1875 / 295 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Dec 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Angelegenheiten) betonten die hohe Wichtigkeit, welche die Re— gierungen selbst auf die partielle Annahme NRieser Paragraphen legten. Der Bundesbevollmächtigte Staat⸗Minister Dr. Leon⸗ hard (s. unter Reichstags⸗Angelegenheiten) erklärte sich mit dem Amendement Stenglein einverstanden, welches auch die Abgg. Reichsperger (Olpe) und Freiherr Schenk von Stauffenberg befürworteten, während die Abgg. Frankenburger und Motteler, welchem ersteren der Abg. Thilo widersprach, prinzipiell gegen jede Aenderung der bestehenden Gesetzgebung waren.

Das Amendement Stenglein zu 5§. 113 wurde fast einstimmig angenommen, der §. 113 mit diesem Amendement aber nur mit einer Mehrheit von 144 gegen 137 Stimmen; desgleichen §. 114 mit dem Amendement Stenglein, ebenso 5. 117 mit den Amendements Stenglein und Marquardsen.

Um 41 Uhr vertagte sich das Haus.

In der heutigen ( 28.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tages, welcher am Tische des Bundesraths der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Camphausen, der Prä⸗ sident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, die Staats⸗Minister v. Stosch und v. Pfretzschner, die Direktoren im Reichskanzler⸗Amt Herzog und v. Amsberg und mehrere Kommissarien beiwohnten, verlas der Präsident ein Schreiben des Reichskanzler⸗Amts, welches die Ermächtigung des Reichs⸗ tages zur strafrechtlichen Verfolgung des Redacteurs der in München erscheinenden, Neuen Volkszeitung“, Max Seidel, wegen Beleidigung des Reichstages nachsucht. Das Schreiben wurde der Geschäftsordnungs⸗Kommission überwiesen.

Der erste Gegenstand der Tagesordnung war die Inter⸗ pellation der Abgeordneten von Bernuth, Dr. Wagner, Dr. Römer (Württemberg), betreffend die Regelung der Ansprüche der Hinterbliebenen verstorbener Reichsbeamten, welche lautet:

Ist in der nächsten Session des Reichstages die Vorlegung des wichtigen und dringlichen Gesetzentwurfs, betreffend die Regelung der Ansprüche der Hinterbliebenen verstorbener Reichsbeamten mit Sicher- beit zu erwarten?

Der Präsident des Reichskanzler⸗Amts hatte dem Präsidenten angezeigt, daß die Interpellation sofort beantwortet werden würde. Der Abg. v. Bernuth zweifelte nicht an der fortwährenden Sorge der obersten Reichsbehörden um die Regelung dieser An⸗ legenheit, welche in der Petitions⸗Kommission verheißen sei, doch müsse man diesem Zustande der Unsicherheit möglichst schnell ein Ende machen. Der Bundeskommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗ Rath Dr. v. Möller erklärte, daß die Sorge der Regierung für diese Angelegenheit nicht ermatte, daß aber nach angestellten Ermittelungen, wenn diese Kosten wie in Elsaß⸗Lothringen ganz vom Reiche übernommen würden, eine Summe von 11,943, 000 M noth⸗ wendig sei, daß hiergegen aber von verschiedenen Regierungen finanzielle Bedenken erhoben seien.

Es folgt die dritte Berathung des von dem Abg. Schul ze⸗ Delitz sch und Genossen vorgelegten Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Artikels 32 der Verfassung des Deu tschen Reichs, auf Grund der in zweiter Berathung un⸗ verändert angenommenen Vorlage.

Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Baron v. Min⸗ nigerode motivirte der Abg. Bebel die Enthaltung seiner Partei von der Abstimmung in zweiter Lesung. Darauf wurde der Gesetzentwurf in dritter Lesung genehmigt.

Die erste Berathung des Gesetzentwurfs, die Beför— derung und Beschäftigung eingeborener polynesi⸗ scher Arbeiter betreffend (s. Nr. 282 d. Bl.), wurde vom Bun⸗ des kommissar, Wirkl. Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath v. Amsberg mit einem Vortrage über den Zweck der Vorlage eingeleitt. Der Abg. Dr. Kapp wollte die zweite Lesung auf eine spätere Sitzung verlegen, ohne die Vorlage an eine Kommission zu verweisen. Er hielt die festgesetzte Geldstrafe für zu niedrig und also wirkungslos. Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) wünschte wegen mannigfacher Bedenken, welche er gegen die Vorlage habe, daß die auf Grund dieses Gesetzes von der Regierung zu erlassenden Verordnungen dem Reichstage zur Genehmigung unterbreitet würden, während der Abg. Dr. Lasker meinte, daß die Instruktion schon im Gesetze begrenzt sei, daß man durch juristische Konstruktionen die Wirk⸗ samkeit des Gesetzes nicht stören dürfe, welches von der Ver⸗ waltung nur nach ihrer Erfahrung durchzuführen sei. Im Uebrigen schloß er sich den Vorschlägen des Abg. Dr. Kapp an. Nach einer Erwiderung des Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) führte der genannte Bundeskommissar aus, daß der Reichstag durch die Ertheilung der Vollmacht an die Regierung sein Recht der Kritik nicht aus der Hand gebe, also die⸗ selbe unbedenklich geben könne. Die Verweisung der Vorlage an eine Kommission wurde abgelehnt, dagegen die zweite Berathung von der heutigen Tagesordnung abgesetzt. Darauf wurden der Gesetzentwurf, betreffend die Ratu⸗ ralisation von Ausländern, welche im Reichsdienste angestellt sind, auf Grund der in zweiter Berathung unver⸗ ändert angenommenen Vorlage (s. Nr. 286 und 289 d. Bl.) und der Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung des Landeshaushalts⸗Etats von Elsaß⸗Lothringen für das Jahr 1876 nebst dem Etatsgesetz in dritter Berathung

ohne Debatte definitio genehmigt.

