1875 / 285 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 03 Dec 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Braunscke Stiftung weist eine Einnahme von 3610 Thlr. und eine Ausgabe von 200 Thlr. auf. Die Stiftungskasse zur Unterstützung nothleidender Wittwen von Aerzten erzielte eine Einnahme von 38.324 Thlr., wogegen sich die Ausgabe auf 5724 Thlr. belief. Wenn es nicht immer gelungen ist, dem Nothstande der einzelnen Petenten in dem befürworteten Maße abzuhelfen, so hatte dies einestheils seinen Grund in der durch die abnorme Preissteigerung aller Lebensbedürfnisse herbeigeführten Zunahme der Unterstützungsanträge, andererseits darin, daß die Höhe der einzelnen Beiträge unverändert geblieben war, mithin die dem Direktorium zur Disposition gestellten Mittel kaum hin⸗ reichen konnten, selbst die mäßigen Wittwen⸗Unterstützungen von 25 Thlr. zu gewähren. Um so mehr war Veranlassung vorhanden, Die eingegangenen Gesuche streng im Anhalt an die statutarischen Bestimmungeu zu prüfen und diejenigen zurückzuweisen, welche den Erfordernissen nicht überall entsprachen. An Beiträgen für die ärzt⸗ liche Unterstützungsanstalt gingen 1874 von 2194 Mitgliedern 2560 Thlr. ein, dagegen sind an 52 Rothleidende Unterstützungen in Höhe von 3480 Thlr. gezahlt worden. Die Beiträge der Wittwen⸗Unter⸗ stützungsanstalt beliefen sich bei 1661 Mitgliedern auf 1971 Thlr., während 198 Unterstützten 5719 Thlr. gezahlt wurden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Zwei der bedeutendsten Schöpfungen der neueren dentschen Malerei, welche bisher Privatsammlungen angehörten, Adolf Men⸗ zels „Konzert bei Hof-, Sanssonci 1756“ und desselben Meisters „Dampfschmiedewerkstatt: sind neuerdings für die National Gallerie angekauft worden.

= Der Bär“, Berlinische Blätter für vater⸗ ländische Geschichte und Alterthumzkunde“, herausge— heben von Georg Hiltl und Ferdinand Meyer, Verlag von Alfred Weile, hat in Rr. 17 folgenden Inhalt: Die Wappen und, Farben der Stadt Berlin II. II. Cöln vom Archivar Fidicin. (Mit Abbildungen) Charlottenburg und seine Geschichte. Von Ferd. Meyer. (Fortsetzung.) Die Stadt Oderberg. Napoleonsburg bei Charlottenburg 1808. Ein preußischer Dichter⸗ held. Von C. Handen. Der Goldjunge. Histor. Erzählung von G. Hiltl. (Fortsetzung) Mittheilungen aus Berling Theater⸗ chronik. Literatur.

Gewerbe und Gandel.

Wien, 2. Dejember. (W. T. B) Dem Konsortium

Rothschild⸗Kreditanstalt, welches die 6prozentige ungarische

Goldrente negoziirt hat, gehören die Berliner Diskontogeseklschaft das Bankhaus S. Bleichroeder as; auch die Gebrüder v. Rothsch; in Paris haben sich dieses Mal der Operation angeschlossen. .

In der Generalversammlung der Aktionäre der Bre Grajewo: Eisenbahn wurde das Budget per 1876 bestätigt. demselben figuriren die Einnahmen mit 1,B283, 323 Rbl., die An. gaben mit 803,500 Rbl., der Reingewinn mit 479,823 Rbl. .

Verkehrs ⸗Anstalten.

Die Direktion der Magdeburg -⸗Leipziger Eisenbah

zeigt an, daß seit drei Tagen auf der Bahn bedeutende Schnel!

wehungen eingetreten, wie solche seit 20 Jahren nicht vorgekomm Der Güterverkehr mußte ganz einge stellt werden, der Personenverkeh war nur sehr beschränkt und unregelmäßig auszuführen; an einzelnen Stellen mußten drei bis vier Maschinen einen Zug ziehen. Ange . Bemühungen ist es gelungen, ein Gelelse wieder fahrba zu machen.

London, 2. Dezember. (W. T. B.) Die tere graphisch Verbindung mit Ostindien ist wiederhergestellt; es ind

bereits mehrere gestern in Bombay und Kalkutta aufgegebene Tele⸗

gramme hier eingetroffen.

Berlin, den 3. Dezember. Berliner Kunstausstell ungen. Ill.

(Cf. Nr. 277 und 283 d. Bl.)

Das Historienbild vertritt inder Ausstellung nur Bleib⸗ treu mit seinem „König Wilhelm bei Königgrätz. Gefolgt von seiner Suite, in der zahlreiche hochstehende Personen in porträtmäßig treuer, charakteristischer Auffassung zu erkennen sind, sprengt der Königliche Feldherr, enthusiastisch begrüßt von den Jägern, die zur Rechten sich um die von ihnen eroberten Kanonen gruppirt haben, über das Schlachtfeld dahin. Der we⸗ sentlichste Vorzug der Arbeiten Bleibtreu's, die auch dem Be⸗ schauer sich lebendig mittheilende freudige Begeisterung für den von ihm dargestellten Gegenstand ist diesem großen Gemälde in nicht geringerem Grade eigenthümlich wie zwei kleineren Bildern, die ihre Motive dem französischen Kriege entlehnten. Das erste derselben schildert die Eroberung der ersten Kanone bei Weißen⸗ burg durch zwei Jäger, von denen der eine, auf dem Geschütze stehend, laut sein „Victoria!“ ruft, während der andere schmet⸗ ternd in die Trompete stößt. Dieselbe Frische des Ausdrucks und derselbe glückliche Aufbau der Gruppe zeichnet das zweite Bild aus, das unter dem Titel „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern!“ in drei sich umarmenden Soldaten die Verbrü⸗ derung der deutschen Truppen nach glücklich errungenem Siege darstellt und namentlich durch die fein empfundene und trefflich bewegte Gestalt des freudig herbeigeeilten jugendlichen bayeri⸗ schen Kriegers das Auge des Beschauers fesselt.

