1876 / 2 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Jan 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Nach Allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers und Königs hat Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Carl von Preußen die Gräfin v. Schwanen⸗ feld, geb. Gräfin vom Hagen, zu Höchstihrer Ober⸗Hofmeisterin zu ernennen geruht.

Bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen August von Württemberg findet heute Nachmittag 5 Uhr ein Diner von 24 Gedecken statt, zu welchem außer Ihren Kaiserlichen Majestäten, die Prinzen des Königlichen Hau⸗ ses, der Reichskanzler Fürst von Bismarck, die Staats ⸗Minister, der Königlich württembergische Gesandte Freiherr von Spitzem⸗ berg mit Gemahlin, die höchsten Hofchargen und mehrere Ge⸗ nerale Einladungen erhalten haben.

Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin, Major à la suite des Garde-⸗Kürassier-Regiments ꝛc.,, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.

Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 2. November v. J. ist die Marine Akademie mit der Marine⸗Schule definitiv unter gemeinsamer Direktion mit der amtlichen Bezeichnung: „Direktion der Marine⸗Akademie und ⸗Schul e ver⸗ einigt. Es ist daher fortan diese Bezeichnung allein noch anzu— wenden, auch wenn es sich um Angelegenheiten des einen oder des andern dieser Institute allein handelt.

Der Central-Kommission zur Regelung der Grundsteuer, welche, wie bereits mitgetheilt, in der Zeit vom L bis 1I. v. M. u. J. hier versammelt war, haben folgende Drucksachen vorgelegen: 1) Denkschrift, betreffend das Grund⸗ steuerveranlagungswerk im Allgemeinen; 2) Densschrift des General-Kommissars, betreffend die Resultate und den Abschluß des Ab⸗ und Einschätzungswerkes für die Provinz Schleswig⸗ Holstein; 3) Denkschrift des General-Kommissars Über den selben Gegenstand für die Provinz Hannover; ) Denkschrift des General-Kommissars über denselben Gegenstand für die Provinz Hessen⸗-Nassau und den Kreis Meisenheim; 5) Denkschrift des Forstsachverständigen der Central-Kommission über die Resultate des Ab⸗ und Einschätzungswerkes für die Holzungen; 6) Zusammenstellung der Klassifikationstarife; 7) Uebersicht des Flächeninhaltes der einzelnen Klassen; 8) Nachweisung des Flächeninhaltes und des Reinertrages der verschiedenen Kulturarten nnd der Gesammtfläche; 9) Nachwei— sung des Flächeninhaltes und des Reinertrages der in steuer— licher Beziehung verschiedenen Kategorien der Liegenschaften zu 7, 8 und 9 unter Zugrundelegung des Klassifikationstarifs vom 21. März 1872; 10) Nachweisung des Flächeninhaltes und des Reinertrages der verschiedenen Kulturarten und der Gesammt— fläche nach Maßgabe der von den Generalkommissaren be— ziehungsweise von dem Forstsachverständigen der Eentralkom— mission vorgeschlagenen Abänderungen der Tarifsätze; 11) Nach— weisung des Flächeninhaltes und des Reinertrages der in steuer— licher Beziehung verschiedenen Kategorien der Liegenschaften nach Maßgabe der von den Generalkommissaren beziehungsweise von dem FJorstsachverständigen der Centralkommission vorge— schlagenen Abänderungen der Tarifsätze; 12) Uebersicht der Boden⸗ gattungen; 13) Uebersicht über die Reihefolge der Kreise be⸗ ziehungsweise Klassifikationsdistrikte, Regierungs⸗ (Landdrostei⸗) Bezirke und Provinzen nach Maßgabe der ermittelten Reinerträge.

Wir werden auf den Inhalt dieser Drucksachen noch näher eingehen.

Der §. 28 des Gesetzes vom 8. Mai 1837 über das Mo⸗ biliar⸗Feuerversicherungswesen bestimmt, daß die in böslicher Ab— sicht geschehene Aufstellung einer zu hohen Brand-Ent— schädigungsforderung nach den Strafbestimmungen des Allgemeinen Landrechts über den Betrug zu bestrafen ist. In Beziehung auf diese Bestimmung hat das Ober-Tribunal in einem Erkenntniß vom 17. Tezember d. J. entschieden, daß dieselbe zu den auch nach Emanation des Reichs⸗-Strafgesetzbuches in Kraft gebliebenen besonderen Vorschriften des Landesstrafrechts gehört, nur ist die vom Betruge entlehnte Strafandrohung nicht den Strafbestimmungen des Allgemeinen Landrechts, sondern dem Reichs⸗Strafgesetz buche (§. 2637 zu entnehmen.

Die Zollbeamten sind, nach einen: Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 1. Dezember v. J., ohne Weiteres be⸗ rechtigt, behufs Ausübung ihres dienstlichen Beganges im Grenz⸗ zollbezirk Privatwege zu betreten; der ihnen vom Besitzer des Privatweges hierbei geleistete Widerstand qualifizirt sich demnach als ein Widerstand gegen Beamte in der rechtmäßigen Ausübung ihres Amtes (§. 1153 Str. G. B.). „Es liegt in der Natur der Sache, daß die nach 5. 19 des Vereinszollgefetzes vom 1. Juli 1869 durch eine bewaffnete Grenzwache längs der Zoll grenze und innerhalb des Grenzbezirks zu übende Aufsicht auf den Waaren⸗-Ein⸗ und Ausgang nicht beschränkt sein kann auf das Betreten der öffentlichen Wege, sondern daß den betreffenden Beamten auch die Befugniß zustehen muß, je nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen auch Prioat— wege oder Besitzungen von Privaten zu betreten; denn ohne diese Befugniß würde eine derartige Aufsicht nur gehandhabt werden können auf den öffentlichen Wegen 2c, während eine wirksame Handhabung des Kontroldienstes sich an die Zugäng— lichkeit der ganzen Zollgrenze und des gesammten Grenzbezirkes knüpft. Wenn in den 5§8. 126 und 127 des Vereinszollgesetzes für Haussuchungen und körperliche Visitationen besondere Vor⸗ aussetzungen und Förmlichkeiten vorgeschrieben sind, so ergiebt sich hieraus, daß die Befugniß zum Betreten offener Privat— grundstücke den Zollbeamten ohne Beobachtung der nur für Haussuchungen ꝛc. getroffenen besonderen Vorschriften zu⸗ stehen müsse.“

Die Lehrschmiede Königsberg i. Pr. wird mit dem 1. Januar 1876 eröffnet. Von diesem Zeitpunkte ab sind bis auf Weiteres betheiligt: an der Lehrschmiede Berlin: das Garde— Corps, VII., VIII. und X. Armee⸗Corps, die 6. und 18. Divi⸗ sion, sowie die Feld⸗Artillerie und der Train des III. und X. Armee⸗Corps; an der Lehrschmiede Königsberg: das JL, II. und V. Armee⸗Corps, sowie die 17. Division; an der Lehr— schmiede Breslau: das IV., VI. und XI. Armee⸗Corps, sowie die 5. Division, und an der Lehrschmiede Gottesaue: das XIV. und XV. Armee⸗Corps.

