1875 / 299 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Dec 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.

Ebensowenig, wie im Sinne des Reichs⸗Strafgesetz⸗ buches die Beamtenqualität von der Leistung eines Dien st⸗ eides abhängig ist, werden andererseits durch die thatsächliche Leistung eines Diensteides die Pflichten des vereidigten Beamten durch den Inhalt des Diensteides begrenzt. (Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 12. November d. J.) Den Amts⸗ sekretär F. suchte ein Gastwirth, welcher in seinem Lokale ohne polizeiliche Erlaubniß Tanzmusik hatte abhalten lassen, mit 2 Thlr. zu bestechen, damit er die Anzeige dieser polizeilichen Kontravention unterlasse. Der Gastwirth wurde wegen versuchter Beamtenbestechung (8. 333 Strafgesetzbuchs: „Wer einem Be⸗ amten oder einem Mitgliede der bewaffneten Macht Geschenke oder andere Vortheile anbietet, verspricht oder gewährt, um ihn zu einer Handlung, die eine Verletzung einer Amts⸗ oder Dienst⸗ pflicht enthält, zu bestimmen, wird wegen Bestechung mit Ge⸗ fangniß bestraft“ ꝛc) angeklagt und in erster Instanz verurtheilt. Der Appellationsrichter sprach jedoch den Angeklagen frei, weil der Amts sekretär F. nur als Protokollführer vereidigt war und es somit nicht zu seinen Amtspflichten gehörte, jene polizeiliche Kontravention zur Anzeige zu bringen. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde der Ober⸗ staatsanwaltschaft vernichtete das Ober⸗Tribunal das zweit⸗ instanzliche Erkenntniß, indem es ausführte: „Der Appellations⸗ richter hat zwar anerkannt, daß nach 8§. 359 des Str. G. B. die Beamteneigenschaft nicht nothwendig mit der Ableistung eines Diensteides zusammenhänge, er hält aber dafür, daß die Be⸗ eidigung deshalb von Erheblichkeit sei, weil sie ersehen lasse, ob F. bei seiner Verhandlung mit dem Angeklagten in einer unter Amtseid stehenden Amts⸗ oder Dienstpflicht thätig gewesen sei. Durch den zweiten Satz dieser Argumentation wird der erste seinem Wesen nach aufgehoben und zugleich in dem 5§. 333 des Str. G. B. eine Unterscheidung hineingetragen, welche durch Fassung und Zweck dieser Bestimmung nicht begründet, vielmehr durch §. 359 des Str. G. B. geradezu ausgeschlossen ist. Wenn die Beamtenqualität im Sinne des Strafgesetzbuchs von der Leistung des Diensteides überhaupt nicht abhängig ist, so kann die Be⸗ schränkung des Diensteides auch nicht zur Begründung der Be⸗ hauptung herangezogen werden, daß die Beamtenpflichten durch den Diensteid beschränkt seien. Es liegt dieser Auffassung viel⸗ mehr eine Verwechselung der Pflichten des Beamten in Bezug auf die ihm speziell übertragenen Funktionen mit der allgemein aus der Beamtenstellung, wie auch aus der im konkreten Falle in Rede stehenden Stellung sich ergeben, ohne speziellen Auftrag zu erfüllenden Pflicht zu Grunde. In letzterer Beziehung wird die Dienstpflicht des Beamten durch den Diensteid nicht begrenzt, das dienstlich pflichtmäßige Verhalten des Beamten ist durch die Erfüllung der ihm speziell übertragenen Funktionen nicht er⸗

schöpft.“

Die rechtswidrige Aneignung eines an einem dritten Orte von dem Besitzer liegen gelassenen Gegenstandes wird als Dieb st ahl bestraft, wenn dem Eigenthümer der zurückgelassene Gegenstand noch nicht aus dem Gedächtniß geschwunden ist und auch äußere Hindernisse nicht vorliegen, welche das Zurückholen desselben hindern (Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 30. November d. J.). Ein Herr fuhr eine Strecke Wegs in einem Omnibus und stieg sodann aus demselben unter Zurücklassung seines Pelzes. Bald, nachdem er ausgestiegen, bemerkte er den Verlust, konnte jedoch den Omnibus nicht mehr einholen und begab sich deshalb bis zu dem betreffenden ; Halteplatzz, wo er auch den Omnibus antraf. Der Pelz befand sich jedoch nicht mehr in demselben, da ein anderer Herr ihn mit sich genommen. Kurz darauf wurde dieser ermittelt und wegen Diebstahls angeklagt und ver⸗ urtheilt. Die durch die Nichtigkeitsbeschwerde angeregte Frage, ob Angeklagter statt eines Diebstahls einer Unterschlagung schul⸗ dig zu sprechen gewesen wäre, entschied das Ober⸗-Tribunal, daß ausschließlich ein Diebstahl vorliege, da nach der vorinstanzlichen Feststellung der Verbleib des im Omnibus liegen gelassenen Pelzes noch nicht aus dem Gedächtniß des Geschädigten ent⸗ schwunden gewesen und auch keine äußeren Hindernisse vorgelegen haben, welche das Zurückholen des Pelzes Seitens desselben ver⸗ hinderten. „Der fragliche Pelz befand sich somit zur Zeit, als Angeklagter denselben an sich nahm, noch in der Verfügungs⸗ gewalt des Geschädigten und folgeweise auch in dessen Ge⸗ wahrsam.

Der Ober⸗Präsident der Provinz Brandenburg macht bekannt, daß, nachdem die Stände des Markgrafthums Nieder⸗ lausitz in Folge des unterm 16. März 1871 mit der Staats⸗ verwaltung abgeschlossenen Vertrages wegen Aufgabe ihres Mit⸗ eigenthums an der Strafanstalt zu Luckau eine neue Land⸗ armen⸗ und Korrigenden⸗Anstalt in Lübben errichtet haben, diese Anstalt, welche zufolge getroffener Uebereinkunft mit den Ständen des Kreises Cottbus bis weiter auch zur Auf⸗ nahme der Korrigenden aus diesem Kreise dient, am 1. Januar 1876 eröffnet werden wird.

Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten, Großherzoglich badischer Ministerial⸗Präsident Ellstätter und Herzoglich sachsen⸗coburg⸗gothaischer Staats Minister Freiherr von See⸗ bach, sind von Berlin wieder abgereist.

