1875 / 278 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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zahlreich versammelten Bevölkerung mit jubelnden Zurufen empfangen worden. Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten begaben Sich alsbald nach Schraders Hotel, wo Höchstdieselben Absteigequartier nahmen. Nach einem Galadiner im Herzoglichen Residenzschlosse besuchten die Kronprinzlichen Herrschaften das Hoftheater. Abends sollte Höchstdenfelben von Seiten der Bürgerschaft ein glänzender Fackelzug gebracht werden und für heute früh war von den dortigen Gesangvereinen ein Ständchen in Aussicht genommen.

Der Bundes rath und die vereinigten Ausschüsse des⸗ selben für Justizwesen und für die Verfassung hielten heute Sitzungen.

Im weiteren Verlaufe der gestrig en Sitzung des Deut⸗ schen Reichstages bezeichnete der Abg. Windthorst, wie sein Vorredner, der Abg. Dr. Lucius (Erfurt), den Antrag v. Ber⸗ nuth und Genossen auf Abänderung der Geschäftsord⸗ nung als eine werthvolle Verbesserung der Geschäftsordnung, falls in der zu wählenden Kommission alle Parteien gleich ver⸗ treten wären und die Minorität nicht von der Majorität tyran⸗ nisirt werden könne, eine Eventualität, welche der Abg. Dr. Op⸗ penheim als verletzend und höchst unwahrscheinlich bezeichnete. Darauf wurde die Vorlage an die Geschäftsordnungskommission erwiesen.

Bei der demnächst folgenden fortgesetzten Berathung des Reichs haushalts⸗Stats für 1876 und zwar zunächst des Etats des Reichseisenbahn⸗Amtes (s. Nr. 275 d. Bl.), für welches die Kreirung dreier neuen Rathsstellen gefordert wird, erbat der Abg. Dr. Lasker Auskunft über die bis⸗⸗ herige Thätigkeit dieser Behörde und namentlich über den Stand des vorzubereitenden Eisenbahngesetzes. Der Abg. Stumm sah den Grund, weshalb das Reichseisenbahn⸗Amt nicht den auf dasselbe gesetzten Hoffnungen entspreche, in dem Mangel an ge⸗ setzlichen Grundlagen für die Autorität dieser Behörde. Daß solche Grundlagen nicht zu Stande kämen, läge in den wider⸗ sprechenden und zum Theil berechtigten Interessen der ver⸗ schiedenen deutschen Bahnsysteme, welche nur durch den Ankauf aller Bahnen durch das Reich in Einklang gebracht werden könnten. Darauf gab der Präsident des Reichseisenbahn⸗Amts Maybach eine eingehende Darstellung der bisherigen Thätigkeit und des Geschäftsumfanges in seinem Ressort. (S. unter Reichs⸗ tagsangelegenheiten. Der Abg. Dr. Bamberger wollte in Rück⸗ sicht auf die schwierige Lage des Reichseisenbahn⸗Amtes die ge⸗ forderten Summen bewilligen, sprach sich aber entschieden gegen die Uebernahme der Bahnen durch das Reich bei der gegenwär⸗ tigen Organisation der Reichsregierung aus und bezeichnete die Wege, auf welchen man seiner Meinung nach ein Zustandekom⸗ men eines Eisenbahngesetzes auch unter den jetzigen Zuständen erzielen könne. Der Abg. Windthorst (Meppen) pflichtete dem Vorredner in seinen Ansichten über die Erwerbung der Bahnen durch das Reich bei, obwohl er den sonstigen Rath⸗ schlägen desselben seine Zustimmung nicht geben könne. Der Abg. Dr. Lasker verwahrte zunächst den Abg. Dr. Bamberger gegen das Mißverständniß des Vorredners, als sei derselbe über⸗ haupt gegen das Staatsbahnsystem, und gab dann der Ver⸗ muthung Raum, es sei das Eisenbahngesetz an dem allzu großen Parfikularismus, namentlich Preußens, gescheitert, und wollte in nationalem Interesse, entgegen der sonstigen Praxis, diese An⸗ gelegenheit durch die formale Majorität des Bundesraths ent⸗ schieden sehen. Der Abg. Sonnemann sprach sich zwar in Hinblick auf Süddeutschland für das Staatsbahnsystem als für ein Mittel gegen den Börsenschwindel und die Korruption aus, hielt dieses System aber nicht für gleichbedeutend mit der Erwerbung aller Bahnen durch das Reich. Dieser Ausführung widersprach der Abg. v. Kardorff, welcher den U bergang der Eisenbahnen an das Reich nur für heilsam hielt.

Hierauf wurden sämmtliche Positionen des Kapitels Reichs⸗ Eisenbahnamt bewilligt, worauf sich das Haus gegen 4 Uhr bis morgen vertagte.