Nachdem die Versuche über Verwendung der Karbol— säure als Desinfektionsmittel zu keinem günstigen Resultate geführt haben, hat der Chef der Admiralität unter Aufhebung einer Verfügung vom 15. August 1874 wegen Desinfizirung des Kielraumes ze. der Schiffe auf das durch die Ver—

fügung vom 7. Januar v. J. angeordnete Verfahren der mecha⸗ nischen Reinigung verwiesen, und ist für den Fall, daß letztere unzureichend, Chlorzinklösung als Desinfektionsmittel zur An⸗ wendung zu bringen.

Berlin, 4. Januar. Nach voraufgegangenem Gottes⸗ dienste in der hiesigen Domkirche fand gestern die Er⸗ öffnung des auf Grund der Provinzial⸗Ordnung vom 29. Juni 1875 gewählten Provinzial-Landtages der Provinz Brandenburg im Ständehause, Spandauerstraße Nr. 59 statt. Um 12 Uhr Mittags erschien der Wirkliche Ge⸗ heime Rath, Ober⸗Präsident von Jagow und richtete an die

versammelten Abgeordneten folgende Ansprache:

Hochgeehrte Herren!

„Das Gesetz vom 29. Juni v. IJ hat für die Vertretung und Verwaltung unserer Provinz eine neue Grundlage geschaffen und der Provinz zugleich in ihrer Vertretung andere Grenzen angewiesen, als br bisher gezogen waren. In Folge Allerhöchster Bestimmung Sr. Majestät des Kaisers und Königs vom 18. v. M. versammeln Sie sich daher heute hier zum ersten Male ohne die Vertreter der Alt— mark und der Kreise Schievelbein und Dramburg, welche nunmehr in denjenigen Provinzen, denen sie bisher schon überwiegend mit ihren Interessen angehörten, künftig auch ihre Vertretung finden werden. Innerhalb der äußerlich beschränkteren Begrenzung der Provinz aber ist Ihnen, meine hochgeehrten Herren, durch die neue Gesetzgebung ein sehr viel weiterer Wirkungskreis übertragen worden, ein Wirkungskreis, der sich nicht nur auf fast alle Gebiete des öffentlichen Lebens erstreckt, sondern auch sehr viel mehr als bis— her Ihre Thätigkeit und die Ihrer Organe zu einer unmittelbaren, für die gesammte Verwaltung der Provinz entscheidenden machen wird. Zahlreiche und wichtige Zweige der letzteren werden von der Staatsregierung Ihrer Fürsorge übergeben werden, zugleich mit den finanziellen Mitteln, deren die Wirksamkeit in denselben bedarf. Sie werden aber auch berufen sein, für die Einrichtungen der Selbstver⸗ waltung, die unsere Gesetzgebung erstrebt und die künftig unsec öffent⸗ liches Leben beherrschen soll, ebenso die oberste Leitung, wie, dies darf ich wohl hinzufügen, das rechte Vorbild abzugeben. Es sind daher große und bedeutsame, aber auch schwierige und in ihren Zielen nicht immer naheliegende Aufgaben, welche die Königliche Staatsregierung mit vollem Vertrauen in Ihre Hände legt; es wird ernster und aus—⸗ dauernder Arbeit und Hingebung bedürfen, um sie in dem Sinne zu durchdringen und zu lösen, in welchem die Gesetzgebung sie erfaßt und sie Ihnen übergeben hat. Doch Sie, meine hochgeehrten Herren, werden auch in dem Bewußtsein, daß es sich um das Gedeihen unserer Provinz handelt, das neue reiche Feld der Thätigkeit wieder in dem alten Geiste betreten, wie er in diesem Saale im ner gewaltet hat.

Sie werden sich zunächst mit der Bildung der Verwaltungs— organe für die Provinz zu beschäftigen und die Grundsätze festzu— stellen haben, nach welchen die Ihnen übergebenen Zweige der Pio— vinzialverwaltung künftig zu behandeln sind.

Neben diesem ohne Zweifel wichtigsten Theile Ihrer diesmaligen Geschäfte wird Ihre Fürsorge durch die Verwendung der Geldsummen in Anspruch genommen werden, welche Ihnen durch das Dotations— gesetz vom 8. Juli v. J vorzugsweise auch zu der fo wichtigen För— derung des Straßen, und Wegebaues überwiesen worden sind. Ferner werden Ihren Berathungen der Entwurf zu einer landesherr— lichen Verordnung zur Ausführung des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874, eines Reglements zur Ausführung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 25. Junk 1876, sowie einige andere Angelegenheiten unterworfen werden, welche der Erledigung vom provinziellen Standpunkte bedürfen.

Es werden Ihnen nach den Vorschriften der Provinzialordnung von meiner Seite unverzüglich die erforderlichen Vorlagen zugehen, und es bedarf kaum der Versich rung, daß ich jeder Zeit gern bereit sein werde, dieselben nach Bedürfniß zu erläutern, zu ergänzen. In dem Wunsche, daß Ihre Berathungen die für die Provinzialver— waltung gegebene neue Grundlage zum rechten Sezen fur unsere Pro— vinz gestalten mögen, erkläre ich die Sitzungen des Provinzialland— tages für eröffnet.“

Hierauf wurde als das an Jahren älteste Mitglied der Ver—⸗ sammlung der Abgeordnete Stadtraih Beuster aus Neu⸗Ruppin ermittelt. Derselbe ergriff das Wort zu einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die An— wesenden dreimal begeistert einstimmten, und leitete alsdann die Verhandlung über die Wahl des Vorsitzenden und des Stell— vertreters desselben ein. Auf Beschluß der Versammlung ver— tagte sich dieselbe auf 1 Stunde, um einer zu diesem Zwecke ein— gesetzten Fommission Raum für die Prüfung der Wahlen zu ge— währen. Bei Wiedereröffnung der Sitzung wurde als das Resultat mitgetheilt, daß gegen das Wahlverfahren nirgends Anstände ge⸗ funden worden seien. Bei den hierauf vorgenommenen Wahlen erlangten die absolute Majorität und waren somit gewählt: der frühere Minister-Präsident, Staats⸗Minister 4. D. Freiherr von Manteuffel als Vorsitzender, der Bürgermeister Ham⸗ mer aus Brandenburg als Stellvertreter.