Ein von Souchon behandeltes historisches Motiv, der auf der Wartburg mit der Bibelübersetzung beschäftigte Luther, ist bei allem Fleiß doch in Auffassung und Färbung ziemlich trocken geblieben, während ein Genrebild desselben Künstlers, ein junger Wanderbursch, der, im Wirthshaus am Tische sitzend, während ein Tiroler seine Zither spielt, vom „Heimweh“ ergriffen, den Kopf traurig auf die Hand stützt, ohne sonderliche Tiefe der Charakteristik doch durch seine freundliche, anspruchslose Haltung gefällt. Verwandte Vorzüge sind der alten „Märchen⸗ erzählerin von Freies leben zu eigen, die in der Stube, durch deren runde Fensterscheiben das volle Mond⸗ licht einfällt, ihre Geschichten den aufmerksam lauschenden Enkeln vorträgt. Ein keckes, freundlich ansprechendes Bild desfelben Autors, eine frische Studie nach der Natur, schildert den „Frühling“ in zwei Bauernkindern, die, vor dem Licht sich abhebend, auf einem hochansteigenden Wiesengrund unter blühen⸗ den Obstbäumen, beisammensitzen, während unter ihnen im Rasen eine Heerde junger Gänse sich ihr Futter sucht.

Bedeutender, in jeder Hinsicht eine meisterhafte Leistung, ist ein Bild von Dieffenbach, das ein junges Bauernmädchen mit zwei kleineren Schwestern in der Küche bei der Zubereitung eines Kuchenteiges darstellt und durch die gesunde Naivetät der Charakteristiz und das harmonisch getönte feine Kolorit gegen⸗ über der süßlichen Empfindung und bunten Färbung mancher früheren Arbeit nur um so erfreulicher berührt. Die Figuren der beiden kleinen Dirnen, von denen die eine, kaum an den Tisch heranlangend, die zerschnittenen Pflaumen in den gewalzten Teig eindrückt, die andere, nicht minder emsig bei der Sache, sich die an den Fingern hangen gebliebenen Leckerbissen schmecken läßt, dürfen sich den liebenswürdigen Schöpfungen eines Knaus und Defregger vollkommen gleichberechtigt zur Seite stellen.

Der bei aller frischen Naivetät hier doch bewahrten Anmuth geht Grünfeld in seinem häßlichen Bauernbuben, der der Mutter und den jüngeren Geschwistern die in der Falle gefan⸗ . Maus vorzeigt, grundsätzlich aus dem Wege, um in der

harakteristikt und der Malerei das getreueste Abbild der nackten Wirklichkeit nicht ohne Geschick zu erstreben, während Neu⸗ staetter zwei kleine humoristische Scenen aus. der Kinderwelt nicht ohne Liebenswürdigkeit, aber in gar zu matter Färbung schildert, Schlesinger in einem ähnlichen Motiv seiner bekann⸗ ten Auffassung und seinem emailartig behandelten Kolorit treu bleibt und Q. Becker in den beiden Scenen „Vor und nach der Taufe“ sich gleichfalls in seiner gewohnten freundlichen und mit Recht beliebten Weise bewegt.

Neben einem frischen, kräftig getönten Bilde von Schell⸗ bach, einer Marktscene, in der das zum Verkauf ausliegende Wildpret und Geflügel, Obst und Gemüse in keineswegs klein⸗ lichem Vortrag stillelebenartig delikat und sorgfältig behandelt ist, mögen noch A. Burger's charakterisches Bildchen eines Missionsfestes auf dem Platz eines Dorfes, ein Bild von Harrer, der wieder einen Winkel aus einer Straße in Olevano mit passender Staffage giebt, und die kleine Figur eines Mädchens vor dem Bade von O. Begas die ihnen gebührende Erwähnung finden. Ein romantisches Bild von Waldschmit, ein mittel⸗ alterlich kostümirter Jüngling, der zu einem im goldigen Abend⸗ sonnenschein auf hohem Berge sich erhebenden Schloß empor⸗ klimmt, ist unklar in der Empfindung, und auch den talentvollen Kappis zeigt ein „Frühlingstag am Starnberger See“ auf einem ihm wenig zusagenden Gebiet, während Lülves' „Gebet einer Mutter an der Wiege ihres Kindes“ als ein bedauerlicher Rückschritt gelten muß.

Ein kleines, mit ziemlich breitem Pinsel, in kräftigem Ton emaltes Kabinetstück von Sprinckm ann, eine schwarzgekleidete unge Dame, die, lächelnd eine Rose darbietend, eben die Thür zum Nebenzimmer öffnen will, zwei andere vortreffliche Kabinet⸗ bilder von Ehrentraut, die zu den besten seiner stets anzie⸗

henden Arbeiten zählen, ein Pifferaro“, der sich von einer grauen Mauer abhebt, und die delikate Figur eines jungen Mannes im Kostüm des siebzehnten Jahrhunderts, der den zum „Früh⸗ schoppen“ mit blinkendem Wein gefüllten, hoch in der Hand gehaltenen Römer betrachtet, sowie endlich ein gediegen durch-

geführtes, durch den feinen 2 seiner Farbe wie durch vor⸗

zägliche Zeichnung und charakterlstische Bewegung der Figuren

hervorragendes Kostümbild von Treidler, ein Cavalier in prächtiger rother Kleidung, der einer in der offenen, nur durch einen Vorhang verschlossenen Halle in graziöser Haltung ihm gegenübersitzenden jungen Dame in meergrün schimmerndem Seidenkleide aus einem Buche vorliest, mögen die lange Reihe der erwähnenswerthen figürlichen Darstellungen beschließen.