„‚Die neulich von der Pariser „Agence Havas“ ver⸗ breitete lügenhafte Sensationsdepesche über russische Rüstungen giebt dem offiziösen „Journ. de St. Pet. Veranlassung, in seinen beiden letzten Rummern auf das Unwesen solcher Speku⸗ lationsdepeschen im Allgemeinen und insbesondere auf das Un⸗ wesen der „Agence Havas“ einzugehen. Das Blatt pflichtet so⸗ wohl dem Verfahren des „W. T. B.“ bei dieser Gelegenheit, welches erst nach vorgängiger Prüfung der französischen De⸗ pesche durch direkte Anfrage in St. Petersburg dieselbe zugleich mit der Zurechtstellung veröffentlichte, als auch dem von uns daran geknüpften Hinweise auf die wahrscheinlichen Quellen solcher Gerüchte bei. Es „beeilt sich indessen, seinerseits Berlin das traurige Vorrecht abzunehmen“, die Brutstätte solcher Tendenz⸗ lügen zu sein, indem das „Journ. de St. Pet. offen die „Agence Havas“ solcher Umtriebe anklagt und diese Anklage unter Hinweis auf einen Vorgang in der Permanenz⸗ kommifsion der sranzösischen Nationalversammlung, wo ein Minister den Nachweis der Zuverlässigkeit gewisser Nachrichten jener Agentur führte, mit der Frage schließt, ob sich keine auto⸗ risirte Person finde, welche denselben Beweis in Rücksicht auf das fragliche Petersburger Telegramm verlangen könnte. In einer weileren Erörterung über diesen Gegenstand stimmt das Blatt gewiß nicht ohne thatsächlichen Rückhalt der von uns aus⸗ gesprochenen Vermuthung zu, daß die Depesche nicht von Petersburg ausgegangen sei, und erklärt, die russische Tele⸗ graphenverwaltung würde sicher einer Untersuchung der Sache nicht widerstreben. Es fügt hinzu, daß „W. T. B.“ werde sich ohne Zweifel nicht sehr bitten lassen, die Herkunft der Depesche anzugeben und so könnte die Quelle derselben entdeckt werden. „Ist dieses Resultat erreicht, so scheint es uns, sagt das Blatt, daß die Justiz vollkommen berechtigt wäre, einzu⸗ schreiten. In Analogie eines neulich an der Berliner Börse vorgekommenen Falles der Verfolgung einer falschen Nachricht hofft das offiziöse Organ, daß man hier auch die vorliegende Sensalionslüge auf Grund der Gesetze verfolgen werde. In den meisten Staaten seien die vorhandenen Gesetze für solche Fälle einer Störung der öffentlichen Ruhe genügend, und wo sie fehl⸗ ten, da hält sich das Blatt versichert, daß die Faktoren der Gesetzgebung nicht . würden, die Lücke auszufüllen. Am vorliegenden Ereigniß ist natürlich vor Allem interessant, daß ein offiziöses Institut der französischen Regierung in dieser Weise von dem Petersburger Blatte Angesichts Europas wegen bewußten Lügens auf die Anklagebank geführt wird. Waͤh⸗ rend die französische Regierung im offiziösen „Moniteur“ die europäischen Mächte mit Katzenfreundlichkeit und eingezogenen Krallen behandeln läßt, werden diese Krallen in der nicht minder offiziösen „Agence Havas“ unausgesetzt herausgekehrt. Diese wunderbare , setzt z. B. heute auf das Petersburger Lügentelegramm eine „Berliner“ Depesche über den Inyvaliden⸗ fonds, die mit folgenden erbaulichen Worten schließt:

Es ergiebt sich daraus, daß Herr Delbrück, der Prä⸗

stident des Reichskanzler⸗Amtes, während der vier Monate nach dem Wiener Krache für mehr als 386 Millionen Aktien gekauft hat, die nicht den geringsten Werth haben. Diese Effekten kamen von der preußischen Seehandlung und der Ber⸗ liner Diskonto⸗Gesellschaft, zwei Gesellschaften, welche schon da⸗ mals unterzugehen drohten. (Ces effets provenaient de la See- handlung prussienne et de la Société d'escompte de Berlin, deux sociétès qui ménagaient déjâ alors de rendre lo dernier soupir.)“ Wir sind in Verlegenheit, die Zwecke ausfindig zu machen, welche das französische Regierungsorgan mit einem solchen System methodischer Lügen und Verleumdungen verbindet, erinnern uns aber, daß bereits schon einmal Vorgänge dieser Art Dimenstonen angenommen hatten, daß selbst in einer Kaiserlichen Thronrede warnend der Finger dagegen aufgehoben wurde, eine Warnung, die in der That eine Zeit lang half. Es giebt gewiß auch eine öffentliche Meinung in Frankreich, welche, wenn sie Kenntniß von einem solchen Treiben erhält, es als gefährlich und unwürdig von sich abweisen wird; an dieser öffentlichen Meinung wäre es zunächst, an der „Agence Havas“ Justiz zu üben.“

So schreibt mit Recht die „Nat. Ztg.“; wir fügen dem noch hinzu: :

Ein ähnliches Geschäft, wie von der „Agence Havas“ wird von polnischen Blättern, namentlich von dem wegen seiner Lü⸗ genhaftigkeit in Preußen verbotenen „Czas“, betrieben. So sind durch dieses Blatt in den letzten Tagen zwei gänzlich erfundene Nachrichten in Umlaus gesetzt worden. Erstens, daß in dem Gouvernement Lublin und in Volhynien starke Truppenmassen zusammengezogen wären mit der Bestimmung, durch das östliche Galizien nach der Türkei zu marschiren. Zweitens, daß der Fürst Bismarck dem Agenten des Fürsten von Rumänien, Bo⸗ rescu, Mittheilungen uber die deutsche Politik gegenüber der Türkei gemacht und Rathschläge für die Haltung des Fürsten Karl gegeben habe. Die zweite Erfindung ist um so plumper, als der Fürst Bismarck, der während der Anwesenheit des Hrn. Borescu hierselbst sich in Varzin befand, denselben gar nicht ge⸗ sehen hat.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Eröffnungssitzung der Generalsynode schritten die Mitglieder zur Wahl des ersten Präsidenten.

Es erhielten der Synodale Graf Otto zu Stolberg⸗Werni⸗ gerode 155, der Synodale Dr. Schrader (Königsberg) 34, der Synodale Dr. Nieden (Coblenz) 1 Stimme. Der Synodale Graf zu Stolberg⸗Wernigerode ist somit für die Dauer der Sy⸗ node zum Präsidenten gewählt und hat die Wahl angenommen.

Bei der Wahl des zweiten Präsidenten wurden 188 Stimm⸗ zettel abgegeben, von denen der Synodale Dr. Nieden (Coblenz) 173, der Synodale Wiesmann (Münster) 6, der Synodale Dr. Schrader (Königsberg) 5, der Synodale Dr. Müller (Magde⸗ burg) 1 Stimme erhielten; 3 Zettel waren unbeschrieben. Der Synodale Dr. Nieden nahm die Wahl mit folgenden Worten an: Ich kenne aus Erfahrung die Lasten des schwierigen Amtes, zu dem mich Ihre Wahl berufen hat. Aber ich glaube, in Ihrer Abstimmung eine Stimme Gottes zu hören, und ich weiß, daß er auch ein schwaches Werkzeug mit seiner Kraft erfüllen kann zur Ehre seines Ramens. Ich bitte deshalb um Ihre brüder⸗ liche Liebe und Unterstützung.