Der gewählte Vorsitzende übernahm hierauf sein Amt. Zu Schriftführern wurden einstweilen durch Akklamation die Abge— ordneten Landrath Graf von Platen aus Beeskow und Bürger⸗ meister Gardemin aus Spandau gewählt und die Sitzung ge— schlossen, nachdem auf die Tagesordnung für heute gefetzt wor⸗ den war: a. Berathung der im Entwurf vorliegenden Geschäfts⸗ ordnung, b. event. Feststellung der Zahl der Mitglieder für den Provinzialausschuß.

Breslau, 3. Januar. Der Provinziallandtag der Provinz Schlesien ist heut Mittag 12 Uhr, nach voran⸗ gegangenem Gottesdienst für evangelische VMitglieder in der Haupt⸗ und Pfarrkirche St. Elisabeth, für katholische Mitglieder in der Kathedralkirche ad St. Joannem, im hiesigen Ständehause durch den Ober-Präsidenten Grafen von Arnim-Boytzen—⸗ burg mit folgender Ansprache eröffnet worden:

Meine hochgeehrten Herren Mitglieder des Provinziallandtages!

Se. Majestät der Kaiser und König haben mittelst Allerhöchster Ordre vom 18. v. M. die Einberufung des Provinziallandtages der Provinz Schlesien zu befehlen geruht, und habe ich die Ehre, heute in Ihrer Mitte zu erscheinen, um auf Grund des 5. 265 der Pro— vinzialordnung vom 29. Juni v. J. die Eröffnung desselben zu vollziehen.

Der Zusammentritt dieser ersten nach den Bestimmungen der neuen Provinzialordnung gewählten Versammlung hat für die Ge— schicke der Provinz Schlesien hervorragende Bedeutung.

Nene und weitgreifende, das Wohl der Prorinz auf das tiefste berührende Aufgaben treten an Sie heran; denn mit der Weitei— entwickelung des provinziellen Kommunalverbandes zu einer mit größe⸗ ren Rechten auggestatteten Korporation sind die Befugnisse des Provinziallandtages wesentlich verstärkt, ist sein Geschaͤftskreis in er— heblichem Maße erweitert worden.

Nach der Umgestaltung der früheren Provinzial Verfassung sind Sie, hochverehrte Herren, berufen, die neue Ordnung in das praktische Leben einzuführen, die geeigneten Organe der Selwbstverwaltung für das Gebiet der Provinz zu schaffen, oder, soweit folche bereins be— standen haben, neu zu gestalten und den Ihnen zugewiesenen An— . an den Geschäften der allgemeinen Landesverwaltung wahrzu— nehmen.

Wird auch die Loͤsung dieser Aufgaben wesentlich dadurch erleich- tert, daß durch die bereits früher vollzogene Bildung eines stän— dischen Verwaltungsausschusses und die Bestellang ständischer Beamten die einheitliche Selbstverwaltung der Provinz zu einem hohen Grade der Entwickelung gediehen ist, so wird doch der Ab—

schluß des mit so günstigem Erfolge begonnenen Werkes und die Verschmelzung des bereits Bestehenden und mit dem von Ihnen neu zu Schaffen den Ihre volle Thätigkeit und Ihre ganze Hingebung in Anspruch nehmen.

Durch das Gesetz vom 8. Juli v. J, betreffend die Ausführung der 55. 5 und 6 des Gesetzes vom 30. April 1573, wegen Dotation der Provinzial⸗ und Kreisverbände, sind der Provinz die' Mistel über— wiesen worden, welche zur Verwendung für die dort namhaft ge⸗ machten Zwecke bestimmt sind.

Von hervorragender Wichtigkeit ist die in demselben angeordnete Uebertragung des Eigenthums, der Verwaltung und Unterhaltung der Staatschausseen fowie der Fürsorge für den Neubau chaussirter Wege und der Unterstützung des Gemeinde. und Kreis-⸗Wegebaues. Ich gestatte mir hierauf eine bezügliche Denkschrift, welche sich auch über den jetzigen Zuftand des Wegebaues in der Provinz verbreitet, dem Provinziallandtage zu überreichen.

Das genannte Gesetz überwelst ferner die niederen land— wirthschaftlichen Lehranstalten, als Ackerbau Obst. und Wiesenbau- Schulen der Provinz zur Subventienirung; es verfügt die Ausantwortung des in Schlesien auf Grund des Gesetzes vom 30. Juni 1841 angesammelten Vieh ⸗Assekuranzfonds, den Uebergang der Verwaltung ünd Unterhaltung ber schlesischen Hebammen-⸗Institute und die Uebertragung verschedener Ausgabe⸗· posten aus dem Staats haushalts⸗Etat, sowie einiger in der Anlage zu dem gedachten Gesetze spezifizirten Staatzrebenfonds an den Pro vinzialverband. Ueber alle diese Gegenstände erlaube ich mir dem Previnziallandtag besondere Vorlagen zugehen zu laffen, in Gleichem eine Verlage über die zur Durchführung der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 in den einzelnen Kreifen aus der Provinzial⸗ dotation zu gewährenden Beihülfen.

Ich bin sodaun beauftragt, dem Provinziallandtage den Gesetz⸗ en wurf, betreffend die Aufhebung der Ufer“, Ward⸗ und Hegungs⸗ Ordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glatz vom 12. September 1763, mit welchem die Staatsregierung eine Er⸗ füllung der von früheren Provinziallandtagen wegen der Aufhebung dieses Provinzialgesetzes mehrfach geäußerten Wunsche herbeizuführen glaubt den Gesetzentwurf, betreffend die Auflösung des Lehns⸗ verbandes der im Herzogthum Schlesien, der Grafschaft Glatz und dem Markgrafenthum Ober ⸗Lausitz belegenen Lehne, und den Entwurf einer landesherrlichen Verordnung für die Provinz Schlesten zur Aus— führung des Fischereigesetzes vom 30. Mal 1874 nebst Motiven zur Begutachtung, den Entwurf eines Reglements nebst erläuternden Be— merkungen zur Ausführung der Vorschriften im §. 60 des Gesetzes vom 25. Juni 1875. betreffend die Abwehr und lÜinterdrückung von Viehseuchen in der Provinz Schlesien, zur Berathung zu unterbreiten.

Der Peovinziallandtag wird ferner in besonderen Vorlagen er' sucht, die Wahl der Civilmitglieder für die Ober Ersatzkommissionen, sowie die Wahl von Abgeordneten für die zur Mitwirkung in Renten“ bankangelegenheiten zu bestellende Vertretung vorzunehmen.