Württemberg. Stuttgart, 17. Dezember. Der Gvan⸗ gelische Synodus hat heute Abend seine diesjährigen ordent⸗ lichen Berathungen geschlossen.

Anhalt. Dessau, 18. Dezember. Im weiteren Verlaufe der gestrigen Plenarsitzung des Landtags wurden bei der Spezialberathung über das Civil⸗Staatsdiener⸗Gesetz eine Reihe von Kommissionsanträgen zu den einzelnen Paragraphen angenommen. Abg. Lezius hob u. A. hervor, daß der Grund⸗ satz, das Dienstalter erst in zweiter Linie zu berücksichtigen, doch nicht in aller Schärfe durchgeführt werden könne. Eine lebhafte en,. veranlaßte namentlich ein Antrag des Abg. Baldamus und Gen.:

„Der Landtag wolle bei Berathung des §. 19 des Gesetzes be⸗ schließ en: „Auf Beamte, welche sich beim Inkrafttreten dieses Ge⸗ setzes im Vorsftand, Verwaltungs⸗ oder Aufsichtsrath einer auf Er⸗ werb gerichteten Gesellschaft befinden, gleichviel ob die Stelle mittel bar oder unmittelbar mit einer Remuneration verbunden ist, finden die Bestimmungen des §5. 19 Alinea U keine Anwendung; das Staats⸗ Ministerium kann jedoch jederzeit das Fortbestehen eines solchen Ver⸗ hältnisses untersagen“, und diesen Satz als einen besonderen Para⸗ graphen in den 1. Abschnitt zwischen die §5§. 146 und 147 stellen.

Nach eingehender Debatte wurde das Amendement Baldamus angenommen. Eine längere Debatte veranlaßten darauf die §5§. 75, Iz: „Die entscheidende Disziplinarbehörde (für Staats⸗ beamte) ist der Disziplinarhof, welcher, so oft erforderlich, in Dessau zusammentritt. Derselbe besteht aus dem Staats⸗ Minister als Vorsitzenden und sechs weiteren Mitgliedern, welche

Dmnibus⸗

Wir aus der Zahl der höheren Staatsbeamten ernennen wer⸗ den ꝛc.“, welche indessen angenommen wurden.

Lippe. Detmold, 20. Dezember. Das „R. u. A.⸗Bl.“ veröffentlicht Folgendes:

Die aus Anlaß des betrübenden Hinscheidens Meines verewigten Herrn Bruders von so vielen Seiten sowohl schriftlich wie durch persönliches Erscheinen Mir und den Meinigen ausgedrückte warme Theilnahme und die damit gleichzeitig verbundenen Versicherungen treuester Anhänglichkeit an Mich und Mein Haus hat uns sehr wohl⸗ gethan und spreche Ich dafür, bei der Unmöglichkeit, jedem Einzelnen danken zu können, zugleich im Namen der Fürstin, Meiner Gemahlin, dann Meiner Frau Schwägerin der verwittweten Fürstin Elisabeth und Meiner Füuͤrstlichen Geschwister, hierdurch öffentlich Unsern auf⸗ richtigsten tiefempfundensten Dank aus.

Die Mir kundgegebenen anhänglichen Gesinnungen werden Mir in dem Streben, des Landes Wohlfahrt nach Kräften zu fördern, unt . Stärkung geben. Gebe Gott, daß dies nicht erfolglos ein möge!

Detmold, den 20. Dezember 1875. . Woldemar, Fürst zur Lippe.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 20. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses gelangte das von Wildauer beantragte Schulaufsichtsgesetz zur zweiten Berathung. Fürst Czartoryski bestritt die Kompetenz des Reichs⸗ raths, Hasner wies auf die Inopportunität der Vorlage hin, während Lichtenfels, v. Schmerling und Hye für die Anträge der Kommission eintraten. Der Unterrichts⸗Minister sprach sich gegen die Vorlage aus. Bei der Spezialdebatte wurde der §. J mit 34 gegen 34 Stimmen und damit das ganze Gesetz abgelehnt. Auf der morgenden Tagesordnung steht die Budgetberathung.

21. Dezember. Gestern fand im Finanz⸗Ministerium die erste Vorbesprechung über die Angelegenheit der Trennung des Südbahnnetzes statt. An derselben nahmen Theil der Han⸗ dels-Mimister v. Chlumetzky, der Finanz⸗Minister Depretis, der Pariser Präsident der Südbahn Alphons v. Rothschild und der österreichische Präsident der Südbahn Hopfen. Der Delegirte der italienischen egierung, der frühere Minister Sella, ist noch nicht ein⸗ getroffen. Dem „Tageblatt“ zufolge verlangt die Südbahn für die Ueberlassung des italienischen Netzes 41 Millionen Fres., wäh⸗ rend die italienische Regierung nur 39 Millionen Annuitäten gewähren will. Wie der „Neuen freien Presse“ aus Paris gemeldet wird, betragen die gesammten Betriebsausgaben der Staatsbahn vom Anfang dieses Jahres bis Ende Oktober d. J. 11,393,145 Fl., gegen 12,178 351 Fl. im entsprechenden Zeit⸗ raume des Vorjahres, mithin trotz der Vergrößerung des Bahn⸗ netzes 785,206 Fl. weniger als im Vorjahre.