Hierauf übernahm der Graf zu Stolberg⸗Wernigerode das Präsidium und richtete folgende Worte an die Synode:

„Indem ich das Präsidium der auzerordentlichen Generalsynode übernehme, fühle ich mich gedrungen, Ihnen zunächst meinen tief empfundenen Dank für das mir durch Ihre Wahl bewiesene Zutrauen auszusprechen. In dem Amte, zu dem Sie mich berufen haben, soll ich die Berathungen leiten, welche das Werk unserer küchlichen Verfassungsarbeiten zum Abschluß bringen sollen, und die berufen sind, für das tiefinnerste Wesen und das Wohl der Landeskirche von grundlegender Bedeutung zu werden. Ich kenne die Schwierigkeiten des Amtes, aber ich trete dasselbe an mit dem Vertrauen auf Gottes gnädigen Beistand, der mir die Kraft geben wird, die mir gestellte Aufgabe zu erfüllen und mit der Bitte an Sie, hochgeehrte Herren, durch Nachsicht mit mir und durch Friedfertigkeit uad Mäßi⸗ gung in den Berathungen die mir so nothwendige Unterstützung angedeihen zu lassen. Ehe wir aber an unser Werk gehen, lassen Sie uns Desjenigen gedenken, der die Grundlagen unserer evangeli⸗ schen Landeskirche gegeben, der, den Traditionen Seines Königlichen Hauses getreu, allezeit mit warmem Herzen an unserer evangelischen Landeskirche hängt, Sr. Majestät der Kaiser und König, der er— habene Schutzherr der evangelischen Kirche, Er lebe hoch, hoch und nochmals hoch.

Die Synodalen erhoben sich von ihren Plätzen und stimmten mit Begeisterung in das Hoch ein.

Es folgte demnächst die Wahl der vier Schriftführer; das Ergebniß der Wahl soll von dem Präsidium im Verein mit dem provisorischen Schriftführer fesgestellt und in der nächsten Sitzung bekannt gemacht werden.

Seitens der Synodalen v. Horn (Königsberg), Dr. Schrader (Königsberg) und v. Voß (Halle) ist der Antrag auf Erlaß einer Adresse an Se. Majestät den Kaiser und König eingebracht worden, den der Präsident auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung stellt. Schluß der Sitzung 3 Uhr.

Heute Vormittag um 10 Uhr fand im Königlichen Dom durch den General⸗Superintendent Dr. Brückner der feierliche Eröffnungsgottes dien st statt, welchem Se. Majestät der Kaiser und König beiwohnten. Vor der Liturgie wurde der Vers: „O heiliger Geist, kehr' bei uns ein ꝛc.“, vor der Predigt, welcher der Text 2. Thim. J. 7. zu Grunde lag, das Lied: „Du Quell, draus alle Weisheit fließt‘ gesungen. Nach der Predigt sang die Gemeinde den Vers: „Weg hast Du allerwegen“.

Die später folgende heutige Sitzung der Generalsynode wurde Mittags 1 Uhr 30 Minuten von dem Präsidenten Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode eröffnet. Das Gebet sprach der Sy⸗ nodale Dr. Nieden (Kolberg).

Zu Schriftführern sind in der gestrigen Sitzung die Synoda⸗ len Krummacher, Euen, Dr. Sommerbrodt und Bötticher gewählt. (Schluß des Blattes.)

In Betreff der in einem Spezialfall angeregten Frage, welche Vergütungen den Medizinalbeamten für die ärztliche Behandlung und Untersuchung der Untersuchungs⸗ und Transportgefangenen zu gewähren seien, ist nach einem Erlaß der ö des Innern und der geistlichen Ange⸗ legenheiten vom 5. v. M. in Betreff der Tranzportgefangenen zwischen den Transportanden und Transportaten zu unterscheiden. 66 der ersteren haben die Medizinalbeamten überhaupt

eine Verpflichtung zur unentgeltlichen Untersuchung oder zur unentgeltlichen Ausstellung von Attesten. Dagegen sind sie nach der Cirkularverfügung vom 31. Januar 1844 verpflichtet, an ihrem Wohnorte Transportaten unentgeltlich zu untersuchen, und diese Verpflichtung ist durch das Gesetz vom 9. März 1872 nicht aufgehoben worden, da der

3 dieses Gesetzes die bestehenden besonderen Be⸗

immungen, und als eine solche ist die Cirkularverfügung vom 31. Januar 1844 anzusehen aufrecht erhält.

Zur unentgeltlichen ärztlichen Behandlung von Unter⸗ suchungs⸗ und Transportgefangenen sind die Medizinalbeamten nicht verpflichtet.

Dabei hat der Minister des Innern bemerkt, daß er nichts dagegen zu erinnern finde, wenn in geeigneten Fällen die Be⸗ zirksregierung mit Medizinalbeamten über eine denselben zu ge—⸗ währende Aversionalvergütung für ärztliche Behandlung der Ge⸗ fangenen und für Untersuchung von polizeilichen Transportanten,

soweit Fiskus für die desfallsigen Kosten aufzukommen hat,

Verträge abschließt. Jedoch hat der Minister sich bis auf Wei⸗ teres die Genehmigung der diesfälligen Verträge vorbehalten.

Anfangs dieser Woche rückte ein Kommando des Eisen⸗ bahn⸗-Bataillons unter Führung eines Offiziers zum Bau der Telegraphenleitungen zauf dem Artillerie⸗Schießplatze in der Cummersdorfer Forst nach Schönweide ab und hat dort auf etwa 10 Tage Quartiere bezogen.