Schlicßlich verfehle ich nicht, die Akten, betreffend die Wahl der Provinzial-Landtagsabg ordneten, nebst dem Mitgliederverzeichniß dem Provinziallandtage zur geneigten weiteren Veranlassung vorzulegen.

Einen großen Theil Ihrer Thätigkeit werben außerdem 'die Vorlagen in Anspruch nehmen, welche Ihnen Seitens der Landes— deputation der Provinz Schlesien zu unterbreiten sind; dieselben be⸗ ziehen sich theils auf den Abschluß der bisherigen provinziellen Kommunalverwaltung, theils auf die für das Jahr 1876 aufzustellen⸗ den Etats, theils auf mehrere wichtige die Provinz betreffende Ange⸗ legenheiten.

Hochgeehrte Herren!

Sie treten in Berathungen ein, welche, dem Inhalte der Ihnen gemachten Vorlagen entsprechend, einen bestimmenden Einfluß auf die Interessen der Provinz und auf die Organisation ihrer kommunalen Verwaltung ausüben werden.

Der Geist, in welchem ein Werk begonnen wird, prägt demselben für seine weitere Gestaltung einen unauslöschlichen Stempel auf.

Sie wollen sich daher überzeugt halten, daß ich nicht allein mit meinen wärmsten Wünschen Ihre Arbeiten begleiten werde, sondern auch bereit bin, dieselben nach meinen besten Kräften zu fördern. Hierzu bedarf es Ihres Vertrauens; ich bitte, mir dasselbe zu ge— währen und die Versicherung entgegen zu nehmen, daß ich es mir zur Pflicht machen werde, demselben zu entsprechen.

Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ich den Provinziallandtag fü— eröffnet.

Lauenburg. Ratzeburg, 1. Januar. Der Lauenbur—⸗ gische Land tag hat sich während der zwei Sitzungstage am 28. und 29. Dezember der Hauptsache nach mit Feststellung des stän⸗— dischen Budgets für das Jahr 1876 beschäftigt. Neben der Budgetvorlage wurden das Gesetz, betreffend die Vertheilung der öffentlichen Lasten bei Grundstückzerstückelungen, und ein Zusatzgesetz, betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Be⸗ amten, angenommen. Das Stolgebührengesetz wurde in zweiter Lesung nicht verändert, der Antrag, neben Aufgebots- und Trauungsgebühren auch die Gebühren für Taufen auf den Landeskommunalfonds zu übernehmen, vielmehr abgelehnt.

Bayern. München, 1. Januar. Der König hat dem Commandeur der 3. Division, General-Lieutenant v. Diehl, das Groß⸗Komthurkreuz des Milltär-Verdienst Ordens verliehen. Der aus der Würzburger Schwurgerichtsverhandlung be⸗ kannte Lazareth⸗Ober⸗Inspektor Norbert Hechtl wurde auf Grund der Bestimmung in 5§. 19 der IX. Verfassungsbeilage aus administratiben Erwägungen für immer des Dienstes ent⸗ lassen und der Kasernen⸗Inspektor Ph. Braun auf Grund strafrichterlichen Urtheils wegen Verlustes der Fähigkeit zur Be— kleidung eines öffentlichen Amtes in den Büchern und Listen abgeschrieben. Die mit Rücksicht auf die Einführung der Markrechnung einer Revision unterworfenen und sachgemäß ab⸗ geänderten Satzungen des Pen sionsvereins für Wittwen und Waisen der Notare in den Landestheilen diesseits des Rheins haben die Königliche Genehmigung erhalten.

Mecklenburg. Schwerin, 30. Dezember. Die Groß⸗ herzogliche Familie ist in der Weihnachtszeit fast vollzählig vereinigt gewesen. Außer dem Herzog und der Herzogin Wil— helm, die mit ihrer Tochter, der Prinzessin Charlotte, seit läͤn⸗ gerer Zeit hier verweilen, war von Berlin der Erbgroßherzog, von Dresden der Herzog Johann Albrecht, von Rathenow der Herzog Panl Friedrich eingetroffen. Nur die Großfürstin Wla— dimir weilte in der Ferne.

Sach sen⸗ Wei war⸗Gisenach. Weimar, 2. Januar. (Dresd. Journ.) Am Großherzoglichen Hofe, woselbst gestern die üblichen Gratulationscouren stattfanden, wird am 4. d. der Besuch des Prinzen Reuß erwartet, welcher sich nach St. Petersburg begiebt. Nach der Rückkehr von St. Petersburg findet die Vermählung des Prinzen mit der Prinzessin Marie von Sachsen⸗Weimar statt. In den letzten Tagen des verflossenen Jahres sind noch umfangreiche Verordnungen und Erlasfse der Regierung publizirt worden, welche sich auf das nun— mehr erfolgte Inkrafttreten des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes beziehen. Sine Verordnung des Kultus⸗Departements ordnet an, daß die Kirchenbücher in ihrer bisherigen Gestalt zum Abschluß zu bringen sind, daß dieselben jedoch als Tauf⸗ Trauungs⸗ und Begräbnißbücher allerdings in modifizirter Form fortgeführt werden sollen. Auch eine andere Verordnung des Kultus⸗

departements ist bemerkenswerth; sie bezieht sich auf das Schul⸗ bauwesen und ordnet an, daß die Lehrräume sowohl wie die Schulräume den Anforderungen der Gesundheitspflege, namentlich in Bezug auf Luft und Licht thunlichst entsprechen. Ende Januar, spätestens im Laufe des 1. Februar, wird der Landtag zu einer außerordentlichen Session zusammentreten.

Oesterreich⸗ Ungarn. Pest, 3. Januar. Das Konsor⸗ tium Rothschild⸗Kreditanstalt hat 12 Millionen Gulden aus der von ihm übernommenen ungarischen Goldrentenanleihe für den Finanz⸗Minister zu Eisenbahnzwecken flüssig gemacht. Die Beträge für Einlösung des Januarcoupons der Staatsan⸗ leihen, sowie die laufenden Ausgaben wurden aus den Bestän⸗ den der Staatskasse gedeckt.

Niederlande. Haag, 3. Januar. (W. T. B.) Nach einer hier eingegangenen offiziellen Depesche aus Atchin vom 26. v. M. haben die niederländischen Truppen ihre Opera— tionen daselbst wieder aufgenommen. Eine Kolonne derselben hat mit geringen eigenen Verlusten die Atchinesen aus ihrer Stellung bei Mibouw geworfen; zwei andere Kolonnen setzen die Operationen fort; die Verluste auf Seiten der Atchinesen sollen beträchtlich sein.

