Grießm ar er, Pt. Lt. vom 2. Inf. Regt. mit der Eilaabniß zum Tragen der Uniform verabschiedet.
In der Reserve und Landwehr. Den 30. November, Frhr. v. Aufseß zu Aufseß, Pr. Lt. zur Digp. der Funktion als 22 beim Landw. Bezirkę Kommando Antbach auf Nachsuchen enthoben.
Im Sanitätscorps. Den 5. Dezember. Dr. Bauer, Ober ⸗Stabtzarzt 1. Kl. und Garn. Arzt vom Festungè Gouvernement Germersheim, als Garn. Arzt zur Kommandantur Nürnberg unter gleichzeitiger Ernennung zum Div. Arzt der 3. Div., Dr. Ebenhöch, Stabzarzt vom 3. Feld-Artillerie Regiment zum 1. Feld- Artillerie; Regiment, versetzt. Dr. Wing efel der, Stabzarzt vom 14. Inf. Regt. als Garn. Arzt beim Festungs⸗ Gouvernement Germersheim, Yr, Kunsft mann, Stabzarzit vom 1. Feld ⸗AU till. Regt. als Regts. Arzt im Inf. Leib ⸗Regt., zu Qber⸗Stabzärzten 2. Kl. Dr. Heydenreich, Afsist. Arzt 1. Kl. vom 2. Train Bat, im 11. Inf. Regt, Dr. Wi- g and, Assist. Arzt 1. Kl. vom 2. Kürass. Regt. im 14 Inf. Regt, u Stabsärzten, Dr. Mang, Unterarzt im 3. Chevaulegerz⸗
egiment, Dr. Burgl, Unterarzt im 9. Jäger · Bataillon, Pr. Neidhardt, Unkerarzi im 2. Chevaulegers - Regiment, Dr. Deppert, Unterarzt von der Kommandantur Augshurg, im sz. Inf. Regt, Dr. Potschweidt, Unterarzt im 6. Inf. Regt, Ni e⸗ Dermahr, Unterarzt im 15. Inf. Regt, zu Assist. Aerzten 2. Klasse, Dr. Wehlmuth, Reserve ⸗Unterarzt vom Landwehr Bezirk München, Dr. Nie berding, Reserve⸗ Unterarzt vom Landw, . Würzburg, zu Res. Assistenz⸗üAerzten 2. Klasse, befördert. Dr ranich, Dr. Ra ö Generalaͤrzte 1. Klasse a. D., als General ⸗Stabsärzte charak⸗ terisirt.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps.
Offiziere, Portepee-Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im stehenden Heere. Stuttgart, 5. Dezember. v. Reichen au, Port. Fähnr. im Ulan. Regt. Nr. 20, zum Sec. Lt. ernannt. Frhr. v. . char. . Fähnr. im Feld⸗Art. Reg. Nr. 13, Stängel, char. Port. Fähnr. im Infant. Regt. Nr. 124, Frhr. v. Degenfeld Picht, Unteroffe. im Ulanen Regt. Nr. 206, Zepf, Unteroff, im Inf. Regt. Nr. 12, Stach v. Goltz heim, Unteroff im Gren. Rest. Nr. 123, Frhr. v. Krauß, Frhr. v. Reichlin ⸗Meldegg, Unteroffiziere im Inf. Regt. Nr. 124, zu Port. Fähnr. befördert. Frhr. v. Wöll⸗ warth-⸗Lauterburg, überzäͤhliger Pr. Lt. im Ulanen ⸗Regt. Nr. 20, in den Etat einrangirt. Fetzer, Sec. Lt. im Gren. Regt. Nr. 123, ein Patent seiner Charge vom 9. September 1874 D. verliehen. v. Fäger, Hauptm. und Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. 126, in das Jnf. Regt. Nr. 10, Wagner, Hauptm. und Comp. Chef im Infant. Regt. Nr. 120, in das Inf. Regt. Nr. 126 versetzt. Abschieds bewilligungen. Im stehenden Heere. Stuttgart, 6. November. Graf v. Beroldingen, Oberst⸗ Lieut,, à la suite des Feld⸗Art. Regts. Nr. 29, beauftragt mit Füh— rung desselben, der Abschied mit Pension und der Regts. Uniform, bewilligt. .
In der Reserve und Landwehr. Stuttgart, 6. No— vember. Euting, Sec. Lt. von der Art. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 120. Nagel, Sec. Lt. von der Jafant. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 119, der Abschied bewilligt.
— —
Aichtamtliches. Deutsches Remich.
Preußen. Berlin, 15. Dezember. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen Sitzung der außerordentlichen Gene⸗ ralsynode ergriff der Vertreter des Kirchenregiments, Unter⸗ Staatssekretär Sydow das Wort. Der §. 40 sei nur eine Aus⸗ führung des Gedankens, der der Allerhöchsten Verordnung vom 10. September 1875 zu Grunde liege. Der Gedanke sei klar dahin gezeichnet, daß es der Kirchenregierung wichtig erscheine, 1) in der evangelischen Kirche eine größere Mitwirkung der welt⸗ lichen Mitglieder eintreten zu lassen, 2) der Thätigkeit dieser Mitglieder ein größeres Arbeitsfeld zu eröffnen und 3) das Verhältniß zwischen geistlichen und weltlichen Mitgliedern so herzustellen daß es auf einem gegenseitigen Vertrauen beruhe. Der preußische Staat schreibe der evangelischen Kirche eine wichtige Rolle zu für die Erziehung des deutschen Volkes. Der historischen Ent⸗ wicklung und der Würde Preußens entspreche es, der Kirche eine bedeutende Stellung einzuräumen. Wie stand aber die Kirche dem Staat gegenüber? Hat sie ihm die Dienste geleistet und leisten können, welche sie ihm geschuldet? Seit 30 Jahren seien die Klagen über die Entfremdung der Kirche im Steigen und das geschah eben zu einer Zeit, wo die Organisation bestand, welche die Vorlage abschaffen will. Durch letztere solle der Boden gewonnen werden, auf dem wir zu besseren Zuständen gelangen. Hierzu gebe es aber kein anderes Mittel, als die Laien in das Kirchenregiment zu ziehen. Man frage, warum die oberste Kirchenbehöͤrde nicht dabei, resp. bei dem Allerhöchsten Erlaß vom 10. September 1873 stehen geblieben und in der Vorlage weiter gegangen sei. Er gestehe offen, daß damals die Behörde diejenige thatsächliche Unterlage noch nicht besessen habe, welche ihr jetzt zu Gebote stehe. Hätte die Regierung damals gewußt, daß unter den 342 Kreissynoden nur 29 seien, welche eine größere Zahl als 4 über die Hälfte hinaus zu wählen haben, und nur 18, welche mehr als ein Mitglied in die Provinzialsynode wählen, so würde sie schon damals andere Bestimmungen getroffen haben. Nur durch Vermehrung der Arbeit, zu der die Laien herangezogen werden, können die falschen Wege ver⸗ mieden werden, auf welche Versammlungen gerathen, wenn ihnen keine praktischen Vorlagen zugehen. Es müsse ein freies Vertrauens verhältniß zwischen Geistlichen und Weltlichen statt⸗ finden, auf Grund dessen die höheren Stufen des synodalen Lebens sich auf den niederen aufbauen. Es sei anzu⸗ nehmen, daß Leute, die ein solches Amt annehmen, sich auch durch das Vertrauen ihrer Wähler gebunden fühlen. Das preußische Volk werde sich sagen, daß diejenigen, die in allen Punkten der Lehre rechtgläubig sich zeigen, darum noch nicht immer die rechten Gläubigen sind. Man möge auf den Kern des Volkes und auf das Evangelium vertrauen und den Paragraphen annehmen. — Redner gab zum Schluß folgendes sta⸗ tistische Material: In den sechs östlichen Provinzen giebt es 4601 Gemeinden, von denen 156 mehr als 8900 Seelen, 442 Gemeinden 4000 bis 8000, und 4003 unter 8000 Seelen zählen. In Pommern kommen auf 1 Gemeinde 203, in Brandenburg einschließlich Berlin 2504, in Posen 2764 resp. 1324, in Schle⸗ sien 2513 und in Sachsen 1345.
Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Falk erklärte, daß er sich in seiner Aeußerung auf einen Punkt all⸗ gemeiner Natur beschränken wolle, nämlich auf die Frage, was wird, wenn man die Schlußbestimmungen annimmt. Diese Frage beschäftige Viele, ja vielleicht die meisten Mitglieder der Synode. Was die Schlußbestimmungen enthalten, erklärt sich aus der gesetzlichen Aufhebung des 5. 15 der preußischen Ver⸗ fassung. Die Regierung wolle nichts weiter, als die Selbstän⸗ digkeit der Kirche, und zu diesem Behufe habe er sich mit dem Ober⸗Kirchenrath in Verbindung gesetzt. Es war und sei sein
Er werde alle Beschlüsse mit dem Präsidenten des Ober⸗Kirchenrathes zusammen prüfen und, je nachdem, die Sanktion Sr. Masestät des Königs erbitten. Finden die Schlußbestimmungen keine Annahme, so werden wir in der Entwickelung aufgehalten, werden sie aber genehmigt, so werde er Alles aufbieten, um die Kirchenverfassung glücklich durchzuführen. Der endliche Abschluß der evangelischen Kirchenverfassung liege ebenso im Interesse des Stagtes wie der Kirche. Von verschiedenen Seiten werde gesagt: „Wir können warten.“ Die Einen glauben warten zu können, weil fie auf einen Umschwung hoffen in der Politit des Staates und (auf sich selbst deutend) dieser Person. Nun gut! Wenn einmal ein anderer Minisler am Ruder ist, hat vielleicht auch das Abgeordnetenhaus eine andere Majoritãt. Ob dann wohl die Zeit günstiger sein wird für die Verwirklichung der Ideen des Hrn. v. Kleist Retzow? Dag seien Ideen, die nicht Staat und Kirche hegen kann, das sind Ideen einer Partei. Die andere Gruppe sagt: die evangelische Kirche braucht die Synode überhaupt nicht, sie brauche nur die Anerkennung des Staates; unsere Leute sitzen im Abgeordnetenhause, welche schon dafür sorgen werden, daß die Generalsynode überhaupt nicht zu Stande kommt, daß nicht das heillose Filtrirsystem Platz greife. Er glaube, daß dieser Weg nur zu r g, ,. und Schädigungen der Kirche führe. Er könne nur wünschen, daß die Hoffnung von keiner der beiden Seiten in Erfüllung gehe. Daß dies geschehe, habe die Synode in der Hand. Die von der Kommission vorgeschlagene Reso⸗ lution athme die Furcht, daß nur einzelne Theile, nicht aber das Ganze die Allerhöchste Sanktion finden könne. Er (der Minister) erstrebe das Ganze und werde seine ganze Kraft dafür einsetzen, die Legalisation des ganzen Werkes zu erlangen. Dazu zwinge ihn sowohl die Rücksicht auf das wahre Wohl der Kirche, als auch Zweckmäßigkeitsgründe. Wolle man außer den Kreis synoden nur die Provinzialsynoden anerkennen, so würde dies die Centrifugal⸗ kraft der Provinzialkirchen in bedenklicher Weise stärken. Gegen eine nur theilweise Anerkennung der kirchlichen Organisation sprechen noch loyale Bedenken. Die Rechtsfrage, soweit sse die Aenderung der bezüglichen Paragraphen der Gemeindekirchen und Synodal⸗ ordnung vom 10. September 1873 betreffe, mache ihm keine Sorge, soweit es sich darum handelt, lediglich zu dem Zwecke der Bil⸗ dung der Generalsynode diese Best mmungen zu verändern. Ob seine Bestrebungen von Erfolg gekrönt seien, wisse er nicht, das liege in Gottes Hand. Er gebe aber die Hoffnung nicht eher auf, als bis er sich sagen müsse, daß das Ziel nicht zu erreichen sei. Man habe gesagt, daß der Protestantenverein der Urheber der Schlußbestim⸗ mungen sei. Weder der Verein als solcher noch einzelne Mitglieder haben eine überlegene Kraft bei diesen Vorschlägen angefetzt. Man solle sich durch den Protestantenverein nicht be⸗ unruhigen lassen, sondern die Sache objektiv prüfen und beur⸗ , . Er schließe mit der Bitte um Annahme der Regierungs⸗ vorlage.
Nachdem noch der Präsident des Evangelischen Ober ⸗Kir⸗ chenraths, Dr. Herrmann, und der Synodale Schott (Barby) gesprochen, ward 5. 40 in folgender Fassung angenommen:
„Die Kreissynode befteht aus:
I) dem Superintendenten der Diözese als Vorsitzenden. Unter mehreren zur Synode gehörigen Superintendenten gebührt der Vorsitz dem im Ephoralamt älteren.
Y sämmtlichen innerhalb des Kirchenkreises ein Pfarramt definitiv oder vikarisch verwaltenden Geistlichen. Geiftliche an Anstalten, welche keine Parochialrechte haben, Militärgeistliche und ordinirte Hülfsgeistliche sind nur befugt, mit beraihender Stimme an der Synode Theil zu nehmen. Zweifel über den Umfang der . einzelner Geistlichen entscheidet das Konsi⸗
orium.
