzig 12357 107,816 119333 132559 35626 4 Berlin. 72 651 637.375 706, 66 635 333] 4 13777, 5) Potsdam; , 16s 344639 35 30 34 77 - 12 s. Frankfurt a / O. S155 55, 6, 77563 71600 . 353 I Stettin. ] 174145 183,342 116 335 11443 4 2333 8; Gögslin. 2360 253361 27561 277535 4 13606 g Posen I3 76342 53, 955 36, y g.—=— 372 16 Breslau 20 555 185535 266, sos] 193,155 4 15.4 115 Jegnitz 366 3 S6 556 33 963 3977 135 Dppeln. ] IId 5,538 345d 863 . 6,fo 13 Ragdeburg . 19411 141,770 1651,13 1656354. 492 14 Halle a. S. . 3317 71 zo 36782 7164 * 9733 1 Erfurt . do H73 169,745 93, 98565 4 56775 16 Kiel 5,010 42, 650 i 6g 46,191 4 1,469 175 Hannover. 395 S6, 736 S6. L235 S623. 1555 18 Münster. 6777 64.357 71.124 71ißi—-— 377 15 Ärnzberßz.. 21663 185,357 269340 2z145587 521! 30) Faffcll.. 41651 Is, 337 46 433 4316 153 Il] Frankfurt a/ M. 23 511 253734 323 675 303 345 21.33 33 Föln ... , 233 418,637 276, 115 255, igs 253 23 Goblen; 3,561 31,514 35.075 39, 133 II14 4 Důüsfeldorf 43 565 3576933 456 595 465 593 4 14399 76) Trier 25945 26 257 33, 263 277374 4565 W Sresden 16546 55, ig 166 65 151496 4 4,535 3 deipzig 353,354 304,133 357.537 320 351 4 171365 3 Tarlotuhe 14, isn s, Löns rer, n. Ig) Konstan;. 6561 36.5637 40718 406. Sg? S0) Darmstadi . 11,137 77,333 108, 5649 198554. 555 31 Schwerin i/M 2356 25,915 325373 35259 * 3535 32) Adenburg 3,9465 35,570 39,516 40327 1.311 33) Braunschweig 4 907 41,004 45.91 49098 3,187 Ich Täbeckc⸗ 21532 23,3 24553 264157 1496 5) Bremen 19 967 155050 217 587 2515357 43539 33 Vamburg. . Il. i3 616,55 Ss, 85] sg iß6ß— 1153) 35 Straßburg i / C] 21 015 146, 935 157951 1528356 4 15,9535 z5 Netz.. . 48951 353389 40 5340 5 96 4 15373 Summã ps ĩꝰ NP Vb d ds Vd. i II. Bayern. 35, 167 231, 856 316,763 325 335 9163 III. Wn rt te m berg 18352 159 559 1711 1755784 233 nebẽr an i d i d ß N p sßd ii d db dd d s N VV ʒqpᷣ

Berlin, im November 1875. Kaiserliches Statistisches Amt.

Personal⸗Ver änderungen.

Königlich Prenßische Armee.

Offiziere, Portepee - Fähnriche ze. Beförderungen und Versetzungen. Im stehenden Heere. Berlin, 4. November. v. Baumbach, Sec. Lt. vom Ulanen⸗Regt. Nr. 6, dessen Ultimo dieses Monats ablaufendes Kom— mando zur Dienstleistung als Ordonnanz Offizier bei dem Chef des Regts., General der Kavallerie Landgrafen Friedrich Wilhelm von Hessen Königliche Hoheit, um ein Jahr verlängert.

Abschiedibewilligungen. Im stehenden Heere. Berlin, 6. November. Schüller, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 58, mit Pension der Abschied bewilligt. In der Reserve und Landwehr. Berlin, 9. November. Jung henn, Sec, Lt. von der Res. des Inf. Regts. Nr. 115, mit Pension und der Landwehr Armee - Uniform, Ketzer, Sec. Li. von der Ref. des Inf. Regts. Nr. 30, mit Pension, der Abschied bewilligt.