Großbritannien und Irland. London, 1. Ja⸗ nuar. Prinzessin Louise eröffnete vorgestern zu Ryde, auf der Insel Wight, die neue Kunstschule, zu welcher die Kron⸗ prinzessin des Deutschen Reichs am 17. August 1874 den ersten Stein gelegt hatte. Aus Calcutta wird unterm 31. Dez. gemeldet: Der Prinz von Wales wohnte heute vor dem Frühstück den equestrischen Uebungen der eingeborenen Kavallerie an und besuchte später sämmtliche Krankenhäuser Caleuttas. Nach dem Deieuner betheiligte er sich an einer kleinen Garten— gesellschaft im Regierungsgebäude. Abends speiste er bei Lord Rorthbrook, und um 101 Uhr erschien er auf einem ihm zu Ehren gegebenen öffentlichen Balle im Stadthause, welcher sehr glaͤnzend verlief. Im Laufe des Nachmittags empfing Se. Kö— nigliche Hoheit auch eine Freimaurer⸗Deputation, welche ihm eine in ein prachtvolles Kästchen eingeschlossene Adresse überreichte. Die Mitglieder des Prinzlichen Gefolges, welche sich auf die Eberjagd nach Goalundo begeben hatten, sind heute nach Cal— cutta zurückgekehrt. Bei Messrs. Laird Brothers in Birken⸗ head hat die Admiralität, wie der Globe“ erfährt, soeben zwei neue Kriegskorvetten von je 620 Tonnen und 570 Pferde⸗ kraft mit einer Armirung von drei Geschützen bestellt.

Frankreich. Paris, 2. Januar. Die Rede, mit welcher der Präsident Herzog d' Audiffret-Pasguier die National⸗ versammlung schloß, hatte, nach der „Köln. Ztg.“, folgenden

Wortlaut:

Meine Herren! Nach einer Legislatur, welche fünf Jahre dauerte, sind Sie am Ziele angekommen, welches Sie Ihren Arheiten gesteckt haben. Sie werden dem Lande Ihr Mandat zurückgeben, das Ihnen unter Verhältnissen anvertraut wurde, durch welche die Bedeutung und die Gefahr desselben vermehrt war. Kaum ver— sammelt, kam zu den Schmerzen der Invasion das gehässige Schau spiel eines Aufstandes; mit unserer heldenmüthigen Armee besiegten Sie die Kommune, Sie schlossen den Frieden und bezahlten das Lösegeld. In einem thörichter Weise unternommenen Kriege hat der Sieg uns ver— rathen; aber am Tage nach unseren Unglücksfällen konnte der Fremd— ling ermessen, was diesem ehrbaren und arbeitsamen Lande noch an Hülfequellen und Kredit übrig blieb. In diesem Augenblicke nahmen Sie den zweiten Theil Ihrer Aufgabe in Angriff, Sie reorganisirten unsere innere Verwaltung und Sie entschieden über unsere politischen In titutionen, jeder von Ihnen brachte in diesen Kreis Ueber— zeugungen, Erinnerungen, Hoffnungen; diese wurden aber alle sämmt lich von einem einzigen Gedanken beherrscht: von der Liebe zum Vater— lande. Daraus ging die Verfassung vom 25. Februar hervor, die viel⸗ leicht ein un vollständiges Werk ist, außerhalb deren aber das Land von Neuem dem Despotismus und der Anar gie Preis gegeben worden wäre. Dieses Werk, Sie vertrauen es heute der Redlichkeit des Marschalls Mac Mahon, dem Patriotismus der zukünftigen Kammer und der Weisheit dieses Landes an, das fünf Jahre hindurch Sie auf so edle Weise unterstützte. Niemals war eine Autorität so geachtet wie die Ihrige; niemals wurde einem Willen besser Gehör geschenkt. Bewunderungswürdig ist diese Antwort, die im voraus denen ertheilt wird, welche in Zukunft zu behaupten wagen, daß Frankreich der Freiheit nicht würdig sei. Reisen Sie also mit Vertrauen ab, meine Herren! unterwerfen Sie sich seinem Urtheil; fürchten Sie nicht, daß es Ihnen die wegen seiner Ruhe und seines Friedens gemachten Konzessionen zum Vorwurfe macht, denn es giebt zwei Dinge, die Sie ihm unverletzt aufrecht erhalten: seine Fahne und seine Freiheit.

Versailles, 3. Januar. (W. T. B.) Die heutige Sitzung der Permanenzkommission verlief ohne bemerkenswerthen Zwischenfall. Die nächste Sitzung wurde auf den 20. d. M. festgesetzt.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 2. Januar. Ueber die Feier des 50. Jahrestages der Ernennung Sr. Majestät des Kaisers zum Chef des Pawlowschen Garde⸗Regiments am 31. Dezember berichtet der „St. Petersburger Herold“ Folgendes:

Um 10 Uhr Morgens versammelten sich: der Commandenr des Pawlowschen Leib⸗Garde⸗Regiments, sämmtliche Offiziere und Feld— webel, je ein Unteroffizier und zwei Gemeine von jeder Rotte im Weißen Saale des Winterpalais, um Sr. Majestät dem Kaiser ihren Glückwunsch darzubringen. Hier befanden sich auch die Chess der Garde und die höheren Chargen der Suite Sr. Masestät.

Mitten im Saale stand ein Tisch, auf welchem die neue Fahne lag. Zu beiden Seiten der Thür, durch welche Se. Majestät er— wartet wurde, waren aufgestellt: auf der einen Seite das Porträt Sr. Majestät des Kaisers in der Uniform des Pawlowschen Leib— Garde Regiments, auf der anderen ein von sämmtlichen gegenwärtigen und früheren Offizieren des Regiments ihrem Allerdurchlauchtigsten Chef daigebrachtes Gemälde.