Auch die plastische Abtheilung der Ausstellung hat in den letzten Wochen manche interessante Bereicherung erfahren. An erster Stelle nennen wir von den neu eingesandten Arbeiten die lebensgroße, von Ludwig Brunow nach der Natur modellirte und mit tüchtiger und gewissenhafter Hand in Marmor aus⸗ geführte Büste des Grafen Moltke. Wie der Künstler in dem bei früherer Gelegenheit besprochenen, für die Stadt Parchim be⸗ stimmten Bronzedenkmal eine dem Wesen des Dargestellten ent⸗ sprechende, einfach schlichte, echt monumentale Auffassung der ganzen Gestalt zu erreichen verstand, so ist es ihm hier gelungen, bei durchweg edler Behandlung der Formen nicht nur die individuellen Züge des Kopfes in überraschend getreuer, porträt⸗ mäßiger Wiedergabe festzuhalten, sondern zugleich auch dem sie beseelenden reichen geistigen Leben in so hohem Grade gerecht zu werden, daß diese Arbeit unter den zahlreichen bisher in unseren Ausstellungen gesehenen Moltkebüsten wohl den vornehmsten Platz in Anspruch nehmen darf. Eine Vervielfältigung der⸗ selben, die auch weiteren Kreisen ihren Besitz zu ermöglichen vermöchte, würde sich gewiß überall des lebhaftesten Beifalls zu erfreuen haben. Das gleichzeitig in dem kleineren Zimmer für Bildwerke ausgestellte, durch seine warme Empfindung und durch die glücklich bewegte Komposition der Hauptgruppe ausgezeichnete Relief, eine junge Frau, die sitzend dem von hinten herantretenden, als Baumeister charakterisirten Gatten ihr hoch emporgehaltenes Kind zum Küssen darreicht, beweist, daß der Künstler auch für ideale Aufgaben in nicht geringerem Maße begabt ist. Der ein⸗ fach profilirte Eichenholzrahmen macht die Wirkung des Ganzen noch voller und reicher und ermöglicht zugleich die harmonische Einfügung der Arbeit in die Dekor tion eines geschlossenen Raumes.

Von Reusch ist die lebensgroße Figur eines Amorknaben eingesandt, der als Besieger des Herkules dessen schwere Rüstung davonträgt. Das schon in der antiken Kunst beliebte geistreiche Motiv hat hier eine in hohem Grade glückliche Verwendung gefunden, und auch in dieser neuen Erscheinung ist es durch die frische, originelle Auffassung und Empfindung, wie durch die treffliche, in den Linien allseitig harmonisch geschlossene Kompo⸗ sition seiner vollen Wirkung sicher. Das nachschleppende, mit der Linken gefaßte Löwenfell über das lockige Haar gezogen, die mächtige, mit der rechten Hand gehaltene Keule über die Schulter gelegt, schreitet die zierliche Gestalt leicht und sicher da⸗ hin, den Beschauer durch ihre anmuthige Bewegung ebenso fesselnd wie durch den schelmischen Ausdruck des reizend ge⸗ sormten Kopfes, der keck und munter vor sich hinschaut.

Eine geschickt aufgebaute, mehr auf malerische Wirkung be⸗ rechnete als durch feine Empfindung der Formen fesselnde Fontainengruppe von Rau zeigt die am Boden knieende Ge⸗ stalt einen Mannes und die auf seiner linken Schulter ruhende, von seinem Arm umfaßte Figur einer jugendlichen Nymphe, die aus ihrer, mit beiden Händen hochgehaltenen Urne den vollen Wasserstrahl übermüthig lächelnd auf den zu ihr Emporblickenden herabplätschern läßt. Bei ihrer keineswegs mißlungenen deko⸗ rativen Anlage entbehrt die Gruppe aber doch zu sehr der unmittelbaren Naivetät der Auffassung, um eine wirklich frische, erquickende Wirkung zu erzielen. Auch ein von Büchting ausgestelltes Grabmonument eines eben dem Kindesalter ent⸗ wachsenen, wie schlummernd auf einem liegenden Kreuze ruhenden Mädchens vermag trotz der gut gedachten Komposition den Be⸗ schauer doch nur wenig zu befriedigen, da dem Antlitz ein er⸗ greifender, seelenvoller Ausdruck fehlt und den Formen über⸗ haupt eine vollere Rundung, der etwas dürftigen Gewandung ein reicherer, wirksamerer Faltenwurf zu wünschen wäre.

Von Herter ist endlich noch eine kleine, durchaus realistische Figur eines alten italienischen Dudelsackpfeifers, die bei mehr humoristischer Auffassung gewinnen würde, von Wilhelm Wolff das kleine Modell einer umfangreichen Gruppe eines Löwen⸗ kampfes vorhanden, ein in antiker Weise Gerüsteter, der von dem Rücken eines Elephanten herab sich mit der Lanze gegen die an⸗ dringende Bestie vertheidigt, während zu beiden Seiten sich je eine kleinere, aus dem kompositionellen Zusammenhang heraus⸗ fallende Gruppe ablöst. Auch hiervon abgesehen würde sich der Künstler trotz der richtigen Beobachtung der Thiercharaktere, die sich auch hier offenbart, doch in der Wahl des Stoffes vergriffen haben, wenn er eine lebensgroße Ausführung seiner Arbeit beabsichtigte.

Eine Ausstellung kunstindustrieller Arbeiten, die in dem mit Aquarellen von Wilberg, mit trefflichen Thierstudien von Leutem ann und mit phantasievollen Zeichnungen zu deutschen Volksliedern von Roehling geschmückten Eintrittsraum des Salons ihren Platz fand, führte dem Publikum eine stattliche Kollektion venetianischer Bronzen aus der Werkstatt von Mi⸗ chieli vor, die, aus den mannigfachsten Gebrauchsgegenständen, aus Leuchtern, Schüsseln, Schaalen, Schreibzeugen, Thürklopfern und zahlreichen anderen Stücken zusammengesetzt, der größeren n hr nach meisterhafte Copien der phantasievollen Er⸗ zeugnisse der Renaissanceperiode umfaßte und sich eines so lebhaften Beifalls der Besucher erfreute, daß viel leicht eine Wiederholung in noch größerem Maßstabe erwartet werden darf. Sie würde den auf die Hebung der modernen deutschen Kunstindustrie abzielenden Bestrebungen auch ihrerseits eine schätzenswerthe Unterstützung gewähren, wenn⸗ gleich eine bedingungslose Nachahmung sämmtlicher dargebotenen, einer wesentlich anderen als der modernen Anspannungs⸗ und

Lebensweise entsprungenen Muster sich von selber verbieten ]

müßte.

noch nachträglich bemerkt, daß in ihr auch Fritz Werner, der

Zu der Besprechung der Thiemeschen Galerie sei schließlich (

bewährte Berliner Kabinetsmaler, mit zwei bereits bekannten

Stücken vertreten ist, mit der Figur eines Malers der Rococco⸗

periode und mit dem auf der letzten akademischen Kunstauß⸗ stellung nach Verdienst gewürdigten, vor der Front der Grena⸗

diere stehenden Fahnenjunker aus der Zeit Friedrichs II.