3) der doppelten Anzahl gewählter Mitglieder. Die Hälfte derselben wird aus den derzeitigen -Aeltesten oder aus der Zabl der früheren Aeltesten gewählt. Die andere Hälfte wird aus den angesehenen, kirchlich erfahrenen und verdienten Männern des Sy⸗ nodalkreises ohne Standes⸗ und Amtsbeschränkung von den an Seelenzahl stärkeren Gemeinden gewählt. Diejenigen Gemeinden, welche hiernach noch ein oder mehrere Mitglieder zu wählen haben, sowie die Zahl dieser Mitglieder, werden unter Berücksichti= gung der Seelenzahl, sowie der sonstigen örtlichen Verhältnisse der Gemeinden und des Kreises, das erste Mal nach Anhörung des Kreis synodalvorstandes, durch Anordnung des durch den Provinzial vorstand verstärkten Konsiostoriums, demnächst endgültig nach Anhörung der Kreissynode, durch Beschluß der Provinzial= synode bestimmt. Die Wahl dieser Mitglieder erfolgt auf 3 Jahre und wird durch die vereinigten Gemeinde⸗ organe, bei verbundenen Gemeinden der Gesammtparochie, vell⸗ zogen; wo verfassungsmäßig eine Gemeindevertretung nicht vor- anden ist, erfolgt die Wabl durch den Gemeindekirchenrath. Vor dem Wahlakte legen die Gemeindevertreter das Gelöbniß nach 5.7 der Verordnung vom 10. September 1873 ab. Die Gewählten müssen das 30. Lebens jahr zurückgelegt haben.
Seitens der Kirchenregierung ist darauf hinzuwirken, daß durch Theilung der größeren Diszesen eine übermäßig große Zahl der zu einer Kreissynode gehörigen Mitglieder vermieden werde.
Der 5. 41 der Vorlage lautet:
Die Provinzialsynode wird zusammengesetzt aus:
Il) den von den Kreiesynoden oder Synodaloerbänden der Provinz zu wählenden Abgeordneten;
A) einem von der evangelisch theolozischen Fakultat der Provin⸗ zialuniversität (für Posen der Universität Breslau) zu wählenden Mitgliede dieser Fakultät;
3) aus landesherrlich zu ernennenden Mitgliedern, deren Zahl den sechsten Theil der nach Nr. 1 zu wähl:nde Anbgeordneten nicht übersteigen soll.
Die Berufung aller Synodalmitglieder erfolgt für eine Syno⸗ dalperiode von drei Jahren.
Der Paragraph wurde ohne Diskussion mit einem von der
Kommission gestellten Abänderungsantrag, wonach es in Alinea 3 statt landesherrlich „vom Könige“ heißen soll, angenommen.
Zum 5. 42:
ö Jeder Kreissynsdalbezirk ist ein Wahlkreis, seine Kreis synode der Wahlkörper. Ist in der Provinz eine größere Anzahl von Kreisshnoden vorhanden, so ist durch Vereinigung mehrerer Kreis⸗ synoden zu einem Wahlverbande die dil der Wahlkreise anf fünf⸗ unddreißig, in den Provinzen Brandenburg und Sachsen auf vierzig zu verringern. In dem Wahlverbande bilden die vereinigten Kreis- synoden den Wahlkörper.
Die Anzahl und die Begrenzung der durch Zusammenlegung von Kreis synoden gebildeten Wahlkreise wird bis zur anderweiten kirchengesetzlichen Regelung durch Königliche Verordnung bestimmt.
Die Jahl der von den Kreissynoden und Wahlverbänden zu wählenden Abgeordneten (5. 41 Nr. I) beträgt das Dreifache der in der Provinz vorhandenen Wahlkreise.
. jeden Abgeordneten wird gleichzeitig ein Stellvertreter ge⸗ hlt.“
schlug die Kommission vor, in Alinea 1“ Zeile 2 hinter dem Worte „Ist“ das Wort „jedoch“ einzuschalten. Die Synode
zu Stande komme.
Der 5. 43 lautet:
Die Wahl erfolgt in der Weise, daß in jedem Wahlkreise
1 ein Abgeordneter aus den innerhalb des Wahlkeeises in
geistlichen Aemtern der Landeskirche angestellten Geistlichen,
2) ein Abgeordneter aus solchen Angehörigen des Wahlkreisez gewählt wird, welche in Kreissynoden oder in den Gemeinde körperschaften desselben als weltliche Mitglieder zur Zeit der Kirche dienen oder früher gedient haben:
3) das letzte Drittheil der Abgeordneten wird von den an Seelenzahl stärkeren Kreissynoden und Wahlverbänden ohne Standes. und Amtsbeschränkung aas den angesehenen, kirchlich erfahrenen und verdienten Männern des Provinzialbezirks gewählt. Die- jenigen Wahlkörper, welche hiernach eines oder mehrere dieser Min. glieder zu wählen haben, sowie die Zahl dieser Mitglieder werden nach Maßgabe der Seelenzahl das erste Mal durch Anordnung dez Evangelischen Ober ⸗Kirchenraths, demnächst endgültig durch Beschlus der Previnzialsynode bestimmt. Dieser Beschluß bedarf der Be stätigung des durch den Vorstand der Generalsynode verstärkten Evangelischen Ober⸗Kirchenraths.
Die Synode verwarf nach längerer Debatte zwei Anträge der Synodalen Lucanus (Berlin) und v. Voß (Halle) und nahm den Paragraphen mit dem von der Kommission gestellten An— trage, wonach es in Alinea 3 statt „nach Maßgabe“ heißen soll „unter Berücksich—tigung“ nach dem Wortlaute der Vorlage an. Schluß der Sitzung 41 Uhr.
— Die 18. Sitzung der außerordentlichen Generalsynode wurde gestern Abend 7 Uhr 45 Minuten vom Vorsitzenden Grafen zu Stolberg⸗Wernigeorde eröffnet.
Auf der Tagesordnung stand die Fortsetzung der Spezial⸗ berathung über die Regierungsvorlage §5§. 38, 39, 44 und .
Die Kommission schlug zunächst einen neuen Paragraph als 5. 40a. mit dem Wortlaut vor:
Die Amtsthätigkeit der jetzigen Lreissynoden und Kreit—⸗ synodalvorstãnde, Probinzialsynoden und Provinz ialsynodalvorstände erlischt mit dem Tage, an welchem die nach der gegenwärtigen Ordnung gebildeten Synoden und Synodalvorstände in Wirksam= keit treten.