Beamte der Militär⸗Verwaltung. Durch Verfügung des Kriegs ⸗Ministeriums. Den 21. Oktober. Geißler, char. Ober. Lazareth · Insp. zur Wahrnehmung der Ober ˖Lazareth⸗In spektor⸗ stelle in Hannover nach dort versetzt. OHeine, Lazareth⸗Inspektor zu Fulda, nach Cüstrin, Reim ann, Lazareth-Inspektor zu Pofen, nach Fulda versetzt. Den 27. Oktober. Fisch er, Lazareth ⸗Inspektor zu Ostrowo, nach Liegnitz, Zander, . zu Erfurt, nach Ostrowo versetz Den 3. November. Christ, Zahlm. dom J1. Bat. des Inf. Regts. Nr. 25, der Abschied mit der gesetzlichen Pension ertheilt.

XE. (Königlich Sächstsches) Armee⸗Corps. Abschiedgbewilligungen. Im ste benden Heere. Ok— tober. Frhr. v. Kalit sch, Rittmeister und Escadr. Chef im 3. Reiter Regt, unter Verleihung deg Majors Charakter in Genehmi⸗ ung seines Abgchie ds gesucheß mit Pension und der Erlaubniß zum orttragen der Regiments -⸗Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen ö. Disp. gestellt. Flemming, Hauptm. und Comp. Chef im

Ernennungen,

ußArtill. Regt. Nr. 12, mit Penstion und der Erlaubniß zum

ragen der Unif. seines Regts. mit den vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt. Raeber, Pr. Lt, des Gren. Regts. Nr. 1601, wegen überkommener Invalidität mit Pension der Abschied bewilligt. Göring, Pr. Lt. des Infant. Regts. Nr. 107, der Abschied bewil= ligt. v. Eg i dy und v. Altrock 11., Sec. Lts. des Gren. Regtg. Ar. 190, sowie Gülden, Ser. Lt. des Train ⸗Battg. Nr. 12, unter Vorbehalt der gesetzlichen Dienstverpflichtung aus der aktiven Armee

In der Reserve und Landwehr. Oktober. v. Gutbier, Bar. Oberst-Lienk. zur Digp. und Landwehr⸗Bezirkz- Cemmdr. zu s Döbeln, unter Gewährung der gesetzlichen Penston und der Erlaubniß zum , , , von der gedachten Funktion enthoben. Raab e, Sec. Lt. der Res. des Inf. Regis. Nr. 105

Srste Beilage zeiger und Königlich Preußischen Staats-A1nzeiger.

Berlin, Montag, den 15. November

Nr. 1098, mit der Erlaubniß zum Forttragen der bisherigen Uni der Abschied bewilligt. . g herig form

XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps. Stuttgart, den 4 Oktober. Eßig, Heilgehülfe der Re—⸗

serve im Reserve Landw. Bat. Nr. 127, zum Unterarzt der Reserve ernannt.

Aichtamlliches.

Frankreich. (Monatsübersicht für September) Der Präsident der Republik trat am 18. September eine Rund⸗ reise zur Abhaltung der Herbstmanöver an und wurde in Moulins und Souvignn, wo der landwirthschaftliche Verein tagte, warm begrüßt. Beim Empfange der Behörden in erstgenannter Stadt nahm der Präsident Gelegenheit, in der Erwiderung auf eine Ansprache zu erklären, was ihn betreffe, so kenne er nur eine einzige Politik, und das sei die der Liebe zum Vaterlande. Vom 24. bis 25. September fanden darauf in der Umgegend von Rouen große Feldmanöver statt, welchen außer dem Mar—= schall-⸗Präsidenten auch der Herzog von Nemours und der Kriegs⸗ Minister beiwohnten. Bei einem am 27. in Rouen zu Ehren des Präsidenten veranstalteten Banket rief derselbe den Gästen zu: „Sie haben Recht, daß Sie Vertrauen zu mir haben, denn so lange ich die Macht befitze, werde ich die Ordnung aufrecht erhalten!“