Im Verfolg der mittelst Erlasses des Ministers der geistlichen 2c. Angelegenheiten vom 30. Juni d. J. ausgesprochenen Absicht der Staatsregierung, eine das ganze Staatsgebiet umfassende Inventarxi⸗ sation und Aufnahme der Baudenkmäler, im thunlichsten Anschlusse an die in einzelnen Landestheilen bereits vorhandenen, ähnliche Zwecke verfolgenden Arbeiten ins Werk zu setzen, hat nunmehr das Ober , ,. der Provinz Brandenburg sich an den Berliner Architek⸗

en⸗-Verein mit dem Ersuchen gewandt, über ein spezielles Pro⸗

gramm für die Inventarisirung der Baudenkmäler in der Provinz Brandenburg in Berathung treten und mit den Ergebnissen dieser Berathungen ihm zugleich eine ungefähre Angabe der Kosten mittheilen zu wollen, welche voraussichtlich für die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen auf. zuwenden sein dürften. Letztere werden dahin daß es sich neben einer genauen und vollständigen Aufzeich⸗ nung der vorhandenen Denkmäler, welcher chronologische und kunst⸗ geschichtliche Erläutsrungen beizugeben wären, vornehmlich um zweierlei bandele, um die Fortsetzung und Vervollständigung der bereits vor⸗ liegenden architektonischen Aufnahmen, und um die Anfertigung einer umfassenden Sammlung photographischer Darstellungen von allen architektonisch und kunstgeschichtlich bedeutenden Bauwerken ꝛc. der Vorzeit. Eine angemessen hillige Vervielfältigung der photographischen Darstellungen, etwa auf photographischem Wege, würde wesentlich dazu beitragen, in den Kreisen des Publikums das Verständniß und Jnteresse für die vaterländischen Baudenkmäler zu fördern und zu wecken. Der Verein hat sich bereit gefunden, dieser Aufforderung zu entsprechen.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten ⸗Versamm⸗ lung wurde ein Schreiben des Magistrats mitgetheilt, nach welchem seine Vorarbeiten in der Dezentralisationsangelegenheit nun⸗ mehr beendet sind, und ersucht er die Versammlung, ihrerseits die Mitglieder zu der in Aussicht genommenen gemischten Deputation zu ernennen. Die Versammlung beschloß ihrerseits 15 Mitglieder in die Deputation zu entsenden und die Wahl derselben vor Beginn der nächsten Sitzung durch die Abtheilungen vornehmen zu lassen.

Aus Weimar, 2. Dezember meldet die W. Ztg.“: Heute Vormittag 11“ Uhr fand die feierliche Weihe der Gedaäͤcht⸗ nißtafel, welche die Namen der im Kampf gegen Frankreich gebliebenen Offiziere und Soldaten des 5. Thüringi⸗ schen Infanterie Regiments Nr. 94 (Großherzog von Dachsen) trägt, in der Stadtkirche, in demselben Gottes hause statt, in dem am 27. Juli 1870 eine andächtige Menge heiße Gebete für die theuern Häupter, die dem Rufe des Vaterlandes zur Vertheidigung seiner Ehre und seiner Sicherheit mit begeisterter Hin⸗ gebung gefolgt waren, zum Himmel gesendet hatte Vor dem Altar der Kirche war inmitten eines reichen grünen Laub- schmucks die mit Trauerschleifen gezierte Tafel aufge⸗ stelltn, welche folgende Inschrift trägt: „Es starben den Heldentod im Kriege gegen Frankreich 1879/71 Offiziere und Mann schaften des 5. Thüringischen Infanterie Regiments Nr. 94 (Groß— herzog von Sachsen) (folgen 81! Namen) Die Gefallenen ehrt dank⸗ bar Fürst und Vaterland. Vor der Tafel, zu deren Seiten die Altarkerzen standen, lag ein prächtiger Lorbeerkranz mit schwarz⸗ weiß rothen Schleifen. Gegen 11 Uhr füllte sich die Kirche. Die Mannschaften des 1. Bataillons des Regimentz versam⸗ melten sich im Schiff der Kirche, während das aus den drei Garnisonen fast vollständig versammelte Offiziercorps vor dem Altar Stellung nahm. Hierselbst befanden sich auch der Staats⸗Minister Dr. Then, Geheimrath Dr, Stichling, Geheimer Staatsrath Dr. von Groß, sowie die Geistlichkeit im Ornat. . der einen Seite der Tafel nahm der Fahgenträger des 1. Bataillons, so⸗ wie die durch Deputationen der in Eisenach und Jena garnisoniren⸗ den Bataillone hergeleiteten Fahnenträger des 2. und des Füsilier—⸗ Bataillons mit den Fahnen Aufstellung, vor ihnen zwei Offiziere mit gezogenem Degen. Auf der anderen Seite der Tafel stand der Fahnen⸗ traͤger des weimarischen Kriegervereins mit der Fahne, während der Verein selbst Siellung im Schiffe der Kirche genommen hatte. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin mit der Erbgroßherzogin und den Prinzessinnen Töchtern hatte in Trguerkleidern in der Herr— schaftlichen Loge Platz genommen. Bald nach 11 Uhr erschien unter dem Vortritt der General⸗Adjutanten Grafen Beust, Oberst Marschall von Sulicki und der Geistlichkeit der Kirche Se. Königliche Hoheit der Großherzog mit dem Erbgroßherzog, in großer Generalsuniform, und nahm vor dem Altar, der Tafel gegenüber, Platz. Nachem einige Verse des Chorals „Jesus meine Zuversicht‘ gesungen und der Kirchenchor das „lux aeterna luceat eis“ vorgetragen, hielt Hr. Gar⸗ nisonprediger Dr. Schweizer eine die ernste und hohe Bedeutung des Aktes nachdrücklich hervorhebende Weiherede. Ein Chorgesang schloß die Feierlichkeit.