Stettin, 23. November. (Ostsee⸗Z3tg.) Die in der Swine

festgerathene Panzerfregatte „Preußen“ ist wieder los⸗

gekommen und heute Nachmittag 3 Uhr 15 Minuten in Swine⸗ münde angekommen.

Cöln, 24. November. (W. T. B) Heute Morgen ist das hiesige Priesterseminar durch den kommissarischen Polizei⸗

Direktor definitiv geschlossen worden. Die Alumnen hatten

dasselbe bereits gestern Abend unter Protest verlassen und sich in ihre Heimath begeben.

Bonn, 19. November. (Köln. 3ig.) Bischof Reinkens hat am 11. d. drei junge Männer zu Priestern geweiht, nämlich die HH. Habermacher und Jaskowski, welche hier ihre theologischen Studien vollendet haben, und Hrn. Bichery, welcher im Seminar zu Arras studirt hat und eine Seelsorgerstelle im Kanton Bern übernehmen wird. Die beiden ersten jungen Priester werden sofort, Habermacher nach Dortmund, Jaskowski nach Breslau, abreisen, um sich unter der Anleitung der dortigen altkatholischen Pfarrer noch weiter praktisch auszubilden und denselben in der Seelsorge Aushülfe zu leisten. Es haben sich in den letzten Wochen wieder mehrere Geistliche zur Verfügung gestellt; einige haben nicht angenommen werden können, einige werden dem⸗ nächst als altlatholische Geistliche angestellt werden.

Bayern. München, 22. November. Die Abreise des Prinzen Leopold, sowie der Gemahlin desselben und der Prinzessin Therese nach Italien und hierauf nach Kairo ist heute Vormittag 9 Uhr mit dem Schnellzug erfolgt. Im Gefolge befanden sich der Rittmeister a. D. Karl Freiherr von Washington, sowie die Hofdame Clem. Freiin von Limpöck, außerdem der Haushofmeister des Prinzen Leopold und eine Kammerfrau. Der Prinz Luitpold begleitete die Hohen Reisen⸗ den bis zum Waggon und nahm von ihnen herzlichen Abschied. Dieselben werden heute Nacht in Verona Absteigequartier neh⸗ men und morgen bis Mailand gelangen. In Neapel ist ein mehrwöchiger Aufenthalt in Aussicht genommen, und von da aus soll zur See gegangen werden. Die Dauer der Reise wird 6 Monate sein, sonach bis zum ko]mmenden Mai währen. Prinz Luitpold begiebt sich heute nach Wien, um dem Be⸗ gräbniß seines Schwagers, des ehemaligen Herzogs von Modena, beizuwohnen. Der hiesigen Königlich italienischen Gesandtschaft ist Graf von Menabrea, ein Sohn des Generals, als Attaché beigegeben worden, und ist derselbe vor einigen Tagen hier ein⸗ getroffen. Heute Vormittag 9 Uhr wurde in der Bonifacius⸗ Kirche ein Requiem für König Ludwig J. abgehalten. Der Bischof von Speyer verläßt heute Abend die hiesige Stadt wieder, ebenso werden die bei der Jubiläumsfeier hier anwesend gewesenen Benediktiner⸗Ordensäbte im Laufe des Tages nach dem Sitz ihrer Klöster zurückkehren.

24. November. (W. T. B) Bei der heute stattgehabten Wahl der Gemeindebevollmächtigten siegten in 7 von den 10 hiefigen Wahlbezirken die Liberalen, in dreien die Ultra⸗ montanen.

Mecklenburg. Schwerin, 23. November. Der Minister des Innern, Dr. Wetzell, erläßt folgende Bekanntmachung:

„Zur Beseitigung entstandener Zweifel über die Frage, ob in Betreff der nach §. I7 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 zu⸗ zulassenden Vereine und öffentlichen Versammlungen der Wahl berechtigten zum Betriebe der den Reichstag betreffenden Wahl⸗ angelegezhriten eine vorgängige Anzeige erforderlich sei, sieht sich das unterzeichnete Ministerium veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß diese Vereine und Versammlungen, wenn sie auch der in der Verordnung vom 27. Januar 1851 allgemein für Vereine und Ver⸗ sammlungen zu politischen Zwecken vorgeschriebenen Genehmi- gung des unterzeichneten Ministeriumz nicht mehr bedürfen, doch zu der in dem Antrage um Genehmigung gleichzeitig enthaltenen Anzeige, welche aus allgemeinen politischen Gründen er⸗ forderlich ist, in Beihalt des §. 17 Alinea 2 des citirten Wahl⸗ gesetzes verpflichtet geblieben sind. Solche Anzeige ist zwar regel⸗ mäßig und rechtzeitig an das unterzeichnete Ministerium zu richten, welches von derselben der betheiligten Ortsobrigkeit Mittheilung machen wird; es soll jedoch zur Vermeidung von Verzögerungen den Unternehmern öffentlicher Versammlungen zum Betriebe der adf den Reichstag bezüglichen Wahlangelegenheiten gestattet sein, die Anzeige unmittelbar der Obrigkeit des Ortes zu machen, an welchem die Ver= sammlung stattfinden soll. Gegen nicht in der einen oder der an⸗ deren Weise ihnen angezeigte Wahlvereine oder öffentliche Wahlver⸗ sammlungen sind die betreffenden Ortsobrigkeiten durch polizeiliche Strafverbote, beziehnngsweise durch Auflösung einzuschreiten befugt.

Schwerin, den 18 November 1875

Großherzoglich Mecklenburgisches Ministerium des Innern.

Wetzell.