Zur ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Artikels 15 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 (s. Nr. 291 d. Bl.) ergriff der Abg. Sonne⸗ mann das Wort, um die Annahme des Gesetzes dem Hause zu empfehlen, indem er sich über die Mittel, welche der Reichs⸗ regierung zur Ausführung dieser Operation zu Gebote ständen, in eine eingehende Erörterung einließ. Der Präsident des Reichs kanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, gab darauf eine Uebersicht der in Besitz der Banken und öffentlichen Kassen bei einer bezüglichen Erhebung gefundenen Ein⸗ und Zweithalerstücke ind eine ausführlichere Motivirung der vorge⸗ schlagenen Maßregel. Der Abg. Dr. Bamberger sah in der Vorlage nur eine Konsequenz der Münzpolitik der Regierungen, mit welcher er sich vollkommen zufrieden erklären könne. Der Vorschlag des Abg. Sonnemann aber, den Banken die Silber⸗ deckung zu gestatten, würde einen Rücschritt in unserer Münz⸗ veform bedeuten. Redner wünschte, daß das Zwanzigmarkstück Krone“, das Zehnmarkftück halbe Krone“ genannt werde, ferner die Errichtung einer eigenen Reichsdruckerei für die Herstellung der Banknoten und eine mehr künstlerische Ausführung der Münzen. Alsdann führte der Bundes bevollmächtigte, Staats ⸗Minister Camphausen in eingehendem Vortrage aus, daß der im höchsten Grade übertrieben geschätzte Goldabfluß im Laufe des letzten Jahres sich in . auf eine kaum nennenswerthe Summe reduzire, von der im Geld⸗ wesen des Deutschen Reichs kaum die Rede sein dürfe und daß der nament ich in Börsenkreisen wie eine Katastrophe gefürchtete Uebergang zur Goldwährung sich wahrhaft spielend vollztehe. Auf des bg Pr. Reichensperger (Crefeldz Kritik der neuen Mark⸗

noten in Bezug auf ihre ästhetische Ausstattung und die Wahl des Papierstoffes antwortete der Präsident des Reichskanzler⸗ Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, und gab die Gesichts⸗ punkte an, von denen bei Herstellung der Reichskassenscheine ausgegangen sei und die man bei dem Druck der Noten der Reichsbank im Auge behalten werde. (Schluß des Blattes)

Aus London erfahren wir, daß die „Times“ vom 14. in ihrem Leitartikel den von dem Bundesraths⸗Bevollmächtigten, Wirklichem Geheimen Rath von Philipsborn in der vorgestrigen Reichstagssitzung abgegebenen Erklärungen betreffs des Unter⸗ gangs des Dampfschiffes „Deutschland! Dank und Anerkennung widmet und der deutschen Nation gegenüber die Versicherung ausspricht, es werde die größte Unparteilichkeit bei Führung der Untersuchung statthaben. Sie hoffe auch in briti⸗ schem Interesse auf baldige Vervollständigung der deutschen Gesetzgebung über Untersuchungsgerichte und Verfahren bei See⸗ unfällen. Das Verhalten der Küstenbevölkerung werde zu unter⸗ suchen sein.

Die Beerdigung der Leichen sollte Mittwoch in Harwich erfolgen, die große Masse der Auswanderer wegen Unfalls der Mosel! am Donnerstag von Southampton mit Dampfer „Salier“ befördert werden. Es ist ein Aufruf erlassen, der Gaben zu deren Unterstützung erbittet.

In der gestern abgedruckten Liste der Vermißten ist nach nunmehr eingegangener Berichtigung Jos. Hopp zu streichen. Derselbe ist gerettet und mit dem in betreffender Liste als Papp“ Aufgeführten identisch.

Nach einer vorläufigen öffentlichen Ankündigung in den polnischen Blättern werden mit dem 1. Januar k. J. zwei neue polnische Wochenblätter mit ultramontaner und polnisch⸗ nationaler Tendenz in Posen erscheinen; die Titel der angekün⸗ digten Wochenblätter sind:

1) Os wiata (Bildung), katholisch⸗ nationales Wochenblatt für die mittleren Stände. Inhalt: vorzugsweise Erzählungen aus der polnischen Geschichte und Novellen zur Belehrung und Unterhaltung. Der Redacteur und der größte Theil der Mit⸗ arbeiter werden Geistliche sein. Vierteljährlicher Abonnements⸗ preis 1 66 50 3.

27) Gwiazda (Stern). Herausgeber und Redacteur Dom⸗ vikar Tloczynskfi, der frühere Redacteur des ultramontanen Wochenblattes Niedziela. Inhalt: 1) religiöse Belehrungen in Bezug auf den schwebenden Kirchenstreit, Katechismuslehren für Eltern. deren Kinder des religiösen Unterrichts entbehren, Leben der Heiligen; 2) polnische Geschichte, Kirchengeschichte und pol⸗ nische Literatur; 3) Naturwissenschaften, Landwirthschaft, Ueber⸗ sicht der polnischen Ereignisse. Vierteljährlicher Abonnements⸗ preis 1 60

Die polnische ultramontane Tagespresse wird nach dem Er⸗ scheinen der beiden angekündigten Wochenblätter sechs Organe in der Stadt Posen zählen. Diese außerordentlichen publizistischen Anstrengungen sind ein Beweis, wie sehr die ultramontane Partei bemüht ist, die Masse der polnischen Bevölkerung mit ihren Ideen zu durchdringen und für ihre staatsfeindlichen Be⸗ strebungen zu gewinnen.

