1875 / 286 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Dec 1875 18:00:01 GMT) scan diff

gung, b. die Erhöhung des Dispositionsfonds zu den Kosten

für die Ausstellung in Philadelphia, c. die Staatsangehörigkeit

der im Reichsdienste angestellten Ausländer. = Endlich wurden mehrere Eingaben vorgelegt.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, sowie die ver⸗ einigten Aus schüsse desselben für das Landheer und die Festun⸗ gen und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstages legte der Abg. Dr. Lasker nach einer eingehenden Kritik der Strafgesetz⸗Novelle die Gründe dar, weshalb die sogenannten politischen Paragraphen derselben unannehmbar seien; in Betreff der übrigen Paragraphen der Novelle beantragte er in Gemeinschaft mit dem Abg. Dr. Hänel:

„Der Reichtag welle beschließen: 1) aus dem Art. 1 die 55. 64 (Zurücknahme des Antrags), 176, 177, 178 (Unzucht), 191 (Bileidi⸗ gung), 223, 228, 232 (Körperverletzung), 249, 241 (Drohung), 247 Diebstahl), 263 (Betrug), 292 (Unbefugtes Jagen), 296 (Verbotenes Fischen) und aus dem Art. 2 den 5§. 49a. (Verleitung zum Ver⸗ brechen) einer Kommission zur Vorberathung zu überweisen; 2) über die . Vorschläge des Entwurfs in die zweite Berathung ein⸗ zutreten. . Der Reichskanzler Fürst von Bismarck entgegnete ausführlich (S. unter Reichstags⸗Angelegenheiten).

Nachdem noch die Abgg. von Schwarze und Dr. Hänel für den Antrag Lasker⸗Hänel gesprochen hatten, wurde derselbe fast einstimmig angenommen, und damit die erste Berathung ge⸗ schlossen. Schluß der Sitzung 47 Uhr.

In der heutigen 20) Sitzung des Deutschen Reichstages, welcher am Tische des Bundesraths der Ge⸗ neral⸗Postdirektor Dr. Stephan mit einigen Kommissarien beiwohnte, theilte der Präsident das erfolgte Ableben des Abg. Bluhme (Stadt⸗ und Landkreis Trier) mit; darauf wurde die zweite Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des §. 4 über das Postwesen des Deutschen Reiches vom 28. Ok⸗ tober 1871 auf Grund des Berichtes der VII. Kommission mit der Diskussion über Art. 8 fortgesetzt. Beim Schlusse des Be⸗ richts dauerte die Berathung über Art. 8 fort, und werden wir das Weitere in der nächsten Nummer berichten.

In den deutschen Münzstätten sid bis zum 27. November 1875 geprägt: an Goldmünzen: 952, 858, 460 60 Doppelkronen, 287, 220,930 M6 Kronen; hiervon auf Privat⸗ rechnung: 62, 004,430 SW; an Silbermünzen: 23 496, 705 M 5⸗Markstücke, 101,935,287 S 1⸗Markstücke, 6, 649, 738 S6 50 3 50⸗ Pfennigstücke, 19 566,939 6 40 3 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 11,425,576 S 30 3 10⸗Pfennigstücke, 6 O83 076 S6 65 8 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 4 478,826 S 2 8 2⸗Pfennigstücke; 2,384 039 SJ 65 3 1⸗Pfennigstüuücke. Gesammtausprãgung: an Goldmünzen: 1,240,079, 3900 S; an Silbermünzen: 151,647,769 66 90 8; an Nickelmünzen: 17,508, 6657 S6 95 J; an Kupfermünzen: 6, 862,865 MW 67 8.

Bis Ende Oktober 1875 sind für Rechnung des Deutschen Reichs an Landes⸗Silber⸗ und Kupfermünzen zur Ein⸗ ziehung gelangt: A. Landes⸗Silbermünzen. 1) Thalerwährung 176,617,114 6 93 5, 2) Süd deutsche Guldenwährung

133,593, 753 S6 14 53, 3) Kronenthaler 7,973,748 S 92 8, 4) Konventionsmünzen des Zwanzigguldenfußes 1,909,810 6 88 8, 5) Silbermünzen Kurfürstlich oder Königlich sächsischen Gepräges 53 456 S6 62 J, 6) Silbermünzen schleswig⸗holstei⸗ nischen Gepräges 1,617,855 S 49 83, 7 ,,,

noverschen Gepräges 1613 S6 45 5, 8) Mecktenburgische Wäh⸗ rung 174,696 Je 30 83, 9) Hamburgische Kurantwährung 1,337,812 S 50 5, 10) Lübische Währung 592, 438 M4 20 8. B. Landes⸗Kupfermünzen. I) Thalerwährung 809, 128 4 23 3, 2) Süddeutsche Guldenwährung 281,214 S6 39 83, 3) Meck⸗ lenburgische Währung 30 810 ½½, Summe 324,993, 453 M 5 8.

Vom 16. bis 23. November 1875 hat die Preußische Bank an Gold angekauft: für 2,624,326 M in Münzen, für 635,374 M6 in Barren; vorher seit dem 18. September für 36,590 304 S in Münzen, für 17,009,476 S9 in Barren. e, . für 39,214,630 6 in Münzen, für 17,644,850 (0 in Barren.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung der außer⸗ ordentlichen Generalsynode stellte der Synodale Dr. Kögel den Antrag, den §. 6 einer besonders zu wählenden Kommission zu überweisen, während der Synodale von Rauch⸗ haupt den Paragraphen im Plenum behandelt wissen wollte.

An der Debatte betheiligten sich die Synodalen Hegel (Berlin), v. Diest (Daber), Fabri (Barmen), v. Kleist⸗Retzow, Dr. Schultze (Elbing) und Präsident Dr. Herrmann.

Bei der erfolgenden Abftimmung entschied sich die Ver⸗ sammlung für den Antrag Rauchhaupt.

Der Synodale v. Diest⸗Daber glaubte aber der nun begin⸗ nenden Diskussion gegenüber konstatiren zu müssen, daß bei einer sehr großen Anzahl Synodalen der Glaube geherrscht habe, der Antrag werde in die Kommission verwiesen werden, und daß dieselben deshalb nicht genügend zur Debatte vorbereitet seien. Er stelle daher den Antrag auf Vertagung.