Die Synode nahm auch diesen Paragraphen ohne Dislus⸗ . an und schritt dann zur Berathung des §. 39. Derselbe
autet:
§. 39. Die §5. 50, 59, 61 und 62 der Kirchengemeinde⸗ und Syaodalordnung vom 19. September 1873 sind aufgehoben.
An die Stelle derselben treten die Bestimmungen der noch folgenden 85 40 und 43.
Die aufzuhebenden Paragraphen enthalten die Anordnungen über die Zusammensetzung der Kreissynoden, der Provinzial⸗ synoden, sowie Bestimmungen über Wahlen: Die Kommission schlug vor, den Paragraphen nach der Vorlage anzunehmen. Diesem Vorschlage traten mit dem Hinweis, daß dieser Para⸗ graph in seinen Folgen der wichtigste der ganzen Vorlage sei, in längeren Reden entgegen die Synodalen v. Diest (Daber) Schultze (Elbing), v. Kleist⸗Retzow, während die Synodalen von Goßler (Königsberg), und Müllensiefen (Berlin) zu seinen Gunslen sprachen. Nachdem noch der Minister Dr. Falk und der Ministerial⸗Direktor Dr. Förster sich gegen einige Auslassungen des Synodalen v. Kleist⸗Retzow gewandt, wurde die Diskussion geschlossen und einem vorliegen⸗ den Antrage gemäß zu namentlicher Abstimmung geschritten. Mit Ja stimmten 113, mit Nein 78; der Paragraph ist somit angenommen.
Die zu 5§. 39 von der Kommission vorgeschlagene Resolu⸗ tion soll nach einem von der Versammlung angenommenen Vor⸗ schlage des Präsidenten in der zweiten Lesung zur Debatte ge— stellt werden.
Der 5. 38 lautet:
Miß dem Eintritt der vollftãndigen Synodalordnung in kircher⸗ und landesgesetzliche Wirksamkeit die bisherigen kirchlichen Ressorts der Staats⸗ und Kirchenbehörden neu zu regeln, bleibt staatlicher Anordnung vorbehalten.
Dieser Paragraph war der zweiten Kommission zur Be— rathung überwiesen, welche denselben durch ihren Referenten, den Synodalen Dr. Noeldechen (Magdeburg) zur Annahme empfahl. Die Synode trat dem Antrage bei und beschloß, wie bei §. 39, die von der Kommission zu diesem Paragraph gefaßte Resolu⸗ tion und Grundsätze, ebenfalls in zweiter Lesung zu diskutiren.
Die 5§§5. 44 und 45 mit dem Wortlaute:
5. 44. Bis zur Konstituirung des Vorstandes der ersten Ge= neralfhnode werden die demselben oder dem Synodalpräses beige legten Funktionen (55. 25, 25, 27) durch den Evangelischen Ober= Kirchenrath oder deffen Präsidente n ausgeübt (5. 23.
5§. 45. Die zur Ausführung dieser Ordnung erforderliche In ⸗ struklion wird von dem Evang lischen Ober⸗Kirchenrath im Einver, ständniß mit dem Minister der geistlichen Angelegenheiten erlassen.
wurden ohne Debatte angenommen.
Der Präsident kon statirte, daß hiermit die erste Lesung der Regierungs vorlage beendet sei.
Schluß der Sitzung: 10 Uhr. Nächste Sitzung: Donnerstag Mittag 12 Uhr. Tagesordnung: Zweite Lesung des Regierungs⸗ entwurfes.
Sessen. Darmstadt, 11. Dezember. Die Landes⸗ synode des Großherzogthums nimmt allgemeines Interesse in Anspruch. Hessen ist der erste Staat, welcher der Landes kirche das kirchliche Besteuerungsrecht gesetzlich verliehen hat. Das adoptirte Prinzip, daß die Finanzbedürfnisse der kirchlichen Ge⸗ meinschaft von denen des Staates getrennt werden, daß ein förmliches Budget für die Kirche aufgestellt und das Bedũrfniß durch von der Synode zu bewilligende Kirchensteuern gedeckt werden soll, scheidet nun den kirchlichen Haushalt ganz vom Staate, wenn er auch zuerst mit Hülfe des Staates gegründet wird. Geftern erledigte die Synode die Patronatofrage. Nach dem Vorgange Badens hat das Kirchenregiment die Auskunft gewählt, daß an die Patrone die Aufforderung ergehen soll, sich binnen bestimmter Frist darüber ju erklaren, ob fie für ihre sammtlichen Patronatsstellen dem Klafsifikationsgesetz beitreten wollen, oder nicht, daß aber die Geistlichen, welchen, nachdem diese Weigerung zur offentlichen Fenntniß gebracht ist, auf Präsentation des betreffenden Patron; eine Pfarrsielle Lbertragen wird, keinen rechtlichen Anspruch auf Aufbesserung ihres Einkommens aus den allgemeinen Mitteln
des Centralkirchenfonds haben sollen. Nun sind allerdings unter
den 139 Patronatsstellen viele sehr gut dotirte Stellen, aber doch die große Mehrzahl mit viel geringerem Einkommen, als das neue Gesetz den Domanialstellen gewährt. So kommen die Patrone in die Lage, daß sie bie Stellen, wenn sie solche nicht selbst den Staatsstellen gleich neu dotiren wollen, gar nicht be⸗ setzen können, weil sich Niemand um sie bewerben wird. J aber für eine Stelle nicht in gewisser Zeit Jemand präsentirt, so geht das Recht der Befetzung auf den Landesherrn über.
Oesterreich Ungarn. (Monats⸗ uebersicht für Ro vember Bas Käaiferliche Softager befand fich wäh—
nahm mit diesem Antrage den Paragraph ebenfalls ohne Dis⸗
Bestreben, darauf hinzuwirken, daß die Generalsynodal⸗Ordnung
kussion an.
rend des ganzen Monats zu Gödölls. Der Kaiser Franz Jo= seph unterbrach den dortigen Aufenthalt nur für einige Tage
um in Pest und Wien Regierungsgeschäfte zu erledigen und ferner den Leichenbegängnissen des am 21. hingeschiedenen Her⸗ ogs Franz J. von Modena und des am 24. verstorbenen Fürst Erzbischofs von Wien, Kardinal von Rauscher, des ehe⸗ maligen Lehrers Sr. Majestät, beizuwohnen.