Dieses Gemälde, vorzüglich ausgeführt vom Professor Charle— magne, besteht aus zehn einzelnen Bildern, welche verschiedene Episoden aus dem Leben Sr. Majestät vom 19. Dezember 1825 bis zum 30. August 1875 darstellen. Um das Gemälde herum sind Brustbilder angebracht: oben in der Mitte das Porträt des Aller— durchlauchtigsten Chefs des Regiments, rechts von demselben das Porträt des zweiten Chefs, des Thronfolgers Zäsarewitsch, und links die Porträts der dem Regiment zugezählten Glieder der Kaiser— lichen Familie, der Großfürsten Paul Alexandrowitsch und Nikolai Alcrandrowitsch. Zu den Seiten und am unteren Rande des Gemäldes befinden sich die Porträts sämmtlicher Commandeure der letzten fünfzig Jahre. Sämmiliche Bilder sind von einem pracht— vollen schwarzen Rahmen umgeben, der oben mit dem Monogramm des Allerdurchlauchtigsten Chefs, zugleich mit der Inschrift: „19. Dezember des Jahres 1875“ versehen ist. Am unteren Theile des Rahmens sind die auf vergoldeten Brettchen ausgeschnittenen Namen säammtlicher gegenwärtig im Dienst stehenden Offiziere des Regiments angebracht, zu beiden Seiten hingegen auf gleichen Brettchen die Namen der an der Feier theilnehmenden früheren Offiziere des Regiments. Originell und schön ist das Piedestal, auf welches das Gemälde gestellt ist; es ist aus Bürnkaumholz angefer⸗ tigt und besteht aus drei Gewehren der drei verschiedenen Systeme,

mit denen das Regiment im Laufe der letzten fünfzig Jahre bewaff— net war. Diese Gewehre bilden ein Gerüst, unter welchem sich ein Ranzen, eine Trommel, Handschuhe und dem Aehnliches befindet.

Um 105 Uhr geruhte Se. Majestät der Kaiser, in Begleitung Ihrer Kaiserlichen Hoheiten des Großfürsten Thronfolgers, des Großfür— sten Nicolai Alexandrowitsch und der anderen Großfürsten, die inneren Gemächer des Winterpalais zu verlassen und, sich an die versammelten Offiziere des Regiments wendend, seine Freude darüber auszusprechen, daß es ihm vergönnt sei, diesen Tag mit ihnen zu verbringen Se. Majestät sagte: Er erinnere sich leb— haft des Tages, als er vor fünfzig Jahren in demselben Alter, in welchem sich sein hier anwesender Enkel befinde, die Ernennung zum Chef des Pawlowschen Leibgarde Regiments erhalten, und fügte hinzu: Er hege die Ueberzeugung, das Regiment werde ebenso treu, ergeben und tapfer diesem Sohne und Enkel zu dienen fortfahren, wie es ihm, seinem erlauchten Großvater und Vater gedient. .

Indem Se. Majestät der Kaiser sich darauf an die früheren Offiziere des Regiments wandte, drückte er ihnen seine Freude aus, sie heute zu sehen, und sprach ihnen seinen Dank aus, daß sie sich ver— sammelt. Darauf geruhte Se. Majestät zu fragen, ob von den An. wesenden zu der Zeit Jemand im Regiment gedient habe, als er zum Chef desselben ernannt worden sei. Einer der Anwesenden, General der Infanterie Tulubjew, meldete sich als Einer, der zu der Zeit im Regiment gedient. .

Darauf näherte sich der Commandeur des Regiments, der Ge⸗ neral- Major der Suite von Rosenbach, Sr. Majestät dem Kaiser und sprach ungefähr Folgendes: Das Pawlowsche Leibgarde -Regiment habe das Glück, an diesem für dasselbe so denkwürdigen Tage Sr. Kaiserlichen Majestät ein Bild darzubringen, welches die wichtigsten Epssoden aus der Geschichte es Regiments während der Zeit dar— stelle, während welcher Se. Majestät der Kaiser Chef dieses Regi— ments sei, und eine ‚Geschichte des Regiments“, die eine Beschreibung des Dienstes dieses Regiments und eine Aufzählung aller Gnadenakte enthalte, welche dasseibe von Sr. Majestät und Seinen Erlauchten Vorfahren eifahren. Darauf überr,ichte General von Rosenbach „die Geschichte des Regiments“, welche vom Unter Lieutenant Woro— now und dem Stabes kapitän Butowskij verfaßt worden ist.

Indem Se. Majestät der Kaiser das Werk entgegennahm, gexuhte er den Wunsch auszusprechen, die Verfasser der Geschichte zu setzen. Dieselben näherten sich, und Se. Majestät geruhte denselben gnädigst seinen Dank für die Arbeit auszusprechen. .

Darauf begrüßte Se. Majestät die Untermilitärs dieses Regiments und geruhte an den Tisch heranzutreten, auf welchem die neue Fahne lag und an dessen anderer Seite sechs Soldaten in der früheren Tracht des Regiments standen. . .

Nachdem Se. Maj stät den ersten Nagel zur Befestigung der Fahne in die Stange geschlagen, überreichte er den Hammer dem zwelten Chef und geruhte darauf, Seinem Enkel veim Einschlagen des dritten Nagels behülflich zu sein. Hierauf traten der Reihe nach an den Tisch heran und befestigten durch Einschlaͤgen je eines Nagels die Fahne: der Kriegs⸗Mister, der Kommandirende der Armee, der gegenwärtige und die früheren Commandeure des Regi— ments, alle Offiziere und die anwesenden Untermilitärs.—

Um 1 Uhr Mittags war das ganze Pawlowsche Leibgarde— Regiment in voller Uniform mit Gewehren in 4 Bataillonen in der Manege des Ingenieur-Schlosses aufgestellt. ö

Hier versammelten sich auch die gewesenen Pawlower, Offiziere wie verabschiedete und beurlaubte Gemeine. Von den letzteren waren 242 Mann, unter ihnen der älteste Unteroffizier Timofej Markowitsch Markow, welcher im Jahre 1866 den Dienst antrat und im Jahre 1839 verabschiedet wurde. .

Zuerst erschien in der Manege der zweite Negimentschef, Se. Kaiserliche Hohzit der Thronfolger Zäsarewitsch. Nach dem Vorbei— passiren und Gratuliren zum Feiertag übernahm Se. Kaiserliche Hoheit das Regimentskommando. . . .

Nach Ankunft in der Manege nabm Se. Majestädt der Kaiser den Rapport des zweiten Chefs entgegen, ritt im Schritt die Front des Regiments hinunter, die Leute begrüßend Ein lautes, freudiges Hurrah ertönte langanhaltend in der Manege. Dejourirende bei Sr. Masjestät waren die ehemaligen Pawlower: Generai⸗-Adjutant Patkul, General⸗Major von der Suite Sr. Majestät Wlassow und Flügel— Adjutant Oberst Gurtschin. J

Nach beendiatem Vorbeiritt geruhten Se Majestät in der Mitte der Manege Stellung zu nehmen und das Regiment mit folgenden Worten anzureden: „Der fünfzigjährige Chef bewillkommnet Euch“, wobei Se. Majestät, den Degen ziehend, das Regiment salutirte. Darauf erinnerte Se. Majestät der Kaiser die Soldaten, daß er vor 50 Jahren Chef des Regiments geworden, dies sich jetzt und immer zur Ehre gerechnet habe und überzeugt sei, daß das Regiment bleiben werde, wie bisher, wärdig der Fahnen des heiligen Georg. .