Der Antrag erlangte bei der Abstimmung die Majorität, worauf der Praͤsident die Sitzung um 2 Uhr schloß.

Die heutige (9.) Sitzung der außerordentlichen Ge⸗ neralsynode wurde um 127 Uhr von dem Pröäsidenten Grafen 3 Stolberg⸗Wernigerode mit geschäftlichen Mittheilungen er⸗ ff net.

Auf der Tagesordnung stand die Spezialdiskussion über die Regierungsvgrlage von §. 6 ab.

Zu 5. 6, dessen Wortlaut bereits mitgetheilt ist, sind fol⸗ gende Amendements eingegangen:

1) Antrag Hegel:

Den 5. 6 dahin abzuändern;

J Folgende Gegenstände unterliegen der landeskirchlichen Gesetz⸗ gebung:

15 Alle Aenderungen der bestehenden landeskirchlichen Gesetz⸗ gebung, welche entweder die bezüglichen Vorschriften des Titels 11 Theil II. des Allgemeinen Landrechts und ihre späteren Ergän—⸗ zungen und Abänderungen, ferner die durch die Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. September 1873 und die gegen wärtige Ordnung eingeführte Kirchenverfassung, sowie die Or⸗ gan isation, Kompetenz und Disziplin der kirchlichen Behörden, insbesondere des evangelischen Oberkürchenraths, der Konsistorien, der General · Superintendenten und der Superintendenten betreffen. In⸗ seweit solche Aenderungen noch ferner der Landesgesetzgebung des Staates vorbehalten bleiben, hat der evangelische Oberkirchenrath die Erklärung der Generalsynode und, wenn dies nicht thunlich ist, die des Synodalrgths (5. 34) darüber zu erfordern und dieselbe zur Richtschnur seiner Mitwirkung zu nehmen.

2) Die zu allgemeinem landeskirchlichem Gebrauche bestimmten Katechismuterklärungen, Religions lehrbücher, Gesangbücher und agen

darischen Ordnungen, di Einführung solcher kircklichen Bücher und Ordnungen, namentlich hinsichtlich der ordinatorischen Verpflichtung der Geistlichen kann abß in den einzelnen Provinzialkirchen nur mit Zustimmung der betreffeden Prorinzialsynode erfolgen. Durch vor⸗ Übergehende Verhältnisscbedingte und daher nur zeitweise liturgische Anordnungen werden mi Ermaͤchtigung des Königs vom Evangelischen Ober · Kirchenrathe getro en. ge ö. Die Einführun oder Abschaffung allgemeiner kirchlicher eiertage. .

c Die kirchliche Geordnung und die Kirchenzucht wegen Ver- letzung allgemeiner kirchlizer Pflichten der Kirchenglieder / sowie die Diszi-· plinargewalt über Geistsche und andere Kirchenbeamte.

5] Die kirchlichen fordernisse der Anstellungsfähigkeit und die kirchlichen Grundsätze ülsr die Besetzung der geistlichen Aemter.

2) Antrag Dr. Knfft:

Die Generälsynode volle beschließen: in 5. 6 Nr. 3 statt Zeile 3 —5: „Soll die Einführung solcher kirchlicher Bücher ꝛc. bis Pro= vinzialsynode“ zu setzen:

„Soll die obligaorische Einführung solcher kirchlicher Bücher und agendarischer Norhen, welche die Sakramente betreffen, erfol gen, so bedarf es der zustimmung der einzelnen Provinzialsynode“.

Die Synode trat lierauf in die Diskussion über Alineg 1 und 2 des 5. 6 ein.

Der Synodale Cremer (Greifswald) erklärte, von dem Alinea 1 den Eindruc erhalten zu haben, als ob das Kirchen⸗ regiment die jetzige Tesorganisation der Lehrfreiheit zu Ende führen wolle; zweifelhtft sei ihm aber, ob es das Maß des Be⸗ dürfnisses erfülle. In einem gewissen Sinne könne von Lehr⸗ freiheit nicht die Rede stin, da ja der Staat das Recht für sich in Anspruch nehme, Lehrbücher und Katechismen zu kon⸗ troliren, damit sie nicht den öffentlichen Frieden stören. Die evangelische Kirche lesste aber durch ihre dreihundertjährige Geschichte Bürgschaft, daß sie nichts Staatsgefährliches lehre. Nie habe sich die evangesische Kirche im Gegensatz zum Staat gestellt. Die Beschraänkung der Lehrfreiheit werde also nach staatlicher Seite hin mehr eine theoretische sein. Anders liege die Frage nach kirchlicher Seite hin. Solle es heißen, daß innerhalb gewisser Schranken Alles gelehrt werden dürfe, so sei es für ihn sehr be⸗ denklich, eine solche Schranke zu bestimmen. Die Kirche könne verlangen, daß ihre Diener ihr eine fundamentale Ueber⸗ einstimmung mit ihren Lehren entgegenbringen; dabei könne eine gewisse Freiheit der Anschauungen, eine For⸗ schung innerhalb der theologischen Wissenschaft sehr wohl bestehen. Die Kirche könne auch die Verpflichtung verlan⸗ gen, daß, wenn einer ihrer Diener sich im Widerspruch mit der Lehre befinde, er diesen Widerspruch nicht an die Oeffentlich⸗ keit bringen dürfe, sondern eine Versländigung mit der Kirche suche. Was er wünsche, sei ein ethisch gerechtfertigtes Ordinations⸗ Formular. Der Begriff der Lehrfreiheit werde zwar dadurch etwas beschränkt, aber es bleibe Raum für theologische Ansichten und Forschungen. Er beantrage deshalb, im Alinea 1 statt Lehrfreiheit Lehrordnung“ zu setzen. (Schluß des Blattes)

Die mit dem Programmenwesen nach der Aus⸗ dehnung, die es allmählich erhalten hat, verbundenen Uebelstände sind wiederholt Gegenstand von Verhandlungen gewesen. Auch die im Oktober 1872 zu Dresden abgehaltene Konferenz deut⸗ scher Schulbeamten hat fich damit als mit einer gemeinsamen Angelegenheit der höheren Lehr sstalten Deutschlands beschäftigt. Auf Erund der Vorschläge eu Ser Konferenz hat der Minister der geistlichen 21. Angelegenh. 4 vorgeschlagen:

2. Die Nothwendigkeit regelmäßiger Veröffentlichung bleibt nur für den einen Theil der Programme, die Schulnachricten, bestehen, während in Betreff der Beigabe einer wissenschaftlichen Abhandlung ferner kein Zwang stattfindet.

b. Da dem Interesse der Lehrer an den Einrichtungen und Verhältnissen der einzelnen Schulen größtentheils durch pädago⸗ gische Zeitschriften, statistische Mittheilungen u. dgl. m. genügt wird, so kann sich die Verbreitung der gedruckten Schulnachrich⸗ ten füglich auf den Kreis des betheiligten Publikums und der betreffenden Behörden beschränken.

c. Zur weiteren Verbreitung gelangen in der Regel allein die mit einer wissenschaftlichen Abhandlung ausgestatteten Pro⸗ gramme, und zwar nur soweit ihre Mittheilung begehrt wird. Die dabei erforderliche Vermittelung wird einer buchhändlerischen Centralstelle übergeben.

Nachdem diese Vorschläge die Zustimmung aller der Staats⸗ Regierungen gefunden, von denen die Dresdener Konferenz beschickt worden war, hat auch in Betreff des letzterwähnten Punktes und des danach einzurichtenden Verfahrens eine Einigung mit der Teubnerschen Verlagshandlung in Leipzig stattgefun den. Demgemäß treten für alle Staatsregierungen Deutschlands, mit alleiniger Ausnahme Bayerns, für die im Jahre 1876 erschei⸗ nenden Programme nachstehende Bestimmungen in Kraft:

I) Jede der betheiligten deutschen Central -⸗Unterrichts verwaltun gen sorgt dafür, daß sie zu Anfang Novembers jedes Jahres von dem Titel aller der Abhandlungen Kenntniß hat, deren Veröffent- lichung durch Gymnasial⸗ oder Realschulprogramme des nächsten Jahres beabsichtigt wird.

2) Das Verzeichniß dieser Abhandlungen, nach den Schulkate⸗ gorien und geographisch geordnet, wird um die Mitte Novembers von seder Regierung nach Leipzig gesandt. Die Teubnersche Verlags- handlung stellt danach sofort ein vollständiges, mit fortlaufenden Nummern versehenes Verzeichniß zusammen, und versendet dasselbe in duplo direkt zur Poft franco an alle Direktoren der betheiligten Gymnasien und Realschulen, an die Universitäten und Bibliothek⸗ vorstände im Deutschen Reich, sowie an die Schulbehörden mit dem Ersuchen, binnen 14 Tagen ein Exemplar des Verzeichnisses zurück ⸗— zusenden, worin die Programme, deren Mittheilung gewünscht wird, angestrichen sind.

Die Unmersitäten werden in dem Verzeichniß ebenfalls auf geführt, um die Bestellung des Katalogs der Vorlesungen zu ermög- lichen. Der Gegenstand des Prooemiums wird dabei nicht angegeben.

Es bleibt überlassen, außerdem ven Gymnasten und Realschulen, welche etwa in dem betreffenden Jahre keine wissenschafiliche, päda⸗ gogische oder sonstige Abhandlung den Schulnachrichten beifügen, auch letztere zu bestellen.

Die Versäumniß rechtzeitiger Benachrichtigung der Buchhandlung würde eventuell zur Folge haben, daß die zu spät eingehenden Be⸗ stellungen nicht mehr beruͤcksichtigt werden können. .

29 Die Teubnersche Verlagshandlung theilt, wo möglich noch vor Ende des Jahres, den betreffenden Stellen franko. mit wie viele Exemplare des Programms gebraucht werden, so daß die Stärke der Auflage bemessen werden kann. Sie kann, um buch⸗ händlerischen Nachfragen zu genügen, einige Exemplare mehr bestellen, ohne dofür zu einer besonderen Vergütung verpflichtet zu sein.

) Die zur Vertheilung bestimmte Zahl der Programme ist dem-

nächst unmittelbar nach deren Erscheinen an die Teubnersche Buch⸗ handlung , welche ihrerseits die Weitersendung beschleu⸗ nigen wird. I) Die Portokosten für die Zusendung sind von den Empfängern der bestellten Programme zu tragen. Bei der Bestellung ist anzu⸗ geben, auf welchem Wege die Zusendung erfolgen soll, ob durch die Post oder auf der Eisenbahn oder durch n, e namhaft zu machenden Sortimente buchhandlung am Orte des 6 in letzterem Falle hat dieser sich über das Porto mit der betreffenden Buchhandlung zu verständigen. .

6) Zur Deckung der Kosten (Lokalmiethe, . Druckkosten, Verpackungsspesen u. s. w.) hat jede Schule, Universität und Bibliothek, welche sich an dem Programmenaustausch betheiligt, einen jährlichen Beitrag von vorläufig 9 M an die Teubnersche Ver⸗ lagshandlung zu zahlen. Nach den im ersten Jahre gemachten Erfahrungen wird der zu leistende Beitrag definitiv normirt.

Die Programme werden künftig alle in gleichem Format Sobald dasselbe definitiv festgestellt ist, wird die Teubnersche

ö gedruckt. Formatprobe an alle Lehranstalten ver⸗

Verlagshandlung eine senden.

Der Minister der geistlichen 1. Angelegenheiten hat durch Cirkularerlaß vom 26. v. M. bestimmt, daß vom 1. Januar k. Is. ab die Hinterbliebenen von Geistlichen und Lehrern nur von derjenigen Königlichen Regierung zu unter⸗ stützen sind, in deren Bezirk der verstorbene Ehemann oder Vater seinen letzten amtlichen Wohnsitz gehabt hat. Unterstützungs⸗ gesuche sind nur an die zustandige Königliche Regierung zu richten, da alle bei dem Ministerium direkt eingehenden Gesuche ohne Ausnahme den Antragstellern unberücksichtigt zurückgegeben werden würden. Die Ueberweisung der Unterstützungsfonds pro 1876 wird binnen Kurzem erfolgen.

Der Minister der geistlichen . Angelegenheiten hat sich in einem Spezialerlaß damit einverstanden erklärt, daß zur Im⸗ matrikulation nur diejenigen Apotheker⸗Gehülfen zu⸗ gelassen werden, welche den Nachweis einer dreijährigen Servir⸗ zeit zu führen im Stande sind.