Auch die Minister de Cissen, Leon Say und Buffet waren gegen Ende des Monats auf Rundreisen von Paris abwesend. Der Kriegs⸗Minister wies in einer am 26. in Vernon gehal⸗ tenen Rede, mit welcher er ein Lebehoch, des Generals Sebrun beantwortete, die Armee auf den Marschall-Prä⸗ sidenten als vorleuchtendes Beispiel hin und setzte dann, sich an die fremden Offiziere wendend, die den Manövern bei⸗ wohnten, hinzu: „Es ist die Ehre und die Freude des Waffenwerkes, daß es nach der Schlacht keine Feinde mehr giebt, sondern nur noch Soldaten, die sich achten und die Hand drücken.“ Dem Finanz⸗Minister Leon Say gaben die Maires des Cantons von Isle⸗Adam auf Schloß Stors ein Banket, bei welchem der⸗ selbe die günstige finanzlelle Lage des Landes betonte und hervorhob, daß der Ertrag der indirekten Steuern für 1875 den Voranschlag bereits um 70 Millionen FIrs. übersteige. Der Minister des Innern, Buffet, hielt bei einem Festmahl des land⸗ wirthschaftlichen Vereins in Dompierre eine Rede, in welcher er die Hingebung und Energie des Marschal⸗Präsidenten feierte und erklärte, die Intentionen des Ministerlums gingen hauptsächlich dahin, den Gesetzen den Gehorsam zu sichern und alle konser⸗ vativen Kräfte gegen das Umsichgreifen revolutionärer und ver⸗ fassungswidriger Tendenzen zu sammeln und zu vereinigen. Auch der Herzog von Broglie hielt im landwirthschaftlichen Vereine zu Beaumesnil eine Tischrede, worin er in Betreff der Verfassung vom 25. Februar äußerte, daß, wenn fie mit Weisheit und Vaterlandsliebe gehandhabt werde, sie Frankreich „vor den Schrecken der Anarchle wie vor den Abenteuern der persönlichen Regierung“ bewahren könne.

Viel Aufsehen erregte die bei einem Banket in Evreux ver⸗ lesene Zuschrift des Admirals Baron de la Ronciére le Nou rn, worin sich derselbe für die Einigung aller konservativen Elemente aussprach und der Regierung des Marschall Mac Mahon seine Ergebenheit zusicherte, solange dieselbe mit Ent— schiedenheit auf dem von ihr betretenen konservativen Wege ver— harren werde, zugleich aber hervorhob, daß er hoffe, es werde der Augenblick kommen, wo Frankreich wieder diejenige Stellung unter den europäischen Mächten einnehmen werde, die dem Lande durch seine gegenwärtige Regierungsform versagt sei. In Folge dessen wurde an seiner Stelle durch ein auf Antrag des Marine⸗ Ministers erlassenes Dekret des Präsidenten der Republik, vom 8. September, der Vize⸗Admiral Roze zum Commandeur des Mittelmeergeschwaders ernannt. Das „Bulletin frangais“ moti⸗ virte den Fall mit dem Hinweis auf die Bestimmung, daß sich Offiziere und Soldaten der französischen Armee und Marine jeder politischen Kundgebung zu enthalten haben. Der Vize⸗ Admiral. Jaureguiberr, See⸗Präfekt von Toulon, erhielt den Posten des Vize⸗Präsidenten des Admiralitätsraths an Stelle des Vize⸗Admirals Roze.

Vom 23. bis 30. fanden die diesjährigen Examina der Sinjährig⸗Freiwilligen statt, welche am 5. November in die Armee eintreten sollen. Die Mobi machung der Reserve⸗ klasse von 1867 ging allentholben nach Wunsch von statten. Am 3. September starb der General Frossard, früherer Erzieher des Prinzen Louis Napoleon und Corps⸗Commandeur im letzten deutsch⸗französischen Kriege; am 4. der General⸗Konsul in London, Fleury, Bruder des Generals.

In der Sitzung des ständigen Ausschusses der Na⸗ tionalversammlung am 2. September wurde von den der Linken angehörigen Mitgliedern der Präfekt von Lyon, Ducros, wegen seines Verhaltens gegenüber dem jüngst von dem Assisengericht der Rhone wegen Fälschung von Privaturkunden verurtheilten Bouvier heftig angegriffen. Der Minister des Innern, Buffet, nahm den Präfekten energisch in Schutz und hob hervor, daß Bouvier als Polizeiagent sich jener Fälschungen schuldig gemacht habe, sofort gerichtlich verfolgt worden sei, sobald man die Faäͤlschungen ent deckt habe. Die Linke beschuldigte die Regierung ferner anläßlich eines vom „Pays“ gebrachten Zeitungsartikels der Parteinahme für die Bonapartisten. Der Minister wies dagegen auch diesen Vorwurf zurück und erklärte, daß er allen Parteien gegen⸗ über von den ihm durch den Belagerungszustand eingeräumten Rechten nur einen sehr mäßigen Gebrauch mache.