Theater.

Im Königlichen Opernhause wird Frl. Minnie Hauck im Laufe der Saison auch als Elsa“ in Wagners „Lohengrin auf treten Am Königlichen Schauspielhause ist Frl. Abich vom Stadtthegter in Frankfurt 4. M. vorgestern, vorbehaltlich eines günstigen Ausfalles ihres demnächstigen Gastspiels für naive Rollen engagirt worden. ö

Der Großherzogliche Hofschauspieler Hr. Adolph Bethge y zu Schwerin feierte am 2. d. M. sein 25 jähriges

ubilãum.

Der Zudrang zu der diesjährigen Weihnachts -Ausstel⸗ lung im Kroll'schen gin nifffün gen ist scon in den ersten Tagen bedeutender gewesen, als in den Vorjahren. Die . , mn fehl und Träume“, welche durch rascheres Tempo um fast eine halbe Stunde kürzer spielt, gefällt von Tag zu Tag mehr und verschafft den Darstellern der Hauptrollen vielfache Hervorrufe.

- Redacteur: F. Preym. Kerl in: Verlag der Expedition (Kesseh.

Drei Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage).

präzisirt,

].

Druck W. El ner.

zum Deutschen Reichs⸗Anz

Königreich Preußen. Privilegium wegen Ausgabe auf den Inhaber lautender Obliga— tionen der Stadt Elbing zum Betrage von 400, 000 (S

Vom 17. September 1875.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 26

Nachdem der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Elbing darauf angetragen haben, zur Ausführung mehrerer nothwendiger Bauten und anderer gemeinnütziger Anlagen und Einrichtun ˖ gen eine Anleihe im Betrage von 400 000 6 aufnehmen, und zu diesem Bebufe auf jeden Inhaber lautende, mit Zingcoupont und Talons versehene, Seitens der Gläubiger unkündbare Stadtobligationen aug

eben zu dürfen, so ertheilen Wir in Gemäßheit des 5§. 2 des esetzez vom 17. Juni 1833 wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlunggperbindlichkeit gegen jeden Inhaber ent- halten, durch gegenwaͤrtiges Privilegium Unsere landesherrliche Ge—⸗ nehmigung zur Ausstellung von auf den Inhaber lautenden Elbinger Stadtobligationen zum Betrage von 400,000 , welche nach dem anliegenden Schema auszustellen, in folgenden Apoints 80 Stück à 2000 A 1 . 16 auszugeben, mit 45 * jährlich zu verzinsen, von Seiten der Gläubi— ger unkündbar sind und nach dem festgestellten Tilgungsplane durch Ausloosung mit wenigstens jährlich Cinem Prozent des Kapital⸗ betrages, unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuldver schreibungen, von demjenigen Jahre ab amortisirt werden sollen, welches auf die Ausgabe der Obligationen folgt, so daß die Anleihe in längstens 389 Jahren abgezahlt sein wird.

Vorstehendes Privilegium, welches Wir vorbehaltlich der Rechte Dritter ertheilen und durch welches für die Befriedigung der In- haber der Obligationen in keinerlei Weise eine Gewährleistung Sei⸗ tens des Staats übernommen wird, ist in Gemäßheit der Bestim⸗ mungen des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Sammlung Jeite 357) zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Liegnitz, den 17. September 1876. 6. 8) Wilhelm.

Zugleich sür den Minister des Innern:

Camphausen. Achenbach.

. Regierungsbezirk Danzig. (Stadtwappen. Obligation der Stadt .

Littr. . K über MS Reichswährung.

Auf Grund des Allerhöchsten Privilegiums vom... (Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Danzig, Stüchk⸗ .... Seite zur Aufnahme einer Anleihe von 400 000 M Reichs⸗ währung ermächtigt, bekennt sich der unterzeichnete Magistrat Namens der Stadt Elbing durch diese, für jeden Inhaber gültige, Seitens des Gläubigers unkündbare Verschreibung zu einer Darlehnsschuld von = 46 Reichswährung, welcher Betrag als ein Theil der obigen Anleihe an die Stadt gezahlt worden und mit vier und ein halb Prozent jährlich zu verzinsen ist.

Die Rückzahlung der ganzen Schuld von 400,000 M Reichs⸗ währung geschieht vom 1. Januar 1877 ab allmählich in Gemäßheit des festgestellten Tilgungsplanes aus einem zu diesem Behufe gebil- deten Tilgungs fonds mit wenigstens jährlich Einem Prozent der An— leihe, unter Zuwachs der ersparten Zinsen von den getilgten Schuld⸗ verschreibungen.

Die Folgeordnung der Einlösung der Schuldverschreibungen wird durch das Loos bestimmt. Die Ausloosung erfolgt im Monate Juni jedes der Einlösung vorhergehenden Jahres und beginnt im Juni 1876, die Stadtgemeinde behält sich jedoch das Recht vor, den Til⸗ gungsfonds zu verstärken, sowie sämmtliche umlaufende Schuldver⸗ schreibungen zu kündigen.

Die ausgeloosten beziehungsweise die gekündigten Schuldverschrei⸗ bungen werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie des Termineg, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffentlich bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt sechs, drei und einen Monat vor den Zahlungsterminen, also in den Mona⸗ ten Juli, Oktober und Dezember im „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staat - Anzeiger“, im „Amtsblatte⸗ der Königlichen Regierung zu Danzig, im „Elbinger Kreisblatt“, in der „Berliner Börsen-Zeitung“, in der „Eibmger Zeitung“ und in der Elbinger Altpreußischen Zeitung“.