Ein General ⸗Lieutenant z. D. wurde zum Geschworenen⸗ Dien ste bei dem hiesigen Kreisschwurgericht berufen. Dieser reklamirte jedoch, nachdem bereits die Urliste der Geschworenen definitiv festgestellt war, gegen seine Berufung bei dem hiesigen Kreisgericht auf Grund des 5. 68 Nr. 4 der Verordnung vom 3. Januar 1849, nach welchem die im aktiven Dienste befind⸗ lichen Militärpersonen zu Geschworenen nicht berufen werden können. Das hiesige Kreisgericht und auch das Kammergericht gaben in Folge dessen dem Entlassungsgesuche statt, dagegen beschlkß das Ober⸗Tribungl am 19. No⸗ vember d. J. die vorinstanzlichen Beschlüsse aufzuheben und das Entlassungsgesuch des General⸗Lieutenants z. D. zurück⸗ zuweisen, weil nach Artikel 56 Alinea 2 des Gesetzes vom 3. Mai 1852 etwaige Befreiungsgründe aus 5§. 68 der Ver⸗ ordnung vom 3. Zanuar 1849 als verspätete Einwendungen

egen die definitiv festgestellte Urliste der Geschworenen vor den

ö überhaupt nicht mehr geltend gemacht werden können, vielmehr nach . 65 loc. cit., innerhalb einer dreitägigen Prä⸗ klusioftist nach Offenlegung der Urliste bei der zuständigen Ver⸗ waltungsbehörde zum Protokoll anzumelden und dort zum Aus⸗ trage zu bringen sind.“

Am 29. und 30. November wurde hier die er ste Turnlehrerinnen⸗Prüfung abgehalten. Die Prüfungs⸗ Kommission bestand aus den Herrn Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ Rath Wätzoldt als Vorsitzender, den Civillehrern an der König⸗ lichen Central⸗Turnanstalt Professor Dr. Euler und G. Ecller, dem Turnanstaltsvorsteher Kluge und der Frau Dr. Angerstein.

Die Prüfung begann am 29. mit Anfertigung einer Klausur⸗ arbeit: Der Einfluß des Mädchenturnens auf das Schulleben in gesundheitlicher, unterrichtlicher und disziplinarischer Be⸗ ziehung.“ Dann wurde mündlich in der Geschichte und Me⸗ thodik des Turnens, in der Geräthkunde und in der Gesund⸗ heitslehre, soweit deren Kenntniß für die Turnlehrerin noth⸗ wendig ist, geprüft. Am 30. November wurden im Turnsaal des Schulvorstehers Herrn Raaz mit 5 Schulklassen der Raaz⸗ schen Töchterschule die Lehrproben abgehalten, und mußte außer⸗ dem Jede der zu Prüfenden ihr eigenes praktisch turnerisches Ge⸗ schick, sowie ihre Fertigkeit im Entwickeln der Uebungen in besonderen Uebungsaufgaben nachweisen. Beim Schluß der Prüfung konnte der Vorsitzende der Kommission den 14 an der Prüfung betheiligten Turnlehrerinnen (darunter 13 aus Berlin) als vorläufiges Ergebniß der Prüfung mittheilen, daß sie sämmtlich dieselbe bestanden hätten.

Zum 10. Januar k. J. werden 400 Mann der Reserve der Matrosen⸗Divisionen zu einer zwei⸗ wöchentlichen Uebung, behufs Ausbildung an den neuen Schiffsgeschützen schwereren Kalibers und Unterweisung in dem ne, g und der Handhabung der Büchse M. /7I, einberufen werden.

Die Verfügung des Chefs der Admiralitãt vom 21. Mai 1874 über die Ausbildung von Krankenträgern in der Marine ist dahin erweitert worden, daß die für die Armee unter dem 25. Juni 1875 erlassene Instruktion für die Militär⸗ Aerzte zum Unterricht der Krankenträger in den Abschnitten II. bis Iv. auch bei der Marine bis zur Gewinnung eigener Er⸗ fahrungen als Grundlage zu dienen hat.

Die Schiffahrt für den Hafen von Helsingfors ist seit dem 28. November als völlig geschlossen zu betrachten.

Der Bundesraths⸗Bevollmächligte, Herzoglich sachsen⸗ altenburgische Staats⸗Minister von Gerstenberg⸗Zech ist nach Altenburg abgereist.

Bayern. München, 1. Dezember. Der Direktor der Eisenbahnbetriebsabtheilung der Generaldirektion der Königlichen Verkehrsanstalten Herm. Fischer und dessen Stellvertreter, Generaldirektions⸗Rath A. Nobiling, sind aus Anlaß der Reorganisation der Königlichen Verkehrsanstalten in den bleiben⸗ den Ruhestand mit vollem Gehalte versetzt worden. Zum Di⸗ rektor der Eisenbahnbetriebsabtheilung ist der seitherige Direktor für den Betrieb der Ostbahnen Badhauser ernannt worden und hat heute bereits die Direktion übernommen.

2. Dezember. Vom 1. Januar 1876 an werden auch die von diesem Zeitpunkt an fälligen Kapitalien und Zinsen der in süddeutscher Währung ausgefertigten bayeri⸗ schen Staatsschuldverschreibungen mit den ihren Nennwerthen entsprechenden, gemäß den Münzgesetzen in Reichs wãhrung umgerechneten Beträgen ausbezahlt, und ist von der Königlichen Staatäschuldentilgungskommission ein Tarif für die Zahlungen der Obligationen und Coupons in Reichswährung festgestellt und , ., worden. Ge⸗

enüber anders lautenden Angaben, welche verschiedene Blätter über den RFücklaß des Herzogs Franz V. von Modena, resp. über das Este'sche Hausvermögen, gebracht haben (wie z. B. als werde Se. Königliche Hoheit Prinz Ludwig von Bayern in Folge des Anfalles des Grundstückes des Este schen Firn nn,, einer der reichsten Prinzen Europas werden) ist die „Allg. Ztg.“ in der Lage, Folgendes als authentisch mit⸗ theilen zu können: „Das Testament des verstorbenen Herzogs von Modena bestimmt als Universalerben den Erzherzog Karl Ludwig, äliesten Bruder des Kaisers von Oesterreich, zugleich mit der Verpflichtung, das Este sche Wappen anzu⸗ 2 und sich Erzherzog von Desterreich⸗Este zu schreiben.