Der Generalrath von Corsieg in Ajaccio, welcher am 14. September (der Hitze wegen später als andere Departemental⸗ Versammlungen) zusammentrat, wählte mit 18 gegen 13 Stim⸗ men den Prinzen Carl Bonaparte zum Präsidenten.

Eine in Troyes am 19. abgehaltene, gegen 30 Theil⸗ nehmer zählende Versammlung von Vertretern der republi⸗ kanischen Presse beschloß eine Petition an die Regierung zu richten, in welcher die Aufhebung des Belagerungs zustandes und die Vorlegung eines neuen Pre . beantragt wird.

In dem Prozeß des Comité Central zu Marseille wurde am 24. das Urtheil gefällt. Dasselbe führte aus, daß die permanente Vereinigung der Gesellschaft ungesetzlich sei,

ve überkommener Invalidität mit Pension der Abschich bewilligt v. Metzfch, Hauptm. der Landw. Inf. des Reserve Landw. Bals.

1875.

strafe, bezw. 15 Tagen Gefängniß und 50 Fres. Geldstrafe variren.

Die Erzbischöfe von Rouen, Paris. Bourges, Sens und

Rheims und 18 französische Bischöfe erließen gemeinsam einen Hirtenbrief, in welchem sie die Gründung der „freien“ Uni⸗ versität von Paris anzeigten und um Beihülfe durch Sub⸗ skription baten. Zur Gründung der „freien“ Universitãt in Tou⸗ louse haben die Suffragan⸗Bischöfe des Erzbischofs von Tou⸗ louse auf dessen Anregung die Summe von 406,000 Fres. zu⸗ gesichert, während die Diözese von Toulouse selbst 200 000 Fres. heisteuerte. Obgleich die französischen Blätter, der ‚Moniteur“ voran, insgesammt den Wunsch ausgesprochen hatten, daß die demon⸗ stratiß! Wallfahrt der deutschen Katholiken nach Lourdes unterbleiben möge, schloß sich dennoch der Graf Franz Stol⸗ berg Stolberg mit den deutschen Wallfahrern den belgischen Pilgern an. Der Pilgerzug kam am J. in Paris und am 10. in Lourdes an, wo am folgenden Tage die Ueber⸗ gabe der Prozesstonsfahne stattfand. Am 13. verließen die Pilger Lourdes und begaben sich über Tarbes nach Paray-le⸗Monial, von wo sie am 14. nach kurzem Aufenthalt über Moulins und Monluçon nach Paris, Belgien und Deutsch⸗ land zurückkehrten. Der Minister des Innern, Buffet, hatte allen Präfekten die Weisung ertheilt, nicht zu dulden, daß Graf Stolberg und seine Schaar irgend welche öffentliche Fundgebung auf der Straße veranstalte.

Die sensationellen Auslassungen Emile de Girardins und Victor Hugo's in Betreff einer Annexion Belgiens erregten allgemeinen Unwillen und wurden von den Zeitungen als „Phantasien von wesentlich persönlichem Charakter“ bezeichnet.

Die internationale geographische Ausstellung wurde am 17. mit einem Konzert im Ausstellungspalais und einem Banket im Grand Hotel geschlossen, welchem letzteren die französischen und fremden Kommissare beiwohnten. Vom 20. bis 26. tagte die permanente Kommission für die europäische Gradmessung in Paris.

In Saint Malo wurde am 5. September das Stand⸗ bild Chateaubriands feierlich enthüllt.

Durch Unwetter, welche in der Zeit vom 9. bis 14. Sep⸗ tember die Departements Hérault, Gard, Lozere und Allier, besonders die Umgebung von Mompellier heimsuchten, wurde die Ernte in diesen Gegenden schwer geschädigt und die Verlehrswege zum Theil unterbrochen. In St. Chinian zer⸗ störte eine Wasserhose viele Häuser und verursachte namhafte Verluste an Menschenleben. Einer ungefähren Schätzung zufolge betrug der Schaden (mit Einrechnung der vernichteten Ernte) in den Departements Hérault, Gard und Lozére 25 Millionen, im Departement Allier 8 Millonen Franez. Im Ganzen wurden 400 Häuser und Hütten zerstört und 100 Menschen getödtet, da⸗ von in Chinian allein 74.