Sollte eines dieser Blätter eingehen, so wird vom Magistrat mit Genehmigung der Königlichen Regierung ein anderes substituirt. Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in halbjahrlichen Terminen, am 2. Januar und 1. Juli, von heute an gerechnet, mit vier und ein halb Prozent jährlich in Reichswährung verzinset. Mit dem Fälligkeitstermine hört die Verzinsung der aus— deloosten und gekündigten Obligationen auf.

Die Auszahlung der Zinfen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der ausgegebenen Zinscoupons, beziehungsweise dieser Schuldverschreibung bei der Kämmereikasse zu Elbing oder an andern bekannt zu machenden Orten, in der nach dem Eintritte des Fällig⸗ keitztermins folgenden Jeit.

Mit der zur Empfangnahme des Kapitals präsentirten Schuld⸗ verschreibung sind auch die dazu gehörigen Zinscoupons der späteren Fälligkeitetermine zurüczureichen. Für die fehlenden Zingcoupons wird der Beirag vom Kapitale abgezogen. .

Die gekündigten Kapitalsbeträge, welche innerhalb dreißig Jahren nach dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die inner halb vier Jahren nach Ablauf des Kalender sahres, in welchem sie fällig geworden nicht abgehobenen Zinsen, verjähren zu Gunsten der Stadtgemeinde.

Das Aufgebot und die Amortisation verlorener und vernichteter Schul pverschreibungen erfolgt nach Vorschrift der Allgemeinen Ge—⸗ öichtsordnung Theil J. Titel 51 §§. 120 sequ. bei dem Königlichen

reisgerichte in Elbing. Zinscoupons können weder aufgeboten, noch amortisirt werden. Doch soll Demjenigen, welcher den PVerlust von intcoupons vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bei uns anmeldet und den stattgehabten Besitz der Coupons in glaubhafter Weise darthut, nach Ablauf der Versährungefrifl der Betrag der an—= meldeten und bis dahin nicht vorgekommenen Zinscoupons gegen uittung ausgezahlt werden. ö Mit dieser Schuldverschreibung sind halbjährige Zinscoupons bis alt. Dezember des Jahres 1885 ausgegeben, für die weitere Zeit wer= en Zinscoupons auf zehnjährige Perioden ausgegeben werden. Die Aueggbe jeder neuen Zingcoupons -Serie erfolgt bei der Kämmereikasse J Elbing gegen Ablieferung des der älteren Serie beigedruckten Ta—⸗ ons. Beim Verlust des Talons erfolgt die Aushändigung der neuen Hinscoupona, Serie an den Inhaber der Schuldverschreibung, sofern deren Vorzeigung rechtzeitig geschehen ist. . Zur Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haf⸗

Provinz Preußen.

Erste Beilage

Berlin, Freitag den 3. Dezember

tet die Stadtgemeinde Elbing mit ihrem gegenwärtigen und zukünf⸗ tigen Vermögen, Einkommen und ihrer gesammten Stenerkraft. Elbing, den.. 6 ( Stadtsiegel Der Magistrat. . (Eigenhändige Unterschrift des Magistrats, Dirigenten und eines anderen Magistrats⸗Mitgliedes, unter Beifügung der Amtatitel) Hierzu sind Zins coupons Kontrolbuch Seite..

bis .. nebst Talon ausgereicht. Kontrolbeamter.

Provinz Preußen. Regierungsbezirk Danzig. (Stadtwappen. ) ö Zinzcoupons Nr. .. über R Mark Pfennige Reichswährung zur . Obligation der Stadt Elbing. . . über Mark Reichs⸗ währung. ö Der Inhaber dieses Zinschupons empfängt gegen dessen 3 Rückgabe am... ten! . die vier und ein halb prozentigen Zinsen der vorbenannten Stadtobligation für das Halbjahr vom. ten bis zum mmit (in Buchstabenn Reichswährung aus der Kämmerei⸗ 1 1

Litt.

3 . . ten . 9 pft 2

ö ennige

kasse in Elbing. Elbing, den

abgeschnitten ist

J (Trockenes Stadtsiegel.) Der Magistrat. (Unterschrift des Magistrats-Dirigenten und eines andern Magistratsmitgliedes, unter Beifügung der Amtstitel.) Kontrolbeamter. . Dieser Zinscoupon verjährt nach dem Gesetze vom 31. März 16 bn, .

Ungültig, wenn die Vorderseite durchkreuzt, oder wenn eine Ecke

Regierungsbezirk Danzig. Talon

zur Obligation der Stadt Elbing. ö üb

Provinz Preußen.

Litt. über Mark Reichz⸗ währung. . . Der Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Rückzabe die ö te Serie Zinscoupons für die Jahre vom 1. Ja- nuagr!.. . bis ult. Dezember! bei der Kämmerei kasse hierselbst, sofern von dem Inhaber der Obligation gegen diese Ausreichung nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben worden ist. Elbing, den J (Trockenes Stadtsiegel.) Der Magistrat. . (Unterschrift des Magistrats⸗ Dirigenten und eines andern Ma⸗ gistratsmitgliedes unter Beifügung der Amtstitel.) Kontrelbeamter. en,, zu den Schemas für die Zinscoupons und die Talons.

Die Namensunterschriften des Magistrats⸗Dirigenten und des zweiten Magistratzmitgliedes können mit Lettern oder Fac—⸗ similestempeln gedruckt werden; doch muß jeder Zinscoupon und Talon mit der eigenhändigen Namensunterschrift eines Kontrol⸗ beamten versehen werden.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 3. Dezember. In der gestrigen Sitzung des Deut schen Reichstages antwortete der Präsident des Reichs⸗ kanzler⸗ Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, auf die Inter- pellation des Abg. Wiggers, die Herstellung von Wasser⸗ straßen betreffend: 6

Meine Herren! Ich kann mich der Ratur der Sache nach nur an den Wortlaut der Interpellation halten, wie ste gestellt ist, und dieser Wortlaut geht dahin, Auskunft zu erhalten über dasjenige, was die Reichsregierung zu thun gedenkt, um die in der Interpella⸗ tion bezeichneten Verfassungsbestimmungen praktisch wirksam zu machen. In der Interpellation selbst sind eine Anzahl von einzelnen Maßregeln, welche der Herr Interpellant bei Begründung derselben namhaft gemacht hat, nicht bezeichnet, und Sie werden deshalb von mir nicht erwarten, daß ich auf diese einzelnen Maßregeln, über welche ich nur eine der Natur der Sache . sehr werthlose persön⸗ liche Meinung aussprechen könnte, näher eingehe.