Die beiden Neffen des Herzogs, Söhne seiner Schwester und des Infanten Don Juan, nämlich Don Carlos und Don Alfonso, erhielten jeder eine Million. Außerdem enthält das Testament noch einige kleinere Legate, die im Verhältniß zu Dem auf 13 Millionen geschätzten Gesammtvermögen ver⸗ chwinden. Der Commandeur der 6. Infanterie⸗Brigade, General⸗Major v. Mühlbaur, ist auf Nachfuchen mit Pension derabschiedet und eine große Anzahl von Vize⸗Feldwebeln und Vize⸗Wachtmeistern zu Seconde⸗Lieutenants der Reserve befördert dorden. Ein Artikel in der heut erschienenen Nummer des Pastoralblattes für die Erzdiözese München“ erscheint Fechalb bemerkenswerth, weil er die Aufschrift trägt: „Die Re⸗ formen der deutschen Altkatholiken“ und auch im Kontext diefe Bezeichnung gebraucht wird und nicht mehr von sogenann⸗ en Altkatholiken die Rede ist.

Oldenburg. Oldenburg, 30. November. Aus den heutigen Verhandlungen des Landtages ist Folgendes mitzu⸗ scheilen: Zunächst nahm der Landtag den Gesetzentwurf, betr. Abänderung des Gesetzes üer das Unterrichts und Erziehungs⸗ wesen im Jürstenthume Lübeck, sowie die Gesetzentwürfe für die

ürstenthümer Birkenfeld und Lübeck, betr. Abänderung des Ge⸗ Füährengesetzes und der Gebührentage in bürgerlichen Rechts- und Strafsachen, auch in zweiter Lesung an. Sodann genehmigte er mit unwesentlichen Aenderungen zwei Gesetzentwürfe, betr. die Prüfung der Kandidaten des Baufachs und des Ver⸗ messungs-⸗ und Katasterwesens. Den von der Staats⸗ regierung in einem Verzeichnisse mitgetheilten verschie⸗ Denen Veräußerungen und Erwerbungen von Krongut ertheilte der Landtag seine Zustimmung, lehnte aber den von der Regierung gestellten Antrag, „die Krongutsverwal⸗ ung generell zu ermächtigen, die bereits vorhandenen, sowie die fortan entstehenden Kapitalien zum Erwerb von Kronguts⸗ grundstücken oder zur Ablösung von auf dem Krongut haftenden Reallasten zu verwenden“, ab, weil eine solche generelle Er⸗ mächtigung dem Staatsgrundgesetze nicht entspreche. Die ge⸗

ünschte Ermächtigung wurde der Krongutsverwaltung jedoch für die Finanzperiode 1876/78 ertheilt. —er Entwurf eines Forst⸗ Strafgesetzes für das Fürstenthum Birkenfeld fand im Wesent⸗ lichen die Zustimmung des Landtages. Endlich genehmigte der Landtag die beantragte Aufhebung der im Fürstenthum Lübeck geltenden Vorschriften über den Transport von Sprengmitteln (8. II2 der Wegeordnung für die Herzogthümer Schleswig und Holstein von 1842) und nahm den Normaletat der Städte und Verpflegung der Gensdarmerie auch in zweiter Lesung an.

Sachsen⸗ Meiningen. Meiningen, 1. Dezember. Gestern hat der Landtag die Berathung der ihm wieder vor⸗ gelegten Gemeinde- und Kreisordnung begonnen, aber noch nicht zu Ende geführt. Den Beschlüssen, welche theils die Regierungsvorlage, theils neue Vermittlungsanträge genehmig⸗ ten, scheint diesmal eine Vereinbarung in Aussicht zu stehen.

Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Gotha, 30. November. In der heutigen Sitzung des Gothaischen Spezial⸗ landtages wurden die Postulate der Regierung bewilligt, darunter 75, 000 6 zum Ausbau des jetzt nur 165 Insassen aufnehmenden, damit aber dem vorhandenen Bedürfnisse nicht genügenden Landarmenhauses in Langenhain. Ebenso fand die Zustimmung des Landtags ein Antrag des Abg. Trümpelmann, an das Staats⸗Ministerium das Ersuchen zu stellen, die Errich⸗ tung 33. landwirthschaftlichen Winterschule dahier in Erwägung zu ziehen.

Schwarzburg⸗Nudolstadt. Rudolstadt, 2. Dezember. Der Landtag des Fürstenthums ist vertagt worden, nachdem er in seinen letzten Sitzungen den Gesetzentwurf über die Klassen⸗ und klassifizirte Einkommensteuer mit einigen Abänderungen und mit der Bedingung genehmigt hat, daß vor Einführung der Ge⸗ setze zuerst eine Vorlage über Abänderung des Einschätzungs⸗ modus für die Klassensteuer gemacht werde; für die Grund⸗ und Gebäudesteuer sollen die bisherigen Prozentsätze forterhoben werden.

