langenden Sachen bereits bestimmt sind, der Amtsrichter eine Entbindung des Schöffen vom Dienste nicht nach freiem Belieben, sondern nur, wenn von dem Schöffen persönliche Hinde⸗ rungsgründe geltend gemacht werden, verfügen dürfe. Zu 8. 44, welcher vorschreibt, daß, wenn ein Schöffe (oder Geschworener) in der Sitzung gar nicht oder zu spät erscheint, eine Ordnungsstrafe von 25 bis 1000 6 zu erkennen sei, wurde mit Rücksicht auf die denkbarer Weise vorkommenden leichteren Fälle die Minimalstrafe auf 5 S herabgesetzt. Der Tages⸗ ordnung gemäß beschäftigte sich sodann noch die Kommission mit den §8. 51 und 32 des Entwurfs der Strafprozeßordnung, welchẽ Paragraphen seiner Zeit an eine Subkommission verwiesen worden waren, um zu erwägen, ob nicht an der Stelle der Be⸗ stimmung „auf das Verfahren bei Zustellungen finden die Vor⸗ schriften der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung“ vielmehr positive und selbständige Vorschriften über das Zu⸗ stellungswesen in Kriminalsachen in den Entwurf aufzunehmen feien. Die Subkommission hat nun auch, ihrer Aufgabe ent⸗ sprechend, eine Reihe von Detailvorschriften vorgelegt. Es werden indessen gegen diese Vorschläge eine Reihe von technischen Bedenken nach mehrfachen Richtungen durch verschiedene Redner vorgebracht, so daß es zu einer Beschlußfassung über diesen Gegen⸗ stand nicht mehr kommen konnte.
— Die gestrige (6. Sitzung der außerordentlichen
Generalsynode wurde Vormittags 11 Uhr 30 Minuten durch
den Präsidenten, Grafen zu Stolberg-Wernigerode mit geschäft⸗ lichen Mittheilungen eröffnet.
Die Kommission zur Berathung des Regierungsentwurfes
hat sich konstituirt und zum Vorsitzenden den Synodalen
v. d. Groeben (Posen), zum stellvertreienden Vorfitzenden den
Synodalen Dr. Wiesmann (Münster) und zu Schriftführern die Synodalen Neumann (Strasburg U. M.) und Richter (Bres⸗ lau) erwählt.
Als einziger Gegenstand stand auf der Tagesordnung die Spezialdiskuffion über den Entwurf einer General⸗Synodal⸗ ordnung.
Der 5§. 1 lautet: Der Verband der Generalsynode erstreckt sich auf die zur evangelischen Landeskirche vereinigten Provinzen der Monarchie.
Hierzu liegen? Amendements vor und zwar 1) vom Syno⸗ dalen Kögel und Genossen, statt des Wortes „vereinigten“ zu setzen: „die 8 älteren“, und 2) vom Synodalen Krummacher und Genossen, dem Paragraph ein zweites Alinen hinzuzufügen, nach welchem der Bekenntnißftand und die Union durch diese Verfassung nicht berührt werden dürfen.
An der Debatte betheiligten sich die Synodalen Cremer (Greifswald), Freiherr v. d. Reck (Obernfelde) und v. Kleist⸗
Retzow.
Der Präsident des Ober⸗Kirchenraths Dr. Herrmann er-
klärte das Amendement Kögel als eine rein redaktionelle Abänderung, der er sich gern füge; die Annahme des Amendements Krum macher sei nicht wünschenswerth.
Nachdem die Synodalen Cremer (Greifswald), Dorner (Berlin) und Graf v. Rittberg (Glogau) sich für den Antrag Krummacher ausgesprochen, wird der 5. 1 mit den beiden Amendements angenommen.
Der Paragraph 2 lautet im Entwurfe:
Die Generalsynode wird zusammengesetzt:
H aus 150 Mitgliedern, welche von dea Propinzialsy noden der Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesten, Sachsen, Westfalen und der Rheinprovinz gewählt werden;
3) aus sechs Mitgliedern, von welchen jede evangelischtheologische Fakultät an den Universitäten Königsberg, Berlin, Greifswald, Bres— lau, Halle und Bonn eines aus ihrer Mitte wählt;
3) aus den General-Superintendenten der im General⸗Synodal⸗ verbande stehenden Provinzen;
4) aus dreißig landesherrlich zu ernennenden Mitgliedern.
Die Berufung der Synodalmitglieder erfolgt für eine Synodal⸗ periode von sechs Jahren.
Der Synodale Schott (Barby) und Genossen beantragten, den §.2 mit 5§. 3, als dem ersten Abschnitte, so wie die S5. 39, 43 als Schlußbestimmungen der Kommisston zu überweisen.
Nachdem die Synodalen v. Kleist⸗Retzow gegen, und Dr. Techow für die Ueberweisung gesprochen, stellte Synodale Dr. Hinschius (Berlin) den Antrag, daß im Falle der Verwerfung des Antrages Schott die Abstimmung bis zur Beschlußfassung Über die 85. 38, 45 (Schlußbestimmungen) ausgesetzt werde.
Die Synodalen Dr. Schultze (Elbing), Dorner (Berlin) und v. Benda sprachen sich ebenfalls für die Verweisung aus.
Gegen eine Aeußerung des Synodalen Dr. Schultze (Elbing) erwiderte der Minister fuͤr die geistlichen Angelegenheiten, Dr. Falk, daß die Schlußbestimmungen ein völlig integrirender Theil der Vorlage seien, die ein abgeschlossenes Ganzes bilde. Gerade die in Rede stehenden §5§. 2, 3, 39 und 41 seien im Kirchen⸗ regimente Gegenstand der eingehendsten Berathungen gewesen.
Nachdem noch die Synodalen Dr. Schrader (Königsberg) und v. Diest (Daber) für die Verweisung an eine Kommission gesprochen, nahm die Versammlung den Antrag Schott mit großer Majorität an.