Der Herr Interpellant hat seinen Vortrag damit begonnen, daß die von ihm bezeichneten Bestimmungen der Reichéverfassung bisher ein todter Buchstabe geblieben seien. Dieser Behauptung muß ich widersprechen. Es ist zunächst und man mag das für eine Klei⸗ nigkeit halten, sie ist indessen von den Betheiligten nicht als eine Kleinigkeit empfunden worden, durch Reichsgesetz das Verhältniß der Flößereiabgaben geregelt. Es ist ferner auf Antrag von Elb - Handelsplätzen, welche sich über den Zustand der Elbe, namentlich auf der preußischen und anhaltischen Elbestrecke, beschwerten, eine Reichs kommission zur Untersuchung dieser Stromstrecke entsendet worden. Diese Untersuchung hat statigefunden und hat zu Ergebnissen geführt, welche sich allerdings augenblicklich in der Beschaffenheit des Stroms noch nicht merkbar machen, weil bekanntlich dergleichen Wasserbauten nicht nur sehr lange Vorbereitungen zu ihrer richtigen Ausführung, londern auch längere Zeit erfordern, bevor ste ihre guten Folgen für die Schiffahrt wirksam machen. Egs ist ferner auf Amuf einer Bundesregierung eine Reichskommission beauftragt worden mit der Untersuchung des Fahrwassers der Weser unterhalb Vegesack. Auch diese Kommission ist zusammengetreten, hat ihren Bericht erstattet, und es wird nach Vornahme der auch hier noch erforderlich gewordenen technischen Ermittelungen die Sache im Bun- desrathe weiter behandelt werden. .

Dies sind die wesentlichen Schritte, die bisher auf Grund der be⸗ zeichneten ir , n, n geschehen sind. Der Herr Interpellant verlangt mehr. Ich weiß nicht, und er hat es selbst wenigstens als eine offene Frage behandelt, ob er davon ausgeht, daß durch die von ihm be—⸗ feier get! Verfassungsbestimmung dem Reich die Aufgabe geworden ei, in Deutschland ein Kanalnetz herzustellen. In dDieser Ausdehnung haben die verbündeten Regierungen die bezeichnete , mung bisher nicht verstanden, und ich glaube, die Beispiele selbst, welche der Herr Interpellant angeführt hat, sprechen entschieden da—⸗ für, daß es sehr bedenklich wäre, dem Reich die Aufgabe zur Her stellung eines Kanalnetzes zu vindiziren. Er hat in erster Linie von der großen und, wie ich für meinen Theil sehr gern anerkenne, überaus wichtigen Kanalverbindung gesprochen zwischen Elbe und Rhein. Dies ist eine Kgnalverbindung, die lediglich das preußische Gebiet berührt. Es sind ferner zwei andere Kanalprofekte näher erörtert worden im Laufe der letzten Jahre, von denen das eine lediglich Preußen und Mecklenburg, daß andere Preußen und Sachsen betrifft. Meine Herren, i laube, es genügt die Hinweisung auf diese faktischen Verhältnisse, um die schweren Bedenken an

eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1825.

schaulich zu machen, welche der Ausführung eines plan— mäßigen Kanalnetzeß auf Kosten des Reichs entgegenftehen. Das schließt nun allerdings keineswegs aus, daß das Reich den Interessen der Kanalschiffahrt, welche im Bundesrath ihre volle Würdigung finden, sein Interesse zuwende. Es hat dazu zu zwei verschiedenen Zeiten durch den von dem Herrn Interpellanten be⸗ . Verein zur Forderung der Kanalschiffahrt Veranlassung er⸗ alten.

Es wurde zuerst der Wunsch ausgesprochen von diesem Verein, daß einleitende Schritte für Durchführung eines einheitlichen Netzes leistungsfähiger Wasserstraßen im Deutschen Reiche veranlaßt werden möchten. Der Bundegrath hat nicht geglaubt, auf den Antrag in dieser Allgemeinheit eingehen fu können, eben aus dem von mir vorhin be— zeichneten Grunde, weil er nicht von der Unterstellung ausgeht, daß es Sache des Reichs sei, ein deutsches Kanalnetz zu bauen, und wenn das nicht der Fall ist, es für seinen Beruf halten kann, ein Kanalnetz zu entwerfen und dessen Ausführung den Einzelstaaten lediglich nach . . oder nach dem Befinden ihrer Landesvertretungen zu überlassen.

Der Verein hat sodann später, im Jahre 1874, einen Antrag gestellt, dahin gehend:

Im Sinne des Artikels 4, Ziffer 8 und 9 der Reichsver⸗ fassung baldthunlichst maßgebende Minimaldimenflonen für den Ausbau derjenigen Wasserstraßen im Gebiete des Deutschen Reichs festsetzen zu wollen, deren Herstellung im Interesse des allgemeinen Verkehrs oder der Landesvertheidigung liegt, oder welche mehreren Staaten gemeinsam angehören,

Bei diesem Antrage handelte es sich um eine ganz konkrete und, wie von allen Seiten anerkannt wurde, überaus wichtige und be⸗ deutungsvolle Frage. Der Bundesrath hat sich mit eingehenden Er— wägungen dieser Frage beschäftigt; er konnte indessen in dem Material, was ihm vorlag und von dem Verein beigebracht worden war, noch keineswegs die genügenden Grundlagen finden, um zu einer Ver— ständigung über diese n nen in seinem Schooße zu ge⸗ langen. Ein Theil des Materials, dessen er zur endgültigen Prüfung dieser Frage bedurfte, wird beschafft durch die Aufnahmen, die in folge eines Beschlusses des Bundesraths schon aus dem Jahre 1871 durch das statistische Amt zusammengestellt werden in Beziehung auf die Länge, Anfangs⸗ und Endpunkte der Kanäle, die Beschaffenheit der Fahrzeuge u. s. w. Dies konnte für die Erledigung der Frage nicht genügen. Es wurde deshalb vom Bundesrath im vorigen Jahre beschlossen, die Regierungen zu ersuchen, über nachstehende Fragen sich zu äußern es wird Ihnen von Interesse sein, wenn ich sie voll⸗ ständig mittheile —:

I. Bezeichnung der bei den vorhandenen Kanälen in Betracht kommenden besonderen Verhältnisse, namentlich der Boden⸗ und Terrainverhältnisse.