In Pest wurde nach sechswöchentlicher Pause am 4 der ungarische Reichs tag wieder eröffnet. Im Abgeordneten⸗ haue kam in der Sitzung am 4 ein Königliches Handschreiben, welches die Enthebung des Baron von Wenckheim und die Er⸗ nennung Tisza's zum Minister⸗Präsidenten, sowie eine Zuschrift des Minister⸗Präsidenten, in welcher er die Zusammenstellung des Ministeriums anzeigte, zur Verlesung. Hierauf erschien das neue Ministerium im Sitzungssaale und wurde lebhaft begrüßt. Der Minister⸗Präfident Tisza hielt eine kurze Ansprache, in welcher derselbe namentlich betonte, daß die Regierung ihre Politik in keiner Hinficht geändert habe; daß in Be⸗ freff der Verhandlungen über die Reyssion des Zoll⸗ und Handelsbündnisses das Gesetz maßgebend sei, daß die Aufrechterhaltung des gemeinsamen Zollgebiets wün⸗ schenswerth und daß die Bankfrage keine politische, sondern lediglich eine volkswirthschaftliche Frage sei. Im Oberhause stelle der Minister ⸗Praͤsident in der Sitzung am 8. das neue Rabinet vor, skizzirte in kurzer Rede in derselben Weise, wie im Abgeordnetenhause den Standpunkt der Regierung und empfahl dieselbe der unpartemischen Unterstützung des Hauses. Hierauf erwiderte der Präsident, er ver⸗ spreche der Regierung, daß das Oberhaus dieselbe in ihrem patriotischen Bestrebungen immer unterstũtzen werde. Rachdent das Abgeordnelenhaus am 8. den Verwaltungsaus⸗ schuß von 21 Mitgliedern, der dazu berufen ist, die Reform⸗ vorlagen des Minister⸗Präsidenten zu berathen, gewählt hatte, trat dasselbe in der Sitzung am 11. in die Generaldebatte über das Budget ein. Am 19. wurde dieselbe geschlossen und zur namentlichen Abstimmung geschritten welche ergab, daß die Budgetvorlage nach dem Berichte des vinanzausschusses mit 265 gegen 60 Stimmen als Basis der Spezialdebatte ange⸗ nommen wurde. Das Haus eröffnete alsdann am 20, die Spezialdebatte über das Budget, mit der dasselbe noch am Schlusse des Monats beschäftigt war. ; .
In Betreff des Zoll- und Han delsbündnisses, wel⸗ ches Ungarn mit Oesterreich durch den Ausgleich vom Jahre 18667 auf zehn Jahre geschlossen, wurde am Schlusse des Mo⸗ nats die Entscheldung getroffen, diesen Vertrag in seiner jetzigen Gestalt zu kündigen. Die ungarische Regierung hat am 28. der österreichischen Regierung die Kündigung schriftlich angezeigt. Die beiderseitigen Verhandlungen über eine Erneuerung des Zoll- und Handels bündnisses haben bereits begonnen.
Der kroatische Landtag eröffnete am 3. die General⸗ Debatte über das Landes budget, welches in der Sitzung am 7 nach dem Antrage des Budget⸗ Ausschusses in dritter Lesung ohne Abänderung angenommen wurde. Am 8. vertagte sich darauf der Landtag auf unbestimmte Zeit. .
Im Oesterreichischen Reichsrathe lag die parlamen⸗ tarische Thätigkeit wesentlich im Budget⸗Ausschuß des Abgeord⸗ netenhauses, der während des ganzen Monats beschäftigt war. Das Plenum des Abgeordnetenhauses lag seinen laufenden Ar⸗ beiten ob und erledigle mehrere Gesetze, so das Gensd armerie⸗ gesetz und das Gesetz über die Stempelabgaben ꝛc., die auch dem Herrenhause vorlagen. 3
Im Vordergrunde der politischen Interessen stehen in beiden Reichshälften die schwierigen Zoll- und Handelsfragen. Die⸗ selben waren im Abgeordnetenhause des Desterreichischen Reichs⸗ rathes in der Sitzung vom 26. Gegenstand einer Interpellation, welche der Handels⸗Minister Ritter v. Chlumeckn dahin beant⸗ wortete, daß die Regierung beabsichtige, die bestehenden Zollver⸗ träge mit England, Deutschland und Frankreich zu kündigen, aber durch neue zu ersetzen; ein Zolltarif könne erst nach Ab⸗ schluß des maßgebenden Handels⸗ und Zoll vertrages mit Deutsch⸗ land vorgelegt werden. . .
Nach viermonatlicher Vakanz ist die Stelle eines Statt⸗ halters von Galizien wieder besetzt worden. Die „Wiener Zeitung“ publizirte am 25. amtlich die Ernennung des Grafen Alfred Potocki zum Statthalter von Galizien; das Kaiserliche Handschreiben darüber datirt vom 24. .
In Prag wurden am 3. die Wahlen für die Handels am⸗ mer vorgenommen, die mit einem entschiedenen Siege der Ver⸗ fassungspartei endeten. Von den Leistungen der neuen üUchatius⸗Geschütze ist man an map gebender Stelle vollstän⸗ dig befriedigt. Am 18. fand auf dem Schießplatze des Stein⸗ feldes bei Wien das Probeschießen der Neun⸗Centimeter⸗Muster⸗ batterie mit Stahlbronzerohren vor Sr. Majestãt dem Faiser statt. Das Resultat war ein so verzügliches, daß Se. Majestãt mittelst Allerhõchsten , Handschreibens von demselben Tage dem Reichs⸗Kriegs⸗ Minister Freiherrn p. Koller und dem General⸗Major Ritter v. Uchatius die Aller⸗ höchste Anerkennung für deren große Verdienste aussprach „der Armee ein in jeder Hinsicht vorzüglich entsprechendes Artillerie⸗ material zu verschaffen.“ . . .
Die ungarischen Staats⸗Einnahmen im dritten Quartale 1875 betrugen 35,731,754 5s., d. h. 557,975 Fl. mehr, ais im 3. Quartale des Vorjahres. Vom Januar bis Sep⸗ tember d. J. stellen sich dieselben auf 90949277 Fl. oder um 5,366,566 Fl. mehr, als in derselben Zeit des Vorjahres.
Die Ausgaben im III. Quartal 1875 betragen 45, 100, 934 Fl. In den drei ersten Quartalen dieses Jahres belaufen sich die Ausgaben auf 144, 941, 373 Fl., somit um 11,966,695 Fl. weniger als im Vorjahre. Die Bilanz gestaltet fich demnach um 17, 3533262 Fl. günstiger, als in der gleichen Periode des Jahres 1874.