SGamburg, 2. Dezember. Gestern Vormittag fand in der St. Nicolaikirche die feierliche Enthüllung und Sin⸗ weihung der Gedenktafeln für die in dem Feldzuge von 1870 und 1871 Gebliebenen des 2. Hanseatischen Infanterie⸗ Regiments Nr. 76 statt. Der Gottesdienst begann um 14 Uhr. Es wohnten dieser erhebenden patriotischen Gedächtnißfeier der fommandirende General des IX. Armee⸗Corps, von Tresckow, und der Kommandant von Altona, General⸗Major von Flöckher, bei, welche an der Seite der den Senat vertretenden Senatoren Hayn und Dr. Kunhardt Platz genommen hatten. Den Raum vor dem Altar nahmen ferner ein der Stab und das gesammte Offizier⸗Corps des 76. Regiments, mehrere Stabs⸗Offiziere des 31. Regiments und zahlreiche Reserve⸗ Offiziere ver⸗ schiedener Waffengattungen. Die hiesige Bürgerschaft war durch ihren Präsidenten und Vize⸗Präsidenten vertreten. Anwesend waren noch die Prediger und der Vorstand der St Nicolaikirche und einige andere Herren. Auf den nächsten Sitzen befanden sich die Angehörigen der Gefallenen, die Invaliden des Feldzuges, die Inhaber des Eisernen Kreuzes ꝛc. Den übrigen Theil der Kirche füllten die Unteroffiziere und Mannschaften des 76. Re⸗ giments und eine Anzahl Theilnehmer aus dem Publikum. Der Militär ⸗Oberpfarrer Huysen hielt nach voraufgegangenem Altar⸗ gottesdienst, bei welchem der Sängerchor der Garnison die litur⸗ gischen Gesänge vortrug, die Festpredigt. Bei den Gesängen wurden die Vorspiele von der Orgel, die Gesangbegleitung von der Militärkapelle ausgeführt. Beim Beginn des am Schlusse des Gottesdienfies von dem gedachten Geist⸗ lichen gesprochenen Weihegebetes fielen die über den Ge⸗ denktafeln angebrachten Vorhänge. Die zu beiden Sei⸗ ten des Altars angebrachten, aus Eichenholz geschnitzten Tafeln enthalten die Namen von zusammen 189 Gefallenen. Ueber diesen Namen ist das Eiserne Kreuz und die Inschrift angebracht: „Die tapferen Helden ehrt dankbar Kaiser und Vater⸗ land!“ Die Feier dauerte von 14—1 Uhr. Zum festlichen Beschluß des gestrigen Tages vereinigten sich sämmtliche Offiziere des 76. Regiments in ihrem Kasino in der Kaserne zu einem ausgewählten Diner, an welchem der General v. Tresckow, die Senatoren Hahn und Dr. Kunhardt, die Chefs des Thüringischen Infanterie⸗Negiments Nr. 31 in Altona, des 25. Husaren⸗Regi⸗ ments in Wandsbeck, des Generalstabes des X. Armer⸗Corps ꝛc. sowie einige eingeladene Herren Theil nahmen. Oberst v. Boehn brachte das erste Hoch auf den Kaiser aus, General v. Tresckow trank auf das Wohl Hamburgs und des Senats, wofür Senator Hayn mit einem Toast auf den General von Tresckom und das

6. Regiment dankte.

Oesterreich⸗Angarn. Wien, 2. Dezember. Der Kaiser hat sich gestern um 10 Uhr Vormittags mittelst der Südbahn von Ofen nach Nyek zur Jagd begeben. Abends ist Se. Majestät wieder nach Gödöllö zurückgekehrt.

Pest, 2. Dezember. Das Abgeordnetenhaus erledigte das Budget des Handels⸗ und Ackerbau-⸗Ministeriums bis zum Titel „Gestütawesen'. Beim Titel „Ungarisch⸗Altenburger land⸗ wirthschaftliche Akademie“ entspann sich eine längere Debatte. Johann Simonyi (äußerste Linke) sprach dafür, daß diese Aka⸗ demie, deren Unterrichtssprache die deutsche ist und die fast aus⸗ schließlich von deutschen Hörern besucht wird, magyarisirt werde. Horanszky wendete sich gegen diesen Redner und befürwortete die Weiterführung des Instituts in der bisherigen Weise. Joseph Madarasz will den deutschen Charakter der Anstalt beseitigt wissen und beantragte, daß zwar der Unterricht ei nstweilen noch deutsch bleibe, jedoch vom 1. Januar 1877 angefangen ungarisch sei. Der Minister Baron Simonyi bekämpfte diesen Antrag, und wurde derselbe bei der Abstimmung abgelehnt.

3. Dezember. In der heutigen Sitzung des Unter⸗ hau ses beantragte der Deputirte Jranyi, die Regierung zur Ein⸗ bringung eines Gesetzentwurfs über Religionsfreiheit aufzufordern. Der Kultus⸗Minister bat, den Antrag abzulehnen, weil die Re⸗ gierung ohnehin demnächst mehrere Gesetzentwürfe über kirch⸗ liche Verhältnisse, darunter auch einen Gesetzentwurf über die Civilehe einbringen werde. Minister⸗Präsident Tisza hob da⸗ gegen die Wichtigkeit des Iranyi'schen Antrags hervor und empfahl, denselben zum Druck zu geben und über denselben gleichzeitig mit den bezüglichen von der Regierung einzubringen⸗ den Vorlagen zu verhandeln. Der Antrag Tisza's wurde an⸗ genommen.

Schweiz. Das Budget der SGidgenossenschaft für 1876 enthält folgende Daten: I) Einnahmen: Ertrag der Liegenschaften und Kapitalien 375,199 Fr., Regalien und Verwaltungen: Militärdepartement 3,315,121 Fr., Finanz⸗ und Zoll departement 19 872,000 Fr., Post⸗ und Telegraphendeparte⸗ ment 18. 157,000 Fr., verschiedene Einnahmen 18,680 Fr., total 41, 738, 000 Fr. Aus gaben: Amortisation und Verzinsung der Anleihen 1,695,150 Ir. , allgemeine Verwaltungskosten: A. Nationalrath 191,000 Fr., B. Ständerath 13,000 Fr., C. Bundesrath 85,5900 Fr., D. Bundeskanzlei 254,650 Fr., E. Bundesgericht 148, 300 Fr. Departemente: A. Politisches Departement 275, 9000 Fr., B. Departement des Innern 2, 906,5g3 Fr., C. Justiz⸗ und Polizeidepartement 40,000 Fr., D. Militãrdepartement 14,553,395 Fr., E. Finanz⸗ und Zolldepartement 5, 024,300 Fr., F. Eisenbahn⸗ und Han dels⸗ departement 351,700 Fr., G6. Post⸗ und Telegrapher departement 17, 29, 000 Fr., Unvorhergesehenes 8012 Fr., total 42, 775,600 Fr. Das Budget für 1875 betrug: Einnahmen 39,516,000 Fr., Aus⸗ gaben 39,266 000 Fr. Die Mehrausgabe für 1876 rührt vorzüglich von den Mehrkosten des Militärdepartements her, das 1874 auf 8, 051,136 Fr. und 1875 auf 11,953,969 Fr. budgetirt war. Das Departement des Innern fordert 300 000 Fr. mehr als 1875 und zwar namentlich für Arbeiten des statistischen Bureaus. Am 29., Nachmittags um 2 Uhr hat in der St. Peterskirche zu Genf vor dem versammelten Großen Rathe die Vereidigung der neuen gen fer Regierung stattgefunden.