Die Getreide⸗Ernte läßt nach vorläufiger Schätzung einen Ertrag von 80 bis 85 Hektolitern erwarten, ist demnach als eine gewöhnliche Mittelernte zu bezeichnen. Die Kartoffeln lassen in manchen Gegenden zu wünschen übrig; dagegen war der Heuertrag reichlich

Nach der amtlichen Uebersicht der französischen Handels⸗ bewegung während der ersten neun Monate dieses Jahres beliefen sich die Einfuhren vom 1. Januar bis zum 30. Sep⸗ tember 1875 auf 2 Milliarden 732,045, 9000 Fr, die Ausfuhren auf 2 Milliarden 933,953,000 Fr. Diese Ziffern zerlegen sich in nachstehender Weise: Einfuhren: Nahrungsgegenstände 556, 171,000 Fr., Naturerzeugnisse und Rohstoffe für die Indu⸗ strie 1,701,737, 000 Fr., verarbeitete Artikel 354, 017.000 Fr., andere Handelsartikel 120, 120,000 Fr. Zusammen 2,732, 045,000 Fr. Ausfuhren: Verarbeitete Artikel 1648, 063, 000 Fr., Natur⸗ erzeugnisse, Nahrungsmittel und Rohstoffe für die Industrie 1, 136,011,000 Fr., sonstige Handelsartikel 149 879,000 Fr. Zu⸗ sammen 2, 933,953, 000 Fr.

Neichstags⸗Angelegenheiten. Berlin, 15. November. Der dem Reichstage jetzt vor⸗ gelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung des Haushalts⸗Etats des Deutschen Reichs für das Jahr 1876, hat folgenden Wortlaut:

Wir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. ; verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt; 8 . Der diesem Gesetze als Anlage beigefügte Haushalts⸗Etat des Deutschen Reichs für das Jahr 1876 wird in Ausgabe auf 481,571, 107 4M, nämlich auf 496,302,812 M an fortdauernden, und auf 75,268,295 AM an einmaligen Ausgaben, und in Einnahme auf 181,571, fo7

festgestellt.

§. 2. Der diesem Gesetze als weitere Anlage beigefügte Be⸗ soldungs Etat für das Reichsbank Direktorium für das Jahr 1876 wird auf 132000 festgestellt.

§. 3. Der Reichskanzler wird ermächtigt:

1 zar vorübergehenden Verstärkung des ordentlichen Betriebs⸗ onds der Reichs Hauptkasse nach Bedarf, jedoch nicht über den Betrag von vier und zwanzig Millionen Mark hinaus,

2) behufg der Beschaffung eines Betriebsfonds zur Durchführung der Münzreform bis zum Betrage von fünfzig Millionen Mark

Schatz anweisungen auszugeben.

§. 4. Die Bestimmung des Zinssatzes dieser Schatzanweisungen,

deren Ausfertigung der Preußischen Hauptverwaltung der Staats⸗

schulden übertragen wird, und der Dauer der Umlaufszeit, welche den

30. Juni 1877 nicht überschreiten darf, wird dem Reichskanzler über⸗

lassen. Innerhalb dieses Zeitraums kann, nach Anordnung des Reichs-

kanzlers, der Betrag der 8 wiederholt, jedoch nur zur 1 der in Verkehr gesetzten Schatzanweisungen ausgegeben

werden. .

§. 5. Die zur Verzinsung und Einlösung der Schatzanweisungen

erforderlichen Beträge müssen der Reichtschulden. Verwaltung aug den

bereitesten Einkünften des Reichs zur Verfallzeit zur Verfügung gestellt werden. . ;

§. 6. Die Ausgabe der Schatzanweisungen ist durch die Reichs- kasse , bewirken.

i.

und verurtheilte mehrere Angeklagte zu verschiedenen Strafen, welche zwischen 4 Monaten e r eig und 100 Fres. Geld⸗

Die Zinsen der Schatzanweisungen, sofern letztere verzinslich aut gefertigt sind, verjähren binnen vier iel die verschriebenen Kapital ˖