Nach dem Gewerbesteuergesetz vom Jahre 1820 ist der⸗ jenige, welcher gewerbsweise ein offenes Lokal hält, um zubereitete Speisen oder Getränke zum Genuß auf der Stelle oder außerhalb feilzubieten, als Speise⸗ oder Schank⸗ wirth steuerpflichtig. In Beziehung auf diese Vorschrift hat der Strafsenat des Ober⸗Tribunals am 19. November d. J. erkannt, daß für den Schankwirthschaftsbetrieb die Zweckbestimmung des offenen Lokals das Wesentliche ist und es keines Nachweises bedarf, daß der Wirth seine Speisen und Getränke thatsächlich feilgeboten. Ferner ist nach demselben Erkenntniß des höchsten Gerichtshofes zum Begriffe des offenen Lokals nur erforderlich, daß der Eintritt in dasselbe dem Publikum im Allgemeinen oder auch nur einzelnen Klassen desselben ungehin⸗ dert gestattet ist, nicht aber, daß die Zugänglichkeit des Lokals in einer allgemein erkennbaren Weise angedeutet ist. Den zu⸗ erst ausgesprochenen Rechtssatz motivirt das Ober⸗Tribunal in seinem Erkenntniß folgendermaßen: „Der §. 1 des Hausir⸗ regulativs erklärt für Personen, welche ihr Gewerbe im Umherziehen betreiben: „Diejenigen, welche eigene oder fremde Erzeugnisse von einem Orte zum andern zum Verkauf herumführen und auf offenen Straßen, in Gasthöfen oder in Privathäusern umherziehend feilbieten. Abweichend hiervon macht der §. 10 1. . des Gewerbe steuerge⸗ setzes vom 30. Mai 1820 die Steuerpflichtigkeit des Gewerbe⸗ treibenden davon abhängig, daß er ein offenes Lokal hält, „um Speisen u. s. w. feilzubieten. Im Hausirregulativ ist also das Hauptgewicht auf das Feilbieten der Waaren gelegt, wäh⸗ rend beim Schankwirthschaftsgewerbe das Hauptgewicht auf dem Halten eines offenen Lokals ruht, in welchem das Feilbieten von Speisen u. s. w. bezweckt wird. Für das Hausirgewerbe ist der Nachweis erforderlich, daß ein Feilbieten wirklich stattgefunden habe; für die Schankwirthschaft genügt es, daß das offene Lokal errichtet worden sei, um feilzubieten.“

Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten: Königlich württem⸗ bergischer Justiz⸗Minister von Mittnacht und Kaiserlicher Ober⸗ Präsident Wirklicher Geheimer Rath von Möller, sind nach Stuttgart und beziehungsweise Straßburg zurückgekehrt.

Der General⸗Arzt 1. Klasse Dr. Chälons, bisher Corps⸗Arzt des XIII. (Königlich Württembergischen) Armee⸗Corps, ist aus Anlaß seiner Wiederübernahme in den Königlich preu⸗ ßischen Dienst und Ernennung zum Corps⸗Arzt des IV. Armee⸗ Corps zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.

Cöln, 14 Dezember. Wie die „Kölnische Zeitung“ meldet, hat der Erzbischof Melchers gestern morgen Cöln verlassen und wird vorläufig nicht dahin zurückkehren. Das Blatt fügt hinzu, die geistlichen Behörden seien mit den nöthigen Voll⸗ machten versehen worden.

Bayern. München, 14. Dezember. Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, wird in der zwischen dem Kultus⸗Minister und dem Bischof von Regensburg schwebenden An⸗ gelegenheit eine Vernehmung des Erzbischofs von Bam⸗ berg erfolgen; derselbe war bekanntlich bis vor einigen Monaten Pfarrer in der zur Diözese Regensburg gehörenden Pfarrei Engelbrechtsmünster. Das Gesetz⸗ und Verord⸗ nungsblatt Nr. 62 enthält 2 Verordnungen, und zwar be⸗ treffs der Taxen der von den Thierärzten dispensirten Arznei⸗ mittel, und betreffs der Taxen und Stempelgebühr der Gewerbs⸗ privilegien. Beide Verordnungen treten mit dem 1. Januar k. Is. in Wirksamkeit und waren durch die neue Reichswährung bedingt. Das Kultus⸗Ministerium hat jetzt der Fürther Gemesndeverwaltung die Umwandlung der un fon er Volks⸗

schulen in konfessto nell gemischte gestattet.

Mecklenburg. Rostock, 13. Dezember. In der Nachmittagssitzung des Konvents der Ritter⸗ und Lan schaft gab die Landschaft zu Protokoll: Die Landschaft me lenburgischen und wendischen Kreises anerkennt, daß eine Au hebung der Stolgebühren wünschenswerth und g finanziell durchführbar fei. Da aber in der Vorlage nurn Aufhebung der Proklamations⸗ und Traugebühren beabsichtz wird, kann die Landschaft einer solchen Ablösung einzelne insbesondere dieser Stolgebühren nicht zustimmen und lehn deshalb die landesherrliche Vorlage ab; genehmigt jedoch, zo inzwischen und vor erreichter definitiver Erledigung dieser Ange legenheiten aus den Zinsen der reservirten 2 Millionen Min aus dem auf Mecklenburg gefallenen Antheil der französssch Kriegskontribution den Geistlichen und sonstigen Dienern lutherischen Kirche wegen des ihnen aus der Durchführung da Reichsgesetzes vom 6. Februar d. J erwachsenden Gebüͤhrenausfalf eine Entschädigung gewährt wird. Alsdann erklärt die Rite schaft, daß sie mit den Vorschlägen des Allerh. Reskripts von 1. November 1875, betreffend die Verwendung der französs schen Kriegskosten⸗Entschädigungsgelder und die d mit zusammenhängende Frage über die Ablösung der Stola bühren, wiewohl unter Approbation der zu den einzelnen Pan graphen des Verordnungsentwurfs Nr. 5 a. zum Konvenz Protokoll beschlossenen Aenderungen, vollständig einverstanda sei, jedoch das Reskript vom 1. November d. J. in allen seinn Theilen als ein unzertrennliches Ganze ansehe. Heute Po mittag 11 Uhr hielt der Konvent seine Schlußsitzung. N Verlesung des ritterschaftlichen Beschlusses beharrte die Land schaft bei ihrem gestrigen Standesbeschluß. Alsdann wurh! von der Ritter⸗ und Landschaft beschlossen: es werde der engen

Kenntniß des Großherzogs von Mecklenburg⸗Schwerin zu bringen

Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 13. Dezemha Der Großherzog, welcher sich am Freitag nach Hummelshann zur Jagd begeben hatte, ist gestern Nachmittag wieder hierhg zurückgekehrt. Der Rechnungsausschuß des Landtag ist nach Beendigung seiner Arbeiten heute wieder auseinande gegangen. Nach der neuesten Volkszählung vom 1. d. J beträgt die Einwohnerzahl von Weimar: 17,558, oder 158 Personen mehr als bei der Zählung im Jahre 1871, ebenso i seitdem die Bevölkerung von Eisenach von 13,981 auf 163. Einw. gestiegen.

Oldenburg. Oldenburg, 14. Dezember. Das Geset blatt für das Herzogthum Oldenburg enthält u. A.: Bekanm machung des Staats⸗Ministeriums vom 4. Dezember 1875, he treffend die Gewährung von Erleichterungen für den Verkeht zwischen den beiden Weserufern; Gesetz vom 6. Dezember 185 betreffend die Förderung der Pferdezucht im Herzogthum Ol denburg.

Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 12. Dezembe Nachdem der Landtag eine volle Woche die Synodalordnun berathen und dem Antrage auf Ablehnung derselben mit groß— Majorität begegnet ist, wurde eine Vereinbarung erzielt, dern Ratifikation Seitens der zuständigen Faktoren gesichert erscheint Die Hauptfrage war bekanntlich die Zusammensetzung de Synode; die Vorsynode wollte zwischen Laien und Geistlich vollständige Parität; dem stimmte der Landtag nicht zu, da dez Laienelement das überwiegende sein sollte. Endlich kam ein Einigung dahin zu Stande, daß aus jedem der vier Kreise dre weltliche und zwei geistliche Mitglieder zur Synode gewählt werden, so daß im Ganzen zwölf weltliche und acht geistlich Abgeordnete zu wählen sind. In gleichem Verhältniß ist de Zahl der Wähler festgesetzt. Der Herzog ernennt noch zwei A= geordnete und zwar auch je einen Geistlichen und Weltlichen.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sonders hausen, 10. Dezember. Heute war der Landtag mit der Berathunz von nur zwei kleinen Vorlagen beschäftigt. Die eine derselben betraf eine Mehrforderung für den Bau des Exerzierhauses hier⸗ selbst und wurde durch Bewilligung dieser Mehrforderung nach dem Antrage der Staatsregierung ohne Debatte erledigt. Di zweite, betreffend Festsetzung einer Präklustofrist für die Noten der Thüringischen Bank hierselbst, rief eine längere Debatte her— vor und führte schließlich zur Ablehnung mit 8 gegen 7 Stimmen. II. Dezember. Der Landtag nahm in seinen letzten Sitzungen den Gesetzentwurf über Befreiung der Grundstücke der Kirchen Pfarreien und Schulen von der Grundsteuer mit einem Amen—⸗ dement an, welches diese Steuerfreiheit auf alle jetzigen und künftig noch zu erwerbenden Grundstücke ausdehnt, und gench= migte die noch unerledigten Titel der Budgetausgabe nach den von der Regierung eingestellten Ansätzen, während die Beschluß— fassung über die Mehrforderung an Gehalten und über den Dispositionsfond noch ausgesetzt geblieben ist. Mit dem ersten Gesetze ist eine Frage beseitigt, die seit 1868 immer von Neuem aufgetaucht ist.

14. Dezember. Die heute ausgegebenen Landes⸗öGwesetz⸗ Sammlungsstücke 13 und 19 enthalten u. A.: Pferde⸗Aus⸗ hebungs⸗Reglement für das Fürstenthum Schwarzburg⸗Sonderz⸗ hausen vom 24. November 1875. Gefetz, die Pensionirung der Geistlichen betreffend vom 30. November 1875. Geseß die Diäten der bei den Geschwornengerichten fungirenden Beam—= ten betreffend vom 1. Dezember 1875. Gesetz, einen Nach trag zum Gesetze vom 2. April 1854 über die Ablösung won Servituten, die Gemeinheitstheilungen und Zusammenlegung der Grundstücke betreffend vom 4. Dezember 1875.

Lippe. Detmold, 14. Dezember. Zu der heute Voh⸗ mittag stattgehabten feierlichen Beisetzung der Leiche weiland des regierenden Fürsten Leopold hatten sich folgende Höchsten . Hohen Herrschaften nebst Gefolge und Abgesandten einge unden:

Prinzeß Adolph von Schwarzburg⸗Rudolstadt, der regierende Fürst von Schwarzburg⸗Rudolstadt, der regierende Fürst M Waldeck, der Erbprinz von Schwarzburg⸗Sonders ausen, da Erbprinz zu Schaumburg⸗Lippe, der Prinz Otto zu Schaum burh⸗ Lippe, Prinz Günther von Schwarzburg⸗Rudolstadt, Prim Heinrich zu Waldeck, Prinz Albrecht zu Solms⸗Braunfels, Prim Gustar zu Isenburg, der kommandirende General Graf K Stolberg, der Großherzoglich mecklenburgsche Abgesandte, General Major von Müller, der Herzoglich sachsen⸗alienburgsche Abge sandte Oberhofmeister von Minckwitz, der Herzoglich anhaltish Abgesandte Hofmarschall von Berenhorst, der Fürstlich bentheimschi Abgesandte Kammerrath Borgemann, General⸗Lieutenant von Barby und der Landstallmeister von Unger.

Als die Höchsten Herrschaften den Trauersaal betraten, mo selbst vorher sich die zur Andacht geladenen Personen eingefun den hatten, begab sich der General⸗Superintendent Koppen Häupten der Hohen Leiche und hielt eine kurze Trauerandacht

unter Zugrundelegung des Textes Ey. Johannis Kap. Il

gesttig

Ausschuß nunmehr beauftragt, die Beschlüsse beider Stände 3

Vers 24, und nahm sodann die Aussegnung der Hohen Leiche vor. Nachdem die Höchsten Herrschaften sich zurückgezogen, wurde der Sarg von Unteroffizieren des Regiments auf den Leichen⸗ wagen getragen, und der Zug setzte sich unter den Klängen der Trauermärsche in der im Programm bezeichneten Ordnung in Bewegung; eine unabsehbare Menschenmenge von Nah und Fern begleitete denselben. Am Mausoleum angekommen, wurde der Sarg von denselben Unteroffizieren von dem Leichenwagen ge⸗ hoben und zur Beisetzung in dasselbe getragen, währenddem die hiesige Liedertafel unter Begleitung des Hof⸗Orchesters Trauergesänge anstimmte. Darnach verlas der General⸗Super⸗ intendent Koppen aus 1. Korinther, Kap. 15, Vers 19 23, und segnete sodann die Leiche ein. Das Bataillon gab die üblichen Ehrensalven, womit die Trauerfeierlichkeit beendet war.

Bremen, 11. Dezember. Die Bürgerschaft begann die Berathung des Höfegesetzes, dessen Eniwurf von dem Landherrn, Senator A. Gröning, herrührt; dieser fungirte denn auch als Kommissar des Senats. Der Gesetzentwurf lehnt sich an die neuen Gesetze Hannovers und Oldenburgs an.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. Dezember. Das Re ich s⸗ Gesetz blatt enthält: die Verordnung der Ministerien des Han⸗ dels und der Finanzen vom 12. November 1875, betreffend die Anwendung der metrischen Maße und Gewichte auf den öster⸗ reichisch⸗ungarischen Zolltarif; gültig für das allgemeine Zoll⸗ gebiet; die Verordnung der Ministerien der Finanzen und des Handels vom 12. November 1875, betreffend die Anwendung der metrischen Maße und Gewichte auf den dalmatinischen Zolltarif; gültig für Dalmatien.

Der Erzherzog Albrecht war auf der Reise nach St. Petersburg, wie man vermuthet, in Folge einer Ueberheizung des Waggons, unwohl geworden, so daß derselbe in der rus⸗ sischen Hauptstadt in leidendem Zustande ankam. Nichts desto⸗ weniger wohnte Se. Kaiserliche Hoheit dem Festbanket bei und unterzog sich allen Anstrengungen seiner Sendung. Nach den letzten telegraphischen Nachrichten hat sich der Erzherzog von dem Uebelbefinden wieder völlig erholt.

Im Abgeordnetenhause überreichte Dr. Meznik einen Gesetzentwurf über die Besteuerung der Erwerbs- und Wirth⸗ schaftsgenossenschaften. Klaie beantragte einen Gesetzentwurf, betreffend die Steuerbefreiung neuerbauter Handelsschiffe. So⸗ dann wurden in der fortgesetzten Spezialdebatte über das Budget mehre Titel des Unterrichtsbudgets angenommen.

Pest, 12. Dezember. In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses wurde das 1876er Finanzgesetz in dritter Lesung definitiv angenommen und dem Oberhause übersendet. Hierauf gelangte der Gesetzentwurf über das 80 Millionen⸗ Anlehen zur Verhandlung. Finanz⸗Minister Széll bat in weni⸗ gen Worten um die Annahme der Vorlage. Ernst Simonyi beantragte, das Anlehen als überflüssig und theuer abzulehnen. Alexander Bujanovits (Opposition der Rechten) erklärte, den Gesetzentwurf anzunehmen, beanstandete jedoch die sechsprozentige Verzinsung. Der Finanz ⸗Minister erwiderte, die Höhe der Zinsen sei nicht allein in Betracht zu nehmen, sondern auch die Höhe des erzielten Kurses, Gustav Kapp (Sachse) acceptirte ebenfalls die Vorlage. Die Debatte, an der noch Orban Berze⸗ viczy und Johann Simonyi Theil nahmen, gelangte nicht zum Abschluß.

Das Oberhaus hielt eine kurze Sitzung, in welcher das Finanzgesetz entgegengenommen und dem Finanzausschusse zu rascher Berichterstattung zugewiesen wurde.

13. Dezember. In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses wurde die Generaldebatte über das Acht⸗

zig⸗Millionen⸗Rentenanlehen fortgesetzt. Helfy sprach gegen die

Annahme, Prileszky vertheidigte den Gesetzentwurf und sagte: Wir müssen freudig jede Finanzoperation begrüßen, die Ungaru von den feindseligen Intriguen der Wiener Geldmächte befreit. Kallay acceptirte das Anlehen ebenfalls, doch nicht aus dem von Prileszky angeführten Grunde. Dieses Anlehen werde ja zum größten Theile gerade von jenen Wiener Geldmächten gemacht, die angeblich gegen Ungarn intriguiren. Borlea sprach im Sinne der äußersten Linken. Damit war die Debatte geschlossen und Ernst Simonyi nahm als Antragsteller das Wort zur Schluß⸗ rede. Bei der Abstimmung wurde, wie bereits telegraphisch gemel⸗ det, der Anlehens⸗Gesetzentwurf mit allen gegen die Stimme der ãußersten Linken angenommen. In der Spezial debatte beantragte der Finanz⸗Minister die Einstellung eines Paragraphen, wonach der Betrag für die Verzinsung der neuen Schuld nachträglich in das 1876er Budget eingestellt werden soll. Der Antrag wurde angenommen. Sodann wurden fast ohne Bemerkung der Ver⸗ trag mit Hawaii und das 1876er Rekrutengesetz angenommen.

In der heutigen Versammlung der liberalen Partei gab der Minister⸗Präsident die Antwort auf die Interpellation Mile⸗ ties wegen Auflösung der slovakischen Matiꝑea bekannt. Die Manca machte anläßlich der Eröffnung der Agramer Uni⸗ versitãt staatsfeindliche Kundgebungen. und die Vereinsbeamten bezogen statutenwidrige Gehalte. Das eingezogene Vereins⸗ vermögen wird verzinslich angelegt, bis es einem wirkliche Kultur—⸗ zwecke anstrebenden Vereine wird übergeben werden können. Die Partei nahm die Antwort mit Befriedigung zur Kenntniß.

Schweiz. Bern, 11. Dezember. Der Ständerath hat bei seiner nochmaligen Berathung des Militär steuer⸗ gesetzes, dessen Zustandekommen an der Bestimmung des Art. 3, nach welcher derselbe bei der Berechnung des Einkom⸗ mens aus dem Vermögen 1000 Fres. reines Vermögen zu 70 Fres. reinen Erwerbes veranschlagt wissen will, während der Natlonalrath 80 Fres. dafür annahm, in der Sitzung vom 18. September d. J. scheiterte, seinen damaligen Beschluß fest⸗ gehalten; sonstige neue Abänderungen des Gesetzes sind dagegen nicht beschlossen worden. Somit sind beide Räthe außer über Art. 3 betreffend aller übrigen Artikel des Gesetzes im Einver⸗ ständniß; der Nationalrath wird wohl dem ständeräthlichen Be⸗ schlusse jetzt beitreten. Der Ständerath genehmigte noch in seiner heutigen Sitzung die St. Galler Verfassungsrevision und die Fristverlängerung für die Linie Lyß⸗Zofin gen. Laut dem Bericht des Regierungsrathes des Kantons Solothurn an den Kantonsrath (Großen Rath) über die Verwaltung und Liquidation der in diesem Kanton auf⸗ gehobenen Klöster und Stifte sind für die bis jetzt verkauften Güter und Fahrnisse 1A 353,733 Fres. 87 Ets. gelöst worden, während die Schätzung nur 900422 Frcs. betrug, somit Mehrerlös 453,A311 Fres. 87 Ets.; dabei sind nicht eingerechnet die bereits geschehenen Verkäufe, bei denen auch der Erlös beträchtlicher als die Schätzung ist. Die Unkosten be⸗ trugen 26, 000 Fres. Zu verkaufen sind noch 16 Stiftshäuser in Solothurn, sämmtliche Liegenschaften in Schönenwerd, das Vorrathshaus, Abtei und Großtellnerei, das St. Annafeld in

Mariastein, die Höfe Rothberg und Rütti und ungefähr 360 Jucharten Land in Beinwyl.

12. Dezember. Der Ständerath ertheilte dem Nie⸗ derlassungsvertrage mit Desterreich⸗Ungarn die Rati= fikation.

Riederlande. Haag, 11. Dezember. Die Königin beabsichtigt, sich demnächst nach dem südlichen Frankreich zu be⸗ geben um daselbst an einem am Mittelländischen Meere gelege⸗ nen Orte für einige Zeit zur Wiederkräftigung ihrer Gesundheit Aufenthalt zu nehmen. Ihre Majestät wird sich zu diesem Zwecke nach Cannes verfügen. Der Prinz Alexander hielt sich auf seiner Reise nach Algerien, die er, wie schon gemeldet, am 25. November angetreten hatte, einige Tage in Brüssel auf, wo ihm von Seiten des Hofes und der städtischen Behörde die ent⸗ gegenkommendste Aufnahme zu Theil ward, und dann länger als eine Woche in Paris. Von da reiste der Prinz vorgestern nach Marseille ab, wo er sich nach Algier einschiffen wird.

Großbritannien und Irland. London, 13. De⸗ zember. Mr. Disraeli kam am Sonnabend zum Besuche der Königin im Windsorschlosse an und wurde zur Königlichen Tafel gezogen. Prinz Leopold hat seinen Studienkursus an der Universität von Oxford beendigt und ist nach Windsor zurückgekehrt. Mr. Stephen Cave, der General⸗Zahlmei⸗ ster der britischen Armee, hat sich in Begleitung des Obersten Stokes und seines übrigen Beamtenpersonals nach Aegypten begeben, um dort die Funktionen seiner Spezial⸗Mission beim Khedive anzutreten. Cave ist auch von seiner Gattin begleitet, woraus sich schließen läßt, daß seine Abwesenheit von England auf längere Zeit berechnet ist. Admiral Sir Hou ston Stewart, einer der ältesten Offiziere der britischen Marine, ist am 10. d. in Fort William, North Britain, im Alter von 84 Jahren mit Tode abgegangen.

Aus Trichonopoly auf Ceylon wird dem „Reuter⸗ schen Bureau in London unterm II. d. M. gemeldet:

In Madura fand gestern Abend zu Ehren des Besuchs des Prin zen von Wales eine großartige Illumination, verbunden mit einem prachtvollen Feuerwerk statt. Der Prinz besuchte die Hauptsehens wür⸗ digkeiten der Stadt, darunter die prächtigen Ueberbleibsel des alten Tem pels, eines der größten althistorischen Monumente des südlichen Indiens. Hierauf besuchte Se. Königliche Hoheit den alten Palast, wo er von den angesehensten Einwohnern begrüßt wurde, und fuhr daun nach dem Bahnhofe, um sich nach Trichenopely zu begeben, woselbst er heute Nachmittag eintraf. Der Prinz fuhr unverzüglich nach der Wohnung des Obertichters und nach dem Dejeuner stattete er dem Palaste des Nabob einen Besuch ab. Später begab sich Se. Königliche Hoheit nach Seringham, wo er die Pagode, sowie die berühmte Palle der tausend Säulen in Augenschein nahm. Am Ein⸗ gange der letzteten wurde er von einer Anzahl Priester empfangen, welche ihm eine Adresse überreichten, die er mit einigen huldreichen Worten entgegennahm. Auf dem nach der Pagode führenden Fuß pfade streuten dem Prinzen Hindumädchen Blumen auf den Wez und führten dann einige Tänze auf. Auf der Rückkehr von Seringham wurde die der alten Festung von Trichonopoly gegenüber⸗ liezende Pandal⸗Hauptwache besucht, von welchem Punkte aus der Hohe Gast ein großartiges Feuerwerk, so wie die ihm zu Ehren ver— anstaltete Illumination in Augenschein nahm. Die Festung, die sehr hoch auf einem Glacis gelegen ist, hot in ihrem Illuminationsschmucke einen sehr glänzenden und imposanten Anblick dar und ecregte die Bewunderung des Prinzen und seines Gefolges. Der Prinz wurde kier von den aus Nah und Fein massenhaft versammelten Eingeborenen sehr warm empfangen. Während seiner Anwesen⸗ heit in Madura eröffnete der Prinz auch die südindische Eisenbahn und taufte die Lokomotive des ersten abgehenden Zuges ‚The Prinetß of Wales“. Eine Deputation der Missionäre von Tinne— velly überreichte ihm eine Adresse, auf welche er Folgendes erwiderte: „Es gereicht mir zur geoßen Befriedigung, zu finden, daß meine Lands⸗ leute ihren indischen Mitunterthanen die Wahrheiten bieten, welche die Grundlage unseres sozialen und politischen Systems bilden und die wir selber als unser werthvollstes Besitzthum schätzen. Die der öffent⸗ lichen Meinung von der Regierung gesicherte Freiheit veranlaßt sehr

wahlen gehabt. Ministeriellen Blättern zufolge ist die Abreise des Königs zur Armee wegen des starken Schneefalles, welcher augenblicklich die Kriegführung unmöglich macht, hinaus⸗ g schoben worden. -In Navarra herrscht strenge Kälte; viele Carlisten sollen ihr zum Opfer gefallen sein. Entlang dem Argaflusse häufen die Regierungstruppen große Vorräthe von Munition und Lebensmitteln an. Die Berichte, welche die Stärke der carlistischen Armee auf 52000 Mann und 105 Kanonen angeben, stammen aus französisch⸗ legitimistischen Quellen; ein Blick auf die Einzelheiten der Zusammenstellung genügt, um sie als durchaus un⸗ zuverlässig zu erkennen. Die Zerwürfnisse im Carlistenlager dauern fort. Perula ist seines Postens enthoben worden und durch Mogrovejo ersetzt, Lizarraga zum Vorsteher von Don Carlos' militärischem Haushalt ernannt worden. Es bestätigt sich, daß Morisnes ein Kommando übernehmen wird. Er soll mit 25.000 Mann die Grenze und das Baztanthal besetzen und dabei San Sebastian, Pasages und Hernani vor den An⸗ griffen der Carlisten schützen. In Santander werden 8000 Mann Infanterie, eine Schwadron Kavallerie und eine Batterie Artil⸗ lerie erwartet, welche nach San Sebastian verschifft werden sollen. Die nöthigen Fahrzeuge sind bereits in Bereitschaft

gehalten.

Italien. Rom, J. Dezember. Der König wird sich dieser Tage nach Neapel begeben, um dem Prinzen Leopold von Bayern und seiner Gemahlin, der Erzherzogin Gisela, Tochter des Kaisers von Oesterreich, einen Besuch zu machen. Nach der „Italie“ ist der Direktor der Gewehrfabriken des De⸗ partements Venezia, Lieutenant zur See Pil o Manca, aus Belgien, wohin er sich begeben hatte, um die Fabrikation der Mitrailleusen und die Einrichtungen der belgischen Gewehr⸗ fabriken in Augenschein zu nehmen, auf seinen Posten zurück⸗ gekehrt. Die italienische Regierung hat für die Kriegsmarine mehrere Mitrailleusen (System Montigny) gekauft und auch das Recht, solche machen zu lassen, und Pilo Manca soll die Kon⸗ struktion dieser Mitrailleusen leiten. Gestern sind im Vatikan neue Nachrichten über die Unterhandlungen des päpstlichen Nuntius mit dem spanischen Minister der auswärtigen An⸗ gelegenheiten eingelaufen, wonach Hr. Calderon Collantes dem Kardinal Simeoni erklärt hat, daß er zwar bereit, mit ihm über die Vorschläge des Vatikans zu verhandeln, daß er aber im Prinzip dagegen ist. Der Bischof von Borino hat mit Anwendung von Gewaltmaßregeln aus dem bischöflichen Palastꝛ gewiesen werden müssen, weil er weder das Königliche Exequatur verlangen, noch den gekündigten Palast gutwillig ver⸗ lassen wollte.

9. Dezember. Gestern tauschten der Minister⸗Präsident und der Herzog von Galliera ihre Erklärungen über das Aner⸗ bieten und die Annahme von 20 Millionen Franes für Hafen⸗ arbeiten und anderer? Millionen für den Bau von Arbeiter⸗ wohnungen in Genua aus. Heute machte der Vize⸗Präsident des Senats, Graf Serra, dem Herzog von Galliera seine Auf⸗ wartung, um demselben im Namen des Senats für seine groß⸗ artige Freigebigkeit Dank und Bewunderung auszusprechen. Gestern ist eine Karavane von 240 französischen PilLgern aus der Diözese Rennes hier angekommen. Der Erzbischof Saint Mare Brossais hatte Anfangs die Absicht, sie dem Papste selbst vorzuführen, er wurde aber unterwegs krank und mußte, um sich in seinem hohen Alter und bei der rauhen Jahreszeit nicht allzu großen Gefahren auszusetzen, von Paris nach Rennes zurückkehren. Er hofft jedoch, wenn die Witterung günstiger wird, nachpilgern zu können.

Türkei. Konstantinopel, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Kaiserliche Ferman, betreffend die Durch hrung der Reformen der Gerichts- und Administratin⸗Ver⸗

viele Ihrer indischen Mit-Unterthanen, Ihre Lehren aus Ueberzeu⸗ gung anzunehmen, während Jedermann die vollkommene Freiheit besitzt, die wesentlichen Charakterzüge unserer Hereschaft kennen zu lernen. Ich hege jede Zuversicht, daß die moralischen Vortheile de

leuchten werden als die materiellen Resultate der Eisenbahn, heute eröffnete!“ Der Prinz schloß mit dem Ausdruck der Hoffnunz, daß die Eingeborenen Indiens jeden Grund haben würden, ihre Ver⸗ bindung mit Ergland, sei es in deren moralischen oder materiellen Intertssen, als eine ihrer größten Segnungen zu betrachten. Die ÄAb— geise nach Madras ist auf morgen (Montag) anberaumt. Se. König⸗ liche Heheit, fügt das Telegramm hinzu, erfreut sich einer neten Gesundheit.

Aus Madras, 13. Dezember meldet W. T. B.“: Der Prinz von Wales ist hier eingetroffen und von einer großen

das Glänzendste empfangen worden.

fand ein Galadiner statt, an dem

Pondichery theilnahm. 14. Dezember.

auch

(W. T. B.) Wie die „Times“ meldet, Agenten der Inhaber türkischer Obligationen bei der Pforte bestätigt. Otway hat sich bereits in dieser Eigenschaft den großbritannischen Botschaftern in Paris und Konstantinopel, Lord Lyons und Sir Elliot, vorgestellt. Wahrscheinlich wird Bourrée, der Vorsitzende des französischen Comitès zur Wah⸗ rung der Interessen der Inhaber türkischer Obligationen, Otway nach Konstantinopel begleiten, um mit ihm gemeinschaftlich zu verfahren.

Frankreich. Paris, 14. Dezember. Journal „Union“, das Organ des Grafen von Chambord, erklärt die Nachricht, daß der Graf v. Chambord die Deputirten Larochette und Franelieu anläßlich ihrer Ernennung zu Senatoren beglückwünscht habe, für unbegründet. Das genannte Blatt spricht sich mißbilligend über das Vorgehen Larochette s aus ind fügt hinzu, das letzte parlamentarische Manöver desselben sei unüberlegt gewesen und der Graf v. Chambord stehe dem⸗ selben vollkommen fern. Die äußerste Rechte hat in einer heute abgehaltenen Versammlung eine Resolution angenommen, durch welche Larochette und die übrigen Parteimitglieder, welche bei den Senatswahlen mit der Linken gegangen waren, ener⸗ gisch desavouirt werden.

Ver sail les, 14. Dezember. (W. T. B.) In der heu⸗ tigen Sitzung der National versammlung kam nur eine Senatorenwahl zu Stande. Es wurde Fourcand, von der Linken, mit 344 Stimmen gewählt. Die übrigen Kandidaten der Linken erhielten zwischen 330 und 337 Stimmen. Die Zahl der Wähler war in der heutigen Sitzung geringer, als in den vorhergehenden.

Spanien. Madrid, 13. Dezember. Der Minister⸗ Präsident Canovas del Castillo und Sagasta haben

(W. T. B.) Das

gestern eine Unterredung über die bevorstehenden Cortes⸗

waltung ist heute veröffentlicht worden.

ä tions⸗ höfe

der bereits unter dem 9. d.

Vereinigung init England dem indischen Volke nicht weniger ein⸗ welche ich

Anzahl indischer Fürsten, sowie einer zahlreichen Volks menge auf Zu Ehren des Prinzen der Gouverneur von

hat Lord Derby die Ernennung Otway's zum General

Der auf die Reorga⸗ nisirung der Behörden des obersten Reichsgerichts, des Kassa⸗ und Appellations⸗Gerichtshofes, sowie der Gerichts⸗ erster Instanz bezügliche Theil ist eine Wiederholung bekannt gewordenen jüng⸗ sten offiziellen Verlautbarung. Die weiteren Bestimmungen des Fermans enthalten folgende Anordnungen: Alle Unterthanen der Pforte ohne Unterschied wählen selbst die Richter, sowie die muselmännischen und nichtmuselmännischen Mitglieder der Gerichte und der Provinzialverwaltungsräthe. Die Prozesse zwischen Muselmännern und Nicht⸗Muselmäͤnnern werden den Civilgerichten zugewiesen; Niemand wird, ohne verurtheilt zu sein, in Haft gehalten eine schlechte Behandlung der Ver⸗ hafteten wird nicht geduldet. Weiter verheißt der Ferman ge⸗ echte Vertheilung der Steuern, Erleichterung von den drückenden

Steuern, eine einheitliche Gestaltung derselben, unabhängig von der Aufhebung des Zuschlages von R zum Zehent. Als Maß⸗ regeln zur Verhinderung willkürlicher Erhebung von Steuern werden bestimmt: Wahl der Steuereinnehmer von der musel⸗ männischen und nicht muselmännischen Bevölkerung selbf und Reformirung der Titres des unbeweglichen Eigenthums. Die Eigenthumsrechte aller Unterthanen sollen sichergestellt wer⸗ den. Die Gensdarmen werden aus den besten Sinwohnern jeder Ortschaft gewählt. Die Frohnarbeit wird aufgehoben. Die Leistungen für öffentliche Arbeiten werden bestimmt begrenzt. Zur Hebung des Ackerbaues, des Handels und der Industrie wird die Einholung von Rathschlägen Seitens anerkannter Fachmänner angeordnet. Ber Ferman bestätigt die Gewalten der Patriarchen und ermächtigt alle anderen geistlichen Obern zur freien Ausübung ihrer Religion. Gleichzeitig werden alle behufs Gründung von Kirchen und Schulen bestehenden Erleichterungen gewährleistet. Allen nicht⸗ muselmännischen Unterthanen werden die öffentlichen Aemter aller Grade zugänglich gemacht. Die Taxe für die Befreiung vom Militärdienste wird nach den indioiduellen Vermögens verhält⸗ nissen herabgemindert. Für Nichtmuselmänner beträgt dieselbe nur die Hälfte der Taxe für Muselmänner. Dienstuntaugliche werden von der Taxe befreit. Das Recht der Grund⸗ erwerbung wird allen nicht muselmännischen Unter⸗ thanen der Provinzen zugesichert. Die testamentarischen Bestimmungen sollen respektirt werden. Der Jverman gestattet ferner ungehinderte Vorbringung aller berechtigten Wünsche und Beschwerden bei der Pforte, indem er strenge Bestrafung jeder Uebertretung dieser Vorschrift androht. Die Befugnisse der Gouverneure und der an⸗ deren Oberbeamten werden begrenzt. Aller im Fermen erwähnten Begünstigungen werden nur Diejenigen theilhaftig, welche die Pflichten getreuer Unterthanen erfüllen. Alle Anderen werden derfelben verlustig. Der Großvezir wird die zur Durch⸗ führung dieses Reformwerkes erforderlichen Maßregeln treffen. Eine besondere Kommission soll darüber wachen.

Nuslaud und Volen. St. Petersburg, 12. Dezember. Die Großfürstin Katharina Michailowna ist gestern