Niederlande. Haag, 3. Dezember. (W. T. B.) Die Zweite Kammer begann heute die Berathung des Budgets für das Justiz⸗Ministerium. Im Laufe der Debatte wurde die auf Anordnung des Gerichts zu Middelburg erfolgte Beschlag⸗ nahme des dänischen Dampfers „Phönix“ zur Sprache gebracht. Der Deputirte Tak van Poortoliet erklärte hierbei, daß die Regierung bei der in Rede stehenden Angelegenheit voll⸗ kommen ihren Befugnissen gemäß vorgegangen sei und in wür⸗ diger Weise die Rechte des Landes behauptet habe. Er hoffe, daß die Regierung auch ferner die Beschlüsse der niederländischen Gerichte auf niederländischem Gebiet zur Ausführung bringen werde. Der Justiz⸗Minister bemerkte darauf, es handele sich bei dieser Frage lediglich um die Ausübung eines Rechts der Lan⸗ deshoheit auf dem eigenen Staatsgebiet, irgend eine Frage des internationalen Rechts komme dabei gar nicht in Betracht.

Großbritannien und Irland. London, 2. De⸗ zember. Die Prinzessin von Wales vollendete gestern El. Dezember) ihr 31. Lebensjahr. Der Geburtstag wurde in Windsor wie in London feierlich begangen. Die Kapelle der schottischen Füsiliergarde brachte der Prinzessin ein Ständchen, die Haustruppen paradirten im Park, und im Rathhause von Windsor fand Abends ein großer Ball statt. Der Herzogin von Manchester ist ein ernstlicher Unfall zugestoßen. Während einer Spazierfahrt gerieth ihre Pony⸗Equipage mit einem vierspännigen Wagen in Kollision. Durch die Erschütterung wurden die Herzogin und ihre Begleiterin aus dem Wagen ge⸗ worfen, und während die letztere mit einer Daumen⸗ verrenkung davon kam, brach erstere ihren linken Arm. Der Prinz von Wales kam am Mittwoch Nachmittag an Bord der „Serapis“ in Colombo an. Se. Königliche Hoheit landete unter den Salutschüssen des Geschwa ders und der Uferbatterien und wurde auf der Brücke von den Spitzen der englischen Behörden und den vornehmsten Eingeborenen empfangen. Die Munizipalität sowie der legislative Rath über⸗ reichten Adressen, die in prachtpollen Etuis lagen. Inmitten einer anhaltenden Ovation hielt der Prinz dann seinen Einzug in die prächtig geschmückte Stadt. Abends kehrte Se. Königliche Hoheit nach der „Serapis“ zurück, um dort zu übernachten. Zu⸗ nächst wird das im Mittelpunkt der Insel Ceylon gelegene Kandy besucht werden, wo eine Elephantenjagd sowie ein Empfang der Eingeborenenhäuptlinge abgehalten werden soll. Von der malayischen Halbinsel wird der „Times“ un⸗ term 30. v. M. gemeldet: Die indischen Truppen kamen am 26. in Penang an und marschirten über Barut nach Quallakangza, wo sie mit der Garnison von Perak zusammentrafen. Sultan Jsmail wird sich wahrscheinlich freundlich erweisen. Am 28. verließ der Gouverneur der Straits ⸗Settlements Perak, um sich nach Penang zu begeben, wo er vorläufig bleibt. Die britische Regierung hat beschlossen, eine Spez ial⸗ Mission an die Regierung von Aschanti nach Ku⸗ maffie zu senden, welche einige schwebende Fragen zur Erle⸗ digung bringen soll. Die Führung der Mission ist dem Dr. Goldsbury anvertraut worden, der sich von Accoa aus über das östliche Utim und Djuabin nach der Hauptstadt von Aschanti begiebt. Die große englische Freimaurerloge hat ein⸗ stimmig wieder den n von Wales zum Großmeister für das kommende Jahr gewählt.

4. Dezember. (W. T. B.) Der Staats sekretãr im Ministerium des Auswärtigen, Lord Derby, hat eine Depu⸗ tation empfangen, welche die Intervention der englischen Re⸗ gierung gegen die Annektirung Abessiniens durch den Khedive von Aegypten verlangte. Derby erklärte derselben,

es sei kein Grund vorhanden, zu glauben, daß die ägyptische Regierung einen solchen Schritt vorgeschlagen hätte, der schon aus finanziellen Gründen sehr wenig empfehlenswerth sein dürfte. Uebrigens würde die englische Regierung nicht zögern, dem FKhedive eventuell die Inopportunität eines solchen Schrittes be⸗ greiflich zu machen. Was die Nachricht von der Besetzung zum Gebiete des Sultans von Zanzibar gehöriger Ortschaften durch ägyptische Truppen anbelange, so glaube er, daß derselben ein Mißverständniß zu Grunde liegen müsse.

Frankreich. Paris, 2. Dezember. Der General Picard, Befehlshaber des 13. Armee⸗Corps, hat folgenden Ta gesbefehl erlassen: .

„Die Sergenten Rouxel und Favérieux und der Korporal Grivel ven der 13. Abtheilung der Intendantur sind am Sonntag, den 14. November, auf offener Straße der Gegenstand eines brutalen Angriffs einiger Arbeiter gewesen, die deshalb heute vor die Gerichte verwiesen worden sind. Statt daß diese Militärs, die sich im Stande der Nothwehr befanden, die energische Haltung gezeigt hät⸗ ten, die Männern gebührt, welche die Uniform tragen, und zumal Unteroffizieren, ließen sie sich beschimpfen, mißhandeln und entwaff⸗ nen. Der Sergent Rouxel empfing einen Faustschlag ins Gesicht, man riß ihm die Epauletten ab und raubte ihm seinen Säbel, ohne daß die beiden andern, obgleich vollkommen in der Lage, den Angrei⸗ fern Widerstand zu leisten, ihrem Kameraden zu Hülfe gekommen wären. Der Ober General, welcher dies mit tiefem Bedauern erfuhr, hat die Unteroffiziere Rouxel und Favérieux und den Korporal Grivel kassirt, und bringt ihre Namen wegen der von ihnen an den Tag gelegten Feigheit zur Kenntniß der Truppen des 13. Corps. Er bringt in Erinnerung, daß jeder Militär, der beschimpft oder angegriffen wird, das Recht und die Pflicht hat, von seiner Waffe zu seiner Ver⸗ theidigung Gebrauch zu machen, und daß es ihm nur verboten ist. jemals der angreifende Theil zu sein Im Hauptquartier Clermont- Ferrand, den 21. November. Der kommandirende General des 13. Armee ⸗Corps: Picard.“