Die Synode trat nunmehr in die Berathung des 5. 4; der⸗ selbe lautet:
Die Generalsynode hat mit dem Kirchenregimente des Königs der Erhaltung und dem Wachsthum der Landeskirche auf dem Grunde des evangelischen Bekenntnisses zu dienen; Regiment, Lehrstand und Gemeinden zur Gemeinschaft der Arbeit an dem Aufbau der Landes. Hirche zu verbinden; auf Innehaltung der bestehenden Kirchenordnung in den Thätigkeiten der Verwaltung zu achten; über die gesetzliche Fortbildung der landeskirchlichen Einrichtungen zu beschließen; die Fruchtbarkeit der Landeskirche an Werken der christlichen Nächsten⸗ liebe zu fördern; die Einheit der Landeskirche gegen auflösende Be⸗ strebungen zu wahren; der propinziellen kirchlichen Selbständigkeit ihre Grenzen zu ziehen und sie in denselken zu schützen; die Gemein⸗ schaft zwischen der Landeskirche und anderen Theilen der evangelischen Gesammtkirche zu pflegen; zur interkonfessionellen Verständigung der christlichen Kirchen zu heifen, und überhaupt sowohl aus eigener Bewegung als auf Anregung der Kirchenregierung, in Gemäßheit die ser Ordnung, Alles zu thun, wodurch die Landegkirche gebaut und gebessert, und die Gesammtkirche in der Erfüllung ihrer religiösen und sittlichen Misston gefardert werden mag.
Hierzu liegen Amendements vor von den Synodalen Baur (Berlin), Dr. Schultze (Elbing), Kleist⸗Retzow und Freiherrn von Türcke (Schweinitz).
Die Versammlung beschloß zunächst eine Generaldiskussion
über den 5. 4 zu eröffnen. Nachdem der Synodale Dr. Hering
für die Annahme gesprochen, beantragte der Synodale Dr. Techow
die völlige Streichung des Paragraphen, den man nur als eine
. über die Kompetenzen der Generalsynode betrachten nne.
Der Synodale Freiherr Dr. v. d. Goltz (Bonn) erkannte an, daß 5. 4 eine legislatorische Bedeutung nicht habe, in ihm i, . die nachfolgenden Bestimmungen prinzipiell zusammen
efaßt.
Nachdem der Synodale Niemann (Münster) erklärt, daß in dem Paragraphen Manches stehe, was in den speziellen Bestim⸗ mungen nicht enthalten sei, schloß fich der Präsident des Evan⸗ gelischen Ober⸗Kirchenraths Dr. Herrmann den Ausführungen des Synodalen Freiherrn v. d. Goltz (Bonn) an.
Der Synodale Dr. Schulze (Breslau) erblickte in §. 4 ein neues staatsrechtliches Prinzip, das nicht verkehrt werden könne, und an der Stelle, wo es stehe, nothwendig sei. Der Ausdruck „des evangelischen Bekenntnisses“ (statt „der evangelischen Be⸗ senntnisse“ ) sei, unbeschadet der kleinen Verschiedenheiten, der Ausdruck der höheren Einheit aller Länder evangelischen Be⸗ kenntnisses
Der Synodale Dr. Beyschlag (Halle) warnte, eine so wichtige Frage, wie die Bekenntnißfrage, im Vorübergehen zu erledigen. Die Synode sei außerdem berufen, eine General⸗Synodalordnung festzustellen, nicht aber die Bekenntnißfrage zu erledigen. — Der Synodale Dr. Cremer (Greifswald) schlägt die Form „Bekennt⸗ nisse vor, da die Synode es der Christenwelt schuldig sei, deutliche Sprache zu führen.
Der Synodale Dr. Wiese vermißte in dem Entwürfe die Erwähnung der Schule. Der Staat stelle zwar die Neligions⸗ lehrer an; aber die Kirche habe noch immer das Recht der Mitaufsicht, die sie nur in bescheidenem Maße ausführe. Die Synode möge darauf achten, daß dieses Recht von der Kirche in erweitertem Maßstabe benutzt werde.
Der Vertreter der Staatsregierung, Ministerial⸗Direktor Pr. Förfter erklärte, ohne sich auf das Verhältniß zwischen Staat und Kirche einzulassen, daß die Leitung der Schule Sache des Staates sei. Im Uebrigen enthalte bereits der Allerhöchste Erlaß vom 10. September 1873 das Wesentliche hierüber.
Der Synodale Dr. Ftöstlin (Halle) glaubte, daß die Ueber— wachung des Religionsunterrichtes nicht Sache der Synode, sondern der Gemeinde sei.
Der Synodale Dr. Herbst (Schulpforta) wußte nicht, wie er sich die Ueberwachung durch die Synode denlen solle. Wolle sie etwa Delegirte entsenden? Das würde nur zu Konflikten führen, denn das Recht, den Religionsunterricht zu überwachen, werde sich der Staat nie nehmen lassen.
Der Synodale Dr. Lucanus (Berlin) glaubte sich während der Rede des Synodalen Dr. Wiese in die Unterrichtsdebatte des Abgeordnetenhauses versetzt, und der Synodale v, Horn (Königsberg) erklärte sich durch den Antrag Wiese förmlich Überrascht. Spreche doch derselbe nicht allein von Religions- unterricht, sondern auch von religiöser Auferziehung der Jugend. Dasselbe Recht müsse auch den übrigen Religionsparteien zuge⸗ sprochen werden, und über die Gefahren eines solchen Beginnens zu sprechen, sei nicht nöthig.
Der Synodale v. Kleist⸗Retzow beantragte, in den Wirkungs⸗ kreis der Synode einzufügen: Die Interessen der Landeskirche in Bezug auf Schulen zu vertreten.
Schließlich erklärte darauf der Präsident des Evangelischen Ober⸗Kirchenrathes, Dr. Herrmann, daß Niemand das Recht der Kirche, dem Staat gegenüber sich geltend zu machen, bestreite. Unmöglich könne aber eine alle sechs Jahre sich erneuernde Ge⸗ neralsynode das Organ sein; es bedarf einer häufiger zum Ein⸗ blick kommenden Behörde.
Der Synodale Dr. Beyschlag Galle) äußerte sich dahin, daß, wenn man in die Aufgabe, die sich die Generalsynode stelle und die der Staat genehmigen solle, aufnehme, daß die Synode das Recht habe, dem Staate Oppofition zu machen, dies das Todesurtheil der Arbeit sei, an welche die Versamm⸗ lung getreten.