Schwarzburg⸗Rudolstadt. Rudol sta dt, 22. November? Der Landtag hat in seinen letzten Sitzungen die Budget⸗ berathung begonnen und bereits den Ausgabeetat mit geringen Abänderungen genehmigt; außerdem hat derselbe den Gesetz⸗ entwurf, die Errichtung von Fortbildungsschulen betreffend, fast unverändert angenommen. ;

Reuß ä. L. Greiz, 23. November. Nachdem gestern der außerordentliche Landtag des Fürstenthums im Höch⸗ sten Auftrage durch den Regierungs⸗Präsidenten Faber eröffnet

worden war, wurden in der heutigen Landtagssitzung von der

Regierung als Vorlagen Gesetzentwürfe wegen Aufhebung der Stolgebühren von Aufgeboten und Trauungen, wegen Austritt aus der Landeskirche, wegen Abänderung der Bestimmungen über die von neuen Ehepaaren zur Landesschulkasse zu entrichtenden Abgaben und wegen Erhöhung der Sachwaltergebühren einge⸗ bracht.

Lippe. Detmold, 24. November. Das heute im „R. u. A. Bl.“ veröffentlichte Bülletin über das Befinden des Fürsten lautet:

Wesentliche Veränderungen sind in dem Krankheitszustande Sr.

Durchlaucht des Fürsten nicht eingetreten; im Allgemeinen ist das Befinden etwas besser.

Detmold, 24. November 1875. Hofrath Dr. Eschenburg.

Oesterreich Ungarn. Wien, 23. November. Der ehemalige Erzherzog Ferdinand, Großherzog von Toscana, und die Erzherzogin Alice sind heute Morgen aus Dresden, der Prinz Luitpold von Bayern ist heute Morgen in Wien angekommen,. .

Wie die Politische Korrespondenz“ meldet, hat der Kaiser den Grafen Potocki zum Statthalter von Galizien ernannt. ß

Der Präsident theilte dem Ab geordnetenhause mit, daß die Kaiserin die übermittelten Wünsche des Abgeordneten⸗ hauses anläßlich ihres Namensfestes freundlichst entgegengenom⸗ men hat. Ferner ersuchte der Präsident um die Ermächtigung des Hauses, anläßlich des Absterbens des Herzogs von Modena die Beileidsgefühle des Abgeordnetenhauses dem KFaiser auszu⸗ drücken. Schließlich sagte der Präsident, daß er sich im Namen des Hauses nach dem Befinden des Kardinal⸗Erzbischofs erkun⸗ digt habe. Abg. Schönerer interpellirte den Obmann des kon— fessio nellen Ausschusses, wie weit die Berathung des Zivilehegesetzes und des Antrags Fux wegen Ausweisung der Jesuiten gediehen sei. Der Obmann Hopfen erklärte, hierüber den Ausschuß be⸗ fragen zu wollen. Sodann wurde die Berothung des Stempel⸗ gesetzes bis 5. 14 fortgesetzt Sturm und Genoffen beantragten schließlich, die Regierung solle den Bau einer Eisenbahn von der ungarischen Grenze durch Böhmen bis Bayern ermöglichen.

Wie dem „W. T. B.“ vom 24. d. M. aus Wien gemeldet wird, ist der Kardinal⸗-Erzbischof von Wien, Rauscher, Mittwoch (24.), Nachmittags um 3 Uhr, gestorben. Der Verstorbene wurde am 6. Oktober 1797 zu Wien geboren und widmete sich daselbst nach vollendeter Erziehung zu⸗ nächst philosophisch - juristischen und demnächst iheologi⸗ schen Studien. Nachdem er im Jahre 1825 zum Professor der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts am Lyeeum zu Salzburg ernannt worden war, wurde er im Jahre 1833 nach Wien berufen, woselbst er als Direktor der oxienta⸗ lischen Akademie, sowie als Lehrer des jetzigen Kaisers in der Philosophie fungirte. Im Jahre 1853 zum Fürstbischof von Wien ernannt, schloß Rauscher am 18. August 1855 das öster⸗ reichische Konkordat mit dem päpstlichen Stuhle ab, worauf am 17. Dezember desselben Jahres seine Ernennung zum Kardinal

hin müsse er bei seinem, vor der Finanzkommission schon einmal motivirten und von dieser Kommission nun befürworteten Ver⸗ langen beharren. Bei der Abstimmung erhob sich für den An⸗ trag Johann Simonyi's nur die äußerste Linke. Simonyt's Antrag wurde abgelehnt und das ganze Kapitel über die Staats⸗ schulden unverändert nach den Anträgen der Finanzkommisston votirt. Es wurden hierauf das Verwaltungserforderniß für Kroatien und Slavonien, das Erforderniß für Fiume und für den Staatsrechnungshof erledigt. Von dem Butgetvoranschlage für das Minister⸗Präsidium wurde Kapitel 1 erledigt.

23. November. Die gestern abgebrochene Debatte über den Disposttionsfonds wurde in der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses fortgesetzt und fand ihren Abschluß dahin, daß die Majorität die präliminirten 200 000 Fl. votirle. Zu den nächstfolgenden Budgetkapiteln übergehend, bewilligte das Abgeordnetenhaus die für das Ministerium am Königlichen Hof⸗ lager, ferner die für das kroatisch⸗slavonische Ministerium und nach kurzen Debatten auch alle für das Ministerium des Innern 25 Finanzausschuß zur Votirung beantragten Posten und Titel.

In der vorgestrigen Konferenz der liberalen Partei wurden die in den Sektionen des Abgeordnetenhauses zur Ver⸗ handlung gelangten Vorlagen des Handels⸗Ministers in Be⸗— rathung gezogen. Eine sehr eingehende Debatte ver⸗ anlaßte der Gesetzentwurf über die Inartikulirung des Zoll⸗ und Handelsvertrages mit Rumänien. Zahlreiche Bemerkungen wurden dagegen namentlich Seitens der siehenbürgischen Abgeordneten erhoben, welche besonders die Aufhe⸗ bung des Getreidezolles als sehr nachtheilig für die wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse Siebenbürgens erklärten. Von anderer Seite wieder wurden die großen Vortheile betant, welche durch den Vertrag für den Export von Eisenwaaren und Wein gesichert werden. Die Konferenz nahm dann den Gesetzentwurf über die Inartikulirung des rumänischen Handelsvertrages an. Die an⸗ deren drei Entwürfe des Handels-Ministers über die Inartiku⸗ lirung des mit Spanien und den hawaischen Inseln abge⸗ schlossenen Vertrages und der St. Petersburger internationalen Telegraphenkonvention wurden ebenfalls acceptirt.