Darauf wurde zum Gebet kommandirt, die Fahnen wurden in die Mitte der Manege gebracht und das Gebet begann. Nach Be— endigung des Gebets erfolgte die Einweihung der neuen Fahre, worauf Se. Kaiserliche Majestät vor das 4. Bataillon ritt und ihnen zu der neuen Fahne Glück wünschte. Kw

Der Parademarsch erfolgte zwei Mal: das erste Mal in Zügen, das zweite Mal in Sektionen; die Schützen, d h. das 4 Bataillon im Laufschritt. Den ersten Zug der ersten Kompagnie führte der Großfürst Pawel Alexandrowitsch an. . .

Alle jetzigen und ehemaligen Offiziere des Regiments wurden zur Allerhöchsten Mittagstafel um 55 Uhr in den Wappensaal des Winterpalais geladen.

Amerika. New⸗NYVork, 3. Januar. Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat sich im Monat Dezember v. J. um 1,6150090 Dollars vermehrt. Im Staatsschatze befanden sich am Schlusse des Monats 7, 982,400 Dollars in Gold und 1,111,700 Dollars in Papiergeld.

Lima, 27. November. Vor etwa zehn Tagen ist der von Buenos Aires nach Mexiko versetzte Kaiserlich deutsche Minister⸗Resident, Geheime Legations-⸗Rath Le Maistre auf der Durchreise nach seinem Bestimmungsorte hier einge— troffen. Derselbe begiebt sich morgen mit dem englischen Post⸗ dampfer über Panama, Kingston (Jamaica) nach Havanna und Veracruz.

(A. A. C.) Bis zum 15. November reichende Nach⸗ richten aus Valparaiso melden, daß die Wähler Registrationen in der gesammten Republik am 14. November ohne irgend welche Ruhestörungen von Belang ihren Abschluß fanden. Im chile⸗ nischen Senat wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, welcher Mönche und Frauen für stimmunfähig erklärt. Die Vorlage hatte die Comitéberathung passirt, nachdem sie allgemeine Billi⸗ gung gefunden. Bei der chilenischen Regierung ist petitionirt worden, die Statuten eines „Englischen Episkopalkirchen⸗Vereins“, welcher sich in Valparaiso gebildet hat, zu genehmigen. Der Präsident von Guatemala hat beschlossen, die Le— gation in Belgien vor der Hand aufzuheben und Die Akkreditive zu annulliren, welche . dem bisherigen Ge⸗ sandten in Brüssel, Seüor Carlos Gutierrez, im August 1873 übersandt wurden, um die Republik in der Schweiz als bevoll— mächtigter Minister zu repräsentiren, welche der helvetischen Regierung aber noch nicht überreicht worden sind. Die Bevoll— mächtigten, welche die Grundlagen für die Bildung eines central⸗ amerikanischen Staatenbundes in Erwägung ziehen sollen, wer⸗ den am 15. Januar in der Stadt Guatemala zusammentreten. Sämmtliche Städte der Republik sind aufgefordert worden, Abgeordnete für eine konstituirende Nationalversammlung zu wählen. Es sind 51 Deputirte zu wählen.

(W. T. B.) Die

Nr. I und? des ‚„Amts⸗Blattsz der Deutschen Reichs⸗ Po st⸗ und Telegraphen-⸗Verwaltung“ haben folgenden Inhalt: Allerhöchste Verordnung vom 22. Dezember 1875, betreffend die Ver⸗ waltung des Post« und Telegraphenwesens. Verfügungen: vom 27. Dezember 1875: Abgrenzung der Geschäftskreise des General⸗ Postmeisters, sowie des General⸗Postamts bz. des General -Tele graphenamts; vom 30. Dezember 1875: ezirks-Post⸗ und Telegraphenbehörden und sonstige der obersten Verwaltung unmittel bar untergeordnete Behörden; vom 1. Januar 1876: Anwendung verschiedener Bestimmungen des internationalen Telegraphen⸗Vertrages im deutschen internen Verkehr; vom 30. Dezember 1875: Ent— kartung von Kartenschlüssen bei Unterwegs - Postanstalten; vom 30. Dezember 1875: Portoberechnung für Packete nach Vorder⸗ Indien Bescheidungen vom 36. Dezember 1875: Postkarten mit aufzeklebten Photographien.

Nr. 45 und 46 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs ⸗Telegraphen⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Nr. 45. Verfügung vom 26. Dezember 1875: Vertheilung des inte⸗— nationalen (Petersburger) Telegraphen⸗Vertrages. Bescheidungen vom 23. Dezember 1875: Perfügung des Kaiserlichen General-Postdirektors vom 23. Dezember 1875 an jämmtliche Kaiserliche Telegraphen⸗Direk⸗ tionen und sämmtliche, Kaiserliche Ober ⸗Postdirektionen, betreffend Feststellung und Beseitigung vorkommender Leitungsstörungen. Vom 24. Dezember 1875: Verfügung des Kaiserlichen Gencral⸗Postdirek— tors vom 24. Dezember 1875 an sämmtliche Kaiserliche Telegraphen⸗ Direktionen, betreffend nicht amtliche Werke als Fortbildungsmittel für Beamte. Nr. 46: Verfügung vom 24. Dezember 1875. Die Allgemeinen Mittheilungen aus dem Gebiete des Telegraphenwesens betreffend. Bescheidung vom 29. Dezember 1875. Verfügung des Kaiserlichen General⸗Postmeisters vom 29. Dezember 1875 an jämmt⸗ liche Kaiserliche Telegraphen-Direktionen und sämmiliche Kaisertiche Ober ⸗Postdirektionen, betreffend Pflege des Sturmwarnung wesens bezw. der Witterungsbeobachtungen.

Nr. 10 der Allgemeinen Mittheilungen aus dem Gebiete des Telegraphenwesens“, Beilage zum Amtsblatt der Deutschen Reichs -Telegraphenverwaltung, hat folgenden Inhalt: Gebühren für Beförderung telegraphischer Depeschen. Einige Vorschläge, wie die Sicherbeit und Schnelligkeit der Depeschenbeför— derung zu erhöhen ist. Sir Charles Wheatstone. Telegraphen— Literatur.

Statistische Nachrichten.