Großbritannien und Irland. London, 17. De⸗ zember. Die Königin verließ heute früh in Begleitung des Prinzen Leopold und der Prinzessin Beatrice, sowie ihres ge⸗ sammten Hofstaates Schloß Windsor und trat die Reise nach Osborne auf der Insel Wight an, um dort das Weihnachtsfest zu verleben. In der Kapelle des Königlichen Schlosses zu Windsor wurde vorgestern die Taufe der jüngsten Tochter des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh voll⸗ zogen. Die Prinzessin von Wales trat vorgestern mit ihren Kindern und begleitet ven Miß Knollys und General Sir W. Knollys via Dover und Paris die Reise nach Kopenhagen an. Im Kolonialamte ist Folgendes von dem Gouverneur der Straits⸗Settlements, Sir W. Jervois, an den Earl von Carnarvon gerichtetes Telegtamm eingelaufen: „Penang, 14. De⸗ zember 1875. Am 7. d6. griffen 80 Mann des 10. Regiments, 80 irreguläre Soldaten und 40 Polizisten die Malanen, welche in Sungio Ujony eingefallen waren, und sich in einer Entfer⸗ nung von 5 Meilen vom englischen Gesandtschaftsgebäude durch Pallisadenwerke befestigt hatten, wacker an. Die Zahl der Malayen wurde verschieden auf 400 - 8090 Mann geschätzt. Rach einem harten Kampfe griff unsere Streitmacht den Feind mit dem Bajonett an, worauf derselbe zersprengt wurde und die Flucht ergriff, nachdem er 60 bis 80 Todte und Verwundete auf dem Platze gelassen. Unser Verlust war geringfügig. Auf Seiten der Mannschaften des 10. Regiments wurden 2 Mann getödtet und 13 verwundet; auf Seiten der Irregulären wurden 5 getödtet und 10 verwundet. Die Polizei büßte drei Mann ein, von denen einer getödtet und zwei ver⸗ wundet wurden. Malacca und Sungio Ujony wurden durch Ghurkas und Artillerie verstärkt. General Colborne zog mit 300 Mann zwischen Passtr Sala und Blanja den Perakfluß hinauf, nachdem er in Bandar Bahru 200 Mann, und ein Detachement in Passir Sala zurückgelassen. Brigadier Roß aus Indien steht mit 600 Mann in Qualla Kangha und Umgegend. In Perak stoßen die Truppen gegenwärtig auf keinen Wider⸗ stand. Maharajah Lela soll sich dem Vernehmen nach in Blanja befinden. Salangore ist ruhig. Vor der Hand werden keine weiteren Truppen gebraucht.“

Verspätete Depeschen aus Madras melden: Den Jahrestag des Todes seines Vaters, des Prinzen Albert, am Dienstag, verbrachte der Prinz von Wales in Abgeschlossen⸗ heit. Am Mittwoch wohnte Se. Königliche Hoheit den Rennen in Guindy⸗Park bei und fuhr dann nach dem Regierungsgebäude wo eine Adresse Seitens der Universttät überreicht wurde. Es wurden auch mehrere Deputationen empfangen. Nachmittags machte der Prinz dem Maharajah von Travancore einen Gegen⸗ besuch und begab sich später nach den Hafenwerken, wo er den Denkstein des neuen Wellenbrechers legte, dessen Kosten auf 60 Lac Rupien veranschlagt sind und dessen Bau fünf Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Der Feier wohnten Massen von Eingeborenen und Europäern an, welche dem Prinzen einen herzlichen Empfang bereiteten. Am Donnerstag machte der Prinz von Wales dem Rajah von Cochin sowie dem Fürsten Arcot Gegenbesuche. Nachmittags fand eine zahlreich besuchte Gartengesellschaft im Regierungsgebäude statt, bei wel⸗ cher der Prinz zugegen war. Am Abend fand ein großes Bankett statt, dem sich ein glänzender Ball im Madras Club anschloß, zu welchem über 700 Einladungen ergangen waren. Die projektirte Reise des Prinzen nach Bangalore und Mysore ist aufgegeben worden. Am Freitag wohnte Se. Königliche Hoheit einem Schulfeste im Volkspark an, welches ein sehr interessantes Schauspiel bot. Ueber 14000 Kinder aller Kasten und Konfessionen wurden bei dieser Gelegenheit bewirthet. Später hielt der Thronfolger eine Revue über sämmt⸗ liche Truppen der Garnison und am Abend speiste er bei dem Oberbefehlshaber der Truppen. Die Illumination war sehr glänzend, insbesondere am Seegestade. Gegen Mitternacht er⸗ schien Se. Königliche Hoheit bei einem prächtigen öffentlichen Gastmahle im Rocopuram Terminus, welcher für die Gelegenheit in einen reich geschmückten Saal verwandelt worden war. Bei seinem Eintritt wurde dem Prinzen eine in einem Kästchen ein⸗ geschlossene Willkommenadresse der Munizipalität überreicht. Se.

Königliche Hoheit bemerkte in Erwiderung darauf, welch' großes Ver⸗ gnügen es ihm bereite, überall von Menschenmassen bewillkommnet zu werden, deren Aussehen Zeugniß von ihrer gedeihlichen und zufriedenen Lage ablege. Der Prinz schloß seine Rede wie folgt: ‚Nach dem, was ich gesehen und gehört habe, schließe ich, daß ein Ergebniß unserer Reise das war, alle Klassen der Bevölkerung in aufrichtiger Loyalität gegen die Krone zu ver⸗ einigen und daß sie ihre Verbindung mit der englischen Mo⸗ narchie als die beste Sicherheit für eine gemäßigte und recht⸗ schaffene Verwaltung, sowie für politische und soziale Ruhe be⸗ trachten. Dann folgte die Aufführung eines großen Nandech und Hindostani⸗Dramas, welcher auch die Maharajahs von Travancore und Vizianagram, der Fürst von Arcot und andere Häuptlinge anwohnten. Am Sonnabend Nachmittag segelte der Prinz an Bord der „Serapis“ nach Kalkutta.

Canada. In Montreal haben, wie unterm 17. ds. tele⸗ graphirt wird, Kravalle wegen der Brottheuerung stattgefunden und es werden weitere Ruhestörungen besorgt. Eine weitere Depesche liefert folgende Einzelnheiten: Zwei Tausend nothleidende Arbeiter versammelten sich heute (17.) vor dem Stadthause und verlangten Unterstützung. Hierauf plünderten sie mehrere Brod⸗ und Bierwagen und hatten ein kleines Rencontre mit der Polizei, welche mehrere Rädelsführer verhaftete. Die geforderte Unter⸗= stützung wurde vom Gemeinderath votirt und der Mayor ver⸗ sprach, Beschäftigung für die Leute zu finden. Die Polizei wurde am Abend verstärkt und der Volkshaufe schließlich zer⸗ streut. Mr. Mackenzie, der canadische Premier⸗Minister, beschloß, die Angelegenheit in den Händen der Lokalbehörden zu lassen.