Die Konferenz betraute schließlich den Präsidenten damit, behufs Berathung der noch übrigen Theile des Budgets zu ge— eigneter Zeit die Konferenz einzuberufen.

Schweiz. Bern, 20. November. Der Bundesrath hat heute in außerordentlich abgehaltener Sitzung die Ver⸗— handlungsgegenstände für die am 6. n. M. zu ihrer or⸗ dentlichen Win ter⸗Session zusammentretende Bundesver⸗ sammlung festgestellt. Abgefehen von allfällig weiter hinzu⸗ kommenden Gegenständen sind es deren 40, darunter ein Gefetz über Steuern für Kultuszwecke, ein Forstgesetz, ein Gesetz, be⸗ treffend die Oberaufsicht des Bundes über die Wasserpolizei im Hochgebirge, ein Abstimmungsgesetz, Berichte über die Peti⸗ tion um Erlassung eines Gesetzes zum Schutze der Erfin⸗ dungen und über die Motion des Nalionalraths Lambelet, betreffend gesetzliche Maßnahmen zum Schutze des Fisch⸗

laichs, ein Niederlassungsvertrag mit Oesterreich, ein Militär⸗

steuergesetz, das Budget für 1876, die Nachtragskredit für 1875, die Revision des Gesetzes über Darlehen aus eidgenössi⸗ schen Fonds, ein Fabrikarbeitsgesetz, ein Postregalgesetz, ein Post⸗ tagengesetz, die Reorganisation der Postverwaltung, der inter⸗ nationale Telegraphenvertrag von St. Petersburg und die Motion Stämpfli, betreffend den Modus der Berathung eidgenössischer Gesetze. Unter den vorzunehmenden Wahlen steht in erster Linie die Neuwahl des Bundesrathes, des Bundes⸗Präsidenten und des Bundes⸗Vize⸗Präsidenten für 1876 und des Bundes⸗ Kanzlers, dann die Neubestellung der Bureaus des National⸗ und Ständeraths und die Ersatzwahl für den verstorbenen Dr. Blumer, Präsidenten des Bundesgerichts. Rekurse liegen fünf

vor, Jedenfalls werden diese Traktanden nicht sämmtlich in diesem Jahr ihre Erledigung finden, so daß vielleicht schon im Februar wieder eine außerordentliche Session stattfinden wird. Vom Bundesrath ist die Kommission für Prüfung des von Professor Fick in Zürich in seinem Auftrage ausgearbeiteten Entwurfs eines internationalen Vertrages über gleichmäßige gesetzliche Bestim⸗ mungen, betreffend die Verantwortlichkeit der Eisen— bahnen beim Waarentransport, ernannt worden. Der Bundesrath hofft, daß die Kommission ihre Berathungen bis zum Dezember vollendet haben wird, um dann sofort die Ein⸗ ladungen an die betreffenden Staaten zu dem abzuhaltenden internationalen Kongresse erlassen zu können. Die erste Idee zu diesem Vertrage ging von den beiden Kommissions⸗ mitgliedern de Seigneuz und Christ aus. Die renitenten jurassischen katholischen Geistlichen sind sämmtlich an Sinem Tage, am 16. d. M.R, am Tage nach dem von der Bundesverfammlung für Aufhebung des Berner Ausweisungs⸗ beschlusses festgesetzten Termin, nach dem Jura zurückgekehrt. An einigen Orten war ihnen ein feierlicher Empfang bereitet, welchem die Behörden, da keine Ruhestörungen stattfanden, freien Lauf ließen, wie dies von der Regierung angeordnet worden war. Im Kanton Zug ist die Verfasfungsrevision verworfen worden, weil die Anzahl der mit Ja Stimmenden nicht die Majorität der Gesammtheit der Aktivbürger erreichte. Die ultramontane Mehrheit des Tessiner Großen Raths beschloß, trotz der vom eidgenössischen Justizdepartement verfüg⸗ ten Suspenston der Verfassungsrevifion, did letztere den⸗ noch vorzunehmen. Frankreich hat der Schweiz den Han⸗ delsvertrag vom 30. Juni 1864 für den 24. November 1876 gekündigt.

Belgien. Brüssel, 23. November. Die Regierung hat soeben der Abgeordnetenkammer den am 10. September l. J. mit der Deutschen Reichsregierung abgeschlossenen Marken⸗ schutzvertrag vorgelegt.

Großbritannien und Irland. London, 23. No⸗ vember. (A. A. C) Der Prinz von Wales empfing gestern in Baro da die Unteroffiziere der eingeborenen Regimenter und belobte ste wegen ihres soldatischen Aussehens. Dann begab er sich nach dem 18 Meilen entfernten Dubka, wo heute eine große Eberjagd abgehalten werden soll. Nach deren Beendigung kehrt er nach Bombay zurück. Se. Königliche Hoheit ist Fei ausge⸗ zeichnetem Befinden. Die Choleraberichte aus Bangalore sind ungünstig. Die jüngst geborene Tochter des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh wird am 15. Dezem⸗ ber im Windsorschlosse die Taufe empfangen. Der ehemalige König von Neapel nebst Gemahlin begaben sich gestern nach Paris. . **

Frankreich. Ver sailles, 24 November. (W. T. B. Bie Nationalversammlung setzte die dritte Berathung des Wahlgesetz es fort und nahm die Art. 4— 8 an. Das bei der zweiten Lesung angenommene Amendement des Deputirten Corne, nach welchem die Stimmzettel verschlossen abgegeben werden sollen, wurde abgelehnt. Ebenso wurde das Amendement des Deputirten du Temple verworfen, nach welchem die Offiziere, mit Ausnahme der zur Disposition gestellten, nicht wählbar sein sollten. Die Versammlung setzte darauf drei die Armee be⸗ treffende Gesetzentwürfe auf die nächste Tagesordnung trotz des Widerspruchs der Linken, welche die Berathung dieser Verlagen den fünftigen Kammern vorbehalten wollte. Die Bureaus werden am Sonnabend die Mitglieder der Kom⸗ mission wählen, welche die von dem internationalen Telegraphenkongreß in St. Petersburg vereinbarte Kon— vention prüfen soll.