Die Anklagekammer des Appellationshofes von Paris beschloß am 1. d. M., den Geranten des Pays“, Piel, den Geranten des Gaulois“, Tarbé des Sablons und Paul de Cassagnac wegen der in Belleville gehaltenen Rede des Letzteren vor die Geschworenen zu verweisen. Piel und Tarbé des Sablons sind angeklagt: 1) der Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der Regierung; 2) der Apologie der von dem Gesetz als Verbrechen und Vergehen bezeichneten That⸗ sachen; 3) des Angriffs gegen die den Gesetzen geschuldete Achtung. Paul de Cassagnae ist als Mitschuldiger angeklagt.

Am Montag, den 29. v. M. wurde die medizinische Fakultät in Bordeaux eröffnet.

Versailles, 3. Dezember. (W. T. B.) National⸗ versammlung. Der Minister des Auswärtigen, Herzog von Decazes, stellte den Antrag, daß die Vorlage über die Justiz⸗ reform in Aegyten auf die nächste Tagesordnung vom näch⸗ sten Montag gestellt werde. Derselbe begründete sein Verlangen mit dem Hinweis darauf, daß die Interessen Frankreichs im Oriente die Annahme der Vorlage erheischten, und daß es die Würde der Nationalversammlung erfordere, nicht ohne eine Ent⸗ scheidung in dieser Angelegenheit getroffen zu haben, auseinander zu gehen. Die Linke sprach sich gegen das Verlangen des Mi⸗ nisters aus und berief sich zur Begründung ihres Widerspruchs auf den zwischen dem Khedive und England abgeschlossenen Handel über die dem Ersteren gehörigen Su eztanal⸗Aktien. Die Versammlung beschloß indeß mit großer Stimmenmehrheit, daß die Vorlage auf die Tagesordnung vom nächsten Montag gestellt werde. Im weiteren Verlauf der Sitzung legte der Herzog von Dec nzes einen mit dem Großherzogthum Luxemburg abgeschlossenen Auslie⸗ ferun gs ver trag vor; sodann wurde die Berathung der Vorlagen über Sisen bahnanlagen in den südlichenLandestheilen fortge⸗ setzt. Das heute zur Vertheilung gelangte Gelbbuch zählt 225 Seten und enthält alle auf den Suez kan al bezüglichen Schrift- stücke von dem Jahre 18727 an. Die neuesten auf den Verkauf der Aktien des Khedive an die englische Regierung bezüglichen Schriftstücke entsprechen den heute Vormittag aus London ein⸗ gegangenen Meldungen und bestätigen, daß England mit der Einsetzung eines internationalen Syndikats zur Ver⸗ waltung des Suezkanals einverstanden sein würde. Betreffs der Auflösung der Nationalversammlung und der Vornahme der Neuwahlen hat sich die mit Berathung der bezüglichen Anträge beauftragte Kommission vorläusig dahin schlüssig gemacht, daß die gesetzliche Wirksamkeit der National- versammlung am letzten Dezember d. J. auf hören, die Wahl der Senatoren am 23. Januar k. J., die Wahl der De⸗ putirten am 20. Februar k. J. stattfinden, der Zusammentritt beider neuen Kammern aber am J. März k. J. erfolgen soll. Ihre definitive Entschließung über diese Termine hat die Kom⸗ mission auf eine nochmalige Besprechung mit den Vertretern der Regierung ausgesetzt.

Türkei. Konstantinopel, 3. Dezember. (W. T. B.) Zur Richtigstellung der aus südslavischer Quelle geflossenen Nachrichten uͤber die jüngsten Vorgänge in der Herzego⸗ wina veröffentlicht die Regierung eine vom 30. v. Mts. datirte telegraphische Meldung des General⸗Gouverneurs von

Bosnien, die alfo lautet: Wir haben Ravana am 28. November

verlassen und uns gegen Galasoutie gewendet. Wir fanden die dortigen Positionen von den Insurgenten besetzt und erkannten ihre Lagerfeuer. Als wir darauf eine taktische Bewegung gegen dieselben ausführten, ergriffen sie sãmmtlich truppweise nach der Seite von Banan, Christado und Montenegro hin die Flucht; ihre Zelte und ihre Munition ließen sie zurück. Wir haben darauf den Weitermarsch nach Murodaja ohne irgend welche Behelligung fortgesetzt, unsere in Kouranka kampirenden Truppen sind mit Mundvorräthen reichlich versehen. Dem Popen Bogdan und anderen Insurgentenführern habe ich die Auffor⸗ derung zugehen lassen, sich der Regierung zu unterwerfen, und scheinen dieselben auch dazu geneigt. Heute begebe ich mich nach Gaczko, von wo ich mich dann nach Banan wenden werde.

4. Dezember. (W. T. B. Die det Pascha ist zum Justiz⸗Minister und Safvet Pascha zum Minister für den offentlichen Unterricht ernannt worden. Der Sekre— tär im Ministerlum der Auswärtigen Angelegenheiten, Serkis Effendi, hat seine Demission eingereicht. Die Veröffent⸗ lichung von Reformvorschlägen Seitens der Pforte steht, dem Vernehmen nach, bevor.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. De⸗ zember. Dem „Russ. Inv. zufolge wird der Kaiser, welcher am Sonnabend hierher zuruͤcktehrt, am Sonntag, den 5. De⸗ zember, in der Manege des Ingenieurschlofses über die kombi⸗ nirten Abtheilungen der Georgenritter und Reprãsentanten, welche an der Para de vom 8. Dezember Taeil nehmen, eine Mußlerung und dann am 9. oder 14. Dezember auf dem Mars⸗ felde über sämmtliche in St. Petersburg und Umgegend kon⸗ zentrirten Truppen (die Infanterie im Bestande von 4 Bataillonen) eine Revue abhalten. Zum bevorstehenden St. Georgenfest schreibt das „Journ. de St. P.“: Die hohen Offiziere, welche