Frankreich. Versailles, 20. Dezember. (W. T. B.) Für die in der heutigen Sitzung der Nationalver sammlung zu vollziehen den letzten zwei Senatorenwahlen sind von der Rechten der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Herzog v. Decazes und der Admiral v. Montaignae, von der Linken Marquis v. . und Baron v. Janzs als Kandidaten aufgestellt worden.

Nationalpersammlung. Die in der heutigen Sitzung vorgenommene Wahl der beiden letzten Sena⸗ toren führte zu keinem Resultat. Zur absoluten Majorität waren 318 Stimmen erforderlich; der Marine⸗Minister, Admiral v. Montaignae, erhielt nur 305 und der Marquis v. Maleville, vom linken Centrum, nur 302 Stimmen. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung brachte der Deputirte Naquet (äußerste Linke) einen Antrag auf Amnestie für alle politischer Vergehen halber Verurtheilten ein und verlangte für diesen Antrag die Dringlich⸗ keit. Mehrere Mitglieder der Linken sprachen gegen den Antrag, den sie als ein Wahlmanöver bezeichneten. Nach längerer De⸗ batte wurde schließlich die Dringlichkeit für den Antrag Naquet fast einstimmig abgelehnt. Hierauf wurde die Berathung über die Eintheilung der Wahlbezirke fortgesetzt. Die Nationalver⸗ sammlung ging hierbei in alphabetischer Reihenfolge vor und setzte die Wahlbezirke der einzelnen Departements bis zu denen des Loire⸗Departements fest.

Spanien. Madrid, 20. Dezember. (W. T. B.) Ge⸗ neral Moriones wird morgen mit dem Reste seines Armee⸗ Corps in San Sebastian eintreffen. Die Generale Que⸗ sada und Martinez Campos haben Saragossa verlassen, um sich nach Navarra zu begeben. Der Gouverneur von Kuba, Valmaseda, hat um seine Entlassung ge⸗ beten; es heißt, daß derselbe durch General Jovellar ersetzt wer den und daß General Quesada das Portefeuille des Kriegs⸗ Ministers übernehmen würde. Nach einer Meldung der ref. aus Kadi wäre Marfori vor die Gerichte gestellt worden.

Italien. Rom, 19. Dezember. (W. T. B.) General Carini, der nach den Behauptungen des Deputirten Bertani in der Sitzung vom 14. d. M. eine offizielle Kandidatur ange⸗ nommen haben sollte, hat eine Zuschrift an Bertani gerichtet und darin die ihm unterschobene Adresse an die Wähler von Piacenza für ausdrücklich apokryph erklärt. Ebenso hat er es als unbegründet bezeichnet, daß ihm von dem Unter⸗ Staatssekretär Codronchi in dem Wahl kollegium von Agnone eine offizielle Kandidatur angeboten worden sei, Co⸗ dronchi habe sich nur im Namen mehrerer Wähler privatim an ihn gewendet.

Griechenland. Athen, 20. Dezember. (W. T. B.) Die Regierung hat die einseitige Besetzung des erzbischöf⸗ lichen Stuhles der Hauptstadt durch den Papst als einen Eingriff in die Rechte des Kultus⸗Ministeriums verworfen.

Türkei. Konstantin opel, 20. Dezember. (W. T. B.) Ahmet Mukhtar Pascha ist zum Oberbefehlshaber der in der Herzegowina stehenden türkischen Truppen ernannt wor⸗ den und heute mit einem Transport von Lebensmitteln und Munition nach Klek abgegangen. Heute ist der permanente o berste Rath, welcher die Ausführung der in dem Firman des Suttans verheißenen Reformen überwachen soll, unter dem Vorsitze des Großvez'rs konstituirt worden. Derselhe führt offi⸗ ziell den Titel ‚Ausführungsrath“ und besteht aus sämmt⸗ lichen Ministern und verschiedenen Mitgliedern der christlichen und muselmänischen Bevölkerung, darunter auch der ehemalige türkische Botschafter in Paris, Ali Pascha.

Rußland und Polen. St Petersburg, 13. Dezember. Das Bulletin über den Gesundheitszustand der Groß⸗ fürstin Maria Nikolajewna vom 5. Dezember lautet: „Ihre Kaiserliche Hoheit die Großfürstin Maria Nikola—⸗ jewna hat den gestrigen Tag und die verflossene Nacht gut verbracht. In dem Gesundheitszustand Ihrer Hoheit ist keine besondere Veränderung eingetreten. Die Hauptverwaltung der Gesellschaft zur Fürsorge für kranke und verwundete Krieger hat von Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin die Summe von 10,000 Rbl. zu Gunsten der nach Montenegro übergesiedelten Herzegowiner er⸗ halten. Der persönliche Bestand der Expedition nach Mon⸗ tenegro, welche von hier durch die Gesellschaft zur Pflege ver⸗ wundeter und kranker Krieger zur Vertheilung von Unterstützun⸗ gen und zur Krankenpflege abgesandt wird, wird gemäß dem Allerhöchsten Willen J. M. der Kaiserin ausschließlich aus Personen der Gemeinschaft der barmherzigen Schwestern zum hl. Georg zusammengesetzt. Das Medizinalpersonal besteht aus 4 Aerzten. Die Regimenter der Armee sollen, worauf die „Russ. W.“ hinweist, in einen Bestand von je 4 Bataillonen umformirt werden, wie es schon in der Kaukasus⸗Armee durchgeführt ist. Auch in der Garde wird mit der Reform schon vorgegangen. Doch ist die Frage über den Bestand der Ba⸗ taillone eine offene. Es existiren in dieser Hinsicht drei verschie⸗ dene Pläne: 1) die bisherige Organisation der Regimenter in 3 Linien- und 1 Schützen⸗ Bataillon beizubehalten, dem letzteren aber noch 1 Schützen⸗Compagnie beizufügen, so daß während

des Kampfes jedem Linien⸗Bataillon eine Schützen⸗Compagnie a ether wird und die 4. Schützen⸗ Compagnie dem Comman⸗ eur des Regiments zur Verfügung bleibt. 2) Jedes einzelne Bataillon gleichartig, d. h. aus 3 Linien⸗ und einer Schützen⸗ Compagnie zu formiren. 3) Zeder einzelnen Compagnie aller 4 Bataillone eines Regiments ihr besonderes Schützenelement zu verleihen, indem jede Compagnie 4 Halbzüge Schützen erhält.