Nach dem Synodalen Miquel, der gegen den Antrag sich aussprach, wies der Synodale v. Horn darauf hin, daß, wenn Konflikte entstehen sollten, der Ober -irchenrath da sei, der seit 25 Jahren, trotz mancher Fehlgriffe, seine Schuldigkeit ge⸗ than habe.
Synodale Dr. Fabri (Barmen) stellte den Antrag, §. 4 der Kommission zu überweisen; der Antrag wurde aber ver⸗ worfen.
Nachdem der Synodale Dr. Christlieb (Bonn) noch einen redaktionellen Antrag gestellt, wurde der ganze 5§. 4, mit Ver⸗ werfung aller Amendements, in der Form der Regierungsvorlage angenommen.
Schluß der Sitzung: 4 Uhr 15 Minuten. Die nächste Sitzung findet Donnerstag um 1 Uhr statt. Tagesordnung: Fortsetzung der Spezialdiskussion.
— Wie bereits erwähnt, ist in diesen Tagen Seitens der Königlichen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn die Rang⸗ und Quartierliste der Königlich preußischen Armee für das Jahr 1875 nebst den Anciennetätslisten der Generalität und der Stabsoffiziere der Armee zur Veraus⸗ gabung gelangt. Der Nachtrag zu derjelben schließt mit dem 12. November ab, doch haben die Beförderungen in den An⸗ ciennetätslisten noch Aufnahme gefunden. Die Seitenzahl der vorsährigen Rangliste sieht der diesjährigen wenig nach, die erstere zählte 916 Seiten, die letztere deren 928.
Der Generalstab der Armee erscheint zum ersten Mal in der durch den Etat pro 1874 festgesetzten Neugestaltung. Der Chef der Landesaufnahme mit den drei ihm unterstellten Ab⸗ theilungen, der trigonometrischen, topographischen und karto⸗ graphischen, ist mit den sämmtlichen, in den betreffenden Abthei⸗ lungen beschäftigten Offizieren noch besonders aufgeführt, wäh⸗ rend sich in der vorjaͤhrigen Rangliste noch das Bureau der Landestriangulation und die topographische Abtheilung einzeln hinter dem Nebenetat eingereiht finden.
Unter den Gouvernements und Kommandanturen sind die inzwischen eingegangenen def nm gen Cosel, Erfurt, Graudenz, Minden und Wittenberg fortgefallen, dagegen sind diese in dem Abschnitte „Garnisonen und AÄrtilleriedepots“ verzeichnet, da hier noch Festungsgefängnisse, Depots und mit der Entfestigung be⸗ aufiragte Ingenieur⸗Offiziere vorhanden sind. Behufs Raum⸗ ersparniß sind bei den Nachweisungen des Abgangs in den ein⸗ zelnen Regimentern nicht die vollen Provinzialnamen angewen⸗ det, sondern die Truppentheile nur kurz nach ihrer Nummer in der Armee bezeichnet.
Die früher kurz als Gewehrfabriten bezeichneten Institute sind getrennt worden in Gewehr⸗ und Munitionsfabriken und bas Direktions⸗ wie Hülfspersonal demgemäß auch geschieden.
Bei der Artillerie finden wir zum ersten Mal die seit An⸗ fang d. J. bei jeder Abtheilung angestellten Zahlmeister, deren früher jedes Regiment nur einen zur Verwaltung der Beklei⸗ dungsbestände hatte, während die sonstige Rechnungslegung direkt durch die Batterien an die Intendantur erfolgte.
Die bedeutendste ,. hat wohl das Eisenbahn⸗ Bataillon erfahren. Hier stehen die für das am 1. Januar zu formirende 2. Bataillon bestimmten Offiziere schon als „zur Dienstleistung kommandirt“ aufgeführt, so daß dieselben, nun⸗ mehr in ihrem Dienste bereits vollständig orientirt, sofort bei der
Formirung die durch den Etat pro 1876. neu zu schaffenden Stellen übernehmen können. An das Eisenbahn⸗Bataillon an⸗ geschlossen ist die Königliche Direktion der Militär-Eisenbahn, deren Direktor und Mitglieder Offiziere des Bataillons find, sowie die Betriebsabtheilung der Militär⸗Eisenbahn, bei welcher bie Stellen des Chefs, Vorstehers des Centralbureaus sowie des Maschinenmeisters gleichfalls durch Offiziere wahrgenommen werden.
Eine ganz neue Anordnung hat die Rangliste dadurch er⸗ halten, daß die Zeug⸗ und Feuerwerkz⸗Offiziere nunmehr ge⸗ schlossen nach der Anciennetät unter Angabe ihrer dienstlichen Stellung aufgeführt sind, während dieselben früher einzeln bei den Kommandobehörden resp. Kommandanturen Aufnahme gefun⸗ den hatten. Die neue Anordnung erleichtert jedenfalls die Ueber⸗ sicht erheblich. In die Zahl der Landwehr⸗Regimenter sind die elsaß⸗löothringischen Bataillone gleichfalls nach ihren durch die Wehrordnung festgesetzten Nummern eingereiht, während sie in der vorjährigen Rangliste noch einfach nach den Ortsnamen ohne Armee⸗Nummer und Provinzial⸗Namen bezeichnet wurden. Wir haben die drei Reserve⸗Landwehr⸗Bataillone Nr. 97-99 (Metz, Straßburg i. E. und Mülhausen i. E.) sowie die Land⸗ wehr⸗Regimenter Nr. 128 — 131, von denen die drei ersteren bereits mit einer nicht unerheblichen Zahl dort kontrollirter Offi⸗ ziere erscheinen.
— Die Inspektion eines fiskalischen Bergwerks bildet eine Behörde und ist als solche nach einem Erkenntniß des Ober-Tribun als vom 11. November d. J. befugt, wegen einer einem ihr untergeordneten Beamten zugefügten Beleidigung den Strafantrag zu stellen. „Sind auch die Inspektisnen der fiskalischen Bergwerke in der Nomenklatur des 187 des Bergwerkgesetzes nicht unter den Bergwerksbehörden ausdrücklich hervorgehoben, so bestehen sie doch in anerkannter Wirksamkeit fort. Ihr Beruf und ihre Bildung beruht auf einem Akt der Staatsverwaltung, welche für die Verwendung der fiskalischen Mittel für die Zwecke des Staats gesetzlich besteht. In der Sphäre ihres Berufs sind die Inspektionen selbständige Unter⸗ behörden, welche die ökonomische und technische Leitung der fistkalischen Gruben nach Maßgabe ihrer geschäftlichen Begren⸗ zung und Unterordnung unter die Behörden, von welchen sie ressortiren, sonst aber nach Ermessen auszuüben haben, so daß sie, je nachdem, nur dem Finanz⸗Minister oder dem betreffenden Oberbergamte unterworfen sind.“
— Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte Königlich bayerische Staats-Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern von Pfretzschner ist aus München hier eingetroffen.