Spanien. Madrid, 24. November. (W. T. B.) Nachrichten zufolge, welche der Regierung zugegangen sind, hat der General Quesada die Carlisten nach heftigem Kampfe aus ihren Positionen bei Pampelonla vertrieben. Weitere offizielle Rachrichten melden, daß der General Quesada die Positionen der Carlisten auf den Bergen von Escaba ge⸗ nommen habe. Die Carlisten haben drei Forts von Villa bza aufgegeben. Die Nachricht von der Einnahme San Christo⸗ bals und sämmtlicher Positionen der Carlisten in der Umgegend von Pampelona durch den General Quesada wird bestätigt.

Italien. Rom, 24. November. (W T. B.) Sitzung der Deputirtenkamm er. Bei der Berathung des Budgets für das Ministerium der auswärtigen Angelegen⸗ heiten drückte der Deputirte Maurigi seine Befriedigung aus über die bevorstehende Erhebung der italienischen Gesandtschaft in Berlin zum Range einer Botschaft und sprach die Erwartung aus, daß im nächsten Jahre auch bei anderen Mächten Botschaf⸗ ten errichtet würden. Der Deputirte Massari sprach in glei⸗ chem Sinne über die Erhebung der italienischen Ge⸗ sandtschaft zur Botschaft und erblickte in derselben eine Bekräftigung der zwischen dem Könige von Italien und dem Deutschen Kaiser, sowie zwischen den beiderseitigen Völkern bestehenden Freundschaft. Der Redner dankte der Stadt Mailand für den dem Deutschen Kaiser bereiteten Empfang, und der Stadt Venedig für den Empfang des Kaisers von Lesterreich, dessen Besuch ebenfalls von großer politischer Bedeu⸗ tung sei. Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, Visconti⸗Venosta, erklärte darauf, er habe bereits Gelegenheit gehabt, den Gesinnungen der Regierung anläßlich des Besuches des Kaisers von Desterreich Ausdruck zu geben, und schließe er sich den über die Bedeutung des Besuches des Deutschen Kaisers eben ausgesprochenen Ansichten an. Dieser Besuch sei nicht nur ein weiterer Beweis der zwischen den beiden Monarchen und ihren Völkern be⸗ stehenden freundschaftlichen Beziehungen, sondern gewähre auch die Versicherung eines dauerhaften Friedens. Bezüglich des von dem Deputirten Maurigi kundgegebenen Wunsches erkennt der Minister an, daß die Erhebung der italienischen Gesandt⸗

schaft in Berlin zum Range einer Botschaft allerdings nicht

vereinzelt bleiben könne, doch müsse eine gleiche Rangerhebung anderer Gesandtschaften von den Umständen und gegenseitigem Uebereinkommen abhängig gemacht werden. Wie die „Agenzia Stefani“ erfährt, würden augenblicklich zwischen der österrei⸗ chischen und italienischen Regierung Verhandlungen gepflogen wegen der Erhebung der beiderseitigen Gesandtschaften zum Range von Botschaften.

Griechenland. In Athen sind die beiden früheren Minister Valassopulo und Nikolopulo, die, wie be⸗ richtet ist, beschuldigt werden, die erledigten Bischofssitze Patras, Cephalonia und Argos meistbietend versteigert zu haben, von der parlamentarischen Justizkommission, von welcher die Anklage ausgegangen ist, vernommen worden. Das Ergebniß war, daß die Angeschuldigten verhaftet und der Polizei übergeben sind. Es herrschte in Athen große Aufregung, aber Exzesse wurden ver⸗

hütet. Die beschuldigten Kirchenfürsten sind in den respektiven Orten ihrer Episkopalfitze von den dortigen Königlichen Staats⸗ anwalten vernommen worden. Der Präsident der Neunerkom⸗ mission, Coliatzo, bat die Kammer um eine achttãgige Frist zur Beendi⸗ gung der Untersuchung und zur Vorlage des Kommissions⸗ berichtes, da die Kom mission bisher erst die Vertheidigungsfchrift des Bischofs von Messenien in Händen habe und jene der Erz⸗ bischöfe von Patras und Cephalonia noch abwarten müsse.

Türkei. Die Wiener, Politische Korrespondenz“ vom 24. d. M. meldet aus Ragusa, daß 6000 Montenegriner mit 12 Ge⸗ birgskanonen in der Ebene von Grahovs konzentrirt stehen, welche wahrscheinlich bestimmt seien, bei dem bevorstehenden Entscheidungskampfe zwischen den Türken und Insurgenten einzugreifen.

. Wie der „Agence Havas“ aus Konstantinopel gemeldet wird, ist Hussein Apni Pascha zum Vali des Bilayet Saloniki ernannt worden.

Belgrad, 24. November. (W. T. B.) Wie verlautet, soll die serbische Regierung von ihrem früheren Plane, Han⸗ dels verträge abzuschließen, zurückgekommen sein und viel⸗ mehr beabsichtigen, in der Skupschtina eine Vorlage über einen Schutzzolltarif einzubringen, durch welchen die EGinfuhrartikel stark belastet werden würden. Außerdem soll die Einführung einer Steuer auf fremde Patente in Aussicht genommen sein.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 20. No⸗ vember. Der König empfing vom Vorsitzenden der Gesell⸗ schaft zur Förderung der russischen Schiffahrt, Gra⸗ fen Komaroffsky, am 16. d. M. ein Telegramm aus Moskau folgenden Inhal ts: „Die Gesellschaft zur Förderung der russi⸗ schen Schiffahrt hat soeben die Rückkehr der schwedischen Eis⸗ meer⸗Expedition gefeiert und die Ehre gehabt, ein Glas auf das Wohl Ew. Majestät zu leeren, lebhaft wünschend, daß Schweden und Rußland sich sowohl in wissenschaftlicher, als kommerzieller Beziehung mehr und mehr nähern mögen.“