Dänemark. Kopenhagen, 19. Dezember. Das Folke⸗ thing beschäftigte sich in seiner vorgestrigen und gestrigen Sitzung mit dem Gesindegesetz. Der Justiz⸗Minister schloß die Ver⸗ handlungen, indem er in einem längeren Vortrag allen gegen Einzelheiten des Gesetzentwurfes gerichteten Ausstellungen ent⸗ gegentrat, worauf dieser mit Einstimmigkeit einem Ausschuß von 11 Mitgliedern überwiesen wurde. Der Finanz⸗Minister hat dem Thinge den Entwurf zum Nachtragsbewilligungsgesetz für das Finanzjahr 187576 pu ehen lassen. Das Landsthing nahm gestern ohne Debatte in dritter Lesung die Gesetzentwürfe, betreffend den Salzzoll, die Stempelabgabe von verschiedenen Kommunal -Obligationen und die Austernfischerei und Austern⸗ anlagen einstimmig an. Das Landsthing vertagte sich bis zum 10. Januar nächsten Jahres.

Amerika. Washington, 17. Dezember. Präsident Grant, die Kabinets-⸗Minister, die Richter des obersten Tribunals und viele Kongreßmitglieder sind auf einem offi⸗ ziellen Ausfluge begriffen. Am 1J. kam die aus mehreren hundert Personen bestehende Gesellschaft in Philadelphia an, um den Fortschritt der Arbeiten an den Gebäuden der Centennial⸗Aus⸗ stellung zu inspiziren.

Mr. D. Chinery, der ehemalige Chargé d' Affaires von Liberia in England, hat aus Monrovia vom 24. ult. die Nachricht erhalten, daß die Feind seligkeien in Cape Pal⸗ mas ein Ende gefunden haben. Alle Civilautorität war suspendirt und der achtbare C. H. Harmon zum militärischen Gouverneur ernannt worden. Oberst C. H. Sherman, Oberst⸗ Lieutenant Williams und Dr. Parn vom 1. Regiment waren nach Monrovia zurückgekehrt und das Hauptquartier hatte Be⸗ fehle ertheilt, die Truppen aus Cape Palmas zurückzuziehen und nur 300 Soldaten als Besatzung zurückzulassen. Der achtbare W. F. Nelson, Mayor von Monrovia, Konsul für Schweden und Norwegen und einer der wärmsten Freunde der Republik, starb am 15. November an Bord des Dampfers „Volta“. In Madagaskar wird der Befehl der Königin, alle wäh⸗ rend der letzten neun Jahre importirten Sklaven zu befreien, unparteiisch ausgeführt. In Majunga wurde dies mit einiger Willkürlichkeit gethan. An anderen nicht unter der Regierung von Hova stehenden Plätzen an der Küste der Insel blüht indessen noch der Sklavenhandel und es haben zwei Gefechte mit den Booten des englischen Kriegsschiffes ‚Thetis“ stattgefunden, in welchen mehrere Seeleute schwer verwundet wurden.

Asien. Indien. In Calcutta wurde am 17. d. eine Statue Lord Lawrenceis, eines ehemaligen General⸗Gouver⸗ neurs von Ostindien, von Lord Northbrook enthüllt.

Die „Penang Gazette“ veröffentlicht folgende offizielle Darstellung der Ermordung des Hrn. Birch in Perak (Malacea): .

Am 530. Oktober fuhr Hr. Swittenham den Fluß Perak hinauf, um Proklamatlonen unter die Bevölkerung auszutheilen, mittelst welcher ihr bekannt gemacht wurde, daß Die englische Autorität die Reglerung des Landes im Namen des Sultans Abdallah in ihre eigene Hand genommen habe. Am 1. November folgte ihm der eng— lische Resident Hr. Birch persönlich, in Begleitung des Lieutenants Abkot, eines malayischen Dolmetschs, Namens Aschad und einer Ab= theilung Polizeiwache. Nachmittags ankerte das Fahrzeug bei Tand⸗ schong Esta, und Lieutenant Abbet ging mit, seinem Jagd= gewehr in die Umgebungen. Der Dolmetsch erhielt den Befehl, einige Proklamationen öffentlich anzuschlagen, während Hr. Birch in einem schwimmenden Badehaus ein Bad nahm. Sein Diener wartete draußen mit seinen Kleidern. Indessen waren einige Malayen herbeigekommen und herrschten dem Dolmetsch zu: die Proklamationen nicht anzuschlagen. Der Dolmetsch ant⸗ wortete: er müsse dem Befehle des Residenten gehorchen, worauf er einen Stoß mit einem malayischen Messer erhielt, der ihn von der Bank, auf welcher er stand, in den Fluß schleuderte. Es gelang ihm noch, das Boot zu erreichen, wo er bald seinen Geist aufgab. Hierauf begaben sich die Malayen ins Badhaus und ermerdeten Hrn. Birch. Der Diener hatte sich ins Boot geflüchtet. Lieutenant Abbot kehrte indessen von seinem Ausflug zum Boote zurück und begegnete einem Manne, der ihn warnte, nicht weiter zu gehen. Er be— achtete dies nicht, sondern setzte seinen Weg längs dem Flußufer fort, wo er das Boot auf dem Punkte fand, sich zu entfernen, ohne daß ez von irgend Jemandem geführt zu werden schien. Ec hatte von dem Geschehenen keine Ahnung und sprang ins Boot plötzlich wurde von allen Seiten auf ihn gefeuert und dies ward während seiner ganzen Fahrt bis zur Residenz von beiden Seiten des Flusses fortgesetzt. Doch entging er jeder Verletzung. Er hatte den Leichnam des Dolmetsches bei sich, und einige Leute des Bootes wurden schwer verwundet. Das ganze Boot war von Kuzeln durchlöchert. Kapitän Welner, vom Dampfer „Pluto“, begab sich alsbald nach Penang, um die traurige Meldung von dem Geschehenen zu erstatten. Lieutenant Abbot blieb mit 4 Matrosen zurück, um die Residenz zu hüten. Während der Pluto“ den Fluß hinabfuhr, gab Kapitän Welner von Station zu Station den Polizeiwachen den Befehl, dem Lieutenant Abbot beizustehen, falls er angegriffen werden sollte. Der Dampfer ‚Kideah“ wurde nach Larut entsandt, um den Kapitän Speedy zu warnen. Später erfuhr man: Hr. Davidson, der Resident in Klang, habe von dem, was die Malayen vor hatten, Wind be— kommen und einen Expressen an Hrn. Birch abzeschickt, um ihn zu benachrichtigen, es seien in Klang Unruhen ausgebrochen, und der Radschah Masschur dieses Platzes, ein Beschützer des Rebellen Mahdie, suche in Perak Unruhen zu erregen, weshalb er ihm dessen Verhaftung anempfehle. Diese Botschaft traf sechs Stunden zu spät ein. Die Leute, welche Hrn. Birch nachgeschickt wurden, begegneten bereits dem Boote mit seiner Leiche. Man hegt allgemein die feste Ueberzeugung, daß der Mantri von Larut in die Komplotte von Pergk ernfflich ver⸗ wickelt ist. Es sind gerade zwaölf Monate, daß Hr. Birch vom Sultan Abdallah von Perak schrieb: „Je mehr ich vom Sultan zu sagen habe, desto mehr fühle ich die Größe der Aufgabe, die ich mit diesem Manne zu übernehmen mich angetragen habe, Er ist im höchsten Grade einfältig und verrückf. Jetzt hat er sich auch dem Genusse des Opiums ergeben und ist zu gar nichts gut.“