Zeit der Herstellung der Kanäle, bezw. der Erweiterung der⸗ selben und der zugehörigen Bauwerke,

Kosten der ersten e en n und der Erweiterung derselben,

Unterhaltungs- und Betriebskosten nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

Höhe der Kanalabgabe und Umfang des gegenwärtig auf dem Kanal sich bewegenden Verkehrs,

Gesammteinnahme jedes Kanals in den letzten fünf Jahren.

II. Bezeichnung der 1 Strom⸗ und Flußstrecken und deren Längenangabe, welche bei der Annahme der oben angegebenen, für die großen Kanäle empfohlenen Dimensionen

diese Dimensionen sind diejenigen, die vom Vereine empfohlen waren

von der direkten Benutzung für den durchgehenden Schiffsverkehr

ausgeschlossen werden, indessen nach wie vor für kleinere Fahrzeuge

zugänglich bleiben würden.

Bezeichnung der schiffbaren Flußstrecken und deren Längenan⸗ gabe, welche bei der Verwendung von Schiffen mit einer Tragfähig⸗ keit von nur 3⸗ bis 4000 Centnern und mit einem dieser Trag⸗ fähigkeit entsprechenden geringeren, als dem von der Technikerver⸗ sammlung angenommenen Tiefgange von der direkten Benutzung für den durchgehenden Schiffahrtsbetrieb ausgeschlossen werden, indessen nach wie vor für kleinere Fahrzeuge zugänglich bleiben werden.

Zulässigkeit einer Regulirung der nach diesen beiden Voraus⸗ setzungen ausgeschlossenen Strom und Flußstrecken und die unge⸗ fähren Kosten derselben.

III. Empfiehlt sich für den durchgehenden Verkehr die Fest⸗ stellung völlig einheitlicher Kanaldimensionen: welche Dimenstonen erscheinen als die zweckmäßigsten, welche Schiffsgrößen sind den Bedürfnissen des Handels und der Schiffahrt am meisten ent— sprechend, welche eignen sich am besten für den Kanalverkehr?

Empfiehlt sich daneben die Feststellung von Kanaldimenstonen, wie solche durch die lokalen Verhältnisse und durch die, nach durch⸗ geführter Regulirung, erreichbare Fahrbarkeit der für Nebenkanäle maßgebenden Flußstrecken bedingt sind, so daß sich abgestufte Minimaldimenstonen ergeben?

Wie würde sich se nach Annahme der Hauptdimenstonen die Breite der Kanäle, Schleusen und Brücken stellen?

Wie hoch würden sich die Anlage⸗ (Bau) Kosten nach über⸗ schlägiger Berechnung pro Meile belaufen?

Wie hoch darf die Menge des Frachtguts, welches auf den ver⸗ schiedenen projektirten Linien den Kanal jährlich passiren kann, nach üherschlägiger Schätzung angenommen werden, und wie hoch würde sich voraussichtlich die Höhe der Abgabe und der Rentabilität des Kanals stellen?

Auf diese Fragen ist von der überwiegenden Mehrzahl der Bun⸗ desregierungen bereits geantwortet worden. Es stehen nur noch we⸗ nige Antworten zurück, und nachdem das gesammte Material vorliegt, wird der Bundesrath in der Lage sein, in der Sache weiter vorzu⸗ gehen und bezügliche Beschlüsse zu fassen. Bei dieser Lage der Sache ist es auch zur Zeit unterblieben, dem Vereine eine eingehende Ant—⸗ wort zu ertheilen, da diese fich doch nur darguf hätte heschränken müssen, daß der Bundegrath sich mit der Sache beschäftige und weitere Ermittelungen angeordnet habe.

Ich habe schon vorhin bemerkt, 261 ich nicht in der Lage bin, auf die einzelnen Maßregeln, die der Herr Interpellant angedeutet hat, als zur Ausführung der Verfassunggbestimmungen erforderlich, hier räher einzugehen. Es gilt dies insbesondere von der Frage der Errichtung einer besonderen Behörde für diese Zwecke, oder worauf er mehr zu deuten schien: auf Uebertragung der Reichsaufsicht in dieser Beziehung an das Reichs, Eisenbahnamt. Ich glaube, Durch das, was ich mitzutheilen die Ehre gehabt habe, die in der Inter- pellation gestellten Fragen thatsächlich beantwortet zu haben.

In der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Postgesetzes, nahm der General⸗Post⸗ direktor Dr. Stephan in der Diskussion über Art. 2 nach dem Abg. v. Benda das Wort:

Fürchten Sie nicht, meine Herren, daß ich die Diskusfion etwa zu verlängern die Absicht hätte. Ich habe nur ums Wort gebeten, um kurz die Erklärung abzugeben, welche der geehrte Or. Abg. von Benda erwartet, Es entspricht durchaus nicht den Absichten der Postver⸗ waltung, daß eine Zertheilung der größeren Packete in kleinere stattfinde.

Wie wenig daz diesen Absichken entspricht, hat die Postverwal⸗ tung am besten dadurch bewiesen, daß ste gewisse Bestimmungen er⸗ lassen hat, die eine Schranke gegen die Zertheilung der Packete zu bilden geeignet sind. Sie hat bereits vor einem Jahre bei Anlaß