Der Stand der österreichischen schwebenden Staats⸗ schuld am 1. November d. J. war der Art, daß an I) Par⸗ tial⸗Sypothekar⸗Anweisungen 66 284 657 Fl., 27 Staatsnoten 346,515, 166 Fl., zusammen 411,999, 763 Fl. im Umlaufe waren. Im Vergleiche zum Vormonate haben sich die Partial⸗ Sypotheken⸗Anweisungen um 1,530, 750 Fl. vermindert, die Staatsnoten um 1,531, 104 Fl. vermehrt, so daß die gesammte schwebende Schuld um 354 Hl. zugenommen hat.
Die österreichischen Stempelgefälle im ersten Se⸗ mester 1875 ergaben 8 M2, 50l FI. gegen 659, 795 im ersten Semester des Zahres 1874, mithin für 1875 ein Plus von 412,706 F.
Nach der von dem statistischen Departement des Handels⸗ Ministeriums veröffentlichten Statistik des õ ster reichi⸗ schen Telegraphen im Jahre 1874 umfaßte das Tele⸗ graphennetz der im Reichsrathe vertretenen Länder 21,404 33 Kilo⸗ meter Linlen und 58, 871,3 Kilometer Drähte. Unter 2667 in Thätigkeit stehenden Statzonen befanden sich 899 Staatsstationen und in den letzteren waren, 1605 Apparate vorhanden. Bei der Behandlung von 4,125,852 Depeschen waren 3243 Per⸗ sonen beschaftigt. Die Sinnahmen beliefen sich auf
2,517,494 Fl., die Ausgaben aber auf 3, 570, 957 Jl., zu welchen letzteren noch die Ausgaben für Herstellung des Netzes mit 1A 11,670 Fl. hinzukommen.
Auf den Desterreichisch⸗Ungarischen Eisenbahnen betrug der Personen⸗ und Frachtverkehr in Millionen: Personen⸗ verkehr im September 1874 45, 1875 42, Frachtverkehr (Cent⸗ ner) im September 1874 57,7, 1875 65.3, Plus 8. ; Perso⸗ nenverkehr in den drei ersten Quartalen zusammen 1874 29,5. 1875 29, Minus O; Frachtverkehr (Centner) in den drei ersten Quartalen zusammen 1874 1802, 1875 526, Plus 46,4.
Was die Geldeinnahmen anbelangt, so waren die Ergeb⸗ nisse folgende: Personenverkehr im September 1874 5,330 663 Fl., 1875 5,281, 176 Fl., Frachtverkehr im September 1874 ILOl8, 232 Fl., 1875 11,696,653 Fl.. Personenverkehr in den drei ersten Quartalen zusammen 1874 37,665,339 5l.ůR, 1875 36,792, 950 Fl., Frachtverkehr in den drei ersten Quartalen zu⸗ sammen 1874 92 540,370 FI., 1875 94 453,804 Fl.
Die am 9. November von der K. F. statistischen Central⸗ kommission herausgegebenen Ausweise über den auswär⸗ tigen Handel derssterreichisch⸗ ungarischen Monarchie im Sonnenjahre 1874 ergeben folgende Total⸗Uebersicht:
Der Werth der Ein führ berechnet sich auf 627,5 Millionen Fl.; davon entfallen auf Rohstoffe 327, Mill. Fl. oder 52„3 Proz, auf Fabrikate 29933 Mill. Fl. oder 47 n, Proz. Desterreich⸗Ungarn hat somit für die importirten Rohstoffe nur 2g Mill. Fl. mehr bezahlt, als für die vom Auslande bezogenen Fabrikate. Andererseits beträgt der wirkliche Sandelswerth der im Jahre 1874 ausgeführten Waaren 592 3 Mill. Fl. Davon ent⸗ flelen auf den Export von Rohstoffen effektiv 196, Mill. Il, oder 39.93 Proz. und auf die exzportirten Fabrikate 306, Mill. Fl. oder 60,4 Proz. Der Absatz an Fabrikaten überstieg somit jenen der Rohstoffe um 109,, Mill. FJ. Wenn man den totalen Handelswerih der Einfuhr jenem der Ausfuhr entgegenhält, so sUberstieg im Jahre 1874 die Einfuhr die Ausfuhr um 127, Mill. oder um 24, 39 Proz.
Im Vergleiche damit betrug der Werth der Einfuhr im Jahre 1852 206, der Ausfuhr 2149, zusammen 4203 Mill. Fl. 5. W., im Jahre 1854 Einfuhr 219 9, Ausfuhr 225, zu⸗ fammen H, Mill. Fl. 5. W. im Jahre 1858 Einfuhr 308,, Ausfuhr 275.3, zusammen 5833 Mill. Fl. 5. W. im Jahre 1863 Einfuhr 2543, Ausfuhr 291, zusammen 54s Mill. Fl. 5. W., im Jahre 1874 Einfuhr 6275, Ausfuhr 502,3, zu⸗ fammen 11303 Mill. Fl. 5. W.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 11. Dezem. ber. Unterm 9. November hat der König auf Antrag des Staats⸗Ministers für die auswärtigen Angelegenheiten befohlen, daß wenn britische Schiffe in Häfen Großbritanniens und Irlands für schwedische Rechnung angekauft werden, die be⸗ treffenden schwedischen und norwegischen Konsularbeamten an dieselben weder die in 5. 46 der, neuen Konsularverordnung vom 20. April 1858 erwähnten Nationalitätszeugnisse noch die vom Königlichen Kommerz-⸗Kollegium auszufertigenden Interims⸗ briefe ausliefern sollen, bevor nicht wegen des Ankaufes bei dem Board of Trade Anmeldung geinacht ist und diese Behörde nach englischem Gesetz die Sectüchtigkeit der Schiffe konstatirt hat. — Vom 1. Januar bis 30. November d. J. betrugen die Staatseinnahmen aus den Zöllen 22, 05,232 Kronen 24 Dere gegen 27,532 770 Kronen 49 Oere im gleichen Zeitraume des vorigen Jahres, der Branntweinsteuer 18,869, 614 Kronen 24 Oere gegen 11,567,499 Kronen 52 Oere, und den Staats⸗ Eisenbahnen (approximativ) 13,509, 900 Kronen gegen 12, 867, 455 Kronen 34 Dere. Die diesjährige Gesammteinnahme von 49, 2243846 Kronen 148 DOere ist gegen die vorjährige von
51,967,725 Kronen 35 Oere, mithin um 2, 742, 878 Kronen 87
Dere geringer. — 12. Dezember.