Afrika. Aegypten. Mit Erlaubniß der Verwandten des verstorbenen Werner Munzinger entlehnt der „Bund“ einem Brief eines Freundes Munzingers, Hrn. Vor⸗Bey in Kairo, folgende Details über das traurige Ende des Reisenden:

Kairo, 5. Dezember 1875.

Munzinger verreiste von Tadjura am Abend des 26. Oktober, um in einem nahegelegenen Hafen zu landen, von wo aus er die Landreise antreten wollte. An Bord des „Zagazig“ schrieb er mir seinen letzten Brief. „So sind wir endlich abgefahren“, schrieb er. Um den Leuten und Kameelen einen Marsch im Sande längs dem Meere zu ersparen, haben wir uns diese Nacht wieder im Zagazig“ eingeschifft und dampfen dem Landungsplatze Gela ⸗Heffo zu, 15 Meilen

von Tadjura. Abends soll die Landreise beginnen. Wir hatten einen

ziemlich langen Aufenthalt in Tadjura, verursacht durch die Schwierigkeit,

Kameele zu bekommen; wir reisen 65 nur mit dem Allernothwendigsten,

Biscuits und Käsen, die wir selbst tragen; keine Zelte. Ich habe

350 Mann mit, zwei Kanonen und zwei Fusces. Der Rest wartet in Tad⸗

ura. Von hier nach Aussa sind es etwa 36 Stunden, theilweise schlechtes

ulkangeröll. Unser Weg berührt den Salzsee Assal, wo eine große Saline

ist, und kommt dann in ein schön bewässertes Land. Die Aufgabe, die

wir haben, sieht je. näher je schwieriger aus, nicht sowohl materiell als moralisch, weil wir es mit einem ganz fremden eigenthümlichen Volke zu thun haben, dessen Vertrauen zu gewinnen wir noch nicht die rechten Wege kennen. Ehrlichkeit und Geduld werden uns aber hoffentlich auch hier nach und nach die Herzen erobern, oder vielmehr die Köpfe. Wir sind alle wohl; meine Frau ist mit mir, und wird mir in den Stunden der Verzagtheit eine rechte Stauffacherin sein. Ermuthigungen werde ich freilich brauchen; der Zweck ist schön; Hinterabessinien bekommt Luft gegen das Meer hin, und wird sicher aufblühen.“ Haggenmacher aus Brugg und seine Frau waren mit ihm, obschon die Gegenwart der letzteren sich noch nicht bestimmt konstatiren läßt. Am Assalsee angekommen, traf er den Sohn des Scheikhs Mohammed⸗Lebeda, Häuptlings von Aussa, der Munzinger im Namen seines Vaters freundlichst begrüßte und ihm das Willkommen ins Land wünschte. Mit diesem war auch, wie es scheint, ein Gesandter des Königs Menilek von Schoa anwesend, Räs⸗Burn, denn von nun an steht diese von Munzinger längst gekannte Persönlichkeit an seiner Seite. Munzinger verabschiedete nun seine Führer aus Tadjura, und überließ sich der Leitung des jungen Scheikhs, dem er ein Ehrenkleid, einen Säbel und Geld schenkte, um Proviant zu kaufen. Die Reise ging nun weiter. An einem Abend spät das Datum läßt sich leider noch nicht genau ermitteln kamen sie an einen etwas niedrig gelegenen, aber angenehmen und mit mannehohen Bäumchen bewach⸗ senen Lageiplatz, wo die kleine Kolonne, welche an Nahrungsmitteln Mangel litt und schon unterwegs manches Kameel hatte tödten müssen, sich lagerte und ausruhte, während der Sohn des Scheikhs sich unter dem Vorwand, Schlachtvieh zu bolen, entfernte. Die Nacht verlief ruhig; ein Posten wachte. Gegen 2 Uhr Morgens kamen zwei Eingeborne mit einem Ochsen und einer Kuh, und wollten ins Lager dringen, angeblich um das Vieh zu verkaufen. Die Wache hielt sie zurück bis zum Tagesanbruch und band sie an einer Laffette fest. Die Leute schrieen und riefen. Von allen Seiten, wie bei einem Signale, stürzen die Gallas, Tau⸗ lende an der Zahl, herbei. Allarm wird geblasen. Der junge Scheikh, der das Lager genau kannte, stürzt auf den gerade erwachenden Mun zinger los, ermordet ihn mit vier Jagdmesserstichen, und wird dann selbst von einem Soldaten getödet. Die Frauen werden alle nieder⸗ gemacht. Haggenmacher und die Soldaten halten mit starkem Ver— luste bis zum Tagesanbruch aus, indem sie sich auf einen benachbarten Hügel kämpfend zurückziehen. Der Kampf dauerte am Mergen noch ein? Stunde und die Gallas flohen davon. Ein Stabsoffizier, Izzat= Effendi, der mit der Kolonne war, übernahm das Kommando. Einige 50 Mann gingen mit ihm ins Lager zurück, konstatirten und zählten die