— Die heute mit dem Personenzuge aus Lehrte um 4 Uhr 45 Minuten Nachmittags fällige Post aus London hat den Anschluß an diefen Zug nicht erreicht.
Lauenburg. Ratzeburg, 1. Dezember. In der Sitzung der Ritter⸗ und Landschaft am 25. November wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Ausführung des Reichs⸗Impfgesetzes, angenommen. Die Berathung des Wahlgesetzes ist vertagt, die Wasserlösungs⸗Ordnung zur näheren Berathung an die Kom⸗ misston zurückverwiesen worden. Der Entwurf eines dem han⸗ noverischen Höfe⸗Gesetze nachgebildeten Gesetzes für die bãuerliche Erbfolge im Herzogthum Lauenburg wurde der Vorlage gemãß angenommen und dem Ministerium für Lauenburg überwiesen.
HSessen. Darmstadt, 28. November. Der Artikel 2 des Kirchengefetzes über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen bestimmt, daß kein Geistlicher ohne Nachweis wissen⸗ schaftlicher Vorbildung angestellt werden darf, derselbe vielmehr nach dreijährigem Befuche einer deutschen Universität durch eine vor einer Staats behörde abzulegenden Prüfung in Philosophie, Geschichte und deutscher Literatur darthun muß, daß er sich die für feinen Beruf erforderliche allgemeine Bildung erworben hat. Das Nähere soll durch landesherrliche Verordnung bestimmt werden, und ist eine solche im neuesten Regierungsblatte publizirt werden. Die Prüfung wird, falls eine solche nicht bereiis vor einer staatlich angeordneten Prüfungsbehörde innerhalb des Deutschen Reiches statifand, von einer durch das Ministerium des Innern zu ernennenden Kommission vorgenommen, und wird für jedes der drei Fächer ein besonderer Cxaminator bestellt. Das Examen ist ein schriftliches und mündliches, und ist die mündliche Prufung, der ein Kommissar des Ministeriums beiwohnt, öffentlich Ein besonderes Reglement enthält die leitenden Gesichtspunkte für die Abhaltung der Staatsprüfung. Die Vorarbeiten zum Entwurf eines Gesetzes über die Klassifikation der Pfarrstellen sind be⸗ endet, und steht zu erwarten, daß im nächsten Jahre der Ent⸗ wurf zur Vorlage kommt.
Braunschweig. Braunschweig, 29. November. Der Herzog hat in Betreff des einzuberufenden Landtages verfügt, daß sich die Abgeordneten am 14. Dezember hier einzu⸗ finden haben, damit zunächst das Legitimationsverfahren be⸗ ginnen könne. — Bezüglich der Landessynode ist zu erwähnen, daß zu §. 1 der Vorlage mehrere Abaͤnderungsvorschläge ge⸗ macht wurden, derselbe aber schließlich, unter Verwerfung der Anträge, angenommen worden ist. Der Abschnitt hat folgenden Wortlaut: „Die kirchliche Trauung, welche erst vorgenommen werden darf, wenn die Eheleute die von dem Standesbeamten ausgestellte Bescheinigung über die erfolgte Eheschließung beige⸗ bracht haben, ist möglichst unmittelbar nach der bürgerlichen Eheschließung zu vollziehen.“
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 30. November. Die Gesetz Sammlung enthält u. A.: Bekanntmachung des Herzoglichen Ministeriums, Abtheilung des Innern, die Bildung der Standesamtsbezirke betreffend. Vom 22. November 1875. — Höchste Verordnung, das Verfahren der Geistlichen bei Aufgebot, Trauung, Taufe und Beerdigung, ingleichen bei Führung der Kirchenbücher nach der Inkrafttretung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 betreffend. Vom 26. November 1875.
Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Gotha, 29. November. Nach einer dem Speziallandtage zugekommenen Regierungsvor⸗ lage sollen mit dem 1. Januar künftigen Jahres die Stol gebühren der Geistlichen und Schullehrer, mit Aus⸗ nahme der Gebühren für kirchliche Zeugnisse und für Be⸗ erdigungen, in Wegfall komaen. Diese Gebühren haben nach dem Durchschnittsertrage der letzten 10 Jahre die Summe von 46,329 66 3 3 betragen, und es soll die Zahlung derselben künftig von den Ortskirchkassen, an die auch die beiden oben⸗ genannten verbleibenden Stolgebühren zu zahlen sind, übernom⸗ men werden, doch wird für den Fall, daß eine Ortsgemeinde zu dieser Zahlung finanziell nicht befähigt ist, die Staatskasse ein- treten. in. aber wird an den Landtag der Antrag gestellt, zu Ermöglichung dieser pekuniären Intervention die Summe von 12,000 6 jährlich zu bewilligen.
— 30. November. Die Gesetz⸗Sammlung für das Her⸗ zogthum Gotha enthält: Verordnung zur ferneren Ausführung
des Gesetzes vom 1. Juli 1869, die Einführung des im Herzog⸗ thum Sachsen. Gotha geltenden Rechts in den vom Großher⸗ zogthum Sachsen⸗Weimar an dasselbe abgetretenen Gebietstheilen, sowie die Zuweisung dieser Gebietstheile zu den bestehenden Ge⸗ richtssprengeln betreffend. Vom 27. November 1875.
Anhalt. Dessau, 29. November. Heute Vormittag 11 Uhr eröffnete der Staats⸗Minister 2c. von Krosigk den Land⸗ tag im Auftrage des Herzogs mit folgender Rede:
„Hochverehrte Herren!
Kraft Höchster Vollmacht und im speziellen Auftrage Sr. Hoheit des Herzogs habe ich den Landtag des Herzogthums in diesem neu— erbauten Landtagssaale unter Entbietung des gnädigsten landesherr⸗ sichen Grußes willkommen zu heißen, die für den Landtag fertig ge— stellten Räume zu übergeben und di⸗ gegenwärtige Landtags ⸗Diät, wie hiermit geschieht, im Namen Sr. Hoheit des Herzogs zu er— öffnen.
Meine Herren, nachdem Se. Hoheit der Herzog geruht haben, mich an diese ebenso ehren als verantwortungsvolle Stelle zu berufen, muß es eine meiner ersten Aufgaben sein, mich mit Ihnen in ein gutes Einvernehmen zu setzen.
Wir Alle in diesem Saale haben dasselbe Ziel vor Augen: Die . des Landes und seines angestammten erhabenen Fürsten—
auses.
Sind wir aber über das Ziel einig, dann muß es doch auch möglich sein, den Weg zu finden, den wir gemeinsam einzuschlagen haben werden.
Wie die Regierung sich diesen Weg denkt, das finden Sie ange— deutet in den Vorlagen, welche ich auf den Tisch des Hauses in Höchsten Auftrage niederzulegen die Ehre haben werde.
Zunächst in dem Haupt-Finanz Etat pre 1876.
Wie im Vorjahre, schließt derselbe, der günstigen finanziellen Lage des Landes entsprechend, mit einem Einnahme⸗Ueberschusse ab,
Es darf und soll nicht verkannt werden, daß diese günstigen Resultate zum großen Theile dem Sa zwerke Leopoldéhall zu ver— danken sind, und daß dieses Werk allen Wechselfällen eines indästrieel⸗ len Unternehmens unterworfen ist. Keine Regierung wird im Stande sein, in dieser Hinsicht ausreichende Sicherheit zu schaffen.
Trotzdem hält die Regierung den Zeitpunkt für gekommen, wo die in dem Gesetze vom 22. Dezember 1871, betreffend die Sicher⸗ stellung des erforderlichen Gleichgewichts im Staatshaushalte an⸗ geordnete Ausnahmemaßregel wieder aufgehoben werden kann, und wird einen darauf gerichteten Gesetzentwurf vorlegen.
Für das Jahr 1876 werden in Voraugsetzung der Annahme die— ses Gesetzes statt der 9 nur 6 Einheiten Ergänzungssteuer gefordert werden. Die Regierung muß sicher aber für den Fall, daß im Reichstage, wider Erwarten, die Matrikularbeiträge wesentlich . werden sollten, vorbehalten, eine Nachtragsforderung einzu—⸗
ringen.
Das ferner vorgelegte Beamtengesetz wird über die Absichten der Regierung kaum einen Zweifel aufkommen lassen.
Eben so wenig der Gesetzentwurf über Einführung von Verwal— tungsgerichten mit dem Grundgedanken, daß in denjenigen Streitfäl— len, wo das Privatrecht mit dem öffentlichen Rechte kollidirt und der ordentliche Rechtsweg gesetzlich ausgeschlossen ist, an die Stelle der büreaukratischen Entscheidung ein Rechtespruch treten soll, der nach Anhörung der Betheiligten in öffentlicher Sitzurg gefunden werden wird. J
Wenn aber endlich die im Wesentlichen dilatorische Vorlage über unsere Kirchen⸗Verfassunge frage nicht allen Erwartungen und Wün— schen entsprechen sollte, welche hin und wieder im Lande gehegt ken, so wird sich zur Zeit doch kaum ein anderer Ausweg finden assen.
Die Kirchengemeinde⸗Ordnung ist durch Höchsten Erlaß ein— geführt; die neuen Organe der Kirchengemeinden sind anstandslos im ganzen Lande gewählt und in Wirksamkeit getreten. Neben ihnen bestehen aber die alten Kirchenvorstände mit einzelnen gesetzlich fun⸗ dirten Befuenissen jort.
In dieser halben Stellung dürfen die neuen Kirchengemeinde⸗ Organe nicht länger belassen werden.
Dem Inslebentreten der Spnodalordnung wird aber so lange Anstand zu geben sein, his diese Frage in dem benachbarten Preußen ihren letzten Abschluß gefunden haben wird.
Indem ich Ihnen, meine Herren, diese Vorlage dringend zur Annahme empfehle, kitte ich Sie, mir das jenige Maß von Vertrauen nicht vorenthalten zu wollen, ohne welches ein ersprießliches Zusam⸗ menwirken nicht denkbar ist.“
Danach sprach der Landtags⸗Präsident Pietscher dem Staats⸗ Minister zunächst den Dank des Landtages aus, hob dann her⸗ vor, daß der Landtag von den neuen schönen Lokalitäten Besitz ergreife, und brachte ein dreimaliges Hoch auf den Herzog und das ganze Herzogliche Haus aus, in das die Versammlung be— geistert einstimmte. Nach geschäftlichen Mittheilungen machte der rästdent bekannt, daß folgende Vorlagen von Seiten der Her—⸗ zoglichen Staatsregierung eingelaufen seien: 1) Abschuß der Her⸗ zoglichen Staatsschulden⸗Verwaltungskasse pro 1874; 2) Haupt⸗ Finanzabschluß des Herzogthums mit Erläuterungen pro 1874; 3) Haupt- Finanzetat des Herzogthums pro 1876 mit Erläute⸗ rungen nebst sämmtl ichen Spezial⸗Stats; ) Entwurf ein es Ge⸗ setzes wegen Aufhebung des 5§. 1 des Gesetzes vom 22. Dezem⸗ ber 1871, betr. die Sicher stellung des erforderlichen Gleichgewichts im Staalshaushalte (Nr. 28 der Anhaltischen Gesetz⸗Sammlung); 5) Entwurf zu einem neuen Staatsd ienergesetz und 6) Entwurf einer Verordnung, betr. decisio WXXV. zu den revidirten Erläu⸗ terungen der Anhaltischen Landes⸗ und Prozeßordnung nebst Motiven zu beiden Entwürfen; 7) Entwurf eines Gesetzes, die Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsverfahren, sowie 8) die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte betreffend, nebst Motiven ad 7 und 8; 9) Entwurf eines Gesetzes, die Kirchen⸗ gemeinde und Synodal⸗Ordnung betreffend, nebst Motiven; Io) Antrag der Staatsregierung, betreffend die Pensionsfähig⸗ keit der den Beamten und Lehrern gewährten sogenannten Theuerungszulage; 11) Gesetzentwurf, die Ergänzung der Brand⸗ kassenordnung betreffend, nebst Motiven; 12) Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Ausdehnung des Gesetzes über die Enteignung von Grundeigenthum auf die Entziehung und Beschränkung des Grundeigenthums im Interesse des Wegebaues nebst Motiven; 13) Gesetzentwurf, betreffend die zulässige Differenz bei Auf⸗ messung und Flächenberechnung von Grundstücken nebst Mo⸗ tiven; 4) Antrag der Staatsregierung, betreffend die Genehmi⸗ gung eines Darlehns von 96,600 S an die Gemeinde Leo⸗
poldshall.
Oesterreich⸗Angarn. Wien, 30. November. Vorgestern hat in Pest unter dem Vorsitze des Kaisers ein ungarischer Ministerrath stattgefunden, in welchem die Kündigung des oͤsterreichisch⸗ungarischen Zoll⸗ und Handelsbündnisses beschlossen wurde, so zwar, daß die bezügliche Note morgen schon jedenfalls in den Händen der diesseiligen Regierung sich befinden wird. Der „Pester Lloyd“ konstatirt bei Mittheilung dieser Nachricht, daß die erfolgte Kündigung keineswegs einen Bruch der handels⸗ polltischen Beziehungen zwischen beiden Reichshälften, sondern nur den bevorstehende n Beginn neuer Verhandlungen bezeichne. (S. auch Pest.)
— In der gestrigen Sitzung des konfessionellen Aus⸗ schusses brachte Haase einen Antrag auf eine gänzliche Reform des Eherechts ein. Granitsch legte einen Gesetzentwurf betreffs Abänderung der bezüglichen Paragraphen des bürgerlichen Ge⸗
setzbuches vor. Die Berathung über beide Anträge findet in der nãchsten Sitzung statt. — Der Budgetausschuß erledigte das Finanzgesetz. Hiernach betragen approximativ die Ausgaben 403 400, 000, die Einnahmen 372,700,009, daher der Abgang
30 700, 000 Gulden. Der Schlußartikel erhielt folgende Fassung:
Für die Bedeckung des Abganges wird ein besonderes Gesetz vor⸗ sorgen, worin auch zugleich auf die Beschaffung der zum Bau der Staatseisenbahnen erforderlichen Geldmittel Bedacht zu neh⸗ men sein wird. .
Pest, 30. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses beantwortete der Minister Präsident Tisza die in der gestrigen Sitzung eingebrachte Interpellation des Deputirten Horansky über die Kündigung des austro⸗ ungarischen Zollbündnisses. Der Minister-Präsident er⸗ klärte, daß die ungarische Regierung allerdings ihre Zustimmung zu der Kündigung des Handelsvertrages mit England ertheilt habe, da es unbillig gewesen wäre, sich einseitig der Lösung eines Vertrages zu widersetzen, von dem der andere Kontrahent glaubt, daß er seinen Interessen nachtheilig sei. Bei der Erneuerung des Vertrages könne jeder Kontrahent seinen eigenen Interessen Geltung verschaffen. Ebenso könnten die Unterhandlungen über die Erneuerung des Zoll⸗ und Handelsbündnisses mit Oesterreich nur dabei gewinnen, daß sie gleichzeitig mit den Unterhandlungen wegen Erneuerung der gleichen Verträge mit dem Auslande geführt würden. Bei den am 30. Mai begonnenen bezüglichen Verhandlungen mit der österreichischen Regierung habe die ungarische Regierung ihr Hauptaugenmerk auf die Restitution der Verzehrungssteuer und die Feststellung eines den Interessen Ungarns entsprechenden Zolltarifes gerichtet. Da in keinem der beiden Punkte eine Einigung erzielt worden sei, so sei der frühere Vertrag gestern formell gekündigt worden. Diese Kündigung bedeute jedoch noch nicht die Selbständigkeit des ungarischen Zoll⸗ gebietes, denn die Regierung habe nicht die Aufrichtung von Zollschranken gewünscht, sondern die Herbeiführung einer Ver⸗ ständigung. Er halte ein gemeinsames Zollgebiet für weit besser, als ein gesondertes, vorausgesetzt, daß der Zollvertrag den In⸗ teressen Ungarns entspricht. Nur wenn der andere Kontra⸗ hent solchen Vertrag durch Unnachgiebigkeit unmöglich mache, werde die Regierung, wenn auch mit Bedauern, gezwungen sein, Ungarn in ein selbständiges Zollgebiet umzuwandeln. — Die Antwort des Minister⸗Präsidenten wurde sehr beifällig aufge— nommen. Das Haus, mit Ausnahme der äußersten Linken, er⸗ klärte, daß es Kenntniß von derselben nehme.
Niederlande. Haag, 30. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer stellte der Depu⸗ tirte Cremers vor Beginn der Berathung des Budgets für das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten den Antrag, die Diskussion über die am 11 Oktober an die Regierung ge⸗ richtete Interpellation, betreffend das Verhältniß zwischen der niederländischen Regierung und Venezuela, in ge⸗ heimer Sitzung fortzusetzen. Allseitig wünsche man die Erhal⸗ tung des Friedens und die Beseitigung der Schwierigkeiten, ohne daß dadurch den Rechten oder der Würde der beiden Staaten zu nahe getreten würde. Der Antrag wurde angenommen.
Frankreich. Versailles, 30. November. (W. T. B.) Nationalversammlung. In fortgesetzter dritter Lesung des Wahlgesetzes wurde Art. 19, wonach Algerien drei Depu⸗ tirte zu wählen hat, angenommen. Ebenso wurde ein von dem Deputirten Ploeue eingebrachtes Amendement, nach welchem jeder der 4 Kolonien, denen das Recht zusteht, einen Senator zu er⸗ nennen, auch das Recht eingeräumt wird, je einen Deputirten zu ernennen, mit 343 gegen 332 Stimmen genehmigt. Nach⸗ dem hierauf noch ein Zusatzparagraph angenommen worden war, welcher jedes Zuwiderhandeln gegen den Artikel 3 des Wahlgesetzes, betreffend das Verbot der Vertheilung von Stimmzetteln 2c. durch die Beamten der Behörden, mit einer Geldstrafe bedroht, wurde das ganze Wahlgesetz in der Schlußabstimmung mit 532 gegen 87 Stimmen in dritter Lesung genehmigt. — Im weiteren Verlaufe der heutigen Sitzung brachte der Deputirte Clereq von der Rechten einen Antrag ein, wonach die Wahl der durch die Nationalversammlung zu wäh⸗ lenden 75 Senatoren am 13. Dezember c., die Ernennung der Delegirten der Munizipalbehörden für die von den Departements vorzunehmenden Senatorenwahlen am 9. Januar k. J,, die Senatorenwahl selbst am 30. Januar k. J. und die Wahl der Abgeordneten zur Legislative am 13. Februar k. J. statt⸗ finden, die gesetzliche Thätigkeit der gegenwärtigen National⸗ versammlung am 4. Maͤrz k. J. erlöschen und der Zusammentritt der beiden neuen Kammern am 16. März erfolgen soll. Die Nationalversammlung beschloß für diesen Antrag, wie für den am Sonnabend von Bardouz eingebrachten Antrag die Dringlichkeit und wird am Donnerstag eine Fom⸗ mission zur Vorberathung dieser Anträge ernennen. Vom Kriegs⸗ Minister General de Cissey wurde beantragt, das Gesetz, be⸗ treffend die Heeres verwaltung, als ersten Berathungsgegen⸗ stand auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu stellen. In Folge der Einwendungen des Dbersten Chaper und des Generals Guillemaut, wonach es unmöglich sei, das betreffende Gesetz sofort zu berathen, wurde diesem Antrage nicht stattgegeben und die Sitzung hierauf aufgehoben.
Spanien. Madrid, 30. November. W. T. B.) Nach amtlicher Mittheilung hat der König die Demission des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten angenom⸗ men. — Dem hiesigen amerikanischen Gesand ten ist, dem Vernehmen nach, von seiner Regierung eine längere Depesche zu⸗ gegangen, durch welche alle Befürchtungen bezüglich des Ausbruchs eines Konfliktes zwischen Spanien und Amerika be⸗ seitigt werden. — Als Termin zur Einberufung der Cortes ist, wie aus Regierungskreisen verlautet, der 1. Februar k. J. festgesetzt. — Nachrichten aus San Se⸗ bastian melden, daß die Carlisten gestern Vormittag das Feuer auf die Stadt wieder aufgenommen haben.
Italien. Rom, 26. November. Der König ist heute mit seinem Gefolge von Florenz hier eingetroffen und am Bahnhofe von den Ministern, dem Präfekten und dem Syndikus empfangen worden. Der Kronprinz und die Kronprinzessin sollen dieser Tage von Monza gleichfalls in Ron eintreffen. — Der Herzog v. Galliera, Fürst v. Lu⸗ cedio, hat seiner Vaterstadt Genua, beziehungsweise ganz Ita⸗ lien, ein großes Geschenk gemacht. Der Herzog steuert zu den neuen Hafenbauten 20 Millionen Lire bei, doch unter der Be⸗ dingung, daß die Regierung Dasjenige, was ihr für den Hafen von Genua zu thun obliege, darum nicht unterlassen dürfe, son . dern so viel leiste, als die Staats finanzen überhaupt gestatten. Die Blätter preisen die Hochherzigkeit des Fürsten und erinnern an ruhmvolle Ahnen desselben, u. A. an Biaggio Asserato, der einst . seine Seesiege Genua zur Herrin des Mittelmeeres gemacht.
Türkei. Belgrad, 30. November. (W. T. B.) Wie verlautet, sind Veränderungen im Ministerium zu erwarten, und würde Senator Christitsch nach seiner Rückkehr mit der Neu⸗ bildung des Kabinets beauftragt werden. Die Mission desselben nach Montenegro betrifft ausschließ lich persönliche Beziehun⸗ gen der beiden Fürsten zu einander.
Dänemark. Kopenhagen, 29. November. Der Reichstag trat heute wieder zusammen. Im Folkethinge wurde, nach einigen geschäftlichen Mittheilungen Seitens des Vorsitzenden vom Finanz⸗Minister der Entwurf zum Finanzgesetz für 1876/77 vorgelegt. Der Minister sagte bei der Vorlage, daß der Entwurf nur wenige Punkte enthalte, welche dazu aufforderten, bereits jetzt auf dieselben näher einzu⸗ gehen. Was die Hauptresultate betreffe, so seien die Ein⸗ nahmen zu 50 008. 843 Kronen berechnet, was bedeutend mehr sei, als im letzten Finanzgesetz angenommen worden, aber doch mit den Rechnungen des abgeschlossenen Finanzjahres überein⸗ stimme. Die Einnahmen seien genau nach denselben Regeln ver⸗ anschlagt, welchen man früher gefolgt. Die größere Summe rühre davon her, daß in den letzten Jahren die wirklichen Staatseinnahmen bedeutend gestiegen seien, namentlich die in⸗ direkten Steuern und besonders die Zolleinnahmen. Der stei⸗ gende Wohlstand, und nicht zum wenigsten die jetzt verhältniß⸗ mäßig sehr günstige Lage der Arbeiterklasse, habe einen bedeu⸗ tend gestiegenen Verbrauch von Waaren und dadurch der Zoll⸗ einnahmen veranlaßt, welche bis über 22 Millionen Kronen ge⸗ stiegen seien. Es sei vorgeschlagen, die Ausgaben zu 46,885,045 Kronen anzusetzen, oder genau dieselbe Summe, welche durch das gegenwärtige JFinanzgesetz bewilligt sei. Demnach würde also ein Ueberschuß von etwas über 3 Millionen Kronen verbleiben. Nehme man Rück⸗ sicht auf die Einnahme, welche durch Vermögensverbrauch ent⸗ stehe, nämlich 3, 839,000 Kronen, und auf die Summe, welche zur Abbezahlung von Schulden, nämlich 5,400,000 Kronen, sowie zu Vorschußposten (900,000 Kr.) verwandt werde, so betrage die Vermögensvermehrung 6,300 000 Kr., der Ver⸗ mögens verbrauch 3, 839,000 Kr. und der Gesammtfortschritt des Vermögens mithin 28 Mill. Kr. Zu produktiven öffentlichen Arbeiten (Eisenbahnen ꝛc.) sei vorgeschlagen, 3 434,560 Kr. an⸗ zuwenden; würde diese Summe mitgerechnet, so betrage die gesammte Vermögensvermehrung 9 Mill. Kr. Die Größe dieser Summe dürfe nicht verwundern, denn eine Vergleichung mit den Rechnungen für 1874/75 zeige, daß der unzweifelhafte Vermögensfortschritt in dem genannten Jahre 6,900 000 Kr. betragen habe, und würden die zu Eisenbahnanlagen verwen⸗ deten 5) Mill. Kr. als volles Aktiv mitgerechnet, so ergebe sich eine Vermögensvermehrung von 12 Mill. Kr.
Wenn man aus den Rechnungen für die erste Hälfte des gegenwärtigen Finanzjahres schließe, so sei eine überwiegende Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß es ein ebenso günstiges Re⸗ sultai ergeben werde. Es sei dem Minister eine besondere Ge⸗ nugthuung, auf diese gute finanzielle Stellung hinweisen zu können, da dieselbe es ermögliche, die sehr bedeutenden und nach der Ansicht der Regierung durchaus nothwendigen Ausgaben zu dem Vertheidigungswesen ohne Auferlegung neuer Steuern machen zu können.
Es sei die Absicht der Regierung, Gesetzentwürfe vorzulegen, welche darauf hinzielten, die Vertheidigung des Landes zu ver⸗ stärken, sowohl durch eine bessere Organisation des Vertheidi⸗ gungswesens, als durch Festungsanlagen und durch eine sehr bedeutende Erweiterung der Flotte. Die Regierung werde mit aller Kraft versuchen, diese Veranstaltungen durchgeführt zu erhalten, und halte sie sich darüber vergewissert, für ihre Be⸗ strebungen hierfür bei der Majorität des dänischen Volkes eine vollkommene und warme Zustimmung zu finden.
Der Minister ging hierauf auf die Einzelheiten des Gesetz⸗ entwurfes ein. Gelegenheitsweise sagte er, daß die Regierung geneigt sei, die Eisenbahnanlagen fortzusetzen, wenn die betreffen⸗ den Gegenden Zuschüsse leisteten, namentlich in denjenigen Thei⸗ len des Landes, wo Staatsbahnen seien, aber zum Bau von Privatbahnen werde sie nicht ermuntern. Der Minister schloß mit der Bemerkung, daß, da der Finanzgesetzentwurf im Ganzen so wenig Neues enthalte, so müsse dessen Annahme in einem Zeitraume zu Ende gebracht werden können, der die in der Verfassung vorausgesetzte Zeit nicht viel über⸗ schreite. Daß die sehr langen Reichstagssessionen für unsere konstitutionelle Entwicklung undienlich seien, sei eine Anficht, welche die Regierung in vollem Maße theile, und die Regierung werde, so viel sie vermöge, dazu beitragen, die Arbeiten des Reichstages zu befördern. Einen Beweis habe sie dadurch gegeben, indem sie dafür gesorgt, daß sämmt⸗ liche wichtigeren Gefetzentwürfe gleichzeitig mit dem Finanzgesetz zur Behandlung kommen könnten.
Gewerbe und Handel.
Den vereideten Maklern der Berliner Börse wurde am 30. v. M. ein von dem Börsen⸗Kommissarius unterzeichnetes Cirkular Übergeben, in welchem „zur Erläuterung des Art 69, . 4 des Handelsgesetzbuchs! u. A. Folgendes mitgetheilt wird: „Die Makler dürfen sich eines Buchhalters nur für Comtoirgeschäfte und mechanische Verrichtungen, zu welchen wir auch die Entgegennahme von mündlichen Bestellungen in der Börse rechnen, bedienen, wogegen die Abschließung der Geschäfte von Ihnen persönlich, und nicht durch die Buchhalter geschehen muß.“ „Geschäfte, welche gegen das Gesetz von einem Buchhalter abgeschlossen sind, durch die Unter⸗ schrift des Schlußzettels zu beurkunden, ist strafbar. Die Namen der Makler auf den Schlußzetteln sind vollständig und deutlich, und zwar mit Dinte, nicht, wie vorgekommen, mit Bleist ift zu schreiben. Diese Mittheilungen bedürfen folgender Erläuterungen: Da eine Menge von Industrie, und Bankpapieren theilweis vom Courszeitel verschwunden sind, theilweis aber ohne jeden Umsatz bleiben, ist von Seiten der betheiligten jüngeren Makler ei den Aelktesten der Kaufmannschaft petitionirt worden, man möge sie, obschon sie s. 3. für diese Papiere angestellt worden seien, nunmehr zu den älteren Maklern plariren und geftatten, in den von den letzteren gehandelten Effekten gleichfalls geschäftlich ver= mitteln zu dürfen. Die Aeltesten haben sich entschlossen, dem Wunsche der jüngeren Makler entgegen zu kommen, wogegen indeß die alteren tall auf Grund ihres Patentes zu protestiren beabsichtigen.
— Die vom Bürgerverein der Stadtbezirke 4) — 53 ins Leben ge⸗ , , verkaufsstellen in der Steglitzerstraße 72 und in der Genthinerstraße 13 erfreuen sich nach wie vor eines äußerst
. Zuspruches Seitens der Bewohner der genannten Bezimke.
eide Verkaufsstellen erzielen gegenwärtig einen durchschnittlichen Wochenumsatz von 10,9000 Pfd.; die Preise stellen sich hier pro Pfd. 10 bis 153 Pf. billiger, als bei den übrigen Schlächtern; doch scheinen letztere allmählich zur Erkenntniß zu kommen, daß auch sie mit den . . müssen, wenigstens haben sich in den letzten
agen mehrere Schlächter erboten, das Fleisch dem Bürgerverein bei gleich guter Qualität noch billiger zu liefern, als die beiden Fleisch⸗ verkaufsstellen.