Amerika. (A. A. C.) Aus Philadelphia wird un⸗ term 21. ds. gemeldet: Die Hauptbrücke, welche Philadelphia mit den Hauptdepots und Anlagen des Weltausstellungsgebäu⸗ des verband, ist niedergebrannt, wodurch ein Verlust von 500,000 Dollars verursacht worden ist. Der Direktor der Bundesmünze in Washington hat seinen Jahresbericht erstattet, welcher den Betrag der im Lande am 30. Juni im Umlauf befindlichen Gold⸗ und Silbermünzen auf über 150 000,000 Dollars veranschlagt. Im Weiteren schätzt der Bericht den künftigen jährlichen Ertrag der Gold⸗ und Silber⸗ bergwerke auf 100, 000, 0690 Dollars und empfiehlt angelegentlich die Wiederaufnahme der Zahlungen in Gold.

Aus Havanna wird unterm 22. d. gemeldet, daß zwischen Spanien und der Republik San Domingo ein Freundschafts⸗ und Handelsvertrag zum Abschluß ge⸗ langt sei.

Nach über London eingegangenen Nachrichten des, W. T. B.“ aus Havana hat der von der spanischen Regierung mit der Reorganisation der spanischen Finanzen auf Cuba be⸗ auftragte Spezialkommissar Rube die Erklarung abgegeben, daß die Einnahmen zur Deckung der Ausgaben genügen würden und daß man allen laufenden Verpflichtungen nach Ablauf des De⸗ zember nachkommen würde.

Buenos Ayres, 27. Oktober (per Dampfer „Gironde“). Präsident Avellaneda ist auf einer Rundreise im Innern überall herzlich empfangen worden. In den östlichen Provinzen wurde er von dem Vize⸗Präsidenten Dr. Acosta gut aufgenommen. Die politische und kommerzielle Lage des Landes ist noch immer eine ungünstige. Die Journale von Buenos Ayres fahren fort, die Revolutionspartei in Uruguay zu unterstützen und die Re⸗ gierung des Präsidenten Varela anzugreifen.

Asien. Aus Japan wird, der „A. A. C.“ zufolge, be⸗ richtet, daß ein coreanisches Fort auf ein japanisches Kriegs⸗ schiff, welches die Küste besuchte, gefeuert habe. Der Akt er⸗ regte große Entrüstung, und eine Partei rief nach Krieg. Da das Kriegsschiff indeß das Fort demolirte und die anstoßenden Gebäude niederbrannte, wiesen die Zeitungen darauf hin, daß zur Vertheidigung der Ehre der Flagge Genugthuung geleistet sei.

Die Nr. 89 des „Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 18. November 1875. Vereinigung von Drucssachen mit Stoff oder Zeug mustern. Vom 29. November 1875. Eintragung der Beutel zu vereinigten Kartenschlüssen in die Ladezettel.

Nr. 35 des „Amtsblatt der Deutschen Reichs⸗ Telegraphen⸗Verwaltang“ hat folgenden Inhalt: Verfügung: vom 18. November 1375. Eingrenzung der Nebenschließungen be⸗ treffend.

Nr. 24 des ‚Armee⸗Verordnungs⸗Blatts“ hat fol- genden Inhalt: Abänderung des 2. Alinea des §. 26 des Servie⸗ Reglements vom 20 Februar 1868. Regelung der Stellvertretung des General-Inspecteurs des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs- wesens. Abänderungen der durch die Allerhöchste Ordre vom 26. Januar 1826 genehmigten Bestimmungen über die Prüfung zur Aufnahme in die Kriegs⸗Akademie. Seitengewehr und Portepee der Büchsenmacher, welche während ihrer Militärdienstzeit die Berech⸗ tigung zum Tragen des Offizier⸗Sertengewehrs erworben haben. Einführung des Leibriemens mit verschiebbarer Säbeltasche bei den Fußmannschaften der Feld⸗AUrtillerie, bei der Fuß⸗AUArtillexie, den Pionie⸗ ren, beim Eisenbahn⸗Bataillon und bei den Fußmannschaften der Train⸗Bataillone. Abänderung des §. 8 der Bestimmungen über den Geschäftsgang der Ober⸗-Militär-Examinations kommission bei den. Prüfungen zum Portepeefähnrich und zum Offizier. Außerkraft⸗ setzung der Instruktion für die Militär Aerzte zum Unterricht der Krankenträger vom 27. Januar 1869. Bedingungen beim Ver⸗ kaufe augrangirter Dienstpferde, und die Gewährung von Tankieme. vom Erlöse für dieselben. Bezeichaung der Behörden, welchen in Königreich Württemberg die Leitung des Marschwwesens obliegt. Eröffnung der Eisenbahn von Bebra bis Eschwege. Eröffnung neuer Eisenbahnstrecken. Auflösung der Fortifikation zu Witten⸗ berg. Altersangabe der Militärdienstpferde. Einführung von Bademänteln aus Flanell für die größeren Garnisonlazarethe. Berichtigung eines Druckfehlers in der Insteuktion für die Militär- Aerzte zum Unterricht der Krankenträger von 1875. Bekannt- machung der Lebentersicherunge⸗Anstalt für die Armee und Marine.

Vereins we en.

Der Berliner Hausfrauen verein hielt am Mithwoch Abend eine überaus zahlreich besuchte Generalversammlung ab. De Vorsitzende Frau Lina Morgenstern, g dachte zunächst des nunmehr zwer= jährigen Bestehens des Vereins vnd gab einen Ueberblick über die bisherige Thätigkeit desselben. Dank der namhaften Unterstützung Seitens der städ ischen Behörden und eines großen Theilg der Ber= liner Bevölkern ng sei dieselbe eine überaug segensreiche a Der Vertheuerung der Lebensmittel sei durch Errichtung (iner Central