Gestern Abend fand zu Ehren Prof. tordenskjöld's und seiner Begleiter im Hotel Phönix ein
glänzendes Banket siatt. An den Kaiser von Rußland wurde ein Telegramm, unterzeichnet von dem Marine⸗Minister Otter und dem Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, Wãrn abgesandt. — In Upsala Stift bestehen gegenwärtig 32 Baptisten⸗Gemeinden mit 1200 Mitgliedern, im Jahre 1858 betrug die Mitgliederzahl kaum 200.
Dänemark. Kopenhagen, 14. Dezember. Die Kö⸗ nigin und Prinzessin Thy ra hörten, telegraphischer Nachricht zufolge, am Sonntag in Notre Dame die Messe, besahen deren Schätze und besuchten darauf das Nusikkonservatorium. Gestern wollten sie an einem Diner theilnehmen, welches die Königin von Spanien zu Ehren der Königin von Dänemark veranstalten wollte. — Das Folkething beendete am Sonnabend die erste Lesung des Feiertagsgesetzes nach längerer Debatte. Der Gesetzentwurf wurde einem Ausschusse von 3 Mitgliedern über⸗ wiesen. In der gestrigen Sitzung des Thinges gab der kleine Gefetzentwurf, betreffend einen Zuschuß zu einigen Volks schulen auf dem Lande Veranlassung zu einer lebhaften Diskussion. Von vielen Rednern wurde eine allgemeine Schul⸗ reform und bessere Besoldung der Lehrer gewünscht. Der Kultus⸗ Minister ergriff wiederholt das Wort; er halte den Versuch, eine allgemeine Schulreform durchführen zu wollen, zur Zeit für fruchtlos. Er werde die Lehrer ebensowenig wie die übrigen Beamten hinsichtlich der Gehalts verbesserung vergessen. Der Gesetzentwurf wurde dem JZinanzausschusse über⸗ wiesen. — Im Landgthinge fand amn Sonnabend die erste Lesung des Predigerwahlgesetzes statt. Der Kultus⸗-Minister erklärte sich bereit, Aenderungen an den untergeordneten Punkten des Gesetzes acceptiren zu wollen, aber er könne nicht billigen, daß den Gemeinden eine wesentlich größere Theilnahme an den Wahlen der Prediger gegeben werde, wie im Gesetzentwurfe vorgeschlagen. (Dieser bestimmt, daß die Regierung den Gemeinden drei Bewerber vorschlagen soll, unter welchen drei die Gemeinden, nachdem dieselben sich den Probe⸗ predigten unterworfen, einen erwählen können) Der Gesetz⸗ entwurf wurde dem Ausschusse für das Predigergehaltsgesetz überwiesen. — Der Finanzausschuß hat sich gestern konstituirt; Bojsen wurde zum Vorsttzenden und Dam zum Sekretãr erwãhlt.
Asien. China. Die Pekin Gazette“ vom 9. Oltober
enthãlt das bereits telegraphisch signalifirte Raiserliche Edikt be⸗ treffs des Kechtes von Ausländern, im Innern Chinas zu reisen. Dasselbe lautet: . Der JYamen der auswärtigen Angelegenheiten hat uns eine Denkschrift überreicht, welche die Bestimmungen der mit verschiedenen Ländern geschlossenen Verträge in deutlichen Ausdrücken dar⸗ shut und daz Erfuchen stellt, daß den Regierungen sãmmtli⸗ cher Provinzen Befehle ertheilt werden mögen, diesen Stipn lationen Folge zu leisten. Mit Bezug auf das von Aus · ländern genossene Privilegium, im Innern reisen zu. können, ist in sämmtlichen Verträgen deutlich vorgeschrieben, daß die Rꝛisen, den mit Paͤffen sich versehen mäüässen, welche ein chinesisches Amts⸗
siegel tragen und erforderlichenfallz jur Prüfung vorgezeigt werden
müfsen, worauf die Durchreise gestattet werden wird. Es ist ferner= bin stipulirt, daß, falls irgend eine ungesetzliche Handlung von dem Inhaber eines Pafses verübt wird, er dem nächften Konsul zur Üntersuchung des Falles übergeben werden oll. Während der Reise dahin soll er nur der nothwendigen Einschränkung unterworfen, aber nicht mißhandelt. werden. Vässe sollen überhaupt nur achtbaren Personen verabfolgt werden. Die Vertrags beftimmungen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, weshalb es die Lokalbehörden nicht schwierig finden sollten, nach denselben er⸗ forderlichen Falles zu handeln. Was den neulich vorgekommenen Fall des brltisd en offiziellen Dolmetsch Margary, welcher an der Grenze von Juman ermordet worden, betrifft, so haben wir hereits Li Han · chang beauftragt, ohne Verzug sich nach dieser Provinz zu begeben um zu ermitteln, durch wen der Mord verübt worden s und die dieserhalb nöthigen Schritte zu thun. Nach der Pro⸗ mulgation dieses Dekrets wird es die gebieterische Pflicht der General⸗ Gouvperncure und Gonverneure sammtlicher Provinzen sein, sämmt⸗ lichen unter ihrer Aufficht stebenden Lokalbehörden Inftruktionen zu ertheilen, welche sie anweisen, sich genaue Kenntniß von den Absichten der Verträge zu verschaffen, und ihnen einschärfen, daß, wenn immer mit Vässe versehene Personen ihre Distrikte betreten, es ihnen obliege, je nach den Umständen wirksame Maßregeln in Uebereinstimmung mit den Vertragsvorschriften zu ergreifen. Dadurch wird sowohl Chi⸗ nesen wie Ausländern Ruhe gesichert und das Entftehen von Miß⸗ helligkeiten vermieden werden.“
— Ein Telegramm aus Shangai vom 27. v. M. mel⸗ det den Tod des spanischen Gesandten Senor Fraldo in
Peking.
Neichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 15. Dezember. In der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstags nahm in der zweiten Berathung über die Strafgesetznovelle der Reichskanzler Fürst von Bismarck zu 5§5. 4 und 5 (Verbrechen, im Auslande be⸗ gangen) nach dem Bundes kommissar Wirkl. Geh. Ober⸗Regie⸗ rungs⸗Rath von Amsberg das Wort: .