Todten; 160 von ägyptischer Seite und natürlich noch viel mehr

Seitens der Gallas lagen auf dem Boden. Was nachher folgte, inter⸗ essirt die Familie unseres armen Freundes nicht mehr. Die Kanonen wurden vernagelt, die auf dem Boden liegenden Flinten zertrümmert, die Laffetten und alles was nicht weggetragen werden konnte, in den Fluß geworfen. Die Uebriggebliebenen blieben den ganzen Tag auf dem Schlachtfeld und auf dem angrenzenden Hügel. Der Kampf fängt mit der Dunkelbeit von neuem an, und wird die ganze Nacht hindurch fortgesetzt. Mit Tagesanbruch tritt die kleine Schaar ohne Lebensmittel den Rückzug nach Tadjura an. Haggenmacher und Räs⸗Buru sterben unterwegs an Erschöpfung. Unter fertwährendem Kampf erreichen nur ungefähr 120 Mann den Hafen. So verlor Aegypten einen seiner treuesten Diener. Der Vize⸗König, dem die Erhaltung Munzingers so nah am Herzen lag, hat mich beauftragt, der Familie des Verstorbenen den Ausdruck seines tiefsten Schmerzes zukommen zu lassen.

Die Nr. 101 des „Amts -Blatts der Deutschen Reichs Post⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom vom 15. Dezember 1875. Beitritt Frankreichs zum Allgemeinen Postverein.

Das Beiheft zum Militär⸗Wochenblatt, heraus—⸗ gegeben von v. Witzleben, General Lieutenant z. D., 1875, zehntes Heft, hat folgenden Inhalt: Kriegeberichte Friedrich des Großen aus den beiden schlesischen Kriegen. Ferdinand Wilhelm Franz Baron Bolstern v. Boltenstern. Die Bewaffnung der Kavallerie.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

In der Abendsitzung der Reichstags⸗Kommission zur Vor⸗ berathung der Strafgesetznovelle vom 18. d. Mts. wurden die der Kommission überwiesenen Paragraphen in zweiter Lesung be— rathen und die in der ersten Lesung beschlossene Fassung derselben ge⸗ nehmigt. Schließlich wurde als Uebergangsbestimmung beschlossen, daß bei dem vor dem Inkrafttreten der Strafgesetznovelle begangenen Verbrechen, welche nach dem Strafgesetzbuche nur auf Antrag zu ver— folgen stud, für die Stellung und Zurücknahme des Antrages die bis⸗ herigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches maßgebend bleiben.

Statistische Nachrichten.

Aus dem Niederbarnimschen Kreise liegt, wie die Nat. Ztg.“ mittheilt, bereits eine vollständige vorläufige Zusammenstellung des Resultats der letzten Volkszählung vor, wonach sich die Einweohner⸗ zahl auf 117015 gegen 88,53 im Jahre 1871 stellt. Die bevöl kertste Ortschaft des Kreises ist das Dorf Lichtenberg mit 12, 003 Ein⸗ wohnern gegen 3413 in 1871; dann folgen Bernau mit 648 (m. 9] 8) Reinickendorf mit 4699 (m. 3724), Rudersdorf mit 4676 (m. 3583), Oranienburg mit 4507 Cn. 781), Pankow mit 3934 (m. 915), Nie/ der Schönhausen mit 2010 (m. 666), Tegel und Plötzensee mit 3904 (m. 2134), Friedrichshagen mit 3356 (m. 1199, Friedrichsfelde mit 3651 (m. 921), Stadt und Amt Alt Landsberg mit 2986 (m. 378), Weißensee mit 2907 (m. 2440), Liebenwalde mit 2538 En, IJ), Rum— mel burg mit 35 (m. 642), Herzfelde mit 1942 (m. 607), Groß—⸗ Schönebeck mit 1704 (m. 2, Französisch Buchholz mit 1442 (m. 228, Taßdorf mit 1383 sm. 426) und Schönwalde mit 1225 Einwohnern (m. 120). Die verhältnißmäßig größte Steigerung hat mithin Weißen · see erfabren, da die jetzige Einwohnerzahl sechsmal größer als die im Jahre 1871 ist.

Der Akademiker Dr. Johann Friedrich Brandt, der Alt- meister der russischen Zoologen, feiert am 24. Januar 1876 sein fünfzigjähriges Doktor Jubiläum.

Der Mineralreichthum Englands. Aus dem Jahres bericht des Custos der Beigbau⸗Archive erhellt, daß der Gesammt— werth der im Vereinigten Königreich in 1874 gewonnenen Mineralien, Metallen, Kohlen u. f. w. sich auf 67, 834,313 belief. Von diesem Betrage kommen 19,539,070 K auf Metalle, 45 849, 194 6 auf Kohlen und 2,446 049 E auf andere Minerallen. Während sich der Werth der in 1874 gewonnenen Kohlen und Erze im Vergleiche mit dem des vorhergehenden Jahres um 3,6524434 4 verminderte, weist der Werth der übrigen Mineralien einen Zuwachs von 764. 000 4 auf. Quantitäten nach wurden in 1874 gewonnen: 125,000, 009 Tonnen Kohlen, 14,8340 900 Tonnen Eisenerz. 78,509 Tonnen Kupfererz, 14, 0600 Tonnen Jinnerz, 56, 000 Tonnen Schwefelkies, 2, 436, 000 Tonnen

Thon und 2,306,500 Tonnen Salz.

Nr. 456 der Statistischen Correspond enz (verantwort- lich: Dr. E. Engel in Berlin) hat folgenden Inhalt: Die Medi⸗ zinalpersonen im preußischen Staate. Die Sparkassen in Sachsen im Jahre 1874. Die Ernteerträge Frankreichs von 1815 1874

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die „Platonischen Studien“ von H. Bonitz (Berlin, Franz Vahlen, 1875), welche bald nach ihrem Erscheinen ver griffen waren, liegen jetzt in einer zweiten durchgämig revidirten Bearbeitung vor. Drei von den neu hinzugefügten gedie⸗ genen Abhandlungen beziehen sich auf die Erklärung von Dialogen Platons, welche besonders zur Gymnassallektüre benutzt werden, nämlich Protagoras“, „Laches' und ‚Eutyphron.“

-Das Wesen derästhetischen Anschauung“. Physiolo⸗ logische Untersuchungen zur Theorie des Schönen und der Künste. Von Dr. Hermann Siebeck, Professor der Philosophie an der Uni- verütät Basel. Berlin, Ferd. Dümmlersche Verlage buchhand⸗ lung (Harrwitz und Goßmann) 1875. Der Verfasser bietet an⸗ gesichts des gegenwärtig auf dem Felde der Aesthetik schwan⸗ kenden Streites zwischen der aus dem Idealismus stammen⸗ den Auffassung des Schönen, welcher bis vor Kurzem noch im überwiegenden Vortheil war und dem sogenannten ästhetischen Formalismus, der namentlich in jüngster Zeit sich seiner Ansprüche und seiner wissenschaftlichen Begrundung gewisser geworden ist, eine Reihe objektiver neuer Untersuchungen der Grundlagen beider Gegen⸗ sätze. Es sind Beiträge zu einer „Phystologie der Phantasie“, welche, ohne das Gebiet der Metaphystk des Schönen zu berühren, von Seiten der inneren Erfahrung aus für eine Beantwortung der schwebenden Fragen und den Austrag jenes Prinzipienstreites Material beibringen. Den Erörterungen liegen die Lehre von der Apperception wie sie Herbart aufgestellt und Steinthal weiter ausgebildet hat, zu Grunde. Besprechungen vorhandener Meinungen sind möglichst vermieden, wo⸗ durch die Abhandlungen eine gedrängte und übersichtliche Form er⸗ halten haben. Nach einem einleitenden Aeschnitt beschäftigen sich die ersten Kapitel mit der Anschauung, der Apperception, und ihrem Verhältniß, der Apperception durch Verhältnißvorstellungen, der ästhe⸗ tischen Apperception und dem ästhetischen Gefallen. Manches Neue und zu weiteren Forschungen Anregende bieten die Untersuchungen über Phantaste und Idealisirung, über Stoff, Inhalt und Form, über die wesentlichen Merkmale, die Modifikationen des Schönen, sowie über die ästhetischen Elementarverhältnisse.

Das Doppelheft 9 und 10 (25. Jahrgang) der „Zeitschrift für Bauwesen“, herausgegeben unter Mitwirkung der Königlichen technischen Baudeputation und des Architeklenvereins zu Berlin, re⸗ digirt von G. Erbkam, Baurath im Königlichen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, (Berlin, 1875. Verlag von Ernst C Korn) hat folgenden Inhalt: 1) Amtliche Bekannt⸗ machungen. 2) Bauwissenschaftliche Mittheilungen: Kaiserliches General⸗Postamt in Berlin vom Regierungs⸗ und Baurath Schwatlo in Berlin. (Schluß.) Der Zoologische Garten in Berlin von den Architekten Ende C Böckmann in Berlin. Das Städtische Allge⸗ meine Krankenhaus in Berlin im Friedrichshain von den Architekten Gropius und Schmieden in Berlin. (Schluß folgt. Untersuchun⸗ gen über Längen und Querprofil geschiebeführender Flüsse vom Ober⸗ Baurath und Professor H. Sternberg in Karlsruhe. Lokomotiv⸗ Schiebebühne ohne versenkte Geleise mit hydraulischem Betrieb auf der Personenstation zu Berlin der Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Eisenbahn vom Baurath L. Quassowski in Berlin. Belastun ze⸗ äquivalente zur Bestimmung der durch fortschreitende Eisenbahnzüge erzeugten größten Vertikalscheerkräfte in Brückenträgern mit 10 bis 150 Meter Stützweite vom Baurath Professor Dr. F. Heinzerling in Aachen. 3) Mittheilungen nach amtlichen Quellen. 4 Mit⸗ theilungen aus Vereinen. 5) Literatur.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Nach weisung der in der Zeit vom 1. August 1874 bis 31. Juli 1875 im

Bezeich Bezeichnung gegen unent⸗ des Geld geltlich

a . ausgegebenen Jagd⸗ Verwaltungs⸗Bezirks. scheine.

ag 2quanv3 vumn

4, 402 370 3,546 283 169, . 2,792 341 6079 439 6.660 391 3.065 235 2352 156 1,094 105 4373 197 2, 485 184 6,808 287 6,053 171 4077 312 1521 184 8, 472 148 25570 95 9,216 96 1769 2,218 2732 1,3868 2.203 1,476 5,682 2,696 8715 6.257 6.405 3,182 ? 3,505 3935 4.229 3,551 3,627 6,798 63891 3,163 3,386 Aachen 2970 3,0930 . 2911 295 3.206 Sigmaringen. 378 185 Polizei. Prãsidialbezirk Berlin 1,6147 8 1,150 Summa 157,827 143,864

Regierungsbezirk Königsberg . Gumbinnen.

ne,, Marienwerder Potsdam. Frankfurt. Stettin Cöslin Stralsund Posen .. Bromberg Breslau. Liegnitz Oppeln. Magdeburg. Merseburg Erfurt ö Schleswig Landdrosteibezirk Jannover. Hildesheim. Lüneburg.. Stade. Osnabrück Aurich. Münster. Minden Arnsherg. Cassel.. Wiesbaden. ö Düsseldorf Coblenz

3,300 2,508 1,9199 4,570 2, 669 7,095 6,224 4,3839 7,505 8,620 2, 765 9312 1,5769

2222

2732 14808 2203 1,504 5,7 10

OO M O —?—ä 00 R

Provinzen.

13,561 14719 7007 7239 173708 15,590 93512 12.235 14.531

12,346 13 886 6511 6555 1685355 13. 465 g216 12.306 14 525

Preußen. Brandenburg Pommern Posen Schlesten . Gch len Schletwig⸗Holstein an ; estfalen⸗ 3 , , mn ; 7, 107 7,734 heinprovinz . 19393 20, 1490 Hohenzollernsche Landed 3 . * Summa 137, 82 n 1873/74 sind ausgegehen 128, 223 134.927

mithin pro 1874/76 mich. Tod D I DDMw