Nach einer Zusammenstellung des statistischen Departements im K. K. Handels Ministerium zählte das Postgebiet der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder Oesterreich⸗Ungarns am Schlusse des Jahres 1874, vei einer Ausdehnung von 500,190, 90 Quadrat Kilometern mit 20,394,980 Be— wohnern, 165 ärarische Postämter und 46 Postambulancen und 3431 nichtärarische Postämter und Expeditionen, 6590 Postämter mit Post staͤtionen und 31 Relais, im Ganzen also 4323 Postanstalten, welche auf 11 Postdirektienen vertheilt sind. Die Zahl der Briefsamm lungskästen belief sich auf 6732. Außerdem unterhielt die österreichische Postverwaltuag 46 Postamier im osmanischen Reiche, von denen 26 dem österreichischen Postamte in Kon⸗ stantinopel und 20 der Postdirektrion in Triest uniergeoro⸗ net sind. Im Vergleiche mit 1873 hat die Zahl der Postanstalten um 147 oder um 335 υ und zwar jene der Aerarialpostämter um 20, der nicht ärarischen Postämter und Expeditionen um 103 und der Aemter mit Poststation um 28 zugenommen. Unter obiger Gesammt— zahl befinden sich 360 Postämter, welche gleichzeitig den Telegraphen—⸗ dienst versehen. Im Vergleiche mit dem Areale und der Bewohner— zahl entfallen 1874 im Aügemeinen 69, Quadratkilometer und 4, us Einwohner auf je ein Postamt. Die Zahl der Postkurse (die Post⸗ verbindung zwischen Anfangs und Endpunkt, jedes Kurses als ein Kurs gerechnet, war im Ganzen 36259 mit einer Gesammtlänge von 6565,0 österreichischen Meilen oder von 49,807 Kilometern. Sammt— lich. Posten auf Landstraßen legten 1874 eine Strecke von 32,770,213 Kilometer zurück. Zum Postdienste wurden 6004 Wagen (1268 ärarische und 4736 nichtärarische, 7627 Pferde und 3126 Postillone verwendet. Die Zahl der im Jahre 1874 taglich für Postzwecke benutzten Eisenbahnzüge war 7091 mit 136 Eisenbahn— Postwaggons und 64 Eisenbahn-Postcoupés. Die Zahl der im Post— dienste auf Eisenbahnen täglich, durchlaufenen Kilometer war 20, 976,zs3. Die Zahl der zur Beförderung der Brief⸗ und Fahrpost benutzten Eisenbahnzüge hat sich im Jahre 1874 und, 57 vermehrt. Auf Wasserstraßen bestanden 19 Fahrten mit Postbeförderung. Die Zahl des im administrativen und technischen Dienste der Poftdirektionen und Postämter verwendeten Personales war 12793 und ist um 992 gestiegen. Der Briefposiverkehr zählte im Jahre 1874 im Ganzen 199,981,866 Briefe. Da— von waren 169,142,887 frankirt, 5,692,691 unfrankirt und 24,246, 288 portofrei; ferner 21,592, 015 Korrespondenzkarten, 18 635,633 Drucksachen, 6, 626 365 Waarenproben, od, 21 t, 908 Zeuungen, 3,026,731 eingezahlte und 3,275,555 ausgezahlte Postanweisungen; zusammen 316,515,112 Stück. Von der Gesammtzahl der Biiefe, Korresponden karten, Drucksachen und Wagrenproben . n im Ganzen 129,197,321 Stück rekommandirt und entfielen auf den internen Verkehr Ho, 677 AIs Stück, auf den internationalen Verkehr 50,208, 61 Stück. Die Stückzahl verminderte sich 1874 gegenüber dem Vorjahre um 22,1060 247 Stück oder 7, x, und zwar die. Zahl, der Briefe (inklusive Waarenpreben) um 21,807 35 Stück, die Zahl der Zeitungen um 2,034,622 Exemplare; hingegen vermehrte sich die Zahi der Diucksachen (Kreuzbandsendungen) um 796,499 Siück, der Kor⸗ respondenzkarten um 250,870 Stück, der Postanweisnngen um 707, 020 Stück. Der Fahrpostverkehr (Frachten und Geldsendungen) umfaßte 3, 956,014 ordinäre Packete, 22, 205,555 Geld. und Werthsendungen, 3 005,435 Sendungen mit Postnachnahme. Die Stückzayl der ordi— nären Packete hat gegenüber 18735 um 1,494, 81 abgenommen, hin⸗ gegen hat die Stückzahl der Geld und Werthsendungen um 1060. 366 und jene der Postnachnahmen um 2715844 zugenommen. Das ganze Gewicht der beförderten ordinären Packete und Geld⸗ und Werthsen— dungen belief sich auf 60,882,203 Zollpfund, um 9, 313, 949 Pfund weniger als 1573. Der deklarirte Werth sammtlicher Sendungen mit Werthangaͤbe betrug 3, 062,537,492 Fl., wovon auf den internen Verkehr 2457 591,B, 70 Fl, auf den internationalen 624.9453 322 Fi. eutfielen, und hat sich gigen das Weltausstellungsjahr um 1,K208, 095,557 Fl. vermindert. Die Zahl der mit Post beförderten Personen warls7, 088, vegen das Vorjahr um 1635 weniger, die Zahl der elaff ettenmãaßigen Beförderungen von Briefen und anderen Gegenständen 69, um 53 weniger. Die Gesammteinnahme der Postaustalten betrug 14,278,490 Fl. Im Jahre 1873 betrug sie 14,009,660 Fl. In der Zeit von 1870 bis 1874 hat die Gesammteinnabhnie um 33,9 zugenommen. Die Haupifaktoren der Einnahme bilden das Briefpost⸗ und Fahr⸗ postporto. Das Briefpostporté« im Jahre 1874 retrug 7,971,770 Fi, das Fahrpostporto 4929260 51. Die ordentlichen Be triebsausgaben benugen 14,553, 83 Fl. und sind geschüber 1373 um 16,6 gestiegen. Die außerordentlichen Ausgaben betrugen 289,797 Fl.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. *

Die vorgeschichtliche Abtheilung des Märkischen Provinzial Museums ist in den neuen Räumen des Museums in der Klosterstraße Nr. 68 jetzt aufgestellt und kann von Denjenigen, weiche sich fur das Museum oder die Alterthumskunde interessiren, in den Vormittagsstunden in Augenschein genommen werden. Die Eröffnung des Museums für das Publikum hat indeß bis zur Auf— stellung dec anderen Abtheilungen verschoben werden müssen.

Die erste Nummer des Jahrganges 1876 der Leipziger „Illustrirten Zeitung“ bringt unter ihren Illustrationen: die Königin Olga von Griechenland, in albanesischem Kostüme am Neu⸗ jahrsseste; Schlittschuhlauf auf dem Neuen See im Thiergarten; „nach der Explosion in Bremerhaven“ und die Strandung des Dampfers „Deutschland“.