Ich habe ursprünglich an der Annahme gerade dieser Para= graphen nicht den mindesten Zweifel gehegt, indem durch dieselben feine Art bestehender volitischer Rechte gekränkt oder beschränkt wer⸗ den, auch keine Art Parteiinteressen sich daran knüpfen können. Der Umstand, daß über eine so wichtige Materie weder sich ein Redner gemeldet, noch dieselbe Anlaß zu einem Amendement gegeben hat, er⸗ regt in mir aber allerdings die Besorgniß, daß es die Absicht sei, darüber stillschweigend hinwegzugehen. Ich wärde dies mit Rücicht auf bie Verantwortlichkeit, die mir als Vorsteher des Auswärtigen Amts für den Schutz der Deutschen ira Auslande obliegt, im hõchsten Grade beklagen; ich würde aber dann eben nicht aus eigener Schuld, sondern durch die Ablehnung des Reichstags in die Lage gebracht werden, den Schutz in keinem weiteren Maße zu gewähren, als er bisher bei der, wie ich glaube, unvollkommenen Situation des Strafgesetzbuchs ge⸗ leiftet wird; ich würde meinerseits der Verantwortlichkeit für diesen Zustand der Dinge enthoben sein. Die verbündeten Regierungen haben, indem sie diese sehr wichtigen und für das Ansehn des Reichs und seiner Angehörigen im Auslande bedeutsamen Paragraphen Ihnen vorlegten, eben nur ihrer Verantwortlichkeit zu genügen geglaubt.
Der Herr Vorredner hat ja die juristische Seite der Sache im Wesentlichen erörtert; erlauben Sie mir, noch mit Beispielen ganz aus der neuesten Zeit sie zu belegen. Sie bedürfen, um die Zweck · mäßigkeit dieses Besetzes zu heurtheilen, gar nicht der Supposition, daß ein Deutscher etwa in wüsten, uncipvllisirten Ländern, da, wo die Strafgerechtigkeit überhaupt nicht hinreicht, von Fremden verletzt nicht nur, sondern ermordet wird. Sie haben in recht civisistrten Ländern schon Beispiele gehabt, daß gerade in diesen ein Mord faktisch als straflos behandelt wurde, sobald er nur an einem Deutschen verübt war. Sie haben bei Aufftänden in civisisirten Tändern, wie in Spanien, gefunden, daß Deutsche, die, sei es durch Sturm dorthin verschlagen, sei es als inostensive Reisende, dort sich aufhielten, nicht nur gewaltthätig behandelt, sondern in angeblichen Rechtsformen umgebracht worden sind. Ich erinnere nur an den Hauptmann Schmidt; ich könnte ahnliche Fälle noch namhaft machen, die minder flagrant sind, die aber häufiger vorkommen. Ist es nun für die Sicherheit, mit der der Deutsche sic fn Auslande bwegt, nicht doch von Nutzen, nicht doch eine wesentliche Verbesserung, daß, im Falle ein Verbrechen an ihm ver⸗ übt wird, dem Verbrecher doch wenigftens der ruhige Aufenthalt, der ungestrafte Aufenthalt in Deutschland nicht gestattet sei? Die Mörder der Leute, auf die ich anspielte, würden sich unter dem Schutz der deutschen Gefetze ruhig bei uns aufhalten können; ja sie würden den hinterbliebenen Angehörigen von Opfern ihrer Verbrechen harmlos oder mit Hohn die Erzählung davon machen können; sie würden bei uns unantästbar fein. Für mein Gefühl, für meine Wünsche, die ich habe, dem Mitbürger, jedem Mitbürger im Auslande gegen Verbrechen den Schutz in so vollem Maße zu gewähren, wie das Deutsche Reich ihn irgend leisten kann, kann ich zicht leugnen, hat dieser Zustand etwas verletzen des, und Sie werden es mir nicht als eine eigensinnige Hartnäckigkeit aus- legen, wenn ich an dem Satze festhalte und wenn ich eine etwaige Ablehnung, die ich immer noch nicht befürchten will, nur als ein Er⸗ gebniß eines Mangels an Zeit, in der Ueberhastung der Berathung, n weiche uns die meines Erachtens sehr üble Zeit der Zusammen— berufung des Reichstags gebracht hat, — daß ich es lediglich dem Mangel an Zeit zuschreiben würde, wenn Sie dieser wichtigen Materie nicht näher fieten wollten. Ich bin aber bisher überzeugt, daß der Mangel an eingeschriebenen Rednern gegen oder für das Gesetz nur darin seinen Grund haben wird, daß der Annahme dieses Vorschlags von keiner Seite etwas entgegensteht.
Auf eine Erwiderung des Abg. Dr. Lasker entgegnete der Reichskanzler Fürst von Bismarck. ö
Ich möchte doch die verbündeten Regierungen auf den Weg der Spezialgesetzgebung in dieser ganz generellen und prinzipiellen Frage nicht gern verweisen lassen; ich verstehe nicht, in welcher Gestalt die Spezialgesetzgebung gleich der für die Polynesier, die, wie es scheint, wirksamer geschützt werden sollen als die Deutschen im Auslande, auf diese generelle und wichtige Frage Anwendung sinden könnte. Mir scheint es cin Gebot der Wärde zu sein, daß der Deutsche dem Aus- länder gegenüber bezüglich aller derjenigen Dandlungen ebenfalls geschätzt werde, gegen die er aus unseren Gesetzen geschützt ist, wenn fie ihm gegenüber von Landsleuten geübt werden. Warum soll der Ausländer mehr Freiheit haben, sich an einem Deutschen zu versün⸗ digen, als der , , e. Ian. *. nur, den Ausländer in den Be⸗ reich unserer Gesetzgebung bringen können? .
531 Herr er,, der vor mir sprach, hat Gewicht darauf gelegt, daß seiner Ansicht nach die Strafbarkeit des Auslãnders nicht richtig bemessen werden könne. Das ist wieder eine wissenschaftlich⸗ Ansicht, und ich fürchte, wir kommen vor lauter Wissenschaftlichkeit nit zum Schutze unserer Landsleute. Mir liegt zar nichts an der Strafe des Verbrechers, jondern mir lieg, wenn ich im Namen des Tuswärtigen Amts spreche, daran, den Schutz des Deutschen im Aus⸗ ande so hoch zu steigern dem Ausländer gegenüber, wie wir irgend können; und daß die Herren, die mit dem Herrn Vorredner stimmen, daz nicht wollen, ja das habe ich aus der Rede klar ersehen, denn die Grände, die er dagegen angeführt hat, sind viel zu weit · gehend und umfassend, um uns lediglich angebrachtermaßen abzu⸗ weisen. Einmal werden wir auf die Spezialgesetßgebung verwiesen, dann aber auf das Generelle der allgemeinen Revision des ganzen Strafgesetzes. Das ist ja nur eine Form der Ablehnung, indem man unt nicht prinzipiell, sondern angebrachtermaßen abweist, und die leider zu häufig angewandte Form. in der das Beste des. Guten Feind ist, daß man jagt, ich würde wohl der Revision zustimmen, wenn sie recht umfassend wäre, aber das Einzelne kann ich nicht her⸗